Ratgeber Auto Ausgabe PM
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SEITE 28 FREITAG, 26. APRIL 2019<br />
Von Dieselkrise keine Spur:<br />
So boomt die Caravan-Branche<br />
Blick in ein Vorserien-Modell von Bürstner: In der Luxus-Klasse erinnert manch ein Caravan an ein komfortables Appartment auf Rädern. <br />
Fotos (4): Messe Düsseldorf, Constanze Tillmann<br />
Von Annika Grah<br />
Die Reiselust, ob nun im<br />
Luxus-Mobil, Wohnwagen<br />
oder im klassischen Camper,<br />
wächst und wächst. Die<br />
Hersteller freuen sich über<br />
Verkaufsrekorde und preisen<br />
ihre Innovationen an. Nur<br />
eines sucht man auf dem<br />
Markt noch vergeblich:<br />
Alternative Antriebe. Das<br />
hat auch einen Grund.<br />
Stuttgart. Dieselkrise, Fahrverbote,<br />
neue Zulassungsprozeduren<br />
– die Probleme<br />
der <strong>Auto</strong>branche lassen<br />
die Caravan-Branche kalt.<br />
Auf der Reisemesse CMT in<br />
Stuttgart verkündete der Caravaning<br />
Industrie Verband<br />
(CIVD) Rekordzahlen: 71 186<br />
Wohnwagen und Reisemobile<br />
wurden 2018 in Deutschland<br />
neu zugelassen, ein Plus von<br />
12,5 Prozent im Vergleich<br />
zum Vorjahr. CIVD-Geschäftsführer<br />
Daniel Onggowinarso<br />
erwartet, dass dieser Trend<br />
2019 anhält: Immer mehr<br />
Neueinsteiger entschieden<br />
sich für die Urlaubsform.<br />
„Wir rechnen daher auch für<br />
2019 mit einer erneuten Steigerung<br />
der Nachfrage.“<br />
Die Debatte um Diesel-<br />
Fahrverbote lässt die Branche<br />
weitgehend kalt. Nur fünf<br />
Prozent der 1,14 Millionen<br />
Fahrzeuge im Bestand seien<br />
unmittelbar von drohenden<br />
Fahrverboten betroffen, sagte<br />
CIVD-Präsident Hermann<br />
Pfaff. „Natürlich steuern<br />
unsere Kunden normalerweise<br />
auch nicht die Fahrverbotszonen<br />
an.“ Allerdings brauche<br />
es Ausnahmeregelungen<br />
für betroffene Anwohner.<br />
Nach der Diskussion um die<br />
Einhaltung von EU-Schadstoffgrenzwerten<br />
gibt es bereits<br />
in den ersten deutschen<br />
Städten Fahrverbote.<br />
Alternative Antriebe spielen<br />
in der Branche noch keine<br />
Rolle. Auf der CMT stellte<br />
der Nischenanbieter WOF<br />
ein erstes elektrisch betriebenes<br />
Reisemobil vor, das<br />
dieses Jahr auf den Markt<br />
kommt. Größere Hersteller<br />
wie Dethleffs haben sich bislang<br />
nur an Studien gewagt.<br />
Der CIVD-Präsident sieht das<br />
Thema erst langfristig auf<br />
die Branche zukommen. Dabei<br />
sind die meisten Anbieter<br />
auf Fahrgestellhersteller wie<br />
Daimler angewiesen – und<br />
die bieten entsprechende<br />
Motoren noch nicht an. Das<br />
Problem: Die Reisemobile<br />
sind schwer, die Infrastruktur<br />
vor allem in der Peripherie<br />
dünn – ähnlich wie bei<br />
schweren Lastkraftwagen<br />
reicht die Reichweite der aktuellen<br />
Batterietechnik für<br />
tagelange Touren mit dem<br />
Camper noch nicht aus.<br />
Für gut Betuchte: Der Porsche hat in diesem Luxus-Mobil von<br />
Volkner seine eigene Garage. <br />
Dieser Caravan mit eigenem Elektro-Antrieb verringert die Last des<br />
Anhängers auf 100 kg. Das schaffen auch Elektroautos. <br />
Die Hallen sind voll bei Caravan-Messen: Die Besucher nutzen die<br />
Möglichkeit, die Mobile genauer unter die Lupe zu nehmen.<br />
Dabei geht der Trend vor<br />
allem bei den Reisemobilen<br />
weiter hin zu kompakten<br />
Fahrzeugen. Dazu gehören<br />
etwa Kastenwagen oder Vans,<br />
