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<strong>Stadt</strong>-<strong>Anzeiger</strong> Nr. <strong>648</strong> 14. März 2019 Seite 20<br />
E<br />
Wir gratulieren zur Eröffnung,<br />
bedanken uns für das Vertrauen<br />
und freuen uns auf eine weiterhin<br />
gute Zusammenarbeit!<br />
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Yoga Vidya erweckt ehemalige Klinik Lippe zu neuem Leben<br />
Indische Rituale statt kranker Menschen<br />
Jeden Morgen, zur genauen Minute<br />
des Sonnenauf- bzw. untergangs züngelt<br />
eine kleine Flamme aus einem<br />
der Meditations- und Übungsräume<br />
von Mahameru. Mantra-Klänge, in<br />
Sanskrit liebevoll gesungen, klingen<br />
durch die Luft. Stets finden sich hier<br />
ein oder mehrere Mitglieder des<br />
Sanierungsteams ein, um das kleine<br />
Feuer mit getrocknetem Kuhdung<br />
zu entfachen und mit Reis und<br />
flüssigem Fett anzureichern. Und<br />
die Wirkung des Rituals, das schon<br />
zur Zeit der Veden begangen wurde,<br />
ist erstaunlich: „Als wir mit den<br />
Sanierungsarbeiten begannen, war<br />
in einigen Bereichen des Hauses<br />
Schimmelbefall festzustellen“, berichtet<br />
Sarada Martina Drautzberg,<br />
Assistentin der Projektleitung.<br />
„Daher sind wir hier zunächst nur<br />
mit Mundschutz und Schutzanzug<br />
hereingegangen. Nach geraumer<br />
Zeit wurde die Energie plötzlich<br />
spürbar angenehmer. Noch bevor<br />
die baubiologischen Gutachten und<br />
Prüfungen auf Schadstoffbelastung<br />
vorlagen, gingen einige in normaler<br />
Arbeitskleidung ans Werk. Es hatte<br />
sich massiv etwas getan, noch bevor<br />
professionell entschimmelt wurde.“<br />
Sarada Drautzberg weiß um die reinigende<br />
und aufladende Wirkung für<br />
Mensch, Atmosphäre und Umwelt,<br />
die dem Ritual nachgesagt wird. Inzwischen<br />
ist diese auch wissenschaftlich<br />
untersucht: Die Bioenergien<br />
verändern sich durch das Ritual in<br />
messbarer Form. Dafür empfängliche<br />
Menschen werden dadurch in besonderem<br />
Maße energetisch aufgeladen<br />
und finden zu einer angenehmen<br />
Gemütsruhe und inneren Stabilität.<br />
Auf dem Homa-Hof Heiligenberg<br />
produziert man seit Ausführung<br />
dieses Rituals Kohlrabi, Kürbisse<br />
und Möhren in einer Größe, die<br />
surreal anmutet, und einer Qualität,<br />
die denen bekannter biozertifizierter<br />
Betrieb mindestens gleichkommt.<br />
Ideal fand einer der ersten Mithelfer<br />
auch die leichte Handhabbarkeit des<br />
Rituals und begann nimmermüde,<br />
sich jeden Tag aufs Neue um Ablauf<br />
und Durchführung zu kümmern.<br />
Doch wo nun noch größere indische<br />
Rituale vollzogen und Yoga<br />
praktiziert wird, lagen noch bis<br />
1998 erkrankte Menschen in ihren<br />
Krankenhausbetten. Denn das<br />
1976 erbaute Gebäude beherbergte<br />
ehemals die Klinik Lippe, ein Haus<br />
der Dr. Marx-Gruppe/Berlin. Erich<br />
Marx hatte nach Gründung seiner<br />
eigenen Bauträgergesellschaft, der<br />
Dr. Erich Marx GmbH, zunächst in<br />
Wohnungs- und Hotelbau investiert,<br />
Ein Foto aus dem Jahre 2007: Volker „Sukadev“ Bretz vor der zugewachsenen<br />
Klinik Lippe.<br />
Foto: Manfred Hütte (Archiv)<br />
um dann seine Tätigkeiten auch auf<br />
den Bau und Betrieb von Kliniken<br />
zu erweitern. So wurde die Klinik<br />
Lippe als Teil der Median Klinik-<br />
Gruppe geführt, die heute – unter<br />
der Regie von „Advent International“<br />
und dem Londoner Immobilien-<br />
Investor Marcol 120 Rehabilitationskliniken,<br />
Krankenhäusern und<br />
Pflegeeinrichtungen angehören. Als<br />
Kulturliebhaber hatte Marx zudem<br />
eine beträchtliche Sammlung zeitgenössischer<br />
Kunst angelegt und später<br />
der <strong>Stadt</strong> Berlin vermacht.<br />
Dr. Hans-Werner Kraft, ehemaliger<br />
Oberarzt der Klinik Lippe, erinnert<br />
sich noch gut, wie er Patienten – auch<br />
aus dem Berliner Raum in diesem<br />
