Kryptokompass Ausgabe #14 August 2018
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KRYPTOKOMPASS AUGUST <strong>2018</strong><br />
13<br />
NICHT NUR START-UPS, SONDERN GIESSEREI<br />
UND SCHLEIFEREI<br />
ICOs, aber auch Venture Capital Funds (VCs) zielen darauf<br />
ab, innovative und hochskalierbare junge Unternehmen<br />
zu finanzieren. Bei VCs ist dies auch vollkommen verständlich,<br />
nicht aber bei ICOs respektive einer Tokenisierung.<br />
Auch für Unternehmen, die kein Wagniskapital<br />
benötigen und Finanzierungsrunden durchlaufen wollen,<br />
spielt die Kapitalbeschaffung eine große Rolle. Trotz<br />
niedrigen Zinsniveaus ist hier die Finanzierung über<br />
Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken nicht immer<br />
auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten. Gerade<br />
bei Projekten oder Finanzierungsengpässen, die von<br />
den Standardtabellen der Kreditinstitute abweichen,<br />
müssen kleine und mittelständische Unternehmen in die<br />
Röhre schauen. Gleichzeitig ist die Möglichkeit, anstatt<br />
Fremdkapital auch Eigenkapital zu erwerben, für viele<br />
Unternehmen nicht gegeben, da ein klassischer Börsengang<br />
in Deutschland nur sehr großen bzw. finanzstarken<br />
Unternehmen vorbehalten ist – der Aufwand sowie Vorlaufzeit<br />
sind schlichtweg enorm und lohnen sich daher<br />
nur für die ganz Großen.<br />
Genau hier können Token-Lösungen zur Eigenkapitalbeschaffung<br />
eine Lücke aus der Nicht-Krypto-Welt<br />
schließen. Das Problem ist nur, dass ICOs in der gegenwärtigen<br />
Gestalt vollkommen ungeeignet für KMUs sind.<br />
Auch ICOs verlangen viel zu hohe Anfangsinvestitionen,<br />
erfordern eine hohe technische Kompetenz, die nur<br />
wenige KMUs leisten können, und sind rechtlich viel<br />
zu unsicher als dass sich traditionelle und konservative<br />
Unternehmen darauf einlassen würden.<br />
Die Frage ist also, wie es gelingen kann, dass auch KMUs<br />
auf den Geschmack einer tokenisierten Eigenkapitalerhöhung<br />
kommen, die viel schneller, unbürokratischer<br />
und kostengünstiger ist als ein IPO.<br />
WARUM ES 08/15-LÖSUNGEN SPEZIELL<br />
FÜR KMUS BRAUCHT<br />
Damit auch KMUs eine Finanzierung via Token in<br />
Anspruch nehmen, müssen die Prozesse standardisiert<br />
und einfach sein. Dabei steht weniger der dezentrale<br />
Aspekt im Vordergrund als ein Finanzierungsvehikel zu<br />
schaffen, ergo einen Token, der besonders fungibel ist.<br />
Im Gegensatz zu Tokenized Assets geht es also nicht<br />
darum, bereits bestehende Aktien oder Fonds zu tokenisieren,<br />
sondern einen Token herauszugeben, der sich<br />
nicht auf einen bereits bestehenden Basiswert stützt,<br />
ergo eine Aktie oder Fonds ersetzt.<br />
Inzwischen gibt es erste Blockchain-Projekte, die genau<br />
dieses Vorhaben in die Tat umsetzen wollen – kommerziell<br />
bewiesen hat sich allerdings noch keines dieser<br />
Projekte. Mit am bekanntesten ist hier die Plattform Neufund<br />
aus Berlin, die ihr Angebot als Equity Token Offering<br />
(ETO) bezeichnet. Ziel ist es, dass jedes Unternehmen via<br />
Neufund, egal, ob Blockchain- oder Nicht-Blockchain-Unternehmen,<br />
Token herausgeben kann. Diese Token sind<br />
rechtlich als Vermögensanlagen strukturiert, sodass eine<br />
volle Verbriefung der Eigentumsansprüche gegeben ist,<br />
auch wenn die Plattform insolvent gehen sollte. Ob sich<br />
Neufund und ihr Business-Modell in der gegenwärtigen<br />
Form etablieren werden oder nicht, ist in diesem Fall<br />
zweitrangig, denn darum geht es in dieser Analyse nicht.<br />
Entscheidend ist der Grundgedanke, der sich, in welcher<br />
Form auch immer, über kurz oder lang durchsetzen wird.<br />
Es geht also nicht um die Frage, ob es Tokenfinanzierungen<br />
für verschiedene Unternehmensformen geben wird,<br />
sondern nur, wann und in welcher Form sowie Struktur<br />
das Ganze passieren wird.<br />
DAS BIG PICTURE<br />
Genau wie tokenisierte Immobilien oder Stable Coins<br />
können Security Token bzw. Security-ähnliche Konstruktionen<br />
zum Ausbau der Krypto-Ökonomie führen, indem<br />
sie eine Verbindung zwischen der Krypto-Welt und<br />
der Nicht-Krypto-Welt schaffen – eine Konvergenz, die<br />
insgesamt zu einer Adaption kryptobezogener Ansätze<br />
in der Realwirtschaft führt. Durch diese Verschmelzung<br />
wird nicht nur eine grundsätzliche Bereitschaft<br />
hinsichtlich Krypto in breiten Teilen der Bevölkerung<br />
verstärkt, sondern es werden automatisch immer mehr<br />
Schnittstellen zwischen den verschiedenen Welten<br />
erzeugt, die wiederum eine Eigendynamik gen Krypto-Ökonomie<br />
erzeugen können. Zwar sind viele dieser<br />
Plattformen und Krypto-Assets von einem immer noch<br />
hohen Zentralisierungsgrad erfasst, doch bilden sie die<br />
Ausgangslage, um langfristig Stück für Stück einen für<br />
viele Krypto-Enthusiasten idealtypischen Zustand der<br />
Dezentralisierung zu erreichen.<br />
Damit die Krypto-Ökonomie diese hoch gesteckten Ziele<br />
erreicht, braucht es eine Inklusion der Old Economy. Nur<br />
so wird die Krypto-Ökonomie das volle Wertschöpfungspotential<br />
unserer Volkswirtschaft ausnutzen können.<br />
Je mehr die Krypto-Ökonomie etablierte, gar konservative<br />
Branchen der Realwirtschaft für sich gewinnen<br />
kann, desto eher wächst die Bereitschaft in der Breite,<br />
auch in risikoreichere und dezentrale Blockchain-Projekte<br />
zu investieren.