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Schonungslos offen<br />
Premiere im Schauspiel: „Knausgård VI – Kämpfen“<br />
Schreiben war wie ein Zwang für ihn. Was sein Schaffen für die<br />
anderen bedeutet, hat er lange nicht hinterfragt. Doch jetzt holen<br />
sie ihn ein, die Stimmen, die verletzten Gefühle, die Vorwürfe. Karl<br />
Ove Knausgård hat mit seinem sechsbändigen Romanzyklus Leser<br />
auf der ganzen Welt in seinen Bann gezogen, als der „Proust des 21.<br />
Jahrhunderts“ wird er in den Feuilletons bezeichnet: Schonungslos<br />
und offen schreibt er über sein Leben, allerdings nicht nur über<br />
seines, auch über das der anderen. Der sechste Band, im Deutschen<br />
betitelt mit „Kämpfen“, erzählt von seinem Ringen mit den Menschen,<br />
die unfreiwillig Teil seines Romans geworden sind.<br />
Das Theater Bremen bringt seit der Spielzeit 2016/17 die Romanbände<br />
in einer Theaterserie nacheinander auf die Bühne. Nun<br />
steht die sechste und letzte Premiere bevor. Über zwanzig Akteure<br />
werden dabei die Bühne des Kleinen Hauses bespielen, denn die<br />
Figuren aus den letzten Teilen kommen zu einem großen Familienfest<br />
zurück: Knausgårds 40. Geburtstag.<br />
„Im letzten Teil steht auch die Frage danach im Mittelpunkt,<br />
in welchem Verhältnis Knausgårds Recht als Schriftsteller zu dem<br />
Recht auf Privatsphäre steht. Werden manche Grenzen des Sozialen<br />
erst in der Überschreitung sichtbar? Und warum haben Menschen<br />
eigentlich solche Angst davor, dass die Probleme, die in ganz<br />
vielen Familien vorkommen, öffentlich werden? “, erklärt Dramaturgin<br />
und Mitautorin der Theaterfassung Viktorie Knotková. „Uns<br />
war aber auch wichtig, dass im letzten Teil die anderen zu Wort<br />
kommen. Deswegen treten auch alle Figuren noch einmal auf. Aber<br />
Strategie der Zähmung<br />
„Die Widerspenstige“ in der shakespeare company<br />
Schlau. Witzig. Eloquent. Streitbar. Klingt nach einer tollen Frau.<br />
In Shakespeares Welt der patriarchalischen Männerfantasien aber<br />
machen diese Attribute die kantige Katharina zum Ladenhüter auf<br />
dem Heiratsmarkt: einfach zu anstrengend. Mit sportlichem Ehrgeiz<br />
wird eine Strategie der Zähmung des aufmüpfigen Weibsbildes<br />
entwickelt, bekommt der brodelnde Widerspruchsgeist den Deckel<br />
auf den Kopf, den schon immer jeder Topf gefunden hat. Und siehe<br />
da: der Widerstand bricht, die Zuneigung kommt – alles in Butter?<br />
So weit das Original. Ungebrochen lässt sich heute Shakespeares<br />
perfide Komödie nicht mehr erzählen. Aber sie lässt sich neu entdecken,<br />
als Spiel mit Geschlechterrollen, mit Abhängigkeiten und<br />
Machtstrukturen und als Bekenntnis zur Liebe als Kraft, die sich<br />
über all das hinwegzusetzen weiß.<br />
Ob als Film, als Ballett oder als Musical, fortgeschrieben und<br />
weitergedacht wurde der Stoff häufig. Zuletzt im Shakespearejahr<br />
2016 von der Romanautorin Anne Tyler, die die Geschichte<br />
unter dem Titel „Die störrische Braut“ ins Heute transportiert,<br />
wo die Zwangsdressur einer jungen Frau dem Witz und der Menschenfreundlichkeit<br />
einer Familie weicht, die der Staatsmacht ein<br />
Schnippchen schlägt, um per Scheinehe die Abschiebung eines<br />
Migranten zu verhindern. Und ganz nebenbei springt dabei große<br />
Liebe heraus …<br />
Inspiriert von diesen Vorlagen erarbeiten Regisseur Ralf Siebelt<br />
und das Ensemble der bremer shakespeare company ihre ganz<br />
eigene, zeitgenössische Lesart der bösen, komödiantischen Liebesgeschichte.<br />
(SM)<br />
Premiere: Freitag, 12. <strong>April</strong>, Theater am Leibnizplatz, 19.30 Uhr<br />
Szene aus „Knausgård VI – Kämpfen“ mit Torsten Kindermann, Robin Sondermann<br />
und Nils Bischoff. <br />
Foto: J. Landsberg<br />
eines ist klar: Sie kommen natürlich nur durch Knausgård zu Wort,<br />
letztendlich hat immer er die Deutungsmacht.“<br />
Übrigens lädt das Theater Bremen in dieser Spielzeit noch zu<br />
einem Knausgård-Serienmarathon ein: Den Beginn macht ein<br />
„Halbmarathon“ am Karfreitag, dem 19. <strong>April</strong>. Ab 11.30 Uhr werden<br />
die letzten drei Teile im Kleinen Haus zu sehen sein. Alle sechs Teile<br />
gibt es dann an zwei Tagen im Juli zu sehen. (SM)<br />
Premiere: 4. <strong>April</strong>, Kleines Haus, 20 Uhr<br />
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