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STADTTEILMAGAZIN ∕ PRENZLAUER BERG JULI/AUGUST/2017<br />
www.<strong>mein</strong>viertel.berlin MÄRZ – MAI <strong>2019</strong><br />
STADTMAGAZIN<br />
4<br />
ALLE(S) IM FLUSS – BADEN IN DER SPREE<br />
ÜBER OLDTIMER UND KLASSIKER<br />
WIR BRAUCHEN EUCH … JETZT!<br />
„DAS VIECH“ – SKIP PAHLER<br />
www.<strong>mein</strong>viertel.berlin/<br />
aktuelle-ausgabe
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
auf den Tag genau zwei Jahre ist es nun her, dass das erste Mal unser Magazin <strong>mein</strong>/4<br />
erschienen ist. Damals nur in Prenzlauer Berg, inzwischen fast flächendeckend in Berlin.<br />
Wir freuen uns über so viel positive Resonanz! Wir merken aber auch: Wir stoßen an<br />
Grenzen. Bitte lest dazu den Bericht auf Seite 4 und unterstützt uns!<br />
Zeitreisen machen Spaß! Eine Zeitreise der besonderen Art durften wir in Charlottenburg<br />
unternehmen. Wir besuchten Berlins größten Restaurator für klassische Automobile<br />
(Seite 6)<br />
Die Kulturfritzen waren für uns in Schöneberg unterwegs und wandelten nicht nur auf<br />
den Spuren von David Bowie (Seite 14).<br />
Ab Seite 20 stellen wir euch Skip Pahler vor. Ein Berliner Urgestein, der in drei verschiedenen<br />
Regimen lebte. Wie wichtig das Erlebte war, spiegelt sich in seiner Kunst wieder.<br />
Warum ein Winterschlaf der Weg zur Erkenntnis sein kann, lest ihr ab Seite 26.<br />
Nicht mehr lange und die Temperaturen fordern uns auf, uns abzukühlen. Der Verein<br />
Flussbad e.V. kämpft für die Verbesserung der Wasserqualität in der Spree. Wer weiß:<br />
Vielleicht sehen wir uns demnächst beim Baden? (Seite 40)<br />
Oliver Seifert nimmt uns mit nach Japan auf der Suche nach guten Tee.(Seite 45)<br />
Das alles und vieles mehr findet ihr in dieser Ausgabe. Und nun viel Spaß beim Lesen<br />
und entdecken!<br />
Wir freuen uns auf euch beim hoffentlich nächsten Mal.<br />
Euer<br />
Markus Beeth<br />
1
Ein Besuch im Classic-Car-Center Seite 6<br />
Tiny Houses Seite 33 Alle(s) im Fluß <br />
Winterschlaf von Franziska Hauser Seite 26
Inhalt<br />
Über Oldtimer und Klassiker<br />
Zu Besuch im Classic-Car-Center 6<br />
Kultur im Kiez entdecken<br />
mit den Kulturfritzen 14<br />
Skip Pahler Seite 20<br />
Kulturtipps<br />
von den Kulturfritzen 18<br />
Der 8. Rabe<br />
Zu Besuch bei Skip Pahler 20<br />
Winterschlaf<br />
von Franziska Hauser 26<br />
Das Haus der Würde<br />
Tiny House als Chance 33<br />
Badespaß<br />
wann kommt das Flussbad? 40<br />
Auf der Suche nach neuem Tee<br />
Reisebericht aus Japan 45<br />
Seite 40<br />
Ehrenamt boomt<br />
„lsfb“ und die „Stiftung Bildung“ 51<br />
Gütesiegel in Bronze<br />
Auszeichnung für SG Rotation 53<br />
Ausbildungen ausprobieren<br />
Projekt: One Week Experience 54<br />
Dies & Das 56<br />
Küchenanekdoten<br />
Ölwechsel 58<br />
Kinderseiten 59<br />
Buchvorstellung 62<br />
Auf Teesuche Seite 45<br />
Leserbriefe 63<br />
Vorschau 64
Wir brauchen Euch … jetzt!<br />
Liebe Freunde unseres <strong>mein</strong>/4-Magazins.<br />
Fast auf den Tag genau zwei Jahre ist es nun<br />
her, dass unsere Idee, ein unabhängiges,<br />
buntes und interessantes Magazin für<br />
die Menschen in Berlin herrauszubringen<br />
Wirklichkeit wurde.<br />
Ein Gegenpol sollte es sein, in unserer<br />
schnelllebigen Zeit, etwas zum in Ruhe<br />
genießen, zum Entspannen. Mit viel Platz<br />
für Fotos, Reportagen und Nachrichten aus<br />
dem Kiezen – gedruckt auf hochwertigen<br />
Papier. Ein Heft, das man gerne in der<br />
Hand hält. Ein Produkt, das es wert ist,<br />
aufbewahrt zu werden. Das ist uns schon<br />
mal gelungen. Und die zahlreichen E-Mails,<br />
Briefe und Telefonate die uns inzwischen<br />
täglich erreichen zeigen, dass Ihr das<br />
mehrheitlich auch so seht …<br />
Das freut uns sehr!<br />
Wir merken aber, daß wir an unsere<br />
Grenzen stoßen. Unsere Redaktion<br />
ist zu klein um sich angemessen um die<br />
Autoren, Fotografen, das Lektorat, die<br />
Anzeigenverwaltung und die Zuschriften,<br />
die Layouter, die Druckabwicklung und den<br />
Vertrieb zu kümmern. Ein Redaktionsraum<br />
wäre auch noch so ein Traum … die<br />
Magazine entstehen, man glaubt es kaum,<br />
am heimischen Küchentisch. An dieser<br />
Stelle ein großes Dankeschön an alle Helfer<br />
für Euren Einsatz!<br />
Wir brauchen also dringend Verstärkung<br />
– aber Verstärkung kostet Geld. Deshalb,<br />
liebe Leserin, lieber Leser, liebe Firmen<br />
und alle die unsere Liebe zu Berlin teilen,<br />
bitten wir Euch um Unterstützung um das<br />
Magazin auch zukünftig kostenlos an über<br />
1.000 Stellen berlinweit auszulegen.<br />
Wir freuen uns von Euch zu hören und<br />
danken im Voraus für Eure Hilfe!<br />
4 <strong>mein</strong>/4
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<strong>mein</strong>/4<br />
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5!
Über Oldtimer und Klassiker<br />
Das Automobil. Wenn ich an Autos denke, sehe ich in den letzten Jahren eine große Leere.<br />
Nichts, was Eindruck auf mich machen würde. Mittel zum Zweck, mehr nicht. Erinnern kann<br />
ich mich an keines unserer Autos der letzten Jahre. Keines beeindruckte mich auf eine Weise,<br />
die erwähnenswert wäre.<br />
Markus Beeth<br />
6 <strong>mein</strong>/4
Über Oldtimer und Klassiker<br />
Denke ich an <strong>mein</strong>e Kindheit, fallen mir zahlreiche<br />
Autos ein. Ich erinnere mich an eine Zeit, als Autos<br />
noch Autos waren. Bewundernswerte Technik, die<br />
mich und <strong>mein</strong>e Geschwister an die tollsten Orte<br />
dieser Welt brachte. Ich erinnere mich an den ersten<br />
VW 1600 Variant <strong>mein</strong>er Eltern, eine zugeschnittene<br />
Matratze im Kofferraum über dem Motor sorgte für<br />
Behaglichkeit. Nie wieder habe ich so gut geschlafen<br />
wie über dem wummernden Boxermotor des VW 1600<br />
Variant. Anschnallpflicht? Was war das?<br />
Aber jenes Gefühl von Freiheit habe ich nie wieder<br />
empfunden.<br />
So traf es sich gut, dieses Interview führen zu können,<br />
weckte es doch viele Erinnerungen. Aber Vorsicht, bevor<br />
ihr nach dem Lesen loslauft und in eurer Erinnerung<br />
schwelgt – es könnte sein, dass ihr infiziert seid …<br />
Zu Besuch im Oldtimerparadies – ein Interview mit Hans Land, dem Geschäftsführer von<br />
Classic-Car-Centrum Berlin<br />
Herr Land, sie sehen glücklich aus …!?<br />
Das bin ich auch. Herr Beeth, stellen Sie sich vor: Ich<br />
darf jeden Tag das tun, wovon ich immer als Junge geträumt<br />
habe: AUTO BAUEN – und es bereitet mir täglich<br />
viel Freude, zusammen mit den Menschen, die mich<br />
begleiten, <strong>mein</strong>er Leidenschaft für klassische Automobile<br />
nachzugehen – und das tue ich ganz intensiv!<br />
Ich bin stolz auf <strong>mein</strong> Mitarbeiterteam und arbeite gern<br />
mit ihnen zusammen. Wir arbeiten auf Augenhöhe mit<br />
gegenseitigem Respekt. Ebenso begegnen mir in <strong>mein</strong>er<br />
Passion ständig interessante Menschen, die ähnlich<br />
oder anders, aber besonders sind und wir alle teilen eine<br />
Leidenschaft – Klassische Automobile, Kulturgut auf Rädern,<br />
und falls Sie <strong>mein</strong> Lächeln <strong>mein</strong>en, dass wiederum<br />
macht <strong>mein</strong>e Familie …<br />
Sie sind Bauingenieur und Projektentwickler.<br />
Wie kommt man auf die Idee, Oldtimer zu<br />
restaurieren und damit zu handeln?<br />
Seit <strong>mein</strong>er frühen Jugend beschäftige ich mich mit Themen<br />
der Mobilität. Angefangen habe ich<br />
zu <strong>mein</strong>er Schulzeit mit Reparaturen<br />
von Fahrrädern; ich bin sogar auf<br />
die Versteigerungen nach Amsterdam<br />
gefahren, wo sämtliche Fahrräder, die aus den<br />
Grachten gezogen worden waren, versteigert wurden –<br />
für Kleingeld – und <strong>mein</strong>e Idee war, das Image des alten<br />
guten Hollandfahrrades preiswert nach Deutschland zu<br />
bringen. Hierzu hatte ich diverse Schüler motiviert, mitzumachen,<br />
aber auch um <strong>mein</strong> miserables Taschengeld<br />
aufzubessern. Mein Vater war sehr geizig und ehrgeizig<br />
und das spornte mich extrem an.<br />
Aus Fahrrädern wurden irgendwann Motorräder, die ich<br />
teilweise umsonst bekam, weil sie defekt waren. Oder<br />
ich habe sie vom Schrott für wenig Geld bekommen<br />
und wieder aufgebaut, um sie dann zu verkaufen. Schöne<br />
Exemplare habe ich häufig selber behalten (Kreidler<br />
Florett aus den 60er). Irgendwann kamen dann Freunde<br />
und Bekannte, die <strong>mein</strong>en Rat als Schrauber benötigten;<br />
so kam ich zu ersten richtigen Auftragsarbeiten<br />
und es wurden immer, immer mehr. Zu den Oldtimern<br />
kam ich nicht, weil es <strong>mein</strong> Plan war, sondern eher aus<br />
der Not heraus. Im Laufe der Jahre wuchs <strong>mein</strong>e eigene<br />
Fahrzeugsammlung heran; da ich zu dieser Zeit berufsbedingt<br />
viel auf Reisen war, musste ich das Schicksal<br />
<strong>mein</strong>er eigenen Klassiker in puncto Wartung und Pflege<br />
in fremde Hände geben. Leider nur mit bedingtem<br />
Erfolg. Es stellte sich heraus, dass Service<br />
ein echtes Vertrauensthema ist. Entweder<br />
wurde die Arbeit nur mangelhaft ausgeführt<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
7
oder ich habe zu viel bezahlt oder ich wurde immer wieder<br />
vertröstet und so weiter Es war unbefriedigend. Es<br />
schien keine zuverlässige Werkstatt zu geben, die bereit<br />
war, Verantwortung zu übernehmen und mit Weitsicht<br />
an die Probleme am Fahrzeug heranzugehen. Außerdem<br />
war keine Werkstatt ganzheitlich aufgestellt, um alle an<br />
einem Oldtimer erforderlichen Arbeiten auszuführen<br />
wie z. B. Elektrik, Sattlerarbeiten, Verchromen, Motorrevidierungen<br />
usw. Gefrustet davon beschloss ich, mich<br />
fortan wieder selbst um die Belange in Sachen Klassiker<br />
zu kümmern.Nur wann? und wie?<br />
Über einen Freund lernte ich einen altgedienten Bosch-<br />
KFZ-Meister kennen, der sich in seinem Vorruhestand<br />
langweilte und ständig mit seiner Frau zankte. Kurzum<br />
mietete ich eine kleine Halle, rüstete sie mit notwendigem<br />
Equipment aus und half <strong>mein</strong>em neuen Bekannten,<br />
seine ehelichen Streitigkeiten beizulegen.<br />
Auch hier kamen sofort wieder Freunde und Bekannte,<br />
die Rat suchten. Sie machten ähnliche Erfahrungen<br />
mit den Werkstätten wie ich. Und die Bedürfnisse auf<br />
dem Markt sind gewaltig, fragen Sie mal herum, wer<br />
mit seiner Werkstatt zufrieden ist. Welche Werkstatt ist<br />
transparent, nimmt den Kunden mit, sendet Bilder und<br />
fragt, wie die Ausführung sein soll? Sie glauben nicht,<br />
was auf dem Markt los ist!<br />
Ich erkannte Potenzial für ein neues Geschäftsmodell<br />
und engagierte einen zweiten Mitarbeiter mit dem<br />
Schwerpunkt KFZ-Elektronik.<br />
Nach und nach entstand daraus das heutige Classic<br />
Car Centrum Berlin mit dem Grundgedanken „Emotion,<br />
Leidenschaft und Transparenz“. Wir sind ein Vollservicebetrieb,<br />
in dem alle Arbeiten unter einem Dach<br />
ausgeführt werden, interdisziplinär und kompetent<br />
kommuniziert. Hier denkt der „Blecher“ schon an den<br />
„Lacker“ und „Mechaniker“. Bei uns werden Teileinbauten<br />
schon vorm Lacken vorgenommen um das Chassis<br />
oder den späteren Lack nicht mehr zu gefährden. Solche<br />
und ähnliche Prozesse werden genau aufeinander abgestimmt.<br />
Und den richtigen Betriebsleiter dafür habe<br />
ich auch gefunden. Der macht einen richtig guten Job<br />
und jeder kann mit ihm reden, auch der Kunde. Hier<br />
ist keiner genervt, hier herrscht Professionalität gepaart<br />
mit Kompetenz.<br />
Der Handel entstand eigentlich eher nebenbei und ist<br />
mittlerweile ganz schön groß geworden Auch hier haben<br />
wir ein besonderes Auge auf Einkauf und Verkauf<br />
und wir machen gute Preise. Sie bekommen oft mehr<br />
Geld nach Jahren und Nutzung des Klassikers (natürlich<br />
muss auch gewartet werden) und das ist doch doppelte<br />
Freude für uns wie auch den Käufer und außerdem<br />
nachhaltig.<br />
Händler für Oldtimer gibt es viele. Sie haben es<br />
geschafft, eine führende Rolle in Deutschland<br />
einzunehmen. Was unterscheidet Sie von<br />
anderen Betrieben?<br />
Wir konzentrieren uns auf den heimischen Markt und<br />
setzen auf Kernthemen wie Kundenzufriedenheit und<br />
Kundenerlebnis. Unser Motto könnte etwa lauten: Tue<br />
das Unerwartete und führe Deinen Besucher damit zu<br />
einem Erlebnis. Manch ein Kunde bekommt wöchent-<br />
8 <strong>mein</strong>/4
lich Fotos aus den Prozessen und geht mit uns durch<br />
die Restauration/Reparatur. Er ist somit eingebunden<br />
und nicht abgehängt. Wir finden es wichtig zu kommunizieren,<br />
auch im Kleinen. Wir sind irgendwie anders,<br />
nicht so klassisch Typenwerkstatt. Wir versuchen oft zu<br />
reparieren und nicht direkt auszutauschen für viel Geld;<br />
wir respektieren das Budget des Kunden und versuchen<br />
unser Bestes. Meine Mechaniker tauschen sich selbst in<br />
den Pausen aus, um bessere Lösungen zu finden. Das<br />
finde ich toll, wie hier Werterhaltung gelebt wird. Ich<br />
glaube, das macht uns in der Summe anders.<br />
Sie produzieren die nicht mehr lieferbaren<br />
Ersatzteile selbst. Woher kommt diese<br />
Detailbesessenheit? Gibt es Situationen, in<br />
denen Sie ablehnen müssen?<br />
Es ist trotz der mittlerweile sehr guten Ersatzteillage für<br />
nahezu alle Marken notwendig, Bauteile nachzufertigen.<br />
Hier bedienen wir uns moderner Techniken wie zum<br />
Beispiel dem 3-D-Druck. Speziell bei Nachtfertigungen<br />
von Karosseriebauteilen vertrauen wir auf unsere<br />
eigenen Fähigkeiten. Und wir kennen viele private Ersatzteillager.<br />
Es gibt verschieden Klassifizierungen:<br />
Youngtimer, Oldtimer …<br />
Klären Sie uns auf! Was hat es damit auf sich?<br />
Das ist einfach erklärt: Oldtimer ist ein Fahrzeug das<br />
niemand braucht, aber jeder haben möchte. Es macht<br />
unser Leben freudiger. Youngtimer ist ein Fahrzeug<br />
mit dem Potenzial zum „Habenwollen“ und eine Einstiegsdroge<br />
zu ‚mehr‘.<br />
Was empfehlen Sie dem „Neueinsteiger“?<br />
Gibt es überhaupt DEN Einsteiger?<br />
Ich glaube nicht, dass es den Einsteiger gibt. Mercedes<br />
Benz Typ 107, VW Käfer und Busse, Opel und<br />
Ford Youngtimer, Volvos aus den 70er und 60er – das<br />
sind alles tolle Modelle. Es wächst derzeit eine beachtliche<br />
Menge an Publikum nach<br />
Betrachten wir dazu einmal den folgenden Effekt:<br />
Zu <strong>mein</strong>er Zeit war der Besitz eines eigenen Auto<br />
nur einigen wenigen vorbehalten. Für mich war es<br />
damals also das Größte, erst den Führerschein und<br />
dann möglichst bald ein eigenes Auto zu haben. Dafür<br />
hat man sich engagiert, war fleißig. Heute gilt es<br />
beinahe als „uncool“, im urbanen Gebiet ein Auto zu<br />
bewegen, geschweige denn einen Führerschein zu<br />
besitzen. Wiederum viele fühlen sich von den modernen<br />
Fahrzeugen und deren verspielter Gimmicks<br />
gelangweilt oder gar bevormundet. Wir lieben es,<br />
unseren Kunden ihren persönlichen automobilen<br />
Maßanzug zu schneidern. Ganz nach deren Vorstellung<br />
und ganz nach ihrem Budget. Individuell<br />
speziell und hoch alltagstauglich – das ist unsere<br />
Philosophie.<br />
Depressionen und Probleme am Klassiker will keiner,<br />
also konzentrieren wir uns auf Güte und Bezahlbarkeit,<br />
gemessen am Marktwert.<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
9
Über Oldtimer und Klassiker<br />
Für viele ist ein Oldtimer etwas für die Garage<br />
und vier Ausfahrten im Jahr. Wie sehen Sie das?<br />
Gibt es alltagstaugliche „Oldtimer“ ?<br />
Für diese Frage stelle ich dem Leser zunächst eine Gegenfrage:<br />
Warum gibt es unterschiedliche Modelle und<br />
unterschiedliche Hersteller? Der Leser wird nun denken:<br />
Klar, Autos werden von Menschen gefahren, Menschen<br />
sind Individuen. Daraus ergibt sich ein Anspruch. Eben<br />
dieser Anspruch führt zur individuellen Nutzung und<br />
den damit verbundenen Ansprüchen an das Thema Mobilität.<br />
Konkret: Der Sammler sammelt, der Liebhaber fährt.<br />
Wir mögen beide Zielgruppen. Und wir mögen es, deren<br />
Ansprüche sowie den Prozess zu begleiten.<br />
Häufig wird übrigens aus dem Sammler der Liebhaber –<br />
vorausgesetzt, wir haben unseren Job gut gemacht.<br />
Die Alltagstauglichkeit ist in der Tat ein ganz schwieriges<br />
Thema, weil oft Fahrzeuge eben zu wenig bewegt<br />
werden. Das Wort „Fahrzeug! kommt von „fahren“ und<br />
nicht von „stehen“. Wir verfolgen die Philosophie: Baue<br />
dem Kunden oder finde den „Real Daily Driver“. Das<br />
heißt: Fahrzeuge zu finden oder/und so zu reparieren,<br />
dass diese wie früher täglich funktionieren. Dies bedeutet<br />
für uns ein ganz hohes Augenmerk auf sämtliche<br />
an der Funktion beteiligten Komponenten. Wir müssen<br />
diese analysieren, reparieren, auszutauschen oder gegebenenfalls<br />
verbessern – mit neuerer Technik, die unkomplizierter<br />
oder besser arbeitet. Ich denke hier besonders<br />
an Benzinpumpen mit zu schwachen Druck, Zündkabel<br />
und elektrische Komponenten, die damals nicht besser<br />
hergestellt werden konnten, aber heute vorhanden sind.<br />
Ebenso waren Bremszylinder und deren Dichtungen<br />
ein großes Thema, das beherrschen wir heute besser<br />
als zum Auslieferungszeitpunkt des Klassikers.<br />
Welche Modelle empfehlen Sie für Einsteiger?<br />
