RE KW 05
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Protest - draußen vor der Tür<br />
BürgerInnenrat zum Fernpasstunnel tagte nicht<br />
Wie denkt die Bevölkerung über die Pläne der Tiroler Landesregierung<br />
zum Bau eines Fernpass-Scheiteltunnels? Das sollte<br />
am Freitag und Samstag bei einem sogenannten BürgerInnenrat<br />
geklärt werden. Für die interessierte Öffentlichkeit blieben die<br />
Türen der Bezirkshauptmannschaft indes verschlossen. Dieses<br />
Vorgehen verteidigte Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe<br />
gegenüber der RUNDSCHAU: Man habe eine ungestörte<br />
Arbeitsatmosphäre haben wollen.<br />
Von Jürgen Gerrmann<br />
Begründet wurde das vom für dieses<br />
Anhörungs-Projekt beauftragten<br />
Büro wikopreventk damit, dass alle<br />
der 15 für den Rat Auserwählten die<br />
Gelegenheit haben sollten, völlig<br />
frei ihre Meinung zu äußern – ohne<br />
Rücksicht auf etwaige Interessenvertreter<br />
oder auch die Presse.<br />
Dennoch artikulierten auch die<br />
Gegner des im schwarz-grünen Koalitionsvertrag<br />
fixierten Vorhabens<br />
ihre Meinung. Mit einem Banner<br />
(schwarze Schrift auf gelben Grund)<br />
sagten sie unmissverständlich:<br />
„Fernpaß-Scheiteltunnel – NEIN<br />
DANKE!“.<br />
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FÜR BESSE<strong>RE</strong>N NAHVER-<br />
KEHR. Darunter war auch die Bezirkssprecherin<br />
der Grünen im Außerfern,<br />
Regina Karlen. Sie legte im<br />
Gespräch mit der RUNDSCHAU<br />
zunächst einmal Wert darauf, dass<br />
es in ihrer Partei keine Unstimmigkeiten<br />
zwischen der Landes- und<br />
Bezirksebene gebe. Im Koalitionsvertrag<br />
stehe schließlich klipp und<br />
klar, dass der Tunnel das 7,5-Tonnen-<br />
Limit nicht zu Fall bringen dürfe<br />
und auch die Bestimmungen der<br />
Alpenkonvention strikt eingehalten<br />
werden müssten.<br />
Als Mitglied der Bürgerinitiative<br />
setze sie sich dafür ein, dass es mit<br />
dem Ausbau der Straßen endlich<br />
vorbei sein müsse. Stattdessen gelte<br />
es, das öffentliche Nahverkehrsnetz<br />
zu verbessern und für eine neue<br />
RUNDSCHAU Seite 6<br />
Bahn-Infrastruktur zu sorgen. Und<br />
zwar vorrangig. Das „teure und gefährliche“<br />
Tunnel-Projekt solle daher<br />
endlich fallen gelassen werden, um<br />
den Steuerzahlern nicht noch mehr<br />
Kosten dafür aufzubürden. Daher<br />
solle man nun mit Nachdruck und<br />
Zielstrebigkeit endlich am Bahntunnel<br />
arbeiten.<br />
FÜR SCHNELLE BAHN-<br />
VERBINDUNG INS INNTAL.<br />
„Von Reutte nach Innsbruck in 45<br />
Minuten!“: Dieses Ziel gab Christoph<br />
Scheiber, seines Zeichens<br />
Plansee-Betriebsrat und Rat der Arbeiterkammer,<br />
aus. Die nächste Generation<br />
müsse einfach und unkompliziert<br />
mit der Bahn und anderen<br />
öffentlichen Nahverkehrsmitteln<br />
zwischen Lech- und Inntal pendeln<br />
können. Dafür mache er sich jetzt<br />
stark. Denn das stärke auch die<br />
Wirtschaft und die Arbeitnehmer.<br />
Doch wer soll das bezahlen? „Vor<br />
gut hundert Jahren haben unsere<br />
Vorfahren für den Anschluss des<br />
Außerferns an das Bahnnetz gesorgt.<br />
Die hatten viel weniger Geld. Und<br />
so etwas soll jetzt im Reichtum nicht<br />
gehen?“, fragt der Sozialdemokrat<br />
zurück. Und: „Wenn wir wollen,<br />
dass wir eine gute Infrastruktur mit<br />
der Bahn bekommen, müssen wir<br />
es jetzt aufs Gleis setzen.“ Schon in<br />
den 70er und 80er Jahren des vergangenen<br />
Jahrhunderts habe sich<br />
die Arbeiterkammer auf Antrag von<br />
Willi Lechleitner und des heutigen<br />
Reuttener Bürgermeis-ters Luis Oberer<br />
dafür eingesetzt.<br />
Die Gruppe Alpentransit Austria<br />
(ATA) vertrat Siegfried Kerle. Für<br />
ihn und seine Mitstreiter steht fest:<br />
„Ein Scheiteltunnel würde die Attraktivität,<br />
aber nicht die Kapazität<br />
der B179 vergrößern.“ ATA fordere<br />
schon seit zwei Jahrzehnten, keine<br />
Maßnahmen zu setzen, die das Verkehrsproblem<br />
