FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL
FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 3|2018 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung
FINE DAS MAGAZIN FÜR GENUSS UND LEBENSSTIL - 3|2018 - Sonderbeilage in der Süddeutschen Zeitung
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<strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong><br />
EINE SONDERBEILAGE DES TRE TORRI VERLAGS · DER VERLAG <strong>FÜR</strong> ESSEN, TRINKEN <strong>UND</strong> <strong>GENUSS</strong> 3 | 2018<br />
FRITZ <strong>UND</strong> FRANZ KELLER<br />
UNGLEICHE BRÜDER, EINIG IM <strong>GENUSS</strong>
DIE BESTEN<br />
FEINKOSTGESCHÄFTE<br />
ZWISCHEN PARIS<br />
<strong>UND</strong> MOSKAU!<br />
Kre feld<br />
Das Gute leben.<br />
Braunschweig<br />
Das Gute leben.<br />
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A MASTERPIECE<br />
170 YEARS IN THE MAKING<br />
VERLEGER <strong>UND</strong> HERAUSGEBER<br />
Ralf Frenzel<br />
ralf.frenzel@fine-magazines.de<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
Thomas Schröder<br />
thomas.schroeder@fine-magazines.de<br />
REDAKTION<br />
Katja Richter<br />
ART DIRECTION<br />
Guido Bittner<br />
BEGABT ZU SEIN, ein besonderes Talent zu haben und die Welt damit zu beeindrucken, erscheint<br />
vielen als ein wertvolles Geschenk der Natur. Doppelt begabt zu sein, über mehr als nur ein Talent<br />
zu verfügen – wäre das also zweifach erstrebenswert? So manche stürzt ihre Doppelbegabung in ein<br />
Dilemma: Weil sie sich nicht entscheiden können, mit welchem der beiden Pfunde zu wuchern, lassen<br />
sie am Ende beide verkümmern. Nicht so Fritz Keller: als berühmter Kaiserstühler Winzer und international<br />
sortierter Weinhändler hält er die Freunde edler Tropfen bei bester Laune – zudem lässt er<br />
als innovativ gesinnter Gastronom im Oberbergener »Schwarzen Adler« die badische Kochkunst<br />
triumphieren. Und er pflegt leidenschaftlich ein Hobby: Als beliebter Präsident lenkt er passgenau die<br />
Geschicke des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg.<br />
Bitte genießen Sie Glenmorangie verantwortungsvoll. www.massvoll-geniessen.de<br />
MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />
Kristine Bäder, Dieter Mathiak,<br />
Dr. Stefan Pegatzky, Angelika Ricard-Wolf,<br />
Rainer Schäfer, Alena Schröder<br />
FOTOGRAFEN<br />
Guido Bittner, Rui Camilo, Johannes Grau,<br />
Marc Volk<br />
TITEL-FOTO<br />
Fritz und Franz Keller, RUI CAMILO<br />
VERLAG<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
Sonnenberger Straße 43<br />
65191 Wiesbaden<br />
www.tretorri.de<br />
Geschäftsführer: Ralf Frenzel<br />
ANZEIGEN<br />
Judith Völkel<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
+49 611-57 990<br />
anzeigen@fine-magazines.de<br />
DRUCK<br />
Prinovis Ltd. & Co. KG · Nürnberg<br />
<strong>FINE</strong> Das Magazin für Genuss und Lebensstil<br />
ist eine Sonder beilage des Tre Torri Verlags<br />
und erscheint im Verbund mit <strong>FINE</strong><br />
Das Wein magazin viermal Jährlich im ausgesuchten<br />
Zeitschriftenhandel.<br />
Doppelbegabung scheint der Normalfall zu sein in der Familie Keller. Denn auch Franz, der ältere<br />
Bruder, fällt aus dem Rahmen: Auf dem Höhepunkt seines Ruhms als hochdekorierter Sterne-Koch<br />
verzichtete er einst auf alle Insignien seiner glanzvollen Prominenz und erfand für sich und seine<br />
begeisterten Gäste nach seinem Motto »vom Einfachen das Beste« ein Wirtshaus mitten im Rheingau.<br />
Für dessen kulinarischen Betrieb hat er, voller Zorn auf das vielfach sichtbare Elend bei der<br />
industrialisierten Tierhaltung, einen Biohof im Taunus aufgebaut, der solch inhumaner Vernutzung<br />
ein kraftvolles Bild von Tierliebe, artgerechter Haltung und damit zugleich der Qualitätsoptimierung<br />
von Fleisch und Geflügel entgegenhält.<br />
So ungleich die beiden Brüder erscheinen mögen: In ihrem kompromisslosen Drängen auf Qualität,<br />
ihrer Furchtlosigkeit beim Durchsetzen unpopulärer Beschlüsse, ihrem Beharren auf Individualität<br />
und der Notwendigkeit, den eigenen Kopf denken zu lassen, schließlich in der nicht nachlassenden<br />
produktiven Lust am Leben sind sie auch Vorbilder für öffentliches Wirken. Rainer Schäfer und Rui<br />
Camilo haben sie besucht. Ihr Doppelporträt zeigt ein Brüderpaar, das beherzigt, was der griechische<br />
Philosoph Epicharm schon ein halbes Jahrtausend vor dem Beginn unserer Zeitrechnung wußte: Talent<br />
zu haben – das ist das Beste. Aber nur, wenn man es auch übt.<br />
INHALT<br />
WWW.GLENMORANGIE.COM<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />
wieder. Der Verlag haftet nicht für unverlangt<br />
eingereichte Manuskripte, Dateien, Datenträger<br />
und Bilder. Alle in diesem Magazin veröffentlichten<br />
Artikel sind urheberrechtlich geschützt.<br />
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ESSENZ DES LEBENS<br />
Franz und Fritz Keller und ihr Bild von Genuss<br />
DUFTIGER FLASCHENSCHATZ<br />
Die kostbaren Parfüm-Flakons von Lalique<br />
SILVESTER IM HOTEL<br />
Venedigs Aman und Murnaus Alpenhof bieten stilvollen Jahreswechsel<br />
MALEN MIT MAGIE<br />
Shiseidos neue Makeup-Kollektion<br />
LUXUS UNTERM TANNENBAUM<br />
Geschenkideen für Feinschmecker und Ästheten<br />
STRATEGIE DER LEISEN TÖNE<br />
Alex Belson führt Italiens Spitzenweingut »Masseto«<br />
PRICKELNDE FESTTAGE<br />
Schaumwein-Empfehlungen für die Feiertage<br />
EIN OZEAN VOLLER MÖGLICHKEITEN<br />
Die Maison Krug erkundet, was zu Champagner schmeckt<br />
MEHR LICHT!<br />
Der Lampendesigner Ingo Maurer und die Macht des Zufalls<br />
WELTOFFEN AM HEIMISCHEN HERD<br />
Sterne-Koch Hans Stefan Steinheuer schenkt <strong>FINE</strong> ein Weihnachtsmenü<br />
<strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 5
Wenn Franz Keller von seinem Falkenhof im südhessischen<br />
Wispertal an den Kaiserstuhl fährt, um seinen<br />
Bruder Fritz zu besuchen, lässt er seinen Zuchtbullen<br />
Billy nur ungern allein. Franz gönnt Fritz, wie unser Titelbild<br />
zeigt, beim Vespern vom Einfachen das Beste, dafür<br />
schenkt Fritz seinem älteren Bruder an der Hotelbar im<br />
Oberbergener »Schwarzen Adler« vom Feinsten ein.<br />
ESSENZ<br />
DES<br />
LEBENS<br />
FRANZ <strong>UND</strong> FRITZ KELLER, DIE UNGLEICHEN<br />
BRÜDER, KÄMPFEN GEGEN DEN NIEDERGANG<br />
DER <strong>GENUSS</strong>KULTUR IN DEUTSCHLAND<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos RUI CAMILO<br />
Verborgen zwischen Hügeln und Wäldern liegt der Falkenhof im<br />
Wispertal bei der südhessischen Ortschaft Dickschied. Es ist ein Winkel<br />
unberührter Landschaft, in den sich selten jemand verirrt und wo das<br />
Navigationssystem auch mal den Dienst versagt. Manchem könnte es<br />
hier zu einsam werden, aber er lebe sehr gerne »am Arsch der Welt«,<br />
sagt Franz Keller, das Wispertal sei ein wunderbares Stück Natur. In<br />
den weiß getünchten, offenen Stallungen und auf den angrenzenden<br />
Weiden leben die Hauptdarsteller des Hofs, nach aktuellem Stand<br />
dreiundfünfzig Rinder und Kälber, einundzwanzig Bunte Bentheimer<br />
Freilandschweine, dazu kommen noch Gustl und Willi, die beiden<br />
Wildschweine, einige Kaninchen und Hühner. Der Falkenhof ist die<br />
vermutlich letzte Station im bewegten Leben des ehemaligen Sternekochs,<br />
der in einigen der besten Restaurants gearbeitet hat, bevor er<br />
beschloss, an die Ursprünge der Produktionskette zurückzugehen. Die<br />
artgerechte Haltung der Tiere, die Qualität seiner Grundprodukte ist<br />
für ihn zum alles bestimmenden Anliegen geworden. »Ich musste Bauer<br />
werden, um den perfekten Genuss zu finden«, sagt Franz Keller, der<br />
Tiere züchtet, weil er die gesuchte Qualität nicht mehr kaufen könne.<br />
Es ist eine Art Notwehr und Widerstand gegen ein aus dem Ruder<br />
gelaufenes System: »Wenn man die Lebensmittelindustrie anschaut,<br />
glaubt man nicht, dass wir in einer hochentwickelten Zivilisation<br />
leben.« Viele der Produkte seien eher »Sterbe- als Lebensmittel«.<br />
Der Siebenundsechzigjährige, unrasiert und im dunklen Kapuzenpulli,<br />
kämpft vom Falkenhof aus gegen einen »perversen Kreislauf<br />
der industrialisierten Landwirtschaft«, der Tiere quäle,<br />
Menschen krank mache und die Umwelt zerstöre. Im April erschien<br />
sein Buch »Vom Einfachsten das Beste«, in dem Franz Keller die Missstände<br />
anprangert. Es ist ein radikales Manifest, das aufrütteln soll. Er<br />
resigniere nicht, sagt er, »ich haue drauf. Das sollten viel mehr machen.«<br />
Franz Keller ist kein Maulheld, deshalb hat er im Kleinen angefangen,<br />
die Welt zu verändern. »Wir verhätscheln unsere Haustiere«, sagt er,<br />
»aber die Nutztiere, von denen wir leben, behandeln wir wie den letzten<br />
Dreck.« Er fordert »Respekt vor der Kreatur. Wer Fleisch isst, sollte<br />
Tiere lieben.« Franz Keller behandelt sie wie kleine Könige. Wenn er<br />
auf seinem Hof herumgeht, stellen sie erwartungsvoll die Köpfe auf, die<br />
Hühner stürmen zutraulich auf ihn zu, angeführt von einem dunklen<br />
Hahn, den er Berlusconi getauft hat.<br />
Auch einigen anderen seiner Mitbewohner hat er Namen gegeben,<br />
wie dem Bullen Olympus und dem Jungbullen Billy, »mit Familiennamen<br />
Sperminator«, der bald die Nachfolge in der Herde regeln soll.<br />
Es sind Kolosse, die ihn problemlos mit einer Kopfbewegung durch<br />
die Luft schleudern könnten. Aber Franz Keller weiß mit ihnen umzugehen.<br />
Manchmal setzt er sich mit einem Klappstuhl unter den Baum<br />
auf der Weide, nach wenigen Minuten liegen die Rinder um ihn herum<br />
wie Schoßhündchen. Es ist ein friedvolles Bild: Der Chef inmitten seiner<br />
Herde. Er glaube an die Magie der Langsamkeit, sagt Franz Keller, seine<br />
Schweine »müssen zwei Winter sehen«, erst dann hat ihr Fleisch die<br />
richtige Reife und Struktur entwickelt. Keller ist in seinem Element,<br />
wenn er mit den Gummistiefeln durch das matschige Gelände stapft,<br />
wo es kernig riecht, nach vitaler und unverdorbener Natur.<br />
Franz Kellers Weg vom hochdekorierten Gourmetkoch zum<br />
Aktivisten für gesunden Genuss ist auch eine Parabel auf den »Sterne-<br />
Zirkus«, der gewaltige Opfer von seinen Akteuren fordert. Franz<br />
Keller hat für Staatsmänner und die Queen gekocht, er war der erste<br />
Deutsche, der bei Paul Bocuse in Lyon in die Lehre gegangen ist, in<br />
einer Atmosphäre, die noch vom Krieg aufgeheizt war. Es schien immer<br />
