Ratgeber Auto Ausgabe PM
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SEITE 30 FREITAG, 26. APRIL 2019<br />
Ab in die Natur<br />
Geländereifen und genietete Bleche: Patrick Nueske findet herkömmliche Wohnwagen langweilig und will den Offroad-Caravan in Deutschland salonfähig machen. <br />
Foto: Weelhouse<br />
Abenteuer Camping<br />
Der Natur ganz nah sein und Expeditionen in unwegsames Gelände wagen:<br />
Mit großen Wohnmobilen und langen Wohnwagen war das bisher kaum möglich.<br />
Doch nun tut sich etwas auf dem Markt.<br />
Von Stefan Weißenborn und Antje Wegwerth<br />
Heist. Als Patrick Nueske bei<br />
der jüngsten Caravan-Messe<br />
die prämierten weißen Wohnmobile<br />
und den roten Teppich<br />
sah, verließ er demonstrativ<br />
die Halle: „Es hat sich nichts<br />
getan in der Branche“, sagt<br />
er. Bieder und langweilig. Die<br />
Kunden wollten etwas anderes.<br />
So wie er damals, als er<br />
seinen Pilotenjob altersbedingt<br />
mit 60 Jahren an den<br />
Nagel hängen musste und mit<br />
seiner Familie ein passendes<br />
Reisegefährt suchte. Nichts,<br />
was auf dem Markt war, gefiel<br />
Patrick Nueske. Aus diesem<br />
Frust sei nun sein neues<br />
Standbein geworden. Der<br />
einstige Pilot zog einen Handel<br />
mit Offroad-Wohnwagen<br />
auf, die tatsächlich ganz anders<br />
aussehen, als die Wohnwagen<br />
der letzten 30 Jahre.<br />
Hinter einem Geländewagen<br />
sehen sie nach Abenteuer<br />
aus und sind dabei funktional<br />
gehalten. Kein Luxus im<br />
klassischen Sinn. Das wäre<br />
auch zu schwer, denn Kriterium<br />
für Nueske war, dass<br />
sie auch von einem umweltfreundlichen<br />
Elektrofahrzeug<br />
gezogen werden können.<br />
Möglichst unter 750 Kilo,<br />
maximal eine Tonne bringen<br />
Der Mini-Camper Mink ist auf das Notwendigste reduziert: zwei<br />
Schlafplätze und ein Dach über dem Kopf. <br />
Foto: Mink<br />
die Gefährte auf die Waage.<br />
Um sie preiswert anbieten zu<br />
können, arbeitet Nueske nach<br />
eigenen Angaben mit Firmen<br />
aus der Ukraine, Frankreich,<br />
Island und der Türkei zusammen.<br />
In Deutschland habe er<br />
keinen vergleichbaren Partner<br />
gefunden, der Qualität<br />
und Preise dieser ausländischen<br />
Partner bieten könne.<br />
Demnächst plant er auch den<br />
Vertrieb eines kleinen isländischen<br />
Wohnwagens, der sich<br />
Mink nennt, und greift damit<br />
einen zweiten Trend auf: puristische<br />
Kleinstwohnwagen.<br />
Bayram Koc ist Geschäftsführer<br />
der Kaiser Fahrzeugbau<br />
im westfälischen<br />
Ascheberg und hat vor einigen<br />
Jahren den Trend zur<br />
Auch bei Reisebussen hält der Offroad-Stil Einzug: So hat Westfalia<br />
den Amundsen mit einem Offroad-Paket ausgestattet. Foto: westFAlia<br />
Am Bushcamp-Caravan sind Schaufeln platziert, um festgefahrene<br />
Räder aus dem Schlamm befreien zu können. Foto: Wheelhouse<br />
Schrumpfkur, zu immer<br />
kleineren Fahrzeugen, erkannt,<br />
der auch die Reisemobil-<br />
und Caravanbranche<br />
erreicht hat. Noch 2015 war<br />
Koc mit Prototypen des Teardrop<br />
Caravan unterwegs, erwägte<br />
die Pros und Contras,<br />
bis 2016 das erste handgefertigte<br />