Haus behandelt hat. Dass hier einmal<br />
eine yogische Einrichtung namens<br />
Mahameru entstehen würde, hätte er<br />
sich, als er 1981 in der Klinik Lippe<br />
anfing, nicht ausmalen können, denn:<br />
„Die Klinik wurde als Haus der Inneren<br />
Medizin, Rheumatologie und<br />
Gynäkologie genutzt. Die Stimmung<br />
unter den Mitarbeitern und Patienten<br />
war sehr gut. Wir haben uns hier wohl<br />
gefühlt.“ Doch als die Reform griff<br />
und die große Reha-Krise begann,<br />
sahen sich auch Dr. Marx und Dr.<br />
Axel Steinwarz, der zweite geschäftsführende<br />
Gesellschafter der Median<br />
Kliniken, nicht mehr in der Lage,<br />
die Klinik zu halten. Auch die teils<br />
kreativen Rettungsversuche leitender<br />
Klinikärzte und späterer Investoren<br />
gingen fehl. Das 220-Betten-Haus<br />
schloss 1998 seine Pforten für viele<br />
Jahre und wurde letztlich stillgelegt.<br />
Trotz der vielen Jahre ohne jegliche<br />
Pflege sieht Sukadev Bretz jedoch<br />
2007 eine Chance für die Nutzung des<br />
Hauses in der Zukunft und erwirbt<br />
die Klinik Lippe für eine geringe<br />
Summe. Seine Vision: Zusammen<br />
mit der ehemaligen „Kurklinik<br />
Silvatikum“ (Chakrapyramide) und<br />
der „Klinik am Park“ (Haus Shanti)<br />
könnte ein zusammenhängender,<br />
dreiteiliger Gebäudetrakt entstehen,<br />
in dem 1.000 Menschen gleichzeitig<br />
übernachten und Yoga praktizieren<br />
können. Doch um das Haus in der<br />
Mitte zu sanieren und in Betrieb zu<br />
nehmen, fehlen die finanziellen Mittel.<br />
Einiges mehr, so spürt Sukadev<br />
Bretz, müsste zudem geschehen: Die<br />
Zahl der Übernachtungen müsste z.B.<br />
günstigenfalls von 57.000 im Jahre<br />
2009 auf 100.000 steigen und sich die<br />
Anzahl der für Yoga Vidya aktiven<br />
Vereinsmitglieder verdoppeln. In den<br />
Folgejahren wird eifrig diskutiert, ob<br />
man eine Sanierung doch umsetzen<br />
oder das Gebäude abreißen müsse.<br />
Bis die Vision 2018 Wirklichkeit<br />
wird: Die Mitgliederversammlung<br />
stimmt im Dezember 2017 aufgrund<br />
der über die 100.000er Marke gestiegenen<br />
Gästezahlen, einem sicheren<br />
Finanzierungs- und Sanierungskonzept<br />
sowie positiv ausfallender<br />
Gutachten zur Schadstoffbelastung<br />
für eine Instandsetzung.<br />
Dr. Hans-Werner Kraft, der nach<br />
Schließung der Lippe-Klinik in<br />
der Klinik am Burggraben in Bad<br />
Salzufflen Oberarzt geworden ist,<br />
kommt bereits nach dem Erwerb der<br />
Chakrapyramide 2003 –regelmäßig<br />
ins Seminarzentrum, besucht Seminare<br />
und bietet eigene Bewegungsangebote<br />
wie „Qigong mit Pfeil und<br />
Bogen“ im Haus Shanti an. DR.<br />
Machalke, ehemaliger Chefarzt der<br />
Klinik Lippe, eröffnet als Internist<br />
und Rheumatologie in Bad Meinberg<br />
seine eigene Praxis.<br />
Sukadev Bretz und seine stetig<br />
wachsende spirituelle Gemeinschaft<br />
engagieren sich in den nächsten<br />
Jahren für Kooperationsangebote<br />
mit dem Staatsbad. Es werden<br />
enge Bande mit den ehemaligen<br />
Kurdirektoren Döhrenmeier, Paulussen<br />
und Dieckmann geknüpft,<br />
um Ideen für die Aufrechterhaltung<br />
des Kurheilbadstatus zu entwickeln.<br />
Unterdes baut man bei Yoga Vidya die<br />
ehemalige Badeabteilung, die sowohl<br />
von Patienten der Klinik Silvaticum<br />
und der Klinik Lippe genutzt wird,<br />
in große Yoga-, Büro- und Massageräume<br />
um. Wo Erkrankte damals im<br />
Schwimmbad ihre Runden zogen,<br />
werden heute im Sivandasaal große<br />
Kongresse eröffnet, allabendlich der<br />
Satsang gefeiert und Asanas geübt.<br />
Tischlerei, Ayurveda-Oase und weitere<br />
Yogaräume im Untergeschoss<br />
dienten früher als Moorküche und<br />
Ort der Heilanwendungen. Wo bis<br />
Anfang 2019 noch Büro des Wochenplan<br />
situiert war, lösten Patienten an<br />
einem Schalter ihre Tickets für den<br />
Badebereich.<br />
Auch die Entwicklung des Staatsbades<br />
ging kontinuierlich weiter.<br />
