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Immobilia 2016/01 - SVIT

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IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />

INVESTMENT<br />

Wann sich Sanierungen lohnen<br />

Die kontinuierliche Erneuerung von Immobilien im Bestand gewinnt immer mehr an<br />

Bedeutung. Wie ist dem viel diskutierten Sanierungsstau zu begegnen, damit gut gemeinte<br />

Absichten keine Wertvernichtung nach sich ziehen?<br />

BEURTEILUNGSMATRIX: SANFTE RENOVATION ODER TOTALSANIERUNG?<br />

Quelle: Halter Immobilien<br />

Faktor nicht oder nur sanft sanieren umfassend sanieren<br />

Mietzinspotenzial tief hoch<br />

Lage<br />

Aufwertung<br />

anstehend<br />

Aufwertung<br />

erfolgt<br />

Ausnützungsreserve hoch tief<br />

Gebäudestruktur schlecht gut<br />

Unterhaltskosten / Leerstand tief hoch<br />

Eine Analyse der massgeblichen Faktoren bilden die Entscheidungsgrundlage, ob Liegenschaften partiell oder gesamtsaniert werden sollen.<br />

DAVID NAEF & ROGER RICKLIN*<br />

<br />

MYTHOS DER ERNEUERUNGSZYKLEN. Den allgemein<br />

geläufigen Begriff «Sanierungsstau»<br />

findet man im «Duden» nicht. Gemeint<br />

ist damit ein «Investitionsstau», der<br />

mit einer «starken Zurückhaltung beim Tätigen<br />

von fälligen Investitionen» definiert<br />

wird. Möchte man über die Zeit gesehen<br />

eine gleichbleibende Substanz erhalten,<br />

so ist es grundsätzlich erforderlich, Investitionen<br />

in Höhe der jeweiligen Abschreibungen<br />

vorzunehmen. Wenn aber die Investitionen<br />

niedriger liegen, dann sind die<br />

notwendigen Investitionen zu einem späteren<br />

Zeitpunkt nachzuholen.<br />

Was ist jedoch der effektive Sanierungsbedarf?<br />

Der Mythos der klar definierten<br />

Erneuerungszyklen hält sich in<br />

der Immobilienbranche hartnäckig und<br />

suggeriert, dass alle 25 bis 30 Jahre eine<br />

grosszyklische Sanierung durchgeführt<br />

werden sollte. Eine Analyse des Alters und<br />

des Zustands von Mehrfamilienhäusern<br />

in der Schweiz zeigt, dass eine Mehrheit<br />

der MFH unsaniert und älter als 30 Jahre<br />

alt ist. In vielen Portfolios gibt es Liegenschaften,<br />

die seit den 1970er-Jahren<br />

nicht saniert wurden und dennoch keine<br />

überdurchschnittlichen Leerstände und<br />

Unterhaltskosten aufweisen. Einerseits<br />

orientieren sich die Sanierungszyklen in<br />

der Praxis nur bedingt an der bautechnischen<br />

Lebensdauer von Bauteilen. Andererseits<br />

ist die praktische Nutzungsdauer<br />

von Bauteilen oft viel länger als deren<br />

theoretische Lebensdauer. Dabei ist die<br />

Akzeptanz des Marktes von Mängeln ein<br />

treibender Faktor: ein schlechter Gebäudezustand<br />

bedeutet nicht zwingend Leerstand<br />

und hohe Unterhaltskosten.<br />

FÜNF ENTSCHEIDUNGSFAKTOREN. Viele Eigentümer<br />

stehen vor der Entscheidung,<br />

ob sie einer sanften Sanierung oder einer<br />

Gesamtsanierung den Vorzug geben sollen.<br />

Im Folgenden werden fünf Faktoren<br />

vorgestellt, die für eine verlässliche Antwort<br />

nötig sind.<br />

MIETZINSPOTENZIAL. Der erste und meist<br />

auch der gewichtigste Faktor betrifft<br />

das vorhandene Mietzinspotenzial. Dieses<br />

muss für eine Gesamtsanierung mindestens<br />

zwischen 100 bis 125 CHF pro<br />

m 2 und Jahr betragen, damit die Investition<br />

vernünftig rentabilisiert werden kann,<br />

wenn man von einem durchschnittlichen<br />

Kostenbenchmark für eine Wohnungssanierung<br />

von rund 2000 bis 2500 CHF<br />

pro m 2 HNF ausgeht. Um das Ertragspotenzial<br />

in dieser Höhe realisieren zu können,<br />

ist eine Leerkündigung des Objektes<br />

praktisch unumgänglich. Die zulässige<br />

Überwälzung von Investitionen aufgrund<br />

des aktuell geltenden Referenzzinssatzes<br />

einerseits sowie die oft vorhandenen<br />

Mietzinsreserven infolge nicht weitergegebener<br />

Mietzinssenkungen bei Referenzzinsanpassungen<br />

andererseits führen<br />

bei Gesamtsanierungen im bewohnten<br />

Zustand meist zu ungenügenden Renditen<br />

auf dem investierten Kapital.<br />

AUSNÜTZUNGSRESERVEN. Der zweite relevante<br />

Entscheidungsfaktor betrifft die<br />

Ausnützungsreserven. Obwohl grundsätzlich<br />

abhängig vom erzielbaren Mietzinsniveau,<br />

lässt sich als Faustregel angeben,<br />

dass bei Ausnützungsreserven ab<br />

circa 20 bis 25% ein Ersatzneubau zu<br />

prüfen ist; durch eine Gesamtsanierung<br />

wird die Realisierung des Ausnützungspotenzials<br />

in der Regel für die nächsten<br />

30 Jahre verhindert. Im Gegenzug spricht<br />

ein übernutztes Grundstück meist klar für<br />

eine Gesamtsanierung, denn bei einem<br />

Ersatzneubau kann das bestehende Flächenmass<br />

nicht mehr realisiert werden.<br />

LAGE. Ein weiterer Entscheidungsfaktor<br />

bezieht sich auf die Lage der Liegenschaft.<br />

Hier lautet die zentrale Frage, ob<br />

mittelfristig eine Aufwertung des Standortes<br />

wahrscheinlich scheint. Gründe<br />

dafür könnten sein: eine Zonenplanrevision<br />

mit Erhöhung der Ausnützung, Infrastrukturbauten,<br />

wie zum Beispiel die<br />

Limmattalbahn oder grössere Gebietsentwicklungen<br />

im unmittelbaren Umfeld.<br />

Es empfiehlt sich, mit minimalen Instandhaltungsinvestitionen<br />

über die Runden<br />

zu kommen und bei erfolgter Aufwertung<br />

12 | immobilia Januar <strong>2<strong>01</strong>6</strong>

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