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Festspielzeit Sommer Extra 2018

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

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SOMMER <strong>2018</strong> EXTRA<br />

FESTSPIEL<br />

ZEIT<br />

DAS MAGAZIN DER<br />

BREGENZER FESTSPIELE<br />

HERAUSFORDERUNG<br />

HEITERKEIT<br />

Brigitte Fassbaender<br />

inszeniert im Opernstudio<br />

Rossinis Komödie<br />

Der Barbier von Sevilla<br />

»WIE EIN VULKAN TIEF<br />

UNTER DEM EISMEER«<br />

Mit der Uraufführung<br />

Das Jagdgewehr betritt<br />

Regisseur Karl Markovics<br />

neue künstlerische Wege<br />

TRICKKISTE<br />

SEEBÜHNE<br />

Was Sie schon immer über<br />

das Spiel auf dem See<br />

Carmen wissen wollten, aber<br />

nie zu fragen wagten ...


18<br />

Trickkiste<br />

Seebühne<br />

Was Sie schon immer über<br />

Carmen wissen wollten, aber nie<br />

zu fragen wagten ...<br />

INHALT12<br />

4<br />

Herausforderung<br />

Heiterkeit<br />

Die Bühne im<br />

Auge<br />

Das Warten auf die Pauke:<br />

Dietmar Mathis und Tochter Lisa<br />

fotografieren im Duett<br />

Brigitte Fassbaender inszeniert<br />

Rossinis Der Barbier von Sevilla<br />

23<br />

Drei Tage,<br />

acht Events<br />

Das bunte Programm des<br />

SWR4 Festivals<br />

8<br />

»Wie ein Vulkan tief<br />

unter dem Eismeer«<br />

Der Regisseur Karl Markovics<br />

über die Uraufführung von<br />

Das Jagdgewehr<br />

2


27<br />

Happy End!<br />

Impressum<br />

BREGENZER FESTSPIELE GMBH<br />

Platz der Wiener Symphoniker 1<br />

6900 Bregenz | Austria<br />

T +43 5574 407-5<br />

Festspiel-Genuss mit<br />

Dallmayr Kaffee<br />

Herausgeber Bregenzer Festspiele GmbH<br />

Intendantin Elisabeth Sobotka<br />

Redaktion Kathrin Grabher | Axel Renner |<br />

Olaf A. Schmitt<br />

Gestaltung moodley brand identity | Bregenzer<br />

Festspiele – Kathrin Grabher<br />

Druck Buchdruckerei Lustenau | Lustenau<br />

Lektorat Thorsten Bayer Text<br />

Tex te Barbara Maria Zollner, zinnober abc<br />

(S. 4 ff.) | Olaf A. Schmitt (S. 8 ff., S. 30 f.) | Arno<br />

Miller medienkommunikation (S. 12 ff ) | Kathrin<br />

Grabher (S. 18 ff.) | SWR4 (S. 23) | Thorsten Bayer<br />

24<br />

Tarnkappen, Zwerge<br />

und viel Herzblut<br />

Der Kinderchor der Musikmittelschule<br />

Bregenz-Stadt bereichert<br />

Carmen<br />

30<br />

Bregenzer<br />

Festspiele 2019<br />

Text (S. 25) | Camilla Nägele (S. 26 f.) | Dallmayr<br />

Kaffee (S. 27 re.)<br />

Abbildungsnachweise Karl Forster (Titelbild –<br />

Carmen, S. 2 m., S. 7, S. 18, S. 19, S. 20 l. u., S. 21 l. o.,<br />

S. 22 o. r. + l., S. 25 o.) | Marc Gilsdorf (S. 2 l. o., S. 5) |<br />

APA-Fotoservice, Peter Hautzinger (S. 2 l. u., S. 8) |<br />

Lisa Mathis (S. 2 r. o., S. 12, S. 15, S. 25 u.) | Dietmar<br />

Mathis (S. 14, S. 16) | SWR4 (S. 2 r. u., S. 23) |<br />

Ralph@Larmann.com (S. 3 l. o., S. 20 o., S. 21 r. o +<br />

u., S. 22 u.) | Anja Köhler (S. 3 l. u., S. 21 l. u.,<br />

S. 24, S. 26, S. 27) | Dallmayr Kaffee (S. 3 r. o.,<br />

S. 27 r.) | moodley brand identity (S. 3 r. u., S. 30,<br />

S. 31) | Karl Markovics (S. 11) | Königsfreunde<br />

(S. 20 r. u.) | Königsfreunde / pi grafik (S. 28)<br />

Erschienen im August <strong>2018</strong><br />

INHALT<br />

Schaurig-Schönes auf der Seebühne<br />

und der »Ritter von der<br />

traurigen Gestalt« im Festspielhaus<br />

26<br />

Brass italiano<br />

Das Abschlusskonzert<br />

des 4. Internationalen<br />

Blasmusik-Camps<br />

3


OPERNSTUDIO<br />

HERAUS-<br />

FORDERUNG<br />

HEITERKEIT<br />

Als Gesangspädagogin hat sie das Opernstudio der Bregenzer Festspiele von Anfang<br />

an begleitet – heuer führt Brigitte Fassbaender in Der Barbier von Sevilla hier<br />

erstmals Regie. Mit ihrer Liebe zum Theater, der Bereitschaft, sich auf immer neue<br />

Aufgaben einzulassen, und ihrem wachen Blick auf Menschen inspiriert sie nicht<br />

nur junge Sängerinnen und Sänger, sondern auch das Publikum. Und fordert sie<br />

heraus – denn Bequemlichkeit lässt sie nicht durchgehen, anderen nicht und sich<br />

selbst schon gar nicht.


