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Ostbayern-Kurier_Juni2018_SUED

Die Monatszeitung für Stadt und Kreis Regensburg

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www.ostbayern-kurier.de Aus dem Nähkästchen<br />

23<br />

Der widerspenstige Fiat 500 und die Brünette<br />

<strong>Ostbayern</strong>-<strong>Kurier</strong>-Reporter Franz Niebauer berichtet Amüsantes aus dem Polizei-Alltag<br />

Nürnberg. Ein schöner,<br />

heißer, ruhiger und von<br />

der Sonne verwöhnter Tag<br />

ging in der Mittelfranken-<br />

Metropole zu Ende. Ich<br />

räkelte mich noch ein wenig<br />

im Bett meiner kleinen<br />

Zweizimmerwohnung, die<br />

ich mit einem „Geisterschichtler“<br />

teilte. Mein<br />

Nachtdienst begann um<br />

acht, mein Mitbewohner<br />

war frühmorgens schon<br />

nach Hause gefahren.<br />

Wir sahen uns also nie.<br />

So waren die Mieten<br />

erschwinglich.<br />

Es war keine Zeit für Erklärungen,<br />

wir mussten<br />

auf Streife. Bevor wir in<br />

den Streifenwagen steigen<br />

konnten, rief uns der Chef<br />

nochmal zurück. Mit einem<br />

Notizzettel kam er uns auf<br />

halbem Wege entgegen.<br />

„Schaut‘s doch mal in der<br />

Schultheißallee vorbei. Da<br />

soll an der Einfahrt des Luitpoldhains<br />

ein offenstehendes<br />

Auto abgestellt sein.“<br />

Ich ahnte schon, was jetzt<br />

gleich kommen würde. Fred<br />

Widrigkeiten heißgeliebten<br />

Fiat springen, denn – wie bekannt<br />

– gingen die Türen ja<br />

nach vorne auf. So war das<br />

Wägelchen in den Morast<br />

gerollt.<br />

Keine Halterangabe<br />

Fred rief den Abschleppdienst,<br />

da das Auto ohnehin<br />

die Werkstatt musste, und<br />

wir setzten nach einer<br />

kurzen Rückmeldung an<br />

die Zentrale ohne Angaben<br />

des möglichen Halters die<br />

Streife fort.<br />

Fred ging zuerst zum Beifahrer<br />

und wollte diesen<br />

kontrollieren. Es strahlte<br />

ihm ein Lächeln entgegen –<br />

eine hübsche, kurzhaarige<br />

Brünette machte ihn da<br />

offensichtlich an. ch ließ mir<br />

inzwischen vom Fahrer die<br />

Papiere und die Ausweise<br />

aushändigen. Währenddessen<br />

flirtete Fred, was das<br />

Zeug hielt. Ich übergab nach<br />

der Überprüfung dem Fahrer<br />

schmunzelnd die Ausweise<br />

zurück und wir verabschiedeten<br />

uns.<br />

das. Die Idylle wurde durch<br />

einen Funkspruch jäh unterbrochen.<br />

Im Volkspark Marienberg<br />

sollen Jugendliche<br />

ein Lagerfeuer angezündet<br />

haben. Dies war natürlich<br />

verboten.<br />

Bei der Einfahrt in den Park<br />

schaltete ich das Fahrlicht<br />

des Opels aus – und da es<br />

keine klare Nacht war, fuhren<br />

wir äußerst gemäßigt über<br />

die Parkwege. Nichts von<br />

einem Lagerfeuer war zu sehen.<br />

Stattdessen hörten wir<br />

plötzlich lautes Geknatter.<br />

Ich packte mir eine kleine<br />

Brotzeit für den Nachtdienst<br />

ein und war bereit, in<br />

voller Montur für die zwölf<br />

Stunden, die vor mir lagen.<br />

Ein wenig freute ich mich<br />

natürlich wieder auf Fred,<br />

denn so war die Nacht vor<br />

Langeweile gerettet.<br />

Ich ging gerade die kurze<br />

Steintreppe des Polizeireviers<br />

hinauf, da ng es schon<br />

nach einem Grummeln und<br />

Donnern an zu regnen. Es<br />

prasselte so richtig herunter.<br />

Ich war froh – ich war zu Fuß<br />

gegangen - trockenen Fußes<br />

die Dienststelle erreicht zu<br />

haben. Aber wo war Fred?<br />

Hatte er verschlafen? War<br />

sein Auto, ein uralter Fiat<br />

500 in Taubenblau mit<br />

„Selbstmördertüren“, mal<br />

wieder nicht angesprungen?<br />

Wo war Fred geblieben?<br />

Diese Türen wurden nach<br />

vorne geöffnet. Wollte<br />

sich jemand das Leben<br />

nehmen, brauchte er nur<br />

losfahren, eine geeignete<br />

Geschwindigkeit wählen<br />

und dann während der<br />

Fahrt hinausspringen. Aber<br />

wie auch immer… Wo war<br />

Fred? Es donnerte gewaltig<br />

und der Regen prasselte auf<br />

das blecherne Vordach des<br />

Eingangs.<br />

Die Zeit des Dienstbeginns<br />

