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FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL

FRISCH GESCHLIFFEN Die elsässische Kristall-Manufaktur Lalique in neuem Glanz

FRISCH GESCHLIFFEN
Die elsässische Kristall-Manufaktur Lalique in neuem Glanz

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<strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong><br />

EINE SONDERBEILAGE DES TRE TORRI VERLAGS · DER VERLAG <strong>FÜR</strong> ESSEN, TRINKEN <strong>UND</strong> <strong>GENUSS</strong> 2 | 2018<br />

ALFRED BIOLEK ZIEHT KULINARISCHE BILANZ:<br />

DIE REZEPTE MEINES LEBENS


OLYMP.COM/SIGNATURE<br />

GERARD BUTLER’S<br />

CHOICE<br />

VERLEGER <strong>UND</strong> HERAUSGEBER<br />

Ralf Frenzel<br />

ralf.frenzel@fine-magazines.de<br />

CHEFREDAKTEUR<br />

Thomas Schröder<br />

thomas.schroeder@fine-magazines.de<br />

REDAKTION<br />

Katja Richter<br />

ART DIRECTION<br />

Guido Bittner<br />

MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />

Hannah Conradt, Till Ehrlich, Alex<br />

Gernandt, Ursula Heinzelmann, Dieter<br />

Mathiak, Dr. Stefan Pegatzky, Angelika<br />

Ricard-Wolf, Rainer Schäfer<br />

FOTOGRAFEN<br />

Mayk Azzato, Guido Bittner, Rui Camilo,<br />

Johannes Grau, Christof Herdt, Arne<br />

Landwehr, Alexander Paul, Thilo Weimar<br />

TITEL-FOTO<br />

Alfred Biolek, MITJA ARZENŠEK<br />

VERLAG<br />

Tre Torri Verlag GmbH<br />

Sonnenberger Straße 43<br />

65191 Wiesbaden<br />

www.tretorri.de<br />

Geschäftsführer: Ralf Frenzel<br />

ANZEIGEN<br />

Judith Völkel<br />

Tre Torri Verlag GmbH<br />

+49 611-57 990<br />

anzeigen@fine-magazines.de<br />

HERBSTZEIT IST ERNTEZEIT. Wenn unsere Hochleistungs-Natur die im Frühjahr hoffnungsfroh au s-<br />

gebrachten Samen reif und in Fülle zurück gibt, wenn Bäume, Sträucher und Rebstöcke ihre saftigen Früchte<br />

geschenkt, Landwirtschaft und Lebensmittelproduzenten dem Wohlleben der Bürger ausreichend gedient<br />

haben – dann mag, wenn die Tage kühler und kürzer werden, ein nachdenklicher Mensch dazu neigen, das<br />

eigene Leben und dessen Ertrag rückschauend zu bedenken. Wie Alfred Biolek, der unvergessene Fernsehunterhalter,<br />

den in den Jahrzehnten seiner großen Bildschirm-Präsenz alle nur Bio nannten.<br />

In vielen TV-Sätteln war der allzeit kluge, kultivierte Entertainer mit seiner unstillbaren Neugier auf<br />

interessante, talentierte Menschen und seinem ausgeprägten Sinn fürs Schräge und abgründig Komische<br />

gerecht. Aber höchste Popularität errang er, Ironie genug, mit einer Kochsendung – »alfredissimo!«. Aber<br />

was heißt Kochsendung – »alfredissimo!« war in Wahrheit eine quirlige Talkshow am Herd, in der Bio und<br />

jeweils eine prominente Person kochlöffelschwingend miteinander plauschten und bei einem Glas Wein zum<br />

Schluss mehr oder weniger genossen, was sie gemeinsam in Töpfen und Pfannen angerichtet hatten. Ein<br />

großer Spaß! Kaum zu ermessen, wie viel der promovierte Jurist im Plauderton und quasi nebenbei zur kulinarischen<br />

Erweckung seines Millionenpublikums beigetragen hat. Nun hat er, ein hochbetagter Herr unterdes,<br />

die Bilanz dieses Wirkens gezogen und legt ein kapitales Buch mit gut sechshundert »Rezepten meines<br />

Lebens« vor: so leichthändig wie beeindruckend, so lukullisch wie nachhaltig.<br />

Darum, um Nachhaltigkeit, geht es auch in anderen Themen dieser Beilage: in einem Advertorial um die<br />

große Supermarkt-Kette, die sich mit den Erzeugern der Verantwortung für die Nachhaltigkeit ihrer Lebensmittel-Quellen<br />

stellt; um die berühmte Kristallerie, die ihre bedeutende Tradition nachhaltig in die Zukunft<br />

trägt; um den französischen Drei-Sterne-Koch, der die Haute Cuisine zu revolutionieren half; um das Weingut<br />

im Veneto mit seinem bewahrenden Anspruch und das Südtiroler Apfelgut, das himmlischen Saft aus<br />

dem knackigen Obst gewinnt. Herbstzeit ist Erntezeit: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!<br />

PHOTO: GREG WILLIAMS<br />

DRUCK<br />

Prinovis Ltd. & Co. KG · Nürnberg<br />

<strong>FINE</strong> Das Magazin für Genuss und Lebensstil<br />

ist eine Sonder beilage des Tre Torri Verlags<br />

und erscheint im Verbund mit <strong>FINE</strong><br />

Das Wein magazin viermal Jährlich im ausgesuchten<br />

Zeitschriftenhandel.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingereichte<br />

Manuskripte, Dateien, Datenträger<br />

und Bilder. Alle in diesem Magazin veröffentlichten<br />

Artikel sind urheberrechtlich geschützt.<br />

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INHALT<br />

KÜCHENWEIN MUSS SEIN!<br />

Alfred Biolek präsentiert die Rezepte seines Lebens<br />

AUS DEM LABYRINTH<br />

Die Schaumweine der Maison Bouvet Ladubay von der Loire<br />

RESPEKT VOR DER NATUR<br />

Real und seine ressourcenschonend erzeugten Produkte<br />

LEBENSFREUDE IM EINKAUFSKORB<br />

Ein Einzelhandelsriese setzt auf Genuss und Nachhaltigkeit<br />

APFELSAFT <strong>FÜR</strong> GÖTTER<br />

Thomas Widmann macht aus Äpfeln preisgekrönten Trinkgenuss<br />

… <strong>UND</strong> ZUM DRITTEN<br />

Eine kleine Geschichte der Weinauktion<br />

DER DUFTVIRTUOSE<br />

Diors Parfümeur François Demachy und sein Gespür für Zwischentöne<br />

MONTE DEL FRÁ<br />

Ein Ausnahme-Weingut im Veneto<br />

FRISCH GESCHLIFFEN<br />

Die elsässische Kristall-Manufaktur Lalique in neuem Glanz<br />

ICH KOCHE, WIE EIN VOGEL SINGT …<br />

Michel Guérard hat die Haute Cuisine Frankreichs in vierzig Jahren verwandelt<br />

<strong>GENUSS</strong><br />

Zu Steak nicht nur Rot<br />

<strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 3


KÜCHENWEIN<br />

MUSS SEIN!<br />

ALFRED BIOLEK <strong>UND</strong> DIE REZEPTE SEINES LEBENS<br />

Niemand hat in Deutschland mehr Kochbücher verkauft, keiner lustvoller das gemeinsame Kochen<br />

zelebriert als der legendäre Fernsehunterhalter. Mit den vierhundertneunundfünfzig Folgen seiner<br />

von 1994 bis 2007 ausgestrahlten Kochsendung »alfredissimo!« prägte er die Essgewohnheiten<br />

einer ganzen Generation – dabei hatte »Bio« noch nicht einmal eine Kochlehre absolviert. Die<br />

auf wändige Neuausgabe seiner gesammelten Rezepte würdigt nun sein kulinarisches Vermächtnis.<br />

Von STEFAN PEGATZKY<br />

Fotos MAYK AZZATO<br />

Ein großer Koch war er wahrlich nicht. Kein Handgriff war gelernt, die Bewegungen schienen ungelenk, die<br />

Abläufe improvisiert. Immer wieder ging etwas daneben. Als Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth zu Gast<br />

war, ruinierte er ihr die Bergischen Pfannkuchen. Eindruck machte er dennoch. Während Rita Süssmuth in<br />

Zeitlupe Kartoffeln in Stifte schnitt und er dabei über die Wichtigkeit scharfer Messer dozierte, entfuhr es<br />

ihr: »Sie sind ja ein richtig professioneller Kocher!« Daraufhin Biolek: »Nee – überhaupt nicht. Ich habe<br />

nur ein paar gute Sachen und eine Küche, die Spaß macht.«<br />

Spaß gemacht hat es wohl fast allen Gästen bei Alfred Biolek. Das<br />

sprach sich rum, und so stellte sich nach Rita Süssmuth, immerhin<br />

die Inhaberin des zweithöchsten Staatsamtes der Bundesrepublik,<br />

selbst die scheue Kanzlergattin Hannelore Kohl zu ihm in<br />

die Fernsehküche. In »alfredissimo!« bewegte sich die Bandbreite der<br />

Gäste zwischen den Wildecker Herzbuben und Campino, zwischen Ingrid<br />

Steeger und Christoph Schlingensief. Und doch war die Sendung<br />

keine bloße Personality-Show. Fünfzehn Millionen verkaufte Kochbücher<br />

bezeugen, dass Alfred Biolek, von Hause aus promo vierter Jurist,<br />

nicht nur ein enorm erfolgreiches Fernsehformat geschaffen hatte, sondern<br />

auch einen kulinarischen Nerv getroffen haben musste. Was aber<br />

war sein Geheimnis?<br />

Tatsächlich verbarg sich hinter dem jovialen TV-Unterhalter ein<br />

echter Medienprofi. Noch vor dem eigentlichen Sendebeginn war der<br />

frischgebackene Doktor der Rechtswissenschaften im Frühjahr 1963<br />

in die Rechtsabteilung des gerade erst gegründeten ZDF eingetreten.<br />

Nach nur wenigen Monaten wechselte er den Job: Ihn zog es aus der<br />

Verwaltung in die Produktion. Es war die Gründerzeit des deutschen<br />

Fernsehens, die Berufsbilder waren noch unklar. Alfred Biolek hatte<br />

während des Studiums ein Studenten-Kabarett gegründet: Als Jurist<br />

mit Bühnenerfahrung war er fürs Fernsehen kaum weniger qualifiziert<br />

als ein Autor oder Dramaturg.<br />

Fortan arbeitete Biolek als Redakteur im Vorabendprogramm, nicht<br />

mehr in Mainz, sondern in »Telesibirsk«, wie die Kollegen die ersten<br />

Produktionsbaracken des ZDF in Eschborn nannten. Nach einigen Jahren<br />

in der Ratgeber-Redaktion wechselte er zur Unterhaltung. Hier war<br />

er für die neue Abendshow »Nightclub« verantwortlich. Bald erwies<br />

sich, dass Alfred Biolek ein ausgesprochenes Händchen für Stars hatte:<br />

Dem Moderator Dietmar Schönherr stellte er Legenden wie Josephine<br />

Baker und Juliette Gréco an die Seite. Er merkte schnell, dass die Welt<br />

des Showbiz und die Mainzer ZDF-Bürokratie nicht füreinander gemacht<br />

waren. 1969 zog er die Reißleine und wechselte zur Filmproduktionsgesellschaft<br />

