Allersberg - Oktober 2018
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EGON PLAUDERT<br />
ÜBER WOS DIE LEIT REDN<br />
von Egon Helmhagen<br />
Man sollte meinen, dass in Zeiten von Smartphone & Co die Leute nicht mehr<br />
persönlich miteinander reden, weil die Simserei viel einfacher geht. Aber das<br />
stimmt bestimmt nicht für die Rentner und angeschlossene Leidensgenossen,<br />
weil die sich dazu zu dumm anstellen und die Junga net frogn wolln. Es wird<br />
scho nu mitanander gredt. Beim Einkaufn, beim Doktor, beim Kaffeekränzla,<br />
am Stammtisch und im Verein. Es froucht sich bloß über wos. Am meisten<br />
über das, was im Fernsehn zu sehn ist, weil die meistn meistns vor der Glotze<br />
hockn.<br />
Sie haben´s über Krankheiten und sonstige Gebresten und was dafür hilft.<br />
Denn in Franken ist die Arznei immer für die Krankheit und nicht dagegen.<br />
Aus der TV-Werbung weiß man auch, dass man täglich sieben verschiedene<br />
Salben braucht. Für Brust, für die Knie (das sind schon drei), für die Ellenbogen<br />
(nochmal zwei), für Gicht und für Rheuma. „Dabei musst fei Obacht<br />
gebn, damitst nix verwechselt, sonst hast am Knie Kopfweh. Hä, hä!“<br />
Außerdem gibt es Mittelchen für Gesichtsrötungen, Verdauungsbeschwerden,<br />
Wimpern-Booster und Gedächtnislücken. „Mei Hirn is manchmol wie a<br />
Schubladn, die dauernd klemmt und es fällt mir oft ums Verreckn net ei, af<br />
wos ich mich grod bsunna hob!“<br />
„Ach sog mir nix, ich hob´s oft in der Seitn, in der Hüftn, und des Aufstehn<br />
in der Früh is fast wie Gwichthebn!“ Und schon hebt ein unterhaltsames<br />
Lamentieren an. „Mein Leben lang hat es geheißen „Arbeit macht das Leben<br />
süß“. Danach hab ich mich gerichtet, jetzt bin ich in Rente und hab Zucker!“<br />
„Auf den Ruhestand arbeitet man sein Leben lang hin, und wenn er dann<br />
kommt, erschrickt man“.<br />
Wenn man älter wird freut man sich über negative Ereignisse. Wenn nix<br />
Schlimms und nix Bäis passiert. Also keine Verstopfung, kein Kreuzweh, kein<br />
Kopfweh, keine Demenz, keinen Patscher, kein Bandscheibenvorfall. „Drum<br />
musst du jung bleibn, damitst älter wirst“.<br />
Ein Riesenthema sind auch die Enkelkinder, und wie gescheit die sind. Und<br />
dass die wirklich mehr smartphonen wie miteinander reden, und „wenn´s<br />
wos redn, nou is des a ganz a andere Sprach. Krass, cracy und funky“. „Ja,<br />
und wenn die Junga unterander redn, nou sogn´s zuan-ander „Hey Alder!“<br />
Dabei hat schon der alte Goethe gesagt „Ich höre es gerne, wenn die Jugend<br />
plappert, das Neue klingt, das Alte klappert“.<br />
„Des is heitzutoch der Mainschtreem. Des is etz der Trend. Aber irgendwie<br />
beneid ich fei die junga Leit, wie unbekümmert die unteranander mitanander<br />
umgenga. Ich wenn bloß an a so a Pastchworkfamilie denk.<br />
A Verwandtschaftsblousn, wo´s dich nimmer<br />
auskennst! Früher hat alles sei Ordnung<br />
ghabt. Verliebt, verlobt verheirat, gschiedn.<br />
Wir habn uns damals verlobt, dann, unter<br />
großer Anteilnahme der Verwandtschaft,<br />
gheirat, feierlich, mit Pfarrer, in der Kirche.<br />
Dann sind wir glückstrahlend aus der Kirch raus, unser Sohn hat a Gedicht<br />
aufgsagt… Des woar doch aa schäi!“<br />
Ja, unser gouts, alts Fränkisch stirbt immer mehr aus. Dou redn´s etz von<br />
aner „Ambivalenten Wachstums-Potenz“, oder es stellt aner fest, dass „Die<br />
Situation den Zustand in seiner existenziellen Konstellation bedroht!“ Dou<br />
haut‘s dich einfach um. Für mich is des nix als wie Blabla! Wenn‘st sowas<br />
hörst, kommst du dir richtig blöd vor. Erst recht, wenn dann a scharfsinniger<br />
Politiker sagt „Hätte, hätte Fahrradkette“. Wäi ich des is erste Mol ghört hab,<br />
war ich direkt baff. Suwos Gscheits fallert mir nie ei!<br />
In aller Munde ist auch der Begriff „Heimat“. Also, die erste Heimat des<br />
Menschen war das Paradies, doch wie der Adam und seine Eva ka Gout dou<br />
und vom Baum der Erkenntnis genascht haben, hat sie der liebe Gott naus<br />
gestampert. Die zwei waren die ersten Heimatvertriebenen. Dann haben<br />
sie sich eine neue Heimat suchen müssen. In Afrika, am Mississippi, in Sibirien,<br />
in China und an der Schwarzach. Den meisten hat es dann dort so gut<br />
gefallen, dass sie nicht mehr weg wollten. Das war dann ihre neue Heimat.<br />
Zur Wendelsteiner Heimat gehören Kärwa, Fischleinsberg, Hinteres Wernloch,<br />
Alter Kanal, Hans Sachs, Kunigunde Kreutzer, Cochläus, katholische Kirche,<br />
evangelische Kirche. der Wendenbrunnen, Jazz Festival und die Pfeffernüssli<br />
vom Enßer.<br />
Der Mensch ist, seit er besteht, auf der Suche nach einer Heimat, wo er<br />
daheim ist, und die Großkopfertn, däi dou drobn, däi tenna etzert, wäi wenn<br />
sie des erfundn hättn. Dou is doch des hintn höicher wie vorn!“<br />
Natürlich reden die Leit, und da gehör ich aa derzu, aa andauernd und immer<br />
wieder über Fußball und über dem Jogi Löw sein Schuldeingeständnis. Ich<br />
hab´s mit meinem Freund Peter, einem echten Experten ausdiskutiert. „Zuerst<br />
hat der Jogi 63 Toch lang analysiert, dann hat er länger gredt, als wäi a Spiel<br />
dauert und wos hat´s gnützt? Gegn die Franzosn und gegen die Peruaner?<br />
Net verlurn und knapp gwunn! Däi hobn scho a weng an Stopfer zsammgspielt!<br />
Und waaßt nou wos etz is?“ Ich hab gefragt „Na, wos is´n nou etz?”<br />
Da hat der Peter gemeint „Etz geht is Lebn wieder weiter!“<br />
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OKTOBER <strong>2018</strong> • MARKT ALLERSBERG<br />
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