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akzent Oktober '18 BO

akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN

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SEE-LEUTE<br />

Die Liste seiner Werke ist<br />

lang. Didi Danquart kann<br />

mittlerweile sichtbare Erfolge<br />

verzeichnen: egal ob als<br />

Regisseur, Autor oder Filmproduzent.<br />

Und das obwohl<br />

seine einzige abgeschlossene<br />

Ausbildung die eines Heizungsbauers<br />

ist. Das Handwerk<br />

hielt ihn jedoch nicht<br />

davon ab, sich weiter seiner<br />

Leidenschaft zu widmen.<br />

„Meine Großmutter hatte<br />

einen Kiosk, an dem<br />

ich donnerstags immer<br />

alle neuen Comics gelesen<br />

habe. Ich war vernarrt, und<br />

diese gezeichneten Geschichten<br />

haben mich begeistert.“<br />

Sein Weg führte ihn über das Abitur auf dem<br />

zweiten Bildungsweg weiter nach Freiburg in<br />

ein Studium der Psychologie und Soziologie.<br />

1978 ist er Mitbegründer der Freiburger Medienwerkstatt,<br />

die als Kollektiv 1983 gar den<br />

deutschen Dokumentarfilmpreis der Filmkritik<br />

für ihre Arbeit bekommt. 1991 bringt er<br />

als Regisseur und Autor den langen Dokumentarfilm<br />

„Der Pannwitzblick“ auf die Leinwand<br />

und beweist wieder einmal, dass er es<br />

kann: Deutscher Dokumentarfilmpreis, Film<br />

Award Chicago, Brussel Golden Award lautet<br />

die Bilanz. 1999 gelingt im schließlich der internationale<br />

Durchbruch. Die Verfilmung des<br />

Theaterstücks „Viehjud Levi“ von Thomas<br />

Strittmatter gewinnt bei der Uraufführung auf<br />

der Berlinale 1999 sofort den Caligaripreis.<br />

Gut ein Jahr später dann der erste „Tatort“,<br />

einige Folgen der „Soko Stuttgart“ und weitere<br />

erfolgreiche Kinofilme wie zuletzt die Verfilmung<br />

des Romans „Goster“ des Singener<br />

Autors Gerd Zahner (siehe <strong>akzent</strong> September),<br />

mit dem er 2018 für den Grimme-Preis nominiert<br />

ist.<br />

Danquart erzählt einerseits sehr gelassen,<br />

als ob es das Normalste der Welt ist, dass<br />

er sich selbst das Filmemachen beigebracht<br />

hat, andererseits weiß er jedoch, dass es etwas<br />

Besonderes ist. „Das war eine Zeit, in<br />

der das ging. Die jungen Leute heute haben<br />

es schwerer. Die Welt ist nicht mehr so offen<br />

für autodidaktische Wege. Besonders im<br />

Filmgeschäft ist die Konkurrenz hart geworden.“<br />

Und er muss es wissen. Regelmäßig<br />

kommt er in Kontakt mit dem Mediennachwuchs:<br />

Seit 2009 hat er einen Lehrstuhl für<br />

Spielfilm/Regie an der Kunsthochschule für<br />

Medien in Köln inne. Zuvor, 2001 – 2007,<br />

den für künstlerischen Film an der Staatlichen<br />

Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.<br />

Doch nicht nur Kino und TV haben es<br />

dem Filmemacher angetan. Seit 1999 führte<br />

er auch immer wieder Regie am Theater. Was<br />

ist der Reiz?<br />

Von Theater und Film<br />

„Ich mag beides sehr gerne.“ Danquart lacht:<br />

„Das ist wie Kuchen und Torte.“ Beides lecker,<br />

aber warum solle man nur entweder/<br />

oder wählen? „Die Schauspieler sind das Entscheidende:<br />

Entweder sie faszinieren das Publikum<br />

oder eben nicht. Punkt. Ein Film lebt<br />

nicht über technische Innovationen. Wenn<br />

die Schauspieler nicht gut sind, hilft das alles<br />

nichts.“ Der Unterschied sei hauptsächlich<br />

die Vorbereitung: „Ich habe am Theater sechs<br />

bis acht Wochen, um mit den Schauspielern<br />

Figuren zu entwickeln. Im Film dagegen bedeutend<br />

weniger. Dafür ist die technische Vorbereitungszeit<br />

– ohne Schauspieler – länger.<br />

Am Theater hängt es zudem vom Publikum<br />

ab, wie die Vorstellung läuft. Da ist jeder Tag<br />

eine Art Premiere. Das ist aufregend.“ Ein Film<br />

hingegen bliebe immer derselbe, egal wie oft<br />

man ihn ansehe. Doch im Grunde sei es doch<br />

irgendwie gleich. Kuchen und Torte eben.<br />

Dazu die Freiheit der Kreativität: „Ich kann<br />

eine Couch auf die Bühne stellen und Hamlet<br />

spielen. Die Couch als Schloss, als Vorhof, als<br />

Grabstelle … Im Film funktioniert das nicht.“<br />

Die Fantasie des Zuschauers würde im Theater<br />

mehr gefordert, im Film sähen sie nur die<br />

individuelle Interpretation des Regisseurs.<br />

Auch deshalb geht Danquart privat lieber ins<br />

Theater. Also doch lieber Kuchen als Torte?<br />

„Nein! Man kann sich im Kino schön berieseln<br />

lassen und Popcorn essen, es gibt aber auch<br />

Filme, vor allem im Arthauskino, in denen du<br />

auch intelektuell gefordert wirst.“ Also doch<br />

Kuchen und Torte.<br />

Von Mäusen und Menschen<br />

Danquart lebt heute in Berlin. Auf das Engagement<br />

in seiner Heimat freut er sich besonders:<br />

Es ist die erste Zusammenarbeit mit<br />

dem Stadttheater Konstanz, zudem lebt seine<br />

Mutter noch in Singen. Er wird das Stück, welches<br />

eigentlich in den 1920er-Jahren in den<br />

USA spielt, aus seinem Ursprung lösen und<br />

„in einen Kontext des derzeitigen politischen<br />

Diskurses legen“. Vor allem habe er Lust, das<br />

Stück, welches als typisches Werk des American<br />

Dream gilt, zu regionalisieren. So werden<br />

die Wanderarbeiter im Stück also nicht<br />

durch Kalifornien streichen, sondern sich in<br />

Süddeutschland ansiedeln. „Ob es gelingt,<br />

weiß ich nicht, man muss sehen. Im Stück ist<br />

die Sehnsucht nach Heimat, das ist etwas Universelles,<br />

losgelöst von einem konkreten Ort.“<br />

ab 19.10., 20 Uhr<br />

Stadttheater<br />

D-78462 Konstanz<br />

+49 (0)7531 900 150<br />

www.theaterkonstanz.de<br />

www.didi-danquart.de<br />

TEXT: TANJA HORLACHER<br />

FOTO: KATJA-JULIA FISCHER<br />

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