Bavaria nach München.<br />

Über diesen Umweg begann die eigentliche Karriere von Alfred<br />

Biolek. Nach vier Jahren des Experimentierens mit neuen Sende formaten<br />

fing er 1974 beim WDR an. Mit der von ihm produzierten Show »Das<br />

laufende Band« mit Rudi Carrell landete er sofort einen Riesenhit. Nun<br />

hatte Biolek genügend Selbstvertrauen, selbst als Entertainer vor die<br />

Kamera zu gehen: Nach zwei Probeläufen erhielt er 1978 die große<br />

Musikshow »Bio’s Bahnhof« im Ersten. »Bio« war jetzt eine Marke,<br />

und sie sollte die kommenden fünfundzwanzig Jahre die Unterhaltungskultur<br />

des deutschen Fernsehens prägen. Die Krönung war die Talkshow<br />

»Boulevard Bio«, die zwischen 1991 und 2003 wöchentlich ausgestrahlt<br />

wurde. Hier führte er keine journalistischen Interviews, sondern<br />

Gespräche, die unterhalten sollten, und er inszenierte sie wie in privatem<br />

Rahmen, nicht als öffentliches Tribunal. Dadurch gelang es ihm,<br />

eine Form von Intimität entstehen zu lassen, in der seine Gäste mehr<br />

als üblich von sich preisgaben. Dieses »Menschelnde« wurde ihm oft<br />

zum Vorwurf gemacht, aber der hochintelligente Biolek – das juristische<br />

Staatsexamen hatte er als einer der Besten des Landes absolviert –<br />

hielt es lieber mit der Maxime von Hugo von Hofmannsthal: die Tiefe<br />

an der Oberfläche verstecken.<br />

In einer frühen Selbstreflexion hatte Biolek einmal festgehalten, dass<br />

auch der Produzent von Fernsehunterhaltung nie vergessen darf, dass<br />

er »am televisionären Prozess der Bewusstseins- und Geschmacksbildung<br />

beteiligt ist«. Das war noch ganz im öffentlich-rechtlichen<br />

Sinn formuliert. Zugleich wusste er ganz genau, dass jede spürbare<br />

Belehrung des Zuschauers die Unterhaltung tötet. Dennoch war nicht<br />

die zynische Parole vom Wurm, der dem Fisch schmecken muss und<br />

nicht dem Angler, seine Richtschnur. Biolek war und ist davon überzeugt,<br />

dass Film und Fernsehen ihren Ursprung im Jahrmarkt und in der<br />

Zirkus arena haben, in der Verheißung von »Menschen, Tieren, Sensationen«.<br />

Wenn das Fernsehen nicht das Ewiggleiche wiederkäut, sondern<br />

Neues und Ungewohntes präsentiert, bleibt es selbst bei der glitzernden<br />

Unterhaltungsshow seinem Bildungsauftrag treu.<br />

Als Alfred Biolek 1984 in Wiesbaden dem jungen Ralf Frenzel begegnete,<br />

war nicht abzusehen, dass der von ihm verantwortete »televisionäre<br />

Prozess der Bewusstseins- und Geschmacksbildung« sich auch<br />

ganz buchstäblich auf die deutsche Küche erstrecken sollte. Der einundzwanzigjährige<br />

als Koch und Kellner ausgebildete Ralf Frenzel war seit<br />

einem Jahr Sommelier in der »Ente vom Lehel«, damals ein Hot Spot<br />

des jungen deutschen Küchenwunders. Die beiden waren ein ander sympathisch,<br />

man blieb in Kontakt. Während Biolek über einige Umwege<br />

»Boulevard Bio« entwickelte, wurde Ralf Frenzel der Darling der weltweiten<br />

Weinszene. Den damals vor allem aus Frankreich importierten<br />

An »ein paar guten Sachen« hat’s nie gemangelt: Dr. jur. Alfred<br />

Biolek, nun im gesetzten Alter am Küchentisch seinen Erinnerungen<br />

aus einem ereignisreichen Leben nachhängend. Seine<br />

Prominenz und Popularität als kulinarischer TV-Entertainer<br />

konnten ihn, darin ganz Alte Schule, nie dazu verleiten, sich<br />

selbst wichtiger zu nehmen als seine Gäste.<br />

Qualitätsanspruch übertrug er auf deutsches Essen und Getränke. Als<br />

unermüdliches Kommunikationstalent leistete Ralf Frenzel in diesen<br />

Jahren insbesondere für den trocknen deutschen Wein unschätzbare<br />

Hebammendienste. Nach einigen Jahren im Weinhandel setzte ihn<br />

Willi Leibbrand, eine Legende des Lebensmitteleinzelhandels, 1991 als<br />

Geschäftsführer seiner Gruppe ein, wo er unter anderem Restaurantkonzepte<br />

mit starkem Weinschwerpunkt entwickelte.<br />

1993 starb Willi Leibbrand, und Ralf Frenzels Zukunft war unsicher.<br />

Ein Jahr bereiste er die ganze Welt auf der Suche nach neuen Ideen.<br />

Und er traf sich erneut mehrmals mit Alfred Biolek, den er nicht nur<br />

als Medienprofi, sondern auch als passionierten Hobbykoch kennengelernt<br />

hatte. Ralf Frenzel fungierte nun für Biolek als Coach fürs Essen<br />

und Trinken, und gemeinsam mit dem Team um Produzent Andreas<br />

4 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 5


Tausend Jahre alt und acht Kilometer lang sind die<br />

Keller gänge der Maison Bouvet Ladubay in Saint-<br />

Hilaire- Saint-Florent bei Saumur. In diesem von<br />

Benediktiner- Mönchen gegrabenen unterirdischen<br />

Labyrinth, das dem Haus seit seiner Gründung im Jahr<br />

1851 als Keller dient, ließ Patrice Monmousseau 2002<br />

von einem Bildhauer die romantische Vision einer versunkenen<br />

Kathedrale schaffen: Fragmente von Säulen,<br />

Kapitellen, Ornamenten und Portraits wurden in den<br />

Tuffstein gehauen. Hier stehen auch noch die alten,<br />

von ihm erfundenen, mechanischen Rüttelmaschinen.<br />

AUS DEM LABYRINTH<br />

DIE SCHAUMWEINE DER MAISON<br />

BOUVET LADUBAY VON DER LOIRE<br />

Von TILL EHRLICH<br />

Fotos RUI CAMILO<br />

Patrice Monmousseau ist Bouvet Ladubay. Ein Schaffer und Tüftler, der Wein liebt und lebt. Aber ohne Chichi. Einer seiner großen<br />

Schaumweine heißt »Instinct«. Das könnte auch eine Anspielung auf den Fünfundsiebzigjährigen sein: ein Bauchmensch mit Intelligenz<br />

und Sensibilität für Geschmack und Ästhetik. Und ein lebenskluger, nachdenklicher Mann mit einer gehörigen Portion Geschäftssinn.<br />

Vor allem aber ist er ein Mann der Praxis, des Zupackens. Ohne diese Stärken hätte er wohl all seine Ideen und Träume nicht realisieren<br />

können. »Man muss selbst mitarbeiten«, sagt er, »dann kommen die Einfälle, und man verliert nicht das Feeling für den Wein<br />

und die Gegenwart.« Mehr als vierzig Jahre hat er Bouvet Ladubay erfolgreich geführt, noch heute legt er bei jeder Cuvée selbst Hand<br />

mit an. Seine Schaumweine nennt er »meine Babys«.<br />

Seine älteste Tochter Juliette Monmousseau kam 2007 ins Unternehmen.<br />

Ihr Vater hat sie auch in die Kunst der Assemblage<br />

der Cuvées eingeweiht, die Seele von Bouvet Ladubay. Patrice<br />

Monmousseau ist heute Präsident des Schaumweinhauses, und Juliette<br />

Monmousseau führt es als Generaldirektorin. Es heißt, sie sei vom<br />

gleichen Holz wie er. Bouvet Ladubay erzeugt heute in Saumur jährlich<br />

rund sechseinhalb Millionen Flaschen Schaumwein, ausschließlich<br />

nach der traditionellen Flaschengärungsmethode. Verwendet werden<br />

nur Trauben aus dem Loiretal, wobei das Gros aus den Appellationen<br />

Saumur, Anjou und Crémant de Loire stammt. Einhundert Winzerfamilien<br />

bauen die Trauben an. Sie kommen als frisch gepresster Most,<br />

ähnlich wie bei Champagne Gosset, direkt zu Bouvet Ladubay. Dort<br />

wird er zu Wein vergoren, ausgebaut, in Flaschen ein zweites Mal fermentiert<br />

und gelagert. Den Charakter der Cuvées prägen die regionalen<br />

Sorten. Bei den weißen Schaumweinen ist es Chenin Blanc, bei den<br />

Rosés Cabernet Franc. Chardonnay kommt nur in kleinen Anteilen<br />

vor, er dient als Katalysator. Schaumwein von Bouvet Ladubay ist ein<br />

regionales Produkt, das den Weltmarkt bedient und in mehr als vierzig<br />

Länder exportiert wird.<br />

In Le Thoureil ist die Loire greifbar nah und die Geschäftigkeit der<br />

Schaumweinstadt Saumur weit genug entfernt. Die Mittagssonne wirft<br />

keine Schatten, und der große Strom scheint auf Patrice Monmousseau<br />

zuzufließen. Der Präsident des Hauses Bouvet Ladubay wirkt entspannt,<br />

der Gartenstuhl kippelt im Gras, der Schaumwein perlt golden im Glas.<br />

Unter einem alten Kirschbaum des Restaurants La Route du Sel wird<br />

aufgetischt: Croquettes de Pied de Couchon, Schweinefuß, gekocht,<br />

ausgelöst, paniert und frittiert. Mit Liebe zubereitet von seiner jüngsten<br />

Tochter Marie Monmousseau, die hier Chefköchin ist. Ein Traum<br />

zu dem zwölf Jahre in der Magnum gereiften Jahrgangsschaumwein<br />

Trésor. Und ein stolzer Vater.<br />

Wie eine Flaschenpost verbreiten die Monmousseaus von dem Städtchen<br />

Saumur aus ihre Botschaft in der Welt: Französischer Schaumwein<br />

kann Eleganz, Finesse und regionalen Charakter haben. Er muss<br />

nicht Champagner heißen und auch nicht so teuer sein. Bouvet Ladubay<br />

ist die Loire, ist Chenin Blanc und Cabernet Franc. Ein raffnierter<br />

Schaumwein mit trocknem Brut-Geschmack, der zugänglich ist,<br />

unkompliziert und trotzdem edel. Ohne standardisierte Fruchtaromen<br />

und aufdringliche Süße. Das ist eine Provokation in der heutigen Zeit,<br />

8 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 9


RESPEKT VOR DER NATUR<br />

Nachhaltigkeit ist zu einem großen Thema unserer Zeit geworden. Besonders im<br />

Lebensmittel- Einzelhandel fragen Konsumenten mehr denn je nach naturnah und<br />

ressourcenschonend erzeugten Produkten. Eine deutsche Supermarkt-Kette sieht<br />

sich diesem Ideal besonders verpflichtet und lässt seine Einkäufer weltweit nach<br />

den besten nachhaltig arbeitenden Produzenten suchen.<br />

Die Ergebnisse sind sinnlich erfahrbar: in den beispielhaften<br />

Real-Markthallen Krefeld und Braunschweig sowie in allen<br />

anderen Real-Märkten.<br />

Von DIETER MATHIAK Fotos ALEXANDER PAUL und ARNE LANDWEHR<br />

Auf irischen Weiden: der Rinderfarmer<br />

und der Fleisch experte. Den Boden der<br />

Tatsachen wägen Gordon Kilgallen und<br />

Spitzenkoch Hans Stefan Steinheuer<br />

in ihren Händen – nur kontrolliert beste<br />

Erde bringt bestes Gras für bestes<br />

Fleisch hervor. Bei Real sind die irischen<br />

Steaks Prachtstücke der Fleischtheke.<br />

Das Geheimnis von gutem Fleisch ist in erster Linie das Futter,<br />

in zweiter die Haltung, in dritter sind es Reifung und Zubereitung.<br />

Vielleicht auch in umgekehrter Reihenfolge. Was die<br />

Zubereitung angeht, gibt Hans Stefan Steinheuer jedenfalls gern Tipps.<br />

Kaum ein Koch in Deutschland hat ähnlich viel Erfahrung, wenn es<br />

um die Zubereitung eines guten Stücks Filet, Ribeye oder Porterhouse<br />

geht. »Ein Steak einfach zu braten, genügt nicht«, sagt Steinheuer, der<br />

Patron des Restaurants »Zur Alten Post« im Ahrwein­Ort Heppingen,<br />

schon vor vielen Jahren erstmals und dann immer wieder mit zwei<br />

Sternen im Guide Michelin ausgezeichnet. Ein Mann, der nicht nur<br />

die Haute Cuisine beherrscht, sondern auch die bodenständige Küche<br />

zu einem kulinarischen Erlebnis werden lässt. »Man muss das schon<br />

richtig machen, gut gewürzt in Pflanzenöl anbraten und zum Schluss<br />

in gebräunter Butter wenden und damit begießen.« Hört sich einfach<br />

an, bedarf aber einer gewissen Übung, um zu einem perfekten Ergebnis<br />

zu kommen. Die ideale Temperatur der Pfanne, die richtige Menge<br />

Salz und dann immer wieder Butter über das Fleisch: Auf diese Weise<br />

dringt nicht nur der Geschmack des Fettes ein, auch die Saftigkeit des<br />

Steaks bleibt erhalten. Es lohnt sich, auf Details zu achten!<br />

Steinheuer ist nicht nur ein Koch, der genau weiß, was er am Herd<br />

tun muss, sondern auch einer, der gern mal die Küche verlässt, um den<br />

Dingen auf den Grund zu gehen. Da er hörte, wie gut das in Irland produzierte<br />

Fleisch sein soll, fuhr er eben hin, um sich die Sache anzuschauen.<br />

Sich niemals mit dem Erstbesten zufriedenzugeben, ist eines<br />

seiner Prinzipien. So macht es auch Real, jenes Unternehmen, das sich<br />

immer mehr der Nachhaltigkeit verschreibt, das die besonderen Produkte<br />

sucht und sie seinen Kunden anbietet. Delikatessen aus biologischer<br />

Erzeugung oder solche, die aus der sogenannten Perma kultur<br />

stammen, Spezialitäten von individuell arbeitenden Produzenten, die<br />

im Rhythmus der Natur Rinder aufziehen, oder Fischer, die die Meerestiere<br />

aus kleinen Booten heraus in der See fangen. Und was würde besser<br />

zu Fleisch, Fisch und Gemüse der feinsten Art passen als Wein – gekeltert<br />

aus Trauben, die eine ganze Saison lang mit Hingabe gepflegt wurden,<br />

um dann im Herbst mit möglichst wenigen Eingriffen zu vergären.<br />

Riesling zum Beispiel, vielleicht auch Spätburgunder.<br />

Rotwein wäre auch ideal zum Fleisch vom irischen Rind. Zu dem<br />

vielleicht, das Gordon Kilgallen auf seiner Farm im County Sligo<br />

erzeugt. Nicht erst seit gestern, sondern schon in langer Familientradition.<br />