5<br />

DER BARBIER VON SEVILLA


OPERNSTUDIO<br />

Sie ist eine der ganz Großen<br />

der Opernwelt: Brigitte<br />

Fassbaender hat als Sängerin<br />

in ihrer über drei Jahrzehnte währenden<br />

Karriere nicht nur in Partien<br />

von Richard Strauss Maßstäbe<br />

gesetzt. In legendären Hosenrollen<br />

wie Octavian oder Sesto, als<br />

Carmen oder Eboli, als Charlotte in<br />

Massenets Werther, als Brangäne in<br />

Tristan und Isolde oder Orlofsky in<br />

der Fledermaus gestaltete sie ihre<br />

Rollen mit intensivem musikalischen<br />

Ausdruck und Stimmkultur,<br />

reflektierter Figurenauffassung<br />

und darstellerischer Leidenschaft.<br />

Vielleicht beruhen auf dieser<br />

glücklichen Balance aus Hingabe<br />

und Kontrolle auch Fassbaenders<br />

Erfolge als Gesangspädagogin,<br />

Regisseurin und Intendantin.<br />

Ihr von vielen als zu früh beklagter,<br />

entschlossener Abschied von der<br />

aktiven Sängerkarriere erscheint im<br />

Rückblick dramaturgisch perfekt,<br />

denn daraus entstanden neue<br />

Herausforderungen – und Brigitte<br />

Fassbaender lässt sich gerne herausfordern.<br />

Ganz experimentell begann<br />

sie mit einer Hochschulinszenierung<br />

zweier Einakter in München;<br />

sie trennte sich von ihrer Paradepartie<br />

Octavian und übernahm<br />

die szenische Neueinstudierung<br />

»ihres« Rosenkavaliers an der Bayerischen<br />

Staatsoper mit einem jungen<br />

Sängerensemble. Bald folgte die<br />

erste Regieeinladung an die Oper in<br />

Coburg. Inzwischen liegen 75 Inszenierungen<br />

und 13 Jahre Intendanz<br />

am Tiroler Landestheater hinter ihr,<br />

in denen sie das Dreispartenhaus<br />

mit abwechslungsreichen Spielpänen,<br />

künstlerischem Anspruch<br />

und engagierter Ensemblepflege<br />

positionierte.<br />

Als Regisseurin zeigt sie mit<br />

intelligenten, facettenreichen<br />

Inszenierungen, dass sich herzhafter<br />

interpretatorischer Zugriff,<br />

handwerkliche Genauigkeit und<br />

Verpflichtung gegenüber Komponist<br />

und Dichter nicht ausschließen,<br />

sondern fabelhafte Synthesen<br />

ergeben. Brigitte Fassbaenders<br />

Inszenierungen sind nie laut und<br />

vordergründig – und sie inszeniert<br />

nicht sich oder eine Regie-Marke,<br />

sondern das Stück, mit wachem<br />

Blick für die Zeitgenossenschaft<br />

von Werk und Publikum: zuletzt<br />

zu erleben an der Oper Frankfurt<br />

in ihrer Capriccio-Inszenierung.<br />

Richard Strauss zählt auch für die<br />

Regisseurin Fassbaender zu den<br />

Lieblingskomponisten, ebenso<br />

Benjamin Britten.<br />

Was interessiert sie an Rossinis<br />

Barbier von Sevilla? »Alles. Ich<br />

bin ein großer Rossini-Fan, das ist<br />

eine blitzgescheite, wunderbare<br />

Musik, sie beflügelt und inspiriert.<br />

Zusammen mit Don Pasquale ist der<br />

Barbier eine der größten Komödien,<br />

die es für die Opernbühne gibt – eine<br />

große Herausforderung und das<br />

interessiert mich immer!« Don<br />

Pasquale hat sie in München inszeniert,<br />

Rossinis Cenerentola sogar<br />

schon drei Mal – in Coburg, Innsbruck<br />

und zuletzt in München, doch<br />

den Barbier noch nie. »Ich hab auch<br />

nie Rosina auf der Bühne gesungen,<br />

also ist meine Fantasie ganz frei –<br />

und das find ich gut.«<br />

Rossinis berühmteste Opera buffa<br />

ist ein Ensemblestück par excellence<br />

– und für eine junge Besetzung<br />

wie die des Bregenzer Opernstudios<br />

nicht nur sängerisch anspruchsvoll.<br />

Die jungen Solisten sind fertig ausgebildet,<br />

teils Wettbewerbssieger,<br />

manche bereits in Opernstudios<br />

engagiert und bringen schon etwas<br />

Bühnenerfahrung mit. Für die Regisseurin<br />

heißt das, »ein bisschen<br />

mehr Rücksicht zu nehmen auf die<br />

jungen Stimmen: Die sind natürlich<br />

noch nicht so belastbar wie routinierte<br />

Sänger, die ihre Kräfte selbst<br />

einschätzen können und wissen, wie<br />

sie mit ihren Rollen umgehen. Die<br />

Schlussproben sind ein gewaltiges<br />

Pensum, da muss ich Zeit einräumen<br />

zum Entspannen und zum<br />

Regenerieren der Stimmen.«<br />

In ihrem Regiekonzept und für die<br />

szenische Arbeit erwartet Fassbaender<br />

keine Einschränkungen:<br />

»Ich fordere sie heraus – genau wie<br />

Profis, sie wollen schließlich Profis<br />

sein oder werden, dann müssen sie<br />

auf der Bühne auch so arbeiten«,<br />

»Komödie ist mit das<br />

Schwerste.«<br />

6<br />

brigitte fassbaender<br />

erklärt sie. Vor Beginn der szenischen<br />

Proben coachte sie die jungen<br />

Sängerinnen und Sänger stimmlich<br />

und gesangstechnisch bei einer<br />

Meisterklasse; dabei gewann sie den<br />

Eindruck, »dass der größte Teil dieser<br />

Besetzung sehr motiviert und<br />

schauspielerisch interessiert ist<br />

– und auch in der Lage, Emotionen<br />

über die Rampe zu bringen. Sich in<br />

eine Rolle ganz hinzugeben, sich


Brigitte Fassbaender bei der Meisterklasse inmitten der Nachwuchstalente des Opernstudios: Chen Wang (Berta),<br />

Linard Vrielink (Graf Almaviva), Svetlina Stoyanova (Rosina), Martin Mkhize (Figaro), Misha Kiria (Bartolo).<br />

