07.09.19 Lindauer Bürgerzeitung
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22 7. September 2019 · BZ Ausgabe KW 36/19<br />
GESUND LEBEN<br />
Klavier spielend zurück ins Leben kehren<br />
Waldburg-Zeil Kliniken Patient lernt nach einer Hirnblutung in der neurologischen Reha wieder Musik zu machen<br />
Durch das Foyer der Rehabilitationsklinik<br />
Bad Wurzach schwirren<br />
Jazzklavierklänge: Chick Coreas<br />
„Children’s Songs“. Das Publikum<br />
wippt mit. Am Klavier:<br />
ein Duo. Das grüne T-Shirt lässt<br />
erkennen, dass die Pianistin<br />
eine Therapeutin ist. Ist das<br />
etwa kein ganz normales Unterhaltungskonzert?<br />
Nein, es ist<br />
das Abschiedskonzert von Friedhelm<br />
Enz, seit anderthalb Monaten<br />
Patient in der Fachklinik<br />
für Orthopädie, Neurologie<br />
und Altersmedizin.<br />
Verena Jungwirth und Friedhelm<br />
Enz haben am gleichen<br />
Tag in Bad Wurzach begonnen.<br />
Sie als Musiktherapeutin,<br />
er als Patient. Drei Wochen lag<br />
Enz nach einer Hirnblutung<br />
im Februar im Koma. „Er kam<br />
nach drei Monaten Krankenhausaufenthalt<br />
als Patient der<br />
Phasen C und D zu uns in die<br />
Rehabilitationsklinik“, erläutert<br />
Chefarzt Dr. Markus Schlomm.<br />
Patienten in dieser Phase sind<br />
in der Regel sehr eingeschränkt<br />
mobil und in ihrer Alltagskompetenz<br />
erheblich eingeschränkt.<br />
Enz, gelernter Werkzeugmacher,<br />
hatte vor seiner Erkrankung<br />
in drei Bands Klavier und<br />
Hintergrund<br />
Mehr als eine Viertelmillion<br />
Deutsche erleiden jedes Jahr<br />
einen Schlaganfall.<br />
Auch wenn seit 1990 nur noch<br />
halb so viele Menschen daran<br />
sterben, sind Schlaganfälle<br />
nach wie vor gefährliche Ereignisse.<br />
Denn ein Hirninfarkt ist<br />
immer noch die häufigste<br />
Ursache für eine schwere Behinderung<br />
bei Erwachsenen.<br />
Nach der Behandlung auf<br />
einer Stroke Unit beginnt die<br />
eigentliche „Arbeit“ während<br />
Gitarre gespielt. Aufgrund seiner<br />
Erkrankung war an Musizieren<br />
zunächst gar nicht mehr<br />
zu denken. „Dabei hat mir Musik<br />
immer geholfen“, erzählt<br />
Enz. „Umso schlimmer war,<br />
dass ich nun überhaupt keine<br />
Musik mehr machen konnte.“<br />
Musik, wo Worte fehlen<br />
der Reha.<br />
Die einzelnen Behandlungsphasen<br />
werden je nach Schwere<br />
in die Phasen B bis F eingeteilt.<br />
In den Waldburg-Zeil Kliniken<br />
in Bad Wurzach und Wangen<br />
werden Patienten in den<br />
Phasen B, C und D behandelt.<br />
Eine Reha dauert meist wenige<br />
Wochen bis zu drei Monate.<br />
Ärzte, Physio-, Musik- und Ergotherapeuten,<br />
Logopäden,<br />
Neuropsychologen und -pädagogen<br />
sowie die Pflegekräfte<br />
Ein Konzert der besonderen Art fand in der Rehabilitationsklinik Bad Wurzach statt. Patient Friedhelm<br />
Enz verabschiedete sich nach mehreren Wochen Reha. Nach einer Gehirnblutung kann er nun wieder<br />
gehen, sprechen, seinen Alltag selbstständig gestalten – und Klavier spielen. Dieses Konzert war für<br />
Chefarzt Dr. Schlomm, Patienten und Therapeuten ein außerordentliches Erlebnis.<br />
BZ-Fotos: WZK<br />
Gerade für neurologische<br />
Patienten wie Friedhelm Enz<br />
habe man in der Waldburg-<br />
Zeil Klinik die Musiktherapie<br />
