Alpsommer-und-Viehscheid-2018
Alpsommer&Viehscheid ist das Magazin zu Allgäuer Lebensart, Tradition und Freizeit. 2018 unter anderem mit diesen Themen: DA GEHT’S BERGAB: Viehscheid-Termine im Allgäu und Umgebung HIMMLISCHE TRÖPFCHEN: Besuch auf der Kräuteralp Hörmoos ARBEIT MIT DEN HÄNDEN: Eine Bildreportage durch alte Berufe ALLGÄUS RINDVIECHER: Von Braunvieh bis Holsteiner – wer grast denn da?
Alpsommer&Viehscheid ist das Magazin zu Allgäuer Lebensart, Tradition und Freizeit. 2018 unter anderem mit diesen Themen:
DA GEHT’S BERGAB: Viehscheid-Termine im Allgäu und Umgebung
HIMMLISCHE TRÖPFCHEN: Besuch auf der Kräuteralp Hörmoos
ARBEIT MIT DEN HÄNDEN: Eine Bildreportage durch alte Berufe
ALLGÄUS RINDVIECHER: Von Braunvieh bis Holsteiner – wer grast denn da?
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Tief gebeugt sitzt Annette Rehle über<br />
dem breit gefächerten Flechtwerk,<br />
das später ein mittelgroßer Korb<br />
werden soll. Flink tanzen ihre Finger um die<br />
biegsamen Äste. An der Wand hinter ihr lehnen<br />
zusammengeb<strong>und</strong>ene Weidenbüschel,<br />
nach Größe sortiert. »Früher«, wendet sie<br />
sich an die vier Kursteilnehmer, die im Kreis<br />
um sie herumstehen, »haben die Bauern<br />
Weiden angepflanzt, um im Winter Körbe<br />
zu flechten.« Diese seien damals unverzichtbar<br />
gewesen. Man bewahrte in ihnen Feuerholz<br />
auf oder befestigte sie an sogenannten<br />
Kraxen, Holzgestellen, die auf den Rücken<br />
geschnallt wurden, um Waren von den<br />
Höfen ins Tal zu bringen.<br />
Heutzutage haben günstige Plastikprodukte<br />
vielen Korbwaren den Rang abgelaufen.<br />
Aber Annette Rehle sieht nicht schwarz für<br />
ihr Schaffen. Immer mehr Menschen erinnern<br />
sich an alte Handwerke <strong>und</strong> möchten<br />
sie erlernen. Die Freude, mit den eigenen<br />
Händen etwas hervorbringen zu können,<br />
gibt die 56-Jährige deshalb in Kursen weiter.<br />
Bis zu sechs Interessierte unterrichtet sie in<br />
zweitägigen Schulungen: »Mehr gehen leider<br />
nicht, da ich mich jedem Einzelnen widmen<br />
<strong>und</strong> ihn bei seiner ersten Flechtarbeit<br />
begleiten möchte.« Neben den Kursen stellt<br />
sie in ihrem Atelier »Natur in Form« in<br />
Ettensberg bei Blaichach Korbwaren in allen<br />
Größen <strong>und</strong> den verschiedensten Techniken<br />
her, um sie im angrenzenden Laden zu verkaufen.<br />
WEIDE IN HAUS UND GARTEN<br />
Zwei der heutigen Kursteilnehmer in der<br />
kleinen Werkstatt sind Benedikt Moser <strong>und</strong><br />
seine Fre<strong>und</strong>in. Das Paar kommt aus dem<br />
Kleinwalsertal. Auf die Korbflechterin aufmerksam<br />
geworden sind die beiden auf<br />
einem Christkindlmarkt im vergangenen<br />
Jahr, daraufhin haben sie sich den Kurs<br />
gegenseitig zu Weihnachten geschenkt. Als<br />
junger Architekt interessiert sich Benedikt<br />
besonders für die Einsatzmöglichkeiten von<br />
Weide an Gebäuden <strong>und</strong> in Gärten: »Es ist<br />
spannend zu sehen, wie Frau Rehle Weidenruten<br />
im Garten als Sichtschutz <strong>und</strong> im Bau<br />
als schmückendes Element einsetzt.«<br />
Bei der Kreation ihrer großen Flechtwerke<br />
nutzt die Meisterin des alten Berufs fre<strong>und</strong>schaftliche<br />
Kontakte zu Gärtnern, Töpfern<br />
<strong>und</strong> Holzhandwerkern <strong>und</strong> erstellt mit ihnen<br />
Pläne, wie sich Weide mit modernen<br />
Bauwerken in Einklang bringen lässt. Ihre<br />
Flechtstücke kommen etwa im Wasserschutz<br />
bei der Befestigung von Ufern <strong>und</strong> als<br />
ALPSOMMER & <strong>Viehscheid</strong> <strong>2018</strong> 63