Rundbrief der Emmausgemeinschaft - Ausgabe 01|19
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Thema | 11<br />
Dazu wie<strong>der</strong> Hartmut Rosa: „Resonanz<br />
meint ein Weltverhältnis, in dem uns etwas<br />
anspricht und berührt. Wir begegnen<br />
den Augen eines an<strong>der</strong>en, einem Satz,<br />
einer Melodie o<strong>der</strong> einem Arbeitsgegenstand:<br />
Wir erfahren einen Anruf und<br />
reagieren darauf, werden selbstwirksam.<br />
Das Aufleuchten <strong>der</strong> Augen indiziert einen<br />
solchen Resonanzmoment, in <strong>der</strong><br />
Natur, bei <strong>der</strong> Arbeit, im Dialog. Tatsächlich<br />
sind Menschen von Kind an Resonanzwesen;<br />
sie entwickeln sich in allen<br />
Dimensionen ihres Daseins durch solche<br />
Resonanzerfahrungen … Resonanz lässt<br />
sich nicht erzwingen; nie lässt sich mit<br />
Sicherheit vorhersagen, wo sie sich einstellt.“<br />
Und trotzdem sind Resonanzerlebnisse<br />
kein Zufall. Es braucht jedoch nicht<br />
viel – zunächst nur ausreichend Schlaf.<br />
Nur ausgeruht spüre ich Resonanzen.<br />
Eine deutsche Gesundheitsstudie kam<br />
2012 zu dem Ergebnis, dass Jugendliche<br />
unter <strong>der</strong> Woche durchschnittlich etwas<br />
mehr als sechseinhalb Stunden pro Nacht<br />
schlafen, am Wochenende neun Stunden.<br />
Damit schlafen sie deutlich weniger<br />
als ältere Erwachsene, obwohl sie in ihrer<br />
Lebensphase eigentlich mehr Schlaf benötigen.<br />
Genug Schlaf ist nur <strong>der</strong> Anfang. Dann<br />
gilt es, die mit sozialen Medien verbrachte<br />
Zeit einzuschränken und stattdessen<br />
etwas in <strong>der</strong> echten Welt zu unternehmen:<br />
handwerklich arbeiten, freiwillige<br />
Arbeit leisten, kreative Dinge tun, ein Instrument<br />
lernen, eine Fremdsprache ...<br />
Das Gehirn will beschäftigt sein.<br />
Soziale Medien vs.<br />
soziale Begegnungen<br />
Das Folgende mag nicht jede/r hören:<br />
Zu viel Zeit am Smartphone macht<br />
nachweislich depressiv – und damit weniger<br />
resonanzfähig. Allein die gebeugte<br />
Körperhaltung beim Wischen über<br />
den Touchscreen bewirkt eine Neigung<br />
zu Freudlosigkeit. Das wird langsam zur<br />
Volkskrankheit, denn Umfragen zufolge<br />
verbringen wir heute durchschnittlich<br />
rund ein Drittel unseres Tages einsam am<br />
Smartphone. Zu dieser Thematik passt<br />
<strong>der</strong> humorige Appell des Soziologen Harald<br />
Welzer: „Am besten schmeißen Sie<br />
Ihr Smartphone überhaupt weg und besorgen<br />
sich – die gibt‘s noch für Rentner<br />
– gute alte Handys, die nichts können. Es<br />
gibt auch – noch besser – jede Menge<br />
gebrauchte. Die ultimative Alternative ist<br />
das iStone, ein Stück Granit, geformt wie<br />
ein iPhone. Das kann gar nichts. Perfekt.“<br />
Ich persönlich erfahre immer wie<strong>der</strong>, dass<br />
Menschen soziale Wesen sind und einan<strong>der</strong><br />
gerne helfen. Das sehe ich täglich in<br />
<strong>der</strong> Großstadt, in Bussen, an meiner Arbeitsstelle,<br />
bei meinen Wohnungsnachbarn.<br />
Die große Mehrheit ist freundlich,<br />
ehrlich und unterstützt an<strong>der</strong>e Menschen,<br />
wo immer es geht. Das ist uns<br />
quasi genetisch eingeschrieben.<br />
Pflegen wir diese Gabe! Und lassen wir<br />
nicht zu, dass sie durch subtile Angriffe<br />
auf unsere Lebenszeit und Aufmerksamkeit<br />
verschüttet wird. So einfach ist das.<br />
Walter Steindl leitet das<br />
Emmaus-Wohnheim am Kalvarienberg<br />
in St. Pölten.