aufgebaut, ist vom Chefarzt zu<br />
erfahren. Denn sie biete umfassende<br />
Impulse in den Bereichen<br />
Sprache, psychisches Befinden,<br />
kognitive Fähigkeiten,<br />
Koordination und Motorik.<br />
Verena Jungwirth ergänzt:<br />
„Viele Patienten können nach<br />
einem Schlaganfall z.B. nur<br />
eingeschränkt oder gar nicht<br />
sprechen, weil das Sprachzentrum<br />
in der linken Hirnhälfte<br />
gestört ist. Singen hilft Menschen,<br />
wieder sprechen zu lernen.<br />
Denn die von der Musik<br />
angesprochenen Zentren im Gehirn<br />
knüpfen neue Verbindungen.<br />
Hinzu kommen die Möglichkeit<br />
von Klangreisen und die<br />
emotionale Seite von Musik,<br />
über die sich Patienten ausdrücken<br />
können, selbst wenn ihnen<br />
die Wörter fehlen.“ So ergänzt<br />
die Musiktherapie in Bad Wurzach<br />
alle anderen angebotenen<br />
Behandlungsmöglichkeiten.<br />
kennen die speziellen Bedürfnisse<br />
von Schlaganfallpatienten.<br />
Sie gehen behutsam auf<br />
jeden einzelnen Patienten ein,<br />
um seine individuellen Stärken<br />
herauszufinden und die Defizite<br />
gezielt zu behandeln. So wird<br />
jeder Patient optimal gefördert.<br />
In der Rehabilitationsklinik<br />
Bad Wurzach stehen 210 Betten<br />
zur Verfügung. Dort betreuen<br />
210 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
jährlich 3.300 Patientinnen<br />
und Patienten.<br />
Viele kleine Schritte<br />
Auch Friedhelm Enz berichtet,<br />
dass er nach der Gehirnblutung<br />
keine Stimme mehr<br />
hatte. Stimulierend wirkten bei<br />
ihm unter anderem Logopädie,<br />
Ergo- und Physiotherapie. Zusammen<br />
mit Verena Jungwirth<br />
tastete er sich mit vielen kleinen<br />
Schritten wieder an „sein“<br />
Klavier heran. Die erfahrene<br />
Therapeutin half ihm, seine<br />
Hände zu koordinieren und Bewegungen<br />
über den Rhythmus<br />
wieder fließender auszuführen.<br />
Die hörbaren Fortschritte am<br />
Klavier und die Atmosphäre in<br />
der Klinik motivierten den<br />
Patienten besonders. Da lag es<br />
für den Vollblutmusiker nahe,<br />
zusammen mit Verena Jungwirth<br />
zu musizieren und<br />
schließlich erstmals seit der<br />
Gehirnblutung wieder aufzutreten.<br />
„Ich möchte allen meinen<br />
Therapeuten und Ärzten hier<br />
in Bad Wurzach mit meinem<br />
Abschiedskonzert Dankeschön<br />
sagen“, so Friedhelm Enz. „Und<br />
ich möchte anderen Mut machen,<br />
zeigen, was dank der<br />
Therapie alles wieder funktionieren<br />
kann.“<br />
Was alles möglich ist, davon<br />
hat er sein Publikum überzeugt.<br />
Jetzt heißt es für Friedhelm<br />
Enz mit einem letzten<br />
Song von John Denver: „All<br />
my bags are packed… I’m ready<br />
to go“.<br />
Natürlich freut sich Enz<br />
nach so langer Zeit auf sein<br />
Zuhause in Kochstetten bei<br />
Hayingen auf der schwäbischen<br />
Alb. Dort warten neue<br />
Herausforderungen auf den<br />
61-Jährigen: die oft unebenen<br />
Dorfwege, die Verbindung von<br />
ambulanter Therapie und Alltag<br />
und irgendwann wieder<br />
Beruf und Band.<br />
BZ<br />
Günstigere Regelungen für alle Mitarbeiter/-innen<br />
Beitritt zum VPKA 7,1 Prozent Tarifsteigerung – 30 Tage Urlaub auch für Azubis – Vielfältige Sozialleistungen<br />
Die Waldburg-Zeil Kliniken GmbH<br />
& Co KG sind als ordentliches Mitglied<br />