nur vorwärts und nach oben zu gehen bei diesem »cleveren Bürschle«,<br />
wie ihn sein sieben Jahre jüngerer Bruder Fritz nennt. Ausgangspunkt<br />
seiner Karriere war der Schwarze Adler in Oberbergen am Kaiserstuhl:<br />
Die Kellers sind seit Generationen eine Dynastie, die den guten<br />
Geschmack beim Essen und Wein prägen wie kaum eine andere. Der<br />
Schwarze Adler ist auch mehr als eine kulinarische Institution, er war<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg auch eine kulturelle Synapse zwischen<br />
Deutschland und Frankreich: Franz Keller Senior, Jahrgang 1927, der<br />
Vater des Sternekochs, importierte schon 1947 Wein aus Frankreich<br />
und begeisterte sich für die französische Hochküche. Während sich<br />
die beiden Länder spinnefeind waren, reiste er immer wieder ins Nach-<br />
6 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 7
Große Glaskunst:<br />
Entwürfe wie<br />
der filigrane Verschluss<br />
in Frauengestalt,<br />
der zarte<br />
Anemonen-Flakon<br />
oder der Tiara-Stöpsel<br />
mit aufwändigem<br />
Blütenwerk sind<br />
heute begehrte Raritäten.<br />
Die »Poissons«-<br />
Amphore mit Fischmotiven,<br />
einen seiner<br />
ersten Glasversuche,<br />
trug Lalique fünfundzwanzig<br />
Jahre als<br />
Talisman bei sich.<br />
14 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong><br />
Worth, Molinard, Guerlain und immer wieder natürlich von Coty. Neben<br />
der halbmaschinellen Produktion in großen Stückzahlen fertigte Lalique<br />
zahlreiche exklusive Einzelstücke, die man bei ihm kaufen konnte, um<br />
seinen Lieblingsduft darin abzufüllen.<br />
Jedes seiner fragilen Fläschchen, egal ob im Auftrag einer Duftfirma<br />
oder fürs eigene Haus entworfen, bekam einen hübschen<br />
Namen. Sie heißen Althea, Amphitrite, Cactus, Collerette, Helene,<br />
Satyre, Telline oder Perles und sind an Finesse kaum zu überbieten.<br />
Das blau schimmernde Perles trägt auf Stöpsel und Fläschchen reihenweise<br />
imaginäre Perlenketten, Helene ist eine Lotusblüte<br />
aus gefrostetem Glas, Cactus gleicht einer kugelförmigen<br />
Sukkulente und piekst trotz stilisierter<br />
Stacheln kein bisschen.<br />
Typisch für Laliques Stil sind Motive, die den<br />
drei F – Frauen, Fauna, Flora – huldigen. So krönt das<br />
orientalische »Ambre de Siam« von Volnay ein verschlungener<br />
Stöpsel, in den sich eine Schöne schmiegt,<br />
das Cameo-Porträt einer Frau ist das Signum auf<br />
»La Belle Saison« für Houbigant. Blütenverziert gibt<br />
einer von Laliques berühmten Tiara-Verschlüssen<br />
den Hingucker auf »L’Eglantine De La Reine« für<br />
Hector-Legrand.<br />
Obwohl seine Flakons für die Parfümhäuser<br />
damals in Serie hergestellt wurden, ist die Suche danach für Sammler<br />
eine echte Herausforderung: »Man findet zwar auch heute regelmäßig<br />
Lalique–Flakons in Auktionen. Vor allem Fläschchen, die am Ende<br />
von Laliques Schaffenskraft in großen Mengen produziert wurden«,<br />
sagt Silvio Denz. »Aber rare Flakons und Unikate in einwandfreiem<br />
Zustand, die zwei Weltkriege und internationale Krisen überstanden<br />
haben, werden auf dem freien Markt hingegen äußerst selten gehandelt –<br />
und wenn, dann sind sie sehr teuer.« Je nach Seltenheit und Zustand<br />
eines Flakons variiere der Preis solcher Fundstücke zwischen ein paar<br />
tausend Euro und zweihunderttausend Euro.<br />
Die meisten dieser wahren Schätze gehören sowieso schon ihm.<br />
»Ich hatte das Glück um die Jahrtausendwende die drei wichtigsten<br />
und bekanntesten Sammlungen von René Lalique Flakons erwerben<br />
zu können«, erzählt er, »Ich besitze heute wohl 85 bis 90 Prozent aller<br />
je von René Lalique entwickelten Flakons, inklusiver vieler Unikate<br />
und Prototypen.«<br />
Ein großer Teil davon, nämlich zweihundertdreißig Flakons, ist im<br />
attraktiven Museum René Lalique im elsässischen Wingen-sur-Moder<br />
zu bewundern, das der französische Staat dem kleinen Dorf 2011 nach<br />
langen Planungsjahren endlich spendiert hat. Das Glasmacherhandwerk<br />
hat in der Region seit dem 17. Jahrhundert Tradition.<br />
Silvio Denz’ Dauerleihgabe an die Attraktion der 1600-Seelen-<br />
Gemeinde ist denn auch nicht ganz uneigennützig. 2008 hat der Lalique-<br />
Enthusiast nämlich die dort seit 1921 ansässige Glasmanufaktur der Marke<br />
gekauft. Seitdem ist er dabei, dem angesehenen Label ein modernes Lifestyle-Image<br />
zu verpassen. Mit neuen Designideen für ein zeitgemäßes,<br />
weltweit verkäufliches Sortiment und nobler Hotellerie sowie First-<br />
Class-Küche vor Ort im Nationalpark Nordvogesen.<br />
Und mal ehrlich, wo könnte seine »Idylle« passender stehen als<br />
in dieser Umgebung?<br />
Wichtige Informationen zu diesem Wein: 2015 Kiedrich Gräfenberg Riesling Trocken GG VDP.Großes Gewächs | Rebsorte: Riesling | Herkunftsort; Deutschland, Rheingau | Hersteller/Abfüller: Weingut Robert Weil, Mühlberg 5, 65399 Kiedrich | Nettofüllmenge: 0,75 l | Alkoholgehalt: 13 % vol. | Enthält<br />
Sulfite | Anbieter: Tre Torri Verlag GmbH, Sonnenberger Straße 43, 65191 Wiesbaden<br />
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UNTER PUTTEN <strong>UND</strong> STUCK SORGT CLAUDIA SCHWARZE IM LUXUSHOTEL<br />
AMAN IN VENEDIG <strong>FÜR</strong> EINE KITSCHFREIE <strong>UND</strong> MODERNE ATMOSPHÄRE<br />
Von ANGELIKA RICARD-WOLF<br />
Fotos JOHANNES GRAU<br />
Calle Tiepolo Baiamonte 1364: Eine Adresse, die nicht außergewöhnlich klingt – in Venedig. Die Hausnummer<br />
selbst versteckt sich am Ende eines schmalen unscheinbaren Gangs, der gleich neben der wunderbaren<br />
Pasticceria Rizzardini von der Calle della Madonnetta abbiegt und abrupt vor einem hohen schmiedeeisernen<br />
Tor endet. Durch die Gitterstäbe ist ein gepflegter Garten zu erspähen. Ein ziemlich großer sogar.<br />
Was seinen Seltenheitsstatus in der an Grünflächen raren Lagunenstadt noch toppt.<br />
im Salon nicht akkurat liegen – ein kurzer Blick Richtung Personal<br />
genügt, und es flitzt sofort. Auf ihre Argusaugen angesprochen, meint<br />
sie: »Als Hotelmanager muss man ein Beispiel für das Team sein. Vorleben,<br />
was man von ihm erwartet.« Den perfekten Service nämlich.<br />
Schon vor Jahren habe sie mal ein Kollege gefragt, ob sie nicht einfach<br />
»nur mal so vorbeilaufen könne.« Nein, eben nicht, gibt sie lachend zu.<br />
Flink eilt sie in ihren samtenen Furlane-Slippern, den traditionellen<br />
Schuhen der Gondoliere, auf der breiten Marmortreppe voran,<br />
die vom Empfangsbereich zu Restaurant und Bar im ersten Stock<br />
führt. Als sie hier vor vier Jahren Chefin wurde, hat sie das kulinarische<br />
Konzept des Hauses total umgemodelt. Beraten vom italienischen Sterne-<br />
Koch Davide Oldani stellte sie die Speisekarte auf typisch venezianische<br />
Gerichte um, die mit lokalen Produkten von Küchenchef Dario Ossola<br />
kongenial umgesetzt werden. »Wir sind in Italien. Das müssen wir<br />
respektieren«, sagt Claudia Schwarze. »Ohne übervenezianisch zu sein.«<br />
Lokalkolorit wird – mal abgesehen von der vorgegebenen Kulisse<br />
der Herberge – lieber subtil vermittelt. Wer von den Gästen Lust hat<br />
und es vor allem schaff, beizeiten aus den weißen, reichlich mit Damast-<br />
Kissen bestückten Betten der geräumigen Suiten (jede ist anders eingerichtet)<br />
zu kommen, kann den Küchenchef beim Einkaufen frischer<br />
Fische, knackiger Artischocken oder duftender Kräuter auf den Markt<br />
begleiten. Und ihm unterwegs beim Tragen helfen.<br />
Unter diesem Vorher-Nachher-Aspekt bekommt der von Ossola<br />
zubereitete Baby-Octopus mit Oliven und Brotcroutons beim Essen im<br />
ersten Stock mit Blick auf die Gondeln eine zusätzliche Prise Authentizität.<br />
Und Bissen für Bissen schwindet die Ehrfurcht vor den hehren<br />
Hallen. Man gehört ja irgendwie dazu. Ein gutes Gefühl.<br />
Genau das soll vermittelt werden. Nicht einfach – in dieser beeindruckenden<br />
Kulisse aus Stuck, Tiepolos und zahlreichen Putten, die<br />
munter von der Decke blicken. Und da Liebe durch den Magen geht,<br />
kommt dem Restaurant dabei eine Schlüsselstellung zu.<br />
Es heißt Arva. Sein Name ist der Plural des lateinischen Wortes<br />
arvum und bedeutet so viel wie Ackerland, Saatfeld. Die Wahl der Mehrzahl<br />
als Titel ist Programm. Sie steht für die lukullische Ausrichtung<br />
der ebenso getauften Restaurants der Aman-Hotels in Japan, Thailand,<br />
Kambodscha, Laos und China. Die venezianische Ausgabe ist allerdings<br />
der Vorreiter dieser modernen »Wie-bei-Mama«-Traditionsküche, bei<br />
der hier am Canal simple Pappardelle mit Schweinebäckchen serviert<br />
werden, vom Sternekoch at it’s best zubereitet.<br />
Keine Sorge, es ist halb so mächtig, wie es sich anhört. Im ehemaligen<br />
Ballsaal einen Stock drüber kann man danach getrost noch einen Blick in<br />
die goldgerahmten Spiegel riskieren. Sie sind schnörkelig und historisch.<br />
Wie die Wand- und Deckenlüster, die den Kontrast zu den modernen,<br />
weißen Designersofas ins rechte Licht rücken. »Wir sind von außen ein<br />
Museum«, kommentiert Claudia Schwarze den gekonnten Stilbruch,<br />
Silvester in Venedig:<br />
Das Luxushotel Aman<br />
am Canal Grande<br />
bietet seinen Gästen<br />
einen berauschenden<br />
Jahreswechsel im<br />
Palastambiente –<br />
mit Live-Musik<br />
und Acht-Gänge-<br />
Menü. Spektakulärer<br />
Höhepunkt, verspricht<br />
General Managerin<br />
Claudia Schwarze, wird<br />
das Feuerwerk sein,<br />
das die Gäste vom<br />
Boot aus verfolgen.<br />
Ein geputztes Klingelschild und eine fliesengroße Metallplatte<br />
mit ausgefrästem Namenszug bestätigen, dass man tatsächlich<br />
vor Venedigs nobelster Herberge steht – dem Aman. Vierundzwanzig<br />
Suiten. Fünf Sterne plus plus.<br />
Schade, dass Gäste selten zuerst per pedes von der Landseite aus<br />
ankommen! Wer auf sich hält, schippert samt Koffern vor. Lässt sich<br />
am besten im schnittigen Mahagoni-Vaporetto des Hauses vom Flughafen<br />
über die Lagune und den Canal Grande bis zum Privatanleger<br />
cruisen, der ein paar Wellen weiter rechts nach der Rialto-Brücke übers<br />
Wasser ragt.<br />
Beim Aussteigen bloß nicht das Gleichgewicht verlieren und in den<br />
wenig einladenden Fluten des Canal versinken. Lieber die hilfreiche<br />
Hand des Concierge ergreifen, gelassen über den Steg in die imposante<br />
Eingangshalle schreiten und unter den kühlen Blicken diverser Marmorbüsten<br />
einchecken. Logischerweise natürlich erst nachdem – piano,<br />
