September 2018 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim
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KINO<br />
Fotos(3): Stephan Pick<br />
Mackie Messer–Brechts3Groschenfilm |Start:13.9.<br />
Die gute alteDreigroschenoper -nacheinem neuen Aufguss<br />
diesesalten Stoffs krähtnun wirklich kein Hahn. Weise wählte<br />
man daher für den Kinostreifen„Mackie Messer“einen etwas<br />
anderen Ansatz undziehtals Vorlage dieEreignisserund um<br />
Brechts Verfilmungsversuche undseinen Streit mit Studio und<br />
Produzentenheran.Das Ergebnis istein Film,über den man<br />
streitenwill–und das hätteBrechtdoch sicher gefallen.<br />
Brecht isback<br />
Erzähltwirdin„Mackie<br />
Messer“von Regisseur<br />
undDrehbuchschreiber<br />
Joachim A. Lang eine Mischung<br />
aus realen Begebenheitenund<br />
Dreigroschenopersequenzen,teils<br />
getreu derOper, teils<br />
neugedacht.ImKernsteht Brecht, derimJahr<br />
1928 kurz nach demkometenhaften Erfolg seinerDreigroschenoperschon<br />
dieArbeitfür eine<br />
Filmadaption eben jeneraufnimmt.Während<br />
BrechtimFilm sein eigenes Werk fürdie Produzenten<br />
undMitwirkendenkommentiert undimmerwiederumdefiniert,<br />
siehtder Zuschauer<br />
eben jene Szenen aus derDreigroschenoperablaufen.Weilseine<br />
Ideenden unwilligenGeldgebern<br />
nichtgefallen,wirft Brechtihnen vor, sie<br />
wolltenKunst nurzum Zwecke desGeldmachensausschlachten,wollten<br />
WertezuWaren<br />
machen. Letztlich landet manvor Gericht...<br />
„MackieMesser“ist dabeivieles: EinMix aus<br />
Film,Tanztheater,Musical,Backstage-Dokuund<br />
Meta-Kommentar.Einevisuell opulente Reisein<br />
diegoldenen20ermit fabulösen Kostümen und<br />
detailreichenSets. EinPorträt Berthold Brechts,<br />
dasgleichzeitigdistanziert undverliebterscheint.<br />
EinStückKino, dassichvielerlaubtund<br />
viel ausprobiert. Eine Rechnung,die nichtimmeraufgeht.<br />
Im Sinnevon Brechtwill manhiersomanche<br />
Konvention brechenund Form verführen, bricht<br />
dafür dieVierteWandoderverzerrtdie Realität.<br />
Außerdem adressiert manoft undgerne denBezugvon<br />
Publikum undMacher, vonProduzierendenund<br />
Konsumierenden, waszeigt, dass<br />
BrechtsIdeen auch heute noch Relevanz tragen.<br />
Schließlich funktioniert Hollywoods große<br />
Filmindustrielängstnur noch als Maschinerie,<br />
dieamlaufendenBandFutterfür Fangemeindenproduziert,die<br />
so wenigInnovationwie<br />
möglichvertragen.Für diesen Zustandhätte<br />
Brecht sicher denein oder anderenformvollendetenSpruch<br />
übriggehabt.Von denenhörtman<br />
übrigens einige in diesem Film,dennjeder Satz<br />
vonBrechtist einechtesZitat vonBertold<br />
selbst.Darsteller Lars Eidinger vermag Brecht<br />
zwar extrem enigmatisch spielen,beizeiten<br />
wirkt dieseZitatleieraberdocharg hölzern.<br />
Brecht kommt nichtseltengeschwollen undgestellt<br />
rüber, wieein Mann,der sich in seiner eigenenIntellektualität<br />
badet–vielleicht gar<br />
nichtsounzutreffend. DieSchattierungenvon<br />
BrechtsPersönlichkeit lässt derFilmabernur<br />
stellenweise durchschimmern.<br />
Wieerwähnt, will dieser<br />
Film viel.Soganzgelingt<br />
es „MackieMesser“in<br />
letzterKonsequenz aber<br />
nicht, dievielenangeleiertenThemenund Ideen<br />
schlüssigzueinanderzubringen.Sowirkt dieserDreigroschenfilm<br />
zum Ende wirr.Als wühle<br />
er vieleLöcheroffen,fände vieleSchätze, aber<br />
wüssteletztlichnicht,obernachdenen auch<br />
gesuchthat.Trotzdem: Es istschon erstaunlich,<br />
dass einFilm wiedieser, dersichabsichtlich in<br />
mehr verstrickt,als gesund wäre,nicht eine<br />
kompletteKatastrophe geworden ist. Dasses<br />
beisovielenJonglageakten nichtBälleregnet.<br />
„MackieMesser“wagtsichwenigstensetwas.<br />
DieseRisikobereitschaftsollteinder deutschen<br />
Filmlandschaftmit Händeschüttelnund Wangenküssenbegrüßtwerden.<br />
Vielleichtist „Mackie<br />
Messer“nicht jedermannsSache,vielleicht<br />
isterschlussendlichnicht malbesonders rund,<br />
aber es istein Film mitVision. Undüberdie darf<br />
mangesittetstreiten.<br />
LukasVering<br />
R: JoachimA.Lang; D: Lars Eidinger,Tobias<br />
Moretti,Hannah<br />
Herzsprung, JoachimKról,RobertStadlober<br />
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