HOTELmagazin offline 01-2019
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MR. WHO<br />
57<br />
Sprechen Sie niemanden an, nur weil sie glauben, dass er es ist. Sie werden ihn doch nicht erkennen.<br />
Unser geheimnisvoller Mr. Who treibt sich in der Hotellerie und Gastronomie herum, schnüffelt diskret zwischen<br />
Lobby- und Sky-Bar herum, ermittelt verdeckt aus der Besenkammer heraus, spürt jedes noch so<br />
unbekannte Detail auf und bringt es pointiert und nicht immer ernst gemeint zu Papier.<br />
Über das Vorhandensein des Schaums in der Gastronomie insgesamt und über<br />
die Zunahme des Schaums als aktuelles Phänomen.<br />
Angenommen die Zucchini<br />
sind schön weich gedünstet,<br />
die zerquetschten Knoblauchzecherln<br />
sind drin, auch der<br />
gerissene Erdapfel. Nun wäre<br />
das Ganze mit dem Mixstab<br />
und etwas Obers in die gewünschte suppige<br />
Konsistenz zu bringen. Versenkst du den Stab<br />
in das zu bearbeitenden Gemüse und schaltest<br />
ein so entstehen unter bestimmten Voraussetzungen<br />
– die rotierenden Messer etwas Luft<br />
ziehen lassen - kleine Bläschen an der Oberfläche.<br />
Schaum somit.<br />
In nicht sehr ordentlich geführten Küchen<br />
(die es bei uns natürlich nicht gibt,<br />
in Nepal oder hinter dem Hindukusch<br />
vielleicht, kurz hinter Arad in Rumänien<br />
an der Schnellstraße ebenso, wird<br />
auch schon einmal ein Töpfchen mit gegartem<br />
Gemüse, oder noch ärger - mit<br />
Pilzen - in der etwas zu warmen Speisekammer<br />
(auch so was darf es bei uns natürlich<br />
nicht geben) vergessen. Über kurz<br />
oder lang beginnt ein bestimmter Fermentationsprozess,<br />
ein Gärungsvorgang bei dem<br />
unter Umständen Gase entstehen. Wie etwa<br />
auch beim kirgisischen Nationalgetränk, der<br />
vergorenen Stutenmilch - Schaum somit.<br />
Damit zu bierartigen Getränken. In Irland<br />
wird das Guinness fast ohne Schaum gezapft.<br />
Wirkt auf Unsereinen fast unappetitlich. Das<br />
Glas randvoll als würde der Gast sonst den<br />
Hals nicht vollkriegen. Tschechen, Österreicher,<br />
bis zum Exzess aber die Wiesenwirte in<br />
München, sie alle zapfen das Bier mit schönem<br />
weißen - beim Dunklen leicht bräunlichem<br />
Schaum. Eher mit zu viel als mit zu wenig.<br />
Beim Bräustübl in Mülln kann man das Zuviel<br />
hint anhalten, wenn man dem Schankburschen<br />
Trinkgeld gibt. Ich gab einmal zu viel Trinkgeld,<br />
daraufhin füllte er mir den Maßkrug als wäre<br />
das Augustiner ein Guiness. Auch beim Bier<br />
also durchaus wünschenswert - der Schaum.<br />
Die Beispiele sollen verdeutlichen – Schaum<br />
an sich ist in Küche und Schank nichts Ungewöhnliches.<br />
Andere Schäume sind hier sowieso<br />
nicht Gegenstand der Betrachtung.<br />
Nun gibt es in der Kulinarik ja eigenartige Manierismen.<br />
Dieses „ …an“ zum Beispiel. Käsebrot<br />
an Butter. Hab ich tatsächlich vor kurzem<br />
gelesen. Nicht aber bestellt, weil ich eventuell<br />
fette Hände davon bekommen hätte. Die neue<br />