piano – die Hände mit einem parfümierten Tuch und die Kehle mit<br />
einem Gläschen frisch gepresstem Saft erfrischt sind.<br />
Aus der Tiefe des Entrées – George Clooney hat hier mit seiner<br />
Amal und hundertzwanzig Gästen eine rauschende Hochzeitsparty<br />
gefeiert – taucht der General Manager auf: Claudia Schwarze. Die<br />
gebürtige Bremerin ist blond, klein und zierlich – ein Persönchen,<br />
das optisch im völligen Gegensatz zur grandiosen Opulenz des 1540<br />
erbauten Palazzo Papadopoli steht, in dem das Aman 2013 nach achtzehnmonatiger<br />
Umbauzeit Quartier bezog.<br />
Der äußere Eindruck täuscht. Claudia Schwarze hat trotz ihrer<br />
1.62 Meter den totalen Überblick. Ihr entgeht nichts – wie der Gast im<br />
Laufe seines Aufenthaltes staunend bemerkt. Ob eine Gabel auf dem<br />
eingedeckten Tisch fehlt, Koffer sperrig im Weg stehen oder die Kissen<br />
16 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 17
MALEN MIT MAGIE<br />
<strong>DAS</strong> JAPANISCHE KOSMETIK-UNTERNEHMEN SHISEIDO SETZT<br />
BEI SEINER NEUEN MAKEUP-KOLLEKTION AUF TRANSPARENZ<br />
<strong>UND</strong> TEXTUREN, DIE MIT DER HAUT VERSCHMELZEN<br />
Von ANGELIKA RICARD-WOLF<br />
»Weißglänzender Tau!<br />
Allzu leichtfertig legst du dich<br />
überall hin …«<br />
Siebzehn Silben – mehr braucht der klassische Haiku<br />
des berühmten japanischen Dichters Nishiyama Sōin<br />
(1605–1682) nicht, um das zarte Gespinst des Taus<br />
zu beschreiben. Schönes scheinbar mühelos auf den<br />
Punkt zu bringen, entspricht der Mentalität der Japaner,<br />
ihrem von Achtsamkeit geprägten Ästhetizismus.<br />
Der in Tokyo ansässige Kosmetikkonzern Shiseido hat sich dieses<br />
Taus auf seine Art angenommen und ihn in multi-dimensionalen<br />
Perlen verschiedener Formen und Größe eingefangen, die sich<br />
wie ein unsichtbarer Schleier auf die Haut legen. Die Dews (englisch für<br />
Tau) gibt es in den Nuancen Lunar, Solar und Cosmic. Sie verschmelzen<br />
mit der Haut und geben ihr, je nach Lichteinfall, einen unerklärlich<br />
geheimnisvollen Schimmer, eine Aura, wie ihr Namenszusatz lautet. In<br />
Selfie-Zeiten sind sie ein absolutes Must-have: Hartes Blitzlicht kann<br />
der Haut dank des Tau-Effekts aus dem Döschen nichts mehr anhaben.<br />
Das Gesicht ins rechte Licht zu rücken – darum geht es bei<br />
allen Produkten des neuen Makeup-Auftritts von Shiseido. »Beauty<br />
Reimagined. Beauty Made With Soul«. Unter diesem Motto steht eine<br />
Kollektion, die dem Makeup mit gewagten Farben, gefühlt unsichtbaren<br />
Texturen und einzigartiger Qualität eine sphärische Dimension verleiht.<br />
»Es war für uns sehr wichtig, die Gesichtspflege, auf der unsere<br />
Kompetenz von Anfang an gründet und die unser ganzer Stolz ist, noch<br />
enger mit der Kategorie Makeup zu verknüpfen«, sagt Jill Scalamandre,<br />
Präsidentin vom Shiseido Global Makeup Center of Excellence in New<br />
York. »Wenn es um innovative kosmetische Formulierungen geht, verfügen<br />
wir über eine unerreichte Expertise. Folglich haben wir diese<br />
Technologien genutzt, um für unsere neue Makeup-Kollektion bahnbrechende<br />
Texturen zu entwickeln, die denen der Gesichtspflege ebenbürtig<br />
sind.«<br />
Das traditionsreiche Unternehmen, das 1872 in Tokyo gegründet<br />
wurde und als Pionier im Beauty-Bereich gilt, präsentiert sich mit<br />
der Lancierung der neuen Linie auch im Makeup-Bereich als Trendsetter.<br />
Die Kollektion, im neuen<br />
Think-Tank der Firma in New<br />
York entstanden, ist visionär. Sie<br />
besteht aus vier geradezu magischen<br />
Texturen, vierzehn Produkten,<br />
hundertdreiundzwanzig<br />
Nuancen und fünf Pinseln. Leichte<br />
Gel-Formulierungen geben Lidschattensticks<br />
eine schmelzartige<br />
Konsistenz, die Puder basieren auf<br />
der neuen Matrix Technology, die<br />
ein streifenloses Finish garantiert –<br />
seidig, matt oder schimmernd, je<br />
nach gewünschtem Effekt. Eine fluffge Mousse verwandelt sich auf der<br />
Haut wie von Geisterhand in ein pudriges Rouge. Und aus den Balms<br />
der farbstarken Powder Lipsticks wird auf den Lippen eine matte, cremige<br />
Puderschicht. »Inks« – Tinten heißen die neuen Lackrezepturen<br />
in hauchdünnen Stiften für Lippen, Eyeliner, Lidschatten und Augenbrauen.<br />
In ihren Schaft ist – raffniertes Technik-Detail – der Anspitzer<br />
gleich mit eingebaut.<br />
Fünf Pinsel für präzises Auftragen von Foundation und Puder für<br />
Wangen und Augen machen die Kollektion komplett. Mao Komai,<br />
Shiseidos leitender Design-Architekt, hat alle Tools avantgardistisch<br />
in schlichtes Schwarz gekleidet, das nur ein Feinstrich aus Lack im<br />
kultigen Rot der Marke akzentuiert.<br />
Für Gregoris Pyrpylis, den Visagisten und Markenbotschafter von<br />
Shiseido, ist die neue Makeup-Kollektion geradezu ideal, um Frauen<br />
sein Verständnis von Makeup näherzubringen. »Die größte Herausforderung<br />
besteht für mich darin, dass Makeup nicht dafür gemacht wird,<br />
um einer Frau ein anderes Gesicht zu geben. Stattdessen soll Makeup<br />
die natürliche Schönheit jeder Frau unterstreichen.«<br />
Nichts findet er schlimmer, als<br />
wenn Frauen das Makeup einer<br />
Freundin oder gar einer Celebrity<br />
eins zu eins kopieren. »Inspiration<br />
ist okay, aber Imitation klappt nie.«<br />
Er möchte vielmehr erreichen,<br />
dass Frauen sich ihrer eigenen<br />
Ausstrahlung bewusst werden.<br />
»Schönheit hat nichts damit zu<br />
tun, irgendwelche Standards zu<br />
erfüllen, die uns von der Gesellschaft<br />
vielleicht auferlegt werden –<br />
seien es volle Lippen oder dicke<br />
Augenbrauen. Meine Botschaft<br />
geht dahin, dass Makeup das<br />
Selbstbewusstsein stärkt.«<br />
Anmalen ist nicht sein<br />
Ding. »Ich liebe es, mit Transparenz<br />
zu arbeiten«, erklärt der<br />
aus Griechenland stammende<br />
Visagist seinen Stil, »selbst eine<br />
leuchtende Farbe oder smoky eyes<br />
wirken dann, als ob sie zu der Frau<br />
gehörten, die sie trägt. Fast so, als<br />
wären sie ganz natürlich.«<br />
Was Transparenz angeht, so<br />
kann er bei der neuen Makeup-<br />
Kollektion aus dem Vollen<br />
schöpfen. Sein Lieblingsprodukt<br />
hat der Fünfunddreißigjährige darin auch schon ausgemacht. »Mein<br />
Favorit ist der Kajal Ink Artist. Die Farbe lässt sich leicht auftragen, gut<br />
verteilen und verwischt nicht, wenn sie getrocknet ist. Man kann den<br />
Stift als Eyeliner benutzen oder um die Augen oder die Brauen damit zu<br />
akzentuieren, ja selbst die Lippen. Für mich verkörpert dieses Produkt<br />
die unbestreitbare Modernität von Shiseido.«<br />
Nichts liebt der Star-<br />
Visagist Gregoris<br />
Pyrpylis mehr: Mit dem<br />
neuen transparenten<br />
Makeup von Shiseido<br />
unterstreicht er die<br />
natürliche Schönheit<br />
des weiblichen<br />
Gesichts. Für den individuellen<br />
Gebrauch<br />
sind dazu, als Teile der<br />
innovativen Kollektion,<br />
eine »Essentialist<br />
Eye Palette« und ein<br />
Set von fünf Pinseln<br />
hilfreich.<br />
22 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 23
LIFESTYLE IM<br />
LICHTERGLANZ<br />
SCHÖNE DINGE – DENEN ANS HERZ GELEGT, DIE NOCH<br />
NACH WEIHNACHTSGESCHENKEN SUCHEN<br />
Armani – Sì Passione<br />
Wie duftet wahre Leidenschaft? Wie das<br />
neue Sì Passione. Die Neuinterpretation des<br />
Signature Parfüms von Armani verströmt<br />
ein betörendes Bouquet aus Rose, Heliotrop<br />
und Jasmin. Der Duft, der feminine Zartheit<br />
ebenso widerspiegelt wie weib liche Stärke,<br />
ist in feuriges Rot gehüllt und bringt Gabentische<br />
und Augen zum Strahlen.<br />
Elie Saab –<br />
GIRL of NOW SHINE<br />
Inspiriert von der Haute Couture entfaltet<br />
auch das neue Parfüm von Elie Saab magnetisch<br />
anziehendes Licht. Der Flakon mit<br />
seinem prächtig goldenen Blumen-Emblem<br />
birgt einen süchtig machenden Duft, bei<br />
dem Basisnoten aus Vanille und Patschuli<br />
mit Orange, Mandeln und sinnlichen weißen<br />
Blüten verschmelzen.<br />
Ihre Kunstsammlung wird neidisch werden.<br />
Baldessarini –<br />
COOL FORCE SPORT<br />
So puristisch das Design, so kühl elegant<br />
der Duft: Cool Force Sport ist ein markantes<br />
Parfüm für Männer, die das Leben gern<br />
sportlich nehmen. Die Komposition vereint<br />
spritzige Akzente von Birne und Bergamotte<br />
mit einer aromatisch-aquatischen<br />
Herznote aus Rosmarin und Neroli und –<br />
typisch Baldessarini – dem holzigen Fond<br />
aus Patschuli sowie Zedern- und Sandelholz.<br />
Narciso Rodriguez - ROUGE<br />
Das Kapitel »Rouge« der Narciso Duftlinie<br />
will Weiblichkeit ganz neu zelebrieren: sinnlich<br />
geheimnisvoll. Dabei wird das charakteristische<br />
Moschusherz mit einem floralen<br />
Bouquet aus Bulgarischen Rosen und Iris<br />
animiert. Die intensive olfaktorische Verführung<br />
kommt in einem strahlend roten Flakon<br />
daher und schaff es so wie von selbst<br />
unter den Weihnachtsbaum.<br />
Olymp Signature<br />
Diese Hemden tragen die Handschrift<br />
der Perfektion: Die ausgewählten Materialien<br />
und die aufwendige Verarbeitung<br />
bieten höchsten Tragekomfort. Mit den<br />
edlen Handkappnähten und echten Perlmutt-Knöpfen<br />
sind sie ein eleganter Begleiter<br />
zum Fest: entweder direkt am Mann oder<br />
verpackt unter dem Baum.<br />
Bucherer Fine Jewellery<br />
Inspiriert von der Schönheit der Natur und<br />
dem Spiel von Licht und Schatten überzeugen<br />
die Schmuckstücke der B Dimension<br />
Linie durch ihre reduzierte Formsprache.<br />
Ein funkelnder Kreis aus feinstem Micropavé,<br />
der wie ein stilisierter Schmetterlingsflügel<br />
daherkommt, ziert jedes Schmuckstück<br />
– und nach der Bescherung vielleicht<br />
auch die Hand der Liebsten.<br />
Shiseido –<br />
FUTURE SOLUTION LX<br />
Nach dem Fest ist vor dem Fest: Mit dem<br />
Future Solution LX Intensive Firming<br />
Contour Serum wird müde Haut geschmeidiger.<br />
Die Verbindung japanischer Pflanzenextrakte<br />
mit der Skin genecell Enmei-<br />
Technologie hydratisiert die Haut nachhaltig<br />
und gibt ihr täglich mehr Elastizität und Frische.<br />
Damit hat sich das luxuriöse Serum<br />
einen Platz auf dem Gabentisch mehr als<br />
verdient.<br />
24 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong><br />
Shiseido – ULTIMUNE<br />
Wahre Schönheit kommt von innen:<br />
Shiseidos Konzentrat Ultimune unterstützt<br />
die hauteigene Abwehrkraft, indem<br />
es die Lan gerhans-Zellen aktiviert, die den<br />