Herr Beeth, Sie sind aber hartnäckig! Das ist schwer<br />
zu pauschalieren, da speziell die Frage nach dem ersten<br />
Klassiker von Faktoren abhängt wie: Modell, Zustand,<br />
Anspruch, Nutzung, Budget. Dennoch gibt es<br />
komplizierte und weniger komplizierte Modelle. In einem<br />
guten Beratungsgespräch lassen sich diese Faktoren<br />
erheben. Nicht selten entscheiden sich Käufer nach<br />
einem Gespräch mit mir für ein völlig anderes Modell<br />
als ursprünglich geplant. Gern lassen sich speziell Neueinsteiger<br />
von wirren Kommentaren oder Erfahrungsberichten<br />
aus Internetforen irreleiten. Da muss ich erst<br />
mal Aufklärungsarbeit leisten und Basisrealismus schaffen<br />
– aus gelebter und kundenseitiger Erfahrung von<br />
genutzten Modellen.<br />
10 <strong>mein</strong>/4
Durchblick behalten mit<br />
Brillen in Berlin ®<br />
schauen<br />
staunen<br />
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Mo–Fr 10 bis 20 Uhr, Sa bis 16 Uhr<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
11
Der Markt boomt.<br />
Wie schaffen Sie es,<br />
immer neue Autos zu finden?<br />
Unsere Länderscouts halten uns da schon sehr<br />
auf Trab. Täglich besprechen wir Funde und Angebote<br />
speziell aus dem privaten Segment und<br />
internationalem Netzwerk. Bestandskunden<br />
werden von uns regelmäßig angesprochen und<br />
auch deren Freunde, ob ein Objekt in den<br />
Verkauf soll oder die Sammlung verändert<br />
wird – das bringt allein schon ca. 25 % der<br />
Autos zu uns und ist oft gepflegte Ware<br />
zu fairen Konditionen. Erbfälle, Desinteresse,<br />
Fehlkäufe, abgebrochene<br />
Restaurationen … Sie glauben<br />
gar nicht, was mir täglich<br />
angeboten wird.<br />
Mich erreichen<br />
eine Vielz<br />
a h l<br />
an<br />
Verkaufsan-<br />
geboten aus<br />
allen Ecken<br />
Europas und den<br />
USA. An Pro-<br />
dukten mangelt es nicht,<br />
eher an der entsprechenden Qualität und Originalität.<br />
Unsere Ausschlussquote liegt bei über 95 Prozent.<br />
Qualität statt Quantität. So einfach es klingt, so anspruchsvoll<br />
ist es mithin. Und es bedarf viel Zeit, viel<br />
mehr als ich wirklich habe.<br />
Am liebsten kaufe ich natürlich <strong>mein</strong>e eigenen Fahrzeuge<br />
nach Jahren der Nutzung vom Kunden zurück.<br />
Schließlich habe ich viel Energie und Zeit aufgewendet,<br />
ein Fahrzeug in gewünschter Güte zu finden, da wäre<br />
es töricht, ein neues zu suchen.<br />
Gibt es einen Trend? Welche Modelle werden<br />
Ihrer Meinung nach in Zukunft gefragt<br />
sein?<br />
Gut positioniert sich derzeit die<br />
Mercedes SL Baureihe R107 am<br />
Markt. Grund dafür: seine Alltagstauglichkeit,<br />
sein Charme<br />
und nicht zuletzt die gut sortierte<br />
Ersatzteillage.<br />
12<br />
<strong>mein</strong>/4
Über Oldtimer und Klassiker<br />
Zudem sehe ich beste<br />
Trends für Fahrzeuge vom „SOS“-<br />
Typ: „Selten, Offen, Sexy“. Ausnahmeathleten<br />
werden nie allein sein. Sie<br />
werden immer Anschluss und neue Käufer<br />
finden – allein aufgrund der begrenzten<br />
Stückzahlen. Seltene Fahrzeuge wie zum Beispiel<br />
Intermeccanias, Maseratis, Ferraris, Aston, Porsche der<br />
60 und 70er Jahre, am besten in Erstlack sind super<br />
begehrt.<br />
Was raten Sie Käufern, worauf zu achten ist?<br />
Woran erkenne ich ein gutes Objekt?<br />
Ein gutes Objekt ist vor allem dann ein gutes Objekt,<br />
wenn es dem Interessenten nachhaltig und begründet<br />
gut gefällt. Stimmen dann die qualitativen Merkmale,<br />
geht es in die heiße Phase. Sofern ein Interessent nicht<br />
selbst Erfahrungen gemacht hat, sollte er sich auf jeden<br />
Fall umfassend beraten lassen. Das können Sachverständige<br />
sein oder spezielle Scouts. Auch <strong>mein</strong>e Firma<br />
als Dienstleister bietet diesen Service an. Gegen ein<br />
Honorar begleiten wir unseren Klienten und erstellen<br />
ihm eine sehr umfassende schriftliche Expertise, oft<br />
ausführlicher als ein Gutachten.<br />
Für alle Käufer, die nicht sachkundig sind, gilt: Nicht<br />
zum Opfer einer ver<strong>mein</strong>tlichen Schönheit werden!<br />
Zu viele Hobbyrestaurateure haben mittlerweile einen<br />
Markt erkannt und schminken das Objekt der Begierde.<br />
Das ist für den Laien kaum erkennbar.<br />
Hier lohnt es sich, Geld für ein Beraterhonorar mit einzuplanen.<br />
Spätere Ansprüche geltend zu machen, ist<br />
teurer und vor allem nervenaufreibender.<br />
Wir sahen gerade in der Garage die Rohkarosse<br />
eines Mercedes. Wie lange dauert es, dieses<br />
Projekt abzuschließen?<br />
Hier handelt es sich um ein eigenes Projekt unseres Bestandes.<br />
Aufgrund der hohen Kundenfrequenz im Fahrzeugprojektgeschäft<br />
kommen wir viel zu selten dazu,<br />
uns um die Fertigstellung unserer eigenen Projekte zu<br />
kümmern. Es sei denn, der Kunde kommt gezielt auf<br />
uns zu und will eine Vollrestauration von einem unserer<br />
eingelagerten Bestände. Wie das halt so ist: Der Schuster<br />
hat immer die schlechtesten Sohlen.<br />
Stichwort „Neid“: Wie reagieren Mitmenschen<br />
auf Oldtimer? Gibt es Unterschiede?<br />
Eine spannende Frage. Vielleicht lässt sie sich am besten<br />
mit folgendem Vergleich beantworten:<br />
Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine SMS auf Ihr Mobiltelefon.<br />
Und nun stellen Sie sich vor, Sie erhalten<br />
einen handgeschriebenen Brief. Der Inhalt kann der<br />
Gleiche sein.<br />
Ähnlich verhält es sich beim Oldtimer. Ganz gleich mit<br />
welchem Modell sie unterwegs sind, Sie ernten freundliche<br />
Gesten, wertschätzende Bemerkungen und lernen<br />
ständig interessante Menschen kennen. Ich nenne diesen<br />
Effekt „Benzingeflüster“. Das habe ich mit <strong>mein</strong>em<br />
neuzeitlichen Fahrzeug im alltäglichen Gebrauch nicht.<br />
Allerdings habe ich auch niemanden der mich anpöbelt.<br />
Wie alles im Leben und im Beruf: eine Frage der<br />
Performance. Kleine süße Oldtimer wie Lloyds, Gogos,<br />
DKWs, Fiat 500, Käfer ernten oft Sympathie – besonders<br />
seltene Fahrzeuge, die nicht als Luxusmarken gelten,<br />
ebenso.<br />
Herr Land, wir danken für das Gespräch.<br />
■<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
13
Mit den Kulturfritzen<br />
Kultur im Kiez entdecken<br />
Folge 2: Akazienkiez<br />
Im 13. Jahrhundert stand hier die Wiege des Dorfes Schöneberg, 800 Jahre später ist die Gegend<br />
rund um die Akazienstraße ein belebtes Berliner Stadtquartier mit zahlreichen kleinen Läden, Cafés<br />
und Restaurants, in dem es auch kulturell einiges zu entdecken gibt.<br />
Text & Fotos: Marc Lippuner<br />
Im 13. Jahrhundert stand hier die Wiege des Dorfes<br />
Schöneberg, 800 Jahre später ist die Gegend rund<br />
um die Akazienstraße ein belebtes Berliner Stadtquartier<br />
mit zahlreichen kleinen Läden, Cafés und<br />
Restaurants, in dem es auch kulturell einiges zu entdecken<br />
gibt.Text & Fotos: Marc LippunerDer Akazienkiez<br />
verdankt seinen Namen der ihn von Norden<br />
nach Süden durchquerenden Akazienstraße, die<br />
ihrerseits 1840, im Jahr ihrer Benennung, an einem<br />
Akazienwäldchen vorbeiführte. Dieses musste ein halbes<br />
Jahrhundert später der Apostel-Paulus-Kirche<br />
weichen, die zweifelsohne das imposanteste Bauwerk<br />
des Viertels ist.<br />
Das im historisierenden Stil der märkischen Backsteingotik<br />
errichtete Gebäude entstand nach Entwürfen<br />
des Königlichen Baurats Franz Heinrich Schwechten,<br />
der zeitgleich in Charlottenburg die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche<br />
schuf. Am 29. Dezember vor<br />
125 Jahren wurde das Gotteshaus in Anwesenheit<br />
des Deutschen Kaiserpaars feierlich eingeweiht; sein<br />
85 Meter hoher Turm ist der fünfthöchste Kirchturm<br />
Berlins. Dagegen fallen die anderen Kirchenbauten im<br />
Kiez verhältnismäßig bescheiden aus, wenngleich sie<br />
mindestens ebenso von architekturhistorischem Interesse<br />
sind. Allen voran das zwischen 1958 und 1962<br />
entstandene Bauensemble aus evangelischer Paul-<br />
Gerhardt-Kirche, Ge<strong>mein</strong>dezentrum und katholischer<br />
St. Norbert-Kirche am südwestlichen Zipfel<br />
des Akazienkiezes. Die Architekten Hermann Fehling,<br />
Daniel Gogel und Peter Pfankuch schufen aus<br />
unregelmäßig übereinander geschichteten Stahl- und<br />
Sichtbetonelementen einen beeindruckend schroffen<br />
Kontrast zur direkt daneben liegenden rosaverputzten<br />
Dorfkirche aus friderizianischer Zeit.<br />
Das barocke Gotteshaus ist das letzte Zeugnis der<br />
dörflichen Struktur Alt-Schönebergs, dessen historischer<br />
Siedlungskern entlang der Hauptstraße zwischen<br />
der heutigen Dominicus- und Akazienstraße<br />
lag. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts entstand an der<br />
nordöstlichen Ortsgrenze ein weiteres, Neu-Schöneberg<br />
genanntes Dorf. Es erstreckte sich bis zum heutigen<br />
Heinrich-Kleist-Park, dessen Gelände zu dieser<br />
14 <strong>mein</strong>/4
Kultur im Kiez<br />
Apostel-Paulus-Kirche<br />
Paul-Gerhardt_Kirche<br />
Zeit bereits mehr als 100 Jahre als landwirtschaftlicher<br />
Muster- und kurfürstlicher Küchengarten genutzt<br />
wurde. 1801 erfolgte die Umgestaltung der 7,5<br />
Hektar großen Fläche zum botanischen Garten. Das<br />
dazugehörige Königliche Botanische Museum mit seinem<br />
prachtvollen Treppenhaus entstand in den Jahren<br />
1878 bis 1880 an der Grunewaldstraße 6-7. Seit den<br />
1960er-Jahren ist das Haus am Kleistpark Sitz des<br />
Kulturamtes Schöneberg und mit einer Ausstellungsfläche<br />
von fast 300 Quadratmetern eine der größten kommunalen<br />
Galerien Berlins. Bei freiem Eintritt lädt es<br />
in den ehemaligen Herbariumssälen zu hochkarätigen<br />
Dorfkirche Schöneberg<br />
Haus am Kleistpark<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
15
Kultur im Kiez<br />
Schöneberg-Museum Hauptstraße 155 Museum der unerhörten Dinge<br />
Wechselausstellungen ein, die hauptsächlich zeitgenössische<br />
Kunst, aber auch aktuelle und historische<br />
Fotografie in den Fokus rücken. Einen ganz anderen<br />
Schwerpunkt hat das ebenfalls kostenfrei zu besichtigende<br />
Schöneberg-Museum in der Hauptstraße 40,<br />
unter dessen Dach sich auch das Jugendmuseum und<br />
das Bezirksarchiv befinden. Ziel des Museums ist es,<br />
Menschen aller Generationen dazu anzuregen, die<br />
Stadt und ihre Quartiere in Tempelhof-Schöneberg neu<br />
zu entdecken, indem es relevante Themen aus Politik<br />
und Gesellschaft unter lokalen Gesichtspunkten lebendig<br />
aufbereitet. So plädiert die aktuelle Ausstellung<br />
Welcome to diversCity (noch bis 18. August) für einen<br />
offenen Umgang mit den vielfältigen Lebensweisen in<br />
Berlin, beleuchtet hier im Besonderen den „Regenbogenkiez“<br />
rund um den Nollendorfplatz und stellt zahlreiche<br />
queere Persönlichkeiten aus der Schöneberger<br />
Geschichte vor.<br />
Vergessen wird einer natürlich nicht: David Bowie, der<br />
zwischen 1976 und 1978 nur 800 Meter nördlich in<br />
der Hauptstraße 155 gewohnt hat. Eine Berliner<br />
Gedenktafel an der Fassade erinnert daran, dass hier<br />
vor etwas mehr als 40 Jahren Musikgeschichte geschrieben<br />
wurde. Wer mehr darüber erfahren möchte,<br />
sollte sich Tobias Rüthers Buch Helden – David Bowie<br />
und Berlin (Rogner & Bernhard, 12,95€) besorgen, in<br />
dem die beiden intensiven Jahre mit Liebe zum Detail<br />
und sehr unterhaltsam dokumentiert sind. Mindestens<br />
ebenso unterhaltsame Zeitdokumente sind die<br />
Geschichten der erhörten Objekte im Museum der<br />
Unerhörten Dinge. Auf sorgsam laminierten Handzetteln<br />
finden sich absonderliche Geschichten zu darüber<br />
drapierten Objekten – sie erzählen von gestrandeten<br />
Walen im Greifswalder Bodden, von lesbischen<br />
Hochzeiten im Jahr 1950 oder davon, wie Joseph<br />
Beuys auf den Hasen kam. Die literarisch erhörten<br />
Fundstücke stellen in ihrer musealen Erhöhung einen<br />
feinen ironischen Kommentar zum gegenwärtigen<br />
Ausstellungsbetrieb dar – kein Wunder, dass das Museum<br />
in der Crellestraße 5-6, das regulär mittwochs<br />
bis freitags zwischen 15 und 19 Uhr geöffnet hat, das<br />
meistbesuchte Museum Berlins ist, zumindest, wenn<br />
man die Besucherzahl mit den Quadratmetern des<br />
vermutlich kleinsten Museums Berlins verrechnet.<br />
Direkt um die Ecke findet sich auch das kleinste Kino<br />
Schönebergs, das, 1909 eröffnet, zugleich auch das<br />
zweitälteste Berlins ist: In der Kolonnenstraße 5-6<br />
zeigt das Xenon-Kino mit seinen 140 Plätzen queere<br />
Filme, Dokumentationen, Kinderprogramm und<br />
deutsch untertitelte Filme in Originalfassung. Das<br />
erste Lichtspielhaus Berlins, das „OmU“ etablierte,<br />
und sich darin bis heute treu bleibt, ist das zur<br />
Yorck-Kinogruppe gehörende Odeon in der Hauptstraße<br />
116.<br />
Wer im Akazienkiez jedoch nicht ins Filmtheater<br />
möchte, sondern Live-Unterhaltung auf Bühnen<br />
16 <strong>mein</strong>/4
Kultur im Kiez<br />
fokussieren sich die Ermittlungen doch schnell auf<br />
eine Handvoll Personen, die im Akazienkiez leben,<br />
lieben, arbeiten und sich – ganz selten – auch mal<br />
mit Messern auf offener Straße hinterher jagen. Die<br />
Xenon-Kino. Odeon-Kino Weiße Rose<br />
sucht, sollte im 1956 eröffneten Kulturzentrum<br />
Weiße Rose am Wartburgplatz vorbeischauen. Vor<br />
der prachtvollen Rückseite des Schöneberger Amtsgerichts<br />
steht der schlichte Flachbau, in dem regelmäßig<br />
Konzerte, Slams und Theateraufführungen<br />
stattfinden. Ein festes Zuhause hat hier das Theater<br />
Strahl, das sich mit seinen anspruchsvollen Inszenierungen<br />
vor allem, aber nicht nur an ein junges<br />
Publikum richtet. Live-Musik gibt es gelegentlich<br />
auch andernorts im Kiez.<br />
So finden in der Apostel-Paulus-Kirche gelegentlich<br />
Konzerte international renommierter Musikerinnen<br />
und Musiker statt, auch in zahlreichen gastronomischen<br />
Lokalitäten gibt es hin und wieder Live-Musik<br />
als Weinbegleitung, so zum Beispiel im Café Bilderbuch<br />
in der Akazienstraße 28, dessen sonntäglicher<br />
Brunch zudem mit Pianomusik untermalt wird.<br />
Drei Häuser weiter, an der Ecke zur Belziger Straße,<br />
ist seit nahezu 25 Jahren der Querverlag beheimatet,<br />
Deutschlands erster und einziger Verlag mit<br />
schwul-lesbischem Programmschwerpunkt. Unter<br />
den brandaktuellen Neuerscheinungen findet sich<br />
mit Schöneberger Steinigung (14,00€) erstmals ein<br />
Kriminalroman, der hauptsächlich im Akazienkiez<br />
spielt. Wenngleich der Autor Peter Fuchs den Mord<br />
an einem rechtspopulistischen Ex-Priester knapp<br />
außerhalb des Viertels, im Rudolf-Wilde-Park hinter<br />
dem Rathaus Schöneberg, passieren lässt, so<br />
Buchpremiere findet am 28. <strong>März</strong> in der Akazienbuchhandlung<br />
in der Akazienstraße 26 statt. Der<br />
Eintritt ist frei.<br />
■<br />
Marc Lippuner<br />
hat Germanistik, Geschichte<br />
sowie Kultur- und Medienmanagement<br />
studiert.<br />
Nach Jahren als Theatermacher<br />
leitet er seit 2017<br />
die WABE im Herzen des<br />
Prenzlauer Bergs.<br />
Nebenbei frönt er mit den<br />
von ihm gegründeten Kulturfritzen, einem kleinen<br />
Projektbüro für kulturelle Angelegenheiten, seiner<br />
Berlin-Liebe. Auf Twitter postet er nahezu jeden<br />
Tag einen #Berlinfakt, kürzlich erschien sein Spaziergangsführer<br />
für den Großbezirk Pankow im Elsengold-Verlag.<br />
Für unser Magazin begibt er sich auf kulturelle Entdeckungsreisen<br />
durch die Berliner Kieze, darüberhinaus<br />
gibt es immer eine Handvoll Empfehlungen<br />
für Kultur-Events, die man im kommenden Quartal<br />
seiner Meinung nach nicht verpassen sollte.<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
17
Kulturtipps vom Kulturfritzen<br />
Vorläufer des Bauhaus-Designs<br />
<strong>2019</strong> wird der Gründung des Bauhauses vor 100 Jahren<br />
deutschlandweit mit zahlreichen Ausstellungen<br />
gedacht. Natürlich auch in Berlin. So gibt es beispielsweise<br />
noch bis zum 5. Mai im Bröhan-Museum<br />
die Ausstellung Von Arts and Crafts zum Bauhaus.<br />
Kunst und Design – Eine neue Einheit! zu sehen, die<br />
anhand von 300 Objekten zeigt, wie Möbel, Grafik,<br />
Metallkunst, Keramik und Gemälde des Wiener Jugendstils,<br />
des Deutschen Werkbunds oder der holländischen<br />
Gruppe De Stijl die Formensprache des<br />
Bauhauses beeinflusst haben.<br />
http://www.broehan-museum.de/<br />
Buffet, entworfen 1867 von Edward Willam Godwin (Privatsammlung)<br />
© Martin Adam<br />
Berlinale in Bildern<br />
Die Berlinale ist gerade vorbei, aber wer von den internationalen<br />
Filmfestspielen nicht genug bekommen<br />
kann, sollte mal im Museum für Film und Fernsehen<br />
am Potsdamer Platz vorbeischauen. Noch bis 5. Mai<br />
ist hier die Ausstellung Zwischen den Filmen – Eine<br />
Fotogeschichte der Berlinale zu sehen, die wunderbare<br />
Momente abseits des roten Teppichs zeigt.<br />
Stimmungsvolle Fotografien aus fast siebzig Jahren<br />
Festivalgeschichte: Ein Must-See für Filmfreaks und<br />
Berlinfans.<br />
www.deutsche-kinemathek.de<br />
Blick in die Ausstellung © Marian Stefanowski<br />
Gänzend demonstrieren für ein „Europa der Vielen“<br />
Am Sonntag, den 19. Mai <strong>2019</strong>, finden in zahlreichen<br />
Städten Demonstrationen für ein „Europa der Vielen“<br />
statt. In Berlin wird um 12.00 Uhr am Rosa-Luxemburg-Platz<br />
gestartet, der Protestmarsch führt an<br />