Nicht auf dem Foto ist Stanislav Vorobyov (Basilio).<br />

DER BARBIER VON SEVILLA<br />

in einem Charakter zu offenbaren,<br />

den man darzustellen hat, ist oft mit<br />

Scheu verbunden, doch dafür haben<br />

wir ja die Proben.«<br />

Auch die Genauigkeit der Diktion<br />

und Fassbaenders untrügliches Gespür<br />

für Text und Subtext, das ihre<br />

eigene Rollenporträts auszeichnete,<br />

kommen in der Probenarbeit zum<br />

Tragen. Aus vielen Jahren Unterricht<br />

kennt sie die Gefährdung<br />

junger Stimmen im schnelllebigen<br />

Opernbetrieb: etwa zu früh zu<br />

schwere Partien in zu großen Häusern<br />

zu singen, weil Intendanten<br />

mehr von Optik als von Stimmen<br />

verstehen oder das jugendliche<br />

Erscheinungsbild schwerer wiegt<br />

als die verantwortungsvolle Einschätzung<br />

der Stimmentwicklung.<br />

Die Konkurrenz ist groß, Nein sagen<br />

schwer – weiß Fassbaender, die<br />

bei ihrem Vater, dem Bariton Willy<br />

Domgraf-Fassbaender, durch eine<br />

gute Schule gegangen ist und selbst<br />

Verlockungen widerstanden hat.<br />

Sie macht keinen Hehl daraus, dass<br />

der Sängerberuf Verzicht verlangt<br />

– und Tugenden wie Konzentration,<br />

Disziplin und Vernunft.<br />

Was können junge Sänger am<br />

Barbier lernen? »Junge Sänger<br />

können an jeder Oper was lernen –<br />

für den Barbier braucht man eine<br />

ganz besondere Leichtigkeit und<br />

Spannkraft. Das hat nichts mit<br />

polterndem, robustem Singen zu tun,<br />

das ist ein Hochseilakt, denn neben<br />

der Virtuosität gibt es genauso große<br />

Emotionen wie sonst in der Oper. Wie<br />

immer geht es um die Liebe – aber<br />

Gott sei Dank nicht um den Tod, wie<br />

sonst so oft in der Oper! Es ist ein<br />

Verwirrspiel, stets gibt es Benachteiligte,<br />

deren Schicksal sich zum<br />

Glückhaften wendet. Der Barbier von<br />

Sevilla ist ein spannnendes zwischenmenschliches<br />

Geschehen auf einer<br />

sehr witzigen, charmanten Ebene. Oft<br />

sind in Rossinis Opern nicht sehr angenehme<br />

Zeitgenossen versammelt,<br />

auch im Barbier sind sehr skurrile<br />

Typen zu finden, und diese Charaktere<br />

zu entwickeln und gerade jungen,<br />

unroutinierten Sängern Mut zu<br />

machen, ganz darin aufzugehen, ist<br />

eine wichtige Aufgabe meiner Regie.<br />

Komödie interessiert mich immer,<br />

weil es mit das Schwerste ist – und<br />

ich gehe guten Mutes daran, denn<br />

die Musik ist herrlich ... «<br />

BRIGITTE FASSBAENDER<br />

war als Mezzosopranistin an<br />

allen führenden Opernhäusern<br />

der Welt zu Gast. 1995 beendete<br />

sie ihre Gesangskarriere,<br />

um sich der Regie zu widmen.<br />

13 Jahre lang war sie Intendantin<br />

des Tiroler Landestheaters. Als<br />

gefragte Gesangspädagogin<br />

unterrichtet die Kammersängerin<br />

in Meisterkursen im In- und<br />

Ausland.<br />

OPERNSTUDIO AM<br />

KORNMARKT<br />

DER BARBIER VON SEVILLA<br />

Gioachino Rossini<br />

Premiere<br />

13. August <strong>2018</strong> – 19.30 Uhr<br />

Vorstellungen<br />

14., 16. & 18. August – 19.30 Uhr<br />

Theater am Kornmarkt<br />

Das Opernstudio<br />

wird präsentiert von<br />

GrECo Internaonal<br />

Risiko- und<br />

Versicherungsmanagement<br />

VMG Versicherungsmakler<br />

7


WERKSTATTBÜHNE<br />

8


»WIE EIN<br />

VULKAN TIEF<br />

UNTER DEM<br />

EISMEER«<br />

DAS JAGDGEWEHR<br />

Der Regisseur Karl Markovics über die Uraufführung von Thomas Larchers<br />

Oper Das Jagdgewehr


WERKSTATTBÜHNE<br />

Welche Gedanken bestimmten<br />

Ihre erste Lektüre<br />

von Yasushi Inoues Das<br />

Jagdgewehr?<br />

Karl Markovics: Was für wunderschöne<br />

Literatur! Aber wie soll man<br />

aus so einem Stoff eine Bühnengeschichte<br />

machen? Das waren meine<br />

ersten Gedanken. Als ich dann<br />

Friederike Gösweiners Libretto las,<br />

war ich überrascht, wie stimmig<br />

sich alles plötzlich anfühlte. Nichts<br />

war dramatisch aufgeladen oder gar<br />

dazugedichtet worden. Mit einer<br />

ganz eigenen Mischung aus Behutsamkeit<br />

und Bestimmtheit wurde<br />

die Geschichte von ihr in einen szenischen<br />

Ablauf herübergeholt – um<br />

nicht zu sagen »transzendiert«.<br />

In einigen Szenen ändert sich die erlebte<br />

Zeit der Figuren, teilweise über<br />

mehrere Jahre hinweg. Die Sängerinnen<br />

und Sänger spielen an einigen<br />

Stellen auch Schlaginstrumente.<br />

Welche schauspielerische Haltung<br />

und Spielweise erfordert dies auf der<br />

Bühne?<br />

Den Sängerinnen und Sängern wird<br />

einiges abverlangt – Gesang, Schauspiel,<br />

Perkussion. Das bedeutet,<br />

dass sie extrem offen, wach und frei<br />

mit ihrer Rolle und den Situationen<br />

umgehen müssen. Sie müssen<br />

der Szenerie, diese Projektionen<br />

sind aber mehr »bewegte Kulisse«<br />

als eigentliche Filme. Sie bringen<br />

das Element Zeit in den Raum, indem<br />

sie simple Naturereignisse wie<br />

Wolkenbahnen oder den Sonnenlauf<br />

zeitlich verdichtet ablaufen lassen.<br />

Wie sehr darüber hinaus meine Erfahrung<br />

als Filmregisseur eine Rolle<br />

bei der Arbeit spielen wird, kann ich<br />

noch nicht sagen. Ich denke aber<br />

schon, dass mein darstellerisches<br />

Augenmerk mehr vom Film als von<br />

der Bühne geprägt ist, was im Fall<br />

von Das Jagdgewehr durchaus<br />

»Ich möchte Menschen auf<br />

der Bühne, keine ›Figuren‹.«<br />

KARL MARKOVICS<br />

In der Novelle und auch in Thomas<br />

Larchers Oper kommen vor allem Geheimnisse,<br />

Sehnsüchte, Empfindungen<br />

zur Sprache, weniger konkrete<br />

Handlungsabläufe. Wie lassen sich<br />

solche »inneren Vorgänge« auf die<br />

Bühne bringen?<br />

Das ist die große Frage! Mögliche<br />

Antworten kann ich nur gemeinsam<br />

mit den Sängerinnen und<br />

Sängern finden. Gerade weil sich<br />

die Handlung in wenigen Sätzen<br />

zusammenfassen lässt, wird es bei<br />

der Probenarbeit auf die Wachheit<br />

aller Beteiligten ankommen, innere<br />

Zustände glaubhaft zu verkörpern.<br />

Dabei ist mir neben der Wahrhaftigkeit<br />

auch die Einfachheit der Darstellung<br />

wichtig. Ich möchte dem<br />

Zeremoniellen, das eine Oper immer<br />

mit sich bringt, eine Alltäglichkeit<br />

des Schauspiels gegenüberstellen.<br />

Ich möchte Menschen auf der Bühne<br />

und keine Stellvertreter, keine Idole<br />

und keine »Figuren«.<br />

schnell umschalten können von einer<br />

chorisch-instrumentalen zu einer<br />

solistisch-szenischen Funktion.<br />

Und das, ohne dabei die Leichtigkeit<br />

und das Momenthafte zu verlieren.<br />

Meine Hauptaufgabe wird dabei<br />

sein, den Sängerinnen und Sängern<br />

keine unnötigen <strong>Extra</strong>belastungen<br />

aufzuerlegen und ihnen zu helfen,<br />

sich einen »Gefühlsraum« einzurichten.<br />

Ähnlich wie die Musik können Filmbilder<br />

die Fähigkeit besitzen, Geheimnisse<br />

und Andeutungen zu vergrößern<br />

und neue Sichtweisen zu ermöglichen.<br />

Wird in seiner Operninszenierung auch<br />

der Filmregisseur Karl Markovics zu<br />

erkennen sein?<br />

Meine Bühnenbildnerin Katharina<br />

Wöppermann und ich verwenden<br />

zwar filmische Projektionen als Teil<br />

10<br />

stimmig ist. Es gibt keine großen,<br />

opernhaften Affekte, keine theatralischen<br />

Gesten in diesem Stück. Und<br />

dennoch brodelt und wallt es unter<br />

der stillen, kalten Oberfläche wie<br />

ein Vulkan tief unter dem Eismeer.<br />

Wie haben Sie sich Thomas Larchers<br />

Musik für die Oper angenähert, die<br />

bisher nur in der Partitur zu lesen<br />

ist? Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit<br />

mit dem Komponisten in<br />

den vergangenen Jahren der Entstehung<br />

und Konzeption?<br />

Ich kenne Thomas Larchers Musik<br />

ziemlich gut. Ich habe alles von ihm<br />

gehört, was auf CD erschienen ist.<br />

Darüber hinaus kenne ich einige<br />

seiner Werke aus Uraufführungen<br />

beziehungsweise von Konzerten.<br />

Natürlich ist es in diesem Fall besonders<br />

spannend, weil ich bei dem


Karl Markovics'<br />

filmische Landschaftsaufnahmen<br />

verleihen<br />

einzelnen Szenen einen<br />

stimmungsvollen<br />

Hintergrund.<br />

DAS JAGDGEWEHR<br />

musikalischen Entstehungsprozess<br />

dabei war und immer noch bin, denn<br />