war schon eine Viertelstunde<br />

überschritten, da kam Fred –<br />

völlig durchnässt und sichtlich<br />

genervt. Ihn jetzt nach<br />

seinem Fiat, der manchmal<br />

nicht ansprang, zu fragen,<br />

war schier überflüssig. ch<br />

tat es aber dann doch. Und –<br />

wie könnte es anders sein?<br />

Fred hat sich wieder mal<br />

etwas „geleistet“.<br />

ieser iat scheint bra einen Serausflug ituachen gan anders als reds<br />

eplar das ter al das nspringen ereigerte Bild: aniel Stricker pielide<br />

schlug die Beifahrertüre des<br />

Rekord zu und ich fuhr los.<br />

Am Luitpoldhain angekommen,<br />

stand da der 500er<br />

Fiat – taubenblau bis zur<br />

Vorderachse und im aufgeweichten<br />

Boden.<br />

Ich fragte Fred, der bisher<br />

ruhig, ja, sogar ausgenommen<br />

ruhig gewesen war:<br />

„Was hast denn da gemacht?“<br />

Fred – auf seine Art<br />

cool – zog beide Schultern<br />

nach oben und meinte dann:<br />

„Die sch… Karre ist net<br />

angesprungen, da hab‘ ich<br />

ihn angeschoben und wollte<br />

dann ins Auto springen.“<br />

Mmh…<br />

Fred konnte allerdings<br />

nicht in seinen trotz aller<br />

Inzwischen wich die blaue<br />

Stunde der hereinbrechenden<br />

Nacht. Es hatte durch<br />

das Gewitter merklich<br />

abgekühlt. Vor uns fuhr ein<br />

Opel Kadett A – dies war<br />

der Luxus auf vier Rädern –<br />

in Dunkelblau mit weißem<br />

Dach, der Fahrer offensichtlich<br />

etwas unsicher am<br />

Steuer. Er war zu nah an den<br />

Fahrbahnrand gekommen<br />

und man hörte das bekannte<br />

Geräusch, wenn Stein und<br />

Metall zusammentreffen.<br />

Ich setzte den linken Blinker<br />

und überholte das Fahrzeug.<br />

Fred streckte die Anhaltekelle<br />

aus dem Beifahrerfenster<br />

und schwenkte sie. Zu dieser<br />

Zeit gab es noch keine<br />

gut beleuchteten Kellen.<br />

Kaum eingestiegen, ng<br />

Fred an zu schwärmen. Er<br />

wollte sogleich wissen, ob<br />

ich mir die Adresse der Brünetten<br />

aufgeschrieben hätte.<br />

Er kam aus dem Schwärmen<br />

nicht heraus…<br />

Nach einer Weile, ich musste<br />

es ihm allerdings erklären:<br />

„Die Brünette, Fred, hat<br />

Erich geheißen. Die beiden<br />

Typen im Opel hatten sich<br />

nur verkleidet, da sie Schauspieler<br />

am Theater waren.“<br />

Lagerfeuer im Park<br />

Inzwischen war es stockdunkel<br />

und unangenehm<br />

nasskalt geworden. Ich<br />

bewegte den Polizei-Rekord<br />

gemächlich und wir unterhielten<br />

uns über dies und<br />

Verfolgungsjagd mit Mofa<br />

Vor unseren Augen schoss<br />

plötzlich ein unbeleuchtetes<br />

Mofa mit mehr als der<br />

erlaubten Geschwindigkeit<br />

vorbei. Wir sprangen beide<br />

ins Auto und ohne Licht verfolgten<br />

wir das motorisierte<br />

Zweirad.<br />

Wir kannten den Marienbergpark<br />

auch am Tage und<br />

wussten, dass es bei der<br />

einen oder anderen Stelle<br />

Hügel gab, über die man<br />

sicherlich fahren konnte,<br />

jedoch nicht mit einer hohen<br />

Geschwindigkeit.<br />

Fliegender Streifenwagen<br />

Wir verfolgten also das<br />

Mofa. Dabei kam ein Gefühl<br />

während der Fahrt auf, das<br />

ich wohl erst am Schluss<br />

beschreiben konnte. Nämlich,<br />

als wir beide mit dem<br />

Auto wieder auf dem Boden<br />

gelandet waren… Die Hügel<br />

hatte ich schon erwähnt –<br />

und über einen dieser Erhebungen<br />

„flogen“ wir mit<br />

unserem Streifenwagen.<br />

Beim Aufsetzen gab es einen<br />

gewaltigen Schlag und<br />

das Fahrzeug war lenkunfähig.<br />

Vom Mofa-Fahrer war<br />

natürlich keine Spur mehr zu<br />

sehen und die Streife konnte<br />

von uns nicht fortgeführt<br />

werden, da ja das Auto nicht<br />

mehr funktionierte.<br />

Wir ließen uns mit der<br />

Abschleppung etwas Zeit,<br />

damit wir unseren Chef<br />

nicht sahen und wir nach<br />

der Nachtschicht sofort<br />

verschwinden konnten. Es<br />

reichte ja schon die Häme<br />

der Kollegen zu Beginn der<br />

nächsten Schicht.<br />

Franz Niebauer

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