noch größer machten<br />
und nicht mehr rückgängig gemacht<br />
werden könnten: „Wir sehen es als<br />
unser gutes Recht an, unseren Lebens-<br />
und Wirtschaftsraum zu erhalten<br />
und den Durchreiseverkehr<br />
zu dosieren.“ Jeder Straßenausbau<br />
AUSSERFERNER<br />
SEIT 1922<br />
NACHRICHTEN<br />
Am Fernpass gibt es nicht nur Verkehrsstau: Auch bei den Tunnelgegnern staut<br />
sich der Frust über die dortige Verkehrssituation.<br />
RS-Foto: Zeitungsfoto.at<br />
habe bislang nur zu einem geführt:<br />
„Noch mehr Verkehr.“ Wenn es auf<br />
den Straßen keinen Platz mehr gebe,<br />
dann müsse der Massenverkehr (also<br />
die öffentlichen Verkehrsmittel)<br />
endlich Vorrang vor dem Individualverkehr<br />
bekommen.<br />
Auf der Straße (beziehungsweise<br />
vor der Bezirkshauptmannschaft,<br />
deren Tür – wie ein Schild verkündete<br />
- „aus Sicherheitsgründen“<br />
verschlossen blieb) stand auch Annemarie<br />
Gigl. Sie fühlte sich an<br />
die Zeit vor 40 Jahren erinnert, als<br />
man gemeinsam gegen eine Autobahnverbindung<br />
zwischen Ulm und<br />
Mailand gekämpft habe. Und zwar<br />
erfolgreich. Seither sei der Verkehr<br />
noch viel schlimmer geworden.<br />
Aber nach wie vor sei sie strikt gegen<br />
eine Mega-Transitroute durchs<br />
Außerfern.<br />
FÜR NEUE WEGE. Unter den<br />
Demonstrierenden war auch Christine<br />
Schneider. Sie ist ebenfalls strikt<br />
gegen den Bau des Scheiteltunnels:<br />
„Wenn man den baut, geht man<br />
den gleichen Weg weiter wie bisher.<br />
Und das heißt: mehr Verkehr. Ich<br />
aber will neue Wege gehen, Neues<br />
ausprobieren.“ Lkw müssten auf die<br />
Bahn und eine Offensive für den<br />
Nahverkehr gestartet werden: „Man<br />
muss die Kreativität, die ja schon da<br />
ist, endlich einmal einsetzen. Damit<br />
wir in einem lebenswerten Außerfern<br />
leben. Und nicht im verkehrsreichsten<br />
Gebiet Österreichs.“<br />
„Es geht um die Zukunft des Außerferns“,<br />
ist sich auch Dr. Walter<br />
Bachlechner sicher. Selbst in dem<br />
von der Landesregierung in Auftrag<br />
gegebenen Gutachten stehe ja, dass<br />
es keineswegs sicher sei, dass nach<br />
dem Bau des Scheiteltunnels das<br />
Lkw-Fahverbot halte. Und für die<br />
Pkw bringe das über 100 Millionen<br />
teure Projekt „bestenfalls drei Minuten<br />
– und an Wochenenden zusätzliche<br />
Blockabfertigungen.“ Es sei<br />
nur eine einzige Erleichterung feststellbar:<br />
„Und zwar für Lastwagen.“<br />
Das System mit dem BürgerInnenrat<br />
sei ihm relativ schleierhaft:<br />
„Ich habe mich für die Anhörung<br />
gemeldet. Dann habe ich eine E-<br />
Mail bekommen, ich sei vorgemerkt.<br />
Und dann bekam ich einen<br />
Anruf, ich sei zu alt, und wurde wieder<br />
ausgeladen.“<br />
DONNERSTAG PRÄSEN-<br />
TATION. Das Instrument des<br />
BürgerInnenrats verteidigte Landeshauptmannstellvertreterin<br />
Ingrid<br />
Felipe gegenüber der RUND-<br />
SCHAU: Man habe ganz bewusst<br />
versucht, ein buntes Gremium zusammenzustellen,<br />
das eine breite<br />
Streuung aufweise und in dem nicht<br />
Vertreter von Interessengruppen<br />
oder Parteien säßen. Auch der Ausschluss<br />
der Öffentlichkeit habe seinen<br />
Sinn: „Man soll offen miteinander<br />
diskutieren können, vertraulich,<br />
nicht wie Tiere im Zoo beobachtet.<br />
Es soll eine ruhige Arbeitsatmosphäre<br />
herrschen.“<br />
Auf der Homepage der Gemeinde<br />
Nassereith steht zum BürgerInnenrat<br />
übrigens: „Die Ergebnisse<br />
werden am 31. Jänner im Rahmen<br />
eines Fernpass-Strategie-Treffens diskutiert.“<br />
Das soll dem Vernehmen<br />
nach an diesem Donnerstag ab 17<br />
Uhr im VZ Breitenwang stattfinden.<br />
Bis Redaktionsschluss war dies indes<br />
nur eher Eingeweihten bekannt.<br />
Hierzu sagt Ingrid Felipe: „Ich<br />
habe kein Problem, wenn Interessierte<br />
dazukommen wollen, um sich<br />
die Präsentation der Ergebnisse des<br />
BürgerInnenrats anzuhören.“<br />
30./31. Jänner 2019