Seit vier Generationen mache man das bei den Kilgallens,<br />

erzählt der Rinderfarmer, ein Experte für die perfekten Steaks. Urgroßvater,<br />

Groß vater, Vater und er selbst hätten Erfahrungen bei der Aufzucht<br />

der Tiere gesammelt. Es ist nicht nur ein touristisches Werbeklischee:<br />

Irland hat wirklich ausgedehnte Wiesen, grüne Weiden, unendlich viel<br />

Platz. Gras, soweit das Auge reicht! Absurd erscheint hier der Gedanke<br />

an Massentierhaltung: Etwa acht Monate grasen die Rinder, erzählt<br />

der Farmer, und regelmäßig würden die Parzellen gewechselt. Wenn<br />

die Weide nicht mehr die richtige Qualität hat, muss die Herde weiter –<br />

Kompromisse werden nicht gemacht. Hans Stefan Steinheuer, der Koch<br />

von der Ahr, ist begeistert. »Es gibt tolles Gras in Irland, und die Züchter<br />

14 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 15


APFELSAFT<br />

<strong>FÜR</strong> GÖTTER<br />

Es ist nicht ganz ungefährlich, sich von Thomas Widmann zu einer Apfelsaftverkostung einladen<br />

zu lassen. Es kann passieren, dass man danach für immer verloren ist und nie wieder<br />

schnöden Discounter-Apfelsaft trinken kann. Dass man bei jedem Schluck konventioneller<br />

Tetrapack-Ware in Zukunft daran denken wird, wie Apfelsaft eigentlich schmecken sollte.<br />

Wie er schmecken kann, wenn man ihm so viel Leidenschaft und handwerkliche Präzision<br />

angedeihen lässt, wie Thomas Widmann es mit diesem Naturprodukt, dem Widum- Baumann-<br />

Bergapfelsaft tut.<br />

großen Apfelplantagen. Von ihm hat Thomas Widmann die starke Verwurzelung<br />

mit Südtirol und das Bedürfnis nach eigenem Land, einem<br />

eigenen Hof. Mit dem Unterschied, dass es ihn schon immer hinaus<br />

aus dem Tal und hoch in die Berge gezogen hat. Er studierte zunächst<br />

Agrarökonomie in Wien, kaufte schließlich Anfang der neunziger Jahre<br />

gemeinsam mit seiner Frau einen alten, verfallenen Hof in dem kleinen<br />

Bergdorf Afing und pflanzte dort auf gut tausend Meter Höhe dreieinhalb<br />

Hektar Apfelbäume an.<br />

Wer das Glück hat, auf seinem Hof in den Bergen unterhalb<br />

des Saltner Hochplateaus am großen Holztisch im Schatten<br />

eines Walnussbaums zu sitzen, sieht sich schnell diversen<br />

Weingläsern gegenüber, in die der 59-jährige Südtiroler verschiedene<br />

Apfelsäfte gießt. Puren Saft aus Äpfeln der Sorten Kanzi, Topaz und<br />

Pinova sowie eine Mischung, in der noch Jonagold und Red Delicious<br />

verarbeitet sind. »Probieren Sie«, sagt er siegesgewiss und mit einem<br />

Blitzen in den Augen. Er weiß, was jetzt kommt, wenn er jemanden vor<br />

sich hat, der Apfelsaft normalerweise wenig geschmackliche Finesse<br />

zutraut und ihn für gewöhnlich auch nicht aus Weingläsern trinkt:<br />

Schon nach dem ersten Schluck Verblüffung und Entzücken! Tatsächlich<br />

hat jeder dieser Säfte ein ganz eigenes Aromenspektrum: Der Saft<br />

aus Kanzi- Äpfeln hat eine erfrischende Säure, der Topaz-Saft ist vollmundig<br />

und süß, fast wie ein Pfirsichsaft, Pinova hat feine Birnennoten,<br />

die den intensiven Apfelgeschmack perfekt abrunden. Wenn<br />

man nur gewöhnliche Äpfel kennt, dann schmeckt dieser Saft, als<br />

habe man irgendwo in den Genen der Frucht den Geschmacksregler<br />

hochgedreht. »Der Apfel ist nach der Banane die am meisten gegessene<br />

Frucht der Welt«, sagt Thomas Widmann. »Und zugleich die am<br />

meisten unterschätzte.«<br />

Dass Thomas Widmann, neben seinem Job als Präsident des Regionalrats<br />

und Vizepräsident des Südtiroler Landtags, eine so große Leidenschaft<br />

für Äpfel hat, hat viel mit seiner Kindheit zu tun. Sein Vater, ebenfalls<br />

Politiker und überzeugter Kämpfer für die Südtiroler Autonomie,<br />

hatte unten im Tal bei Bozen einen landwirtschaftlichen Betrieb mit<br />

»Ich war auf der Suche nach einer Nische«, erzählt Thomas Widmann.<br />

»Südtirol ist eines der größten Apfelanbaugebiete Europas, elf Prozent<br />

der europäischen Apfelsaftproduktion kommen von hier. Aber im konventionellen<br />

Apfelanbau mitzumachen, das hat mich nicht gereizt. Ich<br />

bin Techniker, ich will immer alles verbessern. Und ich wollte den bestmöglichen<br />

Apfelsaft unter den bestmöglichen Bedingungen herstellen.<br />

Das hat damals hier oben am Berg niemand gemacht.«<br />

Natürlich ist der Apfelanbau an den steilen Berghängen mühsamer<br />

als unten in der Ebene, doch genau hier liegt das Geheimnis: Am Berg<br />

gibt es viel höhere Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht<br />

als unten im Tal. Dadurch produziert der Apfel mehr Gibberellin, ein<br />

Pflanzenhormon, das die Zellstruktur besonders kräftig macht. Die<br />

IN DEN SÜDTIROLER ALPEN WACHSEN GANZ BESONDERE<br />

ÄPFEL. <strong>FÜR</strong> DIE K<strong>UND</strong>EN VON REAL PRESST THOMAS<br />

WIDMANN DARAUS EINEN SAFT, DER SO FANTASTISCH<br />

SCHMECKT, <strong>DAS</strong>S MAN IHN AUS WEINGLÄSERN TRINKT.<br />

Von HANNAH CONRADT<br />

Fotos JOHANNES GRAU<br />

Ausgezeichnet: Schon viermal wurde der Apfelsaft von<br />

Thomas Widmann zum besten in Südtirol gekürt. Der<br />

pure Saft aus den Sorten Kanzi, Topaz und Pinova sowie<br />

einer Mischung aus Jonagold und Red Delicious überzeugt<br />

jeweils mit ganz eigenen Aromen, die sich – der Erzeuger<br />

demonstriert es gern – perfekt im Weinglas entfalten.<br />

22 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 23


… <strong>UND</strong> ZUM<br />

DRITTEN<br />

EINE KLEINE GESCHICHTE<br />

DER WEINAUKTION<br />

Von STEFAN PEGATZKY<br />

Fotos CHRISTOF HERDT<br />

Blättern«, unter Nennung des Inhalts der einzelnen Fässer<br />

annonciert (Flaschen wurden erst sehr viel später versteigert)<br />

– in »nassen Auktionen«, bei denen der Inhalt zuvor<br />

verkostet werden konnte. Doch dann sorgten in Frankreich<br />

ein weltgeschichtliches Ereignis, in England ein Mentalitätswandel<br />

für die Entstehung von Wein versteigerungen<br />

im modernen Sinn.<br />

Im ersten Jahr der Französischen Revolution hatte die<br />

Nationalversammlung die Verstaatlichung der Kirchengüter<br />

beschlossen – sowohl in Frankreich als auch in<br />

seinen Tochterrepubliken, zu denen etwa die linksrheinischen<br />

Gebiete um Mainz und Trier zählten. Doch große<br />

Teile des neuen Nationalgutes mussten gleich wieder verkauft<br />

werden – zunächst in Form von Schuldscheinen, nach<br />

deren Ent wertung im Jahr 1797 zunehmend in Versteigerungen.<br />

Auch in den Hospices de Beaune, ursprünglich<br />

ein Armenspital in Burgund, das sich aus den Erträgen seiner<br />

Weinberge finanzierte, waren die Weinversteigerungen<br />

damals so populär, dass sie einige Jahre die früheren<br />

Verkäufe zu Festpreisen ablösten. Neu war, dass nur der<br />

Auch an Mosel, Saar und Ruwer wurden Versteigerungen<br />

ein wesentlicher Absatzkanal der Winzerschaft. Vielerorts<br />

schlossen sich Erzeuger zu lokalen Versteigerungsringen<br />

zusammen. Auch um gegen die Konkurrenz aus<br />

Mainz und dem Rheingau zu bestehen – wo sich 1896 um<br />

die Königlich Preußische Staatsdomäne Kloster Eberbach<br />

die Vereinigung Rheingauer Weingutsbesitzer gegründet<br />

hatte mit dem Ziel, die verschiedenen mitglieder eigenen<br />

Weinversteigerungen zusammenzulegen: 1899 wurde der<br />

»Bernkasteler Ring« und 1908 der »Große Ring« in Trier<br />

ins Leben gerufen, die bis heute die Tradition der Weinversteigerungen<br />

pflegen. Schließlich schlossen sich 1910<br />

die Vereinigung Rheingauer Weingutsbesitzer, der Große<br />

Ring und die Vereine der Naturweinversteigerer der Rheinpfalz<br />

und Rheinhessens zum Verband Deutscher Naturweinversteigerer<br />

zusammen, aus dem 1982 der Verband Deutscher<br />

Prädikats- und Qualitäts weingüter (VDP) werden<br />

sollte.<br />

Einen ganz anderen Ausgang nahm die Geschichte in<br />

England. Selbst keine Erzeuger nation, war Großbritannien<br />

stets nur Sekundärmarkt für Wein. Zudem entwickelte sich<br />

vervielfältigte sich bei Christie’s der Weinumsatz. Konkurrent<br />

Sotheby’s antwortete 1970 mit einer ähnlichen Abteilung<br />

(die allerdings erst seit 1991 mit Serena Sutcliffe zu<br />

einem ernstzunehmenden Gegen spieler werden sollte).<br />

Mitte der neunziger Jahre wurden in zwei facher Hinsicht<br />

die Grundlagen der Weinauktion für das 21. Jahrhundert<br />

gelegt. Zunächst entfaltete der Wein auktionsmarkt<br />

durch das glückliche Zusammen treffen verschiedener Faktoren<br />

– wirtschaftliche Rahmen daten, gute Ernte im Bordelais<br />

– eine ungeheure Dynamik, was zum Einstieg asiatischer<br />

Händler aus Hongkong und Singapur führte. Große<br />

Weine wurden immer teurer und die Gewinne so exorbitant,<br />

dass auch institutionelle Anleger aufmerksam wurden.<br />

Weltweit sprossen neue Wein auktionen und sogar<br />

spezielle Weinfonds aus dem Boden. Als Hongkong 2001<br />

die Zölle auf Wein drastisch senkte, wurde die chinesische<br />

Metropole innerhalb weniger Jahre zu dem neben London<br />

und New York bedeutendsten internationalen Weinauktionszentrum<br />

– nicht zuletzt als Schnittstelle für Festlandchina.<br />

Heute ist Asien für sechsundfünfzig Prozent der weltweiten<br />

Weinauktionskäufe verantwortlich.<br />

Ob online oder ganz real in einem exquisiten Hotel in Zürich, London oder Hongkong:<br />

Weinversteigerungen sind weltweit im Trend. Den einen treibt die Suche nach dem Schnäppchen,<br />

den anderen der fehlende Mosaikstein in seiner Sammlung. Kaum jemand weiß,<br />

dass Auktionen zu den ältesten Warengeschäften der Welt zählen – und dass ohne sie die<br />