So übernahm die Gesundtourismus<br />
GmbH unter Leitung von Ludmilla<br />
Gutjahr die Geschicke des Kurheilbades<br />
und rief zusammen mit Inka<br />
Aichinger von Yoga Vidya gemeinschaftlich<br />
veranstaltete Tagesseminare<br />
und Wochenendangebote wie<br />
z.B. „Yoga – Moor – Externsteine“<br />
ins Leben, die bis heute Bestand<br />
haben. Das Ziel: ortsgebundene,<br />
traditionelle Ressourcen mit der<br />
Vielfalt des altindischen Yoga-, Ayurveda-<br />
und Entspannungsangebots<br />
verbinden und damit altes und neues<br />
Klientel erschließen.<br />
Doch die Kurgäste von morgen<br />
kommen zum großen Teil nicht mehr<br />
in Gesundheitsschuhen, sondern vermehrt<br />
in „Jesuslatschen“ und veganer<br />
Kleidung. Die Gewerbetreibenden<br />
erkennen den Trend, stellen veganes<br />
Eis her. Restaurants werden kreativ<br />
in ihrer Menüplanung – ganz ohne<br />
Käse, Fisch und Fleisch. Die Apotheke<br />
setzt verstärkt auf homoöpathische<br />
Mittel. Auch der Bioladen profitiert.<br />
Denn es sind mehrere hundert<br />
yogabegeisterte Neubürger*innen<br />
dazugekommen. Junge Familien mit<br />
Kindern siedeln sich im Ort und in der<br />
Umgebung genauso an wie Singles.<br />
Ihnen ist die Anbindung ans Haus<br />
Yoga Vidya genauso wichtig wie eine<br />
natürliche Umgebung als Ausgleich<br />
zum Büro- oder Außendienstjob. Die<br />
regionalen Bio-Landwirte setzen<br />
mit Yoga Vidya erhebliche Mengen<br />
an Lebensmitteln jährlich um, denn<br />
die Küche setzt ausschließlich auf<br />
biologisch zertifiziertes, vegane und<br />
vegetarische Speisen. Convenience<br />
kommt nicht auf den Tisch, auch<br />
nicht für 1400 bis 1500 Personen,<br />
die durch die Mahameru-Eröffnung<br />
während Festivals und Kongressen<br />
zu erwarten sind.<br />
„Ein Glücksfall für Horn-Bad<br />
Meinberg“ so sieht es der damalige<br />
Bürgermeister Eberhard Block in der<br />
Lokalzeitung aus dem Jahre 2009. Er<br />
stellt fest: „Was Yoga Vidya anpackt,<br />
funktioniert. Was hier angeboten<br />
wird, ist eine wichtige Alternative<br />
zur klassischen Kur.“ Auch Dr.<br />
Joachim Triebe, Vorsitzender des<br />
Bad Meinberg e. V., empfindet<br />
Yoga Vidya 2009 „als einer der ganz<br />
wesentlichen Motoren der Entwicklung“.<br />
Das Kliniksterben hätte einen<br />
Strukturwandel gebraucht, den Yoga<br />
Vidya eingeleitet hätte. Der damalige<br />
Kurdirektor Wolfgang Diekmann<br />
schätzt damals den Aufwind in Bad<br />
Meinberg angesichts dieser positiven<br />
Veränderungen. 1<br />
So bemüht man sich bei Yoga Vidya<br />
neben der vornehmlich weiblichen<br />
Hauptzielgruppe um die 40 verstärkt<br />
darum, die Generationen miteinander<br />
zu verbinden, Angebote für Teenies<br />
und älter werdende Menschen zu<br />
entwickeln und auch das „starke<br />
Geschlecht“ für die jahrtausendealte<br />
Praxis zu erwärmen. Mit Erfolg<br />
das XPerience Festival im August,<br />
Vidya Bliss als Zelt-Event für Teens,<br />
das Musikfestival im Mai und der<br />
Ayurveda-Kongress im Juni ziehen<br />
neben den 2900 Seminaren jährlich<br />
immer mehr Neulinge nach Bad<br />
Meinberg.<br />
Viele davon reisen aus der ganzen<br />
D-A-CH-Region, den Benelux-<br />
Staaten, aus Spanien, Italien, Großbritannien,<br />
Frankreich oder den osteuropäischen<br />
Ländern an, und immer<br />
mehr sind gekommen um zu bleiben<br />
– als aktiv tätige Vereinsmitglieder,<br />
als neue Bewohner auf Lebenszeit in<br />
Mahameru oder als Mithelfer für ein<br />
paar Monate, um sich einer neuen,<br />
spannenden Erfahrung zu öffnen.<br />
Doch auch wer sich nur eine leckere<br />
vegetarische Mahlzeit am größten<br />
europäischen Bio-Buffett schmecken<br />
lassen, nach einem anstrengenden<br />
Arbeitstag eine Massage gönnen<br />
oder an einem Abendkurs teilnehmen<br />
möchte, ist herzlich willkommen.<br />
Yoga Vidya freut sich ganz besonders<br />
auf seine Gäste aus der näheren<br />
Umgebung!