Immunschutz der Haut steuern und für<br />
deren Regenerierung sorgen. So wird die<br />
Haut glatt, geschmeidig und widerstandsfähiger<br />
– und das Fest ein strahlendes<br />
Ereignis.<br />
Abgebildetes Produkt ist der RW 466 364| Energieeffzienzklasse: A |<br />
auf einer Skala der Effzienzklassen von A+++ bis G.<br />
Der Unterschied heißt Gaggenau.<br />
Eindrucksvolle Architektur verlangt nach einem gleichermaßen<br />
beeindruckenden Inneren. Ihr Weinklimaschrank,<br />
wie auch Ihre Kunstsammlung, sagen viel darüber aus,<br />
wer Sie sind. Jedes Produkt von Gaggenau hat einen unverwechselbaren<br />
Charakter, ist aus hochwertigen Materialien<br />
gefertigt und überzeugt durch seine professionelle Leistung.<br />
Seit 1683.<br />
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STRATEGIE<br />
DER<br />
LEISEN<br />
TÖNE<br />
MIT BRITISCHEM <strong>UND</strong>ERSTATEMENT FORMT ALEX BELSON SEIT ZWANZIG<br />
JAHREN <strong>DAS</strong> ANSEHEN DES TOSKANISCHEN SPITZENWEINS MASSETO<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
Fotos THILO WEIMAR<br />
Natürlich musste Alex Belson dabei sein, als der Weinberg Masseto seine Geheimnisse<br />
preisgab. Mächtige Bagger waren im Frühjahr 2016 angerückt, um die Baugrube für den<br />
neuen Weinkeller zu öffnen. Nachdem die obersten Schichten des Erdreichs abgetragen<br />
waren, kam der außergewöhnliche Lehm von Masseto zum Vorschein: Blau, undurchlässig,<br />
von Salzschichten, Fossilien und Kieseln durchsetzt und »Hüter von Millionen Jahre alten<br />
Mysterien«, wie Alex Belson erklärt, die als Direktorin das Weingut Masseto seit 2015 führt.<br />
Obwohl sie alles über diesen Weinberg zu wissen glaubte, war sie erstaunt und ergriffen,<br />
was Masseto in seinem Innersten, »im Herzen des Hügels« verbarg, wohin noch kein Blick<br />
vorgedrungen war. Der blaue Lehm ist ein kleines Naturwunder, in trocknen Zeiten kann<br />
er hervorragend Wasser speichern. Ist es aber zu feucht im Weinberg, bildet er eine dichte<br />
Schicht, um die Reben davor zu schützen, zu viel Wasser aufzunehmen. Nur auf diesem<br />
knapp sieben Hektar kleinen Hügel kann der Masseto wachsen und seine ganze Größe entfalten.<br />
Er ist einer der eindrucksvollsten und feinsten Merlots der Welt, ein Gewächs der<br />
Extraklasse, intensiv, üppig, vielschichtig und langlebig. Alex Belson hat einen Klumpen<br />
des blauen Lehms an sich genommen und in ihrem Büro drapiert; er ist für sie auch zu<br />
einer Art Talisman geworden und erinnert sie jeden Tag an den Bau des neuen Kellers,<br />
der zu ihrer »wichtigsten Mission« geworden ist.<br />
Dieser Hügel in Bolgheri ist auch zum Mittelpunkt<br />
ihres Lebens geworden. 1995 oder 1996 sei sie zum<br />
ersten Mal da gewesen, an das genaue Datum kann<br />
sich Alex Belson nicht mehr erinnern. Sie arbeitete damals<br />
in Florenz für das Wein-Unternehmen Marchesi Antinori<br />
und begleitete Allegra Antinori nach Bolgheri. Sofort<br />
habe sie gespürt, dass dies »ein ganz besonderer Ort« sei.<br />
Schon zuvor habe sie sich mit der Geschichte der Tenuta<br />
dell’Ornellaia auseinandergesetzt, in der die beiden Ausnahmeweine<br />
Ornellaia und Masseto erzeugt wurden. Aber<br />
als sie dann hier stand, auf der Hügelkuppe, mit Blick auf die<br />
nur wenige Kilometer entfernte Küste des Tyrrhenischen<br />
Meeres und den würzigen Duft einatmete, den der Macchia-<br />
Wald verströmte, da habe die natürliche Schönheit dieses<br />
Ortes sie »förmlich umgehauen. Ich spürte es direkt in<br />
meinen Knochen.« Wenn sie emotional wird und etwas<br />
herausstreichen will, benutzt<br />
Alex Belson gern markige<br />
Redewendungen in ihrer<br />
englischen Muttersprache.<br />
Alexandra Belson, Jahrgang<br />
1955, die von allen nur<br />
Alex gerufen wird, stammt aus<br />
Sussex im Süden Englands.<br />
Viel ist nicht von ihr bekannt,<br />
Interviews gibt sie nur selten.<br />
Das, sagt sie, sei auch »durchaus<br />
beabsichtigt«, sie hält<br />
nichts davon, Privates in der<br />
Öffentlichkeit auszubreiten.<br />
Höflich beantwortet sie jede<br />
Frage, ohne dabei zu viel von<br />
Einfach Masseto: Der rarste Rotwein Italiens, von<br />
dem nur wenige Tausend Flaschen pro Jahrgang<br />
erzeugt werden, wächst auf sieben Hektar des<br />
wohl berühmtesten Weinbergs der Toskana.<br />
sich zu verraten. Eine ihrer liebsten Vokabeln ist »Understatement«,<br />
es dauert nur wenige Augenblicke, bis sie zum<br />
ersten Mal fällt. Ich bin nicht so wichtig: Das ist die Botschaft,<br />
die jedes Mal mitschwingt. Dabei lohnt es, sich näher<br />
mit dieser diskreten Persönlichkeit zu befassen, die Masseto<br />
seit zwanzig Jahren durch ihren starken Charakter prägt.<br />
Aufgewachsen ist Alex Belson in Hove, das inzwischen mit<br />
der Stadt Brighton verschmolzen ist. Gern erinnert sie sich<br />
an eine »unbeschwerte Kindheit«, an Tage an der See mit<br />
ihrer Mutter Elise Giorgina. Als »furchtloses Mädchen«<br />
sei sie schon mit ein paar Jahren auf hohe Pferde gestiegen,<br />
Angst habe sie dabei nie empfunden. Ihr Vater John Richard<br />
James Belson arbeitete als Pilot und Fluglehrer und öffnete<br />
nach Feierabend auch mal eine Flasche Wein der Kategorie,<br />
die gern in englischen Mittelstands-Haushalten auf<br />
den Tisch kam: Mateus Rosé und Blue Nun, deutsche Liebfrauenmilch,<br />
ein liebliches Kopfschmerzgetränk. »Ich habe<br />
befürchtet, dass ich das gefragt werde«, sagt Alex Belson<br />
dazu und lächelt diszipliniert.<br />
Auch ihr anschließender Werdegang ließ nicht gerade<br />
darauf schließen, dass sie einmal bei einer der großen Weinlegenden<br />
Italiens landen könnte: Nachdem sie an der Universität<br />
in Birmingham Sprachen und Wirtschaft studiert<br />
hatte, ging Alex Belson nach London, wo sie ein Jahr bei<br />
einem bekannten Limonadenhersteller als Marketingassistentin<br />
arbeitete. 1978 zog sie nach Italien; dort war sie<br />
bei Ferrero in Turin für neu entwickelte Produkte zuständig.<br />
Nach sechs Jahren setzte sie sich in Frankfurt für das Unternehmen<br />
vor allem mit Marktforschung auseinander: eine<br />
eher dröge Beschäftigung mit Daten und Tabellen, wie sie<br />
heute weiß. An Frankfurt erinnere sie sich als »graue Stadt«,<br />
aber die deutsche Gründlichkeit habe ihr imponiert. »Sie<br />
hat mir auch geholfen, mein eigenes Leben zu organisieren«,<br />
sagt Alex Belson. Doch irgendwann wurde die Sehnsucht<br />
nach Italien stärker als das Streben nach Ordnung und<br />
Pünktlichkeit. 1986 kehrte sie nach Turin zurück, wo sie<br />
wieder als Produktmanagerin anheuerte.<br />
Unerwartet öffnete sich dort die Tür zu einer neuen<br />
faszinierenden Welt: Da habe sie von heute auf<br />
morgen die »Liebe zum Wein entdeckt«. Sie<br />
knüpfte erste Kontakte in der Weinszene, und als sich<br />
die Gelegenheit ergab, zog sie 1988 nach Florenz, um bei<br />
Antinori den Verkauf und das Auslandsmarketing zu übernehmen.<br />
Es sei eine »romantische Veränderung« gewesen,<br />
weg von der industriellen Produktion und »zurück zur<br />
Natur«. Gewissenhaft, wie sie ist, hatte sich Alex Belson<br />
schon um Limonaden und Süßigkeiten gekümmert. Aber<br />
die Weinwelt habe eine ganz eigene Faszination mit ihrer<br />
Kultur und langen Geschichte. »Wein transportiert so viele<br />
Emotionen«, sagt sie. Schon damals wurde ihr ein ausgeprägter<br />
Wille nachgesagt, mit dem sie ihrer Arbeit nachging,<br />
halbe Sachen konnte sie noch nie akzeptieren. »Ich<br />
schätze es sehr, wenn Aufgaben korrekt erledigt werden«,<br />
sagt sie. Nur einmal noch wechselte Alex Belson den Arbeitgeber<br />
und damit von einer berühmten Weindynastie zur<br />
anderen: Die Tenuta dell’Ornellaia engagierte sie 1998 als<br />
kaufmännische Leiterin für Ornellaia und Masseto, die als<br />
Super Tuscans für Furore sorgten.<br />
Nach außen zurückhaltend und verbindlich, im Weingut<br />
energisch und zielstrebig: Gemeinsam mit dem Önologen<br />
Axel Heinz, der für den Ausbau der Weine zuständig ist,<br />
prägte Alex Benson die Tenuta dell’Ornellaia. Ohne marktschreierische<br />
Floskeln, ohne großes Getöse ist Masseto<br />
mit ihr zu einem der begehrtesten Weine gewachsen: Er<br />
gilt als der Petrus Italiens und ist ein ständiger Anwärter<br />
auf die selten vergebenen Höchstnoten der Weinkritiker.<br />
Masseto stellt einen der größten Wein-Werte dar, im Index<br />
von Liv-Ex, der elektronischen Börse für Spitzenweine in<br />
London, ist er regelmäßig auf einer der Top-Positionen<br />
zu finden und unter den großen Gewächsen aus Bordeaux<br />
der bestplatzierte italienische Wein. Masseto ist auch zum<br />
Sammelobjekt geworden, die Kiste manchen Jahrgangs kann<br />
den Wert eines Kleinwagens erzielen. Jede Flasche wird mit<br />
einem Transponder und einem Code ausgestattet, die seine<br />
Echtheit bezeugen und sogar den Handelsweg nachweisen.<br />
»Wenn der Wein in der Flasche ist, startet er in die<br />
Welt«, sagt Alex Belson. Und dann kommt sie ins Spiel.<br />
Masseto ist der wohl rarste Rotwein Italiens, nur wenige<br />
tausend Flaschen werden erzeugt. Die Engländerin muss ein<br />
hohes Gut verteilen, das immer zu knapp ist; dafür ist auch<br />
diplomatisches Geschick erforderlich. Als Direktorin von<br />
Masseto ist sie ständig unterwegs im Dienst des erlesenen<br />
Geschmacks. »Ich bin gern aktiv«, sagt sie. Mühelos steht<br />
sie lange Verkostungsabende durch und die Transfers<br />
zwischen den Kontinenten. Sie genieße es, zu reisen und<br />
andere Kulturen kennenzulernen: »Ich liebe es, zuzuhören<br />
und zu lernen«. Neben ihrer Muttersprache beherrscht sie<br />
Italienisch, Französisch und Deutsch. Sie hat hart dafür<br />
gearbeitet, dass Masseto auch auf der »Place Bordeaux«<br />
präsent ist, dem renommierten Handelszentrum der großen<br />
Bordelais-Weine. Dass Masseto dort »auf dem Radar ist«,<br />
mache sie auch ein wenig stolz, wie sie bescheiden einräumt.<br />
In den vergangenen Jahren hat Alex Belson auch die<br />
konsequente Trennung von Ornellaia und Masseto vorangetrieben:<br />
Die sei wichtig, »um beiden Weinen die Aufmerksamkeit<br />
zukommen zu lassen, die sie verdienen«, sagt<br />
sie. 2012 änderte das Gut seinen Namen: Aus der Tenuta<br />
dell’Ornellaia wurde Ornellaia e Masseto. Seit 2016 sind<br />
Ornellaia und Masseto zwei eigenständig registrierte und<br />
arbeitende Weingüter. »Für Masseto ist sie ein Glücksfall«,<br />
sagt die Managerin eines toskanischen Weinguts, die Alex<br />
