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HOTELmagazin offline 01-2019

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MR. WHO<br />

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Sprechen Sie niemanden an, nur weil sie glauben, dass er es ist. Sie werden ihn doch nicht erkennen.<br />

Unser geheimnisvoller Mr. Who treibt sich in der Hotellerie und Gastronomie herum, schnüffelt diskret zwischen<br />

Lobby- und Sky-Bar herum, ermittelt verdeckt aus der Besenkammer heraus, spürt jedes noch so<br />

unbekannte Detail auf und bringt es pointiert und nicht immer ernst gemeint zu Papier.<br />

Über das Vorhandensein des Schaums in der Gastronomie insgesamt und über<br />

die Zunahme des Schaums als aktuelles Phänomen.<br />

Angenommen die Zucchini<br />

sind schön weich gedünstet,<br />

die zerquetschten Knoblauchzecherln<br />

sind drin, auch der<br />

gerissene Erdapfel. Nun wäre<br />

das Ganze mit dem Mixstab<br />

und etwas Obers in die gewünschte suppige<br />

Konsistenz zu bringen. Versenkst du den Stab<br />

in das zu bearbeitenden Gemüse und schaltest<br />

ein so entstehen unter bestimmten Voraussetzungen<br />

– die rotierenden Messer etwas Luft<br />

ziehen lassen - kleine Bläschen an der Oberfläche.<br />

Schaum somit.<br />

In nicht sehr ordentlich geführten Küchen<br />

(die es bei uns natürlich nicht gibt,<br />

in Nepal oder hinter dem Hindukusch<br />

vielleicht, kurz hinter Arad in Rumänien<br />

an der Schnellstraße ebenso, wird<br />

auch schon einmal ein Töpfchen mit gegartem<br />

Gemüse, oder noch ärger - mit<br />

Pilzen - in der etwas zu warmen Speisekammer<br />

(auch so was darf es bei uns natürlich<br />

nicht geben) vergessen. Über kurz<br />

oder lang beginnt ein bestimmter Fermentationsprozess,<br />

ein Gärungsvorgang bei dem<br />

unter Umständen Gase entstehen. Wie etwa<br />

auch beim kirgisischen Nationalgetränk, der<br />

vergorenen Stutenmilch - Schaum somit.<br />

Damit zu bierartigen Getränken. In Irland<br />

wird das Guinness fast ohne Schaum gezapft.<br />

Wirkt auf Unsereinen fast unappetitlich. Das<br />

Glas randvoll als würde der Gast sonst den<br />

Hals nicht vollkriegen. Tschechen, Österreicher,<br />

bis zum Exzess aber die Wiesenwirte in<br />

München, sie alle zapfen das Bier mit schönem<br />

weißen - beim Dunklen leicht bräunlichem<br />

Schaum. Eher mit zu viel als mit zu wenig.<br />

Beim Bräustübl in Mülln kann man das Zuviel<br />

hint anhalten, wenn man dem Schankburschen<br />

Trinkgeld gibt. Ich gab einmal zu viel Trinkgeld,<br />

daraufhin füllte er mir den Maßkrug als wäre<br />

das Augustiner ein Guiness. Auch beim Bier<br />

also durchaus wünschenswert - der Schaum.<br />

Die Beispiele sollen verdeutlichen – Schaum<br />

an sich ist in Küche und Schank nichts Ungewöhnliches.<br />

Andere Schäume sind hier sowieso<br />

nicht Gegenstand der Betrachtung.<br />

Nun gibt es in der Kulinarik ja eigenartige Manierismen.<br />

Dieses „ …an“ zum Beispiel. Käsebrot<br />

an Butter. Hab ich tatsächlich vor kurzem<br />

gelesen. Nicht aber bestellt, weil ich eventuell<br />

