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Ratgeber Auto Ausgabe PM

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FREITAG, 26. APRIL 2019<br />

SEITE 15<br />

Großer Luxus zum kleinen Preis? In jungen Klassikern kann durchaus Sparpotenzial stecken. <br />

Foto: FLORIan Schuh<br />

Youngtimer<br />

Luxus-Schlitten zum kleinen Preis<br />

Von Andreas Kötter<br />

Youngtimer der Oberklasse<br />

versprechen für ein paar<br />

tausend Euro ein legendäres<br />

Fahrgefühl. Doch der<br />

Umgang mit den noch nicht<br />

ganz so alten Wagen ist<br />

nicht immer einfach. Kann<br />

die Rechnung mit dem<br />

kleinen Preis für den großen<br />

Luxus also aufgehen?<br />

Berlin. Ein 600er S-Klasse-<br />

Mercedes, Baujahr 2001,<br />

für 6500 Euro. Ein VW<br />

Phaeton mit Zehn-Zylinder-<br />

Diesel, Baujahr 2003, für<br />

5999 Euro. Oder ein eleganter<br />

Jaguar XJ 4.0, Baujahr 2000,<br />

für 5999 Euro. Allesamt Luxus-Mobile<br />

und mit frischem<br />

TÜV versehen, die auf „mobile.de“<br />

zum Discountpreis angeboten<br />

werden. Ist das die<br />

Chance für den sogenannten<br />

kleinen Mann, wie die Großen<br />

und Reichen zu fahren?<br />

„Ein Youngtimer der Luxusklasse<br />

bietet tatsächlich die<br />

Möglichkeit, ein <strong>Auto</strong>, das<br />

früher für einen immensen<br />

Preis verkauft wurde, für relativ<br />

kleines Geld zu bekommen“,<br />

sagt Renate Freiling<br />

vom Magazin „<strong>Auto</strong> Classic“.<br />

Sie sieht neben dem Kaufpreis<br />

weiteres Spar-Potenzial:<br />

„Ist das Fahrzeug älter als<br />

20, aber noch keine 30 Jahre<br />

alt, bekommt es zwar noch<br />

kein H-Kennzeichen, kann<br />

aber wie ein Oldtimer und<br />

damit zu einem günstigen<br />

Tarif versichert werden“.<br />

Ersatzteile sind<br />

oftmals sehr teuer<br />

Allerdings: „Jeder Gebrauchtwagenkauf<br />

birgt ein gewisses<br />

Risiko“, sagt Norbert Schröder<br />

vom Tüv Rheinland. Ein<br />

Youngtimer könne zwar<br />

Luxus für wenig Geld bieten,<br />

er denke da zum Beispiel<br />

an einen Lexus. „Wenn<br />

aber an diesen <strong>Auto</strong>s etwas<br />

ersetzt werden muss, wird<br />

es teuer.“ Gert Schleichert<br />

vom <strong>Auto</strong> Club Europa (ACE)<br />

sieht potenzielle Youngtimer-Käufer<br />

dennoch in einer<br />

guten Position: „Interessenten<br />

werden heute in keiner<br />

Weise allein gelassen, im<br />

Internet finden sich unzählige<br />

typen- und regional gebundene<br />

Clubs“. Und auch<br />

auf Klassik-Messen oder bei<br />

großen Händlern finde man<br />

Ansprechpartner.<br />

Auch Freiling hält gerade<br />

die Clubs für eine gute Informationsquelle:<br />

„Bei ADAC<br />

Klassik kann man sich über<br />

diese Clubs informieren,<br />

und auch die GTÜ führt eine<br />

Datenbank, in der Clubs, Marken<br />

und Modelle sowie aktuelle<br />

Marktpreise verzeichnet<br />

sind.“ Zudem erfasse Classic<br />

Data, ein Sachverständigenverband<br />

von Oldtimer-Experten,<br />

die aktuellen Marktpreise<br />

gängiger Klassiker.<br />

Ist die Entscheidung für<br />

ein Modell gefallen, sollte<br />

man es erst einmal langsam<br />

angehen lassen. Schleicherts<br />

Rat: „Abwägen, nachfragen,<br />

vergleichen“. Er wisse, dass<br />

das Youngtimer-Thema ein<br />

emotionales sei. Umso mehr<br />

aber solle man Gelassenheit<br />

an den Tag legen. „Machen<br />

Sie aus der Suche nach<br />

dem richtigen Fahrzeug ein<br />

Event, ganz nach dem Motto:<br />

Vorfreude ist die schönste<br />

Freude.“ Wie aber findet<br />

man das richtige Exemplar<br />

in dem breiten Angebot?<br />

