2019_09
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Kurier Nr. 9 28.2.<strong>2019</strong> Dorfspiegel Dietlikon<br />
3<br />
Neu im Amt<br />
Der Ton macht die Musik<br />
Die Grünliberalen Dietlikon haben einen neuen Präsidenten. Welche<br />
Pläne und Visionen verfolgt Gábor Csernyik – auch parteiintern?<br />
Leo Niessner<br />
Wenn sogar eine auf sprachliche<br />
Finessen bedachte Zeitung wie die<br />
«NZZ» eine Partei als «sexy» betitelt,<br />
muss sie schon etwas Besonderes<br />
sein. Wie die Grünliberalen, für<br />
die 2007 in politischer Hinsicht ein<br />
besonderes Jahr war: Mit Pauken<br />
und Trompeten feierte die GLP<br />
nach ihrer Gründung Erfolg um Erfolg,<br />
was die «NZZ» schliesslich<br />
zu der Schlagzeile veranlasste:<br />
«Der Erfolg machte sie einst sexy».<br />
Erschienen ist der Artikel 2017.<br />
Der Gebrauch der Vergangenheitsform<br />
lässt allerdings erahnen, dass<br />
damals nicht mehr alles so glänzte<br />
wie am Anfang.<br />
«Wir mussten Lehrgeld zahlen»,<br />
stellt Gábor Csernyik fest, der die<br />
Geschicke der Partei aufmerksam<br />
verfolgt und ihr in Dietlikon neu als<br />
Präsident vorsteht. Doch aus Fehlern<br />
könne man lernen. Ja, sie spornen<br />
ihn sogar an, ihr – zumindest<br />
auf lokaler Ebene – zu neuer Stärke<br />
zu verhelfen.<br />
Heute widmet er den grossen Teil<br />
der Freizeit, die ihm neben seiner<br />
Arbeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
im Amt für Wirtschaft und<br />
Arbeit des Kantons Zürich bleibt,<br />
den Grünliberalen. Bei ihnen kann<br />
er viele seiner beruflichen Stationen<br />
einfliessen lassen. Einblick in<br />
Wirtschaft und Politik erhielt er unter<br />
anderem bei seinem Studium<br />
der Volkswirtschaft in Zürich. Am<br />
spannendsten fand er die Verhaltensökonomie<br />
als Schnittstelle zur<br />
Psychologie. Später trat er eine<br />
Stelle als Berater in der Regionalen<br />
Arbeitsvermittlung (RAV) des<br />
Kantons Zürich an, am Ende in leitender<br />
Funktion. Damals reifte der<br />
Entschluss, sich auch politisch zu<br />
engagieren – im Lokalen.<br />
Zuerst wollte Csernyik in die BVD<br />
Ursprünglich hatte Csernyik eine<br />
andere Partei als die Grünliberalen<br />
Dietlikon im Visier: 2013 liebäugelte<br />
er mit einem Beitritt zur Bürgerlichen<br />
Vereinigung Dietlikon<br />
(BVD), war doch ein Freund seiner<br />
Schwiegereltern einst deren Präsident<br />
gewesen. Doch es sollte alles<br />
anders kommen. Csernyik erinnert<br />
sich: «Am Dorfmarkt traf ich meinen<br />
Nachbarn, der am glp-Stand<br />
neue Mitglieder und Behördenkandidaten<br />
suchte. Irgendwie schaffte<br />
er es, mich zu überzeugen.»<br />
Das lag zu einem grossen Teil am<br />
Parteiprogramm, mit dem sich<br />
Csernyik in der Folge eingehend<br />
beschäftigte.«Ich fühle mich in dieser<br />
Partei gut aufgehoben», sagt er.<br />
Denn sie setze sich für Werte ein,<br />
die ihm wichtig sind: eine liberale<br />
Wirtschaft auf der einen Seite, und<br />
Umweltthemen sowie Fragen der<br />
Nachhaltigkeit auf der anderen.<br />
Dass die GLP zumindest in Dietlikon<br />
einen bürgerlichen Anstrich<br />
hat, gefällt ihm. «Ich war schon immer<br />
gegen eine zu grosse Einmischung<br />
des Staates, gegen zu viele<br />
Regeln und Gesetze», sinniert der<br />
44-Jährige.<br />
Diese Abneigung ist ein Überbleibsel<br />
von Reisen in die Heimat seines<br />
Vaters: «Bevor der eiserne Vorhang<br />
fiel, reiste ich als Kind mit den Eltern<br />
regelmässig nach Ungarn.<br />
Dort nahm ich das Klima wahr,<br />
dass keiner dem anderen traute.<br />
Mein Onkel warnte uns sogar davor,<br />
den Nachbarn zu viel zu erzählen<br />
– sie hätten Spitzel des Staates<br />
sein können», erinnert sich Csernyik.<br />