mehreren Kunst- und Kultureinrichtungen vorbei, vor<br />
denen Künstlerinnen und Künstler aus europäischen<br />
Ländern sprechen werden, die bereits durch Regierungsbeteiligungen<br />
nationalistischer und rechtsextremer<br />
Parteien unter Druck geraten sind und deren<br />
Länder die Freiheit der Kunst schon länger nicht<br />
mehr garantieren. Auch in Deutschland sowie in wei-<br />
18<br />
Glänzende Demonstration © dievielen<br />
<strong>mein</strong>/4
Kulturtipps<br />
teren EU-Staaten könnte die Kunstfreiheit durch nationalistische<br />
oder rechtsautoritäre Regierungsbeteiligungen<br />
in Gefahr geraten. Deshalb haben allein in<br />
Berlin mehr als 200 Kunst- und Kultureinrichtungen<br />
die Erklärung der Vielen unterschrieben. Sie positionieren<br />
sich damit gegen Hass und Rechtspopulismus<br />
und setzen ein sichtbares Zeichen für Vielfalt in einer<br />
offenen und gleichberechtigten Gesellschaft.<br />
www.dievielen.de<br />
Kunstfrühling in Pankow<br />
Im Atelier von Jutta Scheiner © Beate Hoeckner<br />
Zum dritten Mal findet in diesem Jahr artspring statt.<br />
Kern des Ganzen ist das Wochenende der offenen<br />
Ateliers am 1. und 2. Juni, in dem Künstlerinnen und<br />
Künstler in Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee<br />
ihre Ateliers für Besucherinnen und Besucher öffnen<br />
und ihre Arbeiten präsentieren. Es geht aber schon<br />
früher los: Ab Anfang Mai werden die Künstler/innen<br />
mit einer Katalog- und Portofolio-Bibliothek sowie<br />
einem Performanceprogramm im Pop-Up-Store in<br />
den Schönhauser Allee Arcaden vorgestellt. Parallel<br />
dazu präsentiert das Festival artspring spots im<br />
ganzen Bezirk Ausstellungen ansässiger Künstler/innen.<br />
An den Freitagabenden läuft ein Filmprogramm<br />
mit Medienkunst im Kino in der Kastanienallee 77.<br />
Angekündigt sind darüber hinaus Konzerte und Lesungen,<br />
die einzelne Künstler/innen in ihren Ateliers<br />
veranstalten. Über das umfangreiche Programm informieren<br />
die artspring-Website sowie die Festivalzeitung,<br />
die an allen Veranstaltungsorten erhältlich<br />
sein wird.<br />
www.artspring.berlin<br />
Die Geschichte der Berliner Vergnügungsparks<br />
Lange bevor es den Kulturpark im Plänterwald gab,<br />
der 2002 als Spreepark ein unrühmliches Ende nahm,<br />
war Berlin so etwas wie das Epizentrum der Vergnügungsparks<br />
in Europa. Zwischen 1880 und Ende der<br />
1930er-Jahre existierten sechs dieser sommerlichen<br />
Vergnügungsorte in und um die Reichshauptstadt herum.<br />
Der berühmteste und am längsten bestehende<br />
war der Lunapark, der älteste entstand in der Hasenheide.<br />
Hinzu kamen großflächig angelegte Rummelplätze<br />
in den Parks am Weißen See, am Lehrter Bahnhof<br />
und in der Schönholzer Heide. Einer hatte sogar<br />
– ganz planmäßig – nur eine Saison Bestand, er wurde<br />
als zusätzliche Attraktion für die Besucherinnen und<br />
Besucher der Berliner Gewerbeausstellung 1896 auf<br />
dem Gelände des heutigen Treptower Parks errichtet.<br />
Johanna Niedbalski analysiert in ihrer Dissertation<br />
die Entstehung und den Niedergang der einzelnen<br />
Parkanlagen, überprüft sowohl spektakuläre als<br />
auch heute überaus fragwürdige Attraktionen hinsichtlich<br />
ihrer Erlebnisdimensionen und zeigt auf,<br />
dass zahlreiche Errungenschaften urbanen Lebens<br />
wie Rolltreppen, Hallenbäder, Kinos oder Straßenbahnen<br />
im Ausstellungsbetrieb getestet wurden,<br />
ehe sie im städtischen Alltag Einzug hielten.<br />
Die ganze Welt des Vergnügens erschien 2018 im<br />
be.bra Verlag.<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
480 Seiten Lesevergnügen © Marc Lippuner<br />
19
Skip Pahler –<br />
ein „Viech“<br />
20 <strong>mein</strong>/4
Skip Pahler<br />
Der 8. Rabe<br />
Wenn bei uns im Norden jemand „Viech“ genannt wird, ist das ein großes Kompliment. Solcheinwelcher<br />
ist nicht nur ein echter Freund, er steckt auch voller Geschichten, Wissen, Überraschungen<br />
und Humor.<br />
Andreas Langholz<br />
Mein Freund Skip ist ein Viech.<br />
Er wurde 1940 in Zehlendorf geboren, mitten in den<br />
Krieg hinein. Er kam zur Oma nach Thüringen. Sie<br />
arbeitete in einer Glashütte und brachte dem kleinen<br />
Skip bei, wie man Glasknöpfe bemalt. Möglicherweise<br />
hat Oma damit Skips künstlerisches Fundament<br />
gegossen …<br />
„Malt mir die Windflüchter“, lautete die Aufgabenstellung<br />
des Kunstlehrers Prof. Nabel. Er <strong>mein</strong>te damit<br />
Bäume, die sich im Sturm biegen. Skip musste<br />
an die Tafel.<br />
„Ich hab mit großem Schwung losgelegt, ein Glücksmoment“,<br />
sagt Skip. Der Lehrer staunte und ahnte.<br />
Und wann immer Zeit war, nahm er den kleinen Skip<br />
zu Zeichnen mit.<br />
Im letzten Jahr hat Skip eine Ausstellung mit „Die<br />
sieben Raben“ betitelt. So erfuhr ich, dass damit die<br />
Menschen, sieben an der Zahl, ge<strong>mein</strong>t sind, die Skip<br />
im Laufe seines Lebens beeinflussten, ihm Wege aufzeigten<br />
oder umleiteten, zu Freunden wurden. Prof.<br />
Nabel war der Erste.<br />
Während Skip die Handelsschule besuchte – man<br />
muss ja was Ordentliches lernen - interessierte ihn<br />
am meisten ein Praktikum in einer Farbenfabrik. “Ich<br />
musste Tuben und Eimer auswaschen, durfte aber<br />
auch Farben herstellen und lernte Sachen, die heute<br />
kaum noch einer weiß“.<br />
Und dann kam dieser Kinobesuch. Skip sah einen<br />
Kurzfilm darüber, wie man Trickfilme macht – das<br />
Ende einer Handelskarriere! Er bewarb sich bei Ernie<br />
Loeser, einem Engländer, der in Berlin eine kleine<br />
Zeichentrickproduktion betrieb. Skip wurde Trickfilmzeichner,<br />
sie bekam so manche Auszeichnung.<br />
„Ernie ist <strong>mein</strong> zweiter Rabe“, sagt Skip, dem man<br />
anmerkt, dass er sich mit Vergnügen an diese Zeit<br />
erinnert.<br />
Übrigens hieß er da noch anders, denn erst an seinem<br />
18. Geburtstag erklärte er seinen Eltern: „Das Schiff<br />
verlässt jetzt den Hafen und ich heiße ab sofort Skip“<br />
(und selbst wenn ihr mich würgt, foltert, bestecht ...<br />
ich weiß nicht, welcher Name auf seiner Geburtsurkunde<br />
stand).<br />
Die Trickfilmbude war in Prenzlauer Berg, wo Skip auch<br />
wohnte. In der Marienburger Straße gab es damals einen<br />
Boxstall. Skip hatte seinen Sport gefunden.<br />
„Boxen ist wie tanzen“, erklärt er. Seinen ersten<br />
Punktkampf gewann er locker, der Gegner trat nicht<br />
an. „Dann machen wir einen Schaukampf, ich hab<br />
die Handschuhe doch schon an!“ Zack, paff, so kam<br />
Skip zu seiner Nase, von der er behauptet, sie habe<br />
die perfekte Form, um sie überall reinzustecken …<br />
Das tut Skip heute noch. Legendär sind seine kleinen<br />
Neujahrskarten, die er guten Freunden zum Jahresbeginn<br />
überreicht. Immer mit einer Zeichnung, die<br />
es genauso in sich hat wie Skips Anmerkungen zum<br />
abgelaufenen Jahr und sein Ausblick auf das neue. Ja,<br />
Skip ist ein sehr politischer Mensch, allerdings passt<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
21
Skip Pahler<br />
er in keine Schublade und hat sich auch nie in eine<br />
stecken lassen, egal wie sehr gedrückt wurde.<br />
Als Herr Ulbricht beschloss, sein Volk durch eine<br />
Mauer zu schützen, war Skip das egal. „Was die da<br />
machen, interessiert mich nicht. Ich bin da, wo <strong>mein</strong>e<br />
Freunde sind.“<br />
Und davon gab es 1961 schon eine ganze Menge.<br />
Skip kümmerte sich um das Kulturhaus Erich Franz,<br />
eine Immobilie in der Kastanienallee, die wir heute<br />
als Prater kennen. Er erfand die Veranstaltungsreihe<br />
‚Lyrik & Jazz‘, „wir haben immer um 21.00 angefangen,<br />
dadurch haben wir automatisch die Leute<br />
rausgefiltert, die vor der Glotze sitzen“, erinnert sich<br />
Skip. Und auch an den Schriftsteller Peter Hacks, der<br />
lieber stehend lesen wollte, im Sitzen sähe er aus wie<br />
Karl Eduard von Schnitzler …<br />
Gegenüber machte Skip dann die Prater Galerie auf.<br />
Seine erste Ausstellung hieß ‚Problemausstellung<br />
Nr.1‘. Die ‚Westpresse‘ berichtete ausführlich und<br />
Skip musste der Verdacht schöpfenden Obrigkeit erklären:<br />
Dies ist eine Private Galerie!<br />
Heute ist Skips Hauptquartier in der Lehder Straße<br />
74 in Weißensee. Ein wunderschöner Ort voller Kunst.<br />
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22 <strong>mein</strong>/4
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Skip Pahler<br />
ren produzierte Skip auch fleißig Kunst. Als er in der<br />
Turmgalerie am Frankfurter Tor Fotomontagen sah,<br />
deren Herstellungstechnik er für seine Erfindung hielt,<br />
ließ er nicht locker, bis er José Renau kennenlernte. Sie<br />
wurden dicke Freunde, hatten einige Jahre ein ge<strong>mein</strong>sames<br />
Atelier und produzierten zusammen. Ich glaube,<br />
Renau ist Skips wichtigster Rabe.<br />
Mittlerweile hatte Skip ein weiteres Feld für sich entdeckt:<br />
Fassaden. Je größer, desto besser. Er wurde im<br />
Ostberliner Stadtbild zum Exoten zwischen sozialistischer<br />
Einheitskunst.<br />
Ein Auftrag im Staatsratsgebäude: („Du bist teuer“,<br />
„Nein, ich bin gut.“) führte dazu, dass man Skip die<br />
künstlerische Bauleitung für den Palast der Republik<br />
übertrug. Und als die Künstler drei Eimer Caparol<br />
aus dem Westen brauchten, wurden sie natürlich beschafft,<br />
Kurt Masur hatte sie im Handgepäck.<br />
Siegfried Krepp und Fritz Crämer, beides Raben, arbeiteten<br />
mit Skip an den Projekten. Letzterer hat mal<br />
eine Skulptur von Skip ‚die Liebenden‘ kritisiert. Sie<br />
sei wohl noch nicht fertig. Skips Antwort: „Liebende<br />
sind nie fertig.“<br />
24 <strong>mein</strong>/4
Skip Pahler<br />
Und als einer seiner damaligen, hochoffiziellen Brötchengeber<br />
(Skip hat übrigens nie Rechnungen geschrieben)<br />
ihm erklärte, er sei im Herzen Europas, hat Skip<br />
geantwortet: „Ja, aber auf einem Betonsockel. Und nun<br />
gehen Sie mal einen Schritt vor oder zurück!“<br />
Auf Skips Webseite (www.skip-pahler.de) steht: „Ich<br />
weiß so vieles nicht, deshalb male ich“ – tiefer kann<br />
man nicht stapeln.<br />
Und hoch bin ich geklettert. Bis auf den Hängeboden<br />
seines Ateliers. Dort habe ich ein Bild mit einem<br />
umgeknickten Kreuz ausgebuddelt. Ein Entwurf für<br />
einen Altar, den Skip gebaut hat. Das Bild hängt heute<br />
bei <strong>mein</strong>er Schwester. Eine Gasse in einem provenzalischen<br />
Dorf (in Öl) erwarb ich für <strong>mein</strong>e Eltern und<br />
mir selbst gönnte ich einen Fassadenentwurf. Die Geschichten<br />
zu den Bildern habe ich in <strong>mein</strong>em Herzen,<br />
an den Geschmack des wunderbaren Brandys kann<br />
ich mich jedoch nur noch flüchtig erinnern – ich muss<br />
dringend mal wieder im Atelier vorbeischauen.<br />
Übrigens Skip hat am gleichen Tag wie Picasso<br />
Geburtstag. Welch Ehre für Pablo!<br />
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<strong>mein</strong>/4<br />
25
Winterschlaf<br />
Ich stopfe ein Weinglas in die Spülmaschine und zerbreche es. Beim Griff nach der Küchenrolle<br />
mit der blutenden Hand stolpere ich über die Klappe der Spülmaschine. Das kochende<br />
Teewasser spritzt mir gegen die Schenkel, das Brotmesser fährt mir in den Daumen.<br />
Franziska Hauser
Winterschlaf<br />
Alle Kanten und Stufen strecken sich heraus, damit<br />
ich mich daran stoße. Die Dinge verweigern mir ihren<br />
Dienst, fügen sich nicht ihrer Verwendung. Ich sitze auf<br />
dem Küchenstuhl mit dem blutbefleckten Papier in der<br />
Hand, sehe in den Hof und versuche mir vorzustellen,<br />
dass ich ab nächster Woche an einem Fenster sitzen<br />
werde, ohne den Alltag hinter <strong>mein</strong>em Rücken. Keine<br />
Ahnung was man bei einer Mutter-Kind-Kur macht statt<br />
arbeiten, einkaufen, Essen kochen, Wäsche waschen, sauber<br />
machen, Kinder holen und wegbringen.<br />
Ich finde <strong>mein</strong> Leben eigentlich gut. Mich stört nur der<br />
Abwasch und der Dreck, die leeren Flaschen, der volle<br />
Mülleimer, der leere Kühlschrank und dass ich <strong>mein</strong>en<br />
verdammten zweiten Strumpf nicht finde. Aber ich will<br />
nicht so eine Mutter sein, die eine Kur braucht, um mit<br />
dem gewöhnlichen, langweiligen Kram wieder klarzukommen.<br />
Ich bin doch von gesunder Natur, ich brauch’<br />
keine Hilfe, ich weiß, was mir gut tut!<br />
Ich weiß zum Beispiel, dass mir jetzt irgendetwas Wildes<br />
gut tun würde. Ein hässlicher, kahler Wald voller<br />
Gestrüpp oder eine modrige Abraumhalde mit grauem<br />
Himmel. Aber so was gibt’s hier nicht und ich habe keine<br />
Immerhin finde ich ein anderes Tor und gehe quer über<br />
die matschige Wiese.<br />
Ich stehe an der Kreuzung und mir wird klar, dass ich<br />
seit zehn Jahren nachmittags an dieser Kreuzung stehe,<br />
auf Kinder warte, die mit kurzen Beinen hinterherlaufen<br />
– oder auch nicht. Die Kirchturmglocken schlagen und<br />
mir ist, als würden sie die Jahre zählen, die ich an dieser<br />
Kreuzung stehe oder auf Spielplatzbänken sitze und<br />
darauf warte, dass die Kinder groß werden. Irgendwann<br />
werde ich vielleicht an dieser Kreuzung stehen und die<br />
Kinder werden groß sein und ich werde alt sein und mich<br />
fragen, worauf ich die ganzen Jahre gewartet habe.<br />
In die Baumwipfel zu sehen und in die Wolken, die wie<br />
Rauch übereinander hinziehen, hilft ein bisschen. Mit<br />
dem Kind auf dem Rückweg lande ich schon wieder auf<br />
einer Spielplatzbank. Die steht im Kies. Mit dem wirft<br />
das Kind. Ich warte. Ich habe keine Lust, mit Kies zu<br />
werfen, aber etwas anderes kann man wirklich nicht tun<br />
hier.<br />
Neben mir windet sich Efeu um einen Stamm wie eine<br />
Würgeschlange. Na gut. Ich brauch doch so eine blöde<br />
Kur.<br />
Zeit, mir einen solchen heilsamen Ort zu suchen jetzt.<br />
Der Park hilft auch nicht, durch den ich gehe auf dem<br />
Weg zur Schule, um das Kind zu holen. Die zuckelnden<br />
Kinderwagen auf dem knirschenden Streukies machen<br />
mich noch aggressiver. Am Zaun müssen alle Menschen<br />
durch dasselbe Tor. Ich will aber nicht mit dem trägen<br />
Spaziergängerstrom durch ein Tor geleiert werden. Ich<br />
würde am liebsten über den Scheißzaun klettern oder<br />
mich darunter durchgraben, nur um nicht durch das<br />
Scheißtor gehen zu müssen. Dass es den Menschen<br />
nichts ausmacht, auf denselben Wegen hintereinander<br />
her zu trotten, verstehe ich nicht.<br />
Aus der nassen Stadt kommend fahren wir durch eine<br />
saubere Modelleisenbahnlandschaft mit glitzerndem<br />
Schnee dekoriert und machen uns lustig über sie, damit<br />
sie sich nicht lustig macht über uns. Mareile legt eine<br />
CD ein mit irischer Folkmusik ein. Die Töchter auf der<br />
Rückbank fangen an zu singen. Kalte Bäche rauschen<br />
über Mühlräder an bunten Fachwerkhäusern und die<br />
wenigen Menschen wirken wie im Laden gekauft – „Guten<br />
Tag, ich hätte gerne eine Tüte Reisende.“ Und in die<br />
Landschaft gestellt. Wie auf einer gepflegten nostalgischen<br />
Platte gibt es keine grelle Werbung, keine farblosen<br />
Industriegebäude, kein krankes Schaf. Wir kommen<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
27
Winterschlaf<br />
uns veräppelt vor, weil es gar kein Ende mehr nimmt. Ein<br />
hübsches Dorf hängt am anderen, umgeben von Bergen<br />
mit weißen Tannen darauf und pastösem Nebel darüber.<br />
Mein Kind sagt zum Dunst über den Bergen: „Wenn<br />
man immer näher kommt, sieht es aus, als würden die<br />
Bäume in ein Loch dahinter fließen“.<br />
Wir fahren bergab in ein gespenstisch vernebeltes Eisgebirge,<br />
wo die Welt hinter jedem Baum vom Nichts<br />
verschluckt wird. Das Kurhaus steht am Berg und alle<br />
Fenster sehen hinunter ins unsichtbare Tal. Wir steigen<br />
aus in der großen Stille, atmen den eisigen Nebel, der<br />
uns mit einer gläsernen Haut überziehen will wie alles<br />
andere. Die Luft knirscht.<br />
Der Hausmeister nimmt unsere Taschen und hält uns<br />
die Türen auf damit. Es wird immer weißer um uns. Die<br />
Bettwäsche, die Zimmerwände, der Winterhimmel und<br />
langsam der Schnee. Wir müssen zur Kennenlernrunde<br />
und es ist, wie ich befürchtet habe. Unter den Frauen<br />
kein Gesicht, mit dem etwas anzufangen ist. Ich bin froh<br />
über Mareile rechts wie Mareile froh ist über mich links.<br />
Das teilt sie auch prompt der Runde mit, dass sie ohne<br />
mich niemals her gewollt hätte. Die anderen sind verunsichert<br />
über die Äußerung, die nicht ins Muster passt.<br />
Was uns im Leben wichtig ist sollen wir erklären anhand<br />
einer Postkarte, die auszuwählen ist. Ich erzähle etwas<br />
von Kunst und Kultur und halte die Sixtinische Madonna<br />
hoch. Mareile redet von Aufklärung, Wissen und Erkenntnis,<br />
hat dafür aber nur die Karte vom einsamen Baum in<br />
weißer Landschaft zur Verfügung. Jetzt ist es allen klar:<br />
Wir wollen nicht dazugehören. Wir sind die echten Großstädter<br />
und das wollen wir hier auch bleiben!<br />
Die dreißig Frauen bilden einen wohlgeordneten Gesellschaftsdurchschnitt.<br />
Am einen Ende sitzt eine<br />
hübsche, vierzigjährige Beamtin vom Brüsseler Parlamentsfernsehen<br />
mit dreijähriger Tochter, am anderen<br />
Ende eine fünfvierzigjährige, dicke Arbeitslose, die wir<br />
unterm Raucherdach schon gesehen haben. Sie kommt<br />
aus einer ostdeutschen Kleinstadt mit ihrem Kind, das<br />
eine Behinderung hat. Das hat sie von einem Türken,<br />
