BLICKWECHSEL 2019
Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Ausgabe 7 mit dem Schwerpunktthema »Grenzenlos regional. Landschaft und Identität im östlichen Europa«
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6 ORTE<br />
<strong>BLICKWECHSEL</strong><br />
TORTUR ZWISCHEN MEER UND SANDWÜSTEN<br />
Reisen auf der alten Poststraße Europas über die Kurische Nehrung war eine Herausforderung<br />
Die Kurische Nehrung ist eine 98 Kilometer lange und ungefähr<br />
zwei Kilometer breite Halbinsel, die das Kurische Haff<br />
von der Ostsee trennt. Ihre schmalste Stelle misst 400 Meter,<br />
die Haffenge zwischen der Nehrungsspitze und der Stadt<br />
Klaipėda beträgt 500 Meter. Deswegen erscheint diese »geografische<br />
Konstruktion« auf Landkarten immer als Brücke,<br />
die von der Samlandküste bis nach Memel/Klaipėda im<br />
heutigen Litauen reicht. Dieser »Verbindungsweg«, der sich<br />
über Tausende von Jahren durch die Entstehung der Nehrung<br />
herausgebildet hatte, wurde im 13. Jahrhundert vom<br />
Deutschen Orden entdeckt, als dieser das südöstliche Küstengebiet<br />
der Ostsee besetzte: Die Kurische Nehrung entwickelte<br />
sich zu einer wichtigen Verkehrsader zwischen<br />
Königsberg (heute russ. Kaliningrad, gegründet 1255) und<br />
Julius Theophil Wentscher: Abend am Kurischen Haff (Poststraße auf<br />
der Kurischen Nehrung), 1898, © Public Office Nidden<br />
Riga (1201). Damit die Boten des Ordens den<br />
Weg über die Nehrung einfacher bewältigen<br />
konnten, errichtete man in deren Mitte die<br />
Burg Rossitten (1372). Nach einer weiteren<br />
Tagesetappe konnten die Boten dann schon<br />
in der Memelburg (1252) rasten.<br />
regio nal<br />
grenzenlos<br />
Der Orden ließ auf der Kurischen Nehrung auch weitere<br />
Objekte errichten, um den Verbindungsweg zwischen<br />
Königsberg und Riga lebendig zu erhalten. Es waren Gasthäuser,<br />
in deren Nähe dann Ortschaften entstanden. Das<br />
heute bei Touristen beliebte Nidden/Nida bekam 1437<br />
ein Privileg für ein Gasthaus, das nicht mehr existierende<br />
Negeln/Nagliai 1447. Dieses Fischerdorf wechselte drei Mal<br />
seinen Standort, bis es höchstwahrscheinlich in der Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts unter den Sanddünen verschwand,<br />
ähnlich einem weiteren Dutzend Nehrungsdörfer.