m/w - Aktuelle Ausgabe
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Seite 50 RatgebeR Wiler Nachrichten, 3. Mai 2012<br />
Nur wenige Menschen meines<br />
Umfeldes wissen um meine spezielle<br />
Lage. Oft denke ich, es sei<br />
nicht normal, was ich tue resp.<br />
zulasse, aber für mich stimmt<br />
es. Also, ich lebe in einer ‘Ehe<br />
zu dritt’. Mein Mann hat seit ca.<br />
drei Jahren eine aussereheliche<br />
Beziehung. Wasandere dabei so<br />
verwundert bis schockiert, ist,<br />
dass es mich überhaupt nicht<br />
stört. Wir gehen sogar in die Ferien<br />
zu dritt. Ich mag die andere<br />
Frau, sie ist liebenswert<br />
und wurde mir zur Freundin.<br />
Ist es so falsch, wie ich lebe?<br />
Muss ich mich wirklich nach<br />
den Regeln anderer richten –<br />
wie lautet dein Urteil? Andrea<br />
Eine Ehe zu dritt ist zwar ungewöhnlich,<br />
aber so neu auch wieder nicht.<br />
Liebe Andrea<br />
Ich werde mich hüten, ein Urteil<br />
zu sprechen. Es könnte mir als<br />
Verurteilung ausgelegt werden<br />
und das ist das Letzte, was ich<br />
wünsche. Zudem verstehe ich<br />
deine Frage nicht. Wenn es für<br />
dich so stimmt, du keine Eifersucht<br />
verspürst und keine Demütigung<br />
darin siehst, dass dein<br />
Mann eine zweite Frau neben dir<br />
hat, wieso fragst du dann? Ist da<br />
in dir vielleicht doch ein Zweifel,<br />
den ich dir nun ausräumen<br />
oder bestätigen soll? Liebe Andrea,<br />
ich werde weder das eine<br />
noch das andere tun, sondern<br />
mich schön brav raushalten.<br />
Aus gutem Grund. Ändert sich<br />
nämlich mal die Situation und<br />
die andere ist dir nicht mehr<br />
‘liebenswerte Freundin’ sondern<br />
ehegefährdende Nebenbuhlerin,<br />
dann stünde ich nicht gut<br />
da, hätte ich dir zuvor zur Aufrechterhaltung<br />
des jetzigen Status’<br />
geraten. Umgekehrt ebenso.<br />
Es ist dein Leben, lebe<br />
es nach deiner Facon<br />
Rate ich dir, gegen sie anzukämpfen,<br />
so wage ich gar nicht<br />
an die Folgen solchen Rates zu<br />
denken. Ich würde mich mitschuldig<br />
machen, eine funktionierende<br />
Beziehung mutwillig<br />
zerstört zu haben. Wenn es also<br />
für dich gut ist, so wie es ist und<br />
wenn gleichzeitig dein Mann<br />
dir ungeachtet der Verhältnisse<br />
mit Achtung und Würde begegnet,<br />
dich in keiner Weise zurück<br />
setzt und schliesslich auch<br />
die andere Frau dich nicht dominiert,<br />
sondern dir gegenüber<br />
mit Anstand agiert, so wüsste<br />
ich nicht, was gegen eure Form<br />
des Daseins sprechen sollte. Es<br />
ist dein Leben, lebe es so, wie es<br />
dir richtig erscheint und das tut<br />
es ja im Augenblick, oder?<br />
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18/ 2012<br />
Lieber Ratgeber<br />
Es scheint, als gäbe es keine<br />
Dankbarkeit mehr auf der Welt.<br />
Seit zwei Jahren liebe ich, 43,<br />
eine Frau. Sie heisst Clara, 39,<br />
und ist noch ledig. Sie ist mein<br />
Ein und Alles, wir gehen aber<br />
(noch) nicht miteinander. Das<br />
kommt später, wenn ich ihr<br />
Vertrauen gewonnen habe. Vorerst<br />
bin ich damit beschäftigt,<br />
ein Bezugsverhältnis aufzubauen,<br />
das ihr zeigt, dass sie<br />
sich auf mich verlassen kann.<br />
Ich mache mich nützlich. Helfe<br />
ihr beim Einkauf, kümmere<br />
mich um Wagenpflege und mache<br />
öfters ihren Haushalt samt<br />
Wäsche und so. Früher schätzte<br />
sie das sehr, doch nun kommt<br />
es mir vor, als würde sie immer<br />
kühler. Jüngst sagte sie,<br />
ich solle lieber mal fernbleiben,<br />
was mich kränkte. Ich antwortete,<br />
das meine sie sicher nicht<br />
so, ob sie denn nicht gemerkt<br />
habe, dass ich um sie werbe. Sie<br />
nickte nur, sagte aber nichts.<br />
Wie habe ich das zu deuten?<br />
Da stimmt doch was nicht, mit<br />
ihrer Reaktion, oder?<br />
Hansruedi<br />
Lieber Hansruedi<br />
Doch, doch, bei ihr stimmt es<br />
schon, aber dein Verhalten ist<br />
in ziemlicher Schieflage, so wie<br />
ich das sehe. Nun muss ich aber<br />