Thomas Larcher wird die Musik auch<br />

während der Proben noch adaptieren.<br />

Ich kenne die ersten Skizzen, die<br />

er mir am Klavier vorgespielt hat. Ich<br />

habe die Entwicklung der einzelnen<br />

Akte mitverfolgt. Und dazwischen<br />

gab es immer wieder große Etappen,<br />

wo wir nichts voneinander hörten<br />

und uns mit ganz anderen Arbeiten<br />

beschäftigten. Umso erstaunlicher<br />

ist es, dass wir jetzt tatsächlich unmittelbar<br />

vor Probenbeginn stehen.<br />

Für mich als Nichtmusiker wird es<br />

trotz meiner angesprochenen Vorkenntnis<br />

eine große Überraschung<br />

sein, die Oper eine Woche vor der<br />

Premiere zum ersten Mal vollständig<br />

zu hören.<br />

Sie haben bisher als Schauspieler für<br />

Fernsehen, Film und Theater sowie<br />

als Kinoregisseur gearbeitet. Was<br />

reizt Sie an der Inszenierung einer<br />

Opern-Uraufführung?<br />

So ziemlich alles, was ich künstlerisch<br />

noch nie getan habe oder noch<br />

nicht kenne oder kann, reizt mich.<br />

Ganz besonders gilt das für den<br />

musikalischen Ausdruck. Ich liebe<br />

Musik, weil alles aus ihr entsteht und<br />

in ihr enthalten ist. Das Sichtbare<br />

und das Unsichtbare ebenso wie<br />

das Hör-und Unhörbare oder das<br />

Sag- und Unsagbare. Mehr noch als<br />

die Malerei ist Musik für mich der<br />

menschenmöglichste Ausdruck des<br />

Absoluten. In der Oper kommt dazu,<br />

dass sich alle Disziplinen treffen –<br />

Drama, Musik, Literatur, bildende<br />

Künste. Oper und Film haben, was<br />

das betrifft, viel gemeinsam. Sie sind<br />

allumfassend. Die Schriftstellerin<br />

Susan Sontag soll einmal gesagt<br />

haben, dass Richard Wagner, würde<br />

er heute leben, Filme machen würde.<br />

Eine spannende Vorstellung.<br />

KARL MARKOVICS<br />

erlangte vor allem als<br />

Schauspieler national und<br />

international Bekanntheit.<br />

Hinter der Kamera ist der<br />

gebürtige Wiener als Regisseur<br />

und Drehbuchautor tätig, Das<br />

Jagdgewehr ist sein Debüt<br />

als Opernregisseur.<br />

UMBESETZUNG<br />

An Stelle von Mark Padmore, der die<br />

Rolle aus gesundheitlichen Gründen<br />

zurückgeben musste, wird nun<br />

der irische Tenor Robin Tritschler<br />

als Dichter in Das Jagdgewehr zu<br />

erleben sein. Robin Tritschler hat<br />

bereits mehrere Rollen zeitgenössischer<br />

und moderner Werke erarbeitet,<br />

darunter in Roger Waters'<br />

Ça Ira, Jonathan Harveys Wagner<br />

Dream und John Cages Europeras<br />

1 & 2 bei der Ruhrtriennale. An der<br />

Welsh National Opera sang er u. a.<br />

Graf Almaviva (Der Barbier von<br />

Sevilla), Nemorino (L'elisir d'amore),<br />

Ferrando (Così fan tutte) und Don<br />

Ottavio (Don Giovanni). Weitere<br />

Engagements führten ihn an das<br />

Théâtre de la Monnaie Brüssel und<br />

Teatro Colón Buenos Aires.<br />

WERKSTATTBÜHNE<br />

DAS JAGDGEWEHR<br />

Thomas Larcher<br />

Premiere<br />

15. August <strong>2018</strong> – 20.00 Uhr<br />

Vorstellungen<br />

17. & 18. August – 20.00 Uhr<br />

11


DIE BÜHNE IM AUGE<br />

Der vierte und letzte Teil der »<strong>Festspielzeit</strong>«-Serie,<br />

diesmal im Vater-Tochter-Zweiergespann:<br />

Lisa und Dietmar Mathis<br />

12


Die Bühne<br />

im Auge<br />

LISA UND DIETMAR MATHIS<br />

In Bregenz bedeutet große Oper nicht nur große Gefühle, sondern<br />

auch starke Bilder. Die Bühnenkulissen im Bodensee sind<br />

opulente Hingucker, deren Anblick alles ringsum vergessen macht<br />

und das Kopfkino anknipst – für das Fotografen-Auge<br />

gleichermaßen Hochgenuss wie Herausforderung.<br />

In der »<strong>Festspielzeit</strong>« werfen Fotografen und Fotografinnen einen<br />

persönlichen Blick auf die Bregenzer Bildwelten.


DIE BÜHNE IM AUGE<br />

Ihr beide dokumentiert für die<br />

Kommunikationsabteilung quasi<br />

den ganzen Jahresbetrieb der<br />

Bregenzer Festspiele. Wie läuft das<br />

ab?<br />

Lisa Mathis: Wir erhalten Anfang<br />

des Jahres einen Plan mit allen<br />

wichtigen Terminen wie Pressekonferenzen,<br />

Eröffnung, Premieren,<br />

Orchesterkonzerte und so. Was<br />

feststeht, bekommen wir also lange<br />

vorher, und dann ergeben sich kurzfristig<br />

noch einmal so viele Termine<br />

zwischendurch.<br />

Dietmar Mathis: Das sind die schnellen<br />

und die spontanen Jobs. Wenn<br />

zum Beispiel beim Bühnenaufbau<br />

ein Kulissenteil angeliefert wird,<br />

heißt es: Kannst du schnell um vier<br />

hier sein? Oder: In der Werkstatt<br />

wird gerade das Gerüst zusammengeschraubt,<br />

sie werden gegen<br />

drei Uhr fertig sein, dann sieht man<br />

nicht nur Eisenteile …<br />

Wie oft steht ihr beide gleichzeitig<br />

im Einsatz?<br />

Dietmar M.: Selten, eigentlich nur<br />

bei der Eröffnung. Diese beginnt um<br />

neun Uhr und ist zu Mittag fertig.<br />

Um halb eins sollten für die Medien<br />

bereits alle Bilder draußen sein. Wir<br />

dokumentieren vom Eintreffen der<br />

Gäste bis zur Premierenparty nach<br />

Mitternacht.<br />

Lisa M.: Wenn der große Ansturm<br />

herrscht, bin ich zuerst auch draußen<br />

vor dem Festspielhaus, dann<br />

aber drinnen und bereite die Bilder<br />

für die Kommunikationsabteilung<br />

vor.<br />

Schon fertig bearbeitet?<br />

Lisa M.: Immer. Bearbeitet und<br />

beschriftet. Man muss auch den<br />

Überblick behalten, was schon rausgegangen<br />

ist.<br />

Das heißt, es ist dann ein bisschen<br />

stressig …<br />

Lisa M.: Wenn du ein gutes System<br />

hast, geht das. Du musst halt schnell<br />

sein. Zum einen geht's chronologisch,<br />

zum anderen müssen die sogenannten<br />

Hauptbilder, zum Beispiel<br />

das Gruppenbild mit dem Bundespräsidenten,<br />

als erste raus. Aber das<br />

weiß man mit den Jahren.<br />

Gibt es ein Foto, das euch besonders<br />

in Erinnerung geblieben ist, weil<br />

es besonders spektakulär war oder<br />

einfach nur schwierig zu kriegen?<br />

Lisa M.: Einmal haben wir von<br />

Turandot die ganze Aufführung in<br />

Zeitraffer fotografiert. Das hat sich<br />

durch die Türme angeboten, durch<br />

die wir von der Seite aus einen Teil<br />

der Mauer, die ganze Bühne und<br />

die Tribüne fotografieren konnten.<br />

Es war ziemlich weitwinklig, aber<br />

das ergab ein tolles Kurzvideo der<br />

Aufführung. Oder was mich sehr gefreut<br />

hat, war ein Zeitungsinterview<br />

mit Festspielintendantin Elisabeth<br />

Sobotka, bei dem zunächst keine<br />

Fotos gemacht werden sollten, weil<br />

es nicht mit allen abgesprochen war.<br />

Kurzfristig wurde dann entschieden,<br />

doch zu fotografieren. Später habe<br />

ich dann erfahren, dass ihr neues<br />

Lieblingsfoto dabei entstanden sei.<br />

Gibt es auch Fotos, bei denen ihr<br />

sagen müsst: »Das geht nicht« ?<br />

Dietmar M.: »Geht nicht«, gibt<br />

es eigentlich nicht mit der heutigen<br />

Technik. Früher warst du mit<br />

der ASA-Lichtempfindlichkeit<br />

begrenzt, bei 1.600 war fertig. Ich<br />

erinnere mich an ein Klavierkonzert<br />

mit Grigori Lipmanowitsch Sokolow.<br />

Danach habe ich einen Techniker<br />

gefragt, ob sie einen Stromausfall<br />

hatten. Nein, der Pianist wolle völlig<br />

im Dunkeln spielen. Da bin ich an<br />

die Grenzen gestoßen. Für Zeitungsfotos<br />

hat es gereicht, digital<br />

war das möglich. Mit analogem Film<br />

wäre es nicht gegangen.<br />

Stichwort Technik. Wie ist das Arbeiten<br />

auf der Bühne und im Festspielhaus?<br />

007 vor der Linse: 2008 drehte das James-Bond-Team für den Film Ein Quantum Trost<br />

bei den Bregenzer Festspielen. Dietmar Mathis war mit der Kamera bei den Dreharbeiten<br />

stets dabei.<br />

Dietmar M.: Es ist von den Bregenzer<br />

Festspielen aus alles sehr gut<br />

vorbereitet und organisiert. Die<br />

Leute sind da, wenn man jemanden<br />

braucht, und du kommst überall<br />

hin. Anderswo sind oft die Türen<br />

verschlossen. Hier arbeiten – vom<br />

Portier bis zur Chefetage hinauf –<br />

alle am selben Ziel, hier sagt jeder:<br />

Wir wollen ein tolles Ergebnis<br />

haben! Für mich ist es das gute Bild,<br />

14


Licht aus, Kamera an: Kongresskultur Bregenz beteiligt sich alljährlich an der Initiative »Earth Hour« und schaltet am<br />

Aktionstag zum Zeichen des Klimaschutzes für eine Stunde alle Lichter im Festspielhaus aus. Auch die Kulisse auf der<br />

