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Johannisburger Heimatbrief 1976.

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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V. - <strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> 1976<br />

sie ein Fischer mit einem stark gebogenen, an der Spitze mit einem Haken<br />

versehenen Stock heran; andernfalls müssen links oder rechts Such- und Dirigierlöcher<br />

geschlagen werden, um der Treibstange die richtige Richtung zu<br />

geben. Das Drehen der Stangen an den Rechteckpunkten für die Richtungsänderung<br />

ist besonders schwierig. Ist die Treibstange an dem ersten Knickpunkt<br />

angelangt, wird die Zugleine herausgeholt und um die Babb gewickelt;<br />

das ist eine Tonne mit einer starken Mittelachse als Winde. Die Achse der<br />

Babb ist auf einem Schlittengestell montiert, das mit Eisäxten fest verankert<br />

ist. Durch diese Babb ist eine sechs bis acht Meter lange dicke Stange waagerecht<br />

gesteckt. Sechs Fischer mit Eissporen an den Stiefeln drehen unter<br />

Gesang und Kommandos diese Tonnen, bis die beiden Flügel des Netzes die<br />

ersten Eckpunkte des Rechteckes erreicht haben und gespannt sind. Dabei<br />

ächsen die Babb, die zweifingerdicken Zugleinen knarren, wenn sich die Fischer<br />

schweißtriefend um die Tonne bewegen. Ohne Eissporen läßt sich die<br />

schwere körperliche Arbeit nicht bewältigen. Mit denselben Babb wird das<br />

Netz in Abständen von 100 zu 100 Meter auf den Seitenlinien des Rechteckes<br />

vorwärts geschleppt, bis die Treibstangen an der 2. großen Wuhne, dem<br />

Aushubloch, gleichzeitig angelangt sind. Stellen die Fischer bei spiegelglatter<br />

Eisfläche fest, daß die aus dem Winterschlaf aufgescheuchten Fische aus<br />

dem Fanggebiet ausbrechen wollen, werden sie mit Trimps ins Netz zurückgetrieben.<br />

Wer kann es den Fischen verdenken, daß sie den Weg in die Freiheit<br />

suchen. Der Zug nähert sich seinem Ende. Viele Bewohner des Dorfes<br />

hat es aus Neugier und aus Lust an dem Trubel an das Aushubloch getrieben,<br />

aber alle hoffen, bei reichem Fang für Geld und gute Worte billig ein<br />

gutes Gericht Fische zu erstehen. Männer des Dorfes harren sehnsüchtig des<br />

Augenblickes, wenn das schwerwiegende Netz ihre Hilfskraft erfordern sollte.<br />

Die Flügel sind nun angekommen. Vier erfahrene Fischer haben sich zu je<br />

zwei postiert, um jeweils das Ober- und Untersims des Zugnetzes in Empfang<br />

zu nehmen, während die übrigen sich dahinterreihen. Griff zu Griff wird nun<br />

das Netz heraufgeholt. Der Schnee verwandelt sich von dem abtropfenden<br />

Wasser zu einer breiigen Masse auf dem Eis. Der Fischmeister selbst steht<br />

meist einige Schritte hinter der Wuhne an einem Eisloch, in dem er mit der<br />

Trimp, einer unten mit einem Strohbündel bewickelten Stange, eifrig auf und<br />

nieder stößt, um fliehende Fische in den am Ende des Netzes ausgebildeten<br />

Fischsack, die Kuttel, zu scheuchen. Dabei paßt er auf, daß die Simsen<br />

gleichzeitig eingeholt, die Falten des Netzes auseinandergezogen und die<br />

schon in Massen gegen die Flügel gestoßenen Fische zurückgeschüttelt werden.<br />

In dem aufgerührten Wasser der Wuhne tauchen die Rücken großer Fische<br />

auf, um blitzschnell wieder zu verschwinden. Nur noch zentimeterweise<br />

und unter Einsatz der Männer aus dem Dorf läßt sich das Netz heraufholen.<br />

Eine gewaltige Aufregung bemächtigt sich nun der Fischer und der Zuschauer.<br />

Die Lorbasse greifen nach den kleinen und größeren Fischen, die mit den<br />

Falten der Flügel herausgezogen und mit einem kurzen Ruck auf die freigelegte<br />

Eisfläche geschleudert worden sind. Bei dieser Gelegenheit ist einst<br />

mein Wissen dadurch wesentlich bereichert worden, daß ich erfahren habe,<br />

wo der Fisch die Läuse hat, indem mir der Fischzagel um die Ohren geschlagen<br />

worden ist. Nun liegen die Flügel auf dem Eise und der Sack<br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

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