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Report 01 2008 - Senioren Union Brandenburg

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Fortsetzung von Seite 25<br />

Wilfred Redlich<br />

Foto: Dorothea Flechsig<br />

Er ist im Jahre 1926, zwölf Kilometer von Bent‐<br />

schen auf einem Bauernhof im Örtchen Ziegel‐<br />

scheune geboren. Mit seinen Eltern und fünf<br />

Geschwistern war der Hof einst voller Leben.<br />

Sein Elternhaus steht heute leer und zum Ver‐<br />

kauf. Bis zum 18. Lebensjahr war die Gegend<br />

rund um Bentschen seine Heimat.<br />

„Sechsundvierzig deutsche Bauernfamilien<br />

lebten in Ziegelscheune!“ Doch nicht nur schö‐<br />

ne Erinnerungen sind geblieben. Redlich muss‐<br />

te in seinem Leben viel Gewalt des Krieges<br />

miterleben. In Ziegelscheune starb ein Viertel<br />

der Bevölkerung im Krieg und an seinen Fol‐<br />

gen. Eine Jugendfreundin von ihm sei von 20<br />

russischen Soldaten vergewaltigt worden.<br />

„Sie konnte das nicht verkraften und ist einige<br />

Jahre später an den psychischen Folgen ver‐<br />

storben.“ 1944 ist der 18‐jährige Wilfried Red‐<br />

lich Soldat geworden und kam dann schwer krank 1947 aus der Kriegsgefangenschaft in<br />

Sibirien zurück. Seine Familie lebte inzwischen im havelländischen Börnicke. „Dort läute‐<br />

ten bereits 1944 die Glocken für mich. Ich wurde für tot erklärt. Aber wie man sagt: Die<br />

totgesagten, leben länger. Nur deswegen kann ich diese Hilfsaktion heute noch leiten“,<br />

scherzt er.<br />

Es ist hell geworden und an der Grenze Frankfurt Oder ist geschäftiges Treiben. Der<br />

Kleintransporter wird ohne Kontrolle vorbei gewunken. „So ein Glück!“, freuen sich die<br />

beiden Herren. „In den vergangenen Jahren mussten wir immer alles zeigen, das kann<br />

lange dauern.“ Es nieselt, viele Häuserfassaden sind grau und dunkel. Alle paar Kilome‐<br />

ter dominieren große Werbeschilder für Night Clubs die Landschaft. Am Motel Paradies<br />

wird gestoppt. „Kaffeepause! Wir liegen gut in der Zeit“, freuen sich die beiden Paket‐<br />

überbringer. Um 11.30 Uhr sind wir in Bentschen. Noch heute durchquert die Eisenbahn‐<br />

strecke, die 1870 entstand, Berlin – Posen – Warschau – Moskau, die Stadt. Wirtschaft‐<br />

lich entwickelte sich das Städtchen in den vergangenen Jahren. Ansässig ist die Beklei‐<br />

dungsfirma Romeo, die auch ins Ausland expandiert und der schwedischen Möbelfabrik<br />

Swedwood. Dennoch ist die Armut bei vielen Menschen groß. Vor allem Rentner, Kranke<br />

und behinderte Menschen leben oft an der Armutsgrenze. „Als Christ ist es mein Weih‐<br />

nachtswunsch, den ärmeren Menschen Freude zu bereiten und da zu helfen, wo ich hel‐<br />

fen kann. Wilfred Redlich hält seit Jahren regen Kontakt zu seinem Heimatort.<br />

Er bringt Hilfsmittel in eine Begegnungsstätte für arme Menschen und initiierte einen<br />

Austausch mit der Lessingschule und der Grundschule Arkady. Regelmäßig besuchen<br />

sich Schüler der 5. und 6. Klasse. Durch seine Initiative wurde 20<strong>01</strong> mitten im Ort auf dem<br />

evangelischen Friedhof ein Denkmal für die Opfer des Krieges errichtet.<br />

Hans Steeman hält vor einem Blumenladen. Wilfred Redlich holt einen Kranz ab, den<br />

er am Denkmal niederlegen will. Er ist still und weniger ausgelassen als die Fahrt über.<br />

Auf dem Denkmal steht in deutscher und in polnischer Sprache. „Gewidmet denen, die<br />

von uns gegangen sind und in dieser Erde ruhen. Die Einwohner von Bentschen.“ Wilfred<br />

Redlich zeigt neben dem Denkmal auf eine junge Eiche, Symbol der Ewigkeit. „Die haben<br />

wir gesponsert“, sagt er stolz. Fortsetzung nächste Seite<br />

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