Damals wusste er, dass er in einer<br />
solchen Diktatur nie leben will.<br />
Der Ton macht die Musik<br />
Eines war ihm allerdings ein Dorn<br />
im Auge: Der angriffige Ton, den<br />
die Partei in den letzten Jahren anschlug.<br />
Man müsse zwar mitunter<br />
Tacheles reden. Doch sich einfach<br />
über alles zu beklagen, bringe<br />
nichts. Csernyik ist überzeugt: Der<br />
Ton macht die Musik. Das gelte<br />
auch für den Umgang mit Behörden,<br />
der Gemeinde und anderen<br />
Ortsparteien. Obwohl hier die politischen<br />
Auffassungen oft diametral<br />
voneinander abweichen: Am Ende<br />
Wehrt sich gegen zu viele kantonale Vorschriften: Gábor Csernyik. (Foto lni)<br />
sei es doch wichtig, einen Diskurs<br />
zu führen und ein aktives Polit-<br />
Netzwerk in der Gemeinde zu pflegen.<br />
Eine Überzeugung, die er seinen<br />
Parteikollegen nun auch als Parteipräsident<br />
vermittelt. Und noch etwas<br />
hat er in seiner neuen Funktion<br />
aus dem Weg geräumt, zumindest<br />
weitgehend: die Animositäten, die<br />
innerhalb der GLP Dietlikon<br />
herrschten. «Wo Menschen miteinander<br />
interagieren, gibt es nun einmal<br />
unterschiedliche Auffassungen<br />
und Spannungen», sagt er. «Doch<br />
sie sollten auf eine Art und Weise<br />
ausgetragen werden, die konstruktives<br />
Arbeiten nicht verunmöglichen.»<br />
Denn, davon ist Csernyik überzeugt,<br />
nur durch ein geeintes Auftreten<br />
kann die GLP Dietlikon etwas<br />
bewirken. Und da gebe es doch<br />
einiges, für das sich das Engagement<br />
lohne. «Etwa dafür, dass<br />
übergeordnete Rechtsordnungen<br />
nicht Überhand nehmen», sagt er.<br />
Oft genug würde der Kanton den<br />
Gemeinden Vorschriften machen,<br />
wie es etwa bei der neuen Gemeindeordnung<br />
der Fall war. Natürlich,<br />
die Chancen, sich gegen kantonales<br />
Recht zu wehren, seien gering.<br />
Doch ein Zeichen müsse man gelegentlich<br />
schon setzen. «Und dann<br />
sind da gleichzeitig lokale Themen<br />
wie Tempo-30-Zonen, deren Schaffung<br />
der GLP Dietlikon vor allem<br />
aus sicherheitspolitischen Überlegungen<br />
ein Anliegen wären.»<br />
Wie er so von seinen Ideen und Plänen<br />
erzählt, wirkt Csernyik voller<br />
Tatendrang und Enthusiasmus. Da<br />
liegt die Frage nahe, ob er mit einer<br />
späteren Kandidatur für den Kantonsrat<br />
liebäugelt. Der 44-Jährige<br />
winkt ab. Nein, das kommt momentan<br />
für ihn nicht in Frage. Er<br />
sei mit seiner Funktion als neuer<br />
Parteipräsident der GLP Dietlikon<br />
zufrieden und zusammen mit der<br />
Arbeit in der Sozialbehörde ausgelastet.<br />
Mehr Aufgaben mag er sich<br />
auch aus gesundheitlichen Gründen<br />
nicht aufhalsen. Ein Hirninfarkt,<br />
der ihn vor zwei Jahren aus heiterem<br />
Himmel traf, hat ihn dazu gezwungen,<br />
ruhiger zu treten.<br />
Das müsse er sich immer wieder in<br />
Erinnerung rufen, sagt Csernyik,<br />
auch bei seiner Tätigkeit im Amt für<br />
Wirtschaft und Arbeit Kanton Zürich,<br />
bei dem er extra in eine andere<br />
Funktion ohne Führung gewechselt<br />
hat. Die Einsichten, die er bei seiner<br />
Arbeit erhält, würden ihm wertvolle<br />
Erkenntnisse für seine politische<br />
Arbeit liefern. «Zwei Herzen schlagen<br />
manchmal in meiner Brust»,<br />
sagt er. In der Sozialbehörde sei er<br />
zum Beispiel mit Einzelschicksalen<br />
von Flüchtlingsfamilien konfrontiert,<br />
die ihn berühren. Auf kantonaler<br />
Ebene müsse man sich die Frage<br />
stellen, wie man mit der Zuwanderung<br />
bzw. dem Zugang zum Arbeitsmarkt<br />
umgehen solle. Eines ist<br />
sicher, die Diskussionsthemen gehen<br />
Csernyik und «seinen» Grünliberalen<br />
in Dietlikon nicht aus.<br />
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