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TE KW 49

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Für Mama & Papa<br />

eine Kooperation von<br />

Kinder wahrnehmen, so wie sie sind<br />

„Das Lagerfeuer“<br />

Die Kindergartengruppe unternimmt einen Ausflug zum Inn.<br />

Die Pädagogin kennt einen geeigneten Platz für ihre Gruppe, er<br />

ist groß und übersichtlich. Die Kinder finden dort viele interessante<br />

Materialien vor: Sand, Steine, Wasser, Stöcke, Pflanzen,<br />

Baumstämme … Am Innufer angekommen, haben die Kinder<br />

die Möglichkeit ihren Interessen nachzugehen.<br />

&<br />

Haus der<br />

Telfer Kinder<br />

Eltern-Kind-Zentrum<br />

Die Pädagogin wird auf zwei Kinder<br />

aufmerksam. Sie versuchen, verschieden<br />

große Stöcke in den Sand bzw.<br />

Matsch zu stecken. Die Pädagogin<br />

setzt sich mit Block und Fotoapparat<br />

in die Nähe der Kinder.<br />

„Tschüss derweil.“<br />

Kind 2 bleibt beim Lagerfeuer.<br />

Zwei weitere Kinder kommen vorbei:<br />

„Was macht’s es da?“<br />

Kind 2: „A Lagerfeuer.“<br />

Kind 1: „Wir spielen Baby.“<br />

Die Pädagogin fragt nach: „Was wird<br />

das denn, was ihr da baut?“<br />

Kind 1: „Etwas.“<br />

Pädagogin: „Wer ist das Baby?“<br />

Kind 1: „Keiner, des heißt bloß so!“<br />

Immer noch sind die zwei Kinder dabei,<br />

die Stöcke irgendwie zusammen<br />

zu bauen. Doch die Stöcke fallen<br />

immer wieder um. Sie beginnen von<br />

vorne. Die Kinder sind konzentriert<br />

und ausdauernd bei ihrer Arbeit, sie<br />

lassen sich nicht ablenken.<br />

Ein anderes Kind (Kind 3) kommt<br />

dazu und fragt: „Was macht’s es da?“<br />

Kind 1: „Ein Zelt.“<br />

Kind 2: „Naaaa, ein Lagerfeuer wird’s.<br />

Da kann man sich verbrennen!“<br />

Kind 3: „Das ist doch kein echtes.“<br />

Jetzt haben sie es geschafft, dass die<br />

Stöcke nicht mehr in sich zusammenfallen.<br />

Kind 1: „Wir brauchen da drinnen<br />

Holz. Ich sammle Holz.“ Es fragt<br />

Kind 3, ob es mithelfen mag, Holz<br />

zu sammeln.<br />

Die beiden gehen Holz sammeln:<br />

Kind 1 kommt zurück und legt ein<br />

Stück Holz dazu: „Ich hab ein bisschen<br />

Holz!“<br />

Dann sagt es zu Kind 2: „Du Papa,<br />

ich geh jetzt einkaufen, ok?“<br />

Kind 2: „Ja, ich bau am Lagerfeuer<br />

weiter.“<br />

Es zündet spielerisch das Lagerfeuer<br />

an: „Tschsch, jetzt brennt´s, unser Lagerfeuer!“<br />

Die Kinder sind intensiv mit ihrer<br />

Bautätigkeit beschäftigt. Sie verknüpfen<br />

diese Tätigkeit mit einem Rollenspiel.<br />

Kinder verarbeiten in Rollenspielen<br />

Dinge, die sie erlebt haben,<br />

und sie probieren neue Verhaltensweisen<br />

aus. Durch das Spiel mit den<br />

anderen Kindern erweitern sie ihre<br />

Möglichkeiten.<br />

Die Pädagogin nimmt das Interesse<br />

der Kinder am Lagerfeuer auf, beim<br />

nächsten Ausflug werden ein echtes<br />

Lagerfeuer gemacht und Bratäpfel<br />

gegrillt. Die Pädagogin nimmt sich<br />

Zeit für die Beobachtung der Kinder.<br />

Sie wendet die Methode der „wahr-<br />

Pädagogen können durch die wahrnehmende Beobachtung ihr Verständnis für<br />

Kinder und ihre Bedürfnisse erweitern und dadurch die Kinder geeignet begleiten.<br />

