Kryptokompass Ausgabe #14 August 2018

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KRYPTOKOMPASS AUGUST 2018 10 DEFIZITE AUCH BEI DEN ICO-TOPPERFOMERN In einer groß angelegten Studie untersuchten Forscher der University of Pennsylvania die 50 finanziell erfolgreichsten ICOs des Jahres 2017. In ihrer im Juli veröffentlichen Studie Coin-Operated Captialism kamen die Forscher zum Schluss, dass die zwei größten Defizite des ICO-Marktes mangelndes Vertrauen und mangelnde Regulierung sind. Selbst bei den erfolgreichen Projekten lag oft eine Kluft zwischen dem Anspruch dezentral zu sein und der tatsächlichen Ausführung in Code und Plattformzugänglichkeit. Auch vor Insiderhandel und Pump-and-Dump- Schemata waren die 50 erfolgreichsten ICOs nicht gefeit. Dennoch war der Ausblick der Forscher optimistischer als die Kritik erahnen lässt. So wurde konstatiert, dass es sich eben um einen noch sehr jungen Markt handelt, der seine Seriosität und Stabilität noch ausbauen muss – eine Entwicklung, die normal und nicht besorgniserregend sei. ICOS 2017 VS. ICOS 2018 Um die Entwicklung des ICO-Marktes besser zu verstehen, muss man sich die Trends der letzten Monate genauer anschauen. Als ICOs im Sommer letzten Jahres eine enorme Aufmerksamkeit erfuhren und wie Pilze aus dem Boden sprossen, brach eine Goldgräberstimmung aus, die auch krypto-ferne Anleger in ICOs investieren ließ. Vollkommen überzogene Erwartungen spülten viele Milliarden in den Markt, ohne, dass das Ökosystem, insbesondere Krypto-Börsen und Blockchain-Startups, darauf vorbereitet gewesen wären. Gerechtfertigterweise kam es dann im Januar 2018 zu einer massiven Korrektur, die viel heiße Luft aus dem Krypto-Ökosystem entweichen ließ. Der Kater nach der Party ließ viele Investoren ihre überzogene Erwartungshaltung reflektieren, sodass es seit Januar immer schwieriger wurde für ICOs Geld einzusammeln. Die Zeiten, in denen man mal eben ein White Paper zusammenkopiert hat und sicher sein konnte einen zweistelligen Millionenbetrag einzusammeln, waren vorbei. Die Marketingmaschinerie fing damit aber gerade erst an. Der Reiz des großen Geldes war und ist auch nach der Abkühlung gegeben, sodass enorme Kapazitäten in das Marketing von ICOs gesteckt werden, um sich Gehör zu verschaffen und den Investoren zu kommunizieren, dass man wirklich seriös sei. Auf der einen Seite kann dies als positiv bewertet werden, da es substanzlose Projekte immer schwieriger haben Geld einzusammeln, sodass das Niveau im ICO-Sektor steigt. Auf der anderen Seite widerspricht diese Entwicklung dem Grundgedanken der ICOs, nämlich auch nicht finanzstarken Akteuren die Möglichkeit zu geben auf einfache Art und Weise Kapital einzusammeln. Wenn hingegen nur noch Akteure eine Chance haben, die bereits über hohe Kapitalvermögen bzw. finanzkräftige Financiers verfügen, wird der innovative und demokratische Ansatz unterminiert. ICOS ENDE 2018 UND 2019 ICOs sind ursprünglich dazu da Token zu emittieren, die innerhalb eines Netzwerkes bzw. einer Plattform eine Funktion erfüllen und somit eine dezentrale Ökonomie nach dem revolutionären Vorbild von Bitcoin ermöglichen. Die Motivation der Dezentralität ist auch nach wie vor gegeben, nur muss man konstatieren, dass es nicht so schnell, einfach und praktikabel geht, wie sich manche erhofft hatten. Dezentralität schafft man nicht mal eben aus