DAV Panorama 3/2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>DAV</strong>-Jubiläum: Alpinismus als Kultur<br />
spätestens 1933 der NS-Führung an, wird 1938 gleichgeschaltet und<br />
dadurch ein Teil der Nazi-Unkultur, die neben Millionen Menschen<br />
auch aktuelle Kulturschätze als „Entartete Kunst“ zerstörte.<br />
Und im Zweiten Weltkrieg gingen gemeinsam mit dem Verein<br />
auch seine Publikationen, die Bibliothek und das Museum unter.<br />
Fotos: <strong>DAV</strong>-Archiv (3), <strong>DAV</strong>-Archiv/Reinhard Karl, Jürgen Stäudtner<br />
1932<br />
Paul Bauers Buch über die<br />
Kangchendzönga-Expedition<br />
gewinnt bei den Kunstwettbewerben<br />
der Olympischen<br />
Spiele (gab’s von 1912-1948)<br />
Gold in der Kategorie<br />
Literatur<br />
1935<br />
In Berlin ist ein regelmäßiges<br />
Fernsehprogramm in<br />
hochauflösender Qualität<br />
empfangbar<br />
1936<br />
„Junger Mensch im Gebirg“<br />
– Leo Maduschkas romantisch<br />
inspiriertes Kultbuch<br />
1943<br />
Die Zentral-Bibliothek und<br />
das Alpine Museum in<br />
München werden bei einem<br />
Luftangriff zerstört<br />
1948<br />
Die „Mitteilungen“<br />
erscheinen erstmals wieder<br />
(ab 1999 „<strong>DAV</strong> <strong>Panorama</strong>“),<br />
1951 wieder das „Jahrbuch“<br />
unter <strong>DAV</strong>-Beteiligung<br />
1949<br />
Die Publikationsreihe<br />
„Alpenvereinsführer“ wird<br />
entworfen von Walther Flaig<br />
1950<br />
Die neue Zentral-Bibliothek<br />
wird eröffnet<br />
1951<br />
Erstes Bergfilmfestival Trient<br />
1955<br />
„Jugend am Berg“ erscheint<br />
als eigene Zeitschrift der<br />
J<strong>DAV</strong>. Ab 1967 Bestandteil der<br />
Mitteilungen, seit 2006<br />
Knotenpunkt<br />
1958<br />
<strong>DAV</strong> und OeAV machen<br />
die Kartografie zur<br />
gemeinsamen Aufgabe<br />
AUS DEN RUINEN IN DIE MODERNE<br />
So wie der Verein nach dem Krieg allmählich wieder zu sich<br />
kam, die Bergsteiger sich wieder in die Berge aufmachen konnten,<br />
wurde auch die Kultur wiederbelebt. Die Bibliothek, wie das Museumsgebäude<br />
1943 verbrannt, öffnete 1950 wieder; viele Sektionen<br />
brachten ihre Buchbestände ein und Rickmer Rickmers spendete<br />
nochmals 2000 Bücher. Die „Mitteilungen“, 1944 eingestellt, wurden<br />
in Deutschland 1948 von Fritz Schmitt wiederbelebt, der als<br />
Redakteur und Verleger wie als Vereinspolitiker gegen das<br />
deutschnationale Denken im Verein arbeitete. Das Jahrbuch, 1942<br />
eingestellt, wurde ab 1951 gemeinsam mit dem ebenfalls wiedergegründeten<br />
OeAV herausgegeben, ab 1958 betrieb man die Kartografie<br />
gemeinsam. Nur die Aufgabe Museum überließ der <strong>DAV</strong><br />
dem OeAV, bei dem die im Krieg ausgelagerten Sammlungen geblieben<br />
waren. Das Gebäude auf der Praterinsel wurde umgenutzt<br />
zur Geschäftsstelle des „Hauptvereins“.<br />
Dass dies nicht ganz der ursprünglichen Abmachung entsprach,<br />
wurde Anfang der 1990er Jahre ruchbar und die Stadt München<br />
drohte mit Kündigung. Dr. Helmut Zebhauser nutzte die Gunst der<br />
Stunde. Als Kulturreferent seit 1981 hatte er schon diverse Symposien<br />
und Kunstausstellungen organisiert, die Buchreihe „Alpine<br />
Klassiker“ herausgegeben, ein Buch zur Vereinsgeschichte geschrieben,<br />
gemeinsam mit dem Bayerischen Nationalmuseum ein erstes<br />
Alpines Museum in Kempten aufgebaut. Für München kaufte er<br />
nun eine Reihe von Kunstwerken an und konzipierte eine Ausstellung<br />
der „Ideengeschichte des Alpinismus“. Also genau diese kritische<br />
Spiegelung der wechselnden Motivationen und Werte im Lauf<br />
der Geschichte, die eine der wichtigsten Aufgaben von „Kultur“ ist.<br />
Der Alpinismus hatte einiges erlebt seit Kriegsende. In den<br />
Wirtschaftswunderjahren mit Achttausender-Eroberungen und<br />
Direttissimas herrschte noch ein eher klassisches Bild des „Bergsteigens<br />
schärferer Richtung“ – auch wenn Walter Bonatti daran<br />
erinnerte, dass „die eigentliche Bestimmung des Menschen darin<br />
läge, humaner zu werden“. Ab Ende der 1960er brachten die Hippie-,<br />
Studenten- und Friedensbewegung frischen Wind in die Gesellschaft<br />
– und der Rote Punkt und der Siebte Grad veränderten die<br />
Welt des Bergsports. Eine wichtige kulturelle Rolle spielten damals<br />
die „Mitteilungen“ (heute <strong>DAV</strong> <strong>Panorama</strong>): Der langjährige Schriftleiter<br />
(1971-1998) Elmar Landes entwickelte sie zu einem Forum für<br />
Austausch, Diskussion und Selbstverortung von Verein und Szene.<br />
Sein größter Coup war die clevere Lancierung von Helmut Kienes<br />
Bericht über die Pumprisse, der dem Siebten Grad den Weg öffne-<br />
<strong>DAV</strong> 3/<strong>2019</strong> 27