wohl die Worte sorgfältig wählen,<br />
denn du scheinst ein netter<br />
Kerl zu sein und ich will dich ja<br />
nicht kränken. Nun denn, Hansruedi,<br />
es gibt da aus dem Literaturwerk<br />
des Dichters Erich Kästner<br />
(1899-1974) ein Gedicht,<br />
das im übertragenen Sinne wie<br />
die Faust auf dein Auge passt. Du<br />
solltest es gelegentlich lesen und<br />
dich dabei massvoll, aber nicht<br />
selbstzerfleischend durchaus<br />
betroffen fühlen. Es heisst «Der<br />
Kümmerer» und beschreibt genau<br />
deine Situation und dein<br />
Verhalten gegenüber der von<br />
Ort w.<br />
Sissach<br />
(BL)<br />
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poetisch:<br />
unbeständig<br />
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Geist,<br />
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Unrat<br />
Vorsilbe:jenseits<br />
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Hafen<br />
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dir so umworbenen Clara. Hansruedi,<br />
du bist ein «Kümmerer».<br />
Lassen wir dazu im Auszug den<br />
Dichter sprechen: «Der Kümmerer<br />
ist ein Subjekt / Das Frauen zwar<br />
bedichtet / Hingegen auf den Endeffekt<br />
/ Von vornherein und überhaupt<br />
verzichtet.» Hier machen<br />
wir einen thematischen Zwischenstopp.<br />
Betrachte es doch mal aus<br />
Claras Sicht, Hansruedi. Die freute<br />
sich zu Beginn deiner Zuwendung,<br />
wies dich ja auch keineswegs ab,<br />
sondern schien am Aufbau einer<br />
engeren Beziehung durchaus interessiert.<br />
Aber sie ist 39 und die<br />
biologische Uhr tickt. Bestimmt<br />
wünscht sie sich einen Mann mit<br />
dem sie künftig den nicht immer<br />
leicht zu begehenden Weg durch<br />
dieses Leben beschreiten kann.<br />
Da hättest du also alle Chancen,<br />
aber ich sags lieb und nett: Hansruedi,<br />
sie will einen Mann! Kei-<br />
Sie will einen echten<br />
Mann, keinen Intimwäscheaufhänger...!<br />
nen Intimwäscheaufhänger, Autoputzer<br />
oder Einkaufsbesorger. Den<br />
Frauen sind Männer suspekt, die<br />
um sie werben und sich dabei wie<br />
ihre beste Freundin gebärden. Sie<br />
will zu dir in Achtung aufblicken<br />
können, was aber nicht geht, wenn<br />
du in der Waschküche auf dem Boden<br />
kniest und ihre Dessous sortierst.<br />
Sie blickt also, was eure Beziehungswelt<br />
anbelangt, mit Skepsis<br />
in die Zukunft. Und da ist zusätzlich<br />
etwas: Wie lange möchtest<br />
du dir denn noch Zeit lassen, bis du<br />
soweit bist, dich ihr auch im körperlichen<br />
Sinne zu nähern? Nochmals<br />
der Dichter: «Er dient den<br />
Frauen ohne Lohn /Erliebt die<br />
Frau en gros / Er liebt summarisch<br />
/Erliebt die Liebe mehr als die<br />
Person / Er liebt mit einem Worte<br />
– vegetarisch!» Hansruedi, es ist<br />
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Ort<br />
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Ort im<br />
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Adresse<br />
Ortsteilbei<br />
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(ZH)<br />
Abk.f.e.<br />
Partei<br />
der<br />
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Stück<br />
für drei<br />
Instrumente<br />
Wohnungspächter<br />
Vater<br />
und<br />
Mutter<br />
Weissagung<br />
Berg bei<br />
kein gar so grosses Kompliment<br />
für Clara, wenn du nach zweijähriger<br />
Beziehung immer noch keinen<br />
Angriff auf ihre Keuschheit<br />
gestartet hast. Sie könnte eventuell<br />
der Definition zuneigen, du<br />
empfändest sie als nicht ausreichend<br />
begehrenswert – schon<br />
mal daran gedacht? Sicher hat<br />
aber deine diesbezügliche Ambitionslosigkeit<br />
im Gegenzug für<br />
sie auch Vorteile. So muss sie<br />
sich nie um ihre Tugend sorgen,<br />
Starte endlich einen<br />
Versuch, die Frau ist<br />
ja völlig verunsichert<br />
wenn du nach Haushaltserledigung<br />
auf ihrer Couch übernachtest.<br />
Aber ob sie das auch will?<br />
Offenbar nicht! Das Schlusswort<br />
zum Kümmerer aus Sicht der<br />