Verkaufsmodell fertig<br />
war: ein tropfenförmiger<br />
Wohnwagen in den Abmessungen<br />
eines Kleinstwagens<br />
und damit weit kompakter<br />
als gewöhnliche Wohnwagen.<br />
Der knapp 11 000 Euro teure<br />
Teardrop von Kaiser ist mit<br />
600 Kilo so leicht, dass man<br />
ihn an der Deichsel geführt<br />
per Hand rangieren kann.<br />
Man hat fließend Wasser,<br />
Schlafplatz für zwei und auf<br />
Wunsch eine Diesel-Standheizung<br />
oder Solarpanel auf dem<br />
Dach. Verzichten muss der<br />
Camper auf Toilette, Dusche,<br />
und gegessen wird draußen<br />
am Anklapptisch. Dass man<br />
gewissermaßen gezwungen<br />
sei, in der Natur zu sein,<br />
sieht Koc als Vorteil: „Es ist ja<br />
Camping.“<br />
Es gibt mit dem Kulba Teardrop<br />
noch einen ähnlichen<br />
Hänger – die Kochzeile ebenfalls<br />
unter der Heckklappe –<br />
doch produziert wird dieser<br />
mit 3,34 Meter Länge ebenfalls<br />
sehr kompakte Wohnwagen<br />
in Lettland. Mit dem<br />
Mini K Family aus Tschechien<br />
und dem Caretta 1500 aus der<br />
Türkei gibt es weitere Konkurrenzmodelle.<br />
Ein wahres<br />
Leichtgewicht ist der leer<br />
470 Kilogramm wiegende<br />
Steeldrop mit Edelstahlaußenhaut<br />
aus der Ukraine.<br />
Beim Caravaning Industrie-<br />
Verband (CIVD) verzeichnet<br />
man schon seit Jahren, dass<br />
immer kompaktere Fahrzeuge<br />
angeboten werden, doch<br />
laut Geschäftsführer Daniel<br />
Onggowinarso spitzt sich der<br />
Trend zu. „Wir sehen, dass die<br />
Leute im Urlaub zusehends<br />
den Roadtrip-Charakter wollen<br />
und nicht mehr so lange<br />
an einem Ort bleiben. Dazu<br />
eignen sich vor allem kompaktere<br />
Fahrzeuge, die einfacher<br />
zu handeln sind“, sagt<br />
Onggowinarso. Mit einem<br />
Zehn-Meter-Wohnmobil<br />
durch enge Gassen in Süditalien<br />
zu fahren – das wollten<br />
viele Kunden offenbar erst<br />
gar nicht ausprobieren.<br />
Kontakt zu den <strong>Auto</strong>ren<br />
a.wegwerth@nordkurier.de<br />
Nutzer-Umfrage<br />
Beliebte<br />
Camper<br />
Berlin. Passend zum Abenteuer-Trend<br />
verzeichnet die<br />
Mobil-Branche eine gestiegene<br />
Nachfrage nach kleinen<br />
und kompakten Campern.<br />
Laut einer Umfrage des<br />
Branchendienstes Reisemobil<br />
sind derzeit die folgenden<br />
Marken die beliebtesten kompakten<br />
Camper-Modelle der<br />
Deutschen.<br />
Platz 1: VW California Ocean:<br />
Grundpreis: ab 59 863 Euro;<br />
Länge: 4,90 m; Gesamtgewicht:<br />
ab 3000kg; weitere Modelle: 1 <br />
<br />
Foto: Volkswagen AG<br />
Platz 2: Ford Nugget:<br />
Grundpreis: ab 52 598 Euro;<br />
Länge: 4,97 m; Gesamtgewicht:<br />
ab 3140 kg; weitere Modelle: 1<br />
<br />
Foto: Ford/WEStFAlia<br />
Platz 3: Hymer-Car Sydney:<br />
Grundpreis: ab 47 190 Euro;<br />
Länge: 4,96 m; Gesamtgewicht:<br />
ab 3500 kg, weitere Modelle: 1<br />
<br />
Foto: Hymer<br />
Platz 4: Westfalia Kepler:<br />
Grundpreis: ab 50900 Euro;<br />
Länge: 5,30 m; Gesamtgewicht:<br />
ab 2800 kg; weitere Modelle: 2 <br />
<br />
Foto: Volkswagen AG<br />
Platz 5: Mercedes Marco Polo:<br />
Grundpreis: ab 56608 Euro;<br />
Länge: 5,14 m; Gesamtgewicht:<br />
ab 3100 kg; weitere Modelle: 1 <br />
<br />
Foto: Daimler