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Marcel: Wenn du jetzt auf 31 Jahre mit "Dr. Carsten<br />
Flöter" zurückschaust…<br />
Georg: Oh Gott, das macht mich so alt. Was kommt jetzt<br />
für eine Frage?<br />
Marcel: …welche Szene kommt dir dann sofort vor dein<br />
geistiges Auge?<br />
Georg: Szenen, die einem selber nahe gegangen sind.<br />
Ich denke z.B. an den Tod meiner Kollegin Ute Mora, die<br />
an Krebs gestorben ist, aber bis zum Schluss sehr professionell<br />
vor der Kamera war und sich nichts anmerken<br />
ließ. Ich war in meiner Rolle ihr Chef, sie meine Sprechstundenhilfe.<br />
Meine Aufgabe war dann, ihrem Serienehemann "Hajo" zu sagen, dass seine Frau gestorben ist.<br />
Und Utes Tod lag erst wenige Tage zurück. Da vermischte sich Realität und Fiktion und das ging mir sehr nah.<br />
Marcel: Du hast so viele Facetten in deiner Rolle als "Dr. Carsten Flöter" gezeigt, wirst von vielen aber gerne<br />
auf den "ersten schwulen Kuss in einer deutschen Fernsehserie" reduziert. Ärgert dich so etwas?<br />
Georg: Ich bin für viele Menschen schwer zu kategorisieren. Ich spiele im Theater, mache Fernsehen, Stand<br />
Up Comedy, arbeite als Produzent und Autor… Ich nenne mich darum gerne Unterhaltungsfacharbeiter. Es<br />
kam durch die "Schillerstraße" eine völlig neue Zuschauerklientel hinzu. Das hat inzwischen viel vom "ersten<br />
schwulen Kuss" abgelenkt. Der große Aufschrei, den diese Szene und allgemein ein Schwuler im deutschen<br />
Fernsehen damals auslöste, ist inzwischen zum Glück verstummt.<br />
Marcel: Wärst du mit "Dr. Carsten Flöter" auch privat befreundet?<br />
Georg: Ja. Er sieht ungemein gut aus (lacht). Es ist eine schwierige Frage, denn für mich ist es wichtig, eine<br />
gewisse Distanz zur Rolle zu haben. Ich muss die Person mental und strukturell begreifen, um sie verkörpern<br />
zu können. Ich könnte die Rolle aber nicht spielen, wenn ich "Carsten" nicht mögen würde.<br />
Marcel: Seid ihr euch denn ähnlich, deine Rolle und du?<br />
Georg: Ich würde "Dr. Carsten Flöter" gerne ein wenig von meiner Lebensfreude wünschen, im Gegenzug<br />
hätte ich aber auch gerne etwas von seiner Strukturiertheit, seiner Klarheit. Wir würden uns gut ergänzen.<br />
Wir wären beide konfliktfähig, könnten aber auch Spaß miteinander haben.<br />
Marcel: Ich kann kein Interview mit dir führen, ohne über Musik zu sprechen. Du bist für mich einer der<br />
besten Kenner der Musikszene, speziell auch bezogen auf den ESC.<br />
Marcel: Welcher ESC-Beitrag der letzten Jahre oder Jahrzehnte ist dein Favorit?<br />
Georg: Das ist eine Hitparaden-Frage, das ändert sich bei mir täglich. Viele kennen die Lieder gar nicht, sie<br />
waren zum Teil auch vor meiner Zeit. Aber wenn ich jetzt einen Titel benennen muss, dann aus dem Jahr<br />
1969. Damals gab es tatsächlich vier Siegertitel, alle mit derselben Punktzahl. Eines dieser vier Lieder gehört<br />
zu meinen Allzeit-Favoriten: Un jour, un enfant von Frida Boccara ist ein wunderschönes französisches Chanson<br />
mit einem tollen Text. Von den aktuelleren Beiträgen fällt mir aus dem Jahr 2012 Loreen mit Euphoria ein.<br />
Marcel: Ich finde Wencke Myhre klasse. Ihr Auftritt im gelben Kleid ist mir unvergesslich.<br />
Georg: Das war aber auch vor deiner Zeit, 1968 Platz 6 für Deutschland. Aber es freut mich, denn ich bin<br />
halber Norweger und Wencke hat das toll gemacht damals.<br />
Marcel: Vor einigen Jahren warst du für die ARD bei den Vorentscheidungen des ESC tätig, wie schaust du<br />
dir heute dieses TV-Ereignis an? Ganz traditionell mit Käse- und Mettigel vor dem Fernseher?<br />
Georg: Das ist ein Bild, das ich auch damals gerne mitkreiert habe. Ich habe meist in den Tagen vor dem ESC<br />
kaum Freizeit, da mich viele als Orakel befragen möchten/müssen/wollen, und ich meine Tipps abgebe sowie<br />
Artikel und Kolumnen schreibe. Der ESC-Abend selbst bleibt aber tatsächlich frei und wird mit Freunden entsprechend<br />
gemütlich zelebriert.<br />
Marcel: Mit wem würde denn "Dr. Carsten Flöter" den ESC vor dem Fernseher anschauen?<br />
Georg: Die Folgen spielen ja immer donnerstags in der "Lindenstraße", da würde es schwierig für "Carsten"<br />
mit dem ESC…<br />
Marcel: Aber er könnte donnerstags die Einladungen<br />
zum Fernsehabend verschicken…<br />
Georg: (lacht) stimmt, und er könnte schon anfangen<br />
das Essen vorzubereiten. Er würde sicherlich "Sunny",<br />
"Tanja" und "Lotti" einladen. Aber da der ESC ein sehr<br />
junges Publikum hat, würde er auch "Lea" und "Timo"<br />
einladen. "Murat" und "Lisa" auch, ich würde alle einladen.<br />
Ich fände es schön, wenn "Carsten" das ganze<br />
Haus in seine kleine Wohnung einlädt.<br />
Marcel: Ein schöner Gedanke. Nicht nur Silvester-Tanz,<br />
sondern auch ESC-Party in "Carstens" Wohnung.<br />
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