Belson seit langem kennt, »ohne sie wäre er nicht da, wo<br />
er heute steht.«<br />
Das mag auch daran liegen, dass Masseto und Alex<br />
Belson in ihrem Wesen perfekt zueinander passen. Es sei in<br />
der DNA des Masseto angelegt, »nicht laut und überheblich<br />
zu sein«, sagt sie, sondern »vertrauenswürdig«. Attribute,<br />
die auch auf sie zutreffen. Trotzdem habe Masseto sich sein<br />
unangepasstes und auch rebellisches Image erhalten, das er<br />
seinem Schöpfer zu verdanken hat, dem schillernden Lebemann<br />
Lodovico Antinori, der den Wein 1986 zum ersten<br />
Mal präsentiert hatte. Mit ihrem britischen Understatement<br />
hat Alex Belson den Ruf von Masseto und die vornehme<br />
Zurückhaltung gestärkt, die alles Protzige meidet. Sie steht<br />
für eine Strategie der leisen, gleichwohl selbstbewussten<br />
Töne. Zu den Selbstdarstellern, die stets im Mittelpunkt<br />
stehen wollen, zählt sie nicht und tritt nur ins Rampenlicht,<br />
wenn sie dazu eingeladen wird. Doch dann hinterlässt sie<br />
auch Eindruck. Zu ihrer Klientel zählen auch die Reichen<br />
und Superreichen, die begehrte Weinetiketten sammeln.<br />
Den Mundschenk für verwöhnte Millionäre und Edelkonsumenten<br />
zu geben, zählt sie aber nicht zu ihren Aufgaben.<br />
Alex Belson weiß sich durchzusetzen im Kosmos<br />
der Luxusgüter, in dem Frauen in führenden Positionen<br />
rar sind. Diskriminiert habe sie sich aber nie gefühlt, sagt<br />
sie, ihre Leistung sei immer anerkannt worden. Ohnehin<br />
sei sie eine »harte Arbeiterin«, es entspreche nicht ihrem<br />
Naturell, sich zu schonen. In ihrem Ehrgeiz könne sie auch<br />
ungeduldig sein, im Job verlange sie viel von anderen, »aber<br />
am allermeisten von mir«. Ihr Anspruch sei, »immer das<br />
Beste abzuliefern«. Dabei hat sie nie verlernt, demütig<br />
zu bleiben, weil Masseto auch von den Launen der Natur<br />
abhängig sei. »Wie die Ernte ausfällt, wissen nur die Götter<br />
über uns.«<br />
Alex Belson lebt »seit einer gefühlten Ewigkeit« in<br />
Italien, sie hat hier mehr Zeit verbracht als in England.<br />
Kulturell sei sie wie »eine Minestrone«, in der bunten<br />
Gemüsesuppe lassen sich viele unterschiedliche Zutaten<br />
finden. Sie fühle sich zu beiden Kulturen hingezogen, auch<br />
wenn sie nur noch selten nach Sussex kommt, wo noch ein<br />
Zweifach verwurzelt: Alex Belson,<br />
die Direktorin des 2015 neugegründeten<br />
Weinguts, ist seit<br />
zwanzig Jahren dem Masseto<br />
verbunden. In der gebürtigen<br />
Engländerin verbinden sich<br />
britische Zurückhaltung mit<br />
italienischer Lebensart.<br />
Teil ihrer Verwandtschaft lebt. Auch nach mehr als drei<br />
Jahrzehnten in Italien hat sich die schlanke Frau mit dem<br />
grauen Haar und den blauen Augen ihre ungekünstelte<br />
britische Art erhalten. Sie wuchs auf im England der 1970er<br />
Jahre und sei ein Kind der Rock-Generation, die Bands<br />
wie »Bad Company« und »Free« mit dem Sänger Paul<br />
Rodgers huldigte, deren Musik sie heute noch gern auflegt.<br />
In Bolgheri fühle sie sich auch heimisch, weil die Nähe zum<br />
Meer sie an Sussex erinnere, wobei die Tyrrhenische Küste<br />
noch etwas beisteuert, was der Süden Englands nicht zu<br />
bieten hat: die Macchia und die toskanischen Weine, die<br />
Alex Belson nicht mehr missen will. Nach einer Unterbrechung<br />
von mehr als vier Jahrzehnten hat sie 2014 wieder<br />
zu reiten begonnen, mit fast sechzig, »das stand immer<br />
ganz oben auf meiner Liste«. Lange habe sie geglaubt, sich<br />
dieses Hobby aus Zeitgründen nicht leisten zu können, weil<br />
sie für Masseto da sein müsse. Erst jetzt sei sie bereit, sich<br />
dieses Vergnügen wieder zu gönnen.<br />
Als die Familie Marchesi de’ Frescobaldi sie 2015 fragte,<br />
ob sie die erste Direktorin des neu gegründeten<br />
Weinguts werden wolle, musste Alex Belson nicht<br />
lange überlegen: »Auch wenn ich mir nie hätte ausmalen<br />
können, dass ich diese Position einmal einnehmen könnte.«<br />
Aber sie hänge viel zu sehr an Masseto und sei noch zu jung,<br />
um in Rente zu gehen und lange Spaziergänge am Strand<br />
zu unternehmen. »Ich fühle mich sehr privilegiert«, sagt<br />
Alex Belson, es sei eine große Herausforderung, die sie<br />
sportlich nehme. »Ich wache morgens auf und denke über<br />
Masseto nach«, sagt sie, und wenn sie abends schlafen<br />
gehe, kreisten ihre Gedanken immer noch um ihn. Vom<br />
Masseto spricht sie wie von einem alten Freund und Vertrauten.<br />
Sie will das vollenden, was seit dreißig Jahren diskutiert<br />
wird: »Ich will Masseto endlich ein eigenes Zuhause<br />
schenken.« Die Trauben aus dem Jahrgang 2018 werden<br />
schon im neuen Keller verarbeitet, im kommenden Frühjahr<br />
wird das neue Weingut eingeweiht, das tief in den blauen<br />
Lehm des Masseto-Hügels hineingegraben wurde und zu<br />
einem der meistgehüteten Geheimnisse in der Toskana zählt:<br />
Der Zutritt ist noch streng verboten, nur wenige wissen,<br />
wie es im Innern aussieht. »Dieses Gebäude wird die Seele<br />
von Masseto sein«, sagt Alex Belson. Auf der Kuppe steht<br />
die Casa Masseto, ein kleines Häuschen »ohne Bling-Bling,<br />
wie es zu uns passt«. Nicht immer habe sie in ihrem Leben<br />
das Gefühl gehabt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu<br />
sein, »aber jetzt fühlt es sich endlich perfekt an«,sagt sie.<br />
Dreiundsechzig Jahre ist sie, und unabhängig davon, wie<br />
lange sie noch arbeitet: Masseto werde sie »immer verbunden<br />
sein«.<br />
28 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 29
PRICKELNDE FESTTAGE<br />
Man kann sich nicht früh genug um die richtigen Schaumweine für die Feiertage kümmern. Um die<br />
Auswahl zu erleichtern, stellen wir hier unsere Lieblingschampagner vor, dazu strahlende Spumanti aus<br />
der Franciacorta, frische Winzersekte und gehaltvolle Cavas aus Spanien. Damit an den Festtagen auch<br />
genug für alle da ist, empfehlen wir, am besten gleich zu Magnumflaschen zu greifen.<br />
Von KRISTINE BÄDER<br />
Fotos GUIDO BITTNER<br />
ROEDERER<br />
TAITTINGER<br />
VEUVE CLICQUOT<br />
POL ROGER<br />
Im kommenden Jahr feiert die Familie Roederer ein<br />
kleines Jubiläum. Zweihundert Jahre werden sie<br />
dann Besitzer des 1776 gegründeten Champagnerhauses<br />
Louis Roederer sein. Das Markenzeichen<br />
ihrer Champagner ist ihre filigrane Art und ihre<br />
Komplexität.<br />
Brut Vintage 2009<br />
Der Brut Vintage wird aus<br />
siebzig Prozent Pinot Noir<br />
und dreißig Prozent Chardonnay<br />
hergestellt. Eleganter<br />
Champagner mit typischer<br />
Brioche-Note und Aromen<br />
von Zitrus und Pfirsich.<br />
Brut Rosé 2010<br />
Aus vollreifen Trauben<br />
geerntet, mit fruchtigen<br />
Aromen, Zitrus und Trockenobst,<br />
etwas floral und<br />
im Abgang fast exotisch.<br />
Das Familienunternehmen Champagne Taittinger<br />
definiert sicht selbst als Chardonnay-Haus. Als Blanc<br />
de blancs ist der Comte de Champagne das Aushängeschild<br />
des Hauses und steht für seinen unverwechselbaren<br />
Stil aus Finesse, Leichtigkeit und<br />
Eleganz.<br />
Brut Réserve<br />
Der Brut Réserve wird aus<br />
fünfundzwanzig unterschiedlichen<br />
Crus und Reserveweinen<br />
zusammengestellt<br />
und ist mit dem hohen Chardonnay-Anteil<br />
die Definition<br />
des Taittinger-Charakters.<br />
Aromen von Biskuit und<br />
Brioche, Tiefe und Eleganz<br />
machen Lust auf ein zweites,<br />
drittes Glas.<br />
Prestige rosé<br />
Für seine erfrischende Rosé-<br />
Farbe werden dem Brut Prestige<br />
Rosé nach der Weißwein-Assemblage<br />
zwanzig<br />
Prozent Rotwein zugefügt.<br />
Er duftet nach frischen Erdbeeren<br />
und Himbeeren, ist<br />
im Mund fein würzig und<br />
herrlich frisch.<br />
Wer kennt es nicht, das leuchtend orange-gelbe<br />
Etikett der Witwe Clicquot? Dahinter verbirgt<br />
sich ein traditionelles Champagnerhaus, das die<br />
Geschichte der Region entscheidend geprägt hat<br />
und bis heute einzigartige Champagner produziert.<br />
Brut Rosé<br />
Veuve Clicquot feiert in diesem<br />
Jahr den 200. Geburtstag<br />
des hauseigenen Rosé. Der<br />
zeigt sich fruchtig und charmant<br />
mit Aromen von Trockenfrüchten,<br />
Mandeln und<br />
Brioche und einem kraftvollen<br />
Finale.<br />
Brut<br />
Geprägt von Pinot noir ist<br />
der Brut das Symbol des Hauses<br />
Veuve Clicquot. Die Nase<br />
wird dominiert von Aromen<br />
weißer Früchte und auch<br />
etwas Brioche, am Gaumen<br />
dann kraftvoll und mit würzigem<br />
Nachgang.<br />
In seiner hundertsechzigjährigen Geschichte hat<br />
es Pol Roger zu höchsten Reputationen gebracht.<br />
Mit dem Champagner dieser Maison verbindet man<br />
Winston Churchill und Mitglieder des englischen<br />
Königshauses, erlauchte Namen, die große Liebhaber<br />
der Cuvées von Pol Roger waren und noch<br />
heute sind.<br />
Rosé Vintage 2009<br />
Der Rosé ist eine Spezialität:<br />
Dem Vintage-Champagner<br />
werden vor der zweiten<br />
Gärung fünfzehn Prozent<br />
roter Stillwein hinzugefügt.<br />
Er ist kräftig mit cremiger<br />
Textur und fruchtigen Aromen<br />
von Kirschen und Wassermelone.<br />
Réserve Brut<br />
Aromen von weißen Blüten,<br />
reifen Aprikosen, Sternfrucht<br />
und Äpfeln, dazu<br />
eine elegante Perlage, etwas<br />
Mineralität und ein langes,<br />
frisches Finish. By the way:<br />
der Hochzeitswein von Kate<br />
und William.<br />
DOM PÉRIGNON<br />
DOM RUINART<br />
PIPER-HEIDSIECK<br />
CHARLES HEIDSIECK<br />
Dom Pérignon gehört zu den prestigeträchtigsten<br />
Häusern der Champagne. Nachdem nun der langjährige<br />
Kellermeister Richard Geoffroy den Stab<br />
an seinen Nachfolger Vincent Chaperon weitergegeben<br />
hat, ist die stilistische Kontinuität auch<br />
für die kommenden Jahre gesichert.<br />
Brut 2009<br />
Ein Champagner mit einer<br />
perfekten Kraft. Er duftet<br />
nach Pfirsich, etwas Vanille<br />
und Brioche und schmeckt<br />
voll und saftig mit salzigen<br />
Noten. Ein sinnlicher Genuss<br />
für die Feiertage.<br />
Rosé 2003<br />
Der Duft von Feige und<br />
Himbeere, der Geschmack<br />
nach Schwarztee und etwas<br />
Vanille und dazu eine seidige<br />
Textur und viel fruchtige<br />
Frische. Alles, was ein<br />
Rosé braucht.<br />
Das älteste Champagnerhaus überhaupt ist bekannt<br />
für seinen animierenden Stil. Seinen Schwerpunkt<br />
legt es auf Chardonnay-betonte Champagner, die<br />
sich mit milder Frische einen Namen machen.<br />
Blanc de Blancs<br />
2006<br />