Eierschwammerlgulasch AN Rahmschaum ©hz<br />
Verordnung mit der Anführung von Allergenen<br />
verwirrt sowieso schon manche Wirte<br />
beim Verfassen der Karte. Aber auch Gäste<br />
beim Lesen. Hätten sie gedacht, dass ein simpler<br />
Apfelstrudel Sulfite und /oder Schwefeldioxid<br />
enthält? Ist der Verzehr von Apfelstrudeln in<br />
diesem Lokal etwa so belastend wie ein Nachmittag<br />
in einer gut frequentierten Tiefgarage?<br />
Sautiertes Kalbsbries an Bärlauchschaum.<br />
Ochsenbackerln - die vor kurzem Einer in den<br />
Markthallen als vorher kaum beachtetes Ausgangsmaterial<br />
für warme Gerichte mit nicht<br />
gerade exorbitantem Materialaufwand entdeckt<br />
hat. Seitdem sind sie fast auf allen Karten zu<br />
finden. So ähnlich wie Spareribs, die man in<br />
meiner Jugendzeit vorwiegend zu Maggi flüssig<br />
verarbeitet hat) … Ochsenbackerln also …<br />
brauner Wurzelsoße auch, wenn sie durchaus<br />
DRINNEN schwimmen. Wir werden‘s noch<br />
oft lesen dieses sehr oft unnötige „an“. Bei<br />
Krems an der Donau ist hingegen nichts einzuwenden.<br />
Backhendlstreifen an (also neben<br />
! sowie Spitz AN der Donau) frischen Blattsalaten<br />
wäre sogar stimmig, denn die heißen<br />
Hendln oben in die Salatmarinade zu klatschen,<br />
bringt zermatschten Salat, aufgeweichte<br />
Hendlpanier und gerunzelte Stirnen bei anspruchsvollen<br />
Gästen.<br />
Dieser seit einiger Zeit omnipräsente Schaum<br />
beim Gastronomie-Angebot ist ein eigenartiger<br />
Manierismus – auf der Suppe oder/und<br />
auf der begleitenden Soße. „Flusskrebschen<br />
an Kresseschaum“ „Orangenschaumsuppe<br />
mit Ingwer“ „ Sellerieschaumsuppe“<br />
und so. Man sollte aber festhalten – die<br />
Schaumschlägerei ist manchmal ganz nett,<br />
oft unnötig, manchmal störend und in<br />
keinem Fall eine Höchstleistung der Kochkunst.<br />
Weder bei uns – siehe Absatz 1 – noch<br />
in Nepal. Selbst wenn der Schaum künstlich<br />
mit dem Quirl erzeugt wurde und nicht zufällig.<br />
Auch wenn man‘s noch so dreht und wendet<br />
– Schaum besteht aus hohem Luftanteil (<br />
oder Gärgasanteil im nepalesischen, respektive<br />
historischen Beispiel) mag also manchmal<br />
eine gewisse Geschmacksverstärkung bringen.<br />
„Lässt zwischen Lipp`und Kelchesrand ein<br />
Fürzchen ziehen“ lauten die legendären Worte<br />
eines Weintrinkers - ich weis nicht, Ringelnatz<br />
oder wer. Luft kann man aber nicht essen,<br />
also bitte nicht übertreiben, sonst landen wir<br />
bei Tafelspitzschäumchen an Spinatschaum.<br />
Eine Art von Schaum muss ich noch erwähnen.<br />
Den auf der Milchkaffeetasse. Den schätze<br />
ich, denn da habe ich tatsächlich schon wahre<br />
Kunstwerke gesehen, mit Herzerln, Blumen<br />
und Girlanden. Aber nicht dass ihr mir jetzt<br />
damit auch auf der Sellerieschaumsuppe anfangt,<br />
das Supperl etwa mit kleinen Hinweisen<br />
auf die angeblich potenzsteigernde Wirkung<br />
verbrämt…<br />
Nr. 1-19 MÄRZ I HOTELMAGAZIN OFFLINE