die mit wenigen Handgriffen<br />
auch alltagstauglich sind. So<br />
bemühen sich die Hersteller,<br />
beispielsweise jüngere<br />
Kunden anzusprechen. Auch<br />
elektronische Helfer haben<br />
längst Einzug in Reisemobile<br />
gehalten – dazu gehören<br />
Rückfahrkameras oder Rangiersysteme,<br />
aber auch Apps,<br />
mit deren Hilfe Füllstände<br />
von Batterien, Wassertanks<br />
und Gasversorgung kontrolliert<br />
oder auch die Heizung<br />
angestellt werden kann.<br />
Die Anbieter rechnen mit<br />
steigenden Umsätzen<br />
Ein Ende des Booms sehen<br />
die Hersteller noch nicht. Es<br />
gebe immer mehr Neueinsteiger,<br />
so CIVD-Präsident Pfaff.<br />
„Von einem gesättigten Markt<br />
kann derzeit keine Rede sein.“<br />
2018 konnten die deutschen<br />
Firmen mit dem Verkauf von<br />
Neufahrzeugen, Gebrauchten<br />
und dem passenden Zubehör<br />
ihren Umsatz gegenüber dem<br />
Vorjahr um 9,1 Prozent auf<br />
11,2 Milliarden Euro steigern.<br />
2019 rechnet der CIVD<br />
mit 77 000 neu zugelassenen<br />
Fahrzeugen und einem Umsatzplus<br />
in allen Geschäftsbereichen.<br />
Was feuert das<br />
Reisefieber an?<br />
Dank der niedrigen<br />
Arbeitslosigkeit und der<br />
guten Konjunktur ist die<br />
Reiselust der Deutschen<br />
ungebrochen. „Auch in<br />
diesem Jahr sind mehr<br />
Reisen und höhere <strong>Ausgabe</strong>n<br />
geplant“, sagte<br />
Tourismusexperte Martin<br />
Lohmann. Im vergangenen<br />
Jahr hatten die<br />
Deutschen vorläufigen<br />
Schätzungen zufolge<br />
rund 75 Milliarden Euro<br />
für 71 Millionen Reisen<br />
ausgegeben. Bei beiden<br />
Werten bedeutet dies ein<br />
leichtes Plus im Vergleich<br />
zum Vorjahr. 2019 dürfte<br />
es ähnlich aussehen.<br />
Gut 42 Prozent der Befragten<br />
einer Studie der<br />
Forschungsgemeinschaft<br />
Urlaub und Reisen haben<br />
sowohl Lust als auch<br />
das notwendige Geld,<br />
um in Urlaub zu fahren.<br />
„Dieser Wert ist nach wie<br />
vor sehr hoch“, sagte<br />
Lohmann. Dabei bleibt<br />
Deutschland das liebste<br />
Reiseziel der Deutschen –<br />
der warme Sommer hat<br />
diesen Trend befeuert –,<br />
gefolgt vom Mittelmeer<br />
und den Alpenländern.<br />
Nutzer-Umfrage<br />
Gefragte<br />
Reisemobile<br />
Berlin. Was sind die beliebtesten<br />
Reisemobile der<br />
Deutschen? Besonders begehrt<br />
sind die teilintegrierten<br />
Wohnmobile mit Bad<br />
in der Preisklasse bis 60 000<br />
Euro. Bei einer Umfrage des<br />
Branchendienstes Reisemobil<br />
schnitten die folgenden Modelle<br />
bei den Teilnehmern am<br />
besten ab.<br />
Platz 1: Hymer Exsis-t.<br />
Grundpreis: ab 57 990 Euro;<br />
Länge: 6,59 bis 7,44 m;<br />
Gesamtgewicht: ab 3500 kg;<br />
Grundrissvarianten: 4<br />
<br />
Foto: Hymer<br />
Platz 2: Eura Mobil Profila T.<br />
Grundpreis: ab 60 990 Euro,<br />
Länge: 6,99 bis 7,41;<br />
Gesamtgewicht ab 3500 kg;<br />
Grundrissvarianten: 7<br />
<br />
Foto: EuRAMobil<br />
Platz 3: Carado T.<br />
Grundpreis: ab 39 799 Euro;<br />
Länge: 5,98 bis 7,43 m;<br />
Gesamtgewicht: ab 3500 kg;<br />
Grundrissvarianten: 9<br />
<br />
Foto: Carado<br />
Platz 4: Dethleffs Globebus T.<br />
Grundpreis: ab 50 499 Euro;<br />
Länge: ab 5,99 m;<br />
Gesamtgewicht: ab 2470 kg;<br />
Grundrissvarianten: 3<br />
<br />
Foto: Dethleffs<br />
Platz 5: Knaus Sky TI/Wave.<br />
Grundpreis: ab 56 790 Euro;<br />
Länge: 6,43 bis 7,52 m;<br />
Gesamtgewicht: ab 3500 kg;<br />
Grundrissvarianten: 11<br />
<br />
Foto: Knaus