Seebühne wird dann dunkel. Lisa Mathis fing die besondere Stimmung ein.<br />

LISA UND DIETMAR MATHIS<br />

für die Kommunikationsabteilung,<br />

wenn die Zeitung das Bild abdruckt,<br />

und für die Mitarbeitenden, wenn<br />

die Aufführung viele Besucher<br />

begeistert.<br />

Um nicht zu stören, solltet ihr als Fotografen<br />

eigentlich im Hintergrund<br />

bleiben. Kommt ihr dennoch auch<br />

mit den Künstlerinnen und Künstlern<br />

in Kontakt?<br />

Lisa M.: Ganz unterschiedlich. Wir<br />

machen auch immer wieder Porträts<br />

von ihnen oder den Regisseuren.<br />

Da führst du aber keine langen<br />

Gespräche, weil sie meistens unter<br />

Zeitdruck stehen. Du musst einfach<br />

schnell gute Qualität liefern.<br />

Dietmar M.: Die Künstler sind<br />

meistens problemlos. Ihre Manager<br />

stellen sie oft als komplizierter dar,<br />

als sie eigentlich sind. Der Manager<br />

sagt: Mein Künstler geht unmöglich<br />

höher als zehn Zentimeter rauf,<br />

viel zu gefährlich! Und der Künstler<br />

klettert dann freiwillig gleich die<br />

ganze Leiter hoch …<br />

Lisa M.: Ich denke, bei den Bregenzer<br />

Festspielen sind die Künstler von<br />

vornherein schon darauf eingestellt,<br />

dass sie gewagtere Sachen machen<br />

als vielleicht an anderen Bühnen.<br />

Lieber Seebühne oder Hausoper?<br />

Was ist vom Fotografischen anspruchsvoller?<br />

Lisa M.: Wo das schönere Bild ist!<br />

Auf der Seebühne ist es zwar zwei<br />

Jahre lang dasselbe Stück, die<br />

Stimmung verändert sich aber immer<br />

wieder. Also ist auch jedes Mal<br />

anders.<br />

Dietmar M.: Das Faszinierendste<br />

für mich ist immer das Licht bei der<br />

Oper im Festspielhaus mit ihren<br />

Effekten, mit spiegelnden Böden,<br />

Nebel … da bist du am Staunen.<br />

Aber ob Seebühne oder Saal, ganz<br />

gleich: Von der Technik her ist alles<br />

so gut ausgeleuchtet, dass es ein feines<br />

Arbeiten ist. Da steht nicht, wie<br />

sonst manchmal, der eine zufällig<br />

gerade im Schatten und der andere<br />

voll im Licht.<br />

15<br />

Begeistert man sich durch diese Jobs<br />

für die jeweilige Oper?<br />

Dietmar M.: Zum Opernhören komme<br />

ich nicht, weil ich immer warten<br />

muss, bis sie laut singen. Wenn<br />

jemand piano singt, kann ich nicht<br />

abdrücken.<br />

Lisa M.: Wir warten auf die Pauke!<br />

DIETMAR UND LISA MATHIS<br />

sind Vater und Tochter und<br />

sorgen bei den Bregenzer<br />

Festspielen für ein lückenloses<br />

Fotoarchiv. Faszination für Fotografie<br />

ließ sich in diesem Fall<br />

genauso vererben wie das<br />

Gespür für den richtigen<br />

Moment und der flinke Finger<br />

am Auslöser.


SPIEL AUF DEM SEE 2017|18<br />

CARMEN<br />

GEORGES BIZET


TRICKKISTE<br />

SEEBÜHNE<br />

SPIEL AUF DEM SEE<br />

18


Am 20. August <strong>2018</strong> wird<br />

es so weit sein: Nach zwei<br />

Festspielsommern und fast<br />

60 Vorstellungen wird sich<br />

Carmen von der Seebühne<br />

verabschieden. 400.000 Besucher<br />

wird Kasper Holtens<br />

temporeiche Inszenierung in<br />

Es Devlins eindrucksvollem<br />

Bühnenbild bis dahin begeistert<br />

haben, viele Szenen<br />

noch lange in Erinnerung<br />

bleiben: Micaëlas ergreifende<br />

Arie in schwindelerregender<br />

Höhe, Carmens<br />

beherzter Sprung ins Wasser<br />

auf der Flucht vor der<br />

Festnahme, und natürlich<br />

ihr vergeblicher Kampf,<br />

als Don José sie am Ende<br />

im Bodensee ertränkt. Und<br />

zwischen Ergriffenheit und<br />

Gänsehaut bleibt auch stets<br />

die leise Frage: Wie machen<br />

die das eigentlich?<br />

CARMEN<br />

Was Sie schon immer über<br />

Carmen wissen wollten, aber<br />

nie zu fragen wagten ...<br />

19


SPIEL AUF DEM SEE<br />

RETTENDES KOSTÜM. Eine gefühlte<br />

Ewigkeit lang wird Carmen von<br />

Don José unter Wasser gedrückt,<br />

bis sich nach wildem, vergeblichem<br />

Um-sich-Schlagen ihr Schicksal besiegelt.<br />

Der Ertrinkungstod in der<br />

Bregenzer Inszenierung ließ bereits<br />

im ersten Spieljahr die Zuschauer<br />

schaudern und rätseln. Was gefährlich<br />

aussieht, verlangt von den<br />

Sängerinnen tatsächlich viel Mut<br />

und wird so lange geprobt, bis jeder<br />

Schritt sitzt: die im Kostüm versteckte<br />

Pressluftflasche hervorholen,<br />

noch im Fall ins knietiefe Wasser<br />

das Mundstück ansetzen, wild<br />

strampeln und dabei ruhig atmen.<br />

Voilà. Das Gewicht des mit Wasser<br />

vollgesogenen Kostüms macht nach<br />

dem nassen Tod das Aufstehen<br />

jedes Mal zur Kraftanstrengung –<br />

mit einem Karren wird es nach der<br />

Vorstellung zum Trocknen von der<br />

Bühne gebracht.<br />

Sie wollen es noch genauer wissen?<br />

Ein Making-Of zur Bregenzer<br />

Todesvariante finden Sie online auf<br />

youtube.com/bregenzerfestspiele.<br />

20


CARMEN<br />

DOPPELTE CARMEN. Ein Rollentausch,<br />

der so gut funktionierte,<br />

dass ihn selbst einige Kritiker nicht<br />

durchschauten und die Sängerinnen<br />

für ihren Wagemut lobten: Carmen<br />

küsst den verdatterten Don José,<br />

flüchtet über die Bühne, verschwindet<br />

kurz hinter einer der Spielkarten<br />

des Bühnenbilds, rennt auf der<br />

anderen Seite hervor und rettet<br />

sich mit einem weiten Sprung in den<br />

Bodensee. Stets von Szenenapplaus<br />

begleitet, schwimmt sie davon.<br />

Bestimmt haben Sie es erraten: Die<br />

Person, die links hinter der Karte<br />

verschwindet und jene, die rechts<br />

wieder herauskommt, ist nicht dieselbe.<br />

Carmen wechselt ihren Platz<br />

mit einer Stunt-Darstellerin.<br />

Auch wenn Micaëla in der Schmugglerszene<br />

in rund 20 Metern Höhe<br />

durch die Karten klettert, ist eine<br />

ausgebildete Kletterin als Double im<br />

Einsatz (Foto Seite 21). Die Sängerinnen<br />

selbst beweisen gleichfalls<br />

Schwindelfreiheit – die Position hoch<br />

oben im Daumen der linken Hand<br />

übernehmen sie persönlich (Fotos<br />

unten). Über Treppen und Leitern<br />

gelangen sie, gut gesichert, nach<br />

oben.<br />

21


SPIEL AUF DEM SEE<br />

UNSCHEINBARES WIEDERSEHEN.<br />

Tot liegt Zuniga auf der Bühne, das<br />

gelbe Hemd von Blut durchtränkt,<br />

feige erschossen von den Schmugglern.<br />

Sie hieven seine Leiche in<br />

ihr Boot und werfen sie im Schutz<br />

der Dunkelheit über Bord. Kaum<br />

jemand im Publikum bemerkt den<br />

Tausch. Der Darsteller des Zuniga<br />

bleibt natürlich im Trockenen. Im<br />

Wasser versinkt ein alter Bekannter:<br />

eine Puppe der Bergrettung, die<br />

bereits 2015|16 für die Bregenzer<br />

Festspiele als Leiche im Einsatz war<br />

– als geköpfter persischer Prinz aus<br />

Turandot.<br />

22<br />

ZUCKERSÜSSES SCHMUCKSTÜCK.<br />

Tief in die Trickkiste greifen nicht<br />

nur die Stuntleute, sondern auch<br />

das Team der Ausstattung, das für<br />

die Requisiten zuständig ist. Ein<br />

Ring, den Carmen allabendlich Don<br />

José vor die Füße ins Wasser werfen<br />

kann, der umweltfreundlich ist<br />

und für Ferngläser und Fernsehen<br />

auch täuschend echt aussieht? Kein<br />

Problem! Mit viel Liebe zum Detail<br />

fertigte Requisiten-Chef Helmut<br />

Schweizer einen Ring aus Holz,<br />

besetzt mit einem ganz besonderen<br />

Hochkaräter: einem »Smaragd« aus<br />

grüner Zuckermasse.