der nichts weiß davon. Zu Hause im Neubaublock leben<br />
noch drei jugendliche Töchter. Die jüngst e<br />
schwanger. Zwischen den beiden Extremfällen sitzen<br />
vier Krankenschwestern, einen Haufen Büromuttis,<br />
ein paar Verkäuferinnen, Friseusen und ein Fernfahrervater,<br />
Herr Rössler, der versehentlich Frau Rössler<br />
genannt wird.<br />
Die Brüsselerin bemüht sich um einen wohlwollenden<br />
Blick. Sie weiß, dass hier niemand vier Sprachen spricht,<br />
niemand heranreicht an ihre Stellung, aber sie möchte<br />
trotzdem dazugehören. Sie wurde in Pirna geboren und<br />
ihr Kind soll deutsch lernen hier. Ihr Blick bittet um<br />
Gunst und begegnet befremdeten Gesichtern.<br />
Die dicke Raucherin mit fettigem Haar in farblos wirkt<br />
resigniert. Sie weiß, dass niemand viel zu tun haben<br />
möchte mit ihr, und anstatt zu erklären was ihr wichtig<br />
ist im Leben, bittet sie nur darum, dass die Medikamente<br />
für ihr Kind im Ge<strong>mein</strong>schaftskühlschrank<br />
verbleiben dürfen. Das ist wichtig.<br />
Eine junge Friseuse hält die Karte von Dürers betenden<br />
Händen hoch, weil ihre Großeltern gestorben sind. Sie<br />
hat Tränen in den Augen, sagt weiter nichts und in mir<br />
erhebt sich der bockige Widerstand gegen das Berührt<br />
werden.<br />
Im indischen Ashram gibt es „Silence“-Sticker, um von<br />
niemandem angesprochen zu werden. So einen hätte<br />
ich jetzt gerne.<br />
Wir essen um 18:30 Uhr Abendbrot. Zuhause tun wir<br />
sowas drei Stunden später. Dass wir um 7:45 Uhr beim<br />
Frühstück erscheinen werden, ist undenkbar. Aber obwohl<br />
wir wissen, dass die Mütter mit den Babys erst<br />
um halb acht den Essenraum verlassen, erscheinen wir<br />
mit unseren Schulkindern schon um 7:15 Uhr, hungrig<br />
28 <strong>mein</strong>/4
Winterschlaf<br />
wie noch nie um diese Uhrzeit. Der Raum ist überfüllt<br />
mit Geschrei und Gequietsche. Wir stolpern am Buffet<br />
über das um unsere Knie wuselnde Getier. Kleinkinder<br />
knallen mit den Köpfen gegen Tischkanten, fallen von<br />
Stühlen unter Tische, lassen sich unter Gewaltanwendung<br />
von Müttern Rotze aus den Gesichtern wischen<br />
und werfen mit Besteck.<br />
Wir geben unsere Kinder in der zuständigen Betreuungsgruppe<br />
ab und haben nach einem Blick ins verfügbare<br />
Kinderbuchregal kein gutes Gefühl dabei. Wir<br />
stellen unsere mitgebrachten, künstlerisch hochwertigen<br />
Kinderbücher zwischen den zerfledderten Disney-Kram<br />
und müssen die Bildung unserer Töchter für drei Wochen<br />
einer Grundschullehrerin überlassen, die sich<br />
für Lesen und Rechnen noch weniger zu interessieren<br />
scheint als die Kinder.<br />
Mareile und ich folgen unserem Kurplan und begeben<br />
uns von der Moormassage zur Rückenschule, zum Waldspaziergang.<br />
Wir gewöhnen uns daran, dass man sich<br />
seine Nummer merken muss, um das Zimmer wiederzufinden<br />
und unterhalten uns abends im Schwimmbad<br />
jetzt doch vorbildlich mit den Krankenschwestern. Wir<br />
reden über die anderen und sind gespannt, wen sich der<br />
Fernfahrer aussuchen wird.<br />
Der Männerentzug macht sich schon nach vier Tagen<br />
bemerkbar, als ein junger Vertretungshausmeister auftaucht.<br />
Während er Schnee schippt, hopsen wir von<br />
einem Bein aufs andere, loben die Kinder fürs Nichtgegen-den-Baum-Rodeln<br />
und überlegen, mit welchem<br />
Anliegen wir ihn in unser Zimmer holen könnten. „Willst<br />
du dein Anliegen nicht einfach direkt vorbringen?“, sage<br />
ich zu Mareile so laut, dass er es hören kann. Er dreht<br />
sich um, lacht, schüttelt den Kopf und schippt weiter. Er<br />
hat langes Haar, sein Musikgeschmack, der vom T-Shirt<br />
abzulesen ist, kommt unserem nahe. Mir fällt ein, dass<br />
sich in <strong>mein</strong>em Zimmer ein Schrank nicht öffnen lässt,<br />
und da kommt er mit. Sechs Kinder hat er und eine<br />
Mittelalterkneipe im nächsten Ort. Mareile hat auch<br />
eine Kneipe und eine Menge Kinder. Ich lasse die beiden<br />
mit ihrem Gespräch alleine und gehe zu <strong>mein</strong>em<br />
Psychotermin.<br />
Dass die Dorfpsychologin mich nicht weiterbringen wird,<br />
davon bin ich überzeugt, aber immerhin gibt es Tee und<br />
Kekse. „Kuschelpsychologin“ denke ich, als sie mich anlächelt<br />
in ihrem grauen Strickkostüm. Ich überlege, sie zu<br />
provozieren, ihr absurde Phantasien zu erzählen, würde<br />
mir Spaß machen. Ob ich ihr beichte, wie dankbar ich<br />
in <strong>mein</strong>em mühseligen Alltag oft wäre, wenn ich einfach<br />
mal sterben dürfte? Sie sieht aus, als ob sie das schon<br />
erschrecken könnte. Aber nein, ich habe ein echtes Anliegen<br />
und sie lobt mich mehrmals, als ich von <strong>mein</strong>en<br />
Bemühungen berichte, herauszufinden, warum <strong>mein</strong>e<br />
Tochter jede Nacht einpullert. Ich erzähle ihr von <strong>mein</strong>er<br />
Trennung, sie sieht mich verständnisvoll nickend an und<br />
sagt: „Kinder weinen ihre unterdrückten Tränen durch<br />
die Blase.“ ‚Blöder Spruch‘ denke ich noch, so was Unqualifiziertes<br />
würde <strong>mein</strong>e Prenzlauer Berg-Therapeutin<br />
nie sagen. Plötzlich muss ich heulen und kann mich gar<br />
nicht mehr halten. Zuhause ist mir sowas in zwanzig Therapiestunden<br />
nicht passiert. Ich bin entsetzt über <strong>mein</strong>e<br />
Anfälligkeit für die primitive Hausfrauenpsychologie und<br />
nehme <strong>mein</strong> nasses Taschentuch mit in den Wald hinterm<br />
Kurhaus. Hier ist er ja, der wilde heilsame Ort. Ich muss<br />
in den Schnee pullern und fühle mich gleich verbunden<br />
mit dem Kreislauf des Lebens und Sterbens. Durch <strong>mein</strong>en<br />
Körper sucht sich ein Element zielstrebig seinen Weg<br />
in den Schnee, in das welke Laub, in die Erde, um sich<br />
einzuordnen – die endlosen physikalischen Bahnen. Auch<br />
wenn ich nicht weiß, was ich anfange mit <strong>mein</strong>em Leben,<br />
weiß immerhin <strong>mein</strong> Leben doch genau, was es mit mir<br />
anfängt. Der verschneite Wald ist von der Lieblichkeit,<br />
die mich in Berlin im Park noch so aggressiv gemacht hat.<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
29
Winterschlaf<br />
Jetzt überfällt mich eine dankbare Ruhe. Die Tatsache,<br />
dass es in einer Viertelstunde Mittagessen gibt ohne dass<br />
ich es kochen muss, macht mich glücklich. Mareile sitzt<br />
schon am Tisch und hat sich mit der dicken Raucherin<br />
angefreundet, die Marlies heißt. Der Fernfahrer wirft im<br />
Vorbeigehen das kleinste Kind der Autoverkäuferin in die<br />
Luft und ihr gerührtes Lächeln verrät, was die beiden<br />
durch getrenntes Essengehen geheim zu halten versucht<br />
haben. Am Abend holt Mareile mich mit einer Teekanne<br />
auf ihren Gang, wo sich in einer dunklen Sitzecke vier<br />
Frauen treffen. Von der Affäre des Fernfahrers wissen<br />
alle schon längst. „Hätte von ihm was Besseres erwartet“,<br />
sagt eine Sekretärin. Dass ich mich jeden Abend eine<br />
Stunde heimlich im Fitnessstudio einschließe, wissen<br />
auch schon alle.<br />
Ich bin noch nie in einem Fitnessstudio gewesen bisher,<br />
fand es albern, für Turnübungen Geld zu bezahlen. Ich<br />
hatte geplant mir hier heimlich anständige Bauchmuskeln<br />
zu zaubern und so tun, als müsste ich mich um <strong>mein</strong>e<br />
gute Figur nicht bemühen. Der Eindruck, den ich hier<br />
hinterlasse, ist aber doch ein bemühter.<br />
Mareile und ich machen das langweilige Frauengespräch<br />
immer wieder kaputt. Der Unterhaltungsfluss bricht ab,<br />
sobald eine von uns den Mund aufmacht. Ich will etwas<br />
herausfinden über die Frauen, aber die machen nicht mit.<br />
Sie nicken nur und es ist, als wollten sie uns ein Geheimnis<br />
vorenthalten. Mein Ehrgeiz, die Frauen, die nicht reden<br />
können, zum reden zu bringen, erlahmt langsam. Ich<br />
dachte, es hätte vielleicht interessanter sein können mit<br />
den zu Menschen, die ich in <strong>mein</strong>em kultivierten Umfeld<br />
normalerweise kennenlerne, die aber gar nicht zu den<br />
Normalen gehören und von denen manche denken, man<br />
könnte über alles reden ohne zu ahnen, worüber man<br />
alles nicht reden kann. Diese Frauen ahnen es vielleicht.<br />
Mareiles kann sowas behutsamer. Sie kann eine Oberflächlichkeit<br />
vortäuschen, indem sie über ganz banale<br />
Dinge redet. Dass sie dafür andere Worte und Gedanken<br />
benutzt, irritiert die Frauen erstmal. Mir fehlt die Geduld.<br />
Ich kann mich an Mareiles aufwändige Methode nicht<br />
halten. Ich gebe auf, gehe in <strong>mein</strong> Zimmer und hinterlasse<br />
der Runde <strong>mein</strong>en kleinen ungeduldigen Vorwurf.<br />
In der zweiten Woche fange ich an, alle <strong>mein</strong>e Nägel zu<br />
lackieren und alle <strong>mein</strong>e Härchen mit Wachs zu entfernen.<br />
Ich komme mir vor wie auf einer Beautyfarm.<br />
Mareile kommt in <strong>mein</strong> Zimmer, lässt sich rückwärts aufs<br />
Bett fallen, breitet die Arme aus und jault die Decke an:<br />
„Ich will vögeln!“<br />
Mareile und ich können schon seit Tagen nur noch über<br />
Sex reden. Aber in die sterile Kurhausatmosphäre passen<br />
unsere Gespräche nicht und wir kommen uns noch ausgehungerter<br />
vor als wir es sind. „Lass uns mal rausgehen“,<br />
sage ich und zerre sie an die frische Kurluft.<br />
Der Schnee hat alle Farben geschluckt und den Ort gefressen.<br />
Alles Hässliche ist verdeckt. Es gibt keine Gartenzwerge<br />
und keine Plaste-Rehe in den Vorgärten, keine<br />
Zäune, Wege und Blumenbeete mehr. Jeder kleinste<br />
Zweig ist weiß umfroren und alles um uns ist von gläserner<br />
Starrheit. Die klare Luft fließt in unsere Köpfe und<br />
wir atmen den Schnee ein. Am liebsten würde ich vor<br />
übermütiger Wollust die harzige Tannenrinde ablecken.<br />
Mareile bindet sich <strong>mein</strong> Wolltuch um den Kopf, findet,<br />
sie sieht russisch aus, und grüßt jeden Entgegenkommenden<br />
mit Dobre Dien oder Strastwuite. Wir begegnen den<br />
beiden Physiotherapeuten aus dem Kurheim. „Ey, die sind<br />
30 <strong>mein</strong>/4
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31
Winterschlaf<br />
’n Paar, der nennt sie Schnucki“, flüstere ich. „Wieso, ick<br />
nenn’ dich doch och manchmal Schnucki, ick hoffe nich’,<br />
du denkst, wir sind ’n Paar!“, sagt Mareile laut, dass die<br />
Beiden sich nach uns umdrehen.<br />
Als wir im einzigen Lebensmittelladen ankommen, beschließen<br />
wir, dass es jetzt genug ist mit der Disziplin.<br />
Wir kaufen Wein, Schokolade und den heimischen Gebirgskräuterschnaps.<br />
Den Rest der Kur verbringen wir mit Schwedeneisbechern,<br />
Sauna, Sport, Massagen, Skilaufen und immer<br />
wieder essen. Die Kinder kommen mit ins Fitnessstudio<br />
und wir tanzen jeden Abend zur Musik aus dem tschechischen<br />
Radiosender.<br />
Morgens fliegt die dicke Marlies ihr Kind ein, an den<br />
Hosenträgern in den Speisesaal, wobei es mit den Armen<br />
flattert, und jeder weiß schon, dass es sich um einen dreiäugigen<br />
Drachen handelt. Sie ist von zauberhaft gutmütigem<br />
Wesen und inzwischen ist klar, dass der behinderte<br />
Drache es nicht besser hätte treffen können mit seiner<br />
Franziska Hausers<br />
aktueller Roman<br />
„Die Gewitterschwimmerin“ wurde<br />
für den Deutschen Buchpreis<br />
2018 nominiert.<br />
EICHBORN Verlag<br />
431 Seiten, 22,00 €<br />
ISBN: 978-3-8479-0644-5<br />
Die Autorin schreibt ihre Texte meist im<br />
Schokoladenrausch, im gelben Sessel der<br />
Chocolaterie und Buchhandlung „Fräulein<br />
Schneefeld und Herr Hund“, Prenzlauer Allee 23.<br />
Mama. Sie kann als einzige lachen unterm Raucherdach<br />
über Mareiles versponnene Witze und ihre elend einsamen<br />
Augen werden schön dabei.<br />
Einige Frauen werden an den Wochenenden von ihren<br />
Männern besucht und abends wird im dunklen Gang vor<br />
den Türen ausgewertet, von wem man „etwas Besseres“<br />
erwartet hätte. Mein Freund beschließt, uns abzuholen.<br />
Mareile organisiert ihren Mann auf den Beifahrersitz neben<br />
<strong>mein</strong>en. Ich bereite mich vor wie auf eine arabische<br />
Hochzeitsnacht und drehe mich vor dem Spiegel mit <strong>mein</strong>en<br />
neuen Bauchmuskeln.<br />
Dann stehen wir wie Sechzehnjährige stundenlang am<br />
Fenster, sehen hinunter ins Tal und warten auf das Männerauto.<br />
Ich puste zu tief in <strong>mein</strong>en heißen Tee und bekomme<br />
eine Brandblase auf der Nase. Klar musste etwas<br />
schief gehen nach der perfekten Schönheitspflege. Und<br />
dann führe ich abends den Frauen, mit denen ich vor drei<br />
Wochen nichts zu tun haben wollte, doch <strong>mein</strong>en Freund<br />
vor. Stolz und Überdreht.<br />
Am morgen stehe ich ein letztes Mal am Fenster und<br />
sehe über das verschneite Tal. Felsen beulen sich<br />
aus dem Wald in die dunkelblaue Luft. An der Wäscheleine<br />
auf dem Balkon haben sich winzige Eissplitter<br />
an die gefrorenen Wassertropfen gehängt<br />
wie Metallspäne an einen Magneten. Lauter kleine<br />
zerfetzte Ziegenbärte hängen in der Reihe.<br />
„Na, alles wieder im Lot?“, fragt Mareile am Frühstücksbuffet,<br />
streicht mir mit den Fingerspitzen um<br />
die Taille und ich seufze erleichtert. Die körperliche<br />
Erlösung aus der letzten Nacht ist ihr auch anzusehen.<br />
In der Abschiedsrunde sollen wir berichten, ob die<br />
Kur geholfen hat. Nur noch drei Frauen vor mir, dann<br />
bin ich an der Reihe und soll was sagen. Nur noch eine<br />
und ich weiß noch immer nichts. Alle sehen mich an und<br />
warten. „Ich glaub ich hab aufgehört zu warten“, sage ich.<br />
„Ich bin zurück in der Gegenwart“. Ich versuche nicht<br />
zu heulen über <strong>mein</strong>e Erkenntnis, die mich selber rührt<br />
und kann vor Anstrengung nicht hören was Mareile sagt.<br />
Wir verabschieden uns nur von Marlies, die jetzt vier Kilo<br />
weniger wiegt und für uns das einzige Gesicht bekommen<br />
hat, das wir in Erinnerung behalten wollen. Ob die<br />
Krankenschwestern, Sekretärinnen und Verkäuferinnen<br />
unsere Partner für geeignet halten oder nicht, werden<br />
wir nie erfahren. Wir holen die Kinder und ziehen unsere<br />
anspruchsvollen Kinderbücher wieder aus dem Regal. Sie<br />
sind nicht angerührt worden. Selbst <strong>mein</strong>e künstlerisch<br />
verwöhnte Tochter hat es vorgezogen, Mikeymäuse mit<br />
billigen Filzstiften rosa auszukrackeln.<br />
Es sollte ein Geheimnis bleiben, aber im Auto darf es<br />
doch verkündet werden: Das kulturell vernachlässigte<br />
Kind hat in 21 Kurnächten keine einzige Träne ins Bett<br />
gepullert. <br />
■<br />
32 <strong>mein</strong>/4
Das „Haus der Würde des Menschen“<br />
An der Prenzlauer Allee Ecke Grellstraße steht eine von Plakaten befreite Litfaßsäule, zum Abriss<br />
vorbereitet. Berliner Zäsurgeschichte auf seinem Weg in die Moderne ebnet sich sachlich formal<br />
seinem Weg durch alle Lebensbereiche.<br />
Jörg Richert und Lutz Müller-Bohlen<br />
Der alte Friseurladen um die Ecke, das Zigarettengeschäft,<br />
oder eben Litfaßsäulen, nie weiß man, ob sie<br />
nächste Woche noch da sind. Und so verändert sich<br />
sachlich das Gesicht UNSERER STADT in rasender<br />
Geschwindigkeit. Fassaden werden mit Dämmstoffen<br />
überklebt und blass getüncht, Wohnungen zumeist<br />
von osteuropäischen Arbeitern aufgeschickt, Mieten<br />
und Häuser werden aufgestockt.<br />
Insgesamt kommt es zu einem strukturellen Wandel.<br />
Während 1950 noch 68 % der Menschen in Städten<br />
wohnten, werden es 2030 80 % sein. Dabei vergrößert<br />
sich der Wohnraum pro Kopf immer mehr. Waren es<br />
um 1900 noch 10qm pro Kopf, sind es inzwischen<br />
viermal so viel. Dabei ist Deutschland Vizeweltmeister<br />
im Mieten, denn rund die Hälfte der Menschen<br />
lebt in Mietwohnungen. Auch deswegen werden<br />
Mietwohnungen rar und die Preise für Mietwohnungen<br />
werden immer teurer. Der Begriff der Gentrifizierung<br />
bahnt sich den Weg: Durch Sanierung<br />
entsteht in Wechselwirkung ein immer attraktiveres<br />
Milieu für zahlungskräftigere Menschen. Damit ver-<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
33
Tiny Houses<br />
Tiny Homes schaffen Identifikation und Würde<br />
bunden ist der Austausch ganzer sozialer Gruppen.<br />
Still und leise verschwinden Menschen, die man gestern<br />
noch grüßte.<br />
Auf besagter Litfaßsäule nun klebt ein einsames<br />
Flugblatt von Thomas Pollhammer, über sich als<br />
Obdachloser und sein selbst gebautes Little Home<br />
im Plänterwald. Seine Geschichte im Forst macht<br />
die Runde im Blätterwald: vom Förster entdeckt<br />
und zum Wegziehen aufgefordert begründet seine<br />
Geschichte eine Diskussion, was ein Einzelner darf.<br />
Auch in der aktuellen Ausgabe der Straßenzeitung<br />
KARUNA Kompass findet sich ein Artikel über<br />
Tiny Shelters. Selbst im Berliner Abgeordnetenhaus<br />
spricht die Grünen-Abgeordnete Fadime Topaç im<br />
November 2018 erstmals darüber „Die Not erfordert<br />
auch, dass wir ungewöhnliche Wege gehen und zum<br />
Teil zum Beispiel auch Tiny Houses ge<strong>mein</strong>sam mit<br />
Obdachlosen bauen für einen kleinen, sicheren, warmen<br />
Rückzugsort.“<br />
Allesamt Facetten einer aus den Vereinigten Staaten<br />
herüberschwappenden Bewegung, Armut, Obdachlosigkeit,<br />
aber auch die Beschränkung Einzelner auf<br />
das Wesentliche vor dem Hintergrund endlicher Ressourcen.<br />
Tiny Houses, eine wirksame Antwort auf die<br />
Endlichkeit des Wachstums?<br />