Weingeschichte anders verlaufen wäre.<br />

Die erste Schilderung einer Versteigerung hat der<br />

Grieche Herodot in seinen »Historien« übermittelt:<br />

eine Heiratsauktion in Babylon. Dabei wurden zuerst<br />

die schönste, dann die nächstschönste Frau und schließlich<br />

auch die unansehnlichen versteigert. Diese Anekdote<br />

illustriert eindrucksvoll das Wesen jeder echten Auktion:<br />

Ein Dokument aus heutiger Zeit: Alljährlich im<br />

März versteigern die Hessischen Staats weingüter<br />

nach alter Tradition im Laiendormitorium von<br />

Kloster Eberbach Schätze ihres Kellers. Direktor<br />

Dieter Greiner verzeichnet gewaltiges Publikumsinteresse<br />

und ebensolche Resultate.<br />

Hier geht es im Kern um ein individuelles, nicht durch ein<br />

anderes zu ersetzendes Produkt.<br />

Bis sich dieses Prinzip durchsetzte, sollte es allerdings<br />

noch einige Zeit dauern. Zunächst war die Auktion vor<br />

allem ein Mittel, in möglichst kurzer Zeit größere Mengen<br />

von irregulären, also außerhalb traditionellen Wirtschaftens<br />

entstandenen Gütern zu veräußern. Im antiken<br />

Rom war das etwa die Kriegsbeute. In der Frühen Neuzeit<br />

entfachte der Kolonial handel in den Niederlanden ein<br />

wahres Auktions fieber; hier wurden komplette Schiffsladungen<br />

aus fernen Ländern versteigert. In Deutschland<br />

und Frankreich waren Auktionen tief in der Gerichtsbarkeit<br />

verankert, was ihre teilweise bis heute fort dauernde<br />

Regulierung erklärt: Staats beamte vollzogen hier die Vergantungen<br />

von Nachlässen und Konkursmassen oft ganzer<br />

Betriebe, etwa nach Naturkatastrophen wie der großen<br />

Sturmflut von 1717.<br />

Wein war hier vielfach Teil des Angebots, wenn auch<br />

ein besonderer. Im frühen 19. Jahrhundert wurden Weinversteigerungen<br />

aus Nachlässen, etwa in den »Rheinischen<br />

Foto: Christie’s Review of the Year 1966–67<br />

aktuelle Jahrgang unter den Hammer kam. Diese Regelung<br />

wurde jedoch bald wieder rückgängig gemacht und<br />

erst von Joseph Pétasse erneut aufgegriffen. Der Schatzmeister<br />

des Hôtel-Dieu de Beaune hatte um 1850 die Strategie<br />

entwickelt, zunächst durch Reisen in ganz Europa<br />

die Weine bekannt zu machen und sie dann in einer großen<br />

öffentlichen Auktion hier zu versteigern. Diese Tradition<br />

wird seit 1859 mit nur wenigen Veränderungen bis<br />

heute fortgeführt.<br />

Auch für den deutschen Weinbau hatte die französische<br />

Versteigerungswelle große Auswirkungen. Denn auch<br />

hierzulande wurden seit 1797 die Wein keller vieler großen<br />

Klöster versteigert, die der Mainzer Domgüter etwa oder<br />

des Katharinenstifts in Oppenheim − und in der Folge<br />

wurde auch die Versteigerung junger Jahrgänge durch private<br />

Wein güter üblich. Keine Versteigerung war dabei folgenreicher<br />

als die des Klosters Eberbach im Rheingau. 1803<br />

säkularisiert, war es drei Jahre später in den Besitz von<br />

Friedrich August, dem ersten Herzog von Nassau, gekommen.<br />

Und der machte in einer »herrschaft lichen Weinversteigerung«<br />

sogleich Kasse. Nach der Versteigerung des<br />

legendären 1811er Kometenweins wurde Eberbach überregional<br />

bekannt. 1836 kamen schon sechshundert Interessenten<br />

zu der Auktion.<br />

auf der wirtschaftlich liberal geprägten Insel ein Auktionswesen<br />

weit gehend ohne staatliche Regulation. Als James<br />

Christie 1766 sein Auktionshaus Christie’s offziell gründete,<br />

war er nicht der Erste. Aber er fokussierte sein Geschäft auf<br />

Kunstgegenstände und profitierte immens von der Verlagerung<br />

des Kunsthandels von Paris nach London. Zur Kunst<br />

aber gehörte nach den Maß gaben der britischen Ästhetik<br />

auch der Wein, was ihn in bisher unbekannter Weise aufwertete<br />

und zum Gegenstand intellektueller Betrachtungen<br />

machte. Folgerichtig war Wein bei Christie’s von Anfang<br />

an ein inte graler Bestandteil der Auktionen.<br />

Nach 1945 wurden die Weinauktionen zunächst eingestellt.<br />

Sie wurden erst wieder aufgenommen,<br />

als Michael Broadbent 1966 ein eigenes Weindepartment<br />

gründete. Er hatte begriffen, dass sich beim<br />

Wein hinsichtlich Angebot und Nachfrage eine seismische<br />

Verschiebung ergeben hatte: Der britische Landadel, der<br />

über Jahrhunderte den Bordeaux- Markt getragen hatte,<br />

war politisch und ökonomisch am Ende, während sich in<br />

den Vereinigten Staaten in kurzer Zeit eine wirtschaftlich<br />

überaus potente Sammlerschicht gebildet hatte. Darauf<br />

reagierte er – und erfand quasi im Alleingang den Markt<br />

für Altweine neu. Ein veritabler Coup: In wenigen Jahren<br />

Ein Dokument aus frühen Tagen: Michael<br />

Broadbent, der große Kenner alter Weine,<br />

leitet 1967 bei Christie’s in London die<br />

allererste Auktion von »Finest and Rarest<br />

Wines« – aus den Kellern des Marquess of<br />

Linlithgow und des Earl of Rosebery.<br />

Dies aber waren auch die Jahre, in denen die Weinauktionen<br />

online gingen. Internet visionär Jerry<br />

Kaplan hatte schon 1994 mit OnSale die erste digitale<br />

Plattform für ausgewählte Konsumgüter und Sammlerstücke<br />

wie »fine wine« gegründet. Im Jahr darauf ging<br />

AuctionWeb von Pierre Omidyar ins Netz. Die Ergebnisse<br />

elektrisierten das Silicon Valley. 1997 erhielt AuctionWeb<br />

eine Kapitalspritze von 6,7 Millionen Dollar und änderte<br />

seinen Namen in Ebay. Auch wenn die Kategorie »Feinschmecker«,<br />

unter der sich in Deutschland die Weinangebote<br />

bei Ebay verstecken, bloße 0,4 Prozent des Gesamtangebots<br />

ausmacht und diese Verkäufe hier juristisch nicht<br />

als Versteigerungen gelten, haben Ebay und seine Nachfolger<br />

die Wein auktionen für immer verändert. Heute kann<br />

jeder zu jeder Zeit und an jedem Ort seinen Lieblingswein<br />

erst eigern. Weil aber die Weine, die uns wirklich träumen<br />

lassen, von immer mehr Menschen gesucht werden, werden<br />

große Weine auch immer unerschwinglicher.<br />

In seiner Dezember-Ausgabe bilanziert das große europäische<br />

Weinmagazin <strong>FINE</strong> das Weinauktionsjahr 2o18 und<br />

berichtet über Markt-Trends und spektakuläre Ergebnisse.<br />

26 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 27


DER<br />

DUFTVIRTUOSE<br />

FRANÇOIS DEMACHY<br />

IST EIN PARFÜMEUR<br />

MIT GESPÜR <strong>FÜR</strong><br />

FEINE ZWISCHEN-<br />

TÖNE. SEIT ZWÖLF<br />

JAHREN KULTI VIERT<br />

ER DIESES KÖNNEN<br />

EXKLUSIV <strong>FÜR</strong> DIOR.<br />

Von ANGELIKA RICARD-WOLF<br />

Ein knallroter Traktor ist Carole Biancalanas ganzer<br />

Stolz. Sie verdankt ihn François Demachy. Mit ihm kam<br />

die südfranzösische Blumenbäuerin zufällig auf einem<br />

Kongress ins Gespräch – ohne zu ahnen, wer ihr Gegenüber<br />

war. Sie erzählte ihm, wie sie auf ihren Feldern<br />

in Parcassol bei Grasse Mairosen unter ökologischen<br />

Aspekten anbaue. Marienkäfer als Läusevertilger,<br />

keine Pestizide, keine Herbizide und so weiter.<br />

Da wurde der soignierte Herr mit dem grauweiß melierten Kurzhaarschnitt<br />

aber hellhörig! Erstens, weil er als Hausparfümeur<br />

von Christian Dior immer auf der Suche nach ausgefallenen<br />

Ingredienzien ist. Und zweitens, weil er ausgerechnet Rosenaromen<br />

über alles liebt. »Ich würde so gern den absoluten Duft der Rosen<br />

komponieren. Aber immer wenn ich denke, ich weiß alles über sie,<br />

überraschen sie mich mit einer weiteren Facette.«<br />

Logisch, dass ihn die Öko-Duftausbeute der Rosa centifolia, der<br />

Prestigeblume Südfrankreichs schlechthin, neugierig machte. Die<br />

wollte er sich nicht entgehen lassen. Es folgten ein Ortstermin, Probeschnuppern<br />

an den naturbelassenen Blüten und die Abmachung, die<br />

Rosenernte auf Jahre hinaus ausschließlich für Dior zu reservieren. Ein<br />

lukrativer Deal für Carole, der ihr den Kauf des Traktors ermöglichte.<br />

François Demachy schaut immer mal wieder in ihrer »Domaine de Manon« vorbei. Auch seine anderen<br />

Spezial-Lieferanten zwischen Indien, Madagaskar oder dem italienischen Kalabrien besucht er in regelmäßigen<br />

Abständen, um sich zu überzeugen, wie es um die explizit für Dior wachsenden Jasmin-, Ylang-<br />

Ylang- oder Bergamotte-Kulturen steht. Nicht aus Kontrolle, sondern aus Anerkennung für die Menschen<br />

vor Ort, die all die Blumen und Früchte anbauen, mit deren Essenzen er arbeitet.<br />

Er ist dann ein stiller Zaungast – wie auch im malerischen Tal von San Carlo in Süditalien auf dem<br />

Hof von Leonardo Squillace. Wenn der mit seinen Helfern die sonnenreifen Bergamotte-Früchte aus den<br />

Baumkronen angelt, steht Demachy weiter hinten auf der Wiese und nimmt dieses Bild in sich auf. Er hebt<br />

eine Frucht auf, dreht und wendet sie in seiner Hand, ritzt mit dem Fingernagel in ihre Schale und riecht<br />

konzentriert an den Minifurchen. Fast unmerklich nickt er mit dem Kopf. Was er da schnuppert, gefällt ihm.<br />

Er sagt dann nicht viel, aber alle sehen, wie sehr er ihre Arbeit schätzt. Für den Parfümeur sind diese<br />

Besuche an der Basis eine stete Inspiration. Er entdecke die Rohstoffe dabei immer wieder aufs Neue. »Nur<br />

am Schreibtisch geht das nicht. Ich möchte ein Gefühl für die Landschaft, die Erde entwickeln, aus der die<br />

Rohmaterialien für die Zutaten kommen.«<br />

Das passt zu seiner Arbeitsphilosophie. »Ich suche die Duftzutaten mit dem Herzen aus«, sagt der stets<br />

zurückhaltend auftretende Mann. Dabei könnte er dick auftragen – bei all den zauberhaften Kreationen, die<br />

er im Laufe seiner Karriere für Tiffany, Bourjois oder Ungaro und als langjähriger treuer Wegbegleiter von<br />

Chanels Hausparfümeur Jacques Polge erschaffen hat. Aber anzugeben liegt ihm so gar nicht.<br />

Als Dior ihn 2006 fest engagierte, musste er sich erst an die damit verbundene und für ihn neue Rolle<br />

gewöhnen, öffentlich als Duftbotschafter der Marke aufzutreten. Und vor Publikum über seine Arbeitsweise,<br />

Ideen und Parfüms zu sprechen.<br />

Düfte sind schwer zu beschreiben. Weil jeder Mensch andere Erinnerungen, andere Gefühle mit ihnen<br />

assoziiert. Laien den Charakter einer Rezeptur aus bis zu achtzig oder gar mehr Komponenten plausibel<br />

zu machen, ist für Kreateure wie ihn, die auf ihren Fachjargon abonniert sind, eine Herausforderung. »Wir<br />

Parfümeure«, sagt Demachy, »unterhalten uns in einer Sprache, die nur wenige beherrschen.« Aber jeder<br />

soll sie verstehen. Für seine Kompositionen sucht er deshalb nach griffgen Vergleichen, Assoziationen,<br />

Bildern aus dem täglichen Leben, dank derer sich Laien den Duft eines Parfüms besser vorstellen können –<br />

ohne es zu riechen! Der von ihm überarbeitete Klassiker »Diorissimo« etwa, ein Mix aus Orange, Gardenie<br />

und Moschus, besitzt demnach »den frechen Charme der Pariserinnen«. Den zart-schmeichelnden Duft von<br />

»Thé Cachemire« verknüpft er mit der »kostbaren Weichheit eines Kaschmirpullovers« und das blumigfrische<br />

»Lucky« wiederum sei ein »Talisman, wie in seidene Stoffahnen eingenähte Maiglöckchen«.<br />

Das hat der abergläubische Firmengründer Christian Dior tatsächlich gemacht – statt auf Holz zu klopfen.<br />

Mit seiner Blümchen-Marotte wollte er Glück und Erfolg für seine Entwürfe heraufbeschwören.<br />

Der Pariser Modemacher hatte früh ein Faible für Düfte. Schon 1947 erkannte er den heute allseits<br />

genutzten Imagetransfer zwischen Fashion und Fragrance und brachte damals das bis heute erhältliche<br />