Es gebe deutliche Indizien,<br />

ob ein Fahrzeug in Frage<br />

kommt oder ob man besser<br />

die Finger davon lässt, sagt<br />

Schleichert. Wichtig seien<br />

Unterlagen zum Fahrzeug<br />

wie Rechnungen über Reparaturen,<br />

Serviceheft, regelmäßige<br />

TÜV-Berichte oder sogar<br />

ein aktuelles Gutachten.<br />

Alle drei Experten legen zudem<br />

nahe, das <strong>Auto</strong> in einer<br />

Werkstatt vorzuführen oder<br />

selbst ein Gutachten erstellen<br />

zu lassen. Vor allem aber<br />

solle man nicht allein zum<br />

Besichtigen gehen. „Ich kenne<br />

das von mir selbst: Wenn<br />

man vor dem Objekt seiner<br />

Begierde steht, das vielleicht<br />

sogar noch die Wunschfarbe<br />

aufweist, dann kann schon<br />

mal der Verstand aussetzen“,<br />

scherzt Schröder. „Deshalb<br />

nehme ich immer jemanden<br />

mit, der objektiv ist, wenn<br />

ich mich privat für ein <strong>Auto</strong><br />

interessiere.“<br />

Bei Youngtimern können<br />

Achsen verschleißen<br />

Grundsätzlich abraten von<br />

einem Modell möchte keiner<br />

der Experten. Aber es gebe<br />

Einschränkungen. „Jemandem<br />

der typenoffen sucht,<br />

würde ich sicher keinen Jaguar<br />

XJ12 empfehlen“, sagt<br />

Schleichert. „Wenn ich mich<br />

aber in eine solche Katze<br />

verliebt habe, muss ich mir<br />

über die Konsequenzen klar<br />

sein.“ Im Service-Fall komme<br />

dann nur eine Werkstatt aus<br />

dem Kenntnisbereich in Frage.<br />

„Das bedeutet allerdings<br />

hohe Inspektions- oder Wartungskosten.“<br />

Bei Youngtimern der<br />

Luxus-Klasse im Alter von<br />

15 bis 20 Jahren sollten Käufer<br />

außerdem auf einen nicht<br />

sehr bekannten Sachverhalt<br />

achten. „In dieser Generation<br />

wurden Achsteile aus Gründen<br />

der Gewichtsersparnis<br />

nicht mehr aus Stahlblech,<br />

sondern aus Aluminium gefertigt“,<br />

sagt Schröder. „Das<br />

bedeutet, dass alle 70 000 bis<br />

80 000 Kilometer neue Lager<br />

für die Traggelenke fällig<br />

sind.“ Das sei ein Problem,<br />

das man früher nicht gekannt<br />

habe. „Jeder weiß,<br />

dass Bremsen und Stoßdämpfer<br />

typische Verschleißteile<br />

sind. Dass auch Achsen verschleißen,<br />

ist vielen aber unbekannt“,<br />

so der Experte des<br />

Tüv. Das stärkste Modell einer<br />

Baureihe muss auch nicht<br />

immer das Beste sein. „Beispiel<br />

VW Phaeton: Ich sollte<br />

mich fragen, ob ich wirklich<br />

den 10-Zylinder-Diesel mit<br />

Luftfederung brauche“, sagt<br />

Schleichert. Dabei solle man<br />

nicht nur die aktuelle Dieseldiskussion<br />

im Hinterkopf<br />

haben. Sein Tipp: „Beim Luxus-Youngtimer<br />

lieber etwas<br />

tiefer stapeln“.<br />

Wie jung ist ein<br />

Youngtimer?<br />

Ab einem Alter von<br />

15 Jahren kann von<br />

einem Youngtimer<br />

gesprochen werden.<br />

Allerdings ist das<br />

konkrete Alter eines<br />

„jungen Klassikers“<br />

in Deutschland nicht<br />

konkret bestimmt.<br />

Fest steht jedoch: Die<br />

Zulassung darf nicht<br />

mehr als 30 Jahre<br />

zurückliegen. Denn<br />

dann steigt der Youngtimer<br />

bereits in die<br />

Klasser der Oldtimer<br />

auf. Aber Achtung:<br />

Dabei ist nicht – wie oft<br />

geglaubt – das Herstellungsdatum<br />

ausschlaggebend,<br />

sondern der<br />

Tag, an dem das <strong>Auto</strong><br />

zugelassen wurde.<br />

Dritte Generation: Diese Fassung des Jaguar XJ wurde bis November 1992 gebaut. Foto: Jaguar Mit dem Phaeton fuhr VW im Jahr 2002 in die automobile Oberklasse. Foto: VOLKSWagen

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