Ein Jahrgang, der Spannung<br />
und zarte Eleganz vereint.<br />
Subtile Noten von reifer<br />
Zitrusfrucht und Steinobst,<br />
dazu etwas Florales von<br />
hellen Blüten und im Mund<br />
Brioche- und Nussnoten<br />
sowie eine frische Säure.<br />
Rosé 2002<br />
Zwanzig Prozent Pinot Noir<br />
verleihen dem Rosé nicht nur<br />
seine charakteristische Farbe,<br />
sondern auch Aromen von<br />
roten Beeren, dazu etwas fein<br />
Blumiges und einen komplexen,<br />
großzügigen Abgang.<br />
Ein weiterer Heidsieck-Ableger, der sich mit dem<br />
Heidsieck Rare ein eigenes Denkmal gesetzt hat.<br />
Doch auch die anderen Champagner des Hauses<br />
sind unbedingt einen Schluck wert.<br />
Champagne Brut<br />
Der Klassiker von<br />
Piper-Heidsieck mit frischen<br />
Aromen von Apfel und Zitrus.<br />
Am Gaumen geschmeidig,<br />
gut balanciert und mit<br />
einem eleganten, säurebetonten<br />
Abgang.<br />
Rosé Sauvage<br />
Wunderbar fruchtiger Rosé,<br />
duftet nach Brombeeren und<br />
Kirsche. Im Mund mit lebhafter<br />
Perlage, Pfeffernoten<br />
und einem saftigen, weichen<br />
Finale.<br />
Alle drei Heidsieck-Häuser haben die gleichen<br />
Wurzeln. Charles Heidsieck ist wohl eine der<br />
schillerndsten Figuren der Champagne gewesen.<br />
Die Qualität der Champagner beruht vor allem<br />
auf strenger Selektion und hochwertigen Reserveweinen,<br />
die mindestens zehn Jahre alt sein müssen.<br />
Rosé Réserve<br />
Eine edle Cuvée mit feiner,<br />
subtiler Fruchtaromatik,<br />
dazu etwas Zimt und<br />
Gewürzbrot. Am Gaumen<br />
raffniert, mit feiner Salznote,<br />
klarer Frucht und perfekter<br />
Balance. Ein erfrischender<br />
Abgang.<br />
Brut Réserve<br />
Die prestigereiche Assemblage<br />
wird aus mehreren<br />
Jahrgängen und sechzig verschiedenen<br />
Lagen zusammengestellt.<br />
Duftet nach<br />
frischer Brioche und geröstetem<br />
Kaffee, schmeckt nach<br />
reifen exotischen Früchten<br />
und beglückt mit cremigem<br />
Mundgefühl.<br />
MOËT & CHANDON<br />
KRUG<br />
PERRIER JOUËT<br />
LAURENT PERRIER<br />
Ludwig XV. und Napoleon waren große Liebhaber<br />
der Champagner von Moët & Chandon. Genießer<br />
finden sich also in illustrer Gesellschaft. Die Serie<br />
Grand Vintage spiegelt die Einmaligkeit eines jeden<br />
Jahrgangs wider.<br />
Grand Vintage rosé<br />
2004<br />
Der lachsfarbene Grand Vintage<br />
Rosé 2004 überzeugt mit<br />
viel Frucht und etwas Fenchel<br />
in der Nase, am Gaumen<br />
dominieren Marzipan<br />
und reife, rote Beeren. Ein<br />
fruchtig-süßlicher Abgang<br />
macht Appetit auf mehr.<br />
Grand Vintage<br />
2008<br />
Der herrliche Duft von Lindenblüten<br />
und Akazien in der<br />
Nase wird ergänzt durch Aromen<br />
von Earl Grey und Zitrusfrucht.<br />
Im Mund spritzig<br />
und lebendig und mit warmen<br />
Aromen von Gebäck<br />
und Brioche.<br />
Als Johann-Joseph Krug, der Gründer des Hauses,<br />
im Jahr 1800 in Mainz geboren wurde, gehörte<br />
die rheinland-pfälzische Hauptstadt zu Frankreich.<br />
Offenbar prägte das den Unternehmer so<br />
sehr, dass er später nach Reims ging, um sich dort<br />
dem Schaumwein zu widmen.<br />
Grande Cuvée<br />
Die aktuelle Edition der<br />
Grande Cuvée wurde aus<br />
127 verschiedenen Weinen<br />
zusammengestellt. Sie duftet<br />
nach Nougat, Haselnuss<br />
und Rosinen. Im Mund reif,<br />
großzügig und sehr komplex.<br />
Rosé Brut<br />
Krug Rosé gibt es nur in<br />
stark limitierter Menge. Er<br />
ist sinnlich, duftet nach Blumen<br />
und Walderdbeeren und<br />
schmeckt würzig-frisch mit<br />
fruchtigem Abgang.<br />
In Glas gravierte Anemonen sind das Markenzeichen<br />
von Perrier Jouët. Die extravagante Flasche des<br />
1811 gegründeten Champagnerhauses symbolisiert<br />
die Lebensfreude der Belle Epoque. Die gleichnamige<br />
Spitzencuvée ist das Aushängeschild von<br />
Perrier Jouët.<br />
Blason Rosé<br />
Eine Cuvée aus fünfzig verschiedenen<br />
Weinen verleiht<br />
dem Rosé seinen intensiven<br />
Charakter. Nach drei<br />
Jahren Flaschenreife überzeugt<br />
er mit Aromen von<br />
reifen roten Früchten, Veilchen<br />
und Rosen und einem<br />
intensiven und animierenden<br />
Geschmack.<br />
Belle Epoque 2011<br />
Nach sechs Jahren auf der<br />
Hefe duftet der Wein wunderbar<br />
nach Mandeln, hellen<br />
Früchten und Honig. Am<br />
Gaumen frisch und mineralisch<br />
mit angenehmer<br />
Balance von Säure und Cremigkeit.<br />
Wie in vielen Champagnerhäusern bestimmen auch<br />
bei Laurent Perrier vor allem Frauen die Geschicke.<br />
Das Geheimnisvolle ihrer Champagner hat also<br />
durchaus eine sehr weibliche Note.<br />
Grand Siècle<br />
Unzählige Weine prägen den<br />
Charakter des Grand Siècle,<br />
gezielt ausgewählt aus drei<br />
verschiedenen Jahrgängen,<br />
die jeweils Struktur, Finesse<br />
und Frische beisteuern. Ein<br />
großer Champagner mit<br />
Fülle und Mineralität, komplex,<br />
subtil und aromatisch.<br />
Cuvée Rosé brut<br />
Ein Rosé-Champagner aus<br />
hundert Prozent Pinot noir.<br />
Duftet intensiv nach schwarzer<br />
Kirsche, Johannis- und<br />
Himbeere. Am Gaumen<br />
glasklare Frucht, zugleich<br />
geschmeidig und rund.<br />
30 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 31
Mit Champagne Krug Grande Cuvée<br />
als perlendem Begleiter glänzt auch<br />
ein grandioses Fischgericht noch<br />
besonders: In seinem Restaurant<br />
L’Assiette Champenoise bei Reims<br />
bittet Drei-Sterne-Koch Arnaud<br />
Lallement seinen Freund Olivier Krug<br />
aus der sechsten Generation der<br />
Gründerfamilie zu einem bretonischen<br />
Steinbutt mit Celtuce, Pfifferlingen und<br />
einer mit Vin Jaune bereiteten Sauce.<br />
Foto: Krug<br />
» EIN OZEAN VOLLER<br />
MÖGLICHKEITEN«<br />
DIE MAISON KRUG ERK<strong>UND</strong>ET FASZINIERENDE<br />
PAARUNGEN VON SPEISEN <strong>UND</strong> CHAMPAGNER<br />
Kein anderes Champagnerhaus hat in seiner Geschichte so nachhaltig auf Champagner als Essensbegleiter<br />
aufmerksam gemacht wie Krug. Kein Wunder, dass viele große Küchenchefs weltweit bekennende<br />
Krug-Anhänger sind. Seit vier Jahren nun lässt die Maison ihre kochenden Botschafter, die Krug-Chefs,<br />
Gerichte erfinden, die sich um eine einzelne Zutat drehen und den Liebhabern die Kombinationsmöglichkeiten<br />
ihres Champagners demonstrieren sollen. Thema in diesem Jahr: »Krug × Fisch«.<br />
Von STEFAN PEGATZKY<br />
Champagner zu Silvester, nach einem Sieg beim Sport oder<br />
anlässlich eines erfolgreichen Geschäftsabschlusses: Gehobene,<br />
Fotos JOHANNES GRAUDer<br />
festliche Momente, in denen wir »mit etwas anstoßen« und uns<br />
belohnen mit einem Glas sprudelnder Lebensfreude. Aber vergessen wir<br />
dabei nicht die Hauptsache? Dass Champagner in erster Linie ein Wein<br />
ist? Dass er Genuss bereiten soll, und zwar gerade auch zum Essen? In<br />
Frankreich galt der Champagner seit dem 18. Jahrhundert als beinahe<br />
obligatorische Begleitung zum »Souper«, dem Abend- oder Nachtessen<br />
der gehobenen Gesellschaft. An den Rand eines Menüs wurde er erst<br />
durch die Einführung des »Aperitifs« um 1890 gedrängt, als die nordund<br />
osteuropäische Sitte des Trinkens vor der eigentlichen Mahlzeit<br />
auch in Frankreich Fuß gefasst hatte.<br />
Gerade in der Champagne aber hatte die Gewohnheit, ein ganzes<br />
Menü durch Champagner begleiten zu lassen, überdauert. Schließlich<br />
vermag sich dank der prononcierten Säure und der durch lange Hefelagerung<br />
fast cremig gewordenen Textur kein Getränk so gut an unterschiedlichste<br />
Speisen anschmiegen. Um dies wieder ins Bewusstsein zu<br />
rufen – und natürlich auch, um das unauflösbare Band zwischen dem<br />
Champagner und der Haute Cuisine zu demonstrieren – hatten die<br />
Brüder Henri und Rémy Krug, die leitende fünfte Generation des gleichnamigen<br />
Champagnerhauses, zwischen 1985 und 1997 eine legendäre<br />
Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen: Menüs von Spitzenköchen<br />
wie Alain Chapel, Joël Robuchon oder Alain Ducasse, die zu einem<br />
bestimmten Thema (etwa einzelnen Zutaten wie Lachs, Geflügel oder<br />
Krustentiere) ausschließlich durch unterschiedliche Champagner des<br />
Hauses Krug begleitet wurden.<br />
Es waren großartige, freilich auch elitäre Veranstaltungen in einer<br />
Zeit, in der sich die 1843 gegründete Maison ganz selbstverständlich als<br />
die Nummer eins in der Champagne verstand und auch entsprechend<br />
auftrat. Damit war allerdings Schluss, nachdem das einstige Familienunternehmen<br />
1999 an den französischen Luxuskonzern LVMH verkauft<br />
wurde und insbesondere, seit nach der Finanzkrise von 2008 Margareth<br />
»Maggie« Henriquez als CEO und Präsidentin von Krug eingesetzt<br />
wurde. Gemeinsam mit Olivier Krug, einem unermüdlichen Botschafter<br />
des Hauses aus der sechsten Generation der Gründerfamilie, steht sie<br />
für eine ganz neue Transparenz der Luxusmarke.<br />
Zugleich half ihr ein Zufallsfund, das Selbstverständnis der Maison<br />
von Grund auf zu erneuern, oder besser: wieder herzustellen. Denn ein<br />
Jahr nach dem Antritt von Margareth Henriquez fand sich ein Notizbuch<br />
des Gründers Johann-Joseph Krug von 1848, in dem dieser seinem<br />
sechsjährigen Sohn Paul die Grundidee überliefert, durch die sich<br />
das Champagnerhaus von allen anderen unterscheiden solle: »Jedes<br />
gute Haus sollte nur zwei Champagner von der gleichen Qualität<br />
produzieren« – einen von großen Lagen und vinifiziert aus dem besten<br />
Lesegut eines jeden Jahres und einen, der die besonderen Umstände<br />
eines bestimmten Jahrgangs erkennen lässt – die Urformen von Krug<br />
Grande Cuvée und Krug Vintage. Zugleich war dadurch klar, dass die<br />
Grande Cuvée eine nicht weniger individuelle Schöpfung war als die<br />
Vintage – anders als die Non-Vintage-Champagner anderer Häuser,<br />
die als Einstieg möglichst den gleichbleibenden Stil des Hauses verkörpern<br />
sollen. Ein Umstand, dem Krug nun durch die Angabe einer IDsowie<br />
Editionsnummer Rechnung trägt. Über diese erhält der Konsument<br />
nähere Informationen zum Jahrgang, zur Assemblage sowie dem<br />
Degorgierdatum einer bestimmten Charge.<br />
Zugleich begriff man bei Krug durch die Lektüre des Tagebuchs,<br />
dass alle zur Herstellung des Champagners benötigten Grundweine,<br />
die ja von zahlreichen unterschiedlichen Parzellen<br />
stammen, eine eigene Persönlichkeit haben. Das war die Grundlage<br />