Parfüm »Miss Dior« heraus – selbstverständlich mit Maiglöckchen-Essenz! Christian Dior hätte sich mit<br />

dem aktuellen Duftschmied des Hauses sicherlich gut verstanden. Demachys bescheidene Art, seine Liebe zu<br />

Südfrankreich und seine Affnität zu Rosen entsprechen den Eigenschaften und Einstellungen von Christian<br />

Dior. Auch er war eher schüchtern. Am wohlsten fühlte sich der schon zu Lebzeiten legendäre Designer,<br />

wenn er sich an die Côte d’Azur, auf seinen Landsitz »La Colle Noire« bei Cannes zurückziehen konnte, wo<br />

er Blumen züchtete. Vor allem Rosen.<br />

Im Gegensatz zu dem aus der Normandie stammenden Dior wurde François Demachy sogar in Cannes<br />

geboren. Aufgewachsen ist er in Grasse, der Wiege der Parfümerie. Sein Vater besaß dort eine Apotheke.<br />

Von Kindesbeinen an weiß Demachy daher um die Qualität von ätherischen Ölen, kennt die Wirkung selbst<br />

kleinster Mengen in einer Rezeptur. »In der Pharmazie«, erzählt er, »hat man beispielsweise Bergamotte-Öl<br />

als quantité suffsante, als eine Art Ergänzungsmittel verwendet, um Präparationen zu vervollständigen.«<br />

Eine ähnliche Funktion hat Bergamotte-Öl auch in der Parfümerie. Ein paar Tropfen genügen, sagt der<br />

Dior-Experte, »um eine Parfümrezeptur rund zu machen. Die einzelnen Zutaten harmonieren dann besser<br />

miteinander.« Sein Metier beherrscht er aus dem Effeff. Schon als Schüler jobbte er in den Sommerferien in<br />

den in Grasse ansässigen Duftfirmen. Und weil ihm das Spaß machte, bemühte er sich um einen Ausbildungsplatz<br />

bei Charabot, dem führenden Hersteller natürlicher Duftzutaten in Grasse. Nach dem Pflichtprogramm<br />

in Workshops und Laboratorien des Unternehmens absolvierte er dessen renommierte Parfümeurschule.<br />

Für Düfte leben: In<br />

seinem provençalischen<br />

Atelier<br />

Les Fontaines<br />

Parfumées gibt sich<br />

François Demachy<br />

ganz der genussvollen<br />

Analyse von<br />

Wohlgerüchen hin.<br />

Seine Kompositionen<br />

für das<br />

Haus Dior zeugen<br />

davon, so auch das<br />

neue »Joy«.<br />

28 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 29


»Unsere Arbeit ist einfach,<br />

weil die Trauben in perfektem<br />

Zustand aus den Weinbergen<br />

kommen«: Mit solchem Lob<br />

bedenkt Claudio Bonomo im<br />

Fasskeller von Monte del Frá<br />

seinen älteren Bruder Eligio,<br />

der sich nach mehr als fünfzig<br />

Ernten im Rebland auskennt<br />

wie kein zweiter. Gemeinsam<br />

haben sie nach dem Tod ihres<br />

Vaters das Weingut übernommen<br />

und von Anfang an auf<br />

Nachhaltigkeit und Qualität<br />

gesetzt.<br />

MONTE DEL FRÁ<br />

<strong>DAS</strong> AUSNAHME-WEINGUT IM VENETO<br />

Von RAINER SCHÄFER<br />

Fotos THILO WEIMAR<br />

Ganz oben auf dem Hügel steht ein mächtiges, von weitem sichtbares Kreuz<br />

im Weinberg Monte del Frá, der dem direkt daneben liegenden Weingut seinen<br />

Namen gegeben hat. Von den Mönchen, die sich hier vor Jahrhunderten angesiedelt<br />

und Weinbau betrieben hatten, stammt das steinerne Kreuz, das im Lauf<br />

der Zeit verwitterte und sich zuletzt in einem maroden Zustand befand. Diesen<br />

Zerfall konnte Eligio Bonomo nicht lange ertragen. Er ließ ein neues Kreuz<br />

aus Eisen errichten, unter dem auch Gottesdienste abgehalten werden. Abends<br />

wird das Kruzifix angestrahlt und leuchtet dann weit über das Tal. »Wir glauben,<br />

dass es unsere Landschaft beschützt«, sagt seine Tochter Marica, Direktorin der<br />

Azienda Agricola Monte del Frá, die nur wenige Kilometer von Verona entfernt<br />

an der Straße von Sommacampagna nach Custoza liegt. 2014 habe das Anbaugebiet<br />

Custoza ein »katastrophales Jahr« erlebt mit starken Unwettern. Eligio<br />

Bonomo, der schon mehr als fünfzig Ernten eingebracht hat, kann sich an keinen<br />

schlechteren Herbst erinnern. »Aber wir hatten Glück und blieben verschont.«<br />

Monte del Frá bedeutet Hügel der Mönche, es waren Brüder des<br />

Ordens Santa Maria della Scala von Verona, die im 14. Jahrhundert<br />

begannen, die Landschaft zu kultivieren. Sie betrieben<br />

Ackerbau und Viehzucht und bepflanzten die fruchtbaren Hügel<br />

mit Reben – wie viele Ordensbrüder verstanden auch die aus Verona<br />

etwas vom Weinbau. Die Kirche verpachtete das Gut im Lauf der Jahre<br />

an einheimische Bauern, darunter befanden sich im 17. Jahrhundert<br />

auch die Bonomos. Noch heute wird in der Familie erzählt, dass die<br />

Pacht immer am 29. September, dem Namenstag des Heiligen Michael,<br />

entrichtet werden musste. Sie bestand aus Hülsenfrüchten und zwei<br />

Fässern schwarzer Trauben. Dass die Familie rund vierhundert Jahre<br />

später hier ein angesehenes und vor allem auch eigenes Weingut betreiben<br />

kann, kommt Marica Bonomo »fast wie ein Wunder vor«.<br />

Massimo Bonomo gründete 1958 mit seinen beiden Söhnen Eligio<br />

und Claudio die heutige Azienda. »Wir haben ganz klein angefangen«,<br />

erzählt Marica Bonomo, es waren nur wenige Hektar Land, die sie<br />

am Anfang pachten konnten. Darauf standen vor allem Pfirsichbäume<br />

und zunächst nur einige Reihen Rebstöcke. Die fruchtbare Moränenlandschaft<br />

südöstlich des Lago di Garda war für seine Pfirsiche bekannt,<br />

deren Verkauf den Bauern den Lebensunterhalt sicherte. Wein dagegen<br />

wurde lange Zeit ohne großen Aufwand nur für den Hausgebrauch<br />

gemacht. Zunächst musste die Winzer­Familie mit zwei Räumen auskommen,<br />

einen bewohnte sie, im anderen war eine kleine Osteria untergebracht,<br />

in der glasweise Wein ausgeschenkt und einfache Gerichte<br />

serviert wurden. »Das war die bescheidene Keimzelle unseres Unternehmens«,<br />

sagt die Fünfundvierzigjährige.<br />

»Der Cà del Magro ist der Diamant in unserer Kollektion«:<br />

Die Weißwein-Cuvée wird seit 2008 mit höchsten Bewertungen<br />

ausgezeichnet. Das Kreuz im Weinberg Monte del<br />

Frá, der dem Weingut seinen Namen gab, hat Eligio Bonomo<br />

errichten lassen, nachdem das alte verwittert war. Die Familie<br />

glaubt, »dass es unsere Landschaft beschützt.«<br />

Als Massimo Bonomo Mitte der 1960er­Jahre überraschend starb,<br />

musste sein Sohn Eligio schon mit zweiundzwanzig Jahren die<br />

Familie ernähren, unterstützt von seinem vier Jahre jüngeren<br />

Bruder Claudio. Die beiden bewiesen bald, dass sie ein ausgeprägtes<br />

Gespür für den Weinbau besitzen; sie erzeugten Weine auf einem<br />

beachtlichen und für die Region ungewöhnlich hohen Niveau: Monte<br />

del Frá setzte schon früh auf Qualität, als die Weinbauern der Gegend<br />

nichts anderes kannten als schlichte und rustikale Zechweine, die man<br />

nach der Ernte trinken musste, bevor der nächste Frühling nahte, sonst<br />

schmeckten sie schon kraftlos und alt. Durch kluge Zukäufe erweiterte<br />

das Brüderpaar nach und nach die Rebfläche und kam auch in den Besitz<br />

von Lagen wie Grottino, Monte Godi, Mascarpine, Staffalo und Monte<br />

del Frá, die heute einen guten Ruf genießen. »Sie haben die Grundlage<br />

geschaffen für Spitzenweinbau«, sagt die ehrgeizige und ziel strebige<br />

Marica Bonomo respektvoll. Ihre Familie habe sich noch nie mit dem<br />

Status Quo zufriedengegeben, und sie setzt ihre ganze Energie ein, um<br />

das auszubauen, was die letzte Generation geschaffen hat.<br />

Ihr Engagement für die Azienda begann 1999; da war sie gerade<br />

sechsundzwanzig. Eigentlich hatte sie ihr Geld als Rechtsanwältin verdienen<br />

wollen – das Jurastudium war schon mit Erfolg absolviert. Aber<br />

immer, wenn sie in Sommacampagna im Weinberg mithalf, war sie<br />

hin­ und hergerissen. Da habe sie gespürt, »wie wertvoll dieses Handwerk<br />

ist. Meine Gefühle für Wein waren einfach zu stark«. Inzwischen<br />

hat Marica Bonomo die Leitung des Guts übernommen, unterstützt<br />

wird sie dabei von ihrer Cousine Silvia und ihrem Mann Dino, einem<br />

gelernten Goldschmied. Es könne nicht aus bleiben, erzählt sie, dass in<br />

einem Familienbetrieb viel diskutiert wird. »Aber wir haben alle dasselbe<br />

Ziel und wollen vorwärts kommen.« Es war Marica Bonomo, die<br />

Monte del Frá mit klugen Schachzügen und Weitblick endgültig an der<br />

Spitze der venetischen Weingüter etablierte. 2006 erwarb die Familie<br />

die Tenuta Lena di Mezzo in der Gemeinde Fumane, gut zwanzig Kilometer<br />

von Somma campagna entfernt. Im selben Jahr engagierte sie<br />

als Berater den Önologen Claudio Introini, der sich um die Rotweine<br />

und vor allem um den Amarone kümmern sollte, der im Anbaugebiet<br />

Valpolicella Classico erzeugt wird. Aber Introini war auf Anhieb fasziniert<br />

