August 2018

ich bei mir selbst geschaut, was mir am Arsch vorbeigehen
kann, die Bikinifigur zum Beispiel und der
Hang zur Selbstverbesserung generell, eigentlich alles,
von dem man denkt, man müsse – obwohl man
gar nicht will.
Dann habe ich das ausgeweitet auf andere Felder:
auf Freunde, Familie, den Job und die Partnerschaft…
überall gab es Dinge, die ich im Grunde meines Herzens
nicht wollte und die dann umgesetzt wurden.
Gibt es noch Situationen in Ihrem Leben, in denen
es Ihnen trotzdem schwer fällt ‚Nein’ zu sagen?
Ja, weil ich dazu neige, gefallen zu wollen. Aber als
Hilfestellung kann man sich ein paar Fragen stellen,
zum Beispiel:
- Basiert meine Entscheidung auf dem diffusen Gefühl,
mein Freund / meine Freundin mag mich nicht
mehr, wenn ich Nein sage?
- Basiert meine Entscheidung auf dem diffusen Gefühl,
mein Freund / meine Freundin könnte meinen,
ich mag ihn nicht mehr, wenn ich beispielsweise zur
Idee ‚Gehen wir Krötensammeln?‘ Nein sage?
- Gehe ich von einem ‚Tauschhandel der Gefallen‘
aus: Gehe ich mit zum Poetry Slam muss er auch
mit mir zum Zumba, obwohl er es hasst?
- Habe ich das Gefühl, das gehört einfach zu einer
Freundschaft dazu?
Ist die Antwort in einem Fall Ja, dann nichts wie am
Arsch vorbei damit und zwar ohne schlechtes Gewissen,
denn ich bin ja da, wenn etwas ist. Ich setze
mich zu jeder Zeit ins Auto und fahre jede Strecke,
wenn eine Freundin Kummer hat. Deswegen muss
ich aber noch lange nicht auf die Theateraufführung
ihres Dreijährigen.
In einem Ihrer neuesten Bücher wenden Sie die ‚Am
Arsch vorbei’-Haltung auch auf
den Haushalt an. Welche Tipps
würden Sie einer gestressten
Hausfrau mit auf den Weg
geben?
- Aufhören zu denken, Dinge
müssen genau so gemacht
werden, wie man
das selbst für richtig hält:
Im Haushalt einer Freundin
zum Beispiel wird die
Spülmaschine aus diesem
Grund sogar ZWEIMAL
befüllt: zuerst von ihr,
die sich konsequent
weigert, das pedantische
Befüllungssystem ihres Partners zu übernehmen,
woraufhin er alles wieder ausräumt und so
einräumt, wie es seiner Meinung nach richtig gehört.
Kannst du dir nicht ausdenken sowas.
- Man muss gar nicht aufräumen, wenn Besuch kommt.
- Fotos auf Instagram, Pinterest & Co sind inszenierte
Kompositionen: Nirgends sieht es wirklich so aus.
- Für die Wäsche gilt: die natürliche Selektion nach
Darwin einführen! Stücke, die einen normalen Waschgang
nicht überleben, sterben.
Welche Dinge stressen Sie selbst im Haushalt besonders?
Mich stresst am meisten der Anspruch, den ich
selbst an mich habe und den ich dann nicht erfüllen
kann. Also wie ich mir vorstelle, dass es zu Hause
aussehen sollte, und wie es tatsächlich aussieht.
Und wie sieht es im Arbeitsalltag aus? Was sollte
man sich im Job ‚am Arsch vorbeigehen’ lassen?
Den Stress. Viel Stress fällt schon mal weg, wenn man
sich klar macht: Wir operieren hier niemanden am offenen
Herzen, wir bewegen nur Geld (ausgenommen
man ist Facharzt für Herzchirurgie, natürlich). In dem
Buch ‚Am Arsch vorbei geht auch ein Weg – für den
Job’ habe ich ganz viele Situationen gesammelt, die
sich allein durch einen veränderten Blickwinkel auf die
Lage ungemein entspannen lassen.
Glauben Sie, dass sich Männer genauso stressen
lassen wie Frauen?
Wenn man Menschen in zwei Gruppen einteilt – in
die Gruppe, die sich darum kümmert, wie sie anderen
helfen können, und in die Gruppe, die sich zuallererst
überlegt, ‚Wie könnte deine Existenz MIR nützlich
sein‘ – dann beobachte ich, dass mehr Frauen in die
erste Kategorie fallen. Ich auch. Insofern ja, ich denke
Frauen stressen sich mehr als Männer.
Sie planen ja gerade Ihr eigenes Bed & Breakfast
in Valencia zu eröffnen. Die Erfüllung eines großen
Traums?
Ja, schon. Drücken Sie mir die Däumchen bitte.
Was dürfen wir demnächst noch erwarten?
Ich habe vor Kurzem ein neues Buch geschrieben,
das heißt ‚Das Leben ist zu kurz für später’. Das ist
eine Art logische Weiterführung, denn darin geht es
um etwas tiefgreifendere Änderungen im Leben, mit
denen man sich zwangsläufig beschäftigt, wenn man
die eigenen Prioritäten geraderückt, also mit den Themen:
Wie, Wo, Mit wem und von was will ich leben.