Tiny Shelters<br />
Campingurlaub auf fast 221.000 deutschlandweit angebotenen<br />
Stellplätzen mit insgesamt 31 Millionen<br />
Übernachtungen. „Camping ist der Zustand, <strong>mein</strong>e<br />
eigene Verwahrlosung als Erholung zu bezeichnen“<br />
oder „In <strong>mein</strong>em Wohnwagen bin ich zu Hause“ sind<br />
lustige Aufkleber auf Campingwagen, viele pflegen<br />
mit zeitbefristetem Leben auf engstem Raum wie<br />
selbstverständlich heimatliche Gemütlichkeit, Romantik<br />
und Schutz.<br />
Der Nichtraucher (Das Fliegende Klassenzimmer),<br />
Peter Lustig (Löwenzahn), Martin Riggs (Lethal<br />
Weapon), „Mick“ Brisgau (Der letzte Bulle) sind hingegen<br />
Beispiele der medial romantisierten Form des<br />
Dauerwohnens auf engstem Raum. Richtig Furore<br />
gemacht hat diese Wohnform in der amerikanischen<br />
Finanzkrise. Lloyd Kahn („Shelter“) und die Architektin<br />
Sarah Susanka gelten als Begründer der Gegenbewegung<br />
zu „Bigger is better“ mit mehr oder<br />
weniger mobilen Konzepten für Wohnraum von in-<br />
34 <strong>mein</strong>/4
Tiny Houses<br />
zwischen 20 qm oder weniger. Aus einem Nischentrend<br />
erwuchs eine regelrechte Minihouse-Manie,<br />
die inzwischen Menschen aus allen Einkommensschichten<br />
anspricht. Als Erstwohnsitz wohlgemerkt.<br />
Entsprechend sind die Entwürfe durchgestylt, ökologisch<br />
nachhaltig und lifestylekonform. 35.000 Euro<br />
darf der Komfort dann schon mal kosten, im Luxussegment<br />
auch gern 100.000 Euro und mehr.<br />
Während im Gegenzug im modernen Kiez lebende<br />
in unserer Komfortzone zum Abendessen in der<br />
Bio-Company einkaufen oder doch lieber im wiedereröffneten,<br />
aufgehübschten Saray-Grill in schmuckem<br />
Ambiente einen Luxus-Döner holen, müsste<br />
uns die offenkundige Obdachlosigkeit vor unserer<br />
Tür, die sich nicht mehr unter Brücken verstecken<br />
kann, stutzig machen. Notgedrungenerweise landet<br />
man beim Thema Armut, denn immer mehr Menschen<br />
stoßen nicht nur aus ideologischen Gründen<br />
an Grenzen des Wachstums. Kältebahnhöfe, Obdachlosencamps,<br />
immer mehr Obdachlose in unserer<br />
Mitte sind die augenscheinlichen Symptome des<br />
Wandels – und des fehlenden Wohnraums.<br />
Der Künstler Thomas Pollenhammer nennt sein Tiny<br />
Home im Berliner Plänterwald sein „Haus der Würde<br />
des Menschen“. Weil er obdachlos war, wurde er selbst<br />
aktiv, um als Mensch in Würde leben zu können. Man<br />
brauche einen abschließbaren Raum, so der gelernte<br />
Zimmermann, um den täglichen Bedürfnissen wie<br />
Waschen, Schlafen und Essen nachgehen zu können.<br />
Geldmangel und „die miese Wohnungssituation“ jedoch<br />
vereitelten seine Bemühungen. So habe er sich<br />
einen eigenen Raum zusammengezimmert.<br />
Wie stabilisierend sich ein Tiny House auf das Leben<br />
eines Obdachlosen auswirken kann, wissen wir aus<br />
den Erfahrungen der Initiative Block Project aus Seattle,<br />
die im Jahr etwa 60 ausgestattete Mini-Häuser<br />
zu einem Preis von ca. 8.000 Dollar baut, ebenso wie<br />
die Initiative Little Homes aus Deutschland, die bislang<br />
rund 70 Kleinsthäuser zu 1000 Euro das Stück<br />
errichtet hat, finanziert durch Spenden. So berichtet<br />
Sven Lüdecke, Erfinder und Motor der Little Homes,<br />
von großen Erfolgen. Sein Verein hat in 25 Monaten,<br />
69 Little Homes gebaut. Aus dieser Situation heraus<br />
konnten 25 Menschen dann eine reguläre Wohnung<br />
Fräulein Schneefeld & Herr Hund<br />
Chocolaterie & Buchhandlung<br />
Prenzlauer Allee 23<br />
Öffnungszeiten<br />
Montag geschlossen<br />
Di – Fr 10 – 19 Uhr<br />
Sa 9 – 18 Uhr<br />
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36 <strong>mein</strong>/4
Tiny Houses<br />
Jeder kann mithelfen und Unterstützen<br />
beziehen und 18 von den knapp 70 Little Homes Bewohnern<br />
haben eine reguläre Anstellung gefunden.<br />
Mit einem kleinen, sehr kompakten, wärmegedämmten<br />
Gebäude von vielleicht 10 bis 20 Quadratmetern<br />
Größe, mit einer Trockentoilette, einem Solarpanel<br />
für Licht, mit einem Fenster und einer abschließbaren<br />
Tür könnte man Tausenden der geschätzten<br />
8.000 bis 10.000 Obdachlosen innerhalb der Stadt<br />
Berlin erheblich helfen, insbesondere denjenigen, die<br />
in den Notunterkünften mit sehr vielen Menschen<br />
ohne Privatsphäre schwer zurechtkommen und deshalb<br />
selbst im Winter trotz aller Risiken im Freien<br />
übernachten.<br />
„Meine beste Unterkunft seit den 5 Jahren <strong>mein</strong>er<br />
Obdachlosigkeit war ein Tiny House am Straußberger<br />
Platz in Berlin, auf dem Gelände der evangelischen<br />
Ge<strong>mein</strong>de. Das war für mich wie ein Hotel. Endlich<br />
sicher schlafen, endlich einmal „ausgehen“ ohne sein<br />
ganzes Hab und Gut dabei haben zu müssen. In<br />
dieser Zeit habe ich begonnen, Straßenzeitungen zu<br />
verkaufen. Das hätte ich vorher nicht hinbekommen.<br />
Ich habe sogar angefangen zu schreiben. Meine Ge-<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
37
Tiny Houses<br />
Morgens begonnen – Abends bezugsbereit - Tiny Homes wecken Interesse<br />
danken haben sich geordnet. Leider ist das Tiny dort<br />
so begehrt, dass man es nicht lange bewohnen kann,<br />
damit jeder mal rein darf.“ Mark, 28 Jahre.<br />
Wie kann das in der Praxis funktionieren? Wichtig<br />
ist, dass ein solches Programm auf Akzeptanz stößt –<br />
bei den potentiellen Bewohnern und in deren Umfeld.<br />
Daher müssen Häuser gebaut werden, die neben<br />
einer sinnvollen Ausstattung in Form und Gestalt<br />
eine gewisse Anpassungsfähigkeit an entsprechende<br />
Orte innerhalb der Stadt bieten. In der Regel werden<br />
nicht mehr als drei Tiny Houses, aber nicht weniger<br />
als zwei an einem belebten Ort aufgestellt, so die<br />
Vorstellungen einer Arbeitsgruppe bei KARUNA.<br />
Die Tiny Houses sind autonom, sie benötigen keine<br />
Anschlüsse etwa für Strom oder Wasser. Sie stehen<br />
auf kleinen Füßen, werden innerhalb weniger Stunden<br />
vor Ort montiert oder komplett fertig von einem<br />
kleinen Kranwagen aufgestellt. Die Häuser sollten<br />
attraktiv sein und das Umfeld aufwerten.<br />
So wichtig wie das Tiny House selbst ist, ist der<br />
Sozialkontakt mit seinem Bewohner. Bevor es zur<br />
Aufstellung der Tiny Houses kommt, zum Beispiel<br />
in einer Baulücke oder in einer Ladenzeile, werden<br />
die umliegenden Ladenbesitzer über ihre neuen<br />
„Nachbarn“ informiert. Dieser Prozess wird durch<br />
eine lokale soziale Organisation begleitet. So kann<br />
eine freundliche Nachbarschaft auch dafür sorgen,<br />
dass sich die Gewerbetreibenden aufmerksam zeigen.<br />
Tiny Houses sollten nicht auf verlassenen Parkplätzen<br />
oder in Parkanlagen stehen, nicht an Autobahnausfahrten<br />
am Rand der Stadt. Ein kleines Ensemble<br />
derart zu platzieren, dass sich ihre Bewohnerinnen<br />
und Bewohner durch die Lebendigkeit des Stadtlebens<br />
sozial eingebunden fühlen, fördert das Miteinander.<br />
Das schafft auch Sicherheit für die neuen<br />
Nachbarn und motiviert sie, das Tiny Shelter und<br />
sein Umfeld pfleglich zu behandeln. Die Bewohnerinnen<br />
und Bewohne schließen einen ordentlichen<br />
Mietvertrag ab. Je nach gesundheitlicher Verfassung<br />
der neuen Bewohner, wird auch eine kleine Miete<br />
Jörg Richert ist Mitgründer von KARUNA-Zukunft<br />
für Kinder und Jugendliche in Not International e. V.<br />
und der KARUNA Sozialgenossenschaft mit Familiensinn<br />
Lutz Müller-Bohlen leitet das Projekt „KARUNAmobil“<br />
und ist Gründungsmitglied der Karuna Sozialgenossenschaft<br />
mit Familiensinn<br />
38 <strong>mein</strong>/4
Tiny Houses<br />
Wohnen für Alle!<br />
Lutz Müller-Bohlen<br />
ist ein sozial engagierter<br />
Fotograf, dem es mit<br />
seinen Bildern gelingt,<br />
Obdachlosen, Alkoholikern<br />
und Straßenkindern ihre<br />
Würde zurück zu geben.<br />
Sein fotografisches Können,<br />
Sensibilität und Empathie<br />
machen das möglich, was<br />
nur Wenigen gelingt. Als<br />
Mitglied der KARUNA Sozialgenossenschaft gehört<br />
Müller-Bohlen einer einzigartigen Organisation von<br />
Straßenjugendlichen und Zivilgesellschaft an. Dieses<br />
Bündnis ist für ihn eine Quelle der Sozialfotografie,<br />
die er für genauso wichtig hält, wie seine Arbeiten mit<br />
den Musiklegenden unserer Zeit.<br />
Musikerportraits sind ein weiteres Thema des Berliner<br />
Fotografen. Sie entstehen bei Live-Auftritten, im<br />
Berliner Atelier des Künstlers oder auf der Straße.<br />
Seine unverwechselbaren Portraits von Rockgrößen –<br />
hautnah, ungeschminkt respektvoll, authentisch –<br />
werden für Presse, CD und Promotion verwendet.<br />
Seine Kontraste: hart.<br />
Web: www.muellerbohlen.wordpress.com<br />
Mail: Lmb62@gmx.net<br />
vereinbart, die durch den Verkauf der Motz oder des<br />
KARUNA KOMPASS verdient werden kann. Die<br />
Orte zum Aufstellen müssen von den lokalen Behörden<br />
unbürokratisch und schnell genehmigt werden.<br />
Der Mietvertrag kann mit der sozialen Organisation<br />
vor Ort abgeschlossen werden, der die neuen Bewohnern<br />
berät, um zu einer regulären Wohnung zu<br />
kommen.<br />
Ein erster Erfolg<br />
Erst vor wenigen Wochen ist auf Initiative des Abgeordneten<br />
der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Reinickendorf,<br />
Norbert Raeder, eine Beschlussfassung<br />
verabschiedet worden, der Reinickendorf zum<br />
Vorreiter in Sachen Tiny Shelters machen könnte. Der<br />
Bezirk Reinickendorf wird öffentlich geeignete Flächen<br />
für das Aufstellen von Tiny Houses kostenfrei<br />
zur Verfügung stellen.<br />
Darüber hinaus baut Norbert Raeder, Abgeordneter<br />
und Gastronom, dieser Tage ein Little Home nach der<br />
Idee von Sven Lüdecke auf dem Hof seiner Gaststätte.<br />
So kann es etwas werden mit einer solidarischen<br />
Stadt, deren Bürgerinnen und Bürger aktives Mitgefühl<br />
zeigen. <br />
■<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
39
Alle(s) im Fluß<br />
Wenn eines Tages die Besucherinnen und Besucher des Flussbads durch das wunderbar<br />
saubere Wasser des Spreekanals ihre Bahnen ziehen, hat der gleichnamige Verein ein<br />
besonderes Projekt auf die Beine gestellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es geht um<br />
weit mehr als nur ums Schwimmen in der Spree.<br />
40 <strong>mein</strong>/4<br />
Fotos: © 2016 realities united / Flussbad Berlin e.V.
Alle(s) im Fluß<br />
Das Projekt<br />
Flussbad Berlin ist ein Stadtentwicklungsprojekt zur<br />
Reaktivierung des seit über 100 Jahren weitgehend<br />
ungenutzten Spreekanals im Herzen des historischen<br />
Berlins. Ziel ist es, den Spreeabschnitt zu einem neuen<br />
Ort der Begegnung für die Stadtgesellschaft zu machen<br />
und den Spreekanal in einen neuen Stadtraum zu verwandeln.<br />
Innerhalb des Projektgebiets, das sich auf einer<br />
Länge von etwa 1,8 Kilometern von der Fischerinsel bis<br />
zum Bode-Museum erstreckt, sind drei Abschnitte geplant:<br />
ein öffentlich zugänglicher Schwimmbereich, ein<br />
Abschnitt Schlossplatz und Bode-Museum gibt es im<br />
Zeichen der Ökologie erstmals einen sauberen Fluss und<br />
auch einen Zugang zu diesem. Der an der Fischerinsel<br />
gelegene Kanalabschnitt wird mit uferbegleitenden<br />
Flachwasserzonen, die als Lebens- und Fortpflanzungsraum<br />
für Flora und Fauna dienen, zu einer grünen Oase<br />
umgestaltet. Eine einzigartige Biotoplandschaft in der<br />
urbanen Berliner Mitte!<br />
Das Flussbad hat das Potential, zu einem Botschafter<br />
für Ökologie und Nachhaltigkeit und einem neuen<br />
Wahrzeichen Berlins zu werden.<br />
Schilfbecken zur natürlichen Wasserreinigung und eine<br />
renaturierte Uferzone.<br />
Das Projekt steht in der Tradition historischer Flussbäder<br />
und der permanenten Veränderung auf und an<br />
der Spreeinsel über mehrere Jahrhunderte. Es ist aber<br />
auch Teil einer internationalen Bewegung, die innerstädtische<br />
Flüsse als kostbare Ressourcen wieder in das Bewusstsein<br />
der Stadtbevölkerung rückt und zugänglich<br />
macht. Das Konzept steht: Das durchfließende Spreewasser<br />
wird auf einer Länge von ca. 400 m durch eine<br />
mit Wasserpflanzen bestandene 1 m dicke Kieselschicht<br />
strömen. Der natürliche Pflanzenfilter ist auf der Höhe<br />
des Auswärtigen Amts geplant. In der anschließend mikrobiologisch<br />
gereinigten Zone kann dann gefahrlos geschwommen<br />
werden. Zwischen dem 840 Meter langen<br />
www.flussbad-berlin.de<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
41
Alle(s) im Fluß<br />
FlussLÄUFE<br />
Um das Projekt bekannter zu machen, werden regelmäßig<br />
Spaziergänge entlang des 1,9 km langen Projektgebiets<br />
veranstaltet. Bis zu 30 Personen können an den<br />
90-minütigen Führungen teilnehmen, die auf Deutsch<br />
und Englisch angeboten werden.<br />
Flussbad-Garten und Testfilter an der ESMT Berlin<br />
Angrenzend an das Areal der ESMT Berlin wurde<br />
mit dem Flussbad-Garten ein Kommunikations- und<br />
Austauschort geschaffen, an dem man sich in einer<br />
Open-Air-Ausstellung ganzjährig über das Projekt<br />
informieren kann. In den warmen Sommermonaten<br />
kann man dort aber auch einfach unter den Linden<br />
einen guten Kaffee genießen.<br />
Hier im Spreekanal ist auch der Testfilter auf dem<br />
Finowmaßkahn „Hans-Wilhelm“ verortet, auf dem wir<br />
untersuchen, welches das beste Material ist, um das<br />
Spreewasser natürlich zu reinigen.<br />
42 <strong>mein</strong>/4
BERLINER<br />
CROSSOVER-KÜCHE<br />
Von Wiener Kalbsschnitzel bis Süßkartoffel Pommes,<br />
von Boulette mit Kartoffelsalat bis Veggie-Burger,<br />
von Apfelstreusel bis Crème Brûlée.<br />
frannz<br />
Schönhauser Allee 36<br />
Eberswalder Str.<br />
Kontakt<br />
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ist der 10. Mai <strong>2019</strong> per eMail an: redaktion@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />
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Der Flussbad-Pokal<br />
Am 16. Juni <strong>2019</strong> findet, sofern es die Wasserqualität<br />
erlaubt, zum 5. Mal der traditionelle Schwimmwettbewerb<br />
zwischen Bode-Museum und Schlossbrücke<br />
statt. Ehrgeizige Sportlerinnen und Sportler haben<br />
die Gelegenheit, um den Flussbad-Pokal <strong>2019</strong> zu<br />
kämpfen; alle anderen Freizeitschwimmer können die<br />
Strecke des zukünftigen Flussbads vor der Kulisse der<br />
Berliner Museumsinsel ausprobieren. Anmeldungen<br />
ab <strong>März</strong> unter:<br />
www.flussbad-berlin.de/flussbadpokal ■<br />
Info<br />
Der Verein Flussbad Berlin<br />
Um die Realisierung des Flussbads voranzubringen,<br />
wurde der ge<strong>mein</strong>nützige Verein Flussbad Berlin<br />
gegründet, der mittlerweile über 400 Mitglieder hat.<br />
Als stadtentwicklungspolitisches Ziel ist Flussbad Berlin<br />
seit Ende 2016 im Koalitionsvertrag verankert.<br />
Weil aber nur mit einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung<br />
die Realisierung des Projekts möglich ist,<br />
freut sich der ge<strong>mein</strong>nützige Flussbad Berlin über jedes<br />
neue, unterstützende Mitglied.<br />
Also: mitmachen und Berlin verbessern.<br />
www.flussbad-berlin.de/mitgliedschaft<br />
44 <strong>mein</strong>/4
Immer auf der Suche<br />
nach neuem Tee<br />
Von Zeit zu Zeit fahre ich nach Japan, um die Felder und Produktionsstätten <strong>mein</strong>er Lieferanten zu<br />
besuchen oder um neue Teeproduzenten kennenzulernen. Diesmal standen neue Biobauern auf<br />
<strong>mein</strong>em Plan.<br />
Oliver Seifert<br />
Bevor die große Ernte<br />
des ersten Tees beginnt<br />
ist noch Zeit, um sich mit<br />
den Teebauern über das<br />
nächste Geschäftsjahr zu<br />
unterhalten.<br />
Mein erstes Ziel lag in Wazuka,<br />
einem Dorf im Landkreis<br />
Uji in der Präfektur<br />
Kyoto. Die Region um Uji<br />
zählt zu den ältesten Teeanbaugebieten<br />
Japans und ist als Heimat von Uji-cha,<br />
Kyotos feinstem Tee, bekannt.<br />
Herr Kanai von Azuma Tea holte mich vom Zug ab.<br />
Ge<strong>mein</strong>sam fuhren wir zu der kleinen Teefabrik außerhalb<br />
des Dorfes. Auf der Fahrt erzählte er mir,<br />
dass er vorher in einem Grafikbüro in Kyoto gearbeitet<br />
hatte.<br />
Der Computer- und Büroarbeit überdrüssig, sei er nun<br />
glücklich, auf dem Land arbeiten zu können und etwas<br />
mit seinen Händen in der Natur tun zu dürfen. Ich<br />
fragte ihn, warum denn Biotee, wo doch die Nachfrage<br />
an Biotee in Japan gerade einmal 2% des Gesamtumsatzes<br />
an Tee ausmacht. Er dachte kurz nach, dann<br />
sagte er mir, dass er vorher in seinem Job in Kyoto<br />
einfach nur funktioniert<br />
habe: Am Tag ins Büro,<br />
abends mit den Kollegen in<br />
die Ramenbar. Leben, ohne<br />
sich über die Konsequenzen<br />
des Daseins Gedanken<br />
zu machen. Er brauchte<br />
einen radikalen Schnitt in<br />
seinem Leben und das bedeutete<br />
auch, ein Produkt<br />
zu schaffen, das nachhaltig<br />
ist. Er wollte nicht weiterhin Umwelt und Gesundheit<br />
für den Konsum aufs Spiel setzen.<br />
Tee ist ein äußerst gesundes und erfrischendes Lebensmittel,<br />
doch wenn man mit ihm die Gifte der<br />
Landwirtschaft aufnimmt, nützt es der Gesundheit<br />
wenig.<br />
Das kleine Büro der vor 150 Jahren gegründeten<br />
Firma Azuma Tea ist vollgestopft mit Tees in verschiedenen<br />
Verpackungen und Teegeschirr aus<br />
verschiedenen Ländern. Der Schwerpunkt der<br />
