Ausgabe 188
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>188</strong> / 05. 09. 2019<br />
Wirtschaft<br />
62<br />
Finanzkrise langsam abzuklingen begann.<br />
Neben der Abschwächung in China und an -<br />
deren Wachstumsmärkten belastet die österreichischen<br />
Exporteure insbesondere die<br />
schleppende Konjunktur in Deutschland. Da -<br />
gegen erweist sich derzeit einmal mehr die<br />
enge Verflechtung mit den osteuropäischen<br />
Märkten als Vorteil.<br />
Unter dem Eindruck der nachlassenden<br />
Nachfrage aus dem Ausland hat sich die<br />
Stimmung in der exportorientierten heimischen<br />
Industrie im Juli weiter verschlechtert<br />
und unterschreitet nun den zweiten Monat in<br />
Folge den langjährigen Durchschnitt. Allerdings<br />
ist die österreichische Industrie im in -<br />
ternationalen Vergleich weiterhin deutlich<br />
zuversichtlicher, denn die kräftige Binnenkonjunktur<br />
hält die Auftragsrückgänge in<br />
Grenzen. Am Bau hat sich die Stimmung im<br />
Juli sogar wieder verbessert und bewegt sich<br />
weiter nahe der Rekordstände vom Herbst<br />
2018. Auch im Dienstleistungssektor hat der<br />
Optimismus wieder etwas zugenommen, mit<br />
einer weiterhin überdurchschnittlich guten<br />
Stimmung der österreichischen Konsumenten<br />
im Rücken.<br />
Verhaltene Aussichten<br />
für die zweite Jahreshälfte<br />
Mittlerweile erhöht sich die Gewißheit,<br />
daß die Verlangsamung des Wirtschaftswachs -<br />
tums auf durchschnittlich 1,6 Prozent in der<br />
ersten Jahreshälfte 2019 keine kurze Konjunkturdelle<br />
war. Zwar signalisieren jüngste<br />
Daten, daß rund um die Jahresmitte der globale<br />
Handel wieder etwas an Schwung ge -<br />
wonnen hat, doch gleichzeitig haben die po -<br />
litischen Unsicherheiten und die protektionistischen<br />
Tendenzen wieder zugenommen,<br />
was die weiteren Aussichten für den weltweiten<br />
Handel erneut beeinträchtigt. In diesem<br />
Umfeld wird in der zweiten Jahreshälfte<br />
die Dynamik der österreichischen Ex porte<br />
weiter nachlassen. Der Außenhandel wird<br />
2019 daher kaum einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum<br />
in Österreich leisten können,<br />
zumal der Importbedarf aufgrund der<br />
starken Inlandsnachfrage in den kommen den<br />
Monaten voraussichtlich hoch bleiben wird.<br />
„Die Inlandsnachfrage wird in den kommenden<br />
Monaten erneut die treibende Kraft<br />
sein, aber das Wirtschaftswachstum wird<br />
aufgrund der fehlenden Unterstützung durch<br />
den Außenhandel in der zweiten Jahreshälfte<br />
die Marke von 1,5 Prozent in Österreich nicht<br />
mehr überspringen. Wir erwarten im Ge samt -<br />
jahr 2019 weiterhin einen Anstieg des BIP<br />
um 1,4 Prozent“, so UniCredit Bank Austria<br />
Ökonom Walter Pudschedl. Aufgrund der<br />
guten Beschäftigungslage, der gestiegenen<br />
Lohndynamik und fiskalischer Impulse wird<br />
der private Konsum mit einem Plus um 1,5<br />
Prozent wachstumsbestimmend sein. Dagegen<br />
wird die Investitionstätigkeit in der zwei -<br />
ten Jahreshälfte stärker an Schwung verlieren.<br />
Während die Auftragslage am Bau noch<br />
weiter für Unterstützung sorgen sollte, wird<br />
die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen<br />
von der nachlassenden Exportkonjunktur<br />
zunehmend belastet.<br />
Wachstumsstabilisierung 2020 unter<br />
schwierigen Rahmenbedingungen<br />
Für 2020 sind derzeit kaum Wachstumsimpulse<br />
erkennbar. Im Gegenteil, der globale<br />
Handel wird unter den Auswirkungen der<br />
Handelskonflikte und der politischen Spannungen<br />
weiter leiden. Hinzu kommen eine<br />
spürbare Abschwächung der Konjunktur in<br />
den USA und sogar das Risiko einer Rezession.<br />
In Europa könnte ein ungeregelter Brexit<br />
Bremsspuren hinterlassen, so daß der<br />
Außenhandel im kommenden Jahr voraussichtlich<br />
keinen Beitrag zum Wirtschaftswachstum<br />
in Österreich leisten können wird.<br />
Das Wachstum in Österreich hängt daher<br />
im Jahr 2020 noch mehr von der Nachhaltigkeit<br />
der Stärke der Inlandsnachfrage ab. Al -<br />