in den Verband der Privaten<br />
Krankenanstalten (VPKA) Baden-<br />
Württemberg eingetreten.<br />
Die bisherigen günstigeren Regelungen<br />
aus dem WZK-PKA-<br />
Haustarif finden weiterhin für<br />
alle Waldburg-Zeil Mitarbeiter<br />
Anwendung. Das betrifft zum<br />
Beispiel die wöchentliche Arbeitszeit<br />
von 38,5 Stunden<br />
oder die bezahlte Dienstbefreiung<br />
zu Weihnachten und zu<br />
Silvester. Günstigere Regelungen<br />
aus dem neuen Tarif VPKA<br />
im Verhältnis zum Haustarif,<br />
wie zum Beispiel die Höhe des<br />
Entgeltes sowie die der nächsten<br />
Tarifsteigerungen am 1. März<br />
2020 werden ebenfalls Anwendung<br />
finden. Für alle Auszubildenden<br />
der Waldburg-Zeil Kliniken<br />
gilt jetzt der TVAöD-Allgemeiner<br />
Teil. Sie haben in Zukunft<br />
ebenfalls 30 Tage Urlaub.<br />
Vereinbart wurde zudem,<br />
dass für die Akutbereiche der<br />
Waldburg-Zeil Fachkliniken<br />
Wangen bis 1. Juli 2020 TVÖD-<br />
Niveau erreicht wird.<br />
„Mit dem Eintritt in den<br />
VPKA sowie den zusätzlichen<br />
Leistungen nach dem Günstigkeitsprinzip<br />
bieten wir an<br />
allen Waldburg-Zeil Standorten<br />
mit einer Entgelterhöhung<br />
von 7,1 Prozent sowie vielfältigen<br />
Zusatzvereinbarungen attraktive<br />
Konditionen, vielfältige<br />
Sozialleistungen, sichere und<br />
wohnortnahe Arbeitsplätze“,<br />
so die Unternehmensführung<br />
der Waldburg-Zeil Kliniken,<br />
vertreten durch Ellio Schneider:<br />
„Wir arbeiten seit vielen Jahren<br />
bereits eng mit dem VPKA<br />
zusammen bzw. bereits im<br />
VPKA Baden-Württemberg mit.<br />
Mit dem jetzt vollzogenen Eintritt<br />
bieten wir unseren Mitarbeitern<br />
einen Branchentarif,<br />
also Planbarkeit und finanzielle<br />
Sicherheit sowie Unabhängigkeit<br />
von individuellen Einzelinteressen“,<br />
führt Schneider<br />
aus.<br />
Am 1. Januar 2019 trat das<br />
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz<br />
(PpSG) in Kraft. Nun können<br />
Krankenhäuser und Pflegeheime<br />
mehr Pflegepersonal einstellen.<br />
Die Kosten dafür bekommen<br />
sie von den Krankenkassen<br />
zurückerstattet. Zudem<br />
tragen die Kassen die vollständigen<br />
Kosten für Tarifsteigerungen<br />
für die Pflegekräfte im<br />
Krankenhaus. Auch die Vergütung<br />
von Azubis in der Kinderkrankenpflege,<br />
Krankenpflege<br />
sowie Krankenpflegehilfe im<br />
ersten Ausbildungsjahr werden<br />
von den Kassen übernommen.<br />
Die Reha-Einrichtungen sind<br />
von diesem Gesetz ausgeschlossen.<br />
Hier wird mehr Personal<br />
nicht durch den Gesetzgeber gegenfinanziert.<br />
Das kann Rehakliniken<br />
wirtschaftlich gefährden.<br />
Der Verband privater Klinikträger<br />
in Baden-Württemberg<br />
e. V. (VPKA) versteht sich seit<br />
über 50 Jahren als Fach- und<br />
Arbeitgeberverband, der die gemeinsamen<br />
Belange der Privatkrankenanstalten<br />
in Baden-<br />
Württemberg in gesellschaftlichen,<br />
sozialpolitischen und tariflichen<br />
Angelegenheiten wahrnimmt.<br />
Der Verband vertritt<br />
diese insbesondere gegenüber<br />
der Öffentlichkeit, der Regierung,<br />
den politischen Parteien,<br />
den Behörden, den fachlichen<br />
und überfachlichen Unternehmensorganisationen<br />
sowie<br />
den Gewerkschaften. BZ