des heute fast obsessiv betriebenen »Parcel-Approaches«, eines auf<br />
das Terroir fokussierten Ansatzes, in dem jeder von einer unterschiedlichen<br />
Parzelle stammende Wein separat ausgebaut wird und als möglicher<br />
Bestandteil eines der Endprodukte des Hauses begriffen wird. Das<br />
führt dazu, dass jedes Jahr von neuem im Frühling die Grande Cuvée von<br />
Krug aus nicht weniger als zweihundertfünfzig einzelnen Weinen eines<br />
jeweiligen Jahres und hundertfünfzig Reserveweinen komponiert wird –<br />
und zwar ohne Ansehen der Hierarchie der Herkunft, obwohl diese in<br />
der Champagne traditionell von großer Bedeutung ist und Krug mit den<br />
Spitzenlagen der Region – sei es durch eigenen Besitz oder durch langfristige<br />
Verträge mit besten Weinbauern – auch durchaus gesegnet ist.<br />
Dieses absolute Bestehen auf Individualität bildet denn auch<br />
das Leitmotiv des neuen Interesses der Maison Krug am Pairing von<br />
Champagner mit Essen. Seit gut zwanzig Jahren ist das Haus eng mit<br />
Arnaud Lallement verbunden, der damals noch ein junger Koch aus der<br />
Region war. Lallement hatte bei einigen der ganz Großen gelernt (Roger<br />
Vergé, Michel Guérard und Alain Chapel) und gerade das väterliche<br />
Haus übernommen. Sein Restaurant, das »L’Assiette Champenoise«<br />
(zu Deutsch: »Der Teller aus der Champagne«) in Tinqueux nahe<br />
Reims, wurde 2001 mit dem ersten, 2005 mit dem zweiten und 2014 mit<br />
dem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet – und ist heute das höchstdekorierte<br />
Haus in der Champagne. Seine Weinkarte führt unter anderem<br />
tausend verschiedene Champagner auf, mit einem besonderen Schwerpunkt<br />
auf Krug. Seit die Maison ihr »Hôtel Particulier« in Reims, den<br />
alten Stammsitz der Familie, hat renovieren lassen, verantwortet er<br />
auch dort die Küche.<br />
Tatsächlich hat sich die Küche von Arnaud Lallement in enger<br />
Zusammenarbeit mit dem Champagnerhaus und insbesondere Olivier<br />
Krug entwickelt, mit dem ihn inzwischen eine enge Freundschaft verbindet.<br />
Von Anfang an waren drei Fragen essentiell für Lallement: Woher<br />
stamme ich? Was finde ich vor? Für wen koche ich? Seine Antworten<br />
waren und sind eindeutig: Ich stamme aus der Champagne; ich finde den<br />
Champagner vor; ich koche für die Menschen, die in die Champagne<br />
kommen. Darum ist jeder wesentliche Akkord seiner Küche aus dem<br />
Dialog mit dem Schaumwein entstanden, und deswegen möchte er,<br />
dass jeder Gang eines seiner Menüs mit einem Champagner harmoniert.<br />
Schon um das Jahr 2000 habe er große Champagner glasweise anbieten<br />
wollen, was bei den traditionsreichen Maisons auf kein großes Verständnis<br />
stieß – außer bei Olivier Krug.<br />
34 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 35
MEHR LICHT!<br />
INGO MAURER IST EINER DER ERFOLGREICHSTEN LAMPEN- <strong>UND</strong><br />
LICHTDESIGNER DER WELT, SEINE WERKE HÄNGEN UNTER ANDEREM<br />
IM NEW YORKER MUSEUM OF MODERN ART. SEIN ERFOLGSREZEPT?<br />
DER GLAUBE AN DIE MACHT DES ZUFALLS<br />
Von ALENA SCHRÖDER<br />
Fotos: Ingo Maurer<br />
Manchmal braucht es nichts weiter als eine Flasche Rotwein und eine anständige Portion Spaghetti Neri,<br />
um auf eine richtig gute Idee zu kommen. Eine Idee, die in die Geschichte eingeht, die zum Klassiker wird<br />
und weltweite Begeisterung auslöst. So erging es Ingo Maurer, als er Mitte der sechziger Jahre nach einem<br />
üppigen Mittagessen in Venedig eine Siesta halten wollte. »Ich war ein bisschen benebelt vom Wein und<br />
ging zurück in meine Herberge, um mich hinzulegen, und da hing eine einzelne, nackte Glühbirne von der<br />
Decke. Und da habe ich mich plötzlich verliebt in dieses Objekt. Ich habe mich sofort auf die Matratze gesetzt<br />
und sie gezeichnet«, erzählt der sechsundachtzigjährige Designer. Gleich am nächsten Tag ließ er sich in<br />
einer Glasbläserei ein vergrößertes Glühlampenmodell anfertigen, zuhause in München kam noch ein verchromter<br />
Metallsockel dazu – fertig war die Tischleuchte »Bulb«, eine überdimensionierte Glühbirne, in<br />
deren Inneren als Leuchtmittel eine weitere Glühbirne steht.<br />
Mit »Bulb« begann die Karriere von Ingo Maurer, der zuvor<br />
als Grafikdesigner in München, New York und San Francisco<br />
gearbeitet hatte, als einer der innovativsten Lampen- und Lichtdesigner<br />
der Welt. Die New York Times berichtete über »Bulb«, das<br />
New Yorker Museum of Modern Art nahm die Leuchte in ihre Design<br />
Collection auf – wie später noch viele weitere seiner Arbeiten. Bis heute<br />
ist »Bulb« ein zeitloser Klassiker und die vielleicht schönste Hommage<br />
an eine der bedeutendsten Erfindungen der Menschheitsgeschichte.<br />
Tatsächlich steht die Liebe und die Faszination für die Glühbirne im<br />
Zentrum vieler Arbeiten von Ingo Maurer. Er versteckt seine Leuchtmittel<br />
nicht, er inszeniert sie. Er verleiht Glühbirnen Flügel, wie in<br />
seiner Serie »Birds«, er lässt sie von Schmetterlingen umschwirren<br />
oder von Zetteln, die sich wie flüchtige Gedanken um ein mystisches<br />
Feuer gruppieren. Ingo Maurers Lampen lassen in ihrer Dynamik und<br />
Verspieltheit niemanden kalt, sie provozieren, lösen Emotionen aus,<br />
machen gute Laune. Ein geradezu kindlicher Enthusiasmus steckt in<br />
seinen Arbeiten, denen man den Moment der Inspiration anzusehen<br />
meint – wie etwa dem Objekt »Porca Miseria!«, einer Explosion aus<br />
Keramikscherben, welche die Glühlampe umhüllen wie das eingefrorene<br />
Bild eines Küchenmissgeschicks. »Ich glaube viel mehr an die Macht<br />
des Zufall als an die Intention«, sagt Ingo Maurer. Oftmals sei es gar<br />
keine konkrete Idee, die ihm in den Sinn käme, sondern ein Gefühl, eine<br />
Stimmung, der er sich anzunähern versucht und<br />
die dann durch einen Zufall zu einem konkreten<br />
Objekt wird. In seiner Münchner Firma beschäftigt<br />
er inzwischen mehr als sechzig Mitarbeiter, die ihm<br />
dabei helfen, seine Ideen umzusetzen.<br />
Geboren und aufgewachsen ist Ingo Maurer<br />
auf der Bodenseeinsel Reichenau. Sein Vater war<br />
Fischer und gleichzeitig ein begeisterter Bastler<br />
und Erfinder: Er erfand etwa einen zerlegbaren<br />
Räucherschrank für Schwarzwälder Speck, der den<br />
Rauch zusätzlich kühlt. Den Spaß an Technik, am<br />
Ausprobieren, den hat er sicherlich von ihm geerbt.<br />
»Von meinem Vater habe ich aber auch ganz viel<br />
über Licht gelernt, wenn auch unbewusst«, erzählt<br />
Ingo Maurer. Gemeinsam seien sie oft zum Fischen<br />
rausgefahren auf den See, auch wenn Ingo Maurer<br />
als Junge mehr ein Tagträumer als ein begnadeter<br />
Fischer war. »Das Licht tanzte auf dem Wasser und<br />
es war wunderbar, vom Boot aus nach oben in die<br />
Pappeln zu sehen, deren Blätter ja eine dunkle und<br />
eine helle Seite haben«, erzählt er. Genau diese<br />
Ein Zauberer und Poet:<br />
Alle Leuchtkreationen<br />
des Design-Künstlers<br />
Ingo Maurer erzählen<br />
Geschichten – mit<br />
»Porca Miseria!«, »Bulb«<br />
und »L’Uccellino« setzt<br />
er der Phantasie seiner<br />
Kunden ein Licht auf.<br />
38 <strong>FINE</strong> 3 | 2018 <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>DAS</strong> <strong>MAGAZIN</strong> <strong>FÜR</strong> <strong>GENUSS</strong> <strong>UND</strong> <strong>LEBENSSTIL</strong> <strong>FINE</strong> 3 | 2018 39
WELTOFFEN AM<br />
HEIMISCHEN HERD<br />
UNTER DEN SPITZENKÖCHEN DEUTSCHLANDS GILT HANS STEFAN<br />
STEINHEUER ALS EINER DER BODENSTÄNDIGSTEN. DIE TRADITIONEN<br />
SEINER HEIMAT VERBINDET DER HEPPINGER ALLERDINGS MIT<br />
GRENZENLOSER NEUGIER AUF BESTE PRODUKTE AUS EUROPA<br />
Von DIETER MATHIAK<br />
Fotos GUIDO BITTNER<br />
dem er die Alte Post von seinen Eltern übernommen hatte.<br />
In dem Gasthof, den schon die Großeltern gekauft und<br />
zu einem florierenden Betrieb aufgebaut hatten, stand er<br />
schon als Teenager aushilfsweise in der Küche, arbeitete<br />
nach seiner Ausbildung zum Koch sogar im legendären<br />
Restaurant Erbprinz in Ettlingen – Ende der Siebziger Jahre<br />
eine kulinarische Institution in Deutschland. Nach dem<br />
letzten Schliff bei Jörg Müller und dessen Bruder Dieter<br />
in den Schweizer Stuben in Wertheim kehrte er 1985 mit<br />
großen Plänen und viel Engagement nach Hause zurück.<br />
Zusammen mit seiner Frau Gabriele setzte er in den Folgejahren<br />
seine Vorstellung von guter Küche um. Schnell kam<br />
der erste Stern, bald folgte der zweite. Was noch kam, war<br />
neue Kundschaft. Sie reiste bald nicht mehr aus der näheren<br />
Umgebung an, sondern auch aus den Metropolen von Nordrhein-Westfalen<br />
oder aus dem Rhein-Main-Gebiet. Mit der<br />
Zeit wurde die Alte Post Ziel für internationale Gourmets.<br />
Man gewöhnte sich schnell aneinander, Steinheuer und seine<br />
Gäste, und letztere wuchsen mit, lernten Neues lieben und<br />
Produkte kennen, die nach damaliger Meinung nicht als fein<br />
galten. »Vor fünfzehn Jahren haben wir noch Beschwerden<br />
bekommen, weil wir zum Amuse-bouche Kutteln serviert<br />
haben oder Schnecken. Heute ist das nicht mehr der Fall«,<br />
sagt Steinheuer. Es hat sich herumgesprochen, nicht nur<br />
bei den Menschen von der Ahr, dass es nicht immer ausschließlich<br />
um Filet und Kotelett geht. Nachhaltigkeit ist<br />
inzwischen auch bei jenen ein Thema, für die noch vor<br />
wenigen Jahren Klimaschutz, Ressourcenmanagement und<br />
Food Waste Fremdwörter waren. Zugenommen hat die<br />
Neugier. »Die Gäste fragen aber immer mehr nach, woher<br />
die Produkte kommen und wie sie zubereitet werden.«<br />
verwenden. Food Waste? Wegwerfen nicht benötigter<br />
Anschnitte? Nicht hier!<br />
Doch bei aller Begeisterung fürs Einheimische, für die<br />
regionale Tradition: Es geht nicht darum, ausschließlich<br />
das zu verwenden, was vor der Haustür gedeiht. Dafür ist<br />
Steinheuer viel zu neugierig, dafür ist auch die Ahr viel zu<br />
nah an den Grenzen zu Belgien, Frankreich, Luxemburg.<br />
Und dafür hat der Chefkoch letztlich viel zu sehr Respekt<br />
vor den klassischen Kochtraditionen, die er immer wieder<br />
modernisiert, variiert, auf eine neue Weise denkt. Hochwertige<br />
Waren sind das A und O, aber Skepsis bleibt wichtig.<br />
Ist Bio wirklich immer der Weisheit letzter Schluss? »Man<br />
muss stets fragen, ob all die Angaben stimmen«, sagt<br />
Steinheuer. »Kann es eigentlich so viele Bio-Produkte<br />
geben, wie sie auf dem Markt sind? Welche Art von Bio<br />