fette Hände davon bekommen hätte. Die neue<br />

Eierschwammerlgulasch AN Rahmschaum ©hz<br />

Verordnung mit der Anführung von Allergenen<br />

verwirrt sowieso schon manche Wirte<br />

beim Verfassen der Karte. Aber auch Gäste<br />

beim Lesen. Hätten sie gedacht, dass ein simpler<br />

Apfelstrudel Sulfite und /oder Schwefeldioxid<br />

enthält? Ist der Verzehr von Apfelstrudeln in<br />

diesem Lokal etwa so belastend wie ein Nachmittag<br />

in einer gut frequentierten Tiefgarage?<br />

Sautiertes Kalbsbries an Bärlauchschaum.<br />

Ochsenbackerln - die vor kurzem Einer in den<br />

Markthallen als vorher kaum beachtetes Ausgangsmaterial<br />

für warme Gerichte mit nicht<br />

gerade exorbitantem Materialaufwand entdeckt<br />

hat. Seitdem sind sie fast auf allen Karten zu<br />

finden. So ähnlich wie Spareribs, die man in<br />

meiner Jugendzeit vorwiegend zu Maggi flüssig<br />

verarbeitet hat) … Ochsenbackerln also …<br />

brauner Wurzelsoße auch, wenn sie durchaus<br />

DRINNEN schwimmen. Wir werden‘s noch<br />

oft lesen dieses sehr oft unnötige „an“. Bei<br />

Krems an der Donau ist hingegen nichts einzuwenden.<br />

Backhendlstreifen an (also neben<br />

! sowie Spitz AN der Donau) frischen Blattsalaten<br />

wäre sogar stimmig, denn die heißen<br />

Hendln oben in die Salatmarinade zu klatschen,<br />

bringt zermatschten Salat, aufgeweichte<br />

Hendlpanier und gerunzelte Stirnen bei anspruchsvollen<br />

Gästen.<br />

Dieser seit einiger Zeit omnipräsente Schaum<br />

beim Gastronomie-Angebot ist ein eigenartiger<br />

Manierismus – auf der Suppe oder/und<br />

auf der begleitenden Soße. „Flusskrebschen<br />

an Kresseschaum“ „Orangenschaumsuppe<br />

mit Ingwer“ „ Sellerieschaumsuppe“<br />

und so. Man sollte aber festhalten – die<br />

Schaumschlägerei ist manchmal ganz nett,<br />

oft unnötig, manchmal störend und in<br />

keinem Fall eine Höchstleistung der Kochkunst.<br />

Weder bei uns – siehe Absatz 1 – noch<br />

in Nepal. Selbst wenn der Schaum künstlich<br />

mit dem Quirl erzeugt wurde und nicht zufällig.<br />

Auch wenn man‘s noch so dreht und wendet<br />

– Schaum besteht aus hohem Luftanteil (<br />

oder Gärgasanteil im nepalesischen, respektive<br />

historischen Beispiel) mag also manchmal<br />

eine gewisse Geschmacksverstärkung bringen.<br />

„Lässt zwischen Lipp`und Kelchesrand ein<br />

Fürzchen ziehen“ lauten die legendären Worte<br />

eines Weintrinkers - ich weis nicht, Ringelnatz<br />

oder wer. Luft kann man aber nicht essen,<br />

also bitte nicht übertreiben, sonst landen wir<br />

bei Tafelspitzschäumchen an Spinatschaum.<br />

Eine Art von Schaum muss ich noch erwähnen.<br />

Den auf der Milchkaffeetasse. Den schätze<br />

ich, denn da habe ich tatsächlich schon wahre<br />

Kunstwerke gesehen, mit Herzerln, Blumen<br />

und Girlanden. Aber nicht dass ihr mir jetzt<br />

damit auch auf der Sellerieschaumsuppe anfangt,<br />

das Supperl etwa mit kleinen Hinweisen<br />

auf die angeblich potenzsteigernde Wirkung<br />

verbrämt…<br />

Nr. 1-19 MÄRZ I HOTELMAGAZIN OFFLINE

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