Produktion liegt auf Tencha, eine Vorstufe des so<br />
beliebten Matcha. Aber auch Sencha, Fukamushicha<br />
und sogar Kocha (jap. Schwarztee) gehören<br />
zum Produktionsumfang des Familienbetriebes.<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
45
Auf der Suche nach neuem Tee<br />
Mein Terminplan war vollgepackt.<br />
Innerhalb weniger Tage hatte ich Termine mit fünf<br />
Teeproduzenten. Daher ging es gleich am nächsten<br />
Morgen mit dem Zug nach Aichi.<br />
Die Züge sind extrem pünktlich, am Bahnhof steht<br />
man auf einem markierten Feld, an dem auch wirklich<br />
die Waggontür zum Stehen kommt. Der Zug<br />
Tempelanlage in Nara<br />
Inhaberin Azuma Tea in Wazuka<br />
fährt auf die Sekunde genau ab. Am Bahnhof stehen<br />
noch Schaffner, die sowohl die Einstiegszone kontrollieren<br />
als auch die Bildschirme, die abschnittsweise<br />
einen detaillierten Ausschnitt der Einstiegszone<br />
zeigen. Jeder Kontrollblick<br />
des Schaffners wird mit einem<br />
Handzeichen auf den<br />
kontrollierten Bereich bestätigt.<br />
Für Außenstehende<br />
vielleicht etwas befremdlich,<br />
aber psychologisch gut<br />
durchdacht.<br />
Herr Ishikawa, Teefeld in Aychi<br />
Auf dem Bahnhof in<br />
Aichi wartete schon<br />
Herr Tatsuki Ishikawa.<br />
Mit seinem Toyota Hybrid<br />
ging es durch die gleichnamige<br />
Stadt, Toyota City,<br />
zum ersten Teefeld.<br />
Das Feld ist in 5 Parzellen<br />
aufgeteilt, die von Bäumen<br />
als Windfang begrenzt<br />
werden. Die Felder sind<br />
absolut akkurat. Trotz des<br />
Taifuns im November 2018<br />
ist auf dem Feld von Familie<br />
Ishikawa nichts von umgestürzten Bäumen oder<br />
abgebrochenen Ästen zu sehen. Ishikawa junior kann<br />
Unordnung auf seinem Feld nicht ertragen und legte<br />
gleich nach dem Taifun selbst Hand an, um wieder<br />
Ordnung zu schaffen. Während wir über die Felder<br />
streifen, erzählt er mir, dass sein Großvater 1945<br />
mit neun anderen Farmern in Aichi die ersten Teeplantagen<br />
anlegte. In den 70er Jahren hatte Toyota<br />
vor, eine Fabrik in Aichi zu bauen. Da musste Infrastruktur<br />
her und ein Teil der Teefelder der Eisenbahn<br />
weichen. Zum Ausgleich bekamen die Familien ein<br />
Stück Land in den Bergen<br />
zugewiesen.<br />
Da nun Vater Ishikawa mit<br />
dem Aufbau eines neuen<br />
Teegartens an der Reihe war,<br />
nutzte er seine Chance und<br />
entwarf das perfekte Teefeld<br />
ohne Pestizide oder chemischen<br />
Dünger.<br />
Auf anderen Feldern hatte<br />
er beobachtet, wie nach<br />
dem Versprühen von Pestiziden<br />
und dem Einbringen<br />
von chemischem Dünger<br />
massenhaft Insekten starben<br />
und <strong>mein</strong>te, dass dieses auch<br />
für den Menschen nicht gesund<br />
sein könne.<br />
Auf <strong>mein</strong>e Frage, wie er den<br />
Pflanzenschutz realisiere,<br />
erklärte mir Tatsuki, dass<br />
im Winter ein eisiger Wind<br />
über die Felder weht. Teilweise<br />
gibt es Temperaturen<br />
46 <strong>mein</strong>/4
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<strong>mein</strong>/4<br />
47
Auf der Suche nach neuem Tee<br />
Essen im Haus von Familie Iwasaki<br />
Altes Holzhaus auf dem Teefeld<br />
von -15°C, wodurch es eine natürliche Insektenminimierung<br />
gibt. Im Frühling zur Ernte ist die Population<br />
der Insekten noch kein Problem und wenn im<br />
Sommer die Insekten in die Pflanzen gehen, ruht das<br />
Feld ohnehin. Als Dünger werden geschredderte Erdnussschalen<br />
auf Biobasis und Stroh vom Feldrand verwendet.<br />
Das Unkraut wird in mühevoller Handarbeit<br />
aus dem Boden gezogen. Ich habe auf keiner <strong>mein</strong>er<br />
Reisen ein so ordentliches und aufgeräumtes Teefeld<br />
gesehen wie dieses.<br />
Nach der Besichtigung der Teefelder und der nahe<br />
gelegenen Teeverarbeitung wurde im Hause Ishikawa<br />
Tee verkostet. Der Tisch an der Wand ist mit gewonnenen<br />
Preisen überhäuft, dennoch wirkt Ishikawa junior<br />
nicht übertrieben stolz darauf. „Wir produzieren<br />
unseren Tee nicht wegen der Preise biologisch, uns<br />
ist wichtig, einen schmackhaften und gesunden Tee<br />
herzustellen. Die Preise sind für mich nur eine Bestätigung,<br />
dass andere unseren Anspruch teilen und wir<br />
auf dem richtigen Weg sind“. Am nächsten Morgen<br />
ging es weiter nach Shizuoka,<br />
einem der größten Teeanbaugebiete Japans. Frau<br />
Nanjo, die ich schon in Berlin kennengelernt hatte,<br />
ist die Sprecherin einer Gruppe von Biobauern in Shizuoka.<br />
Sie begleitete mich zum Teegarten von Herrn<br />
Iwasaki. Wir fuhren vorbei an den weitläufigen Teefeldern<br />
der großen Firmen, hinein in die Berge von<br />
Shizuoka.<br />
Endlich am Haus von Familie Iwasaki<br />
angekommen,<br />
steigen wir in das schmalere Farmersauto mit Allrad<br />
um. Iwasaki-san <strong>mein</strong>t, dass wir mit dem PKW nicht<br />
weiterkommen. Auf einer Lichtung steht ein kleines<br />
altes Holzhaus, umgeben von Teefeldern. „Hier habe<br />
ich <strong>mein</strong>e Kindheit verbracht“ <strong>mein</strong>te Iwasaki-san.<br />
„Meine Großeltern haben schon in diesem Haus gewohnt<br />
und das Teefeld bearbeitet.“ Ein Blick in das<br />
Haus offenbart nur noch Werkzeuge und Materialien<br />
zur Feldarbeit, der Innenbereich besteht aus nur einem<br />
Raum, deutlich sind aber noch der Wohnbereich mit<br />
der Aufhängung für den Wasserkessel und die kleine<br />
Küche zu sehen. „In diesem Haus haben teilweise<br />
10 Personen und drei Generationen zusammen gewohnt.“,<br />
erzählte er weiter. „Als ich neun Jahre alt war,<br />
sind wir dann in ein größeres Haus ins Dorf gezogen.“<br />
Die Sonnenstrahlen flirren über die Teebäume und ein<br />
leichter Wind lässt die jungen Blätter rascheln. Bald ist<br />
es soweit, von April bis Anfang Mai wird geerntet und<br />
Tee hergestellt, wenn es das Wetter zulässt.<br />
Nach der Besichtigung gab es im Hause Iwasaki ein<br />
Treffen mit weiteren Teeproduzenten des Shizuoka Bioteefarmer-Verbandes.<br />
Alle Mitglieder sind aus tiefster<br />
Überzeugung Biobauern. Obwohl der Marktanteil an<br />
Biotee so gering ist, lassen sie sich nicht beirren und<br />
verfolgen ihren Weg. Während wir über Biotee und<br />
dessen eventuellen Absatz in Deutschland sprachen,<br />
48 <strong>mein</strong>/4
Auf der Suche nach neuem Tee<br />
Teefeld von Herrn Iizuka in Shizuoka mit Fuji im Hintergrund<br />
Teeverkostung<br />
bei Herrn Sato<br />
zogen wunderbare Gerüche von geschmortem Gemüse<br />
und feinen Gewürzen aus der Küche durch<br />
das Haus. Die Diskussion wurde von der Frau des<br />
Hauses unterbrochen und wir wurden zu Tisch gebeten.<br />
Ein wunderbarer Abschluss eines interessanten<br />
Tages.<br />
Das nächste Ziel ist Fujieda, die Farm von<br />
Familie Iizuka.<br />
Die Teefelder liegen auf dem Gipfel eines Berges,<br />
umsäumt von niedrigen Bäumen. Es weht trotz mäßiger<br />
Temperaturen ein eisiger Wind. Iizuka-san erläuterte<br />
mir, dass diese kühlen Temperaturen den<br />
Tee langsamer wachsen lassen, was die kleinen Blätter<br />
erklärt. Dafür stecken sie aber voller Energie,<br />
Mineralstoffe und Koffein.<br />
Iizuka-san gehört zu den jüngeren Teefarmern,<br />
die voller Enthusiasmus und Zuversicht Farmer<br />
sind. Er stellt seinen Dünger selbst nach eigenem<br />
Rezept her. „Wir verwenden rein natürliche Substanzen,<br />
um unseren Dünger zu mischen. Es ist<br />
natürlich eine sehr zeitaufwändige und mühselige<br />
Arbeit, aber so können wir uns sicher sein, dass<br />
der verwendete Dünger unseren Ansprüchen entspricht“,<br />
erklärt er mir, als wir an seiner Teefabrik<br />
halt machten, wo gerade der große Mischer für<br />
den Dünger läuft.<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
49
Kleine Teefabrik von Herrn Sato<br />
Teegarten von Herrn Sato<br />
Wieder zurück in seinem Haus, das im Gegensatz zu<br />
den anderen Häusern, die ich besuchte, modern gebaut<br />
und eingerichtet ist, kosteten wir seine Tees. Die<br />
Farbe ist intensiv, der Tee mild und dennoch rund im<br />
Geschmack.<br />
Viel Zeit blieb allerdings nicht.<br />
Zwei Bergzüge weiter wartet schon Sato-san, der letzte<br />
Termin auf dieser Reise. Nach einer Stunde Fahrt durch<br />
die Dörfer kommen wir wieder in die Berge zu einem<br />
Gehöft im alten japanischen Stil, gleich daneben die<br />
kleine Teefabrik. Alles ist hier sehr übersichtlich und<br />
trotz der teilweise modernen Maschinen fühlt man sich<br />
um Jahrzehnte zurückversetzt.<br />
An einer Wand stapeln sich Holzkisten zum Teeversand<br />
mit den Initialen der Teehändler. Ich frage Sato-san,<br />
wie alt die Kisten sind und ob sie noch in Gebrauch<br />
sind. „Ja, natürlich“, antwortete er mir „teilweise sind<br />
diese Transportkisten älter als 100 Jahre. Manche<br />
Händler gibt es auch nicht mehr, aber mit den meisten<br />
stehen wir noch in Kontakt.“ Gegenüber dem Haus<br />
gibt es eine spezielle Zufahrt zu einer Bergstraße. Nanjo-san,<br />
die Sprecherin der Shizuoka Bio-Vereinigung<br />
flüstert mir zu, dass wir nun auf Satos-sans eigenen<br />
Berg fahren. Sato-san ist ein recht spezieller Teebauer,<br />
der gerne tüftelt, bastelt und experimentiert. Er zeigt<br />
mir seine selbstgebaute Bewässerungsanlage, bei der<br />
nicht nur die Sprühköpfe automatisch aus dem Boden<br />
fahren, sondern auch das Wasser im Molekularbereich<br />
aufgespaltet wird, was zu einer Verbesserung der Nährstoffaufnahme<br />
führen soll.<br />
Die Felder sind nach Teesorten aufgeteilt und liegen<br />
über den gesamten Berg verteilt. Unter anderem gibt es<br />
ein Experimentierfeld, auf dem er die Ableger der Teebäume<br />
pflanzte, an denen sich besonders viele „Schädlinge“<br />
zu schaffen machten. Sato-san sagte mir, dass<br />
er denkt, wenn die Insekten die Pflanzen interessant<br />
finden, sind sie wohl die aromatischsten, insofern sollten<br />
diese auch für den Teegenießer besonders wertvoll sein.<br />
Das reizt mich natürlich und ich hebe einige Samen vom<br />
Boden auf, um sie mit nach Deutschland zu nehmen; er<br />
lacht und wünschte mir viel Glück bei der Saat.<br />
In seinem Haus angekommen, wird natürlich auch hier<br />
Tee verkostet. Wirklich interessante und besondere Tees,<br />
bei denen man die Liebe, mit der sie gemacht wurden,<br />
herausschmeckt.<br />
Ich bin sehr beeindruckt von den Menschen,<br />
die ich auf dieser Reise getroffen habe und es hat entschieden<br />
<strong>mein</strong>en Blick auf die japanische Biolandwirtschaft<br />
verändert. Sicher ist es in der Bevölkerung noch<br />
nicht angekommen, dass der Massenkonsum, bei dem<br />
es unabdingbar ist, Dünger für reiche Erträge sowie<br />
Pestizide und Herbizide für eine maximale Ausbeute<br />
einzusetzen, nicht der richtige Weg ist. Doch es gibt<br />
die Vorreiter in Sachen Biolandwirtschaft auch in Japan.<br />
Menschen, die von der Gesunderhaltung der Umwelt<br />
und des menschlichen Körpers so überzeugt sind, dass<br />
sie auch ohne wirtschaftliche Anerkennung ihren Weg<br />
verfolgen und unermüdlich Mitmenschen oder Mitbewerbern<br />
davon erzählen, wie man diese Welt ein kleines<br />
bisschen besser machen kann.<br />
■<br />
Info<br />
Oliver Seifert<br />
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50 <strong>mein</strong>/4
Fotos: © <strong>2019</strong> lsfb<br />
Ehrenamt in Kitas und Schulen<br />
boomt<br />
Immer mehr Menschen werden selbst aktiv für einen gesellschaftlichen Wandel, vor allem in<br />
Kita- und Schulfördervereinen. In Berlin werden sie von einem eigenen Landesverband und<br />
der Stiftung Bildung unterstützt. Diese sammelt bundesweit Spenden und stärkt das Bildungsengagement<br />
auch in anderen Bundesländern.<br />
Rund 40.000 Kita- und Schulfördervereine gibt es in<br />
Deutschland – und jeder dritte wurde erst zwischen<br />
2006 und 2016 gegründet. „Das ist ein wirklicher<br />
Boom im Engagement an Kitas und Schulen“, sagt<br />
Katja Hintze. Sie ist Vorsitzende des Landesverbandes<br />
der Kita- und Schulfördervereine Berlin-Brandenburg<br />
(lsfb). Vor 15 Jahren wurde er gegründet. Einige<br />
Jahre später hoben Hintze und andere Aktive noch<br />
die Stiftung Bildung aus der Taufe.<br />
„Spätestens seit dem PISA-Schock ist klar, dass in<br />
unseren Schulen und Kitas etwas passieren muss“,<br />
sagt sie. Die Ehrenamtlichen in Kita- und Schulfördervereinen<br />
seien ein Schlüssel dazu. Sie sind Anlaufstelle<br />
für Eltern, Lehrkräfte oder Engagierte aus<br />
der Nachbarschaft, die etwa eine Arbeitsge<strong>mein</strong>schaft<br />
organisieren möchten. Sie sind der Kontakt<br />
für lokale Institutionen, die Projekte unterstützen<br />
wollen. Über sie können sich Interessierte mit der<br />
Kita oder Schule vernetzen und so ge<strong>mein</strong>sam Ideen<br />
in die Tat umsetzen.<br />
Neben Beratung, Vernetzung und Professionalisierung<br />
brauchen die Kita- und Schulfördervereine vor<br />
allem eins: Geld. Das kommt zum Teil über Spenden<br />
zusammen. Rund 322.000 Euro konnte die Stiftung<br />
Bildung letztes Jahr bundesweit sammeln. „Über dieses<br />
große Bildungsinteresse und Engagement unserer<br />
Spenderinnen und Spender freuen wir uns natürlich<br />
riesig“, sagt Vorsitzende Hintze. Die Bildungsspenden<br />
sind so vielfältig wie die Stiftung Bildung und<br />
der lsfb selbst. Es reicht von privaten Kleinspenden,<br />
Erbschaften und großen Spenden über mehrere Jahre<br />
bis hin zur Unterstützung durch Stiftungen und<br />
Unternehmen.<br />
Andere Projekte können mithilfe von Geld aus der<br />
öffentlichen Hand umgesetzt werden, etwa im Rahmen<br />
eines umfangreichen Programms des Bundesfamilienministeriums.<br />
Patenschaften zwischen Kindern<br />
und Jugendlichen werden dort unter der Überschrift<br />
„Menschen stärken Menschen“ gefördert. Rund 50.000<br />
solcher Patenschaften gibt es schon bundesweit. Zehn<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
51
Ehrenamt boomt<br />
Prozent hat allein die spendenfinanzierte Stiftung Bildung<br />
initiiert, über Tausend hat der lsfb beigetragen.<br />
„Diese Hilfe unter Gleichaltrigen ist sehr niedrigschwellig“,<br />
so Hintze. Die Kinder und Jugendlichen arbeiten<br />
zusammen für die Schule, lernen voneinander oder verbringen<br />
einfach ge<strong>mein</strong>sam Freizeit. Manche „Tandems“<br />
lsfb-Seminartag 2018<br />
Vorsitzenden des lsfb und der<br />
Stiftung Bildung, Katja Hintze<br />
starten sogar selbst Projekte. Eine weiterführende Schule<br />
in Hermsdorf hat beispielsweise ein Medienprojekt im<br />
Rahmen der Schüler*innenvertretung ins Leben gerufen.<br />
Die Tandems waren schnell gefunden. Junge Menschen<br />
mit Fluchterfahrung oder Migrationshintergrund sind<br />
ebenso beteiligt wie solche aus bildungsfernen Haushalten<br />
oder mit einem Förderschwerpunkt. Ge<strong>mein</strong>sam<br />
mit Jugendlichen ohne benachteiligende Lebensumstände<br />
werden nun kurze Filme und Erklärvideos produziert,<br />
die auf die Interessen der Schüler*innen aufmerksam<br />
machen.<br />
Ziel solcher Projekte ist es, dass die Tandems regelmäßig<br />
über mindestens drei Monate hinweg ge<strong>mein</strong>sam<br />
etwas unternehmen. Im besten Fall entwickeln sich<br />
Freundschaften, die es den jungen Menschen ermöglichen,<br />
einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen.<br />
Das Besondere am Bundesprogramm ist dabei, dass<br />
Engagierte aus den Kita- und Schulfördervereinen ge<strong>mein</strong>sam<br />
mit Akteur*innen vor Ort entscheiden können,<br />
welche Projekte sie fördern möchten. Denn: Um jun<br />
ge Menschen mit unterschiedlichen Teilhabechancen<br />
zusammenzubringen, sind die Gegebenheiten und zeitlichen<br />
Ressourcen vor Ort entscheidend.<br />
Neben den Patenschaften gibt es Förderfonds und -programme,<br />
mit denen der lsfb und die Stiftung Bildung<br />
den Fördervereinen und damit den Kitas und Schulen<br />
finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. So konnte beispielsweise<br />
der lsfb-Förderfonds „Benachteiligung und<br />
Begabung“ aus Geldern einer Berliner Stiftung seit 2018<br />
neun Projekte mit jeweils bis zu 5.000 Euro fördern.<br />
Die Projekte reichen von Hochbeeten für den Berufsbildungsbereich<br />
einer Schule mit sonderpädagogischem<br />
Schwerpunkt über Hausaufgabenbetreuung an Berliner<br />
Brennpunktschulen bis hin zur Einrichtung eines Silentium-Raums<br />
für psychisch angespannte Schülerinnen<br />
und Schüler.<br />
Unter dem Dach des lsfb sind mittlerweile knapp 750<br />
Kita- und Schulfördervereine aus Berlin und Brandenburg<br />
organisiert – Tendenz weiter steigend! Er bietet<br />
seinen Mitgliedsvereinen Beratung und Unterstützung<br />
bei allen Fragen zum Thema Kita- und Schulförderverein.<br />
Von der Vereinsgründung, steuerlichen und rechtlichen<br />
Themen über die Anschaffung von Spielgeräten,<br />
Computern bis hin zur Förderung besonderer Projekte –<br />
die Expertinnen und Experten vom lsfb stehen bereit<br />
und „kommen auch einfach mal vorbei, um vor Ort zu<br />
beraten“, sagt Vorsitzende Katja Hintze. <br />
■<br />
Info<br />
Finanziell unterstützen kann man die Arbeit des lsfb<br />
und der Stiftung Bildung über das Spendenkonto der<br />
Stiftung Bildung<br />
GLS Bank<br />
IBAN: DE43 4306 0967 1143 9289 01<br />
52 <strong>mein</strong>/4
Gütesiegel<br />
in Bronze<br />
Tolle Auszeichnung für<br />
SG Rotation<br />
Gleich im ersten Anlauf hat es geklappt: Die SG<br />
Rotation Prenzlauer Berg ist mit dem Berliner Gütesiegel<br />
in Bronze ausgezeichnet worden. Damit würdigt der<br />
Berliner Fußball-Verband „herausragende und kontinuierliche<br />
Vereinsarbeit sowie besondere sportliche und<br />
gesellschaftliche Verdienste“ wie es in der Laudatio und<br />
dem Glückwunschschreiben hieß. Neben dem symbolischen<br />
Wert des Siegels und der Werbung in eigener<br />
Sache darf sich die SG Rotation über einen Scheck in<br />
Höhe von Euro und drei fair-Trade-Bällen freuen.<br />
„Wir freuen uns riesig über diese Auszeichnung und<br />
sind auch ein wenig stolz darauf.<br />
Sie ist eine tolle Bestätigung<br />
unserer Vereinsarbeit zugleich<br />
aber auch täglicher<br />
Ansporn, diese<br />
Arbeit fortzusetzen<br />
und auszubauen“,<br />
sagt Wolfgang<br />
Müller (41), Mitglied<br />
der Jugendleitung.<br />
Der BFV vergibt<br />
das Gütesiegel an<br />
Vereine, wenn diese<br />
sich bewerben und<br />
fest definierte Qualitätskriterien<br />
erfüllen.<br />
© <strong>2019</strong>, S. Ritschel<br />
„Für Vereine besteht mit dem<br />
Siegel die Möglichkeit, die eigene<br />
Qualität öffentlich zu präsentieren“, heißt<br />
es hierzu beim BFV. Zu den wichtigsten Kriterien zählen<br />
unter anderem die Talentförderung, die Aus- und<br />
Weiterbildung der Vereinsmitglieder, Qualifizierung von<br />
Trainern und Schiedsrichtern aber auch Engagement für<br />
Flüchtlinge oder soziale Aufgaben, Nachhaltigkeit und<br />
Umweltschutz.<br />
„Wir haben in vielen Bereichen in den vergangenen<br />
Jahren schon richtig viel geleistet und versucht, unseren<br />
kleinen sympathischen Kiez-Verein weiterzuentwickeln,<br />
ohne jedoch unsere Wurzeln und unseren<br />
Charakter aufzugeben“, sagt Ulf Gerder (49), Mitglied<br />
der Jugendleitung.<br />
Die SG Rotation Prenzlauer Berg zählt im Bezirk Pankow<br />
zu den Traditionsvereinen mit langer Geschichte.<br />
1949 wurde die Betriebssportge<strong>mein</strong>schaft Graphik/<br />
Rotation gegründet, aus der 1950 die „BSG Rotation<br />
Prenzlauer Berg“ hervorging. Trägerbetrieb war die Druckerei<br />
„Neues Deutschland“. Daher auch der Name Rotation,<br />
der für die Drucktechnik auf großen Papierrollen<br />
steht – die heute noch als Logo des Clubs auf die Vergangenheit<br />
hinweist. Heute treiben bei der SG Rotation<br />
mehr als 1.800 Mitglieder in acht Abteilungen (Basketball,<br />
Fußball, Gymnastik, Handball, Hockey, Tanzen,<br />
Tischtennis, Volleyball) Sport.<br />
Das BFV-Gütesiegel wird in den drei Abstufungen<br />
Bronze, Silber und Gold verliehen – je nach erreichter<br />
Punktezahl, die anhand eines detaillierten Fragebogens,<br />
eines Interviews mit Vertretern des BFV und<br />
einer abschließenden Evaluation durch den Ausschuss<br />
für Fairplay & Ehrenamt beim Dachverband vergeben<br />
wird.<br />
Für die SG Rotation könnte der Weg zu Silber beispielsweise<br />
über den Aufbau oder die Förderung von Frauen<br />
- und Mädchenfußballmannschaften, Kooperationen mit<br />
Schulen oder Angebote zum Thema Inklusion innerhalb<br />
des Vereins führen. „Wir wissen, woran wir noch arbeiten<br />
können“, sagt Gerder, der auf die Schwierigkeiten und<br />
Hürden verweist, mit denen fast jeder ehrenamtlich geführte<br />
Verein zu kämpfen hat. „Unsere Kapazitäten auf<br />
dem einen Platz in der Dunckerstraße sind begrenzt und<br />
Trainer, die ehrenamtlich arbeiten und einen Teil ihrer<br />
Freizeit opfern, stehen nun auch nicht gerade Schlange“,<br />
sagt Gerder. Und dennoch: Im vergangenen Jahr hat die<br />
SG Rotation zahlreiche neue Trainer dazugewonnen,<br />
auch sogenannte Junior-Coaches, die teilweise selber<br />
aktiv in einer C- oder B-Jugendmannschaft spielen und<br />
zusätzlich in einer jüngeren Mannschaft als Trainer an<br />
der Seitenlinie stehen. „Wir sind auf einem guten Weg,<br />
den wollen wir fortsetzen“, sagen Gerder und Müller unisono.<br />
Bei Bronze soll noch nicht Schluss sein. ■<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
53
Ausbildungen –<br />
einfach ausprobieren<br />
Endlich fertig mit der Schule – und dann? Die meisten Jugendlichen sind da ziemlich ratlos und ihre<br />
Eltern erst recht. Verwunderlich ist das nicht, gibt es doch inzwischen ca. 320 Ausbildungsberufe und<br />
über 8.000 Studiengänge in Deutschland. Es wäre doch toll, wenn man einfach mal ein paar Ausbildungen<br />
ausprobieren könnte, oder?!<br />
Genau an der Stelle setzt das Social Startup One Week<br />
Experience aus Berlin an. Mit seinen Programmen One<br />
Week Student und One Week Azubi bietet es Jugendlichen<br />
die Möglichkeit, eine Ausbildung oder einen Studiengang<br />
ihrer Wahl einfach einmal eine Woche lang<br />
auszuprobieren.<br />
„An der Stelle war ich auch nach <strong>mein</strong>em Abi“, berichtet<br />
Gründerin Svanja Kleemann. Sie wußte zwar ungefähr,<br />
wo sie hinwollte und<br />
hatte sich dazu auch<br />
umfangreich schlau gemacht.<br />
Beim Studieren<br />
im Bachelor der Politik-<br />
und Verwaltungswissenschaften<br />
an der<br />
Universität in Konstanz<br />
merkte sie aber recht<br />
schnell, dass der Studiengang<br />
dann doch nicht<br />
ganz ihren Erwartungen entsprach. „Diesen Umweg wollte<br />
ich anderen ersparen“, sagt sie rückblickend und gründete<br />
mit Kommilitonen die Initiative One Week Student.<br />
Über die Online-Plattform vermittelten sie ehrenamtlich<br />
Studieninteressierte an Studierende. Der 1:1 Austausch<br />
unter Peers kam sehr gut an. Die Experience-Teilnehmer<br />
begleiteten nicht nur den Studienalltag, sondern wohnten<br />
auch bei ihren Gastgebern. Das ist noch heute so<br />
im Programm One Week Student. Über die Website des<br />
Startups (www.oneweekexperience.de) finden Interessierte<br />
deutschlandweit in 97 Städten an 156 Hochschulen<br />
Angebote zu über 530 Studiengängen. Die Bewerbung<br />
läuft online und automatisiert ab. Für die Teilnehmer<br />
entstehen nur Kosten für Reise und Verpflegung.<br />
„Weil das Programm so gut ankam, entwickelte ich daraus<br />
ein smartes Geschäftsmodell und gründete 2016<br />
One Week Experience“, berichtet die Gründerin. Und<br />
weil es nicht nur im Studienbereich, sondern vor allem<br />
auch im Ausbildungsbereich so viel Orientierungsbedarf<br />
gab, entwickelte sie zusätzlich das Programm One<br />
Week Azubi.<br />
„Wir haben inzwischen Erfahrungen mit mehr als 1.000<br />
Experiences gesammelt sowie über 50 Workshops zur<br />
Berufsorientierung an Schulen gemacht“, berichtet Svanja<br />
Kleemann. „Daher wissen wir ziemlich genau, wie<br />
die Jugendlichen ticken. Die meisten kennen nur sehr<br />
wenige Ausbildungsberufe und noch weniger Unternehmen,<br />
bei denen sie sich bewerben können.“ Das ist ein<br />
Problem. Denn wie soll man sich für etwas begeistern,<br />
was man nicht kennt?<br />
Über das Programm One Week Azubi finden Ausbildungsinteressierte<br />
aktuell bundesweit über 30 Stellenangebote<br />
von Partner-Unternehmen, von kaufmännischen<br />
über handwerklichen bis hin zu pflegenden Berufen.<br />
Die Experiences sind freiwillig, kostenfrei und zu jedem<br />
Zeitpunkt im Jahr möglich. Interessierte müssen mindestens<br />
16 Jahre alt sein. Sie bewerben sich einfach online<br />
(www.oneweekexperience.de/azubi) oder schicken eine<br />
WhatsApp ans Team (+49 176 30122197). Passende Bewerbungen<br />
werden dann von One Week Experience an<br />
die Partner-Unternehmen weitergeleitet. Das Startup<br />
übernimmt die gesamte Kommunikation mit den Teilnehmern<br />
und regelt alle Formalitäten.<br />
54 <strong>mein</strong>/4
Die Rückmeldungen sind sehr positiv. „Wir stellen fest,<br />
dass 67 Prozent der Jugendlichen sich nach einer Experience<br />
auch für die Ausbildung entscheiden.“ Das hat viel<br />
damit zu tun, dass sie das Team sowie das Unternehmen<br />
persönlich kennenlernen und mit in die Berufsschulen gehen.<br />
Das freut auch die Unternehmen, haben sie doch so<br />
mehr Kontakte zu motivierten Ausbildungsinteressierten.<br />
Beide Programme richten sich nicht nur an Schüler/innen<br />
und Schulabgänger/innen, sondern auch an Studienzweifler/innen,<br />
Auszubildende, Studierende und Studienabbrecher/innen<br />
sowie an Unternehmen, die junge Fachkräfte<br />
suchen.<br />
„Meine Vision ist es, Jugendlichen unabhängig vom Hintergrund<br />
einen Zukunftsweg zu ermöglichen, der zu ihren<br />
Talenten und Interessen passt“, erklärt Svanja Kleemann<br />
ihr Engagement. „Dafür wollen wir erreichen, dass<br />
Studium und Ausbildung von den Jugendlichen und der<br />
Gesellschaft als gleichwertige Optionen wahrgenommen<br />
werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um dem<br />
Fachkräftemangel entgegenzuwirken und sicherzustellen,<br />
dass mehr Menschen in Berufen landen, die sie wirklich<br />
gern ausüben.“<br />
Weil das Social Startup die Chancen für alle Jugendlichen<br />
verbessern möchte, legt es aktuell mit Unterstützern<br />
Stipendienfonds für geflüchtete Ausbildungsinteressierte<br />
auf. Denn Integration gelingt besser mit einer fachlichen<br />
fotografie · gestaltung · layout<br />
Print- und Webdesign<br />
Für Ihre Idee …<br />
auf Papier und im Internet<br />
Vom Entwurf zur Reinzeichnung …<br />
seit 2001 als Freelancer für Print- und Webdesign<br />
Druckabwicklung …<br />
wir übernehmen die komplette Auftragsabwicklung<br />
www.fgl-werketage.de<br />
Ausbildung. Zudem entscheiden noch immer Hautfarbe<br />
und Herkunft über Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Mit<br />
einer Experience wollen sie helfen, Vorurteile abzubauen.<br />
Persönliche Kommunikation ist entscheidend„Da sehr<br />
viele Jugendliche WhatsApp nutzen, bieten wir auch<br />
über diesen Messenger-Kanal Information und Beratung<br />
zu unserem Programm an. Die Erfahrungen sind<br />
sehr positiv. Denn sie fühlen sich durch die persönliche<br />
Beratung besser abgeholt und uns hilft es, die wirklich<br />
motivierten Jugendlichen besser herauszufiltern“, sagt<br />
Svanja Kleemann.<br />
Nicht nur online sondern auch offline Kontakt zu<br />
Jugendlichen:<br />
Die Ausbildungsangebote macht One Week Azubi nicht<br />
nur online, sondern auch offline bekannt. Deutschlandweit<br />
bestehen Kontakte zu mehr als 180 Lehrkräften an<br />
über 120 Schulen. Damit übernimmt das Startup die<br />
Community-Arbeit, die nicht nur zeitintensiv, sondern<br />
für viele Unternehmen auch unrentabel ist.<br />
Personaler tauschen sich aus - HR Experience<br />
X-Change<br />
Ein neues und erfolgversprechendes Format des Startups<br />
ist die HR Experience X-Change- Veranstaltung<br />
für Personaler. „Das 1. Event im August 2018 hat uns<br />
gezeigt, wie groß der Bedarf unter Personalern/innen<br />
ist, sich auszutauschen. Bei der Veranstaltung haben<br />
wir die Gruppe der Ausbildungsinteressierten näher angesehen<br />
sowie die Kanäle, über die man sie am besten<br />
erreicht. Wir konnten zeigen, dass bei dieser heterogenen<br />
Community eine ‚One Fits All-Lösung‘, wie klassische<br />
Studien- und Ausbildungsmessen, sich wenig eignen, um<br />
Ausbildungsinteressierte zu erreichen“, fasst Gründerin<br />
Kleemann zusammen.<br />
Sehr gut funktioniert hingegen das Recruiting, wenn<br />
Azubis den Ausbildungsinteressierten selbst von ihrem<br />
Ausbildungsalltag erzählen und sich persönlich mit ihnen<br />
austauschen. Genau diesen Raum bietet das Programm<br />
den Teilnehmern von One Week Azubi – und das eine<br />
ganze Woche lang.<br />
„Im nächsten Schritt ist wichtig“, so Gründerin Svanja<br />
Kleemann, „dass Personaler/innen den Kontakt zu den<br />
Bewerbern halten. Das kann eine Erinnerung per Whats-<br />
App sein oder die Einladung zum Sommerfest. Auch<br />
dieses „Warmhalten“ ist im One Week Azubi-Programm<br />
enthalten.<br />
Im Januar <strong>2019</strong> gab es bereits die 2. HR Experience<br />
X-Change zum Thema „Azubi-Recruiting goes digital“.<br />
Weitere Infos gibt es in diesem Blogbeitrag.<br />
www.oneweekexperience.de/blog<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
55
Dies & Das<br />
Neue Bäume braucht die Stadt<br />
Das Restaurant Pasternak am Wasserturm<br />
feiert ein Jubiläum.<br />
Seit einem viertel Jahrhundert begeistert man<br />
den wunderschönen Kiez mit jüdischen und<br />
russischen Speisen, abendlicher Piano-Musik<br />
und warmer, herzlicher Atmosphäre.<br />
Anlässlich des Jubiläums hat sich der Besitzer,<br />
Ilja Kaplan, entschlossen, der Nachbarschaft<br />
ein Geschenk zu machen. Ein Geschenk, an<br />
dem die ganze Nachbarschaft die nächsten<br />
100 Jahre Freude haben wird. Er möchte an<br />
den Kiez, in dem er fast vor 30 Jahren als<br />
Kellner angefangen hat zu arbeiten, etwas<br />
„Mein Berlin-Wonderland“<br />
In der Doppelausstellung zum Themenjahr<br />
„Grenzfälle 1989_<strong>2019</strong>“ in der Zionskirche<br />
in Berlin zeigt der bekannte ostdeutsche<br />
Fotograf Harald Hauswald eine Plakatserie<br />
mit Motiven aus der DDR- und Wendezeit.<br />
Die Schweizer Fotografin und Journalistin<br />
Vera Rüttimann wiederum zeigt in Bild und<br />
Video ihren Weg von ihrer Wohnung zur<br />
Zionskirche, der sie seit 30 Jahren u. a. durch<br />
die Kastanienallee, den Club ACUD und<br />
vorbei an Häusern führt, die es längst nicht<br />
mehr gibt. Ein Zeitdokument.<br />
Ort der Ausstellung:<br />
Zionskirche, Berlin-Mitte<br />
Datum:<br />
02. – 30.06. <strong>2019</strong><br />
Vernissage:<br />
Sonntag, 02. 06., 11.30 Uhr auf der Empore.<br />
www.zionskirche-berlin.de<br />
zurückgeben. Aus diesem Anlass wurde an<br />
der Terrasse des Restaurants ein Gingko<br />
Baum gepflanzt.<br />
Möge er wachsen und gedeihen …<br />
www.berlin.de/stadtbaum<br />
„Die dunkelste Stunde“<br />
Für einen Artikel in unserem<br />
Magazin brauchen wir euch<br />
und eure Erfahrungen. Habt<br />
ihr selbst Erfahrungen mit<br />
Depressionen gemacht?<br />
Oder in eurer Familie, im Freundeskreis? Wie<br />
seid ihr damit umgegangen? Was hat euch<br />
geholfen, wer hat euch geholfen? Erzählt es<br />
uns, gerne auch anonym.<br />
<strong>mein</strong> 4<br />
Stadtmagazin<br />
Vielen Dank für Eure Mühe!<br />
redaktion@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />
56 <strong>mein</strong>/4
Dies & Das<br />
Herzlichen Glückwunsch Inga !<br />
Artspring<br />
Ein Stadtbezirk wird Galerie<br />
artspring 2018<br />
© Foto: Franziska Messner<br />
Inga Lieckfeld, Gründerin des SYLD STORE<br />
BERLIN, ist ein Phänomen. Mit unglaublicher<br />
Kraft, Kreativität und Zielstrebigkeit beweist<br />
die Berliner Designerin: Nachhaltige und<br />
fair produzierte Mode ist auch bezahlbar –<br />
in kleinen Stückzahlen möglich. In ihrem<br />
Concept Store im Friedrichshain finden sich<br />
mehr als 15 verschieden Designelabels zum<br />
größten Teil lokal aus Berlin. Der Name des<br />
Stores ist mit Bedacht gewählt und steht<br />
Am Wochenende des 1./2. Juni <strong>2019</strong> öffnen<br />
sich in Prenzlauer Berg, Weißensee und<br />
Pankow die Türen zu den Produktionsstätten<br />
der ansässigen Künstlerinnen und Künstler.<br />
Bereits ab dem 1. Mai findet das Festival<br />
artspring spots mit Veranstaltungen der<br />
an artspring beteiligten Künstlerinnen und<br />
Künstler an unterschiedlichen Orten statt.<br />
www.artspring.berlin<br />
nicht etwa für die elitäre Insel in der Nordsee,<br />
sondern für : „Support Your Local Designers<br />
and artists“<br />
Unsere Verteilstellen<br />
wachsen weiter …<br />
Ab dieser Ausgabe sind wir noch näher bei<br />
euch, denn ihr findet uns jetzt auch in allen<br />
23 Berliner Denn‘s Filialen.<br />
Wir bedanken uns ganz herzlich für das<br />
Interesse an unserem Magazin.<br />
Dieses Konzept findet soviel Zuspruch, dass<br />
es Inga mit ihrem Team sogar auf die „Neo<br />
Fashion Week <strong>2019</strong> schaffte. Wer nicht<br />
dabei sein konnte, besucht sie einfach in<br />
Friedrichshain.<br />
SYLD STORE Berlin<br />
Frankfurter Allee 32<br />
10247 Berlin<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
57
Küchenanekdoten<br />
ÖL-<br />
WECHSEL<br />
Da hat mir doch irgendwann Erwin Gegenbauer, der<br />
auf dem Dach seiner Wiener Essigmanufaktur Balsamessige<br />
in Holzfässern herstellt, erklärt, was uns ahnungslosen<br />
Verbrauchern so alles unter der Bezeichnung<br />
„Balsamico“ verkauft wird. „Na ja, aber von irgendwas<br />
muss die Aromen-Industrie auch leben und irgendwo<br />
muss doch Zuckercouleure und Karamellsirup reingekippt<br />
werden.“<br />
Dann durfte ich seinen sieben Jahre gereiften Apfel-Balsam-Essig<br />
probieren und dachte: Hallo! (Das letzte Wort<br />
ist ein Zitat <strong>mein</strong>er Tochter Johanna und möchte auf der<br />
ersten Silbe betont werden.)<br />
Da war ich doch mal zur Olivenernte, habe an Ästen<br />
geruckelt, bis alle Früchte in dem auf dem Boden ausgebreiteten<br />
Netz gelandet waren. Ich habe gesehen, mit<br />
welcher Sorgfalt und Mühe die Früchte später verlesen<br />
und verarbeitet werden, bis dann endlich das grüne Gold<br />
aus der Presse lief. Ich durfte probieren: Hallo!<br />
Und nachdem ich den Oliven-Erntehelfer-Kalorienverlust<br />
durch exzellente Lammkoteletts mit frischem Brot und<br />
am Vortag gepressten Olivenöl, noch unfiltriert, wieder<br />
ausgeglichen hatte, erfuhr ich, dass die 20 Euro, die für<br />
einen Liter Öl verlangt werden, die Kosten decken, aber<br />
viel mehr nicht.<br />
„Und wie geht das dann, dass mir der Supermarkt Olivenöl<br />
‚extra vergine‘ für 5,95 verkauft?“ „Na ja, da tauchen<br />
gelegentlich Tankschiffe auf … und wenn man gute<br />