dem Nichts, genauso wenig wie einen kommerziell sinnvollen Use Case innerhalb der dezentralen Ökonomie. Entsprechend naheliegend ist es, ICOs auch als eine reine Finanzierungsform, angelehnt an IPOs, also Aktienbörsengänge, zu betrachten. Um diese Finanzierungsform in die Tat umzusetzen, bedarf es klarer regulatorischer Vorgaben, die eine Emittierung als Security zulassen bzw. keine unnötig hohen Hürden einfordern. Entsprechend besteht die Hoffnung, dass diese regulatorischen Erfordernisse für eine praktikable Security-Emittierung in den nächsten Monaten geschaffen werden. Gleichzeitig entstehen immer mehr Funding-Plattformen, die einen Tokenisierungsservice für Unternehmen anbieten. ICOs als standardisierte Finanzierungsform, nicht nur für innovative Blockchain-Start-ups, sondern auch für die traditionellen kleinen und mittelständischen Unternehmen, können in Zukunft zu einer großen Sogwirkung an Kapital im ICO-Markt führen. In Anlehnung daran kann eine neue ICO-Welle durch regulierte ICOs losgetreten werden, solange die Vorteile nicht von den Behörden tot-reguliert werden. Neue Investoren, vor allem institutionelle und konservative Anleger, könnten so als Kapitalgeber für den Kryptomarkt gewonnen werden. Inzwischen schaffen es nur noch wenige Projekte wirklich große Summen einzusammeln. So konzentriert sich ein Großteil der in diesem Jahr in ICOs geflossenen Gelder auf Großprojekte wie EOS oder Telegram. Viele kleinere Projekte scheitern immer öfter an ihrer Soft Cap.
KRYPTOKOMPASS AUGUST 2018 11 Die Phase der Professionalisierung und Aussiebung findet in allen Ecken und Winkeln der Krypto-Ökonomie statt. Egal, ob Hardware-Wallet-Anbieter, Börsen oder Mining-Betreiber – die Anforderungen sowohl von Kundenseite als auch von Behördenseite wachsen und erfordern eine zunehmende Professionalisierung. Von dieser Entwicklung sind auch ICOs nicht ausgeschlossen. Gerade hinsichtlich Verbraucherschutz und Investorenschutz können regulatorische Anpassungen in den nächsten Monaten, sofern es denn dazu kommt, für positive Impulse im inzwischen stark diskreditierten ICO-Markt sorgen. Auch wenn die meisten Blockchain-Start-ups sehr wahrscheinlich scheitern werden, kann es ausreichen, wenn ein paar wenige als Leuchttürme in der Krypto-Landschaft beweisen, dass die gegenwärtigen Token-Bewertungen durchaus gerechtfertigt sein können. Funktionierende Use Cases sind existentiell für den Kryptomarkt – ohne Erfolgsgeschichten fließt über kurz oder lang Kapital aus dem Kryptomarkt ab. INVESTMENT BOX Die gegenwärtige Situation im ICO-Markt ist unbefriedigend. Pseudo-Utility-Token, absurde Marketingmaßnahmen, unklare Regulierung sowie viele substanzlose Projekte lasten immer noch auf der Marktstimmung und sorgen für zunehmende Zurückhaltung bei den Investoren. Neben einer Verbesserung der angesprochenen Punkte können Erfolgsstorys von Kryptoprojekten die Stimmung wieder ins Positive drehen. ICOs sind eine geniale Erfindung und versprechen bei gegenwärtig enormen Risiken enorme Gewinnchancen. Clevere Investoren können diese Chancen nach wie vor für sich nutzen. Nur weil es bislang kaum kommerziell erfolgreiche Use Cases gab, heißt das noch lange nicht, dass sich das in den nächsten Monaten nicht ändern könnte – große Projekte brauchen Zeit, was gerne vergessen wird.
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