Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SCHWEIZ<br />
NOVEMBER <strong>2019</strong>, CHF 3.80<br />
ABSEITS <strong>DE</strong>S ALLTÄGLICHEN<br />
SVEN<br />
SCHELKER<br />
Wie der Schweizer<br />
Schauspieler<br />
sein Leben<br />
als Abenteuer<br />
durchzieht<br />
RAF CAMORA<br />
Warum der Rap-Superstar<br />
am Zenit seines Erfolgs aufhört –<br />
und wie es weitergeht<br />
JETZT ABONNIEREN!<br />
GETREDBULLETIN.COM
Tarraco Style 2.0 TDI, 150 PS, 7-Gang-DSG, 4Drive, 5-Türer, Barkaufpreis Fr. 43’200.–, abzüglich Fr. 1’000.– Advantage-Prämie, abzüglich 4x4 for free-Prämie Fr. 2’050.– = Nettopreis<br />
Fr. 40’150.– oder Fr. 349.–/Monat. Empfohlener Verkaufspreis inkl. MwSt. (unverbindliche Preisempfehlung des Importeurs AMAG Import AG). Normverbrauch gesamt 5.6 l/100 km, 146 g CO 2<br />
/km<br />
(137 g Ø Neuwagen), 24 g CO 2<br />
/km Energie Bereitst. Energieeffizienzkategorie: D. Angebot gültig bis 31.10.<strong>2019</strong>. Leasing: effektiver Jahreszins 1.92%, Laufzeit 48 Monate (10’000 km/Jahr),<br />
Sonderzahlung 20%, exkl. obligatorischer Vollkaskoversicherung. Die Kreditvergabe ist verboten, falls sie zur Überschuldung des Konsumenten führt. Laufzeit: 1.9.–31.10.<strong>2019</strong> für alle Neuwagen<br />
der Marke SEAT bei Finanzierung über AMAG Leasing AG. Nur bei teilnehmenden Partnern.<br />
Der neue Tarraco<br />
jetzt mit<br />
· 4x4 gratis<br />
· 1.9% Leasing<br />
Mehr unter: seat.ch/4Drive
E D I T O R I A L<br />
WILLKOMMEN<br />
HÖHEN<br />
& TIEFEN<br />
PASCAL KEROUCHE (COVER), TOBIAS FRIEDRICH<br />
EISKALT<br />
ERWISCHT<br />
Selfie bei null Grad:<br />
von Boetticher (li.)<br />
mit Tobias Friedrich.<br />
Mehr Bilder<br />
des Starfotografen:<br />
ab Seite 20<br />
Als RAF Camora Ende August seiner Heimatstadt<br />
Wien einen Besuch abstattete, lösten die ebenso<br />
spontan wie zahlreich herbeigeeilten Fans einen<br />
Grosseinsatz der Polizei aus. Nachdem er sein<br />
letztes Album veröffentlicht hatte, sorgten die<br />
13 Songs in den Top 15 der Charts für eine<br />
Änderung der Zählweise.<br />
Der 35-Jährige steht<br />
am Höhepunkt seiner<br />
Rap-Karriere. Und genau<br />
deshalb beendet er sie.<br />
Warum das Sinn ergibt,<br />
verrät er im Interview<br />
ab Seite 40.<br />
Weniger Höhepunkte,<br />
sondern vielmehr tiefe<br />
Stellen sind das Ziel von<br />
Apnoe- Taucherin Anna von Boetticher. Diesmal hat<br />
es die Deutsche nach Grönland in einen gefrorenen<br />
Fjord verschlagen. Ab Seite 20 tauchst du mit ihr<br />
ab. Vorausgesetzt, dich schrecken minus 27 Grad<br />
Aussentemperatur nicht ab.<br />
Viel Spass mit der<br />
neuen Ausgabe von<br />
<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>!<br />
Die <strong>Red</strong>aktion<br />
FRAGE: WIE SORGEN<br />
STYROPORBECHER<br />
WIE DIESER FÜR ACTION?<br />
Antwort: auf Seite 49<br />
STILBEWUSST<br />
Schwarzes Cap, Brille, Nike-Shirt,<br />
dunkle Hosen, helle Sneakers.<br />
Autor Jonas Vogt (re.) hat sich<br />
offensichtlich minutiös auf RAF<br />
Camora vorbereitet. Das Ergebnis<br />
des Treffens: ab Seite 40<br />
75 %<br />
aller Spiele hat PostFinance Helix<br />
bislang gewonnen. Um die Quote<br />
weiter zu steigern, trainiert das<br />
Schweizer E-Sport-Team nicht nur<br />
an den Bildschirmen, sondern auch<br />
körperlich hart: ab Seite 58<br />
3
INHALT<br />
<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
<strong>November</strong> <strong>2019</strong><br />
78<br />
FLUGKÜNSTLER Tom Noonan kennt nichts<br />
Erhebenderes als den freien Fall in Nepal.<br />
COVERSTORY<br />
40 ABGANG MIT ANSAGE<br />
Er hat Rap neu definiert und<br />
die Charts dominiert. Er füllt<br />
Arenen, begeistert Millionen.<br />
Nun hört er auf. Uns verrät RAF<br />
Camora, was dahintersteckt.<br />
TAUCHEN<br />
20 EISKALT DURCHGEZOGEN<br />
Anna von Boetticher hat Grönlands<br />
spektakuläre Unterwasserwelt<br />
erforscht. Tauch mit ein!<br />
HOLLYWOOD<br />
34 VOR IHR ZITTERT<br />
<strong>DE</strong>R TERMINATOR<br />
Linda Hamilton kämpft als Sarah<br />
Connor gegen Killer-Maschinen.<br />
Und gegen überholte Ansichten.<br />
DANCE<br />
36 TANZ WIE EIN FIGHTER<br />
Poppin’ C ist im Street Dance<br />
Weltklasse. Weil sein Vater ihn<br />
Disziplin gelehrt hat.<br />
6 GALLERY<br />
12 ZAHLEN, BITTE!<br />
14 KOLUMNE<br />
16 FUNDSTÜCK<br />
18 LIFE HACKS<br />
48 INNOVATOR<br />
<strong>DE</strong>SIGN<br />
38 IN TