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mein/4 März 2019

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STADTTEILMAGAZIN ∕ PRENZLAUER BERG JULI/AUGUST/2017<br />

www.<strong>mein</strong>viertel.berlin MÄRZ – MAI <strong>2019</strong><br />

STADTMAGAZIN<br />

4<br />

ALLE(S) IM FLUSS – BADEN IN DER SPREE<br />

ÜBER OLDTIMER UND KLASSIKER<br />

WIR BRAUCHEN EUCH … JETZT!<br />

„DAS VIECH“ – SKIP PAHLER<br />

www.<strong>mein</strong>viertel.berlin/<br />

aktuelle-ausgabe


Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

auf den Tag genau zwei Jahre ist es nun her, dass das erste Mal unser Magazin <strong>mein</strong>/4<br />

erschienen ist. Damals nur in Prenzlauer Berg, inzwischen fast flächendeckend in Berlin.<br />

Wir freuen uns über so viel positive Resonanz! Wir merken aber auch: Wir stoßen an<br />

Grenzen. Bitte lest dazu den Bericht auf Seite 4 und unterstützt uns!<br />

Zeitreisen machen Spaß! Eine Zeitreise der besonderen Art durften wir in Charlottenburg<br />

unternehmen. Wir besuchten Berlins größten Restaurator für klassische Automobile<br />

(Seite 6)<br />

Die Kulturfritzen waren für uns in Schöneberg unterwegs und wandelten nicht nur auf<br />

den Spuren von David Bowie (Seite 14).<br />

Ab Seite 20 stellen wir euch Skip Pahler vor. Ein Berliner Urgestein, der in drei verschiedenen<br />

Regimen lebte. Wie wichtig das Erlebte war, spiegelt sich in seiner Kunst wieder.<br />

Warum ein Winterschlaf der Weg zur Erkenntnis sein kann, lest ihr ab Seite 26.<br />

Nicht mehr lange und die Temperaturen fordern uns auf, uns abzukühlen. Der Verein<br />

Flussbad e.V. kämpft für die Verbesserung der Wasserqualität in der Spree. Wer weiß:<br />

Vielleicht sehen wir uns demnächst beim Baden? (Seite 40)<br />

Oliver Seifert nimmt uns mit nach Japan auf der Suche nach guten Tee.(Seite 45)<br />

Das alles und vieles mehr findet ihr in dieser Ausgabe. Und nun viel Spaß beim Lesen<br />

und entdecken!<br />

Wir freuen uns auf euch beim hoffentlich nächsten Mal.<br />

Euer<br />

Markus Beeth<br />

1


Ein Besuch im Classic-Car-Center Seite 6<br />

Tiny Houses Seite 33 Alle(s) im Fluß <br />

Winterschlaf von Franziska Hauser Seite 26


Inhalt<br />

Über Oldtimer und Klassiker<br />

Zu Besuch im Classic-Car-Center 6<br />

Kultur im Kiez entdecken<br />

mit den Kulturfritzen 14<br />

Skip Pahler Seite 20<br />

Kulturtipps<br />

von den Kulturfritzen 18<br />

Der 8. Rabe<br />

Zu Besuch bei Skip Pahler 20<br />

Winterschlaf<br />

von Franziska Hauser 26<br />

Das Haus der Würde<br />

Tiny House als Chance 33<br />

Badespaß<br />

wann kommt das Flussbad? 40<br />

Auf der Suche nach neuem Tee<br />

Reisebericht aus Japan 45<br />

Seite 40<br />

Ehrenamt boomt<br />

„lsfb“ und die „Stiftung Bildung“ 51<br />

Gütesiegel in Bronze<br />

Auszeichnung für SG Rotation 53<br />

Ausbildungen ausprobieren<br />

Projekt: One Week Experience 54<br />

Dies & Das 56<br />

Küchenanekdoten<br />

Ölwechsel 58<br />

Kinderseiten 59<br />

Buchvorstellung 62<br />

Auf Teesuche Seite 45<br />

Leserbriefe 63<br />

Vorschau 64


Wir brauchen Euch … jetzt!<br />

Liebe Freunde unseres <strong>mein</strong>/4-Magazins.<br />

Fast auf den Tag genau zwei Jahre ist es nun<br />

her, dass unsere Idee, ein unabhängiges,<br />

buntes und interessantes Magazin für<br />

die Menschen in Berlin herrauszubringen<br />

Wirklichkeit wurde.<br />

Ein Gegenpol sollte es sein, in unserer<br />

schnelllebigen Zeit, etwas zum in Ruhe<br />

genießen, zum Entspannen. Mit viel Platz<br />

für Fotos, Reportagen und Nachrichten aus<br />

dem Kiezen – gedruckt auf hochwertigen<br />

Papier. Ein Heft, das man gerne in der<br />

Hand hält. Ein Produkt, das es wert ist,<br />

aufbewahrt zu werden. Das ist uns schon<br />

mal gelungen. Und die zahlreichen E-Mails,<br />

Briefe und Telefonate die uns inzwischen<br />

täglich erreichen zeigen, dass Ihr das<br />

mehrheitlich auch so seht …<br />

Das freut uns sehr!<br />

Wir merken aber, daß wir an unsere<br />

Grenzen stoßen. Unsere Redaktion<br />

ist zu klein um sich angemessen um die<br />

Autoren, Fotografen, das Lektorat, die<br />

Anzeigenverwaltung und die Zuschriften,<br />

die Layouter, die Druckabwicklung und den<br />

Vertrieb zu kümmern. Ein Redaktionsraum<br />

wäre auch noch so ein Traum … die<br />

Magazine entstehen, man glaubt es kaum,<br />

am heimischen Küchentisch. An dieser<br />

Stelle ein großes Dankeschön an alle Helfer<br />

für Euren Einsatz!<br />

Wir brauchen also dringend Verstärkung<br />

– aber Verstärkung kostet Geld. Deshalb,<br />

liebe Leserin, lieber Leser, liebe Firmen<br />

und alle die unsere Liebe zu Berlin teilen,<br />

bitten wir Euch um Unterstützung um das<br />

Magazin auch zukünftig kostenlos an über<br />

1.000 Stellen berlinweit auszulegen.<br />

Wir freuen uns von Euch zu hören und<br />

danken im Voraus für Eure Hilfe!<br />

4 <strong>mein</strong>/4


Wie könnt Ihr helfen?<br />

Unterstützt uns, indem ihr das Magazin aboniert.<br />

Das ist in verschiedenen Modellen möglich:<br />

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Du möchtest uns unterstützen? Trage deine Adresse auf unserer Homepage<br />

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Hause. Wir nehmen deinen Namen oder den Namen/Logo deiner Firma in unsere<br />

Liste der Unterstützer auf und drucken ihn in unserer nächsten Ausgabe.<br />

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Dazu brauchen wir nur den Namen … und wir kreieren für dich eine Anzeige<br />

und veröffentlichen diese in unserem Magazin. Zusätzlich erhältst du ebenfalls<br />

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<strong>mein</strong>/4<br />

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5!


Über Oldtimer und Klassiker<br />

Das Automobil. Wenn ich an Autos denke, sehe ich in den letzten Jahren eine große Leere.<br />

Nichts, was Eindruck auf mich machen würde. Mittel zum Zweck, mehr nicht. Erinnern kann<br />

ich mich an keines unserer Autos der letzten Jahre. Keines beeindruckte mich auf eine Weise,<br />

die erwähnenswert wäre.<br />

Markus Beeth<br />

6 <strong>mein</strong>/4


Über Oldtimer und Klassiker<br />

Denke ich an <strong>mein</strong>e Kindheit, fallen mir zahlreiche<br />

Autos ein. Ich erinnere mich an eine Zeit, als Autos<br />

noch Autos waren. Bewundernswerte Technik, die<br />

mich und <strong>mein</strong>e Geschwister an die tollsten Orte<br />

dieser Welt brachte. Ich erinnere mich an den ersten<br />

VW 1600 Variant <strong>mein</strong>er Eltern, eine zugeschnittene<br />

Matratze im Kofferraum über dem Motor sorgte für<br />

Behaglichkeit. Nie wieder habe ich so gut geschlafen<br />

wie über dem wummernden Boxermotor des VW 1600<br />

Variant. Anschnallpflicht? Was war das?<br />

Aber jenes Gefühl von Freiheit habe ich nie wieder<br />

empfunden.<br />

So traf es sich gut, dieses Interview führen zu können,<br />

weckte es doch viele Erinnerungen. Aber Vorsicht, bevor<br />

ihr nach dem Lesen loslauft und in eurer Erinnerung<br />

schwelgt – es könnte sein, dass ihr infiziert seid …<br />

Zu Besuch im Oldtimerparadies – ein Interview mit Hans Land, dem Geschäftsführer von<br />

Classic-Car-Centrum Berlin<br />

Herr Land, sie sehen glücklich aus …!?<br />

Das bin ich auch. Herr Beeth, stellen Sie sich vor: Ich<br />

darf jeden Tag das tun, wovon ich immer als Junge geträumt<br />

habe: AUTO BAUEN – und es bereitet mir täglich<br />

viel Freude, zusammen mit den Menschen, die mich<br />

begleiten, <strong>mein</strong>er Leidenschaft für klassische Automobile<br />

nachzugehen – und das tue ich ganz intensiv!<br />

Ich bin stolz auf <strong>mein</strong> Mitarbeiterteam und arbeite gern<br />

mit ihnen zusammen. Wir arbeiten auf Augenhöhe mit<br />

gegenseitigem Respekt. Ebenso begegnen mir in <strong>mein</strong>er<br />

Passion ständig interessante Menschen, die ähnlich<br />

oder anders, aber besonders sind und wir alle teilen eine<br />

Leidenschaft – Klassische Automobile, Kulturgut auf Rädern,<br />

und falls Sie <strong>mein</strong> Lächeln <strong>mein</strong>en, dass wiederum<br />

macht <strong>mein</strong>e Familie …<br />

Sie sind Bauingenieur und Projektentwickler.<br />

Wie kommt man auf die Idee, Oldtimer zu<br />

restaurieren und damit zu handeln?<br />

Seit <strong>mein</strong>er frühen Jugend beschäftige ich mich mit Themen<br />

der Mobilität. Angefangen habe ich<br />

zu <strong>mein</strong>er Schulzeit mit Reparaturen<br />

von Fahrrädern; ich bin sogar auf<br />

die Versteigerungen nach Amsterdam<br />

gefahren, wo sämtliche Fahrräder, die aus den<br />

Grachten gezogen worden waren, versteigert wurden –<br />

für Kleingeld – und <strong>mein</strong>e Idee war, das Image des alten<br />

guten Hollandfahrrades preiswert nach Deutschland zu<br />

bringen. Hierzu hatte ich diverse Schüler motiviert, mitzumachen,<br />

aber auch um <strong>mein</strong> miserables Taschengeld<br />

aufzubessern. Mein Vater war sehr geizig und ehrgeizig<br />

und das spornte mich extrem an.<br />

Aus Fahrrädern wurden irgendwann Motorräder, die ich<br />

teilweise umsonst bekam, weil sie defekt waren. Oder<br />

ich habe sie vom Schrott für wenig Geld bekommen<br />

und wieder aufgebaut, um sie dann zu verkaufen. Schöne<br />

Exemplare habe ich häufig selber behalten (Kreidler<br />

Florett aus den 60er). Irgendwann kamen dann Freunde<br />

und Bekannte, die <strong>mein</strong>en Rat als Schrauber benötigten;<br />

so kam ich zu ersten richtigen Auftragsarbeiten<br />

und es wurden immer, immer mehr. Zu den Oldtimern<br />

kam ich nicht, weil es <strong>mein</strong> Plan war, sondern eher aus<br />

der Not heraus. Im Laufe der Jahre wuchs <strong>mein</strong>e eigene<br />

Fahrzeugsammlung heran; da ich zu dieser Zeit berufsbedingt<br />

viel auf Reisen war, musste ich das Schicksal<br />

<strong>mein</strong>er eigenen Klassiker in puncto Wartung und Pflege<br />

in fremde Hände geben. Leider nur mit bedingtem<br />

Erfolg. Es stellte sich heraus, dass Service<br />

ein echtes Vertrauensthema ist. Entweder<br />

wurde die Arbeit nur mangelhaft ausgeführt<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

7


oder ich habe zu viel bezahlt oder ich wurde immer wieder<br />

vertröstet und so weiter Es war unbefriedigend. Es<br />

schien keine zuverlässige Werkstatt zu geben, die bereit<br />

war, Verantwortung zu übernehmen und mit Weitsicht<br />

an die Probleme am Fahrzeug heranzugehen. Außerdem<br />

war keine Werkstatt ganzheitlich aufgestellt, um alle an<br />

einem Oldtimer erforderlichen Arbeiten auszuführen<br />

wie z. B. Elektrik, Sattlerarbeiten, Verchromen, Motorrevidierungen<br />

usw. Gefrustet davon beschloss ich, mich<br />

fortan wieder selbst um die Belange in Sachen Klassiker<br />

zu kümmern.Nur wann? und wie?<br />

Über einen Freund lernte ich einen altgedienten Bosch-<br />

KFZ-Meister kennen, der sich in seinem Vorruhestand<br />

langweilte und ständig mit seiner Frau zankte. Kurzum<br />

mietete ich eine kleine Halle, rüstete sie mit notwendigem<br />

Equipment aus und half <strong>mein</strong>em neuen Bekannten,<br />

seine ehelichen Streitigkeiten beizulegen.<br />

Auch hier kamen sofort wieder Freunde und Bekannte,<br />

die Rat suchten. Sie machten ähnliche Erfahrungen<br />

mit den Werkstätten wie ich. Und die Bedürfnisse auf<br />

dem Markt sind gewaltig, fragen Sie mal herum, wer<br />

mit seiner Werkstatt zufrieden ist. Welche Werkstatt ist<br />

transparent, nimmt den Kunden mit, sendet Bilder und<br />

fragt, wie die Ausführung sein soll? Sie glauben nicht,<br />

was auf dem Markt los ist!<br />

Ich erkannte Potenzial für ein neues Geschäftsmodell<br />

und engagierte einen zweiten Mitarbeiter mit dem<br />

Schwerpunkt KFZ-Elektronik.<br />

Nach und nach entstand daraus das heutige Classic<br />

Car Centrum Berlin mit dem Grundgedanken „Emotion,<br />

Leidenschaft und Transparenz“. Wir sind ein Vollservicebetrieb,<br />

in dem alle Arbeiten unter einem Dach<br />

ausgeführt werden, interdisziplinär und kompetent<br />

kommuniziert. Hier denkt der „Blecher“ schon an den<br />

„Lacker“ und „Mechaniker“. Bei uns werden Teileinbauten<br />

schon vorm Lacken vorgenommen um das Chassis<br />

oder den späteren Lack nicht mehr zu gefährden. Solche<br />

und ähnliche Prozesse werden genau aufeinander abgestimmt.<br />

Und den richtigen Betriebsleiter dafür habe<br />

ich auch gefunden. Der macht einen richtig guten Job<br />

und jeder kann mit ihm reden, auch der Kunde. Hier<br />

ist keiner genervt, hier herrscht Professionalität gepaart<br />

mit Kompetenz.<br />

Der Handel entstand eigentlich eher nebenbei und ist<br />

mittlerweile ganz schön groß geworden Auch hier haben<br />

wir ein besonderes Auge auf Einkauf und Verkauf<br />

und wir machen gute Preise. Sie bekommen oft mehr<br />

Geld nach Jahren und Nutzung des Klassikers (natürlich<br />

muss auch gewartet werden) und das ist doch doppelte<br />

Freude für uns wie auch den Käufer und außerdem<br />

nachhaltig.<br />

Händler für Oldtimer gibt es viele. Sie haben es<br />

geschafft, eine führende Rolle in Deutschland<br />

einzunehmen. Was unterscheidet Sie von<br />

anderen Betrieben?<br />

Wir konzentrieren uns auf den heimischen Markt und<br />

setzen auf Kernthemen wie Kundenzufriedenheit und<br />

Kundenerlebnis. Unser Motto könnte etwa lauten: Tue<br />

das Unerwartete und führe Deinen Besucher damit zu<br />

einem Erlebnis. Manch ein Kunde bekommt wöchent-<br />

8 <strong>mein</strong>/4


lich Fotos aus den Prozessen und geht mit uns durch<br />

die Restauration/Reparatur. Er ist somit eingebunden<br />

und nicht abgehängt. Wir finden es wichtig zu kommunizieren,<br />

auch im Kleinen. Wir sind irgendwie anders,<br />

nicht so klassisch Typenwerkstatt. Wir versuchen oft zu<br />

reparieren und nicht direkt auszutauschen für viel Geld;<br />

wir respektieren das Budget des Kunden und versuchen<br />

unser Bestes. Meine Mechaniker tauschen sich selbst in<br />

den Pausen aus, um bessere Lösungen zu finden. Das<br />

finde ich toll, wie hier Werterhaltung gelebt wird. Ich<br />

glaube, das macht uns in der Summe anders.<br />

Sie produzieren die nicht mehr lieferbaren<br />

Ersatzteile selbst. Woher kommt diese<br />

Detailbesessenheit? Gibt es Situationen, in<br />

denen Sie ablehnen müssen?<br />

Es ist trotz der mittlerweile sehr guten Ersatzteillage für<br />

nahezu alle Marken notwendig, Bauteile nachzufertigen.<br />

Hier bedienen wir uns moderner Techniken wie zum<br />

Beispiel dem 3-D-Druck. Speziell bei Nachtfertigungen<br />

von Karosseriebauteilen vertrauen wir auf unsere<br />

eigenen Fähigkeiten. Und wir kennen viele private Ersatzteillager.<br />

Es gibt verschieden Klassifizierungen:<br />

Youngtimer, Oldtimer …<br />

Klären Sie uns auf! Was hat es damit auf sich?<br />

Das ist einfach erklärt: Oldtimer ist ein Fahrzeug das<br />

niemand braucht, aber jeder haben möchte. Es macht<br />

unser Leben freudiger. Youngtimer ist ein Fahrzeug<br />

mit dem Potenzial zum „Habenwollen“ und eine Einstiegsdroge<br />

zu ‚mehr‘.<br />

Was empfehlen Sie dem „Neueinsteiger“?<br />

Gibt es überhaupt DEN Einsteiger?<br />

Ich glaube nicht, dass es den Einsteiger gibt. Mercedes<br />

Benz Typ 107, VW Käfer und Busse, Opel und<br />

Ford Youngtimer, Volvos aus den 70er und 60er – das<br />

sind alles tolle Modelle. Es wächst derzeit eine beachtliche<br />

Menge an Publikum nach<br />

Betrachten wir dazu einmal den folgenden Effekt:<br />

Zu <strong>mein</strong>er Zeit war der Besitz eines eigenen Auto<br />

nur einigen wenigen vorbehalten. Für mich war es<br />

damals also das Größte, erst den Führerschein und<br />

dann möglichst bald ein eigenes Auto zu haben. Dafür<br />

hat man sich engagiert, war fleißig. Heute gilt es<br />

beinahe als „uncool“, im urbanen Gebiet ein Auto zu<br />

bewegen, geschweige denn einen Führerschein zu<br />

besitzen. Wiederum viele fühlen sich von den modernen<br />

Fahrzeugen und deren verspielter Gimmicks<br />

gelangweilt oder gar bevormundet. Wir lieben es,<br />

unseren Kunden ihren persönlichen automobilen<br />

Maßanzug zu schneidern. Ganz nach deren Vorstellung<br />

und ganz nach ihrem Budget. Individuell<br />

speziell und hoch alltagstauglich – das ist unsere<br />

Philosophie.<br />

Depressionen und Probleme am Klassiker will keiner,<br />

also konzentrieren wir uns auf Güte und Bezahlbarkeit,<br />

gemessen am Marktwert.<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

9


Über Oldtimer und Klassiker<br />

Für viele ist ein Oldtimer etwas für die Garage<br />

und vier Ausfahrten im Jahr. Wie sehen Sie das?<br />

Gibt es alltagstaugliche „Oldtimer“ ?<br />

Für diese Frage stelle ich dem Leser zunächst eine Gegenfrage:<br />

Warum gibt es unterschiedliche Modelle und<br />

unterschiedliche Hersteller? Der Leser wird nun denken:<br />

Klar, Autos werden von Menschen gefahren, Menschen<br />

sind Individuen. Daraus ergibt sich ein Anspruch. Eben<br />

dieser Anspruch führt zur individuellen Nutzung und<br />

den damit verbundenen Ansprüchen an das Thema Mobilität.<br />

Konkret: Der Sammler sammelt, der Liebhaber fährt.<br />

Wir mögen beide Zielgruppen. Und wir mögen es, deren<br />

Ansprüche sowie den Prozess zu begleiten.<br />

Häufig wird übrigens aus dem Sammler der Liebhaber –<br />

vorausgesetzt, wir haben unseren Job gut gemacht.<br />

Die Alltagstauglichkeit ist in der Tat ein ganz schwieriges<br />

Thema, weil oft Fahrzeuge eben zu wenig bewegt<br />

werden. Das Wort „Fahrzeug! kommt von „fahren“ und<br />

nicht von „stehen“. Wir verfolgen die Philosophie: Baue<br />

dem Kunden oder finde den „Real Daily Driver“. Das<br />

heißt: Fahrzeuge zu finden oder/und so zu reparieren,<br />

dass diese wie früher täglich funktionieren. Dies bedeutet<br />

für uns ein ganz hohes Augenmerk auf sämtliche<br />

an der Funktion beteiligten Komponenten. Wir müssen<br />

diese analysieren, reparieren, auszutauschen oder gegebenenfalls<br />

verbessern – mit neuerer Technik, die unkomplizierter<br />

oder besser arbeitet. Ich denke hier besonders<br />

an Benzinpumpen mit zu schwachen Druck, Zündkabel<br />

und elektrische Komponenten, die damals nicht besser<br />

hergestellt werden konnten, aber heute vorhanden sind.<br />

Ebenso waren Bremszylinder und deren Dichtungen<br />

ein großes Thema, das beherrschen wir heute besser<br />

als zum Auslieferungszeitpunkt des Klassikers.<br />

Welche Modelle empfehlen Sie für Einsteiger?<br />

Herr Beeth, Sie sind aber hartnäckig! Das ist schwer<br />

zu pauschalieren, da speziell die Frage nach dem ersten<br />

Klassiker von Faktoren abhängt wie: Modell, Zustand,<br />

Anspruch, Nutzung, Budget. Dennoch gibt es<br />

komplizierte und weniger komplizierte Modelle. In einem<br />

guten Beratungsgespräch lassen sich diese Faktoren<br />

erheben. Nicht selten entscheiden sich Käufer nach<br />

einem Gespräch mit mir für ein völlig anderes Modell<br />

als ursprünglich geplant. Gern lassen sich speziell Neueinsteiger<br />

von wirren Kommentaren oder Erfahrungsberichten<br />

aus Internetforen irreleiten. Da muss ich erst<br />

mal Aufklärungsarbeit leisten und Basisrealismus schaffen<br />

– aus gelebter und kundenseitiger Erfahrung von<br />

genutzten Modellen.<br />

10 <strong>mein</strong>/4


Durchblick behalten mit<br />

Brillen in Berlin ®<br />

schauen<br />

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Bötzowstraße 27<br />

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Mo–Fr 10 bis 20 Uhr, Sa bis 16 Uhr<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

11


Der Markt boomt.<br />

Wie schaffen Sie es,<br />

immer neue Autos zu finden?<br />

Unsere Länderscouts halten uns da schon sehr<br />

auf Trab. Täglich besprechen wir Funde und Angebote<br />

speziell aus dem privaten Segment und<br />

internationalem Netzwerk. Bestandskunden<br />

werden von uns regelmäßig angesprochen und<br />

auch deren Freunde, ob ein Objekt in den<br />

Verkauf soll oder die Sammlung verändert<br />

wird – das bringt allein schon ca. 25 % der<br />

Autos zu uns und ist oft gepflegte Ware<br />

zu fairen Konditionen. Erbfälle, Desinteresse,<br />

Fehlkäufe, abgebrochene<br />

Restaurationen … Sie glauben<br />

gar nicht, was mir täglich<br />

angeboten wird.<br />

Mich erreichen<br />

eine Vielz<br />

a h l<br />

an<br />

Verkaufsan-<br />

geboten aus<br />

allen Ecken<br />

Europas und den<br />

USA. An Pro-<br />

dukten mangelt es nicht,<br />

eher an der entsprechenden Qualität und Originalität.<br />

Unsere Ausschlussquote liegt bei über 95 Prozent.<br />

Qualität statt Quantität. So einfach es klingt, so anspruchsvoll<br />

ist es mithin. Und es bedarf viel Zeit, viel<br />

mehr als ich wirklich habe.<br />

Am liebsten kaufe ich natürlich <strong>mein</strong>e eigenen Fahrzeuge<br />

nach Jahren der Nutzung vom Kunden zurück.<br />

Schließlich habe ich viel Energie und Zeit aufgewendet,<br />

ein Fahrzeug in gewünschter Güte zu finden, da wäre<br />

es töricht, ein neues zu suchen.<br />

Gibt es einen Trend? Welche Modelle werden<br />

Ihrer Meinung nach in Zukunft gefragt<br />

sein?<br />

Gut positioniert sich derzeit die<br />

Mercedes SL Baureihe R107 am<br />

Markt. Grund dafür: seine Alltagstauglichkeit,<br />

sein Charme<br />

und nicht zuletzt die gut sortierte<br />

Ersatzteillage.<br />

12<br />

<strong>mein</strong>/4


Über Oldtimer und Klassiker<br />

Zudem sehe ich beste<br />

Trends für Fahrzeuge vom „SOS“-<br />

Typ: „Selten, Offen, Sexy“. Ausnahmeathleten<br />

werden nie allein sein. Sie<br />

werden immer Anschluss und neue Käufer<br />

finden – allein aufgrund der begrenzten<br />

Stückzahlen. Seltene Fahrzeuge wie zum Beispiel<br />

Intermeccanias, Maseratis, Ferraris, Aston, Porsche der<br />

60 und 70er Jahre, am besten in Erstlack sind super<br />

begehrt.<br />

Was raten Sie Käufern, worauf zu achten ist?<br />

Woran erkenne ich ein gutes Objekt?<br />

Ein gutes Objekt ist vor allem dann ein gutes Objekt,<br />

wenn es dem Interessenten nachhaltig und begründet<br />

gut gefällt. Stimmen dann die qualitativen Merkmale,<br />

geht es in die heiße Phase. Sofern ein Interessent nicht<br />

selbst Erfahrungen gemacht hat, sollte er sich auf jeden<br />

Fall umfassend beraten lassen. Das können Sachverständige<br />

sein oder spezielle Scouts. Auch <strong>mein</strong>e Firma<br />

als Dienstleister bietet diesen Service an. Gegen ein<br />

Honorar begleiten wir unseren Klienten und erstellen<br />

ihm eine sehr umfassende schriftliche Expertise, oft<br />

ausführlicher als ein Gutachten.<br />

Für alle Käufer, die nicht sachkundig sind, gilt: Nicht<br />

zum Opfer einer ver<strong>mein</strong>tlichen Schönheit werden!<br />

Zu viele Hobbyrestaurateure haben mittlerweile einen<br />

Markt erkannt und schminken das Objekt der Begierde.<br />

Das ist für den Laien kaum erkennbar.<br />

Hier lohnt es sich, Geld für ein Beraterhonorar mit einzuplanen.<br />

Spätere Ansprüche geltend zu machen, ist<br />

teurer und vor allem nervenaufreibender.<br />

Wir sahen gerade in der Garage die Rohkarosse<br />

eines Mercedes. Wie lange dauert es, dieses<br />

Projekt abzuschließen?<br />

Hier handelt es sich um ein eigenes Projekt unseres Bestandes.<br />

Aufgrund der hohen Kundenfrequenz im Fahrzeugprojektgeschäft<br />

kommen wir viel zu selten dazu,<br />

uns um die Fertigstellung unserer eigenen Projekte zu<br />

kümmern. Es sei denn, der Kunde kommt gezielt auf<br />

uns zu und will eine Vollrestauration von einem unserer<br />

eingelagerten Bestände. Wie das halt so ist: Der Schuster<br />

hat immer die schlechtesten Sohlen.<br />

Stichwort „Neid“: Wie reagieren Mitmenschen<br />

auf Oldtimer? Gibt es Unterschiede?<br />

Eine spannende Frage. Vielleicht lässt sie sich am besten<br />

mit folgendem Vergleich beantworten:<br />

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine SMS auf Ihr Mobiltelefon.<br />

Und nun stellen Sie sich vor, Sie erhalten<br />

einen handgeschriebenen Brief. Der Inhalt kann der<br />

Gleiche sein.<br />

Ähnlich verhält es sich beim Oldtimer. Ganz gleich mit<br />

welchem Modell sie unterwegs sind, Sie ernten freundliche<br />

Gesten, wertschätzende Bemerkungen und lernen<br />

ständig interessante Menschen kennen. Ich nenne diesen<br />

Effekt „Benzingeflüster“. Das habe ich mit <strong>mein</strong>em<br />

neuzeitlichen Fahrzeug im alltäglichen Gebrauch nicht.<br />

Allerdings habe ich auch niemanden der mich anpöbelt.<br />

Wie alles im Leben und im Beruf: eine Frage der<br />

Performance. Kleine süße Oldtimer wie Lloyds, Gogos,<br />

DKWs, Fiat 500, Käfer ernten oft Sympathie – besonders<br />

seltene Fahrzeuge, die nicht als Luxusmarken gelten,<br />

ebenso.<br />

Herr Land, wir danken für das Gespräch.<br />

■<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

13


Mit den Kulturfritzen<br />

Kultur im Kiez entdecken<br />

Folge 2: Akazienkiez<br />

Im 13. Jahrhundert stand hier die Wiege des Dorfes Schöneberg, 800 Jahre später ist die Gegend<br />

rund um die Akazienstraße ein belebtes Berliner Stadtquartier mit zahlreichen kleinen Läden, Cafés<br />

und Restaurants, in dem es auch kulturell einiges zu entdecken gibt.<br />

Text & Fotos: Marc Lippuner<br />

Im 13. Jahrhundert stand hier die Wiege des Dorfes<br />

Schöneberg, 800 Jahre später ist die Gegend rund<br />

um die Akazienstraße ein belebtes Berliner Stadtquartier<br />

mit zahlreichen kleinen Läden, Cafés und<br />

Restaurants, in dem es auch kulturell einiges zu entdecken<br />

gibt.Text & Fotos: Marc LippunerDer Akazienkiez<br />

verdankt seinen Namen der ihn von Norden<br />

nach Süden durchquerenden Akazienstraße, die<br />

ihrerseits 1840, im Jahr ihrer Benennung, an einem<br />

Akazienwäldchen vorbeiführte. Dieses musste ein halbes<br />

Jahrhundert später der Apostel-Paulus-Kirche<br />

weichen, die zweifelsohne das imposanteste Bauwerk<br />

des Viertels ist.<br />

Das im historisierenden Stil der märkischen Backsteingotik<br />

errichtete Gebäude entstand nach Entwürfen<br />

des Königlichen Baurats Franz Heinrich Schwechten,<br />

der zeitgleich in Charlottenburg die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche<br />

schuf. Am 29. Dezember vor<br />

125 Jahren wurde das Gotteshaus in Anwesenheit<br />

des Deutschen Kaiserpaars feierlich eingeweiht; sein<br />

85 Meter hoher Turm ist der fünfthöchste Kirchturm<br />

Berlins. Dagegen fallen die anderen Kirchenbauten im<br />

Kiez verhältnismäßig bescheiden aus, wenngleich sie<br />

mindestens ebenso von architekturhistorischem Interesse<br />

sind. Allen voran das zwischen 1958 und 1962<br />

entstandene Bauensemble aus evangelischer Paul-<br />

Gerhardt-Kirche, Ge<strong>mein</strong>dezentrum und katholischer<br />

St. Norbert-Kirche am südwestlichen Zipfel<br />

des Akazienkiezes. Die Architekten Hermann Fehling,<br />

Daniel Gogel und Peter Pfankuch schufen aus<br />

unregelmäßig übereinander geschichteten Stahl- und<br />

Sichtbetonelementen einen beeindruckend schroffen<br />

Kontrast zur direkt daneben liegenden rosaverputzten<br />

Dorfkirche aus friderizianischer Zeit.<br />

Das barocke Gotteshaus ist das letzte Zeugnis der<br />

dörflichen Struktur Alt-Schönebergs, dessen historischer<br />

Siedlungskern entlang der Hauptstraße zwischen<br />

der heutigen Dominicus- und Akazienstraße<br />

lag. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts entstand an der<br />

nordöstlichen Ortsgrenze ein weiteres, Neu-Schöneberg<br />

genanntes Dorf. Es erstreckte sich bis zum heutigen<br />

Heinrich-Kleist-Park, dessen Gelände zu dieser<br />

14 <strong>mein</strong>/4


Kultur im Kiez<br />

Apostel-Paulus-Kirche<br />

Paul-Gerhardt_Kirche<br />

Zeit bereits mehr als 100 Jahre als landwirtschaftlicher<br />

Muster- und kurfürstlicher Küchengarten genutzt<br />

wurde. 1801 erfolgte die Umgestaltung der 7,5<br />

Hektar großen Fläche zum botanischen Garten. Das<br />

dazugehörige Königliche Botanische Museum mit seinem<br />

prachtvollen Treppenhaus entstand in den Jahren<br />

1878 bis 1880 an der Grunewaldstraße 6-7. Seit den<br />

1960er-Jahren ist das Haus am Kleistpark Sitz des<br />

Kulturamtes Schöneberg und mit einer Ausstellungsfläche<br />

von fast 300 Quadratmetern eine der größten kommunalen<br />

Galerien Berlins. Bei freiem Eintritt lädt es<br />

in den ehemaligen Herbariumssälen zu hochkarätigen<br />

Dorfkirche Schöneberg<br />

Haus am Kleistpark<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

15


Kultur im Kiez<br />

Schöneberg-Museum Hauptstraße 155 Museum der unerhörten Dinge<br />

Wechselausstellungen ein, die hauptsächlich zeitgenössische<br />

Kunst, aber auch aktuelle und historische<br />

Fotografie in den Fokus rücken. Einen ganz anderen<br />

Schwerpunkt hat das ebenfalls kostenfrei zu besichtigende<br />

Schöneberg-Museum in der Hauptstraße 40,<br />

unter dessen Dach sich auch das Jugendmuseum und<br />

das Bezirksarchiv befinden. Ziel des Museums ist es,<br />

Menschen aller Generationen dazu anzuregen, die<br />

Stadt und ihre Quartiere in Tempelhof-Schöneberg neu<br />

zu entdecken, indem es relevante Themen aus Politik<br />

und Gesellschaft unter lokalen Gesichtspunkten lebendig<br />

aufbereitet. So plädiert die aktuelle Ausstellung<br />

Welcome to diversCity (noch bis 18. August) für einen<br />

offenen Umgang mit den vielfältigen Lebensweisen in<br />

Berlin, beleuchtet hier im Besonderen den „Regenbogenkiez“<br />

rund um den Nollendorfplatz und stellt zahlreiche<br />

queere Persönlichkeiten aus der Schöneberger<br />

Geschichte vor.<br />

Vergessen wird einer natürlich nicht: David Bowie, der<br />

zwischen 1976 und 1978 nur 800 Meter nördlich in<br />

der Hauptstraße 155 gewohnt hat. Eine Berliner<br />

Gedenktafel an der Fassade erinnert daran, dass hier<br />

vor etwas mehr als 40 Jahren Musikgeschichte geschrieben<br />

wurde. Wer mehr darüber erfahren möchte,<br />

sollte sich Tobias Rüthers Buch Helden – David Bowie<br />

und Berlin (Rogner & Bernhard, 12,95€) besorgen, in<br />

dem die beiden intensiven Jahre mit Liebe zum Detail<br />

und sehr unterhaltsam dokumentiert sind. Mindestens<br />

ebenso unterhaltsame Zeitdokumente sind die<br />

Geschichten der erhörten Objekte im Museum der<br />

Unerhörten Dinge. Auf sorgsam laminierten Handzetteln<br />

finden sich absonderliche Geschichten zu darüber<br />

drapierten Objekten – sie erzählen von gestrandeten<br />

Walen im Greifswalder Bodden, von lesbischen<br />

Hochzeiten im Jahr 1950 oder davon, wie Joseph<br />

Beuys auf den Hasen kam. Die literarisch erhörten<br />

Fundstücke stellen in ihrer musealen Erhöhung einen<br />

feinen ironischen Kommentar zum gegenwärtigen<br />

Ausstellungsbetrieb dar – kein Wunder, dass das Museum<br />

in der Crellestraße 5-6, das regulär mittwochs<br />

bis freitags zwischen 15 und 19 Uhr geöffnet hat, das<br />

meistbesuchte Museum Berlins ist, zumindest, wenn<br />

man die Besucherzahl mit den Quadratmetern des<br />

vermutlich kleinsten Museums Berlins verrechnet.<br />

Direkt um die Ecke findet sich auch das kleinste Kino<br />

Schönebergs, das, 1909 eröffnet, zugleich auch das<br />

zweitälteste Berlins ist: In der Kolonnenstraße 5-6<br />

zeigt das Xenon-Kino mit seinen 140 Plätzen queere<br />

Filme, Dokumentationen, Kinderprogramm und<br />

deutsch untertitelte Filme in Originalfassung. Das<br />

erste Lichtspielhaus Berlins, das „OmU“ etablierte,<br />

und sich darin bis heute treu bleibt, ist das zur<br />

Yorck-Kinogruppe gehörende Odeon in der Hauptstraße<br />

116.<br />

Wer im Akazienkiez jedoch nicht ins Filmtheater<br />

möchte, sondern Live-Unterhaltung auf Bühnen<br />

16 <strong>mein</strong>/4


Kultur im Kiez<br />

fokussieren sich die Ermittlungen doch schnell auf<br />

eine Handvoll Personen, die im Akazienkiez leben,<br />

lieben, arbeiten und sich – ganz selten – auch mal<br />

mit Messern auf offener Straße hinterher jagen. Die<br />

Xenon-Kino. Odeon-Kino Weiße Rose<br />

sucht, sollte im 1956 eröffneten Kulturzentrum<br />

Weiße Rose am Wartburgplatz vorbeischauen. Vor<br />

der prachtvollen Rückseite des Schöneberger Amtsgerichts<br />

steht der schlichte Flachbau, in dem regelmäßig<br />

Konzerte, Slams und Theateraufführungen<br />

stattfinden. Ein festes Zuhause hat hier das Theater<br />

Strahl, das sich mit seinen anspruchsvollen Inszenierungen<br />

vor allem, aber nicht nur an ein junges<br />

Publikum richtet. Live-Musik gibt es gelegentlich<br />

auch andernorts im Kiez.<br />

So finden in der Apostel-Paulus-Kirche gelegentlich<br />

Konzerte international renommierter Musikerinnen<br />

und Musiker statt, auch in zahlreichen gastronomischen<br />

Lokalitäten gibt es hin und wieder Live-Musik<br />

als Weinbegleitung, so zum Beispiel im Café Bilderbuch<br />

in der Akazienstraße 28, dessen sonntäglicher<br />

Brunch zudem mit Pianomusik untermalt wird.<br />

Drei Häuser weiter, an der Ecke zur Belziger Straße,<br />

ist seit nahezu 25 Jahren der Querverlag beheimatet,<br />

Deutschlands erster und einziger Verlag mit<br />

schwul-lesbischem Programmschwerpunkt. Unter<br />

den brandaktuellen Neuerscheinungen findet sich<br />

mit Schöneberger Steinigung (14,00€) erstmals ein<br />

Kriminalroman, der hauptsächlich im Akazienkiez<br />

spielt. Wenngleich der Autor Peter Fuchs den Mord<br />

an einem rechtspopulistischen Ex-Priester knapp<br />

außerhalb des Viertels, im Rudolf-Wilde-Park hinter<br />

dem Rathaus Schöneberg, passieren lässt, so<br />

Buchpremiere findet am 28. <strong>März</strong> in der Akazienbuchhandlung<br />

in der Akazienstraße 26 statt. Der<br />

Eintritt ist frei.<br />

■<br />

Marc Lippuner<br />

hat Germanistik, Geschichte<br />

sowie Kultur- und Medienmanagement<br />

studiert.<br />

Nach Jahren als Theatermacher<br />

leitet er seit 2017<br />

die WABE im Herzen des<br />

Prenzlauer Bergs.<br />

Nebenbei frönt er mit den<br />

von ihm gegründeten Kulturfritzen, einem kleinen<br />

Projektbüro für kulturelle Angelegenheiten, seiner<br />

Berlin-Liebe. Auf Twitter postet er nahezu jeden<br />

Tag einen #Berlinfakt, kürzlich erschien sein Spaziergangsführer<br />

für den Großbezirk Pankow im Elsengold-Verlag.<br />

Für unser Magazin begibt er sich auf kulturelle Entdeckungsreisen<br />

durch die Berliner Kieze, darüberhinaus<br />

gibt es immer eine Handvoll Empfehlungen<br />

für Kultur-Events, die man im kommenden Quartal<br />

seiner Meinung nach nicht verpassen sollte.<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

17


Kulturtipps vom Kulturfritzen<br />

Vorläufer des Bauhaus-Designs<br />

<strong>2019</strong> wird der Gründung des Bauhauses vor 100 Jahren<br />

deutschlandweit mit zahlreichen Ausstellungen<br />

gedacht. Natürlich auch in Berlin. So gibt es beispielsweise<br />

noch bis zum 5. Mai im Bröhan-Museum<br />

die Ausstellung Von Arts and Crafts zum Bauhaus.<br />

Kunst und Design – Eine neue Einheit! zu sehen, die<br />

anhand von 300 Objekten zeigt, wie Möbel, Grafik,<br />

Metallkunst, Keramik und Gemälde des Wiener Jugendstils,<br />

des Deutschen Werkbunds oder der holländischen<br />

Gruppe De Stijl die Formensprache des<br />

Bauhauses beeinflusst haben.<br />

http://www.broehan-museum.de/<br />

Buffet, entworfen 1867 von Edward Willam Godwin (Privatsammlung)<br />

© Martin Adam<br />

Berlinale in Bildern<br />

Die Berlinale ist gerade vorbei, aber wer von den internationalen<br />

Filmfestspielen nicht genug bekommen<br />

kann, sollte mal im Museum für Film und Fernsehen<br />

am Potsdamer Platz vorbeischauen. Noch bis 5. Mai<br />

ist hier die Ausstellung Zwischen den Filmen – Eine<br />

Fotogeschichte der Berlinale zu sehen, die wunderbare<br />

Momente abseits des roten Teppichs zeigt.<br />

Stimmungsvolle Fotografien aus fast siebzig Jahren<br />

Festivalgeschichte: Ein Must-See für Filmfreaks und<br />

Berlinfans.<br />

www.deutsche-kinemathek.de<br />

Blick in die Ausstellung © Marian Stefanowski<br />

Gänzend demonstrieren für ein „Europa der Vielen“<br />

Am Sonntag, den 19. Mai <strong>2019</strong>, finden in zahlreichen<br />

Städten Demonstrationen für ein „Europa der Vielen“<br />

statt. In Berlin wird um 12.00 Uhr am Rosa-Luxemburg-Platz<br />

gestartet, der Protestmarsch führt an<br />

mehreren Kunst- und Kultureinrichtungen vorbei, vor<br />

denen Künstlerinnen und Künstler aus europäischen<br />

Ländern sprechen werden, die bereits durch Regierungsbeteiligungen<br />

nationalistischer und rechtsextremer<br />

Parteien unter Druck geraten sind und deren<br />

Länder die Freiheit der Kunst schon länger nicht<br />

mehr garantieren. Auch in Deutschland sowie in wei-<br />

18<br />

Glänzende Demonstration © dievielen<br />

<strong>mein</strong>/4


Kulturtipps<br />

teren EU-Staaten könnte die Kunstfreiheit durch nationalistische<br />

oder rechtsautoritäre Regierungsbeteiligungen<br />

in Gefahr geraten. Deshalb haben allein in<br />

Berlin mehr als 200 Kunst- und Kultureinrichtungen<br />

die Erklärung der Vielen unterschrieben. Sie positionieren<br />

sich damit gegen Hass und Rechtspopulismus<br />

und setzen ein sichtbares Zeichen für Vielfalt in einer<br />

offenen und gleichberechtigten Gesellschaft.<br />

www.dievielen.de<br />

Kunstfrühling in Pankow<br />

Im Atelier von Jutta Scheiner © Beate Hoeckner<br />

Zum dritten Mal findet in diesem Jahr artspring statt.<br />

Kern des Ganzen ist das Wochenende der offenen<br />

Ateliers am 1. und 2. Juni, in dem Künstlerinnen und<br />

Künstler in Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee<br />

ihre Ateliers für Besucherinnen und Besucher öffnen<br />

und ihre Arbeiten präsentieren. Es geht aber schon<br />

früher los: Ab Anfang Mai werden die Künstler/innen<br />

mit einer Katalog- und Portofolio-Bibliothek sowie<br />

einem Performanceprogramm im Pop-Up-Store in<br />

den Schönhauser Allee Arcaden vorgestellt. Parallel<br />

dazu präsentiert das Festival artspring spots im<br />

ganzen Bezirk Ausstellungen ansässiger Künstler/innen.<br />

An den Freitagabenden läuft ein Filmprogramm<br />

mit Medienkunst im Kino in der Kastanienallee 77.<br />

Angekündigt sind darüber hinaus Konzerte und Lesungen,<br />

die einzelne Künstler/innen in ihren Ateliers<br />

veranstalten. Über das umfangreiche Programm informieren<br />

die artspring-Website sowie die Festivalzeitung,<br />

die an allen Veranstaltungsorten erhältlich<br />

sein wird.<br />

www.artspring.berlin<br />

Die Geschichte der Berliner Vergnügungsparks<br />

Lange bevor es den Kulturpark im Plänterwald gab,<br />

der 2002 als Spreepark ein unrühmliches Ende nahm,<br />

war Berlin so etwas wie das Epizentrum der Vergnügungsparks<br />

in Europa. Zwischen 1880 und Ende der<br />

1930er-Jahre existierten sechs dieser sommerlichen<br />

Vergnügungsorte in und um die Reichshauptstadt herum.<br />

Der berühmteste und am längsten bestehende<br />

war der Lunapark, der älteste entstand in der Hasenheide.<br />

Hinzu kamen großflächig angelegte Rummelplätze<br />

in den Parks am Weißen See, am Lehrter Bahnhof<br />

und in der Schönholzer Heide. Einer hatte sogar<br />

– ganz planmäßig – nur eine Saison Bestand, er wurde<br />

als zusätzliche Attraktion für die Besucherinnen und<br />

Besucher der Berliner Gewerbeausstellung 1896 auf<br />

dem Gelände des heutigen Treptower Parks errichtet.<br />

Johanna Niedbalski analysiert in ihrer Dissertation<br />

die Entstehung und den Niedergang der einzelnen<br />

Parkanlagen, überprüft sowohl spektakuläre als<br />

auch heute überaus fragwürdige Attraktionen hinsichtlich<br />

ihrer Erlebnisdimensionen und zeigt auf,<br />

dass zahlreiche Errungenschaften urbanen Lebens<br />

wie Rolltreppen, Hallenbäder, Kinos oder Straßenbahnen<br />

im Ausstellungsbetrieb getestet wurden,<br />

ehe sie im städtischen Alltag Einzug hielten.<br />

Die ganze Welt des Vergnügens erschien 2018 im<br />

be.bra Verlag.<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

480 Seiten Lesevergnügen © Marc Lippuner<br />

19


Skip Pahler –<br />

ein „Viech“<br />

20 <strong>mein</strong>/4


Skip Pahler<br />

Der 8. Rabe<br />

Wenn bei uns im Norden jemand „Viech“ genannt wird, ist das ein großes Kompliment. Solcheinwelcher<br />

ist nicht nur ein echter Freund, er steckt auch voller Geschichten, Wissen, Überraschungen<br />

und Humor.<br />

Andreas Langholz<br />

Mein Freund Skip ist ein Viech.<br />

Er wurde 1940 in Zehlendorf geboren, mitten in den<br />

Krieg hinein. Er kam zur Oma nach Thüringen. Sie<br />

arbeitete in einer Glashütte und brachte dem kleinen<br />

Skip bei, wie man Glasknöpfe bemalt. Möglicherweise<br />

hat Oma damit Skips künstlerisches Fundament<br />

gegossen …<br />

„Malt mir die Windflüchter“, lautete die Aufgabenstellung<br />

des Kunstlehrers Prof. Nabel. Er <strong>mein</strong>te damit<br />

Bäume, die sich im Sturm biegen. Skip musste<br />

an die Tafel.<br />

„Ich hab mit großem Schwung losgelegt, ein Glücksmoment“,<br />

sagt Skip. Der Lehrer staunte und ahnte.<br />

Und wann immer Zeit war, nahm er den kleinen Skip<br />

zu Zeichnen mit.<br />

Im letzten Jahr hat Skip eine Ausstellung mit „Die<br />

sieben Raben“ betitelt. So erfuhr ich, dass damit die<br />

Menschen, sieben an der Zahl, ge<strong>mein</strong>t sind, die Skip<br />

im Laufe seines Lebens beeinflussten, ihm Wege aufzeigten<br />

oder umleiteten, zu Freunden wurden. Prof.<br />

Nabel war der Erste.<br />

Während Skip die Handelsschule besuchte – man<br />

muss ja was Ordentliches lernen - interessierte ihn<br />

am meisten ein Praktikum in einer Farbenfabrik. “Ich<br />

musste Tuben und Eimer auswaschen, durfte aber<br />

auch Farben herstellen und lernte Sachen, die heute<br />

kaum noch einer weiß“.<br />

Und dann kam dieser Kinobesuch. Skip sah einen<br />

Kurzfilm darüber, wie man Trickfilme macht – das<br />

Ende einer Handelskarriere! Er bewarb sich bei Ernie<br />

Loeser, einem Engländer, der in Berlin eine kleine<br />

Zeichentrickproduktion betrieb. Skip wurde Trickfilmzeichner,<br />

sie bekam so manche Auszeichnung.<br />

„Ernie ist <strong>mein</strong> zweiter Rabe“, sagt Skip, dem man<br />

anmerkt, dass er sich mit Vergnügen an diese Zeit<br />

erinnert.<br />

Übrigens hieß er da noch anders, denn erst an seinem<br />

18. Geburtstag erklärte er seinen Eltern: „Das Schiff<br />

verlässt jetzt den Hafen und ich heiße ab sofort Skip“<br />

(und selbst wenn ihr mich würgt, foltert, bestecht ...<br />

ich weiß nicht, welcher Name auf seiner Geburtsurkunde<br />

stand).<br />

Die Trickfilmbude war in Prenzlauer Berg, wo Skip auch<br />

wohnte. In der Marienburger Straße gab es damals einen<br />

Boxstall. Skip hatte seinen Sport gefunden.<br />

„Boxen ist wie tanzen“, erklärt er. Seinen ersten<br />

Punktkampf gewann er locker, der Gegner trat nicht<br />

an. „Dann machen wir einen Schaukampf, ich hab<br />

die Handschuhe doch schon an!“ Zack, paff, so kam<br />

Skip zu seiner Nase, von der er behauptet, sie habe<br />

die perfekte Form, um sie überall reinzustecken …<br />

Das tut Skip heute noch. Legendär sind seine kleinen<br />

Neujahrskarten, die er guten Freunden zum Jahresbeginn<br />

überreicht. Immer mit einer Zeichnung, die<br />

es genauso in sich hat wie Skips Anmerkungen zum<br />

abgelaufenen Jahr und sein Ausblick auf das neue. Ja,<br />

Skip ist ein sehr politischer Mensch, allerdings passt<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

21


Skip Pahler<br />

er in keine Schublade und hat sich auch nie in eine<br />

stecken lassen, egal wie sehr gedrückt wurde.<br />

Als Herr Ulbricht beschloss, sein Volk durch eine<br />

Mauer zu schützen, war Skip das egal. „Was die da<br />

machen, interessiert mich nicht. Ich bin da, wo <strong>mein</strong>e<br />

Freunde sind.“<br />

Und davon gab es 1961 schon eine ganze Menge.<br />

Skip kümmerte sich um das Kulturhaus Erich Franz,<br />

eine Immobilie in der Kastanienallee, die wir heute<br />

als Prater kennen. Er erfand die Veranstaltungsreihe<br />

‚Lyrik & Jazz‘, „wir haben immer um 21.00 angefangen,<br />

dadurch haben wir automatisch die Leute<br />

rausgefiltert, die vor der Glotze sitzen“, erinnert sich<br />

Skip. Und auch an den Schriftsteller Peter Hacks, der<br />

lieber stehend lesen wollte, im Sitzen sähe er aus wie<br />

Karl Eduard von Schnitzler …<br />

Gegenüber machte Skip dann die Prater Galerie auf.<br />

Seine erste Ausstellung hieß ‚Problemausstellung<br />

Nr.1‘. Die ‚Westpresse‘ berichtete ausführlich und<br />

Skip musste der Verdacht schöpfenden Obrigkeit erklären:<br />

Dies ist eine Private Galerie!<br />

Heute ist Skips Hauptquartier in der Lehder Straße<br />

74 in Weißensee. Ein wunderschöner Ort voller Kunst.<br />

Schau mal rein, wenn du in der Nähe bist!In den Jah-<br />

Info<br />

Skip Pahler<br />

Lehderstr. 74<br />

13086 Berlin<br />

Telefon (030) 447 99 54<br />

www.skip-pahler.de<br />

22 <strong>mein</strong>/4


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Skip Pahler<br />

ren produzierte Skip auch fleißig Kunst. Als er in der<br />

Turmgalerie am Frankfurter Tor Fotomontagen sah,<br />

deren Herstellungstechnik er für seine Erfindung hielt,<br />

ließ er nicht locker, bis er José Renau kennenlernte. Sie<br />

wurden dicke Freunde, hatten einige Jahre ein ge<strong>mein</strong>sames<br />

Atelier und produzierten zusammen. Ich glaube,<br />

Renau ist Skips wichtigster Rabe.<br />

Mittlerweile hatte Skip ein weiteres Feld für sich entdeckt:<br />

Fassaden. Je größer, desto besser. Er wurde im<br />

Ostberliner Stadtbild zum Exoten zwischen sozialistischer<br />

Einheitskunst.<br />

Ein Auftrag im Staatsratsgebäude: („Du bist teuer“,<br />

„Nein, ich bin gut.“) führte dazu, dass man Skip die<br />

künstlerische Bauleitung für den Palast der Republik<br />

übertrug. Und als die Künstler drei Eimer Caparol<br />

aus dem Westen brauchten, wurden sie natürlich beschafft,<br />

Kurt Masur hatte sie im Handgepäck.<br />

Siegfried Krepp und Fritz Crämer, beides Raben, arbeiteten<br />

mit Skip an den Projekten. Letzterer hat mal<br />

eine Skulptur von Skip ‚die Liebenden‘ kritisiert. Sie<br />

sei wohl noch nicht fertig. Skips Antwort: „Liebende<br />

sind nie fertig.“<br />

24 <strong>mein</strong>/4


Skip Pahler<br />

Und als einer seiner damaligen, hochoffiziellen Brötchengeber<br />

(Skip hat übrigens nie Rechnungen geschrieben)<br />

ihm erklärte, er sei im Herzen Europas, hat Skip<br />

geantwortet: „Ja, aber auf einem Betonsockel. Und nun<br />

gehen Sie mal einen Schritt vor oder zurück!“<br />

Auf Skips Webseite (www.skip-pahler.de) steht: „Ich<br />

weiß so vieles nicht, deshalb male ich“ – tiefer kann<br />

man nicht stapeln.<br />

Und hoch bin ich geklettert. Bis auf den Hängeboden<br />

seines Ateliers. Dort habe ich ein Bild mit einem<br />

umgeknickten Kreuz ausgebuddelt. Ein Entwurf für<br />

einen Altar, den Skip gebaut hat. Das Bild hängt heute<br />

bei <strong>mein</strong>er Schwester. Eine Gasse in einem provenzalischen<br />

Dorf (in Öl) erwarb ich für <strong>mein</strong>e Eltern und<br />

mir selbst gönnte ich einen Fassadenentwurf. Die Geschichten<br />

zu den Bildern habe ich in <strong>mein</strong>em Herzen,<br />

an den Geschmack des wunderbaren Brandys kann<br />

ich mich jedoch nur noch flüchtig erinnern – ich muss<br />

dringend mal wieder im Atelier vorbeischauen.<br />

Übrigens Skip hat am gleichen Tag wie Picasso<br />

Geburtstag. Welch Ehre für Pablo!<br />

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<strong>mein</strong>/4<br />

25


Winterschlaf<br />

Ich stopfe ein Weinglas in die Spülmaschine und zerbreche es. Beim Griff nach der Küchenrolle<br />

mit der blutenden Hand stolpere ich über die Klappe der Spülmaschine. Das kochende<br />

Teewasser spritzt mir gegen die Schenkel, das Brotmesser fährt mir in den Daumen.<br />

Franziska Hauser


Winterschlaf<br />

Alle Kanten und Stufen strecken sich heraus, damit<br />

ich mich daran stoße. Die Dinge verweigern mir ihren<br />

Dienst, fügen sich nicht ihrer Verwendung. Ich sitze auf<br />

dem Küchenstuhl mit dem blutbefleckten Papier in der<br />

Hand, sehe in den Hof und versuche mir vorzustellen,<br />

dass ich ab nächster Woche an einem Fenster sitzen<br />

werde, ohne den Alltag hinter <strong>mein</strong>em Rücken. Keine<br />

Ahnung was man bei einer Mutter-Kind-Kur macht statt<br />

arbeiten, einkaufen, Essen kochen, Wäsche waschen, sauber<br />

machen, Kinder holen und wegbringen.<br />

Ich finde <strong>mein</strong> Leben eigentlich gut. Mich stört nur der<br />

Abwasch und der Dreck, die leeren Flaschen, der volle<br />

Mülleimer, der leere Kühlschrank und dass ich <strong>mein</strong>en<br />

verdammten zweiten Strumpf nicht finde. Aber ich will<br />

nicht so eine Mutter sein, die eine Kur braucht, um mit<br />

dem gewöhnlichen, langweiligen Kram wieder klarzukommen.<br />

Ich bin doch von gesunder Natur, ich brauch’<br />

keine Hilfe, ich weiß, was mir gut tut!<br />

Ich weiß zum Beispiel, dass mir jetzt irgendetwas Wildes<br />

gut tun würde. Ein hässlicher, kahler Wald voller<br />

Gestrüpp oder eine modrige Abraumhalde mit grauem<br />

Himmel. Aber so was gibt’s hier nicht und ich habe keine<br />

Immerhin finde ich ein anderes Tor und gehe quer über<br />

die matschige Wiese.<br />

Ich stehe an der Kreuzung und mir wird klar, dass ich<br />

seit zehn Jahren nachmittags an dieser Kreuzung stehe,<br />

auf Kinder warte, die mit kurzen Beinen hinterherlaufen<br />

– oder auch nicht. Die Kirchturmglocken schlagen und<br />

mir ist, als würden sie die Jahre zählen, die ich an dieser<br />

Kreuzung stehe oder auf Spielplatzbänken sitze und<br />

darauf warte, dass die Kinder groß werden. Irgendwann<br />

werde ich vielleicht an dieser Kreuzung stehen und die<br />

Kinder werden groß sein und ich werde alt sein und mich<br />

fragen, worauf ich die ganzen Jahre gewartet habe.<br />

In die Baumwipfel zu sehen und in die Wolken, die wie<br />

Rauch übereinander hinziehen, hilft ein bisschen. Mit<br />

dem Kind auf dem Rückweg lande ich schon wieder auf<br />

einer Spielplatzbank. Die steht im Kies. Mit dem wirft<br />

das Kind. Ich warte. Ich habe keine Lust, mit Kies zu<br />

werfen, aber etwas anderes kann man wirklich nicht tun<br />

hier.<br />

Neben mir windet sich Efeu um einen Stamm wie eine<br />

Würgeschlange. Na gut. Ich brauch doch so eine blöde<br />

Kur.<br />

Zeit, mir einen solchen heilsamen Ort zu suchen jetzt.<br />

Der Park hilft auch nicht, durch den ich gehe auf dem<br />

Weg zur Schule, um das Kind zu holen. Die zuckelnden<br />

Kinderwagen auf dem knirschenden Streukies machen<br />

mich noch aggressiver. Am Zaun müssen alle Menschen<br />

durch dasselbe Tor. Ich will aber nicht mit dem trägen<br />

Spaziergängerstrom durch ein Tor geleiert werden. Ich<br />

würde am liebsten über den Scheißzaun klettern oder<br />

mich darunter durchgraben, nur um nicht durch das<br />

Scheißtor gehen zu müssen. Dass es den Menschen<br />

nichts ausmacht, auf denselben Wegen hintereinander<br />

her zu trotten, verstehe ich nicht.<br />

Aus der nassen Stadt kommend fahren wir durch eine<br />

saubere Modelleisenbahnlandschaft mit glitzerndem<br />

Schnee dekoriert und machen uns lustig über sie, damit<br />

sie sich nicht lustig macht über uns. Mareile legt eine<br />

CD ein mit irischer Folkmusik ein. Die Töchter auf der<br />

Rückbank fangen an zu singen. Kalte Bäche rauschen<br />

über Mühlräder an bunten Fachwerkhäusern und die<br />

wenigen Menschen wirken wie im Laden gekauft – „Guten<br />

Tag, ich hätte gerne eine Tüte Reisende.“ Und in die<br />

Landschaft gestellt. Wie auf einer gepflegten nostalgischen<br />

Platte gibt es keine grelle Werbung, keine farblosen<br />

Industriegebäude, kein krankes Schaf. Wir kommen<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

27


Winterschlaf<br />

uns veräppelt vor, weil es gar kein Ende mehr nimmt. Ein<br />

hübsches Dorf hängt am anderen, umgeben von Bergen<br />

mit weißen Tannen darauf und pastösem Nebel darüber.<br />

Mein Kind sagt zum Dunst über den Bergen: „Wenn<br />

man immer näher kommt, sieht es aus, als würden die<br />

Bäume in ein Loch dahinter fließen“.<br />

Wir fahren bergab in ein gespenstisch vernebeltes Eisgebirge,<br />

wo die Welt hinter jedem Baum vom Nichts<br />

verschluckt wird. Das Kurhaus steht am Berg und alle<br />

Fenster sehen hinunter ins unsichtbare Tal. Wir steigen<br />

aus in der großen Stille, atmen den eisigen Nebel, der<br />

uns mit einer gläsernen Haut überziehen will wie alles<br />

andere. Die Luft knirscht.<br />

Der Hausmeister nimmt unsere Taschen und hält uns<br />

die Türen auf damit. Es wird immer weißer um uns. Die<br />

Bettwäsche, die Zimmerwände, der Winterhimmel und<br />

langsam der Schnee. Wir müssen zur Kennenlernrunde<br />

und es ist, wie ich befürchtet habe. Unter den Frauen<br />

kein Gesicht, mit dem etwas anzufangen ist. Ich bin froh<br />

über Mareile rechts wie Mareile froh ist über mich links.<br />

Das teilt sie auch prompt der Runde mit, dass sie ohne<br />

mich niemals her gewollt hätte. Die anderen sind verunsichert<br />

über die Äußerung, die nicht ins Muster passt.<br />

Was uns im Leben wichtig ist sollen wir erklären anhand<br />

einer Postkarte, die auszuwählen ist. Ich erzähle etwas<br />

von Kunst und Kultur und halte die Sixtinische Madonna<br />

hoch. Mareile redet von Aufklärung, Wissen und Erkenntnis,<br />

hat dafür aber nur die Karte vom einsamen Baum in<br />

weißer Landschaft zur Verfügung. Jetzt ist es allen klar:<br />

Wir wollen nicht dazugehören. Wir sind die echten Großstädter<br />

und das wollen wir hier auch bleiben!<br />

Die dreißig Frauen bilden einen wohlgeordneten Gesellschaftsdurchschnitt.<br />

Am einen Ende sitzt eine<br />

hübsche, vierzigjährige Beamtin vom Brüsseler Parlamentsfernsehen<br />

mit dreijähriger Tochter, am anderen<br />

Ende eine fünfvierzigjährige, dicke Arbeitslose, die wir<br />

unterm Raucherdach schon gesehen haben. Sie kommt<br />

aus einer ostdeutschen Kleinstadt mit ihrem Kind, das<br />

eine Behinderung hat. Das hat sie von einem Türken,<br />

der nichts weiß davon. Zu Hause im Neubaublock leben<br />

noch drei jugendliche Töchter. Die jüngst e<br />

schwanger. Zwischen den beiden Extremfällen sitzen<br />

vier Krankenschwestern, einen Haufen Büromuttis,<br />

ein paar Verkäuferinnen, Friseusen und ein Fernfahrervater,<br />

Herr Rössler, der versehentlich Frau Rössler<br />

genannt wird.<br />

Die Brüsselerin bemüht sich um einen wohlwollenden<br />

Blick. Sie weiß, dass hier niemand vier Sprachen spricht,<br />

niemand heranreicht an ihre Stellung, aber sie möchte<br />

trotzdem dazugehören. Sie wurde in Pirna geboren und<br />

ihr Kind soll deutsch lernen hier. Ihr Blick bittet um<br />

Gunst und begegnet befremdeten Gesichtern.<br />

Die dicke Raucherin mit fettigem Haar in farblos wirkt<br />

resigniert. Sie weiß, dass niemand viel zu tun haben<br />

möchte mit ihr, und anstatt zu erklären was ihr wichtig<br />

ist im Leben, bittet sie nur darum, dass die Medikamente<br />

für ihr Kind im Ge<strong>mein</strong>schaftskühlschrank<br />

verbleiben dürfen. Das ist wichtig.<br />

Eine junge Friseuse hält die Karte von Dürers betenden<br />

Händen hoch, weil ihre Großeltern gestorben sind. Sie<br />

hat Tränen in den Augen, sagt weiter nichts und in mir<br />

erhebt sich der bockige Widerstand gegen das Berührt<br />

werden.<br />

Im indischen Ashram gibt es „Silence“-Sticker, um von<br />

niemandem angesprochen zu werden. So einen hätte<br />

ich jetzt gerne.<br />

Wir essen um 18:30 Uhr Abendbrot. Zuhause tun wir<br />

sowas drei Stunden später. Dass wir um 7:45 Uhr beim<br />

Frühstück erscheinen werden, ist undenkbar. Aber obwohl<br />

wir wissen, dass die Mütter mit den Babys erst<br />

um halb acht den Essenraum verlassen, erscheinen wir<br />

mit unseren Schulkindern schon um 7:15 Uhr, hungrig<br />

28 <strong>mein</strong>/4


Winterschlaf<br />

wie noch nie um diese Uhrzeit. Der Raum ist überfüllt<br />

mit Geschrei und Gequietsche. Wir stolpern am Buffet<br />

über das um unsere Knie wuselnde Getier. Kleinkinder<br />

knallen mit den Köpfen gegen Tischkanten, fallen von<br />

Stühlen unter Tische, lassen sich unter Gewaltanwendung<br />

von Müttern Rotze aus den Gesichtern wischen<br />

und werfen mit Besteck.<br />

Wir geben unsere Kinder in der zuständigen Betreuungsgruppe<br />

ab und haben nach einem Blick ins verfügbare<br />

Kinderbuchregal kein gutes Gefühl dabei. Wir<br />

stellen unsere mitgebrachten, künstlerisch hochwertigen<br />

Kinderbücher zwischen den zerfledderten Disney-Kram<br />

und müssen die Bildung unserer Töchter für drei Wochen<br />

einer Grundschullehrerin überlassen, die sich<br />

für Lesen und Rechnen noch weniger zu interessieren<br />

scheint als die Kinder.<br />

Mareile und ich folgen unserem Kurplan und begeben<br />

uns von der Moormassage zur Rückenschule, zum Waldspaziergang.<br />

Wir gewöhnen uns daran, dass man sich<br />

seine Nummer merken muss, um das Zimmer wiederzufinden<br />

und unterhalten uns abends im Schwimmbad<br />

jetzt doch vorbildlich mit den Krankenschwestern. Wir<br />

reden über die anderen und sind gespannt, wen sich der<br />

Fernfahrer aussuchen wird.<br />

Der Männerentzug macht sich schon nach vier Tagen<br />

bemerkbar, als ein junger Vertretungshausmeister auftaucht.<br />

Während er Schnee schippt, hopsen wir von<br />

einem Bein aufs andere, loben die Kinder fürs Nichtgegen-den-Baum-Rodeln<br />

und überlegen, mit welchem<br />

Anliegen wir ihn in unser Zimmer holen könnten. „Willst<br />

du dein Anliegen nicht einfach direkt vorbringen?“, sage<br />

ich zu Mareile so laut, dass er es hören kann. Er dreht<br />

sich um, lacht, schüttelt den Kopf und schippt weiter. Er<br />

hat langes Haar, sein Musikgeschmack, der vom T-Shirt<br />

abzulesen ist, kommt unserem nahe. Mir fällt ein, dass<br />

sich in <strong>mein</strong>em Zimmer ein Schrank nicht öffnen lässt,<br />

und da kommt er mit. Sechs Kinder hat er und eine<br />

Mittelalterkneipe im nächsten Ort. Mareile hat auch<br />

eine Kneipe und eine Menge Kinder. Ich lasse die beiden<br />

mit ihrem Gespräch alleine und gehe zu <strong>mein</strong>em<br />

Psychotermin.<br />

Dass die Dorfpsychologin mich nicht weiterbringen wird,<br />

davon bin ich überzeugt, aber immerhin gibt es Tee und<br />

Kekse. „Kuschelpsychologin“ denke ich, als sie mich anlächelt<br />

in ihrem grauen Strickkostüm. Ich überlege, sie zu<br />

provozieren, ihr absurde Phantasien zu erzählen, würde<br />

mir Spaß machen. Ob ich ihr beichte, wie dankbar ich<br />

in <strong>mein</strong>em mühseligen Alltag oft wäre, wenn ich einfach<br />

mal sterben dürfte? Sie sieht aus, als ob sie das schon<br />

erschrecken könnte. Aber nein, ich habe ein echtes Anliegen<br />

und sie lobt mich mehrmals, als ich von <strong>mein</strong>en<br />

Bemühungen berichte, herauszufinden, warum <strong>mein</strong>e<br />

Tochter jede Nacht einpullert. Ich erzähle ihr von <strong>mein</strong>er<br />

Trennung, sie sieht mich verständnisvoll nickend an und<br />

sagt: „Kinder weinen ihre unterdrückten Tränen durch<br />

die Blase.“ ‚Blöder Spruch‘ denke ich noch, so was Unqualifiziertes<br />

würde <strong>mein</strong>e Prenzlauer Berg-Therapeutin<br />

nie sagen. Plötzlich muss ich heulen und kann mich gar<br />

nicht mehr halten. Zuhause ist mir sowas in zwanzig Therapiestunden<br />

nicht passiert. Ich bin entsetzt über <strong>mein</strong>e<br />

Anfälligkeit für die primitive Hausfrauenpsychologie und<br />

nehme <strong>mein</strong> nasses Taschentuch mit in den Wald hinterm<br />

Kurhaus. Hier ist er ja, der wilde heilsame Ort. Ich muss<br />

in den Schnee pullern und fühle mich gleich verbunden<br />

mit dem Kreislauf des Lebens und Sterbens. Durch <strong>mein</strong>en<br />

Körper sucht sich ein Element zielstrebig seinen Weg<br />

in den Schnee, in das welke Laub, in die Erde, um sich<br />

einzuordnen – die endlosen physikalischen Bahnen. Auch<br />

wenn ich nicht weiß, was ich anfange mit <strong>mein</strong>em Leben,<br />

weiß immerhin <strong>mein</strong> Leben doch genau, was es mit mir<br />

anfängt. Der verschneite Wald ist von der Lieblichkeit,<br />

die mich in Berlin im Park noch so aggressiv gemacht hat.<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

29


Winterschlaf<br />

Jetzt überfällt mich eine dankbare Ruhe. Die Tatsache,<br />

dass es in einer Viertelstunde Mittagessen gibt ohne dass<br />

ich es kochen muss, macht mich glücklich. Mareile sitzt<br />

schon am Tisch und hat sich mit der dicken Raucherin<br />

angefreundet, die Marlies heißt. Der Fernfahrer wirft im<br />

Vorbeigehen das kleinste Kind der Autoverkäuferin in die<br />

Luft und ihr gerührtes Lächeln verrät, was die beiden<br />

durch getrenntes Essengehen geheim zu halten versucht<br />

haben. Am Abend holt Mareile mich mit einer Teekanne<br />

auf ihren Gang, wo sich in einer dunklen Sitzecke vier<br />

Frauen treffen. Von der Affäre des Fernfahrers wissen<br />

alle schon längst. „Hätte von ihm was Besseres erwartet“,<br />

sagt eine Sekretärin. Dass ich mich jeden Abend eine<br />

Stunde heimlich im Fitnessstudio einschließe, wissen<br />

auch schon alle.<br />

Ich bin noch nie in einem Fitnessstudio gewesen bisher,<br />

fand es albern, für Turnübungen Geld zu bezahlen. Ich<br />

hatte geplant mir hier heimlich anständige Bauchmuskeln<br />

zu zaubern und so tun, als müsste ich mich um <strong>mein</strong>e<br />

gute Figur nicht bemühen. Der Eindruck, den ich hier<br />

hinterlasse, ist aber doch ein bemühter.<br />

Mareile und ich machen das langweilige Frauengespräch<br />

immer wieder kaputt. Der Unterhaltungsfluss bricht ab,<br />

sobald eine von uns den Mund aufmacht. Ich will etwas<br />

herausfinden über die Frauen, aber die machen nicht mit.<br />

Sie nicken nur und es ist, als wollten sie uns ein Geheimnis<br />

vorenthalten. Mein Ehrgeiz, die Frauen, die nicht reden<br />

können, zum reden zu bringen, erlahmt langsam. Ich<br />

dachte, es hätte vielleicht interessanter sein können mit<br />

den zu Menschen, die ich in <strong>mein</strong>em kultivierten Umfeld<br />

normalerweise kennenlerne, die aber gar nicht zu den<br />

Normalen gehören und von denen manche denken, man<br />

könnte über alles reden ohne zu ahnen, worüber man<br />

alles nicht reden kann. Diese Frauen ahnen es vielleicht.<br />

Mareiles kann sowas behutsamer. Sie kann eine Oberflächlichkeit<br />

vortäuschen, indem sie über ganz banale<br />

Dinge redet. Dass sie dafür andere Worte und Gedanken<br />

benutzt, irritiert die Frauen erstmal. Mir fehlt die Geduld.<br />

Ich kann mich an Mareiles aufwändige Methode nicht<br />

halten. Ich gebe auf, gehe in <strong>mein</strong> Zimmer und hinterlasse<br />

der Runde <strong>mein</strong>en kleinen ungeduldigen Vorwurf.<br />

In der zweiten Woche fange ich an, alle <strong>mein</strong>e Nägel zu<br />

lackieren und alle <strong>mein</strong>e Härchen mit Wachs zu entfernen.<br />

Ich komme mir vor wie auf einer Beautyfarm.<br />

Mareile kommt in <strong>mein</strong> Zimmer, lässt sich rückwärts aufs<br />

Bett fallen, breitet die Arme aus und jault die Decke an:<br />

„Ich will vögeln!“<br />

Mareile und ich können schon seit Tagen nur noch über<br />

Sex reden. Aber in die sterile Kurhausatmosphäre passen<br />

unsere Gespräche nicht und wir kommen uns noch ausgehungerter<br />

vor als wir es sind. „Lass uns mal rausgehen“,<br />

sage ich und zerre sie an die frische Kurluft.<br />

Der Schnee hat alle Farben geschluckt und den Ort gefressen.<br />

Alles Hässliche ist verdeckt. Es gibt keine Gartenzwerge<br />

und keine Plaste-Rehe in den Vorgärten, keine<br />

Zäune, Wege und Blumenbeete mehr. Jeder kleinste<br />

Zweig ist weiß umfroren und alles um uns ist von gläserner<br />

Starrheit. Die klare Luft fließt in unsere Köpfe und<br />

wir atmen den Schnee ein. Am liebsten würde ich vor<br />

übermütiger Wollust die harzige Tannenrinde ablecken.<br />

Mareile bindet sich <strong>mein</strong> Wolltuch um den Kopf, findet,<br />

sie sieht russisch aus, und grüßt jeden Entgegenkommenden<br />

mit Dobre Dien oder Strastwuite. Wir begegnen den<br />

beiden Physiotherapeuten aus dem Kurheim. „Ey, die sind<br />

30 <strong>mein</strong>/4


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<strong>mein</strong>/4<br />

31


Winterschlaf<br />

’n Paar, der nennt sie Schnucki“, flüstere ich. „Wieso, ick<br />

nenn’ dich doch och manchmal Schnucki, ick hoffe nich’,<br />

du denkst, wir sind ’n Paar!“, sagt Mareile laut, dass die<br />

Beiden sich nach uns umdrehen.<br />

Als wir im einzigen Lebensmittelladen ankommen, beschließen<br />

wir, dass es jetzt genug ist mit der Disziplin.<br />

Wir kaufen Wein, Schokolade und den heimischen Gebirgskräuterschnaps.<br />

Den Rest der Kur verbringen wir mit Schwedeneisbechern,<br />

Sauna, Sport, Massagen, Skilaufen und immer<br />

wieder essen. Die Kinder kommen mit ins Fitnessstudio<br />

und wir tanzen jeden Abend zur Musik aus dem tschechischen<br />

Radiosender.<br />

Morgens fliegt die dicke Marlies ihr Kind ein, an den<br />

Hosenträgern in den Speisesaal, wobei es mit den Armen<br />

flattert, und jeder weiß schon, dass es sich um einen dreiäugigen<br />

Drachen handelt. Sie ist von zauberhaft gutmütigem<br />

Wesen und inzwischen ist klar, dass der behinderte<br />

Drache es nicht besser hätte treffen können mit seiner<br />

Franziska Hausers<br />

aktueller Roman<br />

„Die Gewitterschwimmerin“ wurde<br />

für den Deutschen Buchpreis<br />

2018 nominiert.<br />

EICHBORN Verlag<br />

431 Seiten, 22,00 €<br />

ISBN: 978-3-8479-0644-5<br />

Die Autorin schreibt ihre Texte meist im<br />

Schokoladenrausch, im gelben Sessel der<br />

Chocolaterie und Buchhandlung „Fräulein<br />

Schneefeld und Herr Hund“, Prenzlauer Allee 23.<br />

Mama. Sie kann als einzige lachen unterm Raucherdach<br />

über Mareiles versponnene Witze und ihre elend einsamen<br />

Augen werden schön dabei.<br />

Einige Frauen werden an den Wochenenden von ihren<br />

Männern besucht und abends wird im dunklen Gang vor<br />

den Türen ausgewertet, von wem man „etwas Besseres“<br />

erwartet hätte. Mein Freund beschließt, uns abzuholen.<br />

Mareile organisiert ihren Mann auf den Beifahrersitz neben<br />

<strong>mein</strong>en. Ich bereite mich vor wie auf eine arabische<br />

Hochzeitsnacht und drehe mich vor dem Spiegel mit <strong>mein</strong>en<br />

neuen Bauchmuskeln.<br />

Dann stehen wir wie Sechzehnjährige stundenlang am<br />

Fenster, sehen hinunter ins Tal und warten auf das Männerauto.<br />

Ich puste zu tief in <strong>mein</strong>en heißen Tee und bekomme<br />

eine Brandblase auf der Nase. Klar musste etwas<br />

schief gehen nach der perfekten Schönheitspflege. Und<br />

dann führe ich abends den Frauen, mit denen ich vor drei<br />

Wochen nichts zu tun haben wollte, doch <strong>mein</strong>en Freund<br />

vor. Stolz und Überdreht.<br />

Am morgen stehe ich ein letztes Mal am Fenster und<br />

sehe über das verschneite Tal. Felsen beulen sich<br />

aus dem Wald in die dunkelblaue Luft. An der Wäscheleine<br />

auf dem Balkon haben sich winzige Eissplitter<br />

an die gefrorenen Wassertropfen gehängt<br />

wie Metallspäne an einen Magneten. Lauter kleine<br />

zerfetzte Ziegenbärte hängen in der Reihe.<br />

„Na, alles wieder im Lot?“, fragt Mareile am Frühstücksbuffet,<br />

streicht mir mit den Fingerspitzen um<br />

die Taille und ich seufze erleichtert. Die körperliche<br />

Erlösung aus der letzten Nacht ist ihr auch anzusehen.<br />

In der Abschiedsrunde sollen wir berichten, ob die<br />

Kur geholfen hat. Nur noch drei Frauen vor mir, dann<br />

bin ich an der Reihe und soll was sagen. Nur noch eine<br />

und ich weiß noch immer nichts. Alle sehen mich an und<br />

warten. „Ich glaub ich hab aufgehört zu warten“, sage ich.<br />

„Ich bin zurück in der Gegenwart“. Ich versuche nicht<br />

zu heulen über <strong>mein</strong>e Erkenntnis, die mich selber rührt<br />

und kann vor Anstrengung nicht hören was Mareile sagt.<br />

Wir verabschieden uns nur von Marlies, die jetzt vier Kilo<br />

weniger wiegt und für uns das einzige Gesicht bekommen<br />

hat, das wir in Erinnerung behalten wollen. Ob die<br />

Krankenschwestern, Sekretärinnen und Verkäuferinnen<br />

unsere Partner für geeignet halten oder nicht, werden<br />

wir nie erfahren. Wir holen die Kinder und ziehen unsere<br />

anspruchsvollen Kinderbücher wieder aus dem Regal. Sie<br />

sind nicht angerührt worden. Selbst <strong>mein</strong>e künstlerisch<br />

verwöhnte Tochter hat es vorgezogen, Mikeymäuse mit<br />

billigen Filzstiften rosa auszukrackeln.<br />

Es sollte ein Geheimnis bleiben, aber im Auto darf es<br />

doch verkündet werden: Das kulturell vernachlässigte<br />

Kind hat in 21 Kurnächten keine einzige Träne ins Bett<br />

gepullert. <br />

■<br />

32 <strong>mein</strong>/4


Das „Haus der Würde des Menschen“<br />

An der Prenzlauer Allee Ecke Grellstraße steht eine von Plakaten befreite Litfaßsäule, zum Abriss<br />

vorbereitet. Berliner Zäsurgeschichte auf seinem Weg in die Moderne ebnet sich sachlich formal<br />

seinem Weg durch alle Lebensbereiche.<br />

Jörg Richert und Lutz Müller-Bohlen<br />

Der alte Friseurladen um die Ecke, das Zigarettengeschäft,<br />

oder eben Litfaßsäulen, nie weiß man, ob sie<br />

nächste Woche noch da sind. Und so verändert sich<br />

sachlich das Gesicht UNSERER STADT in rasender<br />

Geschwindigkeit. Fassaden werden mit Dämmstoffen<br />

überklebt und blass getüncht, Wohnungen zumeist<br />

von osteuropäischen Arbeitern aufgeschickt, Mieten<br />

und Häuser werden aufgestockt.<br />

Insgesamt kommt es zu einem strukturellen Wandel.<br />

Während 1950 noch 68 % der Menschen in Städten<br />

wohnten, werden es 2030 80 % sein. Dabei vergrößert<br />

sich der Wohnraum pro Kopf immer mehr. Waren es<br />

um 1900 noch 10qm pro Kopf, sind es inzwischen<br />

viermal so viel. Dabei ist Deutschland Vizeweltmeister<br />

im Mieten, denn rund die Hälfte der Menschen<br />

lebt in Mietwohnungen. Auch deswegen werden<br />

Mietwohnungen rar und die Preise für Mietwohnungen<br />

werden immer teurer. Der Begriff der Gentrifizierung<br />

bahnt sich den Weg: Durch Sanierung<br />

entsteht in Wechselwirkung ein immer attraktiveres<br />

Milieu für zahlungskräftigere Menschen. Damit ver-<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

33


Tiny Houses<br />

Tiny Homes schaffen Identifikation und Würde<br />

bunden ist der Austausch ganzer sozialer Gruppen.<br />

Still und leise verschwinden Menschen, die man gestern<br />

noch grüßte.<br />

Auf besagter Litfaßsäule nun klebt ein einsames<br />

Flugblatt von Thomas Pollhammer, über sich als<br />

Obdachloser und sein selbst gebautes Little Home<br />

im Plänterwald. Seine Geschichte im Forst macht<br />

die Runde im Blätterwald: vom Förster entdeckt<br />

und zum Wegziehen aufgefordert begründet seine<br />

Geschichte eine Diskussion, was ein Einzelner darf.<br />

Auch in der aktuellen Ausgabe der Straßenzeitung<br />

KARUNA Kompass findet sich ein Artikel über<br />

Tiny Shelters. Selbst im Berliner Abgeordnetenhaus<br />

spricht die Grünen-Abgeordnete Fadime Topaç im<br />

November 2018 erstmals darüber „Die Not erfordert<br />

auch, dass wir ungewöhnliche Wege gehen und zum<br />

Teil zum Beispiel auch Tiny Houses ge<strong>mein</strong>sam mit<br />

Obdachlosen bauen für einen kleinen, sicheren, warmen<br />

Rückzugsort.“<br />

Allesamt Facetten einer aus den Vereinigten Staaten<br />

herüberschwappenden Bewegung, Armut, Obdachlosigkeit,<br />

aber auch die Beschränkung Einzelner auf<br />

das Wesentliche vor dem Hintergrund endlicher Ressourcen.<br />

Tiny Houses, eine wirksame Antwort auf die<br />

Endlichkeit des Wachstums?<br />

Tiny Shelters<br />

Campingurlaub auf fast 221.000 deutschlandweit angebotenen<br />

Stellplätzen mit insgesamt 31 Millionen<br />

Übernachtungen. „Camping ist der Zustand, <strong>mein</strong>e<br />

eigene Verwahrlosung als Erholung zu bezeichnen“<br />

oder „In <strong>mein</strong>em Wohnwagen bin ich zu Hause“ sind<br />

lustige Aufkleber auf Campingwagen, viele pflegen<br />

mit zeitbefristetem Leben auf engstem Raum wie<br />

selbstverständlich heimatliche Gemütlichkeit, Romantik<br />

und Schutz.<br />

Der Nichtraucher (Das Fliegende Klassenzimmer),<br />

Peter Lustig (Löwenzahn), Martin Riggs (Lethal<br />

Weapon), „Mick“ Brisgau (Der letzte Bulle) sind hingegen<br />

Beispiele der medial romantisierten Form des<br />

Dauerwohnens auf engstem Raum. Richtig Furore<br />

gemacht hat diese Wohnform in der amerikanischen<br />

Finanzkrise. Lloyd Kahn („Shelter“) und die Architektin<br />

Sarah Susanka gelten als Begründer der Gegenbewegung<br />

zu „Bigger is better“ mit mehr oder<br />

weniger mobilen Konzepten für Wohnraum von in-<br />

34 <strong>mein</strong>/4


Tiny Houses<br />

zwischen 20 qm oder weniger. Aus einem Nischentrend<br />

erwuchs eine regelrechte Minihouse-Manie,<br />

die inzwischen Menschen aus allen Einkommensschichten<br />

anspricht. Als Erstwohnsitz wohlgemerkt.<br />

Entsprechend sind die Entwürfe durchgestylt, ökologisch<br />

nachhaltig und lifestylekonform. 35.000 Euro<br />

darf der Komfort dann schon mal kosten, im Luxussegment<br />

auch gern 100.000 Euro und mehr.<br />

Während im Gegenzug im modernen Kiez lebende<br />

in unserer Komfortzone zum Abendessen in der<br />

Bio-Company einkaufen oder doch lieber im wiedereröffneten,<br />

aufgehübschten Saray-Grill in schmuckem<br />

Ambiente einen Luxus-Döner holen, müsste<br />

uns die offenkundige Obdachlosigkeit vor unserer<br />

Tür, die sich nicht mehr unter Brücken verstecken<br />

kann, stutzig machen. Notgedrungenerweise landet<br />

man beim Thema Armut, denn immer mehr Menschen<br />

stoßen nicht nur aus ideologischen Gründen<br />

an Grenzen des Wachstums. Kältebahnhöfe, Obdachlosencamps,<br />

immer mehr Obdachlose in unserer<br />

Mitte sind die augenscheinlichen Symptome des<br />

Wandels – und des fehlenden Wohnraums.<br />

Der Künstler Thomas Pollenhammer nennt sein Tiny<br />

Home im Berliner Plänterwald sein „Haus der Würde<br />

des Menschen“. Weil er obdachlos war, wurde er selbst<br />

aktiv, um als Mensch in Würde leben zu können. Man<br />

brauche einen abschließbaren Raum, so der gelernte<br />

Zimmermann, um den täglichen Bedürfnissen wie<br />

Waschen, Schlafen und Essen nachgehen zu können.<br />

Geldmangel und „die miese Wohnungssituation“ jedoch<br />

vereitelten seine Bemühungen. So habe er sich<br />

einen eigenen Raum zusammengezimmert.<br />

Wie stabilisierend sich ein Tiny House auf das Leben<br />

eines Obdachlosen auswirken kann, wissen wir aus<br />

den Erfahrungen der Initiative Block Project aus Seattle,<br />

die im Jahr etwa 60 ausgestattete Mini-Häuser<br />

zu einem Preis von ca. 8.000 Dollar baut, ebenso wie<br />

die Initiative Little Homes aus Deutschland, die bislang<br />

rund 70 Kleinsthäuser zu 1000 Euro das Stück<br />

errichtet hat, finanziert durch Spenden. So berichtet<br />

Sven Lüdecke, Erfinder und Motor der Little Homes,<br />

von großen Erfolgen. Sein Verein hat in 25 Monaten,<br />

69 Little Homes gebaut. Aus dieser Situation heraus<br />

konnten 25 Menschen dann eine reguläre Wohnung<br />

Fräulein Schneefeld & Herr Hund<br />

Chocolaterie & Buchhandlung<br />

Prenzlauer Allee 23<br />

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36 <strong>mein</strong>/4


Tiny Houses<br />

Jeder kann mithelfen und Unterstützen<br />

beziehen und 18 von den knapp 70 Little Homes Bewohnern<br />

haben eine reguläre Anstellung gefunden.<br />

Mit einem kleinen, sehr kompakten, wärmegedämmten<br />

Gebäude von vielleicht 10 bis 20 Quadratmetern<br />

Größe, mit einer Trockentoilette, einem Solarpanel<br />

für Licht, mit einem Fenster und einer abschließbaren<br />

Tür könnte man Tausenden der geschätzten<br />

8.000 bis 10.000 Obdachlosen innerhalb der Stadt<br />

Berlin erheblich helfen, insbesondere denjenigen, die<br />

in den Notunterkünften mit sehr vielen Menschen<br />

ohne Privatsphäre schwer zurechtkommen und deshalb<br />

selbst im Winter trotz aller Risiken im Freien<br />

übernachten.<br />

„Meine beste Unterkunft seit den 5 Jahren <strong>mein</strong>er<br />

Obdachlosigkeit war ein Tiny House am Straußberger<br />

Platz in Berlin, auf dem Gelände der evangelischen<br />

Ge<strong>mein</strong>de. Das war für mich wie ein Hotel. Endlich<br />

sicher schlafen, endlich einmal „ausgehen“ ohne sein<br />

ganzes Hab und Gut dabei haben zu müssen. In<br />

dieser Zeit habe ich begonnen, Straßenzeitungen zu<br />

verkaufen. Das hätte ich vorher nicht hinbekommen.<br />

Ich habe sogar angefangen zu schreiben. Meine Ge-<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

37


Tiny Houses<br />

Morgens begonnen – Abends bezugsbereit - Tiny Homes wecken Interesse<br />

danken haben sich geordnet. Leider ist das Tiny dort<br />

so begehrt, dass man es nicht lange bewohnen kann,<br />

damit jeder mal rein darf.“ Mark, 28 Jahre.<br />

Wie kann das in der Praxis funktionieren? Wichtig<br />

ist, dass ein solches Programm auf Akzeptanz stößt –<br />

bei den potentiellen Bewohnern und in deren Umfeld.<br />

Daher müssen Häuser gebaut werden, die neben<br />

einer sinnvollen Ausstattung in Form und Gestalt<br />

eine gewisse Anpassungsfähigkeit an entsprechende<br />

Orte innerhalb der Stadt bieten. In der Regel werden<br />

nicht mehr als drei Tiny Houses, aber nicht weniger<br />

als zwei an einem belebten Ort aufgestellt, so die<br />

Vorstellungen einer Arbeitsgruppe bei KARUNA.<br />

Die Tiny Houses sind autonom, sie benötigen keine<br />

Anschlüsse etwa für Strom oder Wasser. Sie stehen<br />

auf kleinen Füßen, werden innerhalb weniger Stunden<br />

vor Ort montiert oder komplett fertig von einem<br />

kleinen Kranwagen aufgestellt. Die Häuser sollten<br />

attraktiv sein und das Umfeld aufwerten.<br />

So wichtig wie das Tiny House selbst ist, ist der<br />

Sozialkontakt mit seinem Bewohner. Bevor es zur<br />

Aufstellung der Tiny Houses kommt, zum Beispiel<br />

in einer Baulücke oder in einer Ladenzeile, werden<br />

die umliegenden Ladenbesitzer über ihre neuen<br />

„Nachbarn“ informiert. Dieser Prozess wird durch<br />

eine lokale soziale Organisation begleitet. So kann<br />

eine freundliche Nachbarschaft auch dafür sorgen,<br />

dass sich die Gewerbetreibenden aufmerksam zeigen.<br />

Tiny Houses sollten nicht auf verlassenen Parkplätzen<br />

oder in Parkanlagen stehen, nicht an Autobahnausfahrten<br />

am Rand der Stadt. Ein kleines Ensemble<br />

derart zu platzieren, dass sich ihre Bewohnerinnen<br />

und Bewohner durch die Lebendigkeit des Stadtlebens<br />

sozial eingebunden fühlen, fördert das Miteinander.<br />

Das schafft auch Sicherheit für die neuen<br />

Nachbarn und motiviert sie, das Tiny Shelter und<br />

sein Umfeld pfleglich zu behandeln. Die Bewohnerinnen<br />

und Bewohne schließen einen ordentlichen<br />

Mietvertrag ab. Je nach gesundheitlicher Verfassung<br />

der neuen Bewohner, wird auch eine kleine Miete<br />

Jörg Richert ist Mitgründer von KARUNA-Zukunft<br />

für Kinder und Jugendliche in Not International e. V.<br />

und der KARUNA Sozialgenossenschaft mit Familiensinn<br />

Lutz Müller-Bohlen leitet das Projekt „KARUNAmobil“<br />

und ist Gründungsmitglied der Karuna Sozialgenossenschaft<br />

mit Familiensinn<br />

38 <strong>mein</strong>/4


Tiny Houses<br />

Wohnen für Alle!<br />

Lutz Müller-Bohlen<br />

ist ein sozial engagierter<br />

Fotograf, dem es mit<br />

seinen Bildern gelingt,<br />

Obdachlosen, Alkoholikern<br />

und Straßenkindern ihre<br />

Würde zurück zu geben.<br />

Sein fotografisches Können,<br />

Sensibilität und Empathie<br />

machen das möglich, was<br />

nur Wenigen gelingt. Als<br />

Mitglied der KARUNA Sozialgenossenschaft gehört<br />

Müller-Bohlen einer einzigartigen Organisation von<br />

Straßenjugendlichen und Zivilgesellschaft an. Dieses<br />

Bündnis ist für ihn eine Quelle der Sozialfotografie,<br />

die er für genauso wichtig hält, wie seine Arbeiten mit<br />

den Musiklegenden unserer Zeit.<br />

Musikerportraits sind ein weiteres Thema des Berliner<br />

Fotografen. Sie entstehen bei Live-Auftritten, im<br />

Berliner Atelier des Künstlers oder auf der Straße.<br />

Seine unverwechselbaren Portraits von Rockgrößen –<br />

hautnah, ungeschminkt respektvoll, authentisch –<br />

werden für Presse, CD und Promotion verwendet.<br />

Seine Kontraste: hart.<br />

Web: www.muellerbohlen.wordpress.com<br />

Mail: Lmb62@gmx.net<br />

vereinbart, die durch den Verkauf der Motz oder des<br />

KARUNA KOMPASS verdient werden kann. Die<br />

Orte zum Aufstellen müssen von den lokalen Behörden<br />

unbürokratisch und schnell genehmigt werden.<br />

Der Mietvertrag kann mit der sozialen Organisation<br />

vor Ort abgeschlossen werden, der die neuen Bewohnern<br />

berät, um zu einer regulären Wohnung zu<br />

kommen.<br />

Ein erster Erfolg<br />

Erst vor wenigen Wochen ist auf Initiative des Abgeordneten<br />

der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Reinickendorf,<br />

Norbert Raeder, eine Beschlussfassung<br />

verabschiedet worden, der Reinickendorf zum<br />

Vorreiter in Sachen Tiny Shelters machen könnte. Der<br />

Bezirk Reinickendorf wird öffentlich geeignete Flächen<br />

für das Aufstellen von Tiny Houses kostenfrei<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Darüber hinaus baut Norbert Raeder, Abgeordneter<br />

und Gastronom, dieser Tage ein Little Home nach der<br />

Idee von Sven Lüdecke auf dem Hof seiner Gaststätte.<br />

So kann es etwas werden mit einer solidarischen<br />

Stadt, deren Bürgerinnen und Bürger aktives Mitgefühl<br />

zeigen. <br />

■<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

39


Alle(s) im Fluß<br />

Wenn eines Tages die Besucherinnen und Besucher des Flussbads durch das wunderbar<br />

saubere Wasser des Spreekanals ihre Bahnen ziehen, hat der gleichnamige Verein ein<br />

besonderes Projekt auf die Beine gestellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Es geht um<br />

weit mehr als nur ums Schwimmen in der Spree.<br />

40 <strong>mein</strong>/4<br />

Fotos: © 2016 realities united / Flussbad Berlin e.V.


Alle(s) im Fluß<br />

Das Projekt<br />

Flussbad Berlin ist ein Stadtentwicklungsprojekt zur<br />

Reaktivierung des seit über 100 Jahren weitgehend<br />

ungenutzten Spreekanals im Herzen des historischen<br />

Berlins. Ziel ist es, den Spreeabschnitt zu einem neuen<br />

Ort der Begegnung für die Stadtgesellschaft zu machen<br />

und den Spreekanal in einen neuen Stadtraum zu verwandeln.<br />

Innerhalb des Projektgebiets, das sich auf einer<br />

Länge von etwa 1,8 Kilometern von der Fischerinsel bis<br />

zum Bode-Museum erstreckt, sind drei Abschnitte geplant:<br />

ein öffentlich zugänglicher Schwimmbereich, ein<br />

Abschnitt Schlossplatz und Bode-Museum gibt es im<br />

Zeichen der Ökologie erstmals einen sauberen Fluss und<br />

auch einen Zugang zu diesem. Der an der Fischerinsel<br />

gelegene Kanalabschnitt wird mit uferbegleitenden<br />

Flachwasserzonen, die als Lebens- und Fortpflanzungsraum<br />

für Flora und Fauna dienen, zu einer grünen Oase<br />

umgestaltet. Eine einzigartige Biotoplandschaft in der<br />

urbanen Berliner Mitte!<br />

Das Flussbad hat das Potential, zu einem Botschafter<br />

für Ökologie und Nachhaltigkeit und einem neuen<br />

Wahrzeichen Berlins zu werden.<br />

Schilfbecken zur natürlichen Wasserreinigung und eine<br />

renaturierte Uferzone.<br />

Das Projekt steht in der Tradition historischer Flussbäder<br />

und der permanenten Veränderung auf und an<br />

der Spreeinsel über mehrere Jahrhunderte. Es ist aber<br />

auch Teil einer internationalen Bewegung, die innerstädtische<br />

Flüsse als kostbare Ressourcen wieder in das Bewusstsein<br />

der Stadtbevölkerung rückt und zugänglich<br />

macht. Das Konzept steht: Das durchfließende Spreewasser<br />

wird auf einer Länge von ca. 400 m durch eine<br />

mit Wasserpflanzen bestandene 1 m dicke Kieselschicht<br />

strömen. Der natürliche Pflanzenfilter ist auf der Höhe<br />

des Auswärtigen Amts geplant. In der anschließend mikrobiologisch<br />

gereinigten Zone kann dann gefahrlos geschwommen<br />

werden. Zwischen dem 840 Meter langen<br />

www.flussbad-berlin.de<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

41


Alle(s) im Fluß<br />

FlussLÄUFE<br />

Um das Projekt bekannter zu machen, werden regelmäßig<br />

Spaziergänge entlang des 1,9 km langen Projektgebiets<br />

veranstaltet. Bis zu 30 Personen können an den<br />

90-minütigen Führungen teilnehmen, die auf Deutsch<br />

und Englisch angeboten werden.<br />

Flussbad-Garten und Testfilter an der ESMT Berlin<br />

Angrenzend an das Areal der ESMT Berlin wurde<br />

mit dem Flussbad-Garten ein Kommunikations- und<br />

Austauschort geschaffen, an dem man sich in einer<br />

Open-Air-Ausstellung ganzjährig über das Projekt<br />

informieren kann. In den warmen Sommermonaten<br />

kann man dort aber auch einfach unter den Linden<br />

einen guten Kaffee genießen.<br />

Hier im Spreekanal ist auch der Testfilter auf dem<br />

Finowmaßkahn „Hans-Wilhelm“ verortet, auf dem wir<br />

untersuchen, welches das beste Material ist, um das<br />

Spreewasser natürlich zu reinigen.<br />

42 <strong>mein</strong>/4


BERLINER<br />

CROSSOVER-KÜCHE<br />

Von Wiener Kalbsschnitzel bis Süßkartoffel Pommes,<br />

von Boulette mit Kartoffelsalat bis Veggie-Burger,<br />

von Apfelstreusel bis Crème Brûlée.<br />

frannz<br />

Schönhauser Allee 36<br />

Eberswalder Str.<br />

Kontakt<br />

tel 030-726 27 93-0<br />

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Was darf es sein?<br />

Ein Ganzes – Was Halbes – Ein Viertel?<br />

Eine ganze Seite Eine halbe Seite Eine viertel Seite<br />

Der Sommer naht!<br />

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Der Abgabeschluss für Ihre Announce in der Sommerausgabe<br />

ist der 10. Mai <strong>2019</strong> per eMail an: redaktion@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

Preise auf Anfrage


Der Flussbad-Pokal<br />

Am 16. Juni <strong>2019</strong> findet, sofern es die Wasserqualität<br />

erlaubt, zum 5. Mal der traditionelle Schwimmwettbewerb<br />

zwischen Bode-Museum und Schlossbrücke<br />

statt. Ehrgeizige Sportlerinnen und Sportler haben<br />

die Gelegenheit, um den Flussbad-Pokal <strong>2019</strong> zu<br />

kämpfen; alle anderen Freizeitschwimmer können die<br />

Strecke des zukünftigen Flussbads vor der Kulisse der<br />

Berliner Museumsinsel ausprobieren. Anmeldungen<br />

ab <strong>März</strong> unter:<br />

www.flussbad-berlin.de/flussbadpokal ■<br />

Info<br />

Der Verein Flussbad Berlin<br />

Um die Realisierung des Flussbads voranzubringen,<br />

wurde der ge<strong>mein</strong>nützige Verein Flussbad Berlin<br />

gegründet, der mittlerweile über 400 Mitglieder hat.<br />

Als stadtentwicklungspolitisches Ziel ist Flussbad Berlin<br />

seit Ende 2016 im Koalitionsvertrag verankert.<br />

Weil aber nur mit einer breiten gesellschaftlichen Unterstützung<br />

die Realisierung des Projekts möglich ist,<br />

freut sich der ge<strong>mein</strong>nützige Flussbad Berlin über jedes<br />

neue, unterstützende Mitglied.<br />

Also: mitmachen und Berlin verbessern.<br />

www.flussbad-berlin.de/mitgliedschaft<br />

44 <strong>mein</strong>/4


Immer auf der Suche<br />

nach neuem Tee<br />

Von Zeit zu Zeit fahre ich nach Japan, um die Felder und Produktionsstätten <strong>mein</strong>er Lieferanten zu<br />

besuchen oder um neue Teeproduzenten kennenzulernen. Diesmal standen neue Biobauern auf<br />

<strong>mein</strong>em Plan.<br />

Oliver Seifert<br />

Bevor die große Ernte<br />

des ersten Tees beginnt<br />

ist noch Zeit, um sich mit<br />

den Teebauern über das<br />

nächste Geschäftsjahr zu<br />

unterhalten.<br />

Mein erstes Ziel lag in Wazuka,<br />

einem Dorf im Landkreis<br />

Uji in der Präfektur<br />

Kyoto. Die Region um Uji<br />

zählt zu den ältesten Teeanbaugebieten<br />

Japans und ist als Heimat von Uji-cha,<br />

Kyotos feinstem Tee, bekannt.<br />

Herr Kanai von Azuma Tea holte mich vom Zug ab.<br />

Ge<strong>mein</strong>sam fuhren wir zu der kleinen Teefabrik außerhalb<br />

des Dorfes. Auf der Fahrt erzählte er mir,<br />

dass er vorher in einem Grafikbüro in Kyoto gearbeitet<br />

hatte.<br />

Der Computer- und Büroarbeit überdrüssig, sei er nun<br />

glücklich, auf dem Land arbeiten zu können und etwas<br />

mit seinen Händen in der Natur tun zu dürfen. Ich<br />

fragte ihn, warum denn Biotee, wo doch die Nachfrage<br />

an Biotee in Japan gerade einmal 2% des Gesamtumsatzes<br />

an Tee ausmacht. Er dachte kurz nach, dann<br />

sagte er mir, dass er vorher in seinem Job in Kyoto<br />

einfach nur funktioniert<br />

habe: Am Tag ins Büro,<br />

abends mit den Kollegen in<br />

die Ramenbar. Leben, ohne<br />

sich über die Konsequenzen<br />

des Daseins Gedanken<br />

zu machen. Er brauchte<br />

einen radikalen Schnitt in<br />

seinem Leben und das bedeutete<br />

auch, ein Produkt<br />

zu schaffen, das nachhaltig<br />

ist. Er wollte nicht weiterhin Umwelt und Gesundheit<br />

für den Konsum aufs Spiel setzen.<br />

Tee ist ein äußerst gesundes und erfrischendes Lebensmittel,<br />

doch wenn man mit ihm die Gifte der<br />

Landwirtschaft aufnimmt, nützt es der Gesundheit<br />

wenig.<br />

Das kleine Büro der vor 150 Jahren gegründeten<br />

Firma Azuma Tea ist vollgestopft mit Tees in verschiedenen<br />

Verpackungen und Teegeschirr aus<br />

verschiedenen Ländern. Der Schwerpunkt der<br />

Produktion liegt auf Tencha, eine Vorstufe des so<br />

beliebten Matcha. Aber auch Sencha, Fukamushicha<br />

und sogar Kocha (jap. Schwarztee) gehören<br />

zum Produktionsumfang des Familienbetriebes.<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

45


Auf der Suche nach neuem Tee<br />

Mein Terminplan war vollgepackt.<br />

Innerhalb weniger Tage hatte ich Termine mit fünf<br />

Teeproduzenten. Daher ging es gleich am nächsten<br />

Morgen mit dem Zug nach Aichi.<br />

Die Züge sind extrem pünktlich, am Bahnhof steht<br />

man auf einem markierten Feld, an dem auch wirklich<br />

die Waggontür zum Stehen kommt. Der Zug<br />

Tempelanlage in Nara<br />

Inhaberin Azuma Tea in Wazuka<br />

fährt auf die Sekunde genau ab. Am Bahnhof stehen<br />

noch Schaffner, die sowohl die Einstiegszone kontrollieren<br />

als auch die Bildschirme, die abschnittsweise<br />

einen detaillierten Ausschnitt der Einstiegszone<br />

zeigen. Jeder Kontrollblick<br />

des Schaffners wird mit einem<br />

Handzeichen auf den<br />

kontrollierten Bereich bestätigt.<br />

Für Außenstehende<br />

vielleicht etwas befremdlich,<br />

aber psychologisch gut<br />

durchdacht.<br />

Herr Ishikawa, Teefeld in Aychi<br />

Auf dem Bahnhof in<br />

Aichi wartete schon<br />

Herr Tatsuki Ishikawa.<br />

Mit seinem Toyota Hybrid<br />

ging es durch die gleichnamige<br />

Stadt, Toyota City,<br />

zum ersten Teefeld.<br />

Das Feld ist in 5 Parzellen<br />

aufgeteilt, die von Bäumen<br />

als Windfang begrenzt<br />

werden. Die Felder sind<br />

absolut akkurat. Trotz des<br />

Taifuns im November 2018<br />

ist auf dem Feld von Familie<br />

Ishikawa nichts von umgestürzten Bäumen oder<br />

abgebrochenen Ästen zu sehen. Ishikawa junior kann<br />

Unordnung auf seinem Feld nicht ertragen und legte<br />

gleich nach dem Taifun selbst Hand an, um wieder<br />

Ordnung zu schaffen. Während wir über die Felder<br />

streifen, erzählt er mir, dass sein Großvater 1945<br />

mit neun anderen Farmern in Aichi die ersten Teeplantagen<br />

anlegte. In den 70er Jahren hatte Toyota<br />

vor, eine Fabrik in Aichi zu bauen. Da musste Infrastruktur<br />

her und ein Teil der Teefelder der Eisenbahn<br />

weichen. Zum Ausgleich bekamen die Familien ein<br />

Stück Land in den Bergen<br />

zugewiesen.<br />

Da nun Vater Ishikawa mit<br />

dem Aufbau eines neuen<br />

Teegartens an der Reihe war,<br />

nutzte er seine Chance und<br />

entwarf das perfekte Teefeld<br />

ohne Pestizide oder chemischen<br />

Dünger.<br />

Auf anderen Feldern hatte<br />

er beobachtet, wie nach<br />

dem Versprühen von Pestiziden<br />

und dem Einbringen<br />

von chemischem Dünger<br />

massenhaft Insekten starben<br />

und <strong>mein</strong>te, dass dieses auch<br />

für den Menschen nicht gesund<br />

sein könne.<br />

Auf <strong>mein</strong>e Frage, wie er den<br />

Pflanzenschutz realisiere,<br />

erklärte mir Tatsuki, dass<br />

im Winter ein eisiger Wind<br />

über die Felder weht. Teilweise<br />

gibt es Temperaturen<br />

46 <strong>mein</strong>/4


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Vom kompakten VW Bus bis zum großem Familienfahrzeug<br />

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<strong>mein</strong>/4<br />

47


Auf der Suche nach neuem Tee<br />

Essen im Haus von Familie Iwasaki<br />

Altes Holzhaus auf dem Teefeld<br />

von -15°C, wodurch es eine natürliche Insektenminimierung<br />

gibt. Im Frühling zur Ernte ist die Population<br />

der Insekten noch kein Problem und wenn im<br />

Sommer die Insekten in die Pflanzen gehen, ruht das<br />

Feld ohnehin. Als Dünger werden geschredderte Erdnussschalen<br />

auf Biobasis und Stroh vom Feldrand verwendet.<br />

Das Unkraut wird in mühevoller Handarbeit<br />

aus dem Boden gezogen. Ich habe auf keiner <strong>mein</strong>er<br />

Reisen ein so ordentliches und aufgeräumtes Teefeld<br />

gesehen wie dieses.<br />

Nach der Besichtigung der Teefelder und der nahe<br />

gelegenen Teeverarbeitung wurde im Hause Ishikawa<br />

Tee verkostet. Der Tisch an der Wand ist mit gewonnenen<br />

Preisen überhäuft, dennoch wirkt Ishikawa junior<br />

nicht übertrieben stolz darauf. „Wir produzieren<br />

unseren Tee nicht wegen der Preise biologisch, uns<br />

ist wichtig, einen schmackhaften und gesunden Tee<br />

herzustellen. Die Preise sind für mich nur eine Bestätigung,<br />

dass andere unseren Anspruch teilen und wir<br />

auf dem richtigen Weg sind“. Am nächsten Morgen<br />

ging es weiter nach Shizuoka,<br />

einem der größten Teeanbaugebiete Japans. Frau<br />

Nanjo, die ich schon in Berlin kennengelernt hatte,<br />

ist die Sprecherin einer Gruppe von Biobauern in Shizuoka.<br />

Sie begleitete mich zum Teegarten von Herrn<br />

Iwasaki. Wir fuhren vorbei an den weitläufigen Teefeldern<br />

der großen Firmen, hinein in die Berge von<br />

Shizuoka.<br />

Endlich am Haus von Familie Iwasaki<br />

angekommen,<br />

steigen wir in das schmalere Farmersauto mit Allrad<br />

um. Iwasaki-san <strong>mein</strong>t, dass wir mit dem PKW nicht<br />

weiterkommen. Auf einer Lichtung steht ein kleines<br />

altes Holzhaus, umgeben von Teefeldern. „Hier habe<br />

ich <strong>mein</strong>e Kindheit verbracht“ <strong>mein</strong>te Iwasaki-san.<br />

„Meine Großeltern haben schon in diesem Haus gewohnt<br />

und das Teefeld bearbeitet.“ Ein Blick in das<br />

Haus offenbart nur noch Werkzeuge und Materialien<br />

zur Feldarbeit, der Innenbereich besteht aus nur einem<br />

Raum, deutlich sind aber noch der Wohnbereich mit<br />

der Aufhängung für den Wasserkessel und die kleine<br />

Küche zu sehen. „In diesem Haus haben teilweise<br />

10 Personen und drei Generationen zusammen gewohnt.“,<br />

erzählte er weiter. „Als ich neun Jahre alt war,<br />

sind wir dann in ein größeres Haus ins Dorf gezogen.“<br />

Die Sonnenstrahlen flirren über die Teebäume und ein<br />

leichter Wind lässt die jungen Blätter rascheln. Bald ist<br />

es soweit, von April bis Anfang Mai wird geerntet und<br />

Tee hergestellt, wenn es das Wetter zulässt.<br />

Nach der Besichtigung gab es im Hause Iwasaki ein<br />

Treffen mit weiteren Teeproduzenten des Shizuoka Bioteefarmer-Verbandes.<br />

Alle Mitglieder sind aus tiefster<br />

Überzeugung Biobauern. Obwohl der Marktanteil an<br />

Biotee so gering ist, lassen sie sich nicht beirren und<br />

verfolgen ihren Weg. Während wir über Biotee und<br />

dessen eventuellen Absatz in Deutschland sprachen,<br />

48 <strong>mein</strong>/4


Auf der Suche nach neuem Tee<br />

Teefeld von Herrn Iizuka in Shizuoka mit Fuji im Hintergrund<br />

Teeverkostung<br />

bei Herrn Sato<br />

zogen wunderbare Gerüche von geschmortem Gemüse<br />

und feinen Gewürzen aus der Küche durch<br />

das Haus. Die Diskussion wurde von der Frau des<br />

Hauses unterbrochen und wir wurden zu Tisch gebeten.<br />

Ein wunderbarer Abschluss eines interessanten<br />

Tages.<br />

Das nächste Ziel ist Fujieda, die Farm von<br />

Familie Iizuka.<br />

Die Teefelder liegen auf dem Gipfel eines Berges,<br />

umsäumt von niedrigen Bäumen. Es weht trotz mäßiger<br />

Temperaturen ein eisiger Wind. Iizuka-san erläuterte<br />

mir, dass diese kühlen Temperaturen den<br />

Tee langsamer wachsen lassen, was die kleinen Blätter<br />

erklärt. Dafür stecken sie aber voller Energie,<br />

Mineralstoffe und Koffein.<br />

Iizuka-san gehört zu den jüngeren Teefarmern,<br />

die voller Enthusiasmus und Zuversicht Farmer<br />

sind. Er stellt seinen Dünger selbst nach eigenem<br />

Rezept her. „Wir verwenden rein natürliche Substanzen,<br />

um unseren Dünger zu mischen. Es ist<br />

natürlich eine sehr zeitaufwändige und mühselige<br />

Arbeit, aber so können wir uns sicher sein, dass<br />

der verwendete Dünger unseren Ansprüchen entspricht“,<br />

erklärt er mir, als wir an seiner Teefabrik<br />

halt machten, wo gerade der große Mischer für<br />

den Dünger läuft.<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

49


Kleine Teefabrik von Herrn Sato<br />

Teegarten von Herrn Sato<br />

Wieder zurück in seinem Haus, das im Gegensatz zu<br />

den anderen Häusern, die ich besuchte, modern gebaut<br />

und eingerichtet ist, kosteten wir seine Tees. Die<br />

Farbe ist intensiv, der Tee mild und dennoch rund im<br />

Geschmack.<br />

Viel Zeit blieb allerdings nicht.<br />

Zwei Bergzüge weiter wartet schon Sato-san, der letzte<br />

Termin auf dieser Reise. Nach einer Stunde Fahrt durch<br />

die Dörfer kommen wir wieder in die Berge zu einem<br />

Gehöft im alten japanischen Stil, gleich daneben die<br />

kleine Teefabrik. Alles ist hier sehr übersichtlich und<br />

trotz der teilweise modernen Maschinen fühlt man sich<br />

um Jahrzehnte zurückversetzt.<br />

An einer Wand stapeln sich Holzkisten zum Teeversand<br />

mit den Initialen der Teehändler. Ich frage Sato-san,<br />

wie alt die Kisten sind und ob sie noch in Gebrauch<br />

sind. „Ja, natürlich“, antwortete er mir „teilweise sind<br />

diese Transportkisten älter als 100 Jahre. Manche<br />

Händler gibt es auch nicht mehr, aber mit den meisten<br />

stehen wir noch in Kontakt.“ Gegenüber dem Haus<br />

gibt es eine spezielle Zufahrt zu einer Bergstraße. Nanjo-san,<br />

die Sprecherin der Shizuoka Bio-Vereinigung<br />

flüstert mir zu, dass wir nun auf Satos-sans eigenen<br />

Berg fahren. Sato-san ist ein recht spezieller Teebauer,<br />

der gerne tüftelt, bastelt und experimentiert. Er zeigt<br />

mir seine selbstgebaute Bewässerungsanlage, bei der<br />

nicht nur die Sprühköpfe automatisch aus dem Boden<br />

fahren, sondern auch das Wasser im Molekularbereich<br />

aufgespaltet wird, was zu einer Verbesserung der Nährstoffaufnahme<br />

führen soll.<br />

Die Felder sind nach Teesorten aufgeteilt und liegen<br />

über den gesamten Berg verteilt. Unter anderem gibt es<br />

ein Experimentierfeld, auf dem er die Ableger der Teebäume<br />

pflanzte, an denen sich besonders viele „Schädlinge“<br />

zu schaffen machten. Sato-san sagte mir, dass<br />

er denkt, wenn die Insekten die Pflanzen interessant<br />

finden, sind sie wohl die aromatischsten, insofern sollten<br />

diese auch für den Teegenießer besonders wertvoll sein.<br />

Das reizt mich natürlich und ich hebe einige Samen vom<br />

Boden auf, um sie mit nach Deutschland zu nehmen; er<br />

lacht und wünschte mir viel Glück bei der Saat.<br />

In seinem Haus angekommen, wird natürlich auch hier<br />

Tee verkostet. Wirklich interessante und besondere Tees,<br />

bei denen man die Liebe, mit der sie gemacht wurden,<br />

herausschmeckt.<br />

Ich bin sehr beeindruckt von den Menschen,<br />

die ich auf dieser Reise getroffen habe und es hat entschieden<br />

<strong>mein</strong>en Blick auf die japanische Biolandwirtschaft<br />

verändert. Sicher ist es in der Bevölkerung noch<br />

nicht angekommen, dass der Massenkonsum, bei dem<br />

es unabdingbar ist, Dünger für reiche Erträge sowie<br />

Pestizide und Herbizide für eine maximale Ausbeute<br />

einzusetzen, nicht der richtige Weg ist. Doch es gibt<br />

die Vorreiter in Sachen Biolandwirtschaft auch in Japan.<br />

Menschen, die von der Gesunderhaltung der Umwelt<br />

und des menschlichen Körpers so überzeugt sind, dass<br />

sie auch ohne wirtschaftliche Anerkennung ihren Weg<br />

verfolgen und unermüdlich Mitmenschen oder Mitbewerbern<br />

davon erzählen, wie man diese Welt ein kleines<br />

bisschen besser machen kann.<br />

■<br />

Info<br />

Oliver Seifert<br />

Inhaber von KOS-tea,<br />

Teeimport O. Seifert<br />

im „make tea not war“<br />

Heinrich-Roller-Str. 6<br />

10405 Berlin<br />

contact@kos-tea.com<br />

Tel.: 030-2827375<br />

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50 <strong>mein</strong>/4


Fotos: © <strong>2019</strong> lsfb<br />

Ehrenamt in Kitas und Schulen<br />

boomt<br />

Immer mehr Menschen werden selbst aktiv für einen gesellschaftlichen Wandel, vor allem in<br />

Kita- und Schulfördervereinen. In Berlin werden sie von einem eigenen Landesverband und<br />

der Stiftung Bildung unterstützt. Diese sammelt bundesweit Spenden und stärkt das Bildungsengagement<br />

auch in anderen Bundesländern.<br />

Rund 40.000 Kita- und Schulfördervereine gibt es in<br />

Deutschland – und jeder dritte wurde erst zwischen<br />

2006 und 2016 gegründet. „Das ist ein wirklicher<br />

Boom im Engagement an Kitas und Schulen“, sagt<br />

Katja Hintze. Sie ist Vorsitzende des Landesverbandes<br />

der Kita- und Schulfördervereine Berlin-Brandenburg<br />

(lsfb). Vor 15 Jahren wurde er gegründet. Einige<br />

Jahre später hoben Hintze und andere Aktive noch<br />

die Stiftung Bildung aus der Taufe.<br />

„Spätestens seit dem PISA-Schock ist klar, dass in<br />

unseren Schulen und Kitas etwas passieren muss“,<br />

sagt sie. Die Ehrenamtlichen in Kita- und Schulfördervereinen<br />

seien ein Schlüssel dazu. Sie sind Anlaufstelle<br />

für Eltern, Lehrkräfte oder Engagierte aus<br />

der Nachbarschaft, die etwa eine Arbeitsge<strong>mein</strong>schaft<br />

organisieren möchten. Sie sind der Kontakt<br />

für lokale Institutionen, die Projekte unterstützen<br />

wollen. Über sie können sich Interessierte mit der<br />

Kita oder Schule vernetzen und so ge<strong>mein</strong>sam Ideen<br />

in die Tat umsetzen.<br />

Neben Beratung, Vernetzung und Professionalisierung<br />

brauchen die Kita- und Schulfördervereine vor<br />

allem eins: Geld. Das kommt zum Teil über Spenden<br />

zusammen. Rund 322.000 Euro konnte die Stiftung<br />

Bildung letztes Jahr bundesweit sammeln. „Über dieses<br />

große Bildungsinteresse und Engagement unserer<br />

Spenderinnen und Spender freuen wir uns natürlich<br />

riesig“, sagt Vorsitzende Hintze. Die Bildungsspenden<br />

sind so vielfältig wie die Stiftung Bildung und<br />

der lsfb selbst. Es reicht von privaten Kleinspenden,<br />

Erbschaften und großen Spenden über mehrere Jahre<br />

bis hin zur Unterstützung durch Stiftungen und<br />

Unternehmen.<br />

Andere Projekte können mithilfe von Geld aus der<br />

öffentlichen Hand umgesetzt werden, etwa im Rahmen<br />

eines umfangreichen Programms des Bundesfamilienministeriums.<br />

Patenschaften zwischen Kindern<br />

und Jugendlichen werden dort unter der Überschrift<br />

„Menschen stärken Menschen“ gefördert. Rund 50.000<br />

solcher Patenschaften gibt es schon bundesweit. Zehn<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

51


Ehrenamt boomt<br />

Prozent hat allein die spendenfinanzierte Stiftung Bildung<br />

initiiert, über Tausend hat der lsfb beigetragen.<br />

„Diese Hilfe unter Gleichaltrigen ist sehr niedrigschwellig“,<br />

so Hintze. Die Kinder und Jugendlichen arbeiten<br />

zusammen für die Schule, lernen voneinander oder verbringen<br />

einfach ge<strong>mein</strong>sam Freizeit. Manche „Tandems“<br />

lsfb-Seminartag 2018<br />

Vorsitzenden des lsfb und der<br />

Stiftung Bildung, Katja Hintze<br />

starten sogar selbst Projekte. Eine weiterführende Schule<br />

in Hermsdorf hat beispielsweise ein Medienprojekt im<br />

Rahmen der Schüler*innenvertretung ins Leben gerufen.<br />

Die Tandems waren schnell gefunden. Junge Menschen<br />

mit Fluchterfahrung oder Migrationshintergrund sind<br />

ebenso beteiligt wie solche aus bildungsfernen Haushalten<br />

oder mit einem Förderschwerpunkt. Ge<strong>mein</strong>sam<br />

mit Jugendlichen ohne benachteiligende Lebensumstände<br />

werden nun kurze Filme und Erklärvideos produziert,<br />

die auf die Interessen der Schüler*innen aufmerksam<br />

machen.<br />

Ziel solcher Projekte ist es, dass die Tandems regelmäßig<br />

über mindestens drei Monate hinweg ge<strong>mein</strong>sam<br />

etwas unternehmen. Im besten Fall entwickeln sich<br />

Freundschaften, die es den jungen Menschen ermöglichen,<br />

einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen.<br />

Das Besondere am Bundesprogramm ist dabei, dass<br />

Engagierte aus den Kita- und Schulfördervereinen ge<strong>mein</strong>sam<br />

mit Akteur*innen vor Ort entscheiden können,<br />

welche Projekte sie fördern möchten. Denn: Um jun<br />

ge Menschen mit unterschiedlichen Teilhabechancen<br />

zusammenzubringen, sind die Gegebenheiten und zeitlichen<br />

Ressourcen vor Ort entscheidend.<br />

Neben den Patenschaften gibt es Förderfonds und -programme,<br />

mit denen der lsfb und die Stiftung Bildung<br />

den Fördervereinen und damit den Kitas und Schulen<br />

finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. So konnte beispielsweise<br />

der lsfb-Förderfonds „Benachteiligung und<br />

Begabung“ aus Geldern einer Berliner Stiftung seit 2018<br />

neun Projekte mit jeweils bis zu 5.000 Euro fördern.<br />

Die Projekte reichen von Hochbeeten für den Berufsbildungsbereich<br />

einer Schule mit sonderpädagogischem<br />

Schwerpunkt über Hausaufgabenbetreuung an Berliner<br />

Brennpunktschulen bis hin zur Einrichtung eines Silentium-Raums<br />

für psychisch angespannte Schülerinnen<br />

und Schüler.<br />

Unter dem Dach des lsfb sind mittlerweile knapp 750<br />

Kita- und Schulfördervereine aus Berlin und Brandenburg<br />

organisiert – Tendenz weiter steigend! Er bietet<br />

seinen Mitgliedsvereinen Beratung und Unterstützung<br />

bei allen Fragen zum Thema Kita- und Schulförderverein.<br />

Von der Vereinsgründung, steuerlichen und rechtlichen<br />

Themen über die Anschaffung von Spielgeräten,<br />

Computern bis hin zur Förderung besonderer Projekte –<br />

die Expertinnen und Experten vom lsfb stehen bereit<br />

und „kommen auch einfach mal vorbei, um vor Ort zu<br />

beraten“, sagt Vorsitzende Katja Hintze. <br />

■<br />

Info<br />

Finanziell unterstützen kann man die Arbeit des lsfb<br />

und der Stiftung Bildung über das Spendenkonto der<br />

Stiftung Bildung<br />

GLS Bank<br />

IBAN: DE43 4306 0967 1143 9289 01<br />

52 <strong>mein</strong>/4


Gütesiegel<br />

in Bronze<br />

Tolle Auszeichnung für<br />

SG Rotation<br />

Gleich im ersten Anlauf hat es geklappt: Die SG<br />

Rotation Prenzlauer Berg ist mit dem Berliner Gütesiegel<br />

in Bronze ausgezeichnet worden. Damit würdigt der<br />

Berliner Fußball-Verband „herausragende und kontinuierliche<br />

Vereinsarbeit sowie besondere sportliche und<br />

gesellschaftliche Verdienste“ wie es in der Laudatio und<br />

dem Glückwunschschreiben hieß. Neben dem symbolischen<br />

Wert des Siegels und der Werbung in eigener<br />

Sache darf sich die SG Rotation über einen Scheck in<br />

Höhe von Euro und drei fair-Trade-Bällen freuen.<br />

„Wir freuen uns riesig über diese Auszeichnung und<br />

sind auch ein wenig stolz darauf.<br />

Sie ist eine tolle Bestätigung<br />

unserer Vereinsarbeit zugleich<br />

aber auch täglicher<br />

Ansporn, diese<br />

Arbeit fortzusetzen<br />

und auszubauen“,<br />

sagt Wolfgang<br />

Müller (41), Mitglied<br />

der Jugendleitung.<br />

Der BFV vergibt<br />

das Gütesiegel an<br />

Vereine, wenn diese<br />

sich bewerben und<br />

fest definierte Qualitätskriterien<br />

erfüllen.<br />

© <strong>2019</strong>, S. Ritschel<br />

„Für Vereine besteht mit dem<br />

Siegel die Möglichkeit, die eigene<br />

Qualität öffentlich zu präsentieren“, heißt<br />

es hierzu beim BFV. Zu den wichtigsten Kriterien zählen<br />

unter anderem die Talentförderung, die Aus- und<br />

Weiterbildung der Vereinsmitglieder, Qualifizierung von<br />

Trainern und Schiedsrichtern aber auch Engagement für<br />

Flüchtlinge oder soziale Aufgaben, Nachhaltigkeit und<br />

Umweltschutz.<br />

„Wir haben in vielen Bereichen in den vergangenen<br />

Jahren schon richtig viel geleistet und versucht, unseren<br />

kleinen sympathischen Kiez-Verein weiterzuentwickeln,<br />

ohne jedoch unsere Wurzeln und unseren<br />

Charakter aufzugeben“, sagt Ulf Gerder (49), Mitglied<br />

der Jugendleitung.<br />

Die SG Rotation Prenzlauer Berg zählt im Bezirk Pankow<br />

zu den Traditionsvereinen mit langer Geschichte.<br />

1949 wurde die Betriebssportge<strong>mein</strong>schaft Graphik/<br />

Rotation gegründet, aus der 1950 die „BSG Rotation<br />

Prenzlauer Berg“ hervorging. Trägerbetrieb war die Druckerei<br />

„Neues Deutschland“. Daher auch der Name Rotation,<br />

der für die Drucktechnik auf großen Papierrollen<br />

steht – die heute noch als Logo des Clubs auf die Vergangenheit<br />

hinweist. Heute treiben bei der SG Rotation<br />

mehr als 1.800 Mitglieder in acht Abteilungen (Basketball,<br />

Fußball, Gymnastik, Handball, Hockey, Tanzen,<br />

Tischtennis, Volleyball) Sport.<br />

Das BFV-Gütesiegel wird in den drei Abstufungen<br />

Bronze, Silber und Gold verliehen – je nach erreichter<br />

Punktezahl, die anhand eines detaillierten Fragebogens,<br />

eines Interviews mit Vertretern des BFV und<br />

einer abschließenden Evaluation durch den Ausschuss<br />

für Fairplay & Ehrenamt beim Dachverband vergeben<br />

wird.<br />

Für die SG Rotation könnte der Weg zu Silber beispielsweise<br />

über den Aufbau oder die Förderung von Frauen<br />

- und Mädchenfußballmannschaften, Kooperationen mit<br />

Schulen oder Angebote zum Thema Inklusion innerhalb<br />

des Vereins führen. „Wir wissen, woran wir noch arbeiten<br />

können“, sagt Gerder, der auf die Schwierigkeiten und<br />

Hürden verweist, mit denen fast jeder ehrenamtlich geführte<br />

Verein zu kämpfen hat. „Unsere Kapazitäten auf<br />

dem einen Platz in der Dunckerstraße sind begrenzt und<br />

Trainer, die ehrenamtlich arbeiten und einen Teil ihrer<br />

Freizeit opfern, stehen nun auch nicht gerade Schlange“,<br />

sagt Gerder. Und dennoch: Im vergangenen Jahr hat die<br />

SG Rotation zahlreiche neue Trainer dazugewonnen,<br />

auch sogenannte Junior-Coaches, die teilweise selber<br />

aktiv in einer C- oder B-Jugendmannschaft spielen und<br />

zusätzlich in einer jüngeren Mannschaft als Trainer an<br />

der Seitenlinie stehen. „Wir sind auf einem guten Weg,<br />

den wollen wir fortsetzen“, sagen Gerder und Müller unisono.<br />

Bei Bronze soll noch nicht Schluss sein. ■<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

53


Ausbildungen –<br />

einfach ausprobieren<br />

Endlich fertig mit der Schule – und dann? Die meisten Jugendlichen sind da ziemlich ratlos und ihre<br />

Eltern erst recht. Verwunderlich ist das nicht, gibt es doch inzwischen ca. 320 Ausbildungsberufe und<br />

über 8.000 Studiengänge in Deutschland. Es wäre doch toll, wenn man einfach mal ein paar Ausbildungen<br />

ausprobieren könnte, oder?!<br />

Genau an der Stelle setzt das Social Startup One Week<br />

Experience aus Berlin an. Mit seinen Programmen One<br />

Week Student und One Week Azubi bietet es Jugendlichen<br />

die Möglichkeit, eine Ausbildung oder einen Studiengang<br />

ihrer Wahl einfach einmal eine Woche lang<br />

auszuprobieren.<br />

„An der Stelle war ich auch nach <strong>mein</strong>em Abi“, berichtet<br />

Gründerin Svanja Kleemann. Sie wußte zwar ungefähr,<br />

wo sie hinwollte und<br />

hatte sich dazu auch<br />

umfangreich schlau gemacht.<br />

Beim Studieren<br />

im Bachelor der Politik-<br />

und Verwaltungswissenschaften<br />

an der<br />

Universität in Konstanz<br />

merkte sie aber recht<br />

schnell, dass der Studiengang<br />

dann doch nicht<br />

ganz ihren Erwartungen entsprach. „Diesen Umweg wollte<br />

ich anderen ersparen“, sagt sie rückblickend und gründete<br />

mit Kommilitonen die Initiative One Week Student.<br />

Über die Online-Plattform vermittelten sie ehrenamtlich<br />

Studieninteressierte an Studierende. Der 1:1 Austausch<br />

unter Peers kam sehr gut an. Die Experience-Teilnehmer<br />

begleiteten nicht nur den Studienalltag, sondern wohnten<br />

auch bei ihren Gastgebern. Das ist noch heute so<br />

im Programm One Week Student. Über die Website des<br />

Startups (www.oneweekexperience.de) finden Interessierte<br />

deutschlandweit in 97 Städten an 156 Hochschulen<br />

Angebote zu über 530 Studiengängen. Die Bewerbung<br />

läuft online und automatisiert ab. Für die Teilnehmer<br />

entstehen nur Kosten für Reise und Verpflegung.<br />

„Weil das Programm so gut ankam, entwickelte ich daraus<br />

ein smartes Geschäftsmodell und gründete 2016<br />

One Week Experience“, berichtet die Gründerin. Und<br />

weil es nicht nur im Studienbereich, sondern vor allem<br />

auch im Ausbildungsbereich so viel Orientierungsbedarf<br />

gab, entwickelte sie zusätzlich das Programm One<br />

Week Azubi.<br />

„Wir haben inzwischen Erfahrungen mit mehr als 1.000<br />

Experiences gesammelt sowie über 50 Workshops zur<br />

Berufsorientierung an Schulen gemacht“, berichtet Svanja<br />

Kleemann. „Daher wissen wir ziemlich genau, wie<br />

die Jugendlichen ticken. Die meisten kennen nur sehr<br />

wenige Ausbildungsberufe und noch weniger Unternehmen,<br />

bei denen sie sich bewerben können.“ Das ist ein<br />

Problem. Denn wie soll man sich für etwas begeistern,<br />

was man nicht kennt?<br />

Über das Programm One Week Azubi finden Ausbildungsinteressierte<br />

aktuell bundesweit über 30 Stellenangebote<br />

von Partner-Unternehmen, von kaufmännischen<br />

über handwerklichen bis hin zu pflegenden Berufen.<br />

Die Experiences sind freiwillig, kostenfrei und zu jedem<br />

Zeitpunkt im Jahr möglich. Interessierte müssen mindestens<br />

16 Jahre alt sein. Sie bewerben sich einfach online<br />

(www.oneweekexperience.de/azubi) oder schicken eine<br />

WhatsApp ans Team (+49 176 30122197). Passende Bewerbungen<br />

werden dann von One Week Experience an<br />

die Partner-Unternehmen weitergeleitet. Das Startup<br />

übernimmt die gesamte Kommunikation mit den Teilnehmern<br />

und regelt alle Formalitäten.<br />

54 <strong>mein</strong>/4


Die Rückmeldungen sind sehr positiv. „Wir stellen fest,<br />

dass 67 Prozent der Jugendlichen sich nach einer Experience<br />

auch für die Ausbildung entscheiden.“ Das hat viel<br />

damit zu tun, dass sie das Team sowie das Unternehmen<br />

persönlich kennenlernen und mit in die Berufsschulen gehen.<br />

Das freut auch die Unternehmen, haben sie doch so<br />

mehr Kontakte zu motivierten Ausbildungsinteressierten.<br />

Beide Programme richten sich nicht nur an Schüler/innen<br />

und Schulabgänger/innen, sondern auch an Studienzweifler/innen,<br />

Auszubildende, Studierende und Studienabbrecher/innen<br />

sowie an Unternehmen, die junge Fachkräfte<br />

suchen.<br />

„Meine Vision ist es, Jugendlichen unabhängig vom Hintergrund<br />

einen Zukunftsweg zu ermöglichen, der zu ihren<br />

Talenten und Interessen passt“, erklärt Svanja Kleemann<br />

ihr Engagement. „Dafür wollen wir erreichen, dass<br />

Studium und Ausbildung von den Jugendlichen und der<br />

Gesellschaft als gleichwertige Optionen wahrgenommen<br />

werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um dem<br />

Fachkräftemangel entgegenzuwirken und sicherzustellen,<br />

dass mehr Menschen in Berufen landen, die sie wirklich<br />

gern ausüben.“<br />

Weil das Social Startup die Chancen für alle Jugendlichen<br />

verbessern möchte, legt es aktuell mit Unterstützern<br />

Stipendienfonds für geflüchtete Ausbildungsinteressierte<br />

auf. Denn Integration gelingt besser mit einer fachlichen<br />

fotografie · gestaltung · layout<br />

Print- und Webdesign<br />

Für Ihre Idee …<br />

auf Papier und im Internet<br />

Vom Entwurf zur Reinzeichnung …<br />

seit 2001 als Freelancer für Print- und Webdesign<br />

Druckabwicklung …<br />

wir übernehmen die komplette Auftragsabwicklung<br />

www.fgl-werketage.de<br />

Ausbildung. Zudem entscheiden noch immer Hautfarbe<br />

und Herkunft über Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Mit<br />

einer Experience wollen sie helfen, Vorurteile abzubauen.<br />

Persönliche Kommunikation ist entscheidend„Da sehr<br />

viele Jugendliche WhatsApp nutzen, bieten wir auch<br />

über diesen Messenger-Kanal Information und Beratung<br />

zu unserem Programm an. Die Erfahrungen sind<br />

sehr positiv. Denn sie fühlen sich durch die persönliche<br />

Beratung besser abgeholt und uns hilft es, die wirklich<br />

motivierten Jugendlichen besser herauszufiltern“, sagt<br />

Svanja Kleemann.<br />

Nicht nur online sondern auch offline Kontakt zu<br />

Jugendlichen:<br />

Die Ausbildungsangebote macht One Week Azubi nicht<br />

nur online, sondern auch offline bekannt. Deutschlandweit<br />

bestehen Kontakte zu mehr als 180 Lehrkräften an<br />

über 120 Schulen. Damit übernimmt das Startup die<br />

Community-Arbeit, die nicht nur zeitintensiv, sondern<br />

für viele Unternehmen auch unrentabel ist.<br />

Personaler tauschen sich aus - HR Experience<br />

X-Change<br />

Ein neues und erfolgversprechendes Format des Startups<br />

ist die HR Experience X-Change- Veranstaltung<br />

für Personaler. „Das 1. Event im August 2018 hat uns<br />

gezeigt, wie groß der Bedarf unter Personalern/innen<br />

ist, sich auszutauschen. Bei der Veranstaltung haben<br />

wir die Gruppe der Ausbildungsinteressierten näher angesehen<br />

sowie die Kanäle, über die man sie am besten<br />

erreicht. Wir konnten zeigen, dass bei dieser heterogenen<br />

Community eine ‚One Fits All-Lösung‘, wie klassische<br />

Studien- und Ausbildungsmessen, sich wenig eignen, um<br />

Ausbildungsinteressierte zu erreichen“, fasst Gründerin<br />

Kleemann zusammen.<br />

Sehr gut funktioniert hingegen das Recruiting, wenn<br />

Azubis den Ausbildungsinteressierten selbst von ihrem<br />

Ausbildungsalltag erzählen und sich persönlich mit ihnen<br />

austauschen. Genau diesen Raum bietet das Programm<br />

den Teilnehmern von One Week Azubi – und das eine<br />

ganze Woche lang.<br />

„Im nächsten Schritt ist wichtig“, so Gründerin Svanja<br />

Kleemann, „dass Personaler/innen den Kontakt zu den<br />

Bewerbern halten. Das kann eine Erinnerung per Whats-<br />

App sein oder die Einladung zum Sommerfest. Auch<br />

dieses „Warmhalten“ ist im One Week Azubi-Programm<br />

enthalten.<br />

Im Januar <strong>2019</strong> gab es bereits die 2. HR Experience<br />

X-Change zum Thema „Azubi-Recruiting goes digital“.<br />

Weitere Infos gibt es in diesem Blogbeitrag.<br />

www.oneweekexperience.de/blog<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

55


Dies & Das<br />

Neue Bäume braucht die Stadt<br />

Das Restaurant Pasternak am Wasserturm<br />

feiert ein Jubiläum.<br />

Seit einem viertel Jahrhundert begeistert man<br />

den wunderschönen Kiez mit jüdischen und<br />

russischen Speisen, abendlicher Piano-Musik<br />

und warmer, herzlicher Atmosphäre.<br />

Anlässlich des Jubiläums hat sich der Besitzer,<br />

Ilja Kaplan, entschlossen, der Nachbarschaft<br />

ein Geschenk zu machen. Ein Geschenk, an<br />

dem die ganze Nachbarschaft die nächsten<br />

100 Jahre Freude haben wird. Er möchte an<br />

den Kiez, in dem er fast vor 30 Jahren als<br />

Kellner angefangen hat zu arbeiten, etwas<br />

„Mein Berlin-Wonderland“<br />

In der Doppelausstellung zum Themenjahr<br />

„Grenzfälle 1989_<strong>2019</strong>“ in der Zionskirche<br />

in Berlin zeigt der bekannte ostdeutsche<br />

Fotograf Harald Hauswald eine Plakatserie<br />

mit Motiven aus der DDR- und Wendezeit.<br />

Die Schweizer Fotografin und Journalistin<br />

Vera Rüttimann wiederum zeigt in Bild und<br />

Video ihren Weg von ihrer Wohnung zur<br />

Zionskirche, der sie seit 30 Jahren u. a. durch<br />

die Kastanienallee, den Club ACUD und<br />

vorbei an Häusern führt, die es längst nicht<br />

mehr gibt. Ein Zeitdokument.<br />

Ort der Ausstellung:<br />

Zionskirche, Berlin-Mitte<br />

Datum:<br />

02. – 30.06. <strong>2019</strong><br />

Vernissage:<br />

Sonntag, 02. 06., 11.30 Uhr auf der Empore.<br />

www.zionskirche-berlin.de<br />

zurückgeben. Aus diesem Anlass wurde an<br />

der Terrasse des Restaurants ein Gingko<br />

Baum gepflanzt.<br />

Möge er wachsen und gedeihen …<br />

www.berlin.de/stadtbaum<br />

„Die dunkelste Stunde“<br />

Für einen Artikel in unserem<br />

Magazin brauchen wir euch<br />

und eure Erfahrungen. Habt<br />

ihr selbst Erfahrungen mit<br />

Depressionen gemacht?<br />

Oder in eurer Familie, im Freundeskreis? Wie<br />

seid ihr damit umgegangen? Was hat euch<br />

geholfen, wer hat euch geholfen? Erzählt es<br />

uns, gerne auch anonym.<br />

<strong>mein</strong> 4<br />

Stadtmagazin<br />

Vielen Dank für Eure Mühe!<br />

redaktion@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

56 <strong>mein</strong>/4


Dies & Das<br />

Herzlichen Glückwunsch Inga !<br />

Artspring<br />

Ein Stadtbezirk wird Galerie<br />

artspring 2018<br />

© Foto: Franziska Messner<br />

Inga Lieckfeld, Gründerin des SYLD STORE<br />

BERLIN, ist ein Phänomen. Mit unglaublicher<br />

Kraft, Kreativität und Zielstrebigkeit beweist<br />

die Berliner Designerin: Nachhaltige und<br />

fair produzierte Mode ist auch bezahlbar –<br />

in kleinen Stückzahlen möglich. In ihrem<br />

Concept Store im Friedrichshain finden sich<br />

mehr als 15 verschieden Designelabels zum<br />

größten Teil lokal aus Berlin. Der Name des<br />

Stores ist mit Bedacht gewählt und steht<br />

Am Wochenende des 1./2. Juni <strong>2019</strong> öffnen<br />

sich in Prenzlauer Berg, Weißensee und<br />

Pankow die Türen zu den Produktionsstätten<br />

der ansässigen Künstlerinnen und Künstler.<br />

Bereits ab dem 1. Mai findet das Festival<br />

artspring spots mit Veranstaltungen der<br />

an artspring beteiligten Künstlerinnen und<br />

Künstler an unterschiedlichen Orten statt.<br />

www.artspring.berlin<br />

nicht etwa für die elitäre Insel in der Nordsee,<br />

sondern für : „Support Your Local Designers<br />

and artists“<br />

Unsere Verteilstellen<br />

wachsen weiter …<br />

Ab dieser Ausgabe sind wir noch näher bei<br />

euch, denn ihr findet uns jetzt auch in allen<br />

23 Berliner Denn‘s Filialen.<br />

Wir bedanken uns ganz herzlich für das<br />

Interesse an unserem Magazin.<br />

Dieses Konzept findet soviel Zuspruch, dass<br />

es Inga mit ihrem Team sogar auf die „Neo<br />

Fashion Week <strong>2019</strong> schaffte. Wer nicht<br />

dabei sein konnte, besucht sie einfach in<br />

Friedrichshain.<br />

SYLD STORE Berlin<br />

Frankfurter Allee 32<br />

10247 Berlin<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

57


Küchenanekdoten<br />

ÖL-<br />

WECHSEL<br />

Da hat mir doch irgendwann Erwin Gegenbauer, der<br />

auf dem Dach seiner Wiener Essigmanufaktur Balsamessige<br />

in Holzfässern herstellt, erklärt, was uns ahnungslosen<br />

Verbrauchern so alles unter der Bezeichnung<br />

„Balsamico“ verkauft wird. „Na ja, aber von irgendwas<br />

muss die Aromen-Industrie auch leben und irgendwo<br />

muss doch Zuckercouleure und Karamellsirup reingekippt<br />

werden.“<br />

Dann durfte ich seinen sieben Jahre gereiften Apfel-Balsam-Essig<br />

probieren und dachte: Hallo! (Das letzte Wort<br />

ist ein Zitat <strong>mein</strong>er Tochter Johanna und möchte auf der<br />

ersten Silbe betont werden.)<br />

Da war ich doch mal zur Olivenernte, habe an Ästen<br />

geruckelt, bis alle Früchte in dem auf dem Boden ausgebreiteten<br />

Netz gelandet waren. Ich habe gesehen, mit<br />

welcher Sorgfalt und Mühe die Früchte später verlesen<br />

und verarbeitet werden, bis dann endlich das grüne Gold<br />

aus der Presse lief. Ich durfte probieren: Hallo!<br />

Und nachdem ich den Oliven-Erntehelfer-Kalorienverlust<br />

durch exzellente Lammkoteletts mit frischem Brot und<br />

am Vortag gepressten Olivenöl, noch unfiltriert, wieder<br />

ausgeglichen hatte, erfuhr ich, dass die 20 Euro, die für<br />

einen Liter Öl verlangt werden, die Kosten decken, aber<br />

viel mehr nicht.<br />

„Und wie geht das dann, dass mir der Supermarkt Olivenöl<br />

‚extra vergine‘ für 5,95 verkauft?“ „Na ja, da tauchen<br />

gelegentlich Tankschiffe auf … und wenn man gute<br />

Produktentwickler hat, muss das Ausgangsprodukt auch<br />

nicht unbedingt etwas mit Oliven zu tun haben ...“<br />

Und würde <strong>mein</strong>e Tochter jetzt sagen: „Hallo! Leben wir<br />

nicht in einer Wissensgesellschaft?“, könnte ich locker<br />

antworten: „Ja, <strong>mein</strong> liebes Kind, aber Wikipedia weiß<br />

eben auch nicht alles. Frag mich!“ (Väter neigen Töchtern<br />

gegenüber zu Übertreibungen).<br />

Amadeus Tzamuranis<br />

Doch <strong>mein</strong>e Tochter fragt nicht. Dafür schätzt sie das<br />

Olivenöl, das Papa aus dem Laden mitbringt – pur mit<br />

Brot und Salz, zu Käse, in Salaten und als i-Tüpfelchen<br />

im Risotto. Und weil mich das freut, summe ich einen<br />

alten Genesis-Song, in dem es heißt:<br />

wise men say you are what you eat – eat well!<br />

Genug der Vorrede, lassen wir die Katze mal aus dem<br />

Sack: Amadeus Tzamuranis wohnt in Berlin. Und weil<br />

hier keine Oliven wachsen, bemüht er seine Familie in<br />

Griechenland, das Öl aus den kleinen grünen Koroneiki-<br />

Oliven herauszupressen, damit sich die Lebensqualität<br />

<strong>mein</strong>er Tochter nicht verschlechtere … Koroneiki-Oliven<br />

gelten übrigens sowohl geschmacklich als auch wegen<br />

ihrer Inhaltsstoffe als eine der besten Olivensorten.<br />

Familie Tzamouranis erntet auf der Peleponnes zwischen<br />

Meligalas und Kalamata ausschließlich von<br />

eigenen Bäumen. Das sichert die Qualität, Bio-Zertifiziert.<br />

Dass das Klima in der Provinz Messenien, gelegen zwischen<br />

Bergen und Meer, mit Temperaturen von +40°<br />

bis -10°, sowie die mineral- und kalkhaltigen Böden der<br />

Koroneiki-Olive ihren unverwechselbaren Geschmack<br />

gibt, müssen wir Amadeus mal glauben, bisher hat er<br />

mich noch nicht auf einen Kontrollgang mitgenommen!<br />

Aber wie das Öl schmeckt weiß ich: es hat grüne Noten,<br />

man schmeckt Zitrusfrüchte, Nüsse und eine wunderbare<br />

Schärfe.<br />

Und wer mir nicht glaubt, komme mal samstags zum<br />

Probieren vorbei …<br />

■<br />

Du findest uns in der<br />

Wörther Str. 39<br />

am Kollwitzplatz,<br />

Prenzlauer Berg<br />

10435 Berlin<br />

Tel 4373 52 25<br />

info@colecomp.de<br />

www.colecomp.de<br />

Mo – Fr 11 – 19 Uhr und Sa 10 – 18 Uhr<br />

58 <strong>mein</strong>/4


13<br />

13<br />

2 4 2 74 17 8 1 8<br />

8 1 8 1 4 4 2 7 2 7<br />

9 79 8 7 28 3 2 53 5<br />

6 5 86 5 8<br />

7 7 2 2<br />

7 2 97 2 9<br />

Krabat<br />

3 53 2 5 72 Otfried 4 7Preußler<br />

94 9<br />

1 7 1 7 9 9 5 8 5 8<br />

9 6 9 86 28 7 2 7<br />

15<br />

15<br />

seine Schüler in Raben. Immer wieder sterben Schüler.<br />

Krabat ist einer der besten. Deswegen soll er irgend-<br />

3 3 4 4<br />

wann Lehrer werden …<br />

5 6 35 96 23 9 72 7<br />

9 19 21 82 8<br />

Astrid Lindgren<br />

9 6 49 6 84 18 3 1 3<br />

2 42 14 61 6<br />

8 1 8 61 96 5 49 5 4<br />

4 54 65 – denkt<br />

76man.<br />

7<br />

1 91 3 49 83 64 8 6<br />

9 9 viele neue 1 Freunde. 1<br />

14<br />

14<br />

Schon gelesen? Krabat ist echt ein geiles Buch! Da geht<br />

es um einen Jungen. Schwarze Raben rufen ihn im<br />

Traum. Er folgt. Und so kommt er in die Zauberschule.<br />

Dort ist er gefangen und lernt zaubern. Der Lehrer der<br />

Zauberschule hat nur ein Auge.<br />

Er kann sich in eine schwarze Katze verwandeln und<br />

9 4 9 4 7 8 7 8<br />

2 32 5 3 75 4 7 94 9<br />

7 97 4 29 4 62 6<br />

9 6 79 56Buchvorstellung<br />

27 5 2<br />

4<br />

7 8 37 18 53 1 5<br />

74 1 87 1 58 5<br />

7 67 4 6 94 1 9 81 8<br />

5 8 5 8 9 4 9 4<br />

16<br />

16<br />

Die Brüder Löwenherz<br />

Es geht um zwei Kinder, die leider sterben. Die beiden<br />

sind Brüder. Sie kommen in eine andere Welt, die<br />

Nangijala heißt. Sie wohnen dort in einem abgelegenen<br />

Häuschen mit zwei Pferden. In Nangijala ist alles schön<br />

Doch dann erfährt der Leser, dass es auch die Bösen<br />

gibt. Bei den Abenteuern, die sie erleben, finden sie<br />

Buchtip von Justus<br />

10 Jahre<br />

6 16 2 1 2 7 4 87 4 8<br />

5 7 45 7 4 8 38 3<br />

3 3 9 9 6 1 6 1<br />

4 4 1 1 7 7<br />

7 8 7 98 4 9 4<br />

8 8 7 7 9 9<br />

1 8 1 8 4 4 3 3<br />

5 95 9 6 2 46 2 4<br />

4 6 94 6 9 3 1 3 51 5<br />

17 17<br />

8 8 5 6 45 6 4 2 2<br />

1 81 98 9<br />

5 5 1 91 9 7 7<br />

1<br />

8 3 18 3 1<br />

61 4 56 4 95 9<br />

5 5 7 7 3 3<br />

2 6 2 36 1 83 1 48 9 4 9<br />

1 3 41 93 4 69 7 26 87 2 8<br />

18 18<br />

6 86 1 58 1 45 4<br />

4 2 4 2 5 6 5 6<br />

5 75 2 67 42 16 4 31 3<br />

4 3 94 3 9<br />

8 8 4 4<br />

2<br />

1 7 81 7 8<br />

92 7 49 67 34 6 53 5<br />

3 6 3 6 9 2 9 2<br />

5 95 2 39 2 73 7<br />

Die Auflösung auf S. 64<br />

<strong>mein</strong>/4 59


Klick-Tips für Kids<br />

www.fragfinn.de<br />

www.internet-abc.de<br />

www.kika.de<br />

www.geo.de/geolino<br />

www.klick-tipps.net<br />

60


MACHmit! Museum – ein Ort<br />

für Kinder und ihre Erwachsenen<br />

Mit Herz und Hand vieles entdecken:<br />

Interaktive Ausstellungen, Werktische,<br />

Bücherwunderkammer, Kletterregal,<br />

Kindergeburtstage, Museumsdruckerei.<br />

Die UN-Kinderrechte immer im Blick.<br />

Ab 29. <strong>März</strong> <strong>2019</strong> fragt das<br />

MACHmit! Museum wieder:<br />

»Weißt du, wie der Hase läuft?«<br />

In der Frühjahrssonderausstellung geht es um Ostern und verschiedene Bräuche<br />

zum Frühling. Im Hasensprung geht es durch die Ausstellung, vorbei an Kaninchen,<br />

Ameisen und Regenwürmern.<br />

Wir sortieren 100 Eier, finden heraus, was die<br />

Zahlen auf den Eiern aus dem Supermarkt bedeuten<br />

und wie Hühner am besten leben.<br />

Wir wagen einen Blick durch die Insektenbrille<br />

und erfahren, wie eine Ameise die Welt sieht.<br />

Wir fragen uns ge<strong>mein</strong>sam, welche Tiere überhaupt<br />

Eier legen. Wer legt das größte und wer<br />

das kleinste Ei? Was hat der Osterhase eigentlich<br />

mit Eiern zu tun? Wie essen wir unsere Eier<br />

am liebsten und in welchen Lebensmitteln sind<br />

sie überall zu finden? Kann ein Osterzopf auch<br />

vegan gebacken werden?<br />

Die Ausstellung wird bis 12. Mai gezeigt.<br />

Neben der Sonderausstellung besteht auch noch bis zum 12. Mai die<br />

Gelegenheit, die Ausstellung »Der weite Horizont. Indianische Kulturen<br />

& die Kunst des Kennenlernens« anzusehen.<br />

Nach einer kurzen Umbauphase startet am 28. Mai eine neue Jahresausstellung.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr.<br />

Führungen für Gruppen aus Kita,<br />

Grundschule und Hort:<br />

Dienstag bis Freitag ab 8.45 Uhr<br />

nach telefonischer Voranmeldung<br />

(030 74778 200, Mo – Fr 9.00 bis 16.00)<br />

MACHmit! Museum für Kinder<br />

Senefelderstr. 5<br />

10437 Berlin<br />

030 – 74778200<br />

info@machmitmuseum.de<br />

www.machmitmuseum.de<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

61


<strong>mein</strong>/4<br />

Buchvorstellung<br />

Markus Gabriel<br />

Der Sinn des Denkens<br />

Markus Gabriel, Spiegel-Bestseller-Autor,<br />

zeigt in diesem Buch,<br />

dass das Denken Teil<br />

der biologischen Sinne<br />

ist, der nicht künstlich<br />

nachgebaut werden<br />

kann. Längst gilt er als<br />

einer der wichtigsten<br />

deutschsprachigen Philosophen<br />

der Gegenwart,<br />

dessen unverwechselbar<br />

leichtfüßiger Stil<br />

klassische und moderne<br />

Theoretiker sowie die Popkultur zusammenführt.<br />

Das Denken ist vielleicht der wahre Hauptbegriff<br />

der Philosophie. Insbesondere Platon und Aristoteles<br />

haben sie als das Nachdenken über das Nachdenken<br />

definiert. Unser menschliches Denken ist<br />

einer unserer Sinne und damit unüberwindbar an<br />

biologische Bedingungen gebunden. Das lässt sich<br />

zwar nicht nachbauen. Dennoch sind wir in bestimmter<br />

Hinsicht selber eine Form der künstlichen<br />

Intelligenz. Denn unser geistiges Vermögen entsteht<br />

historisch und kulturell aus dem Bild, das wir uns<br />

von uns selber und von unserer Umgebung machen.<br />

Oder ist das ganze Universum vielleicht nur eine<br />

Simulation? Mit Esprit führt Markus Gabriel in<br />

hochaktuelle Themen ein und streift dabei Hume,<br />

Leibniz und Kant ebenso wie Searle und Taylor, aber<br />

auch Filme und Serien wie Ghost in the Shell, Matrix<br />

oder Der sechs Millionen Dollar Mann. ■<br />

Hans-Peter Martin<br />

Game over<br />

„Die Globalisierungsfalle“ ist zugeschnappt! Zwei<br />

Jahrzehnte nach den so zutreffenden Prognosen seines<br />

Weltbestsellers liefert Hans-Peter Martin eine<br />

ebenso brisante Analyse: Der Systemcrash findet<br />

statt. Robotik und die Digitalisierung werden die<br />

bestehende, enorme gesellschaftliche Ungleichheit<br />

noch verstärken, selbst<br />

im Westen wenden sich<br />

nicht nur breite Bevölkerungskreise,<br />

sondern<br />

auch die Elite von der<br />

Demokratie ab. Die<br />

Finanzkrise brodelt<br />

weiter, Handelskriege<br />

drohen, der Klimawandel<br />

zeigt seine extremen<br />

Gesichter, China auch.<br />

Populisten und autoritäre<br />

Regime werden die<br />

private Datenflut jedes<br />

Bürgers nutzen, um<br />

ihre Macht zu festigen. Auch Deutschland ist keine<br />

Insel der Seligen mehr. Der neue Nationalismus gilt<br />

als Heilsbringer, doch er mündet in eine Kriegsspirale.<br />

Game Over. Freispiel ungewiss. Und dann? Der<br />

Autor bietet zahlreiche, unkonventionelle Auswege<br />

an. Mit zahlreichen farbigen Grafiken. ■<br />

T.C. Boyle<br />

Das Licht<br />

Endlich wird der aufstrebende<br />

wissenschaftliche<br />

Assistent Fitz auf eine der<br />

LSD-Partys seines Professors<br />

Leary in Harvard eingeladen.<br />

Er erhofft sich davon einen<br />

wichtigen Karriereschritt,<br />

merkt aber bald, dass Learys<br />

Ziele weniger medizinischer<br />

Natur sind; es geht dem Psychologen<br />

um eine Revolution<br />

des Bewusstseins und eine<br />

von sozialen Zwängen losgelöste<br />

Lebensform. Fitz wird<br />

mitgerissen von dieser Vision, mit Frau und Sohn schließt<br />

er sich der Leary-Truppe an: Sie leben in Mexiko, später<br />

in der berühmten Kommune in Millbrook, mit Drogen<br />

und sexuellen Ausschweifungen ohne Ende. Ein kreischend<br />

greller Trip an die Grenzen des Bewusstseins und darüber<br />

hinaus – T.C. Boyle at his best.<br />

■<br />

62 <strong>mein</strong>/4


<strong>mein</strong>/4<br />

Leserbriefe<br />

Bitte sendet uns<br />

eure Leserbriefe an:<br />

leserbriefe@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

oder per Post:<br />

Mein/4<br />

Schönhauser Allee 52<br />

10437 Berlin<br />

Bitte schickt uns Eure Meinungen und Wünsche<br />

Wunsch l<br />

Sehr geehrter Herr Beeth,<br />

mit der Zeitschrift <strong>mein</strong>/4 haben Sie ja ein hochwertiges<br />

Medium für den lokalen Informationsaustausch<br />

im Kiez geschaffen. Herzlichen Glückwunsch.<br />

Es schafft die Verbindung zwischen der<br />

Zivilgesellschaft mit den zahlreichen ehrenamtlichen<br />

Vereinen und Initiativen und der örtlichen<br />

Wirtschaft, die das Medium über Anzeigen finanziert<br />

und in den Anzeigen natürlich auch Botschaften<br />

transportiert.<br />

Was mir gut gefällt, sind die Beiträge mit hochwertigen<br />

Bildern und Texten. Da finde ich weniger auch<br />

tatsächlich besser. So ist <strong>mein</strong>/4 auch für ältere Semester<br />

gut lesbar im Unterschied zum Stadtmagazin<br />

Tip oder Zitty, die auf Menge statt auf Qualität<br />

setzen.<br />

Ich wünsche Ihnen für die Zukunft viel Erfolg und<br />

würde mich freuen, wenn bald auch einmal etwas<br />

über Rosenthal und den Rosenthaler Herbst im Magazin<br />

zu lesen ist.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Dr. Dieter Bonitz<br />

---------------------------------<br />

Bürgerverein Dorf Rosenthal e.V.<br />

Vorsitzender Dr. Dieter Bonitz<br />

Besonders berührend fand ich Franziska Hausers<br />

Artikel über das „Feuer“. Nachdem ich den Artikel<br />

gelesen, wenn nicht sogar verschlungen habe, wurde<br />

mir als aktuell im Osten stationiertem Wessi doch<br />

einiges klar bezüglich der Mentalität, die hier zu<br />

beobachten ist. Das waren - und sind? - wirklich<br />

zwei verschiedene „Berlins“.<br />

Danke und weiter in dem Stil!<br />

Gruß, Bea<br />

Wunsch lll<br />

Dear <strong>mein</strong>/4,<br />

I saw the cover of the “<strong>mein</strong>/4”<br />

Prenzlauer Berg <strong>2019</strong>.<br />

It is a photo looking down<br />

Schönhauser Allee over the<br />

Eberswalder U-bahn station<br />

with the Fernsehturm in the background. It is wonderful<br />

and very close to the view out of my apartment<br />

window.<br />

Is there some way to get a copy of this photo that I<br />

can blow up as a poster?<br />

Many thanks<br />

Andrew S.<br />

Wunsch ll<br />

<strong>mein</strong>/4 auf Facebook<br />

www.facebook.com/<strong>mein</strong>4tel<br />

Liebes Redaktionsteam!<br />

Die aktuelle Ausgabe ist ein echtes Vergnügen, vor<br />

allen Dingen die schönen Bilder zum „Summer in<br />

the city“.<br />

Du möchtest diese Ausgabe<br />

online lesen? Dann gehe auf<br />

www.<strong>mein</strong>viertel.berlin/aktuelle-ausgabe<br />

<strong>mein</strong>/4<br />

63


<strong>mein</strong>/4<br />

Vorschau<br />

IMPRESSUM<br />

Chefredaktion Markus Beeth<br />

Herausgeberin / Geschäftsführerin<br />

Beate Beeth<br />

<strong>mein</strong>/4 UG<br />

Schönhauser Allee 52, 10437 Berlin<br />

Redaktionelle Mitarbeit<br />

Beate Beeth, Markus Beeth, Dr. Carola Dorner,<br />

Carola Ehrlich-Cypra, Franziska Hauser,<br />

Ruth Herzberg, Stefanie Kayser, Vera Rüttimann,<br />

Henry Steinhau, Marc Lippuner, Lutz Müller-Bohlen<br />

„Die dunkelste Stunde“<br />

Jeder kennt sie, jeder fürchtet sie. Die Zeit, in der<br />

man nicht mehr weiter weiß.<br />

Hier erzählen Menschen aus ihrem Leben und was<br />

ihnen geholfen hat.<br />

13<br />

5 2 4 9 7 3 1 8 6<br />

8 1 3 5 4 6 9 2 7<br />

9 6 7 8 1 2 3 4 5<br />

2 3 1 6 5 8 7 9 4<br />

7 5 9 4 3 1 8 6 2<br />

6 4 8 7 2 9 5 3 1<br />

3 8 5 2 6 7 4 1 9<br />

1 7 2 3 9 4 6 5 8<br />

4 9 6 1 8 5 2 7 3<br />

15<br />

2 3 6 8 7 4 5 9 1<br />

8 1 5 6 3 9 2 4 7<br />

Der 4 9 Falschspieler<br />

7 1 5 2 3 8 6<br />

9 6 4 7 8 5 1 3 2<br />

5 2 3 4 9 1 7 6 8<br />

7 8 1 2 6 3 9 5 4<br />

3 4 2 5 1 6 8 7 9<br />

1 7 9 3 4 8 6 2 5<br />

6 5 8 9 2 7 4 1 3<br />

14<br />

5 9 4 1 6 3 7 8 2<br />

2 6 3 5 8 7 4 1 9<br />

8 7 1 9 4 2 3 6 5<br />

4 8 9 6 7 5 2 3 1<br />

3 1 5 2 9 4 8 7 6<br />

6 2 7 8 3 1 5 9 4<br />

9 4 2 7 1 8 6 5 3<br />

7 3 6 4 5 9 1 2 8<br />

1 5 8 3 2 6 9 4 7<br />

16<br />

6 9 1 2 3 5 7 4 8<br />

5 7 4 1 6 8 2 3 9<br />

3 2 8 4 9 7 5 6 1<br />

9 4 6 3 1 2 8 5 7<br />

2 3 7 8 5 9 4 1 6<br />

8 1 5 6 7 4 3 9 2<br />

1 8 2 5 4 6 9 7 3<br />

7 5 3 9 8 1 6 2 4<br />

4 6 9 7 2 3 1 8 5<br />

Maik M. Paulsen und die Lust am Betrug – oder<br />

warum du deinen Augen nicht trauen solltest.<br />

Verlag & Redaktion | <strong>mein</strong>/4<br />

<strong>mein</strong>/4 UG<br />

Schönhauser Allee 52, 10437 Berlin<br />

redaktion@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

Tel.: 030 818 914 60<br />

www.<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

www.facebook.com/<strong>mein</strong>4tel<br />

www.youtube.com/<strong>mein</strong>/4 TV<br />

Mediadaten<br />

www.<strong>mein</strong>viertel.berlin/mediadaten<br />

19<br />

20<br />

4 3 1 8 9 5 6 7 2 1 3 9 2 7 8 5 6 4<br />

Anzeigengestaltung<br />

2 9 6 3 1 7 5 8 4 2 7 8 5 6 4 9 1 3<br />

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Tel: 5 030 2 3437 1 358 4 972<br />

8 6 7 7 9 3 6 4 2 8 5 1<br />

anzeigengestaltung@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

8 6 4 5 7 2 3 1 9 4 2 5 7 8 1 3 9 6<br />

3 8 2 7 5 1 9 4 6 9 4 2 8 1 7 6 3 5<br />

Satz, 6 7Layout 5 9 & 8Design<br />

4 2 3 1 3 1 6 9 2 5 4 7 8<br />

1 4 9 2 6 3 7 5 8 8 5 7 4 3 6 1 2 9<br />

Rüdiger Serinek<br />

fgl-werketage.de<br />

21<br />

22<br />

1 3 2 4 6 9 7 8 5 9 1 8 7 2 3 6 5 4<br />

Druck<br />

5 4 8 3 1 7 6 9 2 2 3 4 6 8 5 9 1 7<br />

printTailor<br />

6 7 9 2 5 8 3 1 4 6 5 7 9 4 1 3 8 2<br />

Dierichs<br />

8 9 4<br />

Druck<br />

6 7<br />

+<br />

2<br />

Media<br />

1 5<br />

GmbH<br />

3<br />

& Co.<br />

4<br />

KG<br />

6 3 2 5 9 8 7 1<br />

Frankfurter<br />

7 5 1 8<br />

Straße<br />

4 3<br />

168<br />

2 6 9 5 2 9 1 7 8 4 3 6<br />

D-34121 3 2 6Kassel<br />

1 9 5 4 7 8 7 8 1 4 3 6 2 9 5<br />

9 1 7 5 2 4 8 3 6 1 4 2 3 9 7 5 6 8<br />

Online 4 8 5 7 3 6 9 2 1 8 9 6 5 1 4 7 2 3<br />

grafik@<strong>mein</strong>viertel.berlin<br />

2 6 3 9 8 1 5 4 7 3 7 5 8 6 2 1 4 9<br />

Auflösung 17 von Seite 57<br />

8 7 9 5 6 4 3 1 2<br />

6 2 1 7 8 3 9 5 4<br />

5 4 3 1 2 9 6 8 7<br />

4 9 6 8 3 1 2 7 5<br />

7 1 2 6 4 5 8 9 3<br />

3 8 5 2 9 7 4 6 1<br />

9 5 8 4 7 2 1 3 6<br />

2 6 7 3 1 8 5 4 9<br />

1 3 4 9 5 6 7 2 8<br />

18<br />

9 6 3 8 1 5 7 4 2<br />

1 4 2 3 9 7 5 6 8<br />

5 8 7 2 6 4 1 9 3<br />

6 2 1 4 3 9 8 5 7<br />

3 7 8 6 5 2 4 1 9<br />

4 9 5 1 7 8 2 3 6<br />

2 1 9 7 4 6 3 8 5<br />

7 3 6 5 8 1 9 2 4<br />

8 5 4 9 2 3 6 7 1<br />

© 23 Titelfoto<br />

M. 5Beeth<br />

2 4 6 9 1 3 8 7<br />

3 1 6 4 8 7 5 9 2<br />

7 9 8 2 5 3 6 4 1<br />

1 5 7 3 2 8 4 6 9<br />

6 3 9 7 4 5 2 1 8<br />

8 4 2 1 6 9 7 3 5<br />

2 7 3 8 1 4 9 5 6<br />

9 6 1 5 3 2 8 7 4<br />

keine Gewähr.<br />

4 8 5 9 7 6 1 2 3<br />

24<br />

7 6 5 9 3 4 2 8 1<br />

2 4 1 8 7 6 3 5 9<br />

8 9 3 2 1 5 7 4 6<br />

3 1 4 5 9 7 8 6 2<br />

6 7 2 4 8 3 1 9 5<br />

5 8 9 1 6 2 4 3 7<br />

1 2 6 3 4 9 5 7 8<br />

4 5 7 6 2 8 9 1 3<br />

9 3 8 7 5 1 6 2 4<br />

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche<br />

Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden.<br />

Unter dieses Verbot fällt insbesondere die gewerbliche Vervielfältigung<br />

per Kopie, die Aufnahme über elektronische Datenträger und<br />

die Vervielfältigung auf elektronischen Datenträgern. Für unverlangt<br />

eingeschickte Manuskripte, Fotos und Illustrationen übernehmen wir<br />

64 <strong>mein</strong>/4


www.wemod.de<br />

Zeit zum Renovieren<br />

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