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Z21/22 Reformation Teil 2 Leseprobe der ersten 80 Seiten

Die Reformation ging nach Luther weiter - leider nicht unblutiger. Wie sieht Reformation heute aus, wo sind die aktuellen Herausforderungen. Warum verfolgen die vorigen Reformatoren immer die aktuellen?

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Z-aktuell<br />

Das humanitaristische<br />

Gerede, <strong>der</strong><br />

evangelischen<br />

Kirchevertreter,<br />

war mir einfach<br />

unerträglich<br />

Die Lehre Luthers ist klar<br />

und einfach. Man muss<br />

einfach hinschaut,<br />

was dasteht.<br />

Foto: © Norbert Bolz<br />

So bin ich in diese theologischen Reflexionen<br />

immer tiefer vorgedrungen, war aber nicht<br />

etwa gläubig – war ja aus <strong>der</strong> Kirche ausgetreten,<br />

wie man das damals so gemacht hat. Dogmatische<br />

Themen hatten mich nie gekümmert. Das<br />

än<strong>der</strong>te sich aber, weil die Themengebiete des<br />

Religiösen eine immer größere Rolle spielten.<br />

„Politische Religion“ ist eine solche Dimension,<br />

aber auch Dogmen – die christlichen Religionen<br />

in <strong>der</strong> Spannung zu dem, was die Neuzeit zur<br />

Neuzeit gemacht hat. Dazu ist Hans Blumenbergs<br />

Buch „Die Legitimität <strong>der</strong> Neuzeit“ für mich eines<br />

<strong>der</strong> großartigsten Bücher. Die Ablösung aus <strong>der</strong><br />

christlichen Tradition, die Selbstbehauptung des<br />

neuzeitlichen Geistes gegen den Absolutismus<br />

<strong>der</strong> Gottgläubigkeit Luthers – all das war für mich<br />

von außerordentlicher Bedeutung.<br />

Mein Buch: Zurück zu Luther“<br />

Mein Buch ist, wenn man so will, das Komplementärbuch<br />

zu dem von Blumenberg, nur nicht so seitenstark.<br />

Das „neuzeitliche Selbstverständnis“<br />

bei Blumenberg ist eine hervorragende Ergänzung<br />

zu dem, was wir bei Luther als Glaubensüberzeugung<br />

finden.<br />

Was war nun <strong>der</strong> konkrete Anlass zu diesem<br />

Buch „Zurück zu Luther“?<br />

Ich bin wie<strong>der</strong> in die Kirche eingetreten, aus<br />

einem ganz beson<strong>der</strong>en Grund – <strong>der</strong> in dem Buch<br />

klar zum Ausdruck kommt, denn es hat ja auch<br />

eine polemische Seite. Dieses humanitaristische<br />

Gerede, das ich von Vertretern <strong>der</strong> evangelischen<br />

Kirche zu hören bekam, war mir einfach unerträglich.<br />

Ich hatte immer den Eindruck: „Das<br />

kann doch nicht wahr sein – und es entspricht<br />

auch nicht dem Geiste Luthers.“ Das war aber<br />

zunächst nur ein Gefühl.<br />

Dann tauschte ich mich mit einem Kollegen<br />

und Freund darüber aus: „Was hältst du von meinem<br />

Unbehagen, kann man das konkretisieren<br />

und begründen?“ – „Ja, aber du musst Luther<br />

gründlich lesen.“ Nun ist Luther-Latein sehr<br />

schwer zu lesen und auch die unbearbeiteten<br />

deutschen Texte sind nicht leicht genießbar. Aber<br />

es gibt eine Übersetzung <strong>der</strong> wichtigsten Texte<br />

von Luther, sie stammt von Aland; die habe ich<br />

von A bis Z studiert. Dann war ich mir sicher, dass<br />

ich so ein Buch schreiben könnte. Denn irgendwie<br />

hat alles zusammengepasst! Bei einem komplexen<br />

Autor ist es ja normalerweise so, dass es<br />

verschiedene Fäden gibt, und die zerfasern sich<br />

leicht – man versteht nicht alles, und dann weiß<br />

man doch nicht so recht, wie man es auf den<br />

Punkt bringen kann.<br />

Als religiös Unmusikalischer<br />

Aber hier war es für mich genau umgekehrt: Alles<br />

hat von Anfang an zusammengepasst. Wenn das<br />

für mich Laien, den religiös „Unmusikalischen“,<br />

gilt, dann müsste das doch erst recht für die nachvollziehbar<br />

sein, die einen Glauben haben (o<strong>der</strong><br />

zumindest per Taufe und Geburt dieser Kirche<br />

angehören), aber jeden Sonntag unglücklich sind<br />

über das, was sie in <strong>der</strong> Predigt zu hören bekommen.<br />

– Das also war <strong>der</strong> Anlass für dieses Buch.<br />

Darin habe ich versucht, zwei Dimensionen zu<br />

vereinigen. Zum einen diese polemische Dimension<br />

gegen den Istzustand <strong>der</strong> evangelischen<br />

Kirche – ich habe versucht, nicht einfach nur zu<br />

sagen: „Ich finde es schrecklich!“, son<strong>der</strong>n zu<br />

begründen, warum das so ist. Und zum an<strong>der</strong>en<br />

eine Art analytische, pädagogische Dimension:<br />

Ich habe die Hauptlehrstücke von Luther herausgegriffen<br />

und versuche, zu je<strong>der</strong> dieser Lehrfragen<br />

auf wenigen <strong>Seiten</strong> eine klare Antwort zu<br />

geben – zum Beispiel: Was heißt Erbsünde? Was<br />

heißt „gnädiger Gott“? Was ist die Zwei-Reiche-<br />

Lehre? Es soll eindeutig werden, was mit diesen<br />

Begriffen gemeint ist. Denn allgemein wird suggeriert,<br />

das alles sei sehr zweifelhaft, sehr strittig<br />

und mehrdeutig; das entspricht aber überhaupt<br />

nicht meinem Eindruck.<br />

Was Luther zu sagen hat, kann man ganz klar<br />

wie<strong>der</strong>geben. Es müsste keine großen Kontroversen<br />

über Luther geben. Wenn man einfach hinschaut,<br />

was dasteht – also seine Lehre ist klar und<br />

einfach, und deshalb kann man sie auch einfach<br />

und klar darstellen. Genau das wollte ich mit diesem<br />

Buch zum Ausdruck bringen.<br />

Aus einem Vortrag in <strong>der</strong> Bibliothek des Konservatismus, Berlin,<br />

Februar 2017<br />

50<br />

Z für Zukunft

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