VDRK 30 Jahre Jubiläumsbuch 2019
Wasser ist Leben. Abwasser auch. 1989 · 9. November · 2019
Wasser ist Leben.
Abwasser auch.
1989 · 9. November · 2019
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Schon in der Probearbeitswoche ist Palaske perplex: Ein Kfz, das<br />
Abwasser reinigen kann. Ein Fahrzeug, das prüft, ob die Kanäle<br />
dicht sind. Ein Roboter, der die Kanäle inspiziert. Technik im Wert<br />
von Millionen Euro. Hätte er sich das vorher vorstellen können?<br />
„Nicht im Ansatz! Die Technik ist so vielfältig – da musste ich mich<br />
echt anstrengen, um zu kapieren, was wie funktioniert. Schließlich<br />
wollte ich das alles nicht nur benutzen, sondern auch verstehen.“<br />
Klar, wenn man Kfz-Mechatroniker werden wollte. Sein Lieblingsgerät?<br />
„Kanalreinigungsfahrzeuge – beim Spülen ist die Wirkung<br />
einfach verblüffend.“<br />
„Wir machen alles vom Handwaschbecken bis zur Kläranlage“,<br />
erzählt Palaske, aber besonders faszinieren ihn die XXL-Formate:<br />
„Diese Großkanäle mit drei, vier Metern Durchmesser sind wie eine<br />
Stadt unter der Stadt. Man findet dort auch alles vom Kinderbett<br />
bis zum Einkaufswagen – wir überlegen immer, wie die da wohl<br />
hingekommen sein mögen.“<br />
Die Faszination des Berufes liegt im Kopf<br />
Überhaupt findet die Faszination des Berufes bei ihm im Kopf statt:<br />
„Stellen Sie sich den Alex (Alexanderplatz im Zentrum Berlins) oder<br />
das Bundeskanzleramt vor: Oben eine Million Touristen oder 100<br />
Politiker und wir sorgen untendrunter dafür, dass alles fließt und<br />
funktioniert – aber die haben keine Ahnung von uns.“ Stimmt – und<br />
wenn man es so betrachtet, bekommt „Die Macht im Schacht“ der<br />
Slogan von MKM, eine viel weiter reichende Bedeutung ... Palaske<br />
setzt nach: „Ehrlich gesagt finde ich es ein bisschen schade, dass<br />
ich heute kaum noch vor Ort im Einsatz bin.“<br />
Nun hat der Mann in der Hauptstadt natürlich besonders spannende<br />
Arbeitsplätze, oder? Widerspruch: „Nee-nee. Schauen Sie aus der<br />
Vogelperspektive auf Deutschland: Unter jedem Haus und jedem<br />
Feld, unter jeder Fabrik und jedem Bahnhof, unter dem Bundeskanzleramt<br />
und dem Flüchtlingsheim – überall liegen Kanäle. Die<br />
Hygiene sichern. Auf die Menschen angewiesen sind. Und manches<br />
Problem darin ist erheblich komplexer als vermutet. Darum kümmern<br />
wir uns.“ So spricht jemand, der mal Krankenpfleger werden<br />
wollte.<br />
„Die Macht im Schacht“<br />
„Herr Palaske, wie erklären Sie Menschen, die keine Ahnung haben,<br />
Ihren Beruf?“ Die Frage kennt er: „Seit zwölf <strong>Jahre</strong>n rette ich jeden<br />
Tag Leute vorm Absaufen. Ähnlich wie die Feuerwehr. Ich sage oft:<br />
Stellt Euch vor, was passieren würde, wenn wir nur 24 Stunden<br />
komplett streiken würden.“ „Und?“ „Eben!“ „Sie sind also sozusagen<br />
eine hochtechnisierte Pflegekraft der Wasserwirtschaft?“ Palaske<br />
lacht: „Das kann man so sehen.“ Also: Krankenpfleger + Kfz-Mechatroniker<br />
= Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice –<br />
nennen wir es die Palaske-Gleichung.<br />
Menschen seien ihm wichtig, hatte Philipp Palaske am Anfang des<br />
Gespräches gesagt. Das wollen wir genauer wissen – ein Kanal ist<br />
schließlich weder Partyzone noch Sprechzimmer. Nein, das mit den<br />
Menschen habe er auf seine neuen Aufgaben als Geschäftsführer<br />
bezogen. Aus dem Schacht an die Macht? „Nein.“ Palaske wird ernst:<br />
Er will, dass die rund 70 Mitarbeiter bei Mayer Kanalmanagement<br />
sich wohlfühlen, ihren Job gern machen – und stolz darauf sind.<br />
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