ist das dann eigentlich?« Bretonischen Hummer mit Kohlrabi<br />
und Kerbel kann es in der Gourmetabteilung geben,<br />
wenn die Saison stimmt, ebenso das Kalbsbries mit Kichererbsen<br />
oder die Nantaiser Ente mit einem fein abgestimmten<br />
Anisjus. Für Steinheuer ist es kein Widerspruch zur Nachhaltigkeit,<br />
wenn er erst isländischen Kaisergranat reichen<br />
lässt und ein paar Gänge später einen Eifeler Lammrücken<br />
brät und die begehrte Leber dazugibt. Drüben im Landgasthof<br />
Poststuben geht es nur vermeintlich einfacher zu.<br />
Gebratene Kalbsblutwurst mit Linsensalat steht womöglich<br />
auf der Karte, zu den Seeteufelmedaillons serviert man<br />
Hummersauce – es gab ja in der Küche noch Karkassen<br />
vom Hummer! –, und manche Gäste kommen ausschließlich<br />
wegen des Ahrtaler Rehsauerbratens mit gestovten<br />
Äpfeln, Spitzkohl und Knödeln. Ein Klassiker, der natürlich<br />
nur dann zur Verfügung steht, wenn frisches Wild zu<br />
haben ist. Die Berücksichtigung der Saison, die wechselnde<br />
Karte: Es ist logisch, dass man hier mit den Jahreszeiten<br />
geht. Zur Nachhaltigkeit gehört für Hans Stefan Steinheuer<br />
auch, dass das Angebot nicht zu umfangreich ausfällt und<br />
dass etwas ausgehen kann, wenn sich mehr Gäste für ein<br />
Gericht entscheiden, als geplant war.<br />
Was immer da ist, auch wenn der Andrang besonders<br />
groß ausfällt, ist der Wein. »Wir sind in einem Weinbaugebiet,<br />
einige der besten Winzer Deutschlands befinden sich<br />
in der unmittelbaren Umgebung«, schwärmt Hans Stefan<br />
Steinheuer. Reben gepflanzt, Weinberge bewirtschaftet und<br />
Trauben gekeltert haben die Menschen hier schon vor Jahrhunderten.<br />
Aber so, wie sich die Gastronomie entwickelte,<br />
machten auch die Weinerzeuger Fortschritte. »Die Winzer<br />
haben hier in den Achtzigern begonnen, nachzudenken<br />
über Klone, die Bodenbewirtschaftung, den Ausbau, auch<br />
über das Alter der Reben«, erzählt der Koch, der längst<br />
ein Weinkenner geworden ist. »Früher hat man die Reben<br />
nach dreißig Jahren einfach ersetzt, heute lässt man sie drin<br />
und weiß zu schätzen, was sich da entwickelt, auch wenn<br />
die Erträge der alten Stöcke niedrig sind.« Die hiesigen<br />
Produzenten, die Steinheuer persönlich kennt, werden für<br />
ihre Arbeit mittlerweile auch angemessen bezahlt. »Die<br />
Preise für die berühmten Ahrweine sind inzwischen so,<br />
dass die Winzer davon leben und auch investieren können.<br />
Das gehört auch zur Nachhaltigkeit.« Eine ungeheure Fülle<br />
an Ahrweinen haben die Steinheuers in ihrem Restaurant<br />
zusammengetragen. Raritäten in Weiß und Rot, aus Spätwie<br />
aus Frühburgunder, und edelsüße Spezialitäten, perfekt<br />
auf die kreativen Desserts abgestimmt. Aberhunderte von<br />
Flaschen, dank der klugen Einkaufspolitik der letzten dreißig<br />
Jahre auch allerlei reife Jahrgänge, die anderswo kaum noch<br />
zu bekommen sind. Aber auch sie sind so kalkuliert, dass<br />
man sich leicht damit tut, eine zweite Flasche zu bestellen.<br />
Wein ist hier nicht dazu da, um möglichst hohe Umsätze zu<br />
erzielen, sondern dazu bestimmt, getrunken und genossen<br />
zu werden! Und wenn es kein Ahrwein sein soll, dann<br />
vielleicht Riesling von der Mosel oder vom Mittelrhein,<br />
aus Anbaugebieten, die ebenfalls nah und geschätzt sind.<br />
Désirée Steinheuer, Tochter des Chefs und Sommelière,<br />
empfiehlt aber auch Champagner und Weine aus anderen<br />
französischen Regionen. Sie ist wissbegierig und offen,<br />
bietet ihren Gourmets im Rahmen der Weinbegleitung gerne<br />
auch einmal etwas Ausgefallenes. In jedem Fall bekommt<br />
der Gast Weine solcher Erzeuger, deren Qualitätsphilosophie<br />
Hans Stefan Steinheuer vertraut.<br />
So hält es auch die nächste Generation. Sein<br />
Schwiegersohn Christian Binder ist längst zum<br />
zweiten Mann emporgestiegen, ist als Küchenchef<br />
dafür verantwortlich, dem Patron den Rücken freizuhalten.<br />
Dass der den Landgasthof in guten Händen weiß, dass die<br />
Zukunft gesichert ist, schaff allen ein gutes Gefühl. Und<br />
nachhaltig ist der sanfte Übergang ja wohl auch. Hans Stefan<br />
Steinheuer ist derweil wissbegieriger als je zuvor, besucht<br />
Produzenten, auch die in Irland, Südtirol oder Frankreich,<br />
lässt sich inspirieren von neuen Moden und Produkten, ohne<br />
irgendetwas unkritisch zu übernehmen. Bei den Winzern<br />
schaut Steinheuer auch gern vorbei, verkostet die neuen<br />
Jahrgänge und vergisst niemals, dass gutes Essen eine Sache<br />
ist, die nicht zu verkopft sein darf, die Spaß machen muss.<br />
Dass er bei allem Interesse an der Welt wie vor dreißig<br />
Jahren nichts lieber tut, als daheim in der Küche zu stehen,<br />
Saucen abzuschmecken und irgendwann die Runde durchs<br />
Restaurant zu machen, ist verständlich. Man sieht es Hans<br />
Stefan Steinheuer halt an, dass er Koch ist, Gourmet und<br />
Gastgeber mit Leib und Seele.<br />
Man sieht dem Mann an, dass er gern gut isst. Was ja einem Koch zu gönnen ist, der sein<br />
Handwerk ernst nimmt! Mit dem Wort stattlich wäre Hans Stefan Steinheuer also gut<br />
beschrieben, der Küchenchef jenes Gourmetlokals an der Ahr, das der Einfachheit halber<br />
nach ihm benannt wurde.<br />
Steinheuers Restaurant in der Alten Post gilt seit vielen<br />
Jahren als eine Referenz für gutes Essen im nördlichen<br />
Rheinland-Pfalz, und der Chef ist sogar jenen<br />
bekannt, die nie bei ihm zu Gast waren. Auf die eigenen vier<br />
Wände beschränkt sich Steinheuer nämlich nicht, Fernsehauftritte<br />
gelten dem Mann keineswegs als Zwang. Sie sind<br />
ihm schon deshalb eine Freude, weil er hier auf seine ruhige<br />
Weise zu erklären vermag, wie einfach gute Küche sein kann,<br />
wenn man schon beim Einkauf die Augen offen hat und den<br />
Eigengeschmack der Zutaten bewahrt. Außerdem erreicht er<br />
so auch Menschen, die es nicht zu ihm an die Ahr schaffen,<br />
weil sie zu weit weg wohnen oder weil sie sich den Besuch<br />
nicht leisten können. Als Chef der deutschen Abteilung des<br />
einst in Frankreich gegründeten Jungköcheclubs Jeunes<br />
Restaurateurs trug Steinheuer zusätzlich jahrelang dazu<br />
bei, dass die gehobene Küche in Deutschland selbstverständlicher<br />
wurde, als sie bis dahin war. Und in seinen<br />
Kochbüchern stellt der inzwischen beinah Sechzigjährige<br />
seine besten Rezepte vor, verrät Tricks und vermittelt die<br />
gute Küche so, dass jeder sie versteht.<br />
Doch es sollte keiner glauben, dass ein weltgewandter<br />
Mann wie Hans Stefan Steinheuer den Kontakt mit seiner<br />
Heimat verloren hätte. Schon lange beschäftigt er sich<br />
mit Themen, die erst in den letzten Jahren allgemein diskutiert<br />
wurden. Nachhaltigkeit? »Das war schon in der<br />
Zeit so, als ich noch in den Schweizer Stuben gearbeitet<br />
habe, einem damals berühmten Restaurant im fränkischen<br />
Wertheim«, erinnert sich Hans Stefan Steinheuer. Jörg<br />
Müller, sein damaliger Chef, wollte schon in den 1980ern<br />
unnötige Verluste vermeiden, ließ seine Köche wissen, dass<br />
beispielsweise vom Schnittlauch alle Teile zu verwenden<br />
seien. Dem jungen Nachwuchskoch Steinheuer musste man<br />
das nicht lange sagen. Nachhaltigkeit? »Natürlich, das war<br />
schon immer wichtig für uns«, sagt Steinheuer, der längst<br />
vom Schüler zum Meister aufgestiegen ist, der seinerseits<br />
vielen jungen Köchen gezeigt hat, wie man auf eine respektvolle<br />
Weise mit dem Produkt umgeht. »Wir haben schon<br />
früher ganze Tiere bekommen und das getan, was heute<br />
unter dem Begriff ‚From Nose to Tail’ bekannt ist.« Zum<br />
Glück für den Koch, für den Landgasthof in Heppingen<br />
und für seine Gäste waren derartige Ideen hier leichter<br />
umzusetzen als anderswo in der Bundesrepublik. Landwirtschaft<br />
spielte in dieser idyllischen Region immer eine<br />
Rolle. Die Ahr war zwar schon lange Ausflugsziel weinseliger<br />
Kölner und Bonner, galt aber auch als eine in sich ruhende<br />
Region, selbstbewusst und dem Essen mehr zugewandt als<br />
der oft nüchterne Norden der Bundesrepublik. Wild aus<br />
den umliegenden Wäldern war hier stets beliebt, der Rhein<br />
brachte Neues aus anderen Teilen der Welt, und Innereien<br />
wie Herz und Nieren zu servieren, war nie ein Problem.<br />
»Unser Glück ist ja, dass wir in der Mitte von Deutschland<br />
liegen. Für die Gäste in Süddeutschland oder Österreich<br />
ist es noch selbstverständlicher, so etwas zu bestellen, aber<br />
auch hier akzeptieren das viele Gäste und wissen, was sie<br />
an diesen Produkten haben.«<br />
Mit Gebratenem und Geschmortem nach alter Art<br />
begnügte sich Hans Stefan Steinheuer übrigens nicht, nach-<br />
Den Chef interessiert es am allermeisten. Er begnügt<br />
sich nicht damit, die Ware der Lieferanten entgegenzunehmen,<br />
auf Frische zu testen, er will mehr<br />
wissen. »Mich interessiert beim Einkauf von Rindfleisch:<br />
Woher stammt die Färse, wie ist sie gereift, wie alt ist sie?«<br />
Seine Leidenschaft als Koch spielt da eine große Rolle, aber<br />
auch seine Wurzeln machen sich bemerkbar. Eine vorgelebte<br />
Selbstverständlichkeit. »Wir haben einen eigenen<br />
Garten, und wir geben das nicht nur vor, wir verwenden<br />
die Produkte auch, die dort wachsen. Sei es im Gourmetrestaurant,<br />
sei es in der Poststube.« Ein ungeheurer Vorteil,<br />
diese Zweigleisigkeit in einem Haus. In einem Teil, in<br />
Steinheuers Restaurant, geht es fein zu. Hier reservieren<br />
die Gourmets tage- oder wochenlang im Voraus, stellen sich<br />
auf ein kulinarisches Fest mit vielen Gängen und passenden<br />
Weinen ein, Amuse-bouche und Süßigkeiten danach. In den<br />
anderen Teil – die Poststube – kommt man zum kleinen<br />
Mittagessen im Sommer, zum romantischen Abendessen<br />
in der Adventszeit oder irgendwann dazwischen. Ganz<br />
unkompliziert, ohne die Verpflichtung, eine bestimmte<br />
Anzahl an Gängen bestellen zu müssen. Was das mit Nachhaltigkeit<br />
zu tun hat? Steinheuer und seine Brigade können<br />
variieren, einen Teil des Tieres links, einen anderen rechts<br />
Konzentriert auf das <strong>FINE</strong>-Festtagsmenü: Am Pass seiner Restaurant-<br />
Küche legt Hans Stefan Steinheuer letzte Hand an den Rehrücken.<br />
Noch etwas Chorizo-Öl träufeln, dann ist der Teller perfekt. Das<br />
Anrichten des Hummers übernimmt Küchenchef Christian Binder.<br />
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