von den weißen Reben wie der Garganega. Gemeinsam mit ihm<br />

schufen die Bonomos den Cà del Magro, dem der Gambero Rosso 2008<br />

zum ersten Mal Tre Bicchieri, drei Gläser, verlieh. Seitdem wurde die<br />

Weißwein­Cuvée jedes Jahr mit der höchsten Bewertung ausgezeichnet,<br />

eine Ausnahme erscheinung im Gebiet der unkomplizierten und<br />

manchmal auch konturlosen Weine.<br />

Innerhalb weniger Jahre gelang es Marica Bonomo, den Betrieb neu<br />

auszurichten, im Weinberg und im Keller wurden noch mehr Anstrengungen<br />

unternommen, »um das Beste zu erreichen«. Die Reb sorten<br />

werden gestaffelt gelesen und getrennt ausgebaut, eine Sorgfalt, die<br />

sich auszahlt. In heißen Jahren fängt das Team schon nachts um drei an<br />

zu ernten, um die Frische der Trauben zu erhalten. Diese Maßnahme<br />

sei notwendig, um »eine neue Qualitätsstufe zu erlangen«; bei vielen<br />

Winzern der Region stößt sie allerdings auf Unverständnis. Die Trauben<br />

werden sorgfältig gepresst und langsam mit kontrollierter Temperatur<br />

vergoren. »Wir wollen die Typizität der Trauben erhalten«, sagt Marica<br />

Bonomo. Trotz der Neuerungen und der Impulse von außen sind Eligio,<br />

vierundsiebzig, und Claudio Bonomo, siebzig, immer noch für den Ausbau<br />

der Weine zuständig, von denen mehr als eine Million Flaschen den<br />

Keller verlassen. Kaum zu glauben, wie die Brüder Leitern hochklettern<br />

und auf Fässern herumturnen – als sei auf Monte del Frá das Geheimnis<br />

ewiger Jugend entdeckt worden.<br />

Die Leidenschaft für Wein halte<br />

sie jung, beteuern die beiden, die<br />

viel Wert auf ihr Äußeres legen<br />

und sich auch mal in Schale werfen<br />

wie Claudio, der mit seinem<br />

Menjou­Bärtchen gern die Rolle<br />

des ewigen Charmeurs einnimmt.<br />

»Unsere Arbeit ist einfach«, sagt<br />

das Gespann, »weil die Trauben in<br />

perfektem Zustand aus den Weinbergen<br />

kommen.« Angebaut werden<br />

die weißen Sorten Garganega,<br />

Trebbiano Toscano, Tai und Trebbiano<br />

di Lugana, bei den roten stehen<br />

Corvina Veronese, Rondinella,<br />

Barbera und Molinara im Vordergrund.<br />

»Wir vertrauen unseren<br />

einheimischen Rebsorten« sagt<br />

Marica Bonomo, lediglich etwas<br />

Merlot und Cabernet Sauvignon<br />

bilden die Ausnahme.<br />

Am Ortsausgang von Custoza<br />

liegt Cà del Magro, der Weinberg,<br />

32 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 33


ADVERTORIAL<br />

»Wir vertrauen unseren einheimischen Reb sorten«: Marica<br />

Bonomo, die Tochter von Eligio, ist heute die Direktorin<br />

von Monte del Frá. Mit Weitblick hat sie es endgültig an der<br />

Spitze der venetischen Weingüter etabliert.<br />

»Es ist nicht sonderlich<br />

romantisch<br />

bei uns«: Mit zweihundert<br />

zwei Hektar<br />

ist Monte del Frá das<br />

größte Privatweingut<br />

im Anbau gebiet<br />

Custoza. Dennoch<br />

ist es ein liebenswerter<br />

Familien betrieb<br />

geblieben, der auch<br />

in Valpolicella Wein<br />

erzeugt.<br />

an dem Marica Bonomo besonders<br />

hängt: »Er ist unser Grand Cru, der<br />

Diamant in unserer Kollektion.«<br />

Aus ihm stammt auch der Wein, der<br />

ein Umdenken ausgelöst und den<br />

»Ruf von Custoza in aller Welt verändert<br />

hat. Er beweist, dass man<br />

hier viel mehr machen kann als<br />

belanglose Massenweine.« Der<br />

Weinberg ist sieben Hektar groß<br />

und vor allem mit Garganega<br />

bestockt, die Reben sind fünfundfünfzig<br />

Jahre alt. Anders als in den<br />

Terre di Custoza üblich, wird der<br />

Ertrag im Cà del Magro auf zwei<br />

Kilo pro Rebstock reduziert. Die<br />

Böden der Moränenhügel sind steinig, überall liegen Kiesel unterschiedlicher<br />

Größe; durch das Zusammenspiel der Böden mit dem warmen<br />

Klima »schmecken die Trauben besonders intensiv und rein«, erklärt<br />

Marica Bonomo. Im Weinberg wird naturnah gearbeitet und auf Herbizide<br />

und Pestizide verzichtet. »Der Charakter soll unverfälscht aus dem<br />

Weinberg kommen und nicht aus dem Keller«, sagt sie. Die Lage Cà del<br />

Magro habe »etwas Magisches« für sie, schon der Erwerb der Parzelle<br />

verlief unter besonderen Umständen: Als Marica Bonomo den Kaufvertrag<br />

im nahen Weingut Villa Pignatti unterzeichnen sollte, zog ein<br />

schweres Gewitter über die Provinz Verona. Grelle Blitze zuckten am<br />

Himmel, das Licht flackerte und fiel ganz aus, ihre Unterschrift setzte<br />

sie schließlich bei Kerzenlicht aufs Papier. An diesem Abend habe sie<br />

gewusst, dass sie »etwas Besonderes« erstanden hat.<br />

Auf dem Rückweg zum Weingut hält Marica Bonomo an der Località<br />

Staffalo. Inmitten der Reben steht ein verwittertes Haus, es ist ein<br />

geschichtsträchtiger Ort. In den Jahren 1805 und 1806 war das Gebiet<br />

unter die Herrschaft von Napoleon Bonaparte gefallen, der viele Besitztümer<br />

der Kirche enteignen ließ, darunter auch Monte del Frá. Während<br />

der Feldzüge diente die Località Staffalo dem Gefolge sogar zeitweise<br />

als Hauptsitz. Sommacampagna und Custoza waren auch Schauplatz<br />

zweier Schlachten zwischen Österreich und Italien im Juli 1848 und im<br />

Juni 1866; ein achtunddreißig Meter hoher Turm, der als Beinhaus dient,<br />

erinnert an die Gemetzel. Durch die napoleonische Säkularisation wurde<br />

auch das Gut Monte del Frá auseinandergerissen. Jetzt scheine diese<br />

bewegte Geschichte mit Kriegen, Enteignungen und bitterer Armut<br />

aber ein Happy End zu nehmen, sagt Marica Bonomo. »Wir konnten<br />

endlich wieder zusammenführen, was damals zerstört worden war.«<br />

Mit insgesamt zweihundertzwei Hektar – davon sind fünfundsechzig<br />

gepachtet – ist Monte del Frá inzwischen das größte<br />

Privatweingut im Anbaugebiet Custoza; zum Besitz zählen<br />

auch Weinberge im Valpolicella Classico, im Soave und in Lugana.<br />

In Fumane wurde ein Fruttaio errichtet, in dem die Trauben für den<br />

Amarone und den Ripasso getrocknet werden. Pro Ernte werden rund<br />

1,2 Millionen Flaschen abgefüllt, mehr sollen es vorläufig nicht werden.<br />

Als nächstes will Marica Bonomo in die Gebäude investieren, »es ist<br />

nicht sonderlich romantisch bei uns«, sagt sie, während sie durch das<br />

Anwesen führt; dabei ist immer einer der zwölf Hunde in ihrer Nähe,<br />

die im Weingut leben. Der Keller ist funktional eingerichtet, dicht<br />

nebeneinander stehen hohe Stahltanks und auch Zementbehälter, eine<br />

Etage tiefer liegt der Barrique­Keller, wo Amarone und Ripasso lagern.<br />

Trotz seiner beachtlichen Größe ist Monte del Frá ein liebenswerter<br />

Familien betrieb geblieben, in dem die Generationen eng zusammenarbeiten.<br />

Um Äußerlichkeiten und Statusdenken geht es bei Monte del<br />

Frá nicht, »wir sind kein Show­Weingut«, sagt Marica Bonomo. Aber<br />

die Türen stehen weit offen für Besucher, und noch immer kommt die<br />

ältere Generation aus den umliegenden Gemeinden, um offenen Wein<br />

in Behälter abzufüllen – eine Tradition, an der Monte del Frá auch in<br />

Zeiten der digitalen Vermarktung festhalten will.<br />

Als Marica Bonomo in der Azienda anfing, war es gerade einmal<br />

eine Palette Wein, die nach Deutschland ging. Heute exportiert Monte<br />

del Frá weltweit in fünfzig Länder. Partner wie Silkes Weinkeller in<br />

Mettmann erkannten früh, dass die Familie Bonomo mit ihren Weinen<br />

eine Ausnahmestellung in Venetien einnimmt. »Wir haben alle ein und<br />

dasselbe Verständnis von Wein«, sagt Marica Bonomo, »wir sind uns<br />

einig, dass im Custoza großes Potential vorhanden ist.« Das unterstreicht<br />

Monte del Frá mit seinem komplexen und anspruchs vollen Cà<br />

del Magro oder den kräftigen und ausdrucksstarken Amarone della Valpolicella<br />

und Valpolicella Classico Superiore Ripasso. Famose Essensbegleiter<br />

sind die beiden Rotweine Bardolino und Valpolicella, der<br />

Chiaretto zeigt mitreißende Frische. Monte del Frá beherrscht alle<br />

Facetten des Winzerhandwerks, es sind gerade auch die vermeintlich<br />

simplen Weine wie der Bianco de Custoza, die Stil und eine delikate<br />

Verspieltheit entfalten, die nie banal wirkt: Auch das Einfache gut zu<br />

machen, das ist die Kunst, die bei Monte del Frá eindrucksvoll praktiziert<br />

wird. »Unkompliziert muss überhaupt nicht einfältig sein«,<br />

sagt die Direktorin von Monte del Frá dazu, die es liebt, ihre Weine in<br />

anderen Ländern und Kontinenten zu präsentieren. Am Himmel über<br />

Somma campagna kreuzen immer wieder Flugzeuge; wenn Marica<br />

Bonomo mit dem Rad durch ihre Weinberge fährt, ist sie in wenigen<br />

Minuten am Flughafen von Verona.<br />

THE CHOICE<br />

OF A MAN<br />

Nomen est omen. Sagt man. Baldessarini klingt nun mal nach feiner Lebensart und<br />

italienischem Flair. Ein Bonus, der dem Österreicher Werner Baldessarini – dank<br />

seiner Vorfahren aus Bella Italia – in die Wiege gelegt wurde. Und dem nach ihm<br />

benannten Mode­ und Duftlabel von Anfang an eine besondere Aura verlieh.<br />

Zu Recht. Denn der gelernte Textilkaufmann, der als Designer bei Boss arbeitete und<br />

dort später zum Vorstandsvorsitzenden aufstieg, kreierte für seine eigene Marke eine hochpreisige,<br />

fashionable Herrenlinie von exquisiter Eleganz und raffniertem Understatement.<br />

Ergänzend dazu baute er eine kleines Duft imperium auf, das demselben Motto wie<br />

die Mode unterliegt: Baldessarini – separates the men from the boys. Lange war der<br />

bekannte Münchner Barbesitzer Charles Schumann mit seinem Charakter kopf das Gesicht<br />

der Duftkampagnen.<br />

Die Duftmarke gehört heute zu dem traditions reichen deutschen Beauty­ Unternehmen<br />

Mäurer & Wirtz. Nach wie vor wirkt Firmengründer Baldessarini bei der Konzeptentwicklung<br />

mit. Mit großer Finesse hat er das Duft portfolio auf acht unterschiedliche<br />

Parfüms ausgebaut. Jedes davon steht für eine aus der Mode übertragene kompromisslose<br />

Eleganz. Zwar haben alle Kompositionen ihren eigenen Charakter – und doch verströmen<br />

sie unterschwellig, dank einer unverwechselbaren Patschuli­ Note, die für die<br />

ganze Linie typische Duft­Signatur.<br />

Die beliebtesten vier Varianten sind jetzt in praktischen Kleingrößen zu 30 ml erhältlich.<br />

Für Männer, die nicht nur ihr Outfit der jeweiligen Stimmung und Situation anpassen<br />

möchten, sondern auch ihr Parfüm. Gentle manlike und ganz im Sinne des für sein<br />

Stil empfinden gerühmten Gründers der Marke.<br />

34 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 35


FRISCH<br />

GESCHLIFFEN<br />

WIE DER SCHWEIZER UNTERNEHMER SILVIO DENZ DIE ELSÄSSISCHE<br />

KRISTALL-MANUFAKTUR LALIQUE IN EIN GEFRAGTES LIFESTYLE<br />

LABEL VERWANDELT <strong>UND</strong> IHR ZU NEUEM GLANZ VERHILFT<br />

Von ANGELIKA RICARD-WOLF<br />

Fotos JOHANNES GRAU<br />

Verwittert und angezählt neigt sich der graue Begrenzungsstein am Straßenrand Richtung Flüsschen, deren<br />

Überquerung er Blau auf Weiß anzeigt: »La Moder«. Man würde sie sonst glatt übersehen, die Moder, die,<br />

von Gestrüpp und Gräsern kaschiert, durch die Wiesen mäandert. Weit kann es also nicht mehr sein – bis ins<br />

elsässische Wingen, das sich, zwecks besserer Verortung und um Verwechslungen mit einer ebenso getauften<br />

Gemeinde im gleichen Départment zu vermeiden, mit dem Flussnamen als Zusatz schmückt.<br />

Richtig, kurz danach geht die schmale Land- in die Dorfstraße<br />

über. Kleine Häuser links und rechts, aufgeräumte Vorgärten,<br />

den Zebrastreifen vor der Schule sichert eine Frau in signalgelber<br />

Warnweste. Denn es kommen mehr Autos vorbei, als man es in<br />

einer Tausendsechshundert-Seelen-Gemeinde mitten in den Wäldern<br />

des Naturparks Nordvogesen vermuten könnte.<br />

Wingen-sur-Moder ist ein Wallfahrtsort – für Kunst- und Gourmet-<br />

Pilger. Sie alle zieht es zu Lalique, der legendären, dort ansässigen<br />

Kristall manufaktur, deren Geschichte 1886 in einem Pariser Atelier<br />

beginnt. Heute ist sie eine vielseitig und global aufgestellte Lifestyle-<br />

Marke.<br />

Was an Silvio Denz liegt. Der Schweizer Unternehmer erwarb 2008<br />

die damals etwas in die Jahre gekommene und wirtschaftlich angeschlagene<br />

Firma. Er sanierte die Manufaktur, verordnete ihrem Sortiment<br />

frische Design-Elemente, verjüngte so das Image und machte sie damit<br />

wieder attraktiv und wettbewerbsfähig.<br />

Um den »Hardware«-Kern schuf er vor Ort eine »Software« aus<br />

Gastronomie und Hotellerie, die dem neuen hohen Standard der Marke<br />

entspricht. »So ergibt sich eine einmalige Symbiose zwischen französischem<br />

Savoir-Faire und französischem Savoir-Vivre«, erklärt der zweiundsechzigjährige<br />