Produktentwickler hat, muss das Ausgangsprodukt auch<br />
nicht unbedingt etwas mit Oliven zu tun haben ...“<br />
Und würde <strong>mein</strong>e Tochter jetzt sagen: „Hallo! Leben wir<br />
nicht in einer Wissensgesellschaft?“, könnte ich locker<br />
antworten: „Ja, <strong>mein</strong> liebes Kind, aber Wikipedia weiß<br />
eben auch nicht alles. Frag mich!“ (Väter neigen Töchtern<br />
gegenüber zu Übertreibungen).<br />
Amadeus Tzamuranis<br />
Doch <strong>mein</strong>e Tochter fragt nicht. Dafür schätzt sie das<br />
Olivenöl, das Papa aus dem Laden mitbringt – pur mit<br />
Brot und Salz, zu Käse, in Salaten und als i-Tüpfelchen<br />
im Risotto. Und weil mich das freut, summe ich einen<br />
alten Genesis-Song, in dem es heißt:<br />
wise men say you are what you eat – eat well!<br />
Genug der Vorrede, lassen wir die Katze mal aus dem<br />
Sack: Amadeus Tzamuranis wohnt in Berlin. Und weil<br />
hier keine Oliven wachsen, bemüht er seine Familie in<br />
Griechenland, das Öl aus den kleinen grünen Koroneiki-<br />
Oliven herauszupressen, damit sich die Lebensqualität<br />
<strong>mein</strong>er Tochter nicht verschlechtere … Koroneiki-Oliven<br />
gelten übrigens sowohl geschmacklich als auch wegen<br />
ihrer Inhaltsstoffe als eine der besten Olivensorten.<br />
Familie Tzamouranis erntet auf der Peleponnes zwischen<br />
Meligalas und Kalamata ausschließlich von<br />
eigenen Bäumen. Das sichert die Qualität, Bio-Zertifiziert.<br />
Dass das Klima in der Provinz Messenien, gelegen zwischen<br />
Bergen und Meer, mit Temperaturen von +40°<br />
bis -10°, sowie die mineral- und kalkhaltigen Böden der<br />
Koroneiki-Olive ihren unverwechselbaren Geschmack<br />
gibt, müssen wir Amadeus mal glauben, bisher hat er<br />
mich noch nicht auf einen Kontrollgang mitgenommen!<br />
Aber wie das Öl schmeckt weiß ich: es hat grüne Noten,<br />
man schmeckt Zitrusfrüchte, Nüsse und eine wunderbare<br />
Schärfe.<br />
Und wer mir nicht glaubt, komme mal samstags zum<br />
Probieren vorbei …<br />
■<br />
Du findest uns in der<br />
Wörther Str. 39<br />
am Kollwitzplatz,<br />
Prenzlauer Berg<br />
10435 Berlin<br />
Tel 4373 52 25<br />
info@colecomp.de<br />
www.colecomp.de<br />
Mo – Fr 11 – 19 Uhr und Sa 10 – 18 Uhr<br />
58 <strong>mein</strong>/4
13<br />
13<br />
2 4 2 74 17 8 1 8<br />
8 1 8 1 4 4 2 7 2 7<br />
9 79 8 7 28 3 2 53 5<br />
6 5 86 5 8<br />
7 7 2 2<br />
7 2 97 2 9<br />
Krabat<br />
3 53 2 5 72 Otfried 4 7Preußler<br />
94 9<br />
1 7 1 7 9 9 5 8 5 8<br />
9 6 9 86 28 7 2 7<br />
15<br />
15<br />
seine Schüler in Raben. Immer wieder sterben Schüler.<br />
Krabat ist einer der besten. Deswegen soll er irgend-<br />
3 3 4 4<br />
wann Lehrer werden …<br />
5 6 35 96 23 9 72 7<br />
9 19 21 82 8<br />
Astrid Lindgren<br />
9 6 49 6 84 18 3 1 3<br />
2 42 14 61 6<br />
8 1 8 61 96 5 49 5 4<br />
4 54 65 – denkt<br />
76man.<br />
7<br />
1 91 3 49 83 64 8 6<br />
9 9 viele neue 1 Freunde. 1<br />
14<br />
14<br />
Schon gelesen? Krabat ist echt ein geiles Buch! Da geht<br />
es um einen Jungen. Schwarze Raben rufen ihn im<br />
Traum. Er folgt. Und so kommt er in die Zauberschule.<br />
Dort ist er gefangen und lernt zaubern. Der Lehrer der<br />
Zauberschule hat nur ein Auge.<br />
Er kann sich in eine schwarze Katze verwandeln und<br />
9 4 9 4 7 8 7 8<br />
2 32 5 3 75 4 7 94 9<br />
7 97 4 29 4 62 6<br />
9 6 79 56Buchvorstellung<br />
27 5 2<br />
4<br />
7 8 37 18 53 1 5<br />
74 1 87 1 58 5<br />
7 67 4 6 94 1 9 81 8<br />
5 8 5 8 9 4 9 4<br />
16<br />
16<br />
Die Brüder Löwenherz<br />
Es geht um zwei Kinder, die leider sterben. Die beiden<br />
sind Brüder. Sie kommen in eine andere Welt, die<br />
Nangijala heißt. Sie wohnen dort in einem abgelegenen<br />
Häuschen mit zwei Pferden. In Nangijala ist alles schön<br />
Doch dann erfährt der Leser, dass es auch die Bösen<br />
gibt. Bei den Abenteuern, die sie erleben, finden sie<br />
Buchtip von Justus<br />
10 Jahre<br />
6 16 2 1 2 7 4 87 4 8<br />
5 7 45 7 4 8 38 3<br />
3 3 9 9 6 1 6 1<br />
4 4 1 1 7 7<br />
7 8 7 98 4 9 4<br />
8 8 7 7 9 9<br />
1 8 1 8 4 4 3 3<br />
5 95 9 6 2 46 2 4<br />
4 6 94 6 9 3 1 3 51 5<br />
17 17<br />
8 8 5 6 45 6 4 2 2<br />
1 81 98 9<br />
5 5 1 91 9 7 7<br />
1<br />
8 3 18 3 1<br />
61 4 56 4 95 9<br />
5 5 7 7 3 3<br />
2 6 2 36 1 83 1 48 9 4 9<br />
1 3 41 93 4 69 7 26 87 2 8<br />
18 18<br />
6 86 1 58 1 45 4<br />
4 2 4 2 5 6 5 6<br />
5 75 2 67 42 16 4 31 3<br />
4 3 94 3 9<br />
8 8 4 4<br />
2<br />
1 7 81 7 8<br />
92 7 49 67 34 6 53 5<br />
3 6 3 6 9 2 9 2<br />
5 95 2 39 2 73 7<br />
Die Auflösung auf S. 64<br />
<strong>mein</strong>/4 59
Klick-Tips für Kids<br />
www.fragfinn.de<br />
www.internet-abc.de<br />
www.kika.de<br />
www.geo.de/geolino<br />
www.klick-tipps.net<br />
60
MACHmit! Museum – ein Ort<br />
für Kinder und ihre Erwachsenen<br />
Mit Herz und Hand vieles entdecken:<br />
Interaktive Ausstellungen, Werktische,<br />
Bücherwunderkammer, Kletterregal,<br />
Kindergeburtstage, Museumsdruckerei.<br />
Die UN-Kinderrechte immer im Blick.<br />
Ab 29. <strong>März</strong> <strong>2019</strong> fragt das<br />
MACHmit! Museum wieder:<br />
»Weißt du, wie der Hase läuft?«<br />
In der Frühjahrssonderausstellung geht es um Ostern und verschiedene Bräuche<br />
zum Frühling. Im Hasensprung geht es durch die Ausstellung, vorbei an Kaninchen,<br />
Ameisen und Regenwürmern.<br />
Wir sortieren 100 Eier, finden heraus, was die<br />
Zahlen auf den Eiern aus dem Supermarkt bedeuten<br />
und wie Hühner am besten leben.<br />
Wir wagen einen Blick durch die Insektenbrille<br />
und erfahren, wie eine Ameise die Welt sieht.<br />
Wir fragen uns ge<strong>mein</strong>sam, welche Tiere überhaupt<br />
Eier legen. Wer legt das größte und wer<br />
das kleinste Ei? Was hat der Osterhase eigentlich<br />
mit Eiern zu tun? Wie essen wir unsere Eier<br />
am liebsten und in welchen Lebensmitteln sind<br />
sie überall zu finden? Kann ein Osterzopf auch<br />
vegan gebacken werden?<br />
Die Ausstellung wird bis 12. Mai gezeigt.<br />
Neben der Sonderausstellung besteht auch noch bis zum 12. Mai die<br />
Gelegenheit, die Ausstellung »Der weite Horizont. Indianische Kulturen<br />
& die Kunst des Kennenlernens« anzusehen.<br />
Nach einer kurzen Umbauphase startet am 28. Mai eine neue Jahresausstellung.<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr.<br />
Führungen für Gruppen aus Kita,<br />
Grundschule und Hort:<br />
Dienstag bis Freitag ab 8.45 Uhr<br />
nach telefonischer Voranmeldung<br />
(030 74778 200, Mo – Fr 9.00 bis 16.00)<br />
MACHmit! Museum für Kinder<br />
Senefelderstr. 5<br />
10437 Berlin<br />
030 – 74778200<br />
info@machmitmuseum.de<br />
www.machmitmuseum.de<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
61
<strong>mein</strong>/4<br />
Buchvorstellung<br />
Markus Gabriel<br />
Der Sinn des Denkens<br />
Markus Gabriel, Spiegel-Bestseller-Autor,<br />
zeigt in diesem Buch,<br />
dass das Denken Teil<br />
der biologischen Sinne<br />
ist, der nicht künstlich<br />
nachgebaut werden<br />
kann. Längst gilt er als<br />
einer der wichtigsten<br />
deutschsprachigen Philosophen<br />
der Gegenwart,<br />
dessen unverwechselbar<br />
leichtfüßiger Stil<br />
klassische und moderne<br />
Theoretiker sowie die Popkultur zusammenführt.<br />
Das Denken ist vielleicht der wahre Hauptbegriff<br />
der Philosophie. Insbesondere Platon und Aristoteles<br />
haben sie als das Nachdenken über das Nachdenken<br />
definiert. Unser menschliches Denken ist<br />
einer unserer Sinne und damit unüberwindbar an<br />
biologische Bedingungen gebunden. Das lässt sich<br />
zwar nicht nachbauen. Dennoch sind wir in bestimmter<br />
Hinsicht selber eine Form der künstlichen<br />
Intelligenz. Denn unser geistiges Vermögen entsteht<br />
historisch und kulturell aus dem Bild, das wir uns<br />
von uns selber und von unserer Umgebung machen.<br />
Oder ist das ganze Universum vielleicht nur eine<br />
Simulation? Mit Esprit führt Markus Gabriel in<br />
hochaktuelle Themen ein und streift dabei Hume,<br />
Leibniz und Kant ebenso wie Searle und Taylor, aber<br />
auch Filme und Serien wie Ghost in the Shell, Matrix<br />
oder Der sechs Millionen Dollar Mann. ■<br />
Hans-Peter Martin<br />
Game over<br />
„Die Globalisierungsfalle“ ist zugeschnappt! Zwei<br />
Jahrzehnte nach den so zutreffenden Prognosen seines<br />
Weltbestsellers liefert Hans-Peter Martin eine<br />
ebenso brisante Analyse: Der Systemcrash findet<br />
statt. Robotik und die Digitalisierung werden die<br />
bestehende, enorme gesellschaftliche Ungleichheit<br />
noch verstärken, selbst<br />
im Westen wenden sich<br />
nicht nur breite Bevölkerungskreise,<br />
sondern<br />
auch die Elite von der<br />
Demokratie ab. Die<br />
Finanzkrise brodelt<br />
weiter, Handelskriege<br />
drohen, der Klimawandel<br />
zeigt seine extremen<br />
Gesichter, China auch.<br />
Populisten und autoritäre<br />
Regime werden die<br />
private Datenflut jedes<br />
Bürgers nutzen, um<br />
ihre Macht zu festigen. Auch Deutschland ist keine<br />
Insel der Seligen mehr. Der neue Nationalismus gilt<br />
als Heilsbringer, doch er mündet in eine Kriegsspirale.<br />
Game Over. Freispiel ungewiss. Und dann? Der<br />
Autor bietet zahlreiche, unkonventionelle Auswege<br />
an. Mit zahlreichen farbigen Grafiken. ■<br />
T.C. Boyle<br />
Das Licht<br />
Endlich wird der aufstrebende<br />
wissenschaftliche<br />
Assistent Fitz auf eine der<br />
LSD-Partys seines Professors<br />
Leary in Harvard eingeladen.<br />
Er erhofft sich davon einen<br />
wichtigen Karriereschritt,<br />
merkt aber bald, dass Learys<br />
Ziele weniger medizinischer<br />
Natur sind; es geht dem Psychologen<br />
um eine Revolution<br />
des Bewusstseins und eine<br />
von sozialen Zwängen losgelöste<br />
Lebensform. Fitz wird<br />
mitgerissen von dieser Vision, mit Frau und Sohn schließt<br />
er sich der Leary-Truppe an: Sie leben in Mexiko, später<br />
in der berühmten Kommune in Millbrook, mit Drogen<br />
und sexuellen Ausschweifungen ohne Ende. Ein kreischend<br />
greller Trip an die Grenzen des Bewusstseins und darüber<br />
hinaus – T.C. Boyle at his best.<br />
■<br />
62 <strong>mein</strong>/4
<strong>mein</strong>/4<br />
Leserbriefe<br />
Bitte sendet uns<br />
eure Leserbriefe an:<br />
leserbriefe@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />
oder per Post:<br />
Mein/4<br />
Schönhauser Allee 52<br />
10437 Berlin<br />
Bitte schickt uns Eure Meinungen und Wünsche<br />
Wunsch l<br />
Sehr geehrter Herr Beeth,<br />
mit der Zeitschrift <strong>mein</strong>/4 haben Sie ja ein hochwertiges<br />
Medium für den lokalen Informationsaustausch<br />
im Kiez geschaffen. Herzlichen Glückwunsch.<br />
Es schafft die Verbindung zwischen der<br />
Zivilgesellschaft mit den zahlreichen ehrenamtlichen<br />
Vereinen und Initiativen und der örtlichen<br />
Wirtschaft, die das Medium über Anzeigen finanziert<br />
und in den Anzeigen natürlich auch Botschaften<br />
transportiert.<br />
Was mir gut gefällt, sind die Beiträge mit hochwertigen<br />
Bildern und Texten. Da finde ich weniger auch<br />
tatsächlich besser. So ist <strong>mein</strong>/4 auch für ältere Semester<br />
gut lesbar im Unterschied zum Stadtmagazin<br />
Tip oder Zitty, die auf Menge statt auf Qualität<br />
setzen.<br />
Ich wünsche Ihnen für die Zukunft viel Erfolg und<br />
würde mich freuen, wenn bald auch einmal etwas<br />
über Rosenthal und den Rosenthaler Herbst im Magazin<br />
zu lesen ist.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Dr. Dieter Bonitz<br />
---------------------------------<br />
Bürgerverein Dorf Rosenthal e.V.<br />
Vorsitzender Dr. Dieter Bonitz<br />
Besonders berührend fand ich Franziska Hausers<br />
Artikel über das „Feuer“. Nachdem ich den Artikel<br />
gelesen, wenn nicht sogar verschlungen habe, wurde<br />
mir als aktuell im Osten stationiertem Wessi doch<br />
einiges klar bezüglich der Mentalität, die hier zu<br />
beobachten ist. Das waren - und sind? - wirklich<br />
zwei verschiedene „Berlins“.<br />
Danke und weiter in dem Stil!<br />
Gruß, Bea<br />
Wunsch lll<br />
Dear <strong>mein</strong>/4,<br />
I saw the cover of the “<strong>mein</strong>/4”<br />
Prenzlauer Berg <strong>2019</strong>.<br />
It is a photo looking down<br />
Schönhauser Allee over the<br />
Eberswalder U-bahn station<br />
with the Fernsehturm in the background. It is wonderful<br />
and very close to the view out of my apartment<br />
window.<br />
Is there some way to get a copy of this photo that I<br />
can blow up as a poster?<br />
Many thanks<br />
Andrew S.<br />
Wunsch ll<br />
<strong>mein</strong>/4 auf Facebook<br />
www.facebook.com/<strong>mein</strong>4tel<br />
Liebes Redaktionsteam!<br />
Die aktuelle Ausgabe ist ein echtes Vergnügen, vor<br />
allen Dingen die schönen Bilder zum „Summer in<br />
the city“.<br />
Du möchtest diese Ausgabe<br />
online lesen? Dann gehe auf<br />
www.<strong>mein</strong>viertel.berlin/aktuelle-ausgabe<br />
<strong>mein</strong>/4<br />
63
<strong>mein</strong>/4<br />
Vorschau<br />
IMPRESSUM<br />
Chefredaktion Markus Beeth<br />
Herausgeberin / Geschäftsführerin<br />
Beate Beeth<br />
<strong>mein</strong>/4 UG<br />
Schönhauser Allee 52, 10437 Berlin<br />
Redaktionelle Mitarbeit<br />
Beate Beeth, Markus Beeth, Dr. Carola Dorner,<br />
Carola Ehrlich-Cypra, Franziska Hauser,<br />
Ruth Herzberg, Stefanie Kayser, Vera Rüttimann,<br />
Henry Steinhau, Marc Lippuner, Lutz Müller-Bohlen<br />
„Die dunkelste Stunde“<br />
Jeder kennt sie, jeder fürchtet sie. Die Zeit, in der<br />
man nicht mehr weiter weiß.<br />
Hier erzählen Menschen aus ihrem Leben und was<br />
ihnen geholfen hat.<br />
13<br />
5 2 4 9 7 3 1 8 6<br />
8 1 3 5 4 6 9 2 7<br />
9 6 7 8 1 2 3 4 5<br />
2 3 1 6 5 8 7 9 4<br />
7 5 9 4 3 1 8 6 2<br />
6 4 8 7 2 9 5 3 1<br />
3 8 5 2 6 7 4 1 9<br />
1 7 2 3 9 4 6 5 8<br />
4 9 6 1 8 5 2 7 3<br />
15<br />
2 3 6 8 7 4 5 9 1<br />
8 1 5 6 3 9 2 4 7<br />
Der 4 9 Falschspieler<br />
7 1 5 2 3 8 6<br />
9 6 4 7 8 5 1 3 2<br />
5 2 3 4 9 1 7 6 8<br />
7 8 1 2 6 3 9 5 4<br />
3 4 2 5 1 6 8 7 9<br />
1 7 9 3 4 8 6 2 5<br />
6 5 8 9 2 7 4 1 3<br />
14<br />
5 9 4 1 6 3 7 8 2<br />
2 6 3 5 8 7 4 1 9<br />
8 7 1 9 4 2 3 6 5<br />
4 8 9 6 7 5 2 3 1<br />
3 1 5 2 9 4 8 7 6<br />
6 2 7 8 3 1 5 9 4<br />
9 4 2 7 1 8 6 5 3<br />
7 3 6 4 5 9 1 2 8<br />
1 5 8 3 2 6 9 4 7<br />
16<br />
6 9 1 2 3 5 7 4 8<br />
5 7 4 1 6 8 2 3 9<br />
3 2 8 4 9 7 5 6 1<br />
9 4 6 3 1 2 8 5 7<br />
2 3 7 8 5 9 4 1 6<br />
8 1 5 6 7 4 3 9 2<br />
1 8 2 5 4 6 9 7 3<br />
7 5 3 9 8 1 6 2 4<br />
4 6 9 7 2 3 1 8 5<br />
Maik M. Paulsen und die Lust am Betrug – oder<br />
warum du deinen Augen nicht trauen solltest.<br />
Verlag & Redaktion | <strong>mein</strong>/4<br />
<strong>mein</strong>/4 UG<br />
Schönhauser Allee 52, 10437 Berlin<br />
redaktion@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />
Tel.: 030 818 914 60<br />
www.<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />
www.facebook.com/<strong>mein</strong>4tel<br />
www.youtube.com/<strong>mein</strong>/4 TV<br />
Mediadaten<br />
www.<strong>mein</strong>viertel.berlin/mediadaten<br />
19<br />
20<br />
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3 8 2 7 5 1 9 4 6 9 4 2 8 1 7 6 3 5<br />
Satz, 6 7Layout 5 9 & 8Design<br />
4 2 3 1 3 1 6 9 2 5 4 7 8<br />
1 4 9 2 6 3 7 5 8 8 5 7 4 3 6 1 2 9<br />
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21<br />
22<br />
1 3 2 4 6 9 7 8 5 9 1 8 7 2 3 6 5 4<br />
Druck<br />
5 4 8 3 1 7 6 9 2 2 3 4 6 8 5 9 1 7<br />
printTailor<br />
6 7 9 2 5 8 3 1 4 6 5 7 9 4 1 3 8 2<br />
Dierichs<br />
8 9 4<br />
Druck<br />
6 7<br />
+<br />
2<br />
Media<br />
1 5<br />
GmbH<br />
3<br />
& Co.<br />
4<br />
KG<br />
6 3 2 5 9 8 7 1<br />
Frankfurter<br />
7 5 1 8<br />
Straße<br />
4 3<br />
168<br />
2 6 9 5 2 9 1 7 8 4 3 6<br />
D-34121 3 2 6Kassel<br />
1 9 5 4 7 8 7 8 1 4 3 6 2 9 5<br />
9 1 7 5 2 4 8 3 6 1 4 2 3 9 7 5 6 8<br />
Online 4 8 5 7 3 6 9 2 1 8 9 6 5 1 4 7 2 3<br />
grafik@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />
2 6 3 9 8 1 5 4 7 3 7 5 8 6 2 1 4 9<br />
Auflösung 17 von Seite 57<br />
8 7 9 5 6 4 3 1 2<br />
6 2 1 7 8 3 9 5 4<br />
5 4 3 1 2 9 6 8 7<br />
4 9 6 8 3 1 2 7 5<br />
7 1 2 6 4 5 8 9 3<br />
3 8 5 2 9 7 4 6 1<br />
9 5 8 4 7 2 1 3 6<br />
2 6 7 3 1 8 5 4 9<br />
1 3 4 9 5 6 7 2 8<br />
18<br />
9 6 3 8 1 5 7 4 2<br />
1 4 2 3 9 7 5 6 8<br />
5 8 7 2 6 4 1 9 3<br />
6 2 1 4 3 9 8 5 7<br />
3 7 8 6 5 2 4 1 9<br />
4 9 5 1 7 8 2 3 6<br />
2 1 9 7 4 6 3 8 5<br />
7 3 6 5 8 1 9 2 4<br />
8 5 4 9 2 3 6 7 1<br />
© 23 Titelfoto<br />
M. 5Beeth<br />
2 4 6 9 1 3 8 7<br />
3 1 6 4 8 7 5 9 2<br />
7 9 8 2 5 3 6 4 1<br />
1 5 7 3 2 8 4 6 9<br />
6 3 9 7 4 5 2 1 8<br />
8 4 2 1 6 9 7 3 5<br />
2 7 3 8 1 4 9 5 6<br />
9 6 1 5 3 2 8 7 4<br />
keine Gewähr.<br />
4 8 5 9 7 6 1 2 3<br />
24<br />
7 6 5 9 3 4 2 8 1<br />
2 4 1 8 7 6 3 5 9<br />
8 9 3 2 1 5 7 4 6<br />
3 1 4 5 9 7 8 6 2<br />
6 7 2 4 8 3 1 9 5<br />
5 8 9 1 6 2 4 3 7<br />
1 2 6 3 4 9 5 7 8<br />
4 5 7 6 2 8 9 1 3<br />
9 3 8 7 5 1 6 2 4<br />
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche<br />
Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden.<br />
Unter dieses Verbot fällt insbesondere die gewerbliche Vervielfältigung<br />
per Kopie, die Aufnahme über elektronische Datenträger und<br />
die Vervielfältigung auf elektronischen Datenträgern. Für unverlangt<br />
eingeschickte Manuskripte, Fotos und Illustrationen übernehmen wir<br />
64 <strong>mein</strong>/4
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