VNW-Magazin - Ausgabe 4/2018
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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„Theoretisch können Sie mit Pausen von Kiel nach Fehmarn<br />
fahren, die Reichweite der Batterien beträgt bis zu 40 Seemeilen<br />
– abhängig von Wind und Seegang“, sagt Hafner. „Aber das<br />
Hausboot ist natürlich mehr eine Wohn- und Lebensform als eine<br />
Yacht.“ Und so bietet das Boot 90 Quadratmeter Wohnfläche:<br />
zwei Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad mit Dusche und WC, Einbauküche,<br />
je eine Terrasse im Erd- und Obergeschoss von 17 und<br />
78 Quadratmetern. Das Boot hat 0,90 Meter Tiefgang, die Durchfahrtshöhe<br />
beträgt 4,50 Meter. 2 000 Liter Frischwasser sind an<br />
Bord, „das reicht nicht nur fürs Duschen», lacht der Ingenieur.<br />
Was spricht fürs Wohnen auf dem Wasser? „Es ist zunächst<br />
einmal eine Reduktion auf das Wesentliche“, sagt Hafner. „Und<br />
die direkte Nähe zum Wasser.“ Urlaubsfahrten seien möglich oder<br />
ein Umzug in eine andere Gegend. Seit zehn Jahren widmet sich<br />
der Konstrukteur dem Thema Hausboot. Er ist auch Mitinitiator<br />
der Hausboot-Konferenz, die am 25. Oktober mit etwa 100 Fachleuten<br />
in Hamburg stattfindet – natürlich auf einem Hausboot.<br />
Zu den Referenten gehört Juliane Behnert vom Hamburger Architekturbüro<br />
tun architektur. Mit ihrer Masterarbeit gewann die<br />
gebürtige Eckernförderin 2017 einen Innovationspreis: Sie entwarf<br />
ein mehrgeschossiges Hausboot für mehrere Generationen<br />
in Modularbauweise samt Innenhof und Fahrstuhl. Für eine Stadt<br />
wie Hamburg hält sie diesen Entwurf für zukunftsfähig.<br />
„Das Wohnen auf dem Wasser wird seit Jahrhunderten aus<br />
den unterschiedlichsten Beweggründen realisiert“, betont Behnert.<br />
„Für die Einen ist es der Abenteuergedanke, für Andere die<br />
Nähe zur Natur und wieder Andere nutzen schwimmende Architektur<br />
als Prestigeobjekt. Auch der Klimawandel und steigende<br />
Meeresspiegel machen schwimmende Architektur zu einem interessanten<br />
Zukunftsmodell.“ Besonders in Metropolen, wo Wohnraum<br />
oft Luxus sei, gebe es viele Entwürfe zum Wohnen auf dem<br />
Wasser. Noch stünden aber der Mangel an Liegeplätzen und teils<br />
umfangreiche Auflagen diesem Konzept im Weg.<br />
Einen Bauboom oder Massenwohnungsbau auf dem Wasser<br />
erwartet Behnert nicht und hält dies auch aus städtebaulichen<br />
und ökologischen Gründen nicht für erstrebenswert. „Hinsichtlich<br />
schwimmender Architektur halte ich gesonderte Regelwerke und<br />
den Bezug zum Städtebau für notwendig“, betont die Expertin.<br />
„Die Uferzonen und Naherholungsgebiete sind natürlich für jede<br />
Stadt wichtig und sollten auch der breiten Masse zur Verfügung<br />
gestellt werden.“<br />
Maximal 800 „schwimmende Häuser“ gibt es nach Schätzung<br />
von Prof. Dr. Heiner Haass in Deutschland. Das Potenzial dürfte<br />
vier- bis fünfmal so groß sein, schätzt der Architekt und Stadtplaner,<br />
der am Campus Bernburg der Hochschule Anhalt (Sachsen-<br />
Anhalt) lehrt. „Der Pfropf ist die Verwaltung, es fehlen gesetzliche<br />
Regelungen.“ Es gebe keine klare Grundlage, auf der die Bauverwaltungen<br />
Genehmigungen erteilen könnten. Dagegen seien die<br />
Bedingungen für fahrende Hausboote etwa in der Sportbootverordnung<br />
geregelt. Er sehe für Hausboote einen leichten Trend.<br />
„Das wird zunehmen, denn es ist sehr beliebt, einerseits ein festes<br />
Zuhause zu haben, mit dem man aber auch auf Fahrt gehen kann<br />
– ähnlich wie mit Wohnmobilen.“<br />
Die Kosten für ein Hausboot sind mit Immobilien vergleichbar.<br />
„Sie können kleine Wochenend-Boote ab 50 000 Euro bekommen,<br />
nach oben gibt es kaum eine Grenze, das kann in den Millionenbereich<br />
gehen“, sagt Hafner. Die Hausboote der Rathje Werft<br />
soll es ab 400 000 Euro geben. „Sie sollen ein weiterer Baustein<br />
sein, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu steigern“, sagt<br />
Chefin Edith Vonhoff. Die Werft mit 24 Mitarbeitern samt Azubis<br />
ist in dritter Generation im Familienbesitz. Früher dominierte<br />
der Yachtbau in Holz, später Reparaturen und Ausbauten. Einiges<br />
brach weg, besonders bei gewerblich genutzten Booten und Behördenfahrzeugen.<br />
Mit den Hausbooten will sich die Werft ein Stück neu erfinden.<br />
„Wir wollen pro Jahr drei Boote bauen“, sagt Projektleiter<br />
Dürschke. Im eigenen Sportboothafen wurde die Zahl der Liegeplätze<br />
von 46 auf 101 erhöht. Gerade werden die ersten zwei<br />
Liegeplätze für Hausboote ausgebaut. Jeder bekommt einen Geräteschuppen<br />
und einen Parkplatz, Strom- und Wasseranschlüsse.<br />
„Das Hauptproblem für Hausboote in Deutschland ist ein guter<br />
Liegeplatz“, sagt Dürschke. Die Werft biete daher ganzjährig wie<br />
eine Marina Liegeplätze „mit Rundumservice“ samt Meldeadresse<br />
an. Mit dem Wohnen am Wasser werde auch der überalterte<br />
Wassersport in Deutschland neue Freunde finden, ist Hafner überzeugt.<br />
h<br />
Von Matthias Hoenig<br />
Yacht- und Bootswerft Rathje<br />
Prieser Strand 14 a<br />
24159 Kiel<br />
Tel: 0431 / 220 92-0<br />
Fax: 0431 / 220 92-10