Silvio Denz seine Idee, traditionelle Handwerkskunst<br />

mit erlesener Gastfreundschaft zu verbinden, um die Marke mit allen<br />

Sinnen erlebbar zu machen.<br />

Zugute kommt ihm dabei, dass 2011 endlich, nach jahrzehntelanger<br />

Planung, ein attraktives staatliches Museum eröffnet wurde, in<br />

dem Leben und Werk von René Lalique dokumentiert werden. Es ist<br />

ein Schatzkästchen und Touristenmagnet.<br />

Dank dieser Initiativen lebt der kleine Ort mit und von der Marke.<br />

Zum einen, weil allein durch die Erhaltung der Manufaktur<br />

zweihundertdreißig Arbeitsplätze in der<br />

strukturschwachen Region gesichert wurden. Zum<br />

anderen, weil das Museum Gäste geradezu magisch<br />

anzieht, die dann, dank Silvio Denz’ verlockender<br />

Bleiben, eben nicht nur eine Stippvisite machen,<br />

sondern verweilen, um den optischen mit kulinarischem<br />

Genuss zu krönen. Sie übernachten im<br />

erschwinglicheren Château Hochberg oder in der<br />

noblen Villa René Lalique, zwei Häuser, die der<br />

gebürtige Baseler in ein feines und ein piekfeines<br />

Hotel mit guter, respektive Sterne-Küche umgebaut<br />

hat.<br />

Die Investitionen in der Provinz leistet sich<br />

der versierte Geschäftsmann nicht nur, um sein<br />

Portfolio aus Immobilienhandel und Weingütern<br />

um eine spannende Sparte zu bereichern, sondern<br />

weil er generell von Glas und speziell von Lalique<br />

fasziniert ist. »Der Einfall und die Spiegelung des<br />

Dekorativ: Die Kunstwerke<br />

der Kristall-<br />

Manufaktur Lalique im<br />

elsässischen Wingen<br />

an der Moder sind von<br />

der Natur inspiriert –<br />

wie die Schwalbe,<br />

die ein Magnet am<br />

Teller rand hält, der<br />

»Bouchon Cassis«-<br />

Flakon mit seinem Hut<br />

aus gläsernen Beeren<br />

oder die filigrane<br />

Verschlusskappe in<br />

Frauen gestalt.<br />

36 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 2 | 2018 37


Ihre Kunstsammlung wird neidisch werden.<br />

Wiederbelebt: Unternehmer und Weinkenner Silvio Denz erwarb<br />

und sanierte die alte Manufaktur. Der malerische Fachwerkbau,<br />

einst Wohnhaus von René Lalique, birgt heute ein luxuriöses<br />

Hotel mit sechs Suiten. Gaumenfreuden bietet die Sterne-<br />

Küche im modernen Restaurant direkt neben der Villa.<br />

Berühmt: Die ikonische<br />

Vase »Bacchantes« mit<br />

den Priesterinnen des<br />

Wein gottes Bacchus –<br />

hier als Gussform und<br />

in Vollendung – bezeugt<br />

Laliques kreatives<br />

Genie und ist seit Jahrzehnten<br />

ein Bestseller<br />

der Kollektion.<br />

Foto: Lalique/Lionel Flusin<br />

Lichts lassen ein Werk aus Glas<br />

in tausend verschiedenen Farben<br />

und Facetten leuchten. Es ist ein<br />

zeitloses Spiel zwischen Licht und<br />

Reflexion«, sagt er.<br />

Sein Interesse für das Material<br />

entwickelte sich während seiner<br />

beruflichen Laufbahn. Der<br />

gelernte Kaufmann übernahm<br />

1980 die Leitung der von Vater<br />

und Onkel aufgebauten Alrodo<br />

AG in Zürich, die auf den Einkauf<br />

von Parfüms spezialisiert war. Er<br />

baute sie zur größten Parfümeriekette<br />

der Schweiz aus und verkaufte<br />

sie 2000 an die französische<br />

Gruppe Marionnaud. »Während<br />

dieser Zeit habe ich auch eigene<br />

Düfte entwickeln lassen und sie<br />

vertrieben«, erzählt Silvio Denz.<br />

»Für die Kreation der dazugehörigen<br />

Flakons habe ich mich oft von früheren Designs inspirieren lassen,<br />

speziell von denen René Laliques.«<br />

Den hatte der französische Parfümeur François Coty nämlich Anfang<br />

des vergangenen Jahrhunderts gebeten, Flakons für seine Düfte zu entwerfen.<br />

Was nahelag, da ihre Pariser Ateliers quasi benachbart waren.<br />

Coty entdeckte damals für seine Kreationen zunehmend die neuen synthetischen<br />

Duftstoffe, Lalique die Vorteile der Formgusstechniken – so<br />

konnte der eine Parfüms, der andere Flakons in größeren Mengen herstellen<br />

und die zunehmende Nachfrage befriedigen. Eine Zusammenarbeit,<br />

mit der die beiden die Parfümindustrie revolutionierten und für<br />

ein breites Publikum erschwinglich machten.<br />

»Viele seiner Kreationen waren schon damals sehr avantgardistisch<br />

und sind auch heute noch sehr zeitgenössisch«, schwärmt Silvio Denz<br />

von Laliques Entwürfen. »Es sind kleine Kunstwerke aus Glas! In der<br />

Folge habe ich viele seiner Flakons gekauft.«<br />

Der Mann untertreibt. Er besitzt weltweit die größte Sammlung<br />

von Lalique-Flakons. Darunter »Poissons«, einen der ersten, an denen<br />

sich der Künstler versucht hat und den er in seiner Küche in Paris herstellte.<br />

Die brannte dabei ab, aber den Flakon konnte Lalique retten. Er<br />

trug ihn mehr als fünfundzwanzig Jahre als Talisman mit sich herum.<br />

Heute ist die kleine Amphore, die innen Fische zieren, im Lalique-Museum<br />

Wingen-sur-Moder zu bewundern. Ebenso wie zweihundertneunundzwanzig<br />

weitere Fläschchen als Leihgabe aus Silvio<br />

Denz’ privater Sammlung, die zu den Highlights der Ausstellung zählt.<br />

Das Museum ist nicht klein! Da täuscht der erste Eindruck beim<br />

Gang durch den Vorgarten mit seinen akkurat getrimmten Buchsbaum-<br />

und Rosenbeeten. Denn hinter dem historisch restaurierten<br />

Eingangsbau der ehemaligen Glashütte Hochberg duckt sich,<br />

leicht versetzt, ein strenger, zum Tal verglaster Steinquader, der von<br />

vorn kaum zu sehen ist. So ergibt sich im Inneren auf neunhundert Quadratmetern<br />

ein Parcours durch eine faszinierende Kristallwelt. Sechshundertfünfzig<br />

Exponate brauchen Platz! Ihr Erschaffer mit dem üppigen<br />

Haarschopf und dem nicht minder prächtigen Schnurrbart blickt<br />

dem Besucher zu Beginn des Rundgangs fotogen entgegen.<br />

René Lalique, 1860 in Aÿ in der Champagne geboren, begann schon<br />

als Zwölfjähriger eine Ausbildung als Zeichner, verfeinerte sie an der<br />

École des Arts décoratifs in Paris und ging gleichzeitig bei dem luxuriösen<br />

Juwelier Louis Aucoc in die Lehre. Während eines zweijährigen<br />

Studienaufenthalts in London fand er zu dem für ihn typischen, von<br />

Naturformen inspirierten Stil.<br />

Seine fantasievoll gearbeiteten Schmuckstücke fanden schon früh<br />

großen Anklang, weil er ihnen nicht nur mit Edelsteinen, sondern<br />

auch mit Glas eine besondere Anmutung gab. Fein gefasst fügen sich<br />

Der Unterschied heißt Gaggenau.<br />

Eindrucksvolle Architektur verlangt nach einem gleichermaßen<br />

beeindruckenden Inneren. Ihr Weinklimaschrank,<br />

wie auch Ihre Kunstsammlung, sagen viel darüber aus,<br />

wer Sie sind. Jedes Produkt von Gaggenau hat einen unverwechselbaren<br />

Charakter, ist aus hochwertigen Materialien<br />

gefertigt und überzeugt durch seine professionelle Leistung.<br />

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38 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong><br />

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Ziseliert: Ob bei den ausgefallenen Flakons der<br />

aktuellen Lalique-Duft kollektion oder bei der Erschaffung<br />

kunstvoller Skulpturen wie dem weiblichen Akt im<br />

Foyer der Villa René Lalique – jedes Manufakturprodukt<br />

erfordert hochpräzise Handwerkskunst.<br />

figurale, vom Jugendstil geprägte Abbildungen von Fauna, Flora und<br />

Frauen (Laliques legendäre drei »F«) zu zauberhaften Broschen, Armreifen,<br />

Ohrgehängen und breiten, schmiegsamen Colliers, »colliers de<br />

chien«, Hundehalsband genannt. Sarah Bernhardt, die berühmte extrovertierte<br />

französische Schauspielerin, liebte die ausgefallenen Entwürfe<br />

und machte sie gesellschaftsfähig.<br />

Man braucht Zeit, um die Feinheiten der Exponate im Museum<br />

zu entschlüsseln. Das Frauenprofil in der Brosche, den Schnörkel am<br />

Flakon, die Rosette in der Vase, die Linienführung der Kühlerfiguren,<br />

Lampen, Lüster und Kirchenfenster – René Laliques’ Ideen in Glas<br />

waren unerschöpflich und nahmen immer größere Dimensionen an.<br />

Er entwickelte sich vom Juwelier minutiös gestalteter Petitessen zum<br />

Glaskünstler, der – Innenarchitekt par excellence – ganze Wände aus<br />

Glas inszenierte, mit denen er beispielsweise den Speisesaal des Luxusdampfers<br />

»Normandie« in ein glitzerndes Spiegelkabinett verwandelte.<br />

Parallel dazu wird gezeigt, wie die Glasherstellung in der Manufaktur<br />

auf der anderen Seite der Moder abläuft. Man kann sie nicht besichtigen.<br />

Die Produktion an den zwölf Öfen, in denen die Grundmasse<br />

aus feinstem Quarzsand, Pottasche, Soda und Bleioxyd für die Transparenz<br />

bei tausenddreihundert Grad zu flüssigem Glas wird, läuft in<br />

drei Schichten rund um die Uhr. Es ist heiß und brandgefährlich, wenn<br />

die Glasmacher die glühenden Glastropfen an langen Pfeifen aus dem<br />

Inferno holen, sie dabei ständig drehen, damit nichts herabtropft, sie<br />

dann von Mund in Form blasen oder in Formen geben, in die Pressluft<br />

gedrückt wird. Die zerbrechlichen Gebilde werden anschließend,<br />

je nach Design, im sogenannten Kalten Verfahren geschliffen, poliert,<br />

mattiert und bemalt. Mit Argusaugen suchen Mitarbeiter am Ende der<br />

Herstellung nach möglichen Fehlern. Nicht der kleinste Kratzer wird<br />

geduldet. Schuldig. Scherbengericht.<br />

Beinah andächtig verfolgen die Museumsbesucher den Kurzfilm,<br />

der diesen Ablauf zeigt und den Objekten der Ausstellung noch mehr<br />

Respekt einbringt. Neben den Originalentwürfen des Firmengründers<br />

befinden sich darunter auch die Kreationen seines Sohnes Marc und<br />

seiner Enkelin Marie-Claude, die das Familienunternehmen nacheinander<br />

bis 1994 führten, bevor es zunächst an einen französischen Glashersteller<br />

und 2008 dann an Silvio Denz verkauft wurde.<br />

Rezept von Bobby Bräuer. Foto: Thorsten Jochim<br />

EINBLICKE IN DIE WELT<br />

DES GUTEN GESCHMACKS.<br />

Wie nehmen wir Wein mit allen Sinnen wahr? Wie zerlegt man ein Reh? Und was<br />

haben Bayern und Franzosen kulinarisch gemeinsam? Antworten auf diese Fragen<br />

erfahren wahre Genießer im Gaggenau Showroom in München-Bogenhausen.<br />

Als Kenner der Materie hat er natürlich längst die Vielfalt und<br />

die Möglichkeiten erkannt, die in der Glasgestaltung liegen.<br />

Deshalb greift Silvio Denz – ganz Geschäftsmann – die Ideen<br />

der Laliques auf und kultiviert sie zeitgemäß. Nicht nur, dass er für<br />

Sonder editionen teurer Spirituosen (auch aus seinen eigenen Weingütern)<br />

oder Düfte (auch von seinen eigenen Marken) Spezialflakons<br />

anfertigen lässt, nein, er reaktiviert die Herstellung illustrer Kühlerfiguren<br />