lerdings dürfte die Investitionstätigkeit trotz<br />
der ungebrochen günstigen Finanzierungsbedingungen<br />
in dem schwächeren Konjunkturumfeld<br />
an Kraft verlieren und auch der pri -<br />
vate Konsum sollte mit geringerer Unterstützung<br />
vom Arbeitsmarkt voraussichtlich<br />
weniger schwungvoll ausfallen.<br />
„Der private Konsum dürfte im kommenden<br />
Jahr spürbare fiskalische Impulse erhalten,<br />
die trotz des internationalen Gegenwinds,<br />
der sich auch in einer schwächeren Investitionsdynamik<br />
niederschlagen sollte, ein<br />
Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent er mög -<br />
lichen werden“, meint Pudschedl. Zum einen<br />
dürften die geplanten Reformmaßnahmen<br />
der ÖVP-FPÖ-Regierung, wie unter anderem<br />
die Reduktion der Krankenversicherungs -<br />
beiträge für Geringverdiener, in der Herbstsitzung<br />
des Parlaments noch beschlossen<br />
werden. Zum anderen wurden im Parlament<br />
bereits vor der Sommerpause Maßnahmen,<br />
wie die Valorisierung des Pflegegelds, die<br />
Anhebung der Mindestpension, die Einführung<br />
eines Papamonats und die durch einen<br />
Entscheid des Europäischen Gerichtshofs<br />
notwendige Änderung der Anrechnung von<br />
Vordienstzeiten für Beamte, beschlossen. Die -<br />
se Änderungen werden den Konsum insgesamt<br />
mit bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlich<br />
stützen.<br />
Vorerst keine weitere<br />
Verbesserung am Arbeitsmarkt<br />
Die Konjunkturverlangsamung ist mittlerweile<br />
am österreichischen Arbeitsmarkt<br />
angekommen. Nach saisonbereinigten Daten<br />
ist der zwei Jahre andauernde Verbesserungs -<br />
trend in den ersten Monaten 2019 zum Stillstand<br />
gekommen. Die Arbeitslosenquote liegt<br />
seit Jahresbeginn relativ stabil bei 7,4 Prozent.<br />
Auch in den kommenden Monaten wird<br />
die Beschäftigungsdynamik zu schwach sein,<br />
um angesichts des anhaltenden Anstiegs des<br />
Arbeitskräfteangebots einen Rückgang der<br />
Arbeitslosigkeit zu ermöglichen.<br />
„Nach 7,7 Prozent im Vorjahr gehen wir<br />
für das Gesamtjahr 2019 von einer durchschnittlichen<br />
Arbeitslosenquote von 7,4 Prozent<br />
aus. Im voraussichtlich schwächeren<br />
Konjunkturumfeld ist auch 2020 keine Verbesserung<br />
der Arbeitslosenquote mehr zu<br />
erwarten“, meint Pudschedl. Das Beschäftigungswachstum<br />
wird sich weiter verlangsamen,<br />
sollte jedoch ausreichen, um die Ar -<br />
beitslosigkeit weitgehend stabil zu halten.<br />
Auch 2020 wird die Arbeitslosenquote<br />
durchschnittlich 7,4 Prozent betragen, wobei<br />
abhängig von der Entwicklung der Verstärkung<br />
des Arbeitskräfteangebots aus anderen<br />
EU-Ländern in Österreich die tatsächliche<br />
Quote eher nach oben abweichen könnte.<br />
Inflation weiter<br />
deutlich unter 2 Prozent<br />
In den ersten sieben Monaten 2019 ist die<br />
Teuerung in Österreich auf durchschnittlich<br />
1,7 Prozent gesunken. Zwar sorgte das hohe<br />
Beschäftigungswachstum und die stärkere<br />
Lohndynamik für einen spürbaren Inflationsauftrieb<br />
über die Dienstleistungspreise,<br />
doch die Nahrungsmittelpreise und insbesondere<br />
die Energiepreise dämpften die Teuerung.<br />
Der Handelskonflikt zwischen den<br />
USA und China dämpft die globale Konjunktur<br />
und drückte damit jüngst die Ölpreise<br />
auf unter 60 US-Dollar pro Barrel. Die an -<br />
gespannte Lage im Nahen Osten und der<br />
Bürgerkrieg in Libyen können den Ölpreisrückgang<br />
derzeit nur mildern. „Die Inflation<br />
wird in den kommenden Monaten durch den<br />
niederen Ölpreis spürbar gedämpft. Gleichzeitig<br />
wird der nach oben gerichtete, nachfrageseitige<br />
Druck auf die Preise etwas zu -<br />
nehmen. Diese beiden Effekte werden sich<br />
weitgehend ausgleichen. Die Inflation wird<br />
in der zweiten Jahreshälfte 2019 weiter sehr<br />
moderat ausfallen und im Jahresdurchschnitt<br />
voraussichtlich höchsten bei 1,7 Prozent liegen“,<br />
meint Bruckbauer abschließend. n<br />
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