DREI TAGE,<br />

ACHT EVENTS<br />

DAS SWR4 FESTIVAL: KONZERTE, TALK UND SCHLAGER VOM<br />

12. BIS 14. OKTOBER IN STUTTGART<br />

Das dreitägige SWR4 Festival<br />

in Stuttgart bietet vom<br />

12. bis 14. Oktober exklusive<br />

Veranstaltungen: zwei »SWR4 Höhepunkte«,<br />

ein »SWR4 GanzNah-Konzert«,<br />

die »SWR4 Durchstarter des<br />

Jahres« sowie Meet&Greets mit<br />

den Stars bei der Schlagernacht des<br />

Jahres. Karten für die Veranstaltungen,<br />

bei denen das Publikum Stars<br />

sowie Moderatorinnen und Moderatoren<br />

ganz nah erlebt, können<br />

nicht käuflich erworben werden. Die<br />

Tickets werden im Radioprogramm<br />

von SWR4 Baden-Württemberg und<br />

auf swr4.de ab dem 4. Oktober <strong>2018</strong><br />

verlost.<br />

»SWR4 HÖHEPUNKTE« MIT<br />

SPANNENDEN GÄSTEN<br />

Interessante Gespräche in luftiger<br />

Höhe auf dem Stuttgarter Fernsehturm<br />

mit Talkgästen, die auf den<br />

ersten Blick wenig gemeinsam haben<br />

– das ist das Konzept des Promitalks<br />

»SWR4 Höhepunkte«. Zu Gast sind<br />

unter anderem Tom Bartels, Franci<br />

Jordi und Matthias Reim.<br />

»Sing meinen Song«. Die Schweizer<br />

Sängerin Beatrice Egli gehört längst<br />

zu den ganz Großen der Schlagermusik.<br />

Beim SWR4 Festival erleben<br />

Sie sie »GanzNah«.<br />

»SWR4 DURCHSTARTER DES<br />

JAHRES«<br />

SWR4 ehrt junge Nachwuchstalente,<br />

die sich im vergangenen Jahr mit<br />

ihrer Musik in die Charts gespielt<br />

haben und eine künstlerische Karriere<br />

vor sich haben dürften.<br />

MEET&GREET MIT ANDREAS<br />

GABALIER UND WEITEREN STARS<br />

Sie können das Konzert mit dem<br />

österreichischen »VolksRock'n'Roller«<br />

erleben und treffen ihn vorher<br />

persönlich.<br />

FÜHRUNGEN DURCH DAS<br />

FUNKHAUS STUTTGART<br />

Die Gewinner sind nicht nur live<br />

im Studio von SWR4 Baden-Württemberg,<br />

sondern auch Gast in den<br />

Fernsehstudios und erfahren Wissenswertes<br />

über Produktion und<br />

Arbeit im modernsten Funkhaus<br />

Europas.<br />

KLATSCH UND TRATSCH BEIM<br />

»SWR4 MODERATOREN-CAFÉ«<br />

Wer sich einmal mit den Moderatorinnen<br />

und Moderatoren von<br />

SWR4 in entspannter Atmosphäre<br />

bei Kaffee und Kuchen austauschen<br />

möchte, hat in luftigen 144 Metern<br />

Höhe auf dem Stuttgarter Fernsehturm<br />

die Gelegenheit dazu.<br />

PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE<br />

»SWR4 GANZNAH-KONZERTE« MIT<br />

MARY ROOS UND BEATRICE EGLI<br />

Ein kleines, aber feines Konzert<br />

erwartet die Gewinner mit Mary<br />

Roos und ihrer Band. Mit ihrem neu<br />

erschienenen Album Abenteuer<br />

Unvernunft wagt sie sich in neue<br />

musikalische Welten. Seit ihrem<br />

dritten Platz beim ESC gehört sie<br />

zu den deutschen ESC-Legenden<br />

und ist mittlerweile in der Jury von<br />

Rainhard Fendrich beim »SWR4 GanzNah-Konzert« 2017<br />

23


SPIEL AUF DEM SEE<br />

TARNKAPPEN,<br />

ZWERGE UND VIEL<br />

HERZBLUT<br />

Der Kinderchor der Musikmittelschule Bregenz-Stadt<br />

bereichert das Spiel auf dem See Carmen


Lisa Wertl und Patrick Schleichert<br />

wirken erstaunlich abgeklärt.<br />

Knapp 7.000 Zuschauer<br />

auf der voll besetzten Seetribüne<br />

machen die beiden 14-jährigen Schüler<br />

kaum nervös. Sie sind heuer zum<br />

zweiten Mal Teil des Kinderchors.<br />

Damit fügt sich das Mosaik rund<br />

um das Spiel auf dem See ein Stück<br />

weiter zusammen. »Besonders die<br />

Seeproben sind immer lustig. Wir<br />

hatten viel Spaß mit unseren Betreuern,<br />

aber auch mit den Sängern<br />

und mit Regisseur Kasper Holten«,<br />

erzählt Patrick.<br />

CARMEN<br />

SING- UND SPIELCHOR<br />

40 Kinder und Jugendliche im<br />

Alter zwischen 10 und 14 Jahren<br />

umfasst der Chor unter der Leitung<br />

von Wolfgang Schwendinger. Der<br />

Bregenzer Musikpädagoge stellt für<br />

Carmen zwei gleich große Gruppen<br />

zusammen. Eine steht im Festspielhaus<br />

neben dem Dirigenten<br />

und wird live übertragen, so wie<br />

die Wiener Symphoniker und der<br />

Prager Philharmonische Chor. Die<br />

andere Gruppe ist auf der Seebühne<br />

zu sehen und zunächst bei der<br />

Ouvertüre schauspielerisch gefragt.<br />

Ihre Gesangspartien folgen bei der<br />

Wachablösungs-Szene.<br />

ABGANG MIT TARNKAPPE<br />

Jene 20 Kinder, die draußen singen<br />

und spielen, schleichen sich nach<br />

Ende ihres Einsatzes mit schwarzen<br />

Zwergen-Kutten verkleidet über<br />

den seitlich gelegenen Steg von der<br />

Seebühne. Es ist bereits dunkel, und<br />

die Kutten dienen sozusagen als<br />

Tarnkappe. So können die Chormitglieder<br />

vom Publikum praktisch<br />

nicht gesehen werden und stören die<br />

noch laufende Oper nicht. Die Gruppen<br />

wechseln sich täglich ab.<br />

Lisa Wertl und Patrick Schleichert beim Üben mit Chorleiter Wolfgang Schwendinger.<br />

Während der Vorstellung singt eine Hälfte des Chors im Haus und wird live übertragen.<br />

Die andere Hälfte ist auf der Bühne im schauspielerischen Einsatz – und verlässt sie<br />