Frau: «Die Kümmerer sind auch<br />
begehrt / Da sie selber nichts begehren<br />
/ Sie wollen keinen Gegenwert<br />
/ Sie wollen nur verehren /<br />
Sie knien hin und beten an / Ihr<br />
gähnt und haltet euch mit Mühe<br />
munter / Zum Glück kommt dann<br />
und wann ein echter Mann / Und<br />
holt euch von dem Sockel runter!»<br />
Da liegt die Gefahr für dich. Mach’<br />
nicht zu lange mit deiner Säulenheiligenanbetung.<br />
Sonst kommt<br />
vielleicht einer, der mehr handelt<br />
als verehrt. Wenn du Clara wirklich<br />
liebst, Hansruedi, als Mann<br />
die Frau und nicht als Kümmerer<br />
das Verehrungsobjekt, so sage es<br />
ihr. Dann frage, ob sie gleich empfindet.<br />
Ist dem so, dann sei ihr<br />
ab sofort und in alle Zukunft ein<br />
gleichwertiger Partner und kein<br />
unterwürfig unbezahlter Diener.<br />
Herzlichst, der Ratgeber<br />
Fragen an: «Ratgeber» Verlagshaus<br />
Zehnder AG, Postfach 30,<br />
9501 Wil oder völlig diskret via<br />
E-Mail: ratgeber@zehnder.ch<br />
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u. Maler<br />
† 1990<br />
chem.:<br />
zersetzen<br />
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Auflösung <strong>Ausgabe</strong> Nr. 16<br />
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Gewinner/in KW 16<br />
Claudia Gallautz<br />
Lösungswort: RECHEN<br />
Charly Pichler<br />
Lieber Walter Beller…<br />
… Zürcher Immobilien-Grossunternehmer<br />
und Baulöwe, seit<br />
ich letzten Sonntag Ihren und<br />
Ihrer Gattin Irina, 39, TV-Auftritt<br />
bei «Reporter» in SF sah,<br />
ist mein Wortschatz gestiegen.<br />
Was nämlich die Termini debil<br />
und dekadent bedeuten, wusste<br />
ich zwar schon vorher, aber nun<br />
kann ich beide Begriffe viel exakter<br />
definieren. Diese Geldprotzerei,<br />
diese Aussagen, geprägt von<br />
einer geistigen Schlichtheit, die<br />
sprachlos macht – welch eine<br />
Peinlichkeit! Lieber Herr Beller,<br />
ich verstehe das nicht. Sie<br />
können doch unmöglich ein gar<br />
so dummer Mann sein. Mit Ihrer<br />
Unternehmung, die Sie aus bescheidensten<br />
Anfängen – Arbeitersohn<br />
Kreis 4inZürich –aus<br />
dem Boden stampften. Da gehört<br />
doch Grips dazu und Cleverness,<br />
Klugheit vielleicht gar. Doch nix<br />
davon zu sehen. Wer Sie und<br />
Ihre Gattin in diesem TV-Beitrag<br />
sah, dieser ‘Mutter aller Peinlichkeiten’,<br />
der fragt sich konsterniert:<br />
Wo hat der Mann bloss seinen<br />
Verstand gelassen? Nicht genug<br />
damit, dass Sie mit Ihrem<br />
Geld bluffen wie ein Hottentotte<br />
mit Krawatte, nein, Sie liessen<br />
auch noch Ihre Gattin Irina, 39,<br />
ins Messer laufen, indem Sie ihr<br />
vor der Kamera volles Rederecht<br />
gewährten. Ein rücksichtsvoller<br />
Gatte, der nach 12-jähriger<br />
Ehe ja Bescheid weiss um die<br />
intellektuelle Potenz –Potenz?<br />
Der war gut! – der Angetrauten,<br />
lässt sie doch nicht so frei<br />
reden und solchen Bockmist erzählen.<br />
Das war uncharmant von<br />
Ihnen, Herr Beller. «Den felltragenden<br />
Tieren geht es in meinem<br />
Kleiderschrank besser als<br />
in freier Natur!», sagte die pelztragende<br />
Holde und ich errötete<br />
vor Scham, als homo sapiens<br />
derselben Gattung anzugehören.<br />
Welch ein Stuss, welch fürchterlicher<br />
Hieb in die Magengrube<br />
des guten Geschmacks. Ihre<br />
Frau Irina ist Russin und man<br />
weiss ja, dass es speziell der Kultur<br />
nicht immer leicht fiel, die<br />
Hürde des ‘Eisernen Vorhangs’<br />
von aussen nach innen zu durchbrechen.<br />
Aber dass er von derartiger<br />
Undurchlässigkeit war,<br />
hätte ich nicht gedacht. Wenn es<br />
denn stimmt, dass das menschliche<br />
Gehirn das grösste unerschlossene<br />
Gebiet der Erde<br />
ist, so wurde bei diesem TV-Auftritt<br />
ein enormes Stück neuen<br />
Brachlands entdeckt. «Geld ist<br />
geil und mein Mann hat Geld»,<br />
sprach Ihre Frau. Möglich, aber<br />
es gilt halt leider auch: ‘So viel<br />
Geld, so wenig Geist!’<br />
E-Mail: pic@zehnder.ch