für edle Karossen, bringt die legendären Entwürfe von einst<br />

als Sammlerobjekte in limitierter Anzahl neu heraus, lässt Künstler<br />

wie Damien Hirst oder Terry Rodgers mit dem Material experimentieren<br />

und versucht darüber hinaus, Kristall buchstäblich salonfähig<br />

zu machen. Griffe, Armlehnen, Tischbeine, Tischplatten, Konsolen,<br />

Trennwände, Türelemente, Bartresen – all das lässt sich nämlich glänzend<br />

aus Glas herstellen.<br />

Wie das in natura aussieht, kann man in seinen beiden Hotels in<br />

Wingen-sur-Moder sehen. In dezenter Perfektion kommen sie vor allem<br />

in der Villa René Lalique, dem zu einem kleinen Luxushotel umgebauten<br />

ehemaligen Wohnhaus des Firmengründers, zum Einsatz. Die sechs<br />

unterschiedlich gestalteten Suiten vermitteln stilvollendet einen Eindruck,<br />

wie subtil ein Quäntchen Kristall Sofas, Sessel oder Bettpfosten<br />

aufmöbelt.<br />

Das gilt auch für die Ausstattung des dazugehörigen Restaurants,<br />

das der Schweizer Stararchitekt Mario Botta der Fachwerk-Herberge als<br />

transparentes Glasensemble zur Seite stellte. Salz- und Pfefferstreuer aus<br />

Kristall stehen auf dem Tisch, blaue Kristallschwalben sitzen auf dem<br />

Tellerrand, wenn die beiden Sterne-Köche Jean-Georges Klein und Paul<br />

Stradner ihre viergängige »Menu Creation«, flankiert von zahlreichen<br />

Amuse Gueules, auftischen. Das alles ist, zugegeben, äußerst hübsch.<br />

Dem alten Lalique würde es mit Sicherheit gefallen.<br />

Fotos: Lalique<br />

Wenn der Hersteller exklusiver Küchen einbaugeräte<br />

seinen Showroom für kulinarische<br />

Veranstaltungen öffnet, begegnen sich Liebhaber<br />

des guten Geschmacks in ganz privater Atmosphäre.<br />

Spitzen köche wie Bobby Bräuer, Christian Jürgens, Harald<br />

Wohlfahrt oder Nils Henkel sowie Spitzenwinzer der<br />

VDP.Prädikats weingüter geben hier ihre Gastspiele.<br />

Zum Jahresende liegt ein besonderer Fokus auf dem<br />

Weingenuss: Gaggenau bietet mehrere Seminare aus<br />

Frenzels Weinschule an. Im November dreht sich alles um<br />

die Welt der Rotweine – von Europa bis Übersee. Die<br />

Teilnehmer erwartet ein abwechslungsreicher Einblick<br />

mit einer Fülle an Degustationen, angereichert mit theoretischem<br />

Wissen.<br />

Außerdem wird es im November wild – unter fachkundiger<br />

Anleitung eines Jägers zerlegen die Gäste ein Reh<br />

und ent decken, welche Fleischstücke wofür zu verwenden<br />

sind. Wer Anfang Dezember der Einladung zur Matinée<br />

mit Bobby Bräuer folgt, erlebt bei einem Kochkurs wie der<br />

Spitzenkoch internationale Feinschmeckerprodukte mit<br />

Foto: Andreas Hantschke für Gaggenau<br />

der geerdeten Aromatik der Region zu einem fest lichen<br />

Menü vereint. Und zum Jahres abschluss bietet Gaggenau ein<br />

Seminar zu Champagner, Sekt & Co. aus Frenzels Weinschule<br />

an. Eine prickelnde Erfahrung für alle, die gern Schaumwein<br />

genießen und mehr über dieses schönste aller Getränke<br />

erfahren möchten.<br />

Für 2019 haben sich schon folgende Spitzenköche und<br />

-bäcker angekündigt: Bobby Bräuer, Martin Fauster, Ali<br />

Güngörmüs, Jan Hartwig, Nils Henkel, Christian Jürgens,<br />

Tohru Nakamura und die WildBakers.<br />

AUSBLICK AUF DIE <strong>GENUSS</strong>VERANSTALTUNGEN<br />

29.10.2018 Bobby Bräuer: Herbstmenü Bavaroise<br />

09.11.2018 Frenzels Weinschule: Rotwein-Seminar<br />

23.11.2018 Georg Schweisfurth: Wild<br />

02.12.2018 Bobby Bräuer: Matinée,<br />

Kochkurs mit festlichem Menü<br />

14.12.2018 Frenzels Weinschule:<br />

Schaumwein-Seminar<br />

Informationen, Buchung und Gutscheine unter<br />

www.gaggenau-showroom.de<br />

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40 <strong>FINE</strong> 2 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong>


ICH KOCHE, WIE<br />

EIN VOGEL SINGT …<br />

Ein Interview von ALEX GERNANDT<br />

<strong>FINE</strong>: Monsieur Guérard, wie lange schon führen Sie<br />

das Hotel, und wie kamen Sie als gelernter Koch dazu?<br />

MICHEL GUÉRARD: Es sind jetzt vierundvierzig Jahre.<br />

Meine Frau Christine, die im letzten Jahr gestorben ist,<br />

und ich haben hier 1974 angefangen. Sie hatte das Anwesen<br />

von ihrem Vater Adrien Barthélémy geerbt, der einst<br />

das Kosmetik-Unternehmen Biotherm gründete. Christine<br />

war von Beginn an für das komplette Innendesign verantwortlich,<br />

ich für die Kulinarik. Mit dem Weinbau begannen<br />

wir erst Mitte der Achtzigerjahre. Neben dem 3-Sterne-<br />

Restaurant gibt es auf dem Gelände, dem übrigens eine<br />

Thermalquelle entspringt, ein Spa, meine Kochschule, die<br />

»Ecole de Cuisine de Santé« sowie ein Gesundheits institut,<br />

in dem man sich medizinisch untersuchen lassen kann<br />

und dann eine entsprechende kalorienarme 3-Sterne-Diät<br />

zusammengestellt bekommt. Außerdem bauen wir seit 1987<br />

unseren eigenen Wein an, auf dem nahegelegenen Weingut<br />

Château de Bachen, das zugleich mein Domizil ist. Meine<br />

Töchter Éléonore und Adeline sind ebenfalls ins Unternehmen<br />

eingebunden.<br />

Sie sind Jahrgang 1933. Welche Erinnerungen haben<br />

Sie an Ihre Kindheit und Jugend?<br />

Ich bin bei Rouen aufgewachsen, in der Normandie. Als<br />

ich ein kleiner Junge war, tobte der Zweite Weltkrieg. Mein<br />

Vater hatte eine Metzgerei, musste aber in den Krieg ziehen.<br />

Bombeneinschläge von V1- und V2-Raketen waren bei uns<br />

an der Tagesordnung, wir hatten große Angst, aber meine<br />

ganze Familie hat überlebt. Ein unglaubliches Glück! Mein<br />

Bruder Georges und ich mussten zu Hause mithelfen, im<br />

Garten, in der Küche. Das hat mich geprägt. Ich erinnere<br />

mich an unsere Obstbäume, an das frische Obst und an die<br />

köstlichen Tartes meiner Mutter und meiner Großmutter,<br />

die sie aus reifen Früchten mit Butter und Zuckerkompott<br />

zubereiteten. Allerdings war Koch gar nicht mein Traumberuf<br />

– ich wollte viel lieber Arzt oder Comedian werden.<br />

Wann entschlossen Sie sich, Koch zu werden?<br />

Da gab es ein Schlüsselerlebnis: Eines Tages beobachtete<br />

ich meine Großmutter fasziniert beim Zubereiten eines<br />

Blätter teigs. Da hat es bei mir geklickt. Nach der Schule habe<br />

ich eine klassische Ausbildung bei Kléber Alix in Mantes<br />

absolviert und lernte dort Pâtisserie und Kochen. In die<br />

Spitzenküche wurde ich im Hôtel de Crillon in Paris eingeführt,<br />

wo ich 1956 Chef-Pâtissier wurde. Dort eröffneten<br />

sich mir die Geheimnisse der komplexen, originellen<br />

Küche. Mein ursprüngliches Talent als Comedian und mein<br />

Interesse an Wissenschaften kamen mir in meiner Laufbahn<br />

als Koch zugute.<br />

Und dann beschlossen Sie, ein eigenes Restaurant zu<br />

eröffnen …<br />

Das war 1965. In Asnières-sur-Seine, einem Pariser Vorort,<br />

eröffnete ich das Pot-au-Feu, für das ich 1970 zwei Sterne<br />

im Guide Michelin erhielt. 1972 lernte ich dann meine<br />

Frau Christine kennen, bei der berühmten Sängerin und<br />

Nachtclub- Unternehmerin Régine im Réginskaïa, einem<br />

russischen Cabaret auf den Champs Elysées, das ich gastronomisch<br />

beraten hatte. Christine und ich heirateten. Zwei<br />

Jahre später eröffneten wir Les Prés d’Eugénie auf dem<br />

Anwesen, das sie geerbt hatte.<br />

Seit fast siebzig Jahren ist der Franzose Michel<br />

Guérard in seinem Beruf aktiv und gilt als einer<br />

der besten Köche der Welt. Noch heute steht der<br />

Metzgerssohn aus der Normandie täglich in der Küche,<br />

mit Leidenschaft und Finesse wie eh und je. Seine drei<br />

Michelin-Sterne hält der fünfundachtzigjährige Grandseigneur<br />

konstant seit vierzig Jahren, eine sagenhafte<br />

Leistung! Zusammen mit Paul Bocuse und den Brüdern<br />

Troisgros erfand er in den Siebziger jahren die Nouvelle<br />

Cuisine, kurz danach die Grande Cuisine Minceur (»Die<br />

große leichte Küche«). In Eugénie-les-Bains, einem idyllischen<br />

Dörfchen im Süd westen Frankreichs, führt der<br />

charismatische, vitale Gastro nom Guérard das Luxus hotel<br />

und Gourmet restaurant »Les Prés d’Eugénie« sowie das<br />

dazu gehörende Weingut Château de Bachen, wo er seit<br />

dreißig Jahren auch hochklassige Weine produziert.<br />

Stimmt es, dass ausgerechnet ein Friseur in Ihrer Karriere<br />

eine entscheidende Rolle gespielt hat?<br />

Ja, das stimmt! Coiffeur Monsieur Antonio war Stammgast<br />

in meinem Restaurant Le Pot-au-feu, und er wusste von<br />

Berufs wegen, was Damen schätzen: Zum Lunch beispielsweise<br />

nur ganz leichte Gerichte! Auf Antonios Wunsch<br />

eröffnete ich eine Snackbar in seinem Friseurladen in der<br />

Avenue Montaigne. Das Entscheidende war, dass mir dort<br />

erstmals die Bedeutung leichten Essens bewusst wurde.<br />

Wie kam es damals zu dieser kulinarischen Revolution,<br />

der Nouvelle Cuisine?<br />

Meine Freunde und Kollegen Paul Bocuse, Jean und Pierre<br />

Troisgros, Roger Verdé, Alain Chapel und ich waren schlicht<br />

gelangweilt von der traditionellen französischen Küche,<br />

die sich über Jahrhunderte nicht verändert hatte. Wir wollten<br />

etwas Neues ausprobieren, und daraus ist letztlich die<br />

Nouvelle Cuisine entstanden.<br />

Und was hat Sie dazu bewogen, gleich danach die<br />

»Cuisine Minceur«, die Fitness-Küche, zu erfinden?<br />

Das hat 1974 hier in Eugénie-les-Bains angefangen, in meinem<br />

Restaurant Les Prés d’Eugénie. Weil ich selbst früher<br />

übergewichtig war, habe ich beschlossen, meiner Frau<br />

zuliebe abzunehmen! Dazu musste ich meine Kochweise<br />

umstellen und nannte das »Cuisine Minceur«, die leichte<br />

Küche. Ich habe daraufhin zehn Kilo verloren. Inspiriert<br />

wurde ich durch die japanische Küche: frischeste Zutaten,<br />

kaum Butter, leichte Gerichte, kleine Portionen – und trotzdem<br />

voller Geschmack! Zuvor war alles viel zu ver fettet,<br />

was das Herz schwer belastete und Diabetes und Arterienverkalkung<br />

zur Folge haben konnte. Das ging soweit, dass<br />

man gern sagte: Die Franzosen schaufeln sich ihr Grab<br />

mit der Gabel! Als Gegenmaßnahme entwickelte ich die<br />

»Cuisine Minceur«, eine kalorien- und kohlenhydratarme,<br />

gesundheitsorientierte Küche, die ich unseren Spa- und<br />

Wellness-Treatments anpasste. Ich arbeite eng mit dem<br />

französischen Gesundheitsministerium zusammen, und<br />

Foto: Dolémieux<br />

Wichtige Informationen zu diesem Wein: 2015 Kiedrich Gräfenberg Riesling Trocken GG VDP.Großes Gewächs | Rebsorte: Riesling | Herkunftsort; Deutschland, Rheingau | Hersteller/Abfüller: Weingut Robert Weil, Mühlberg 5, 65399 Kiedrich | Nettofüllmenge: 0,75 l |<br />

Alkoholgehalt: 13 % vol. | Enthält Sulfite | Anbieter: Tre Torri Verlag GmbH, Sonnenberger Straße 43, 65191 Wiesbaden<br />

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