nach ihrem Auftritt »getarnt« im Halbdunkel.<br />

An sieben Operninszenierungen<br />

der Bregenzer Festspiele hat der<br />

Kinderchor der Musikmittelschule<br />

Bregenz-Stadt mitgewirkt. Los<br />

ging es 1981 mit Otello bei der Oper<br />

im Festspielhaus. Nach Turandot<br />

2015|16 ist er bei Carmen wieder<br />

dabei.<br />

IDENTIFIKATION<br />

Während viele Schulkollegen in ihren<br />

<strong>Sommer</strong>ferien verreisen, bleiben<br />

Lisa und Patrick zuhause. »Du musst<br />

mit dem Herzen dabei sein«, sagt<br />

Schwendinger, der auch auf Disziplin<br />

und Teamfähigkeit setzt. Lisa hat<br />

bereits im Alter von fünf Jahren Geige<br />

in einem Orchester gespielt. »Ich<br />

stehe gerne auf der Bühne«, sagt sie.<br />

Es gibt eine Aufwandsentschädigung<br />

sowie Karten für Carmen.<br />

JUGENDSCHUTZ<br />

Jugendschutz und Sicherheit<br />

sind Wolfgang Schwendinger wichtig.<br />

Alle Chormitglieder müssen<br />

Schwimmkenntnisse haben sowie<br />

Atteste von Allgemein- und Augenarzt<br />

nachweisen. Die gesetzlichen<br />

Auflagen an die Ausgehzeit der<br />

Kinder und Jugendlichen lassen sich<br />

leicht erfüllen – sie kommen nur<br />

im ersten Akt zum Einsatz, so dass<br />

alle rechtzeitig zu Hause sind. Die<br />

Heimfahrt erfolgt im Taxi – »und<br />

zwar direkt vor die Haustür«, betont<br />

der Chorleiter. Mit dem Abschminken<br />

zuhause gehen dann für Lisa,<br />

Patrick und ihre Kollegen unvergessliche<br />

Abende zu Ende.<br />

25


BRA SS<br />

ITALIANO<br />

DAS INTERNATIONALE BLASMUSIK-CAMP FEIERT AM<br />

12. AUGUST SEINEN ABSCHLUSS IM FESTSPIELHAUS<br />

CROSSCULTURE<br />

Bereits zum vierten Mal erhalten<br />

im Blasmusik-Camp vor<br />

allem junge Musiker und Musikerinnen<br />

die Möglichkeit, eine Woche<br />

lang von Dozenten der Wiener<br />

Symphoniker zu lernen. Gemeinsam<br />

erarbeiten sie unter der Leitung von<br />

Dirigent und Schlagzeuger Martin<br />

Kerschbaum ein anspruchsvolles<br />

Programm.<br />

Von der Oboe bis zur Tuba: Alle<br />

Blech- und Holzblasinstrumente<br />

sind vertreten. In Kooperation mit<br />

dem Vorarlberger Blasmusikverband<br />

und dem ORF Vorarlberg bieten die<br />

Bregenzer Festspiele den Jugendlichen<br />

einen Einblick in das Leben<br />

eines Profimusikers und schaffen<br />

eine Plattform, um sich auszutauschen.<br />

Zum ersten Mal unterstützen<br />

nicht nur Wiener Symphoniker die<br />

Nachwuchstalente, sondern auch<br />

eine Sängerin und ein Sänger des<br />

Spiels auf dem See Carmen.<br />

FACETTENREICHE BLASMUSIK<br />

Voraussetzungen für eine Teilnahme<br />

am Camp sind die Vollendung<br />

des sechzehnten Lebensjahrs sowie<br />

ein Nachweis der höchsten Qualifikation<br />

des Blasmusikverbandes,<br />

sprich einer Leistungsprüfung in<br />

Gold beziehungsweise D3. Nach<br />

oben ist keine Altersgrenze gesetzt<br />

– auch einige Teilnehmer über 60<br />

wissen das außergewöhnliche Angebot<br />

zu schätzen.<br />

Im Dreiländereck am Bodensee ist<br />

die Blasorchester-Szene in zahlreichen<br />

Vereinen und Ensembles stark<br />

vertreten und verfügt über viele<br />

junge Talente. Dennoch wird sie oft<br />

nur mit Zeltfesten in Verbindung<br />

gebracht. Martin Kerschbaum hat<br />

das Ziel, die Blasmusik von diesem<br />

Vorurteil zu befreien und ihr symphonisches<br />

und facettenreiches<br />

Potenzial sichtbar werden zu lassen.<br />

Ein anspruchsvolles und herausforderndes<br />

Repertoire in großer Besetzung<br />

zu spielen, ist ein besonderes<br />

Erlebnis. So nutzen auch einige erfahrene<br />

Berufsmusiker die Chance,<br />

am Camp teilzunehmen.<br />

Dieses Jahr besteht das Orchester<br />

des Abschlusskonzerts aus nahezu<br />

90 Musikern und Musikerinnen, die<br />

nicht nur aus Österreich, Deutschland<br />

und der Schweiz, sondern auch<br />

aus Italien und Slowenien stammen.<br />

OPER GOES BLASMUSIK<br />

Die Matinee Brass italiano ist<br />

eine Ode an die italienische Musik<br />

und ihre Komponisten, angelehnt<br />

26


Happy End!<br />

Bekannte und neu zu entdeckende Melodien stehen auf dem Programm<br />

des von Martin Kerschbaum geleiteten IBC-Abschlusskonzerts.<br />

an Rom, den Spielort der Oper im<br />

Festspielhaus Beatrice Cenci.<br />

Mit viel Bedacht wurde ein Programm<br />

zusammengestellt, das<br />

eine Verbindung zwischen dem<br />

diesjährigen Festspielprogramm<br />

und vergangenen Höhepunkten<br />

knüpft. Der weite Bogen spannt<br />

sich von Nessun Dorma aus<br />

Puccinis Turandot, die in den Jahren<br />

2015|16 auf der Seebühne zu<br />

erleben war, über Verdis Ouvertüre<br />

zu Die sizilianische Vesper bis zu<br />

modernen Kompositionen, wie beispielsweise<br />

Speak softly Love aus<br />

dem Kultfilm Der Pate oder Volare<br />

von Domenico Modugno.<br />

Höhepunkt des Abends ist die<br />

Interpretation des Trinklieds aus<br />

Puccinis La traviata, bei der die<br />

Absolventen des Internationalen<br />

Blasmusik-Camps gesangliche Unterstützung<br />

von Cristina Pasaroiu<br />

und Martin Muehle erhalten, die<br />

in Carmen auf der Seebühne die<br />

Rollen von Micaëla und Don José<br />

verkörpern.<br />

Das Blasmusik-Camp ist Teil des<br />

1996 gegründeten Kinder- und<br />

Jugendprogramms crossculture<br />

der Bregenzer Festspiele. In zahlreichen<br />

Workshops und Veranstaltungen<br />

sind junge Menschen eingeladen,<br />

ihre Kreativität auszuleben,<br />

Ideen zu verwirklichen und ins<br />

Musiktheater einzutauchen.<br />

CROSSCULTURE<br />

BRASS ITALIANO<br />

Abschlusskonzert<br />

12. August – 11.00 Uhr |<br />

Festspielhaus<br />

Dirigent Martin Kerschbaum<br />

Moderation Bettina Barnay<br />

Absolventen des Internationalen<br />

Blasmusik-Camps | Dozenten der<br />

Wiener Symphoniker<br />

Der Barbier von Sevilla<br />

beginnt mit einem beispiellosen<br />

Skandal, einer Rauferei<br />

im Opernhaus. Bei der Premiere 1816<br />

in Rom verschreckte das aufgebrachte<br />

Publikum Gioachino Rossini so sehr,<br />

dass sich der Komponist krankmeldete.<br />

Die Angst, während einer<br />

zweiten Aufführung dem Zorn der<br />

Zuschauer erneut zum Opfer zu<br />

fallen, war zu groß. Was war geschehen?<br />

Damals hatte es dieser »junge<br />

Schnösel« Rossini gewagt, das populäre<br />

Lustspiel des hochverehrten<br />

Maestro Giovanni Paisiello erneut zu<br />

vertonen. Ein Affront in den Augen<br />

der wütenden Paisiellisten.<br />

Trotz Pfeifkonzert und Handgreiflichkeiten<br />

– das Meisterwerk<br />

setzte sich durch und zählt heute<br />

zu den berühmtesten komischen<br />

Opern. Wie so oft beginnen Erfolge<br />

mit einem Debakel. Auch Kaffee<br />

musste einige Beschimpfungen über<br />

sich ergehen lassen. Zum Beispiel<br />

von französischen Winzern, die den<br />

Kaffee am liebsten in die Apotheke<br />

verbannt hätten. Ganz einfach, weil<br />

sie finanzielle Einbußen durch das<br />

beliebte Getränk befürchteten. Wie<br />

gut, dass sich im Laufe der Geschichte<br />

die Wogen glätten. Viel Vergnügen<br />

beim Barbier von Sevilla wünscht<br />

Ihnen Dallmayr Kaffee.<br />

BRASS ITALIANO, DALLMAYR<br />

27


»Das ist das<br />

Wunder des<br />

Theaters.<br />

Es entsteht<br />

immer neu.«<br />

ELISABETH SOBOTKA<br />

Das Spiel auf dem See wird präsentiert von


BREGENZER FESTSPIELE 2019<br />

PROGRAMM<br />

VORSCHAU<br />

BREGENZER FESTSPIELE 2019<br />

SPIEL AUF DEM SEE<br />

RIGOLETTO<br />

GIUSEPPE VERDI<br />

Als Hofnarr des lüsternen<br />

Herzogs amüsiert sich<br />

