BLICKWECHSEL 2019
Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Ausgabe 7 mit dem Schwerpunktthema »Grenzenlos regional. Landschaft und Identität im östlichen Europa«
Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Ausgabe 7 mit dem Schwerpunktthema »Grenzenlos regional. Landschaft und Identität im östlichen Europa«
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
33<br />
VATER DER POLNISCHEN NATIONALMUSIK<br />
Zum 250. Geburtstag des schlesischen Komponisten Joseph Elsner<br />
Als katholischer Schlesier in Grottkau/<br />
Grodków geboren, begann Joseph Elsner<br />
(1769–1854) seine schulische und<br />
musikalische Ausbildung in der Klosterschule<br />
der Dominikaner in Breslau<br />
und wechselte dann nach Wien, wo er<br />
sich zu einer musikalischen Laufbahn<br />
entschloss. In Lemberg, der Hauptstadt<br />
Galiziens, war er ab 1792 Kapellmeister<br />
am städtischen deutschen Theater<br />
und knüpfte Kontakte zu den Mitgliedern<br />
der aus Warschau geflohenen polnischen<br />
Theatertruppe um Wojciech<br />
Bogusławski, den »Vater des polnischen<br />
Theaters«. 1799 folgte er Bogusławskis<br />
Einladung und ging nach Warschau, wo<br />
er überaus produktiv war: als Kapellmeister<br />
am polnischen Nationaltheater,<br />
als Organisator der Ausbildung<br />
professioneller Musiker und Sänger,<br />
schließlich als Lehrer einer ganzen<br />
Generation von polnischen Komponisten,<br />
etwa von Frédéric Chopin. In<br />
den sechs Jahrzehnten seiner schöpferischen<br />
Laufbahn schuf Elsner eine nur<br />
schwer überschaubare Anzahl und Vielfalt<br />
von musikalischen Werken: Singspiele,<br />
Messen und andere geistliche<br />
Gebrauchsmusik, Oratorien, Lieder,<br />
Sinfonien sowie Klavier- und Kammermusik.<br />
Viele dieser Werke sind heute<br />
verschollen.<br />
Von besonderer Bedeutung sind Elsners<br />
Kammermusikwerke und Kompositionen<br />
für Klavier. Damit legte er<br />
den Grundstein für einen polnischen<br />
nationalen Musikstil, der auf der Basis<br />
der Wiener Klassik nationale polnische<br />
Tanzformen – wie Polonaise, Mazurka<br />
oder Krakowiak – und melodische Muster<br />
verfügbar machte und von den<br />
nachfolgenden Komponistengenerationen<br />
weiterentwickelt wurde.<br />
Klaus Harer<br />
Dr. Klaus Harer ist beim Deutschen Kulturforum<br />
östliches Europa im Potsdam ( S. 56–58) als<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.<br />
Neuerscheinung zum Elsner-Jubiläum: Joseph Elsners Kammer- und Klaviermusik in Neuaufnahmen<br />
mit dem Trio Margaux und dem Hoffmeister Quartett (Bestell-Nr. PH 19023, 29,95 €).<br />
Die Box mit vier CDs und einem ausführlichen deutsch-englischen Booklet erscheint zum<br />
250. Geburtstag des Komponisten am 1. Juni <strong>2019</strong> bei der Profil Edition Günter Hänssler.<br />
KÖNIGSBERGER SPURENSUCHER<br />
Der Kaliningrader Designer, Verleger und Kulturaktivist Maxim Popow<br />
Wer sich für die Geschichte Ostpreußens interessiert, wird<br />
früher oder später Maxim Popow kennenlernen. Der 38-jährige<br />
Designer macht stilvolle Souvenirs: Anstecker, Postkarten,<br />
Kalender und Tragetaschen mit Kant-Konterfei. Für den<br />
höheren Anspruch gibt es pictorica, den Buchverlag, den<br />
Popow 2007 gegründet hat. Sein Bestseller: der Fotoband<br />
Das parallele Gedächtnis mit etwa 300 historischen Aufnahmen<br />
von Königsberg, die zwischen Mitte des 19. und<br />
Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden sind. »Ich will dem<br />
Leser den Anstoß geben, seine eigene Interpretation der<br />
Geschichte von Königsberg und Kaliningrad zu entwickeln,<br />
seine eigene Meinung darüber zu bilden, was hier geschah<br />
und was jetzt geschieht«, sagt der Herausgeber.<br />
Schon im Schulalter hat sich Maxim Popow für die<br />
Geschichte von Ostpreußen interessiert. Als einer der Ersten<br />
begann er, nach alten Königsberger Ansichtskarten zu<br />
suchen, die außerhalb Ostpreußens verschickt wurden und<br />
dadurch erhalten geblieben sind. Seine Sammlung umfasst<br />
bereits mehr als 15 000 Postkarten, Fotos und Negative; ein<br />
Teil davon wird im Internet präsentiert, wo Maxim auch die<br />
russischsprachige Facebook-<br />
Community @museumkoenigsberg<br />
moderiert.<br />
Sein aktuelles Projekt<br />
Fotoarchäologie Kneiphof<br />
besteht aus mehreren Stahlständern<br />
auf der Kant-Insel, die<br />
doppelseitig historische Straßenaufnahmen<br />
zeigen. Um das alte Königsberg mit dem heutigen<br />
Kaliningrad zu vergleichen, muss man sich nur davorstellen<br />
und das Bild ansehen.<br />
Swetlana Kolbanewa<br />
© Maxim Popow/pictorica<br />
Die bekannte Kaliningrader Fernsehjournalistin Swetlana Kolbanewa<br />
schreibt derzeit ihre Magisterarbeit im Fach Geschichte an der Baltischen<br />
Föderalen Immanuel-Kant-Universität in Kaliningrad.<br />
: www.museum-koenigsberg.ru<br />
& Michael Wieck: Sakat Kenigsberga (russische Ausgabe von Zeugnis<br />
vom Untergang Königsbergs. Ein »Geltungsjude« berichtet). Kaliningrad,<br />
Verlag pictorica, 2015, 301 S., 14,80 €, ISBN 978-5-9906819-3-4