Fotos: Haus der Telfer Kinder<br />

nehmenden Beobachtung“ an. Sie interessiert<br />

sich für die Tätigkeiten der<br />

Kinder, für ihre Fragestellungen, für<br />

das, was sie sich ausdenken, für ihre<br />

Gefühle und Empfindungen.<br />

Dadurch wird ein Grundbedürfnis<br />

der Kinder gestillt: Sie wollen von<br />

uns Erwachsenen wahrgenommen<br />

werden. Pädagogen können durch<br />

die wahrnehmende Beobachtung ihr<br />

Verständnis für die Kinder und ihre<br />

Bedürfnisse erweitern und dadurch<br />

die Kinder geeignet begleiten. Die<br />

Beobachtungen werden schriftlich<br />

festgehalten. Aus den Notizen und<br />

den Fotos gestalten Pädagogen eine<br />

Beobachtungsgeschichte. Die Kinder<br />

interessieren sich für diese Geschichten,<br />

sie schauen sich die Fotos an und<br />

reden über das gemeinsam Erlebte.<br />

Die Eltern freuen sich auch über die<br />

Beobachtungsgeschichten, sie erhalten<br />

so einen Einblick in den Kindergartenalltag.<br />

Kinder werden als „kleine Forscher“<br />

wahrgenommen, die neugierig ihre<br />

Umgebung erkunden, selbsttätig Erfahrungen<br />

sammeln, neue Kompetenzen<br />

entwickeln und sich immer<br />

mehr Wissen aneignen. Sie gehen bei<br />

ihren Aktivitäten hoch motiviert und<br />

kreativ mit der jeweiligen Herausforderung<br />

um, sind hoch konzentriert,<br />

wirken oft selbstvergessen und reagieren<br />

häufig mit spontaner Freude,<br />

wenn sie etwas Neues gelernt haben.<br />

Das Kind lernt, sich immer besser in<br />

seiner materiellen, sozialen und kulturellen<br />

Umwelt zu orientieren und<br />

sich in ihr handelnd zu behaupten.<br />

Wahrnehmendes Beobachten konzentriert<br />

sich auf das Erfassen von<br />

Bildungsprozessen des Kindes. Bildungsprozesse<br />

sind die Prozesse, in<br />

denen sich das Kind mit den Gegebenheiten<br />

seiner Um- und Mitwelt so<br />

auseinandersetzt, dass es daraus ein<br />

Bild von der Welt und von sich selbst<br />

gewinnen kann. Beim wahrnehmenden<br />

Beobachten geht es nicht<br />

um Schwierigkeiten, die Kinder machen<br />

oder haben. Es geht auch nicht<br />

darum, was Kinder (noch) nicht können<br />

und deshalb lernen sollten. In erster<br />

Linie geht es um das, was Kinder<br />

an eigenen Möglichkeiten in ihre Bildungsprozesse<br />

einbringen.<br />

Gerd Schäfer hat diese Methode<br />

entwickelt. Er schreibt:<br />

„Ein Kind will von seinen Erziehern,<br />

dass sie ihm eine Umgebung<br />

bieten, in der es sich vielfältig bewegen<br />

kann, Anregung für seine<br />

Sinne, seine Phantasie sowie seine<br />

Lust am Forschen und Gestalten<br />

findet. Es will nicht als defizitäres<br />

Wesen wahrgenommen werden,<br />

sondern als kleiner Mensch, der<br />

immer schon Erfahrungen mitbringt,<br />

mit deren Hilfe er einen<br />

Einstieg in Problemlösungen findet.<br />

Ein Kind will die Zeit haben,<br />

Dinge auf seine Weise zu tun und<br />

zu Ende zu bringen.“<br />

RUNDSCHAU Seite 18 5./6. Dezember 2018

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