Rigoletto, den er tatkräftig<br />

bei dessen Eroberungen unterstützt.<br />

Seine Tochter Gilda sperrt<br />

er zu Hause ein, um sie vor anderen<br />

Männern zu schützen. Monterone,<br />

dessen Tochter der Herzog<br />

geschändet hat, verflucht Rigoletto<br />

für dessen spottende Worte. Nichts<br />

ahnend wird er zum Helfer bei<br />

Gildas Entführung, die dem Herzog<br />

als Eroberung gebracht wird. Sie<br />

sieht die Zuwendung des Herzogs<br />

als Ausweg aus der Obhut ihres Vaters.<br />

Dieser aber hat einen Mörder<br />

beauftragt, um den Liebschaften<br />

des Herzogs ein Ende zu bereiten.<br />

Als Rigoletto die verhüllte Leiche<br />

ins Wasser werfen möchte, hört er<br />

erneut dessen zynisches Credo »La<br />

donna è mobile« und fürchtet um<br />

das Leben seiner Tochter …<br />

Giuseppe Verdis mitreißendes und<br />

schaurig-schönes Meisterwerk ist<br />

zum ersten Mal auf der Bregenzer<br />

Seebühne zu erleben. Der Regisseur<br />

und Bühnenbildner Philipp Stölzl<br />

betont in seiner Inszenierung Verdis<br />

einzigartige Kontraste<br />

zwischen Spektakel und<br />

intimem Kammerspiel. Dem<br />

zirkushaften Treiben auf dem Fest,<br />

der waghalsigen Entführung und<br />

dem gruseligen nächtlichen Sturm<br />

stehen innige Szenen zwischen<br />

Vater und Tochter sowie Gilda und<br />

dem Herzog gegenüber.<br />

Mit der Möglichkeit, auf der Seebühne<br />

zu inszenieren, geht für<br />

Philipp Stölzl ein lang gehegter<br />

Traum in Erfüllung. Seine Musikvideos<br />

für die Gruppe Rammstein<br />

machten ihn bekannt, in Filmen wie<br />

Nordwand, Der Medicus und zuletzt<br />

Winnetou entwarf er atemraubende<br />

Szenen. Als Opernregisseur<br />

feierte er Erfolge unter anderem<br />

bei den Salzburger Festspielen, am<br />

Theater an der Wien sowie an den<br />

Staatsopern in Berlin und Dresden.<br />

Oper in drei Akten (1851) | Libretto<br />

von Francesco Maria Piave | Nach<br />

Victor Hugos Le Roi s’amuse (1832) |<br />

In italienischer Sprache mit deutschen<br />

Übertiteln<br />

PREMIERE<br />

17. Juli 2019 – 21.15 Uhr<br />

VORSTELLUNGEN<br />

19., 20., 21., 23., 24., 26., 27.,<br />

28., 30., 31. Juli – 21.15 Uhr<br />

1., 2., 3., 4., 6., 7., 9., 10., 11.,<br />

13., 14., 16., 17. und 18. August –<br />

21.00 Uhr<br />

Seebühne | Festspielhaus<br />

Musikalische Leitung Enrique Mazzola<br />

Inszenie rung | Licht Philipp Stölzl<br />

Bühne Philipp Stölzl, Heike Vollmer<br />

Kostüme Kathi Maurer<br />

Mitarbeit Regie Philipp Krenn<br />

Wiener Symphoniker<br />

Prager Philharmonischer Chor<br />

Bregenzer Festspielchor<br />

Bühnenmusik in Kooperation mit dem<br />

Vorarlberger Landeskonservatorium<br />

30


OPER IM FESTSPIELHAUS<br />

DON QUICHOTTE<br />

JULES MASSENET<br />

Der »Ritter von der traurigen<br />

Gestalt« mit seiner Großzügigkeit<br />

und Phantasie ist<br />

eine der faszinierendsten Figuren<br />

der Welt literatur. Don Quijotes<br />

Kampf gegen die Windmühlen, in<br />

denen er furchtbare Riesen sieht,<br />

wurde zum Symbol seiner Identität.<br />

Auf der Opernbühne machte ihn<br />

der französische Komponist Jules<br />

Massenet zum leidenschaftlich<br />

Liebenden. Don Quichotte singt<br />

Dulcinée ein wunderschönes Ständchen<br />

und bringt ihren gestohlenen<br />

Schmuck aus den Händen gefährlicher<br />

Räuber zurück, dennoch<br />

lehnt sie seinen Heiratsantrag ab.<br />

Anders als in Miguel de Cervantes'<br />

Vorlage wird seine Angebetete<br />

zur realen Bühnengestalt, die, so<br />

Massenet, »das Element weiblicher<br />

Schönheit« und »einen mächtigen<br />

poetischen Anreiz« ins Stück trage.<br />

Für sie begibt sich der Ritter in Lebensgefahr<br />

und erlangt heldenhaft<br />

ihren Schmuck zurück.<br />

Dem Wechselspiel von Fantasie<br />

und Wirklichkeit spürt Massenet in<br />

seiner Musik nach. Gekonnt verleiht<br />

der Komponist den unterschiedlichen<br />

dramatischen Situationen<br />

ihren eigenen musikalischen Stil.<br />

Mit Kastagnetten und prägnanten<br />

Rhythmen illustriert er das spanische<br />

Dorfleben. Dulcinées Verehrer<br />

besingen ihre Schönheit in madrigalartigem<br />

Ton, schillernde Farben im<br />

Orchester begleiten Don Quichottes<br />

Liebeserklärung.<br />

Die Regisseurin Mariame Clément<br />

begeisterte mit Inszenierungen unter<br />

anderem im Theater an der Wien,<br />

Royal Opera House Covent Garden.<br />

an der Opéra national de Paris und<br />

beim Glyndebourne Festival.<br />

PREMIERE<br />

18. Juli 2019 – 19.30 Uhr<br />

VORSTELLUNGEN<br />

21. Juli – 11.00 Uhr<br />

29. Juli – 19.30 Uhr<br />

Festspielhaus<br />

Musikalische Leitung Antonino<br />

Fogliani<br />

Inszenie rung Mariame Clément<br />

Bühne | Kostüme Julia Hansen<br />

Licht Ulrik Gad<br />

Wiener Symphoniker<br />

Prager Philharmonischer Chor<br />

Comédie héroïque in fünf Akten<br />

(1910) | Libretto von Henri Cain<br />

nach Jacques Le Lorrains Le Chevalier<br />

de la longue figure (1904) | In französischer<br />

Sprache mit deutschen<br />

Übertiteln<br />

VORSCHAU<br />

ORCHESTER<br />

KONZERTE<br />

WIENER SYMPHONIKER<br />

22. Juli 2019 – 19.30 Uhr<br />

Dirigent Fabio Luisi<br />

Giuseppe Verdi Messa da Requiem<br />

Mit virtuosen Gesangspartien<br />

und ergreifenden<br />

Chören gestaltete<br />

Giuseppe Verdi seine überwältigende<br />

Messa da Requiem, womit der<br />

Prager Philharmonische Chor im<br />

Juli sein zehnjähriges Mitwirken<br />

bei den Bregenzer Festspielen feiert.<br />

Für dieses Konzert wird Fabio<br />

Luisi, ehemals Chefdirigent der<br />

Wiener Symphoniker, erneut nach<br />

Bregenz kommen. Der momentane<br />

Chefdirigent Philippe Jordan präsentiert<br />

an zwei aufeinanderfolgenden<br />

Tagen alle vier Symphonien von<br />

Johannes Brahms. Das Symphonieorchester<br />

Vorarlberg widmet<br />

sich dem Protagonisten der Oper<br />

im Festspielhaus: Don Quichotte,<br />

dem umherirrenden Ritter. So<br />

nennt ihn Jacques Ibert in seinem<br />

Orchesterwerk Le Chevalier errant.<br />

Richard Strauss schrieb über den<br />

berühmten Helden eines der bedeutendsten<br />

Werke für Violoncello und<br />

Orchester. Maurice Ravel vertonte<br />

Worte Don Quichottes an seine<br />

geliebte Dulcinée.<br />

31<br />

4. August 2019 – 11.00 Uhr<br />

Dirigent Philippe Jordan<br />

Werke von Johannes Brahms<br />

5. August 2019 – 19.30 Uhr<br />

Dirigent Philippe Jordan<br />

Werke von Johannes Brahms<br />

SYMPHONIEORCHESTER<br />

VORARLBERG<br />

18. August 2019 – 11.00 Uhr<br />

Dirigentin Ariane Matiakh<br />

Werke von Maurice Ravel, Jacques<br />

Ibert und Richard Strauss


Viel Freude bei dieser<br />

Festspielsaison wünschen die Bregenzer<br />

Festspiele und ihre Partner.<br />

HAUPTSPONSOREN<br />

GREEN ENERGY<br />

PARTNER<br />

PRODUKTIONSSPONSOREN<br />

CO-SPONSOREN & PARTNER<br />

SUBVENTIONSGEBER<br />

ArsRhenia<br />

GrECo International AG<br />

Hilti Foundation<br />

LIEBHERR-Turmdrehkrane<br />

Wiener Städtische Versicherung AG<br />

Wolford AG<br />

AGM<br />

Coca-Cola<br />

Dallmayr Kaffee<br />

Gebrüder Weiss<br />

Klosterbrauerei Weltenburg<br />

Mohrenbrauerei<br />

Paul Mitchell<br />

Pfanner & Gutmann<br />

Rauch Fruchtsäfte<br />

Red Bull<br />

Ricola<br />

Römerquelle<br />

Schlumberger (Wein- und<br />

Sektkellerei)<br />

PARTNER<br />

BREGENZER FESTSPIELE GMBH<br />

Platz der Wiener Symphoniker 1 | 6900 Bregenz, Austria<br />

T +43 5574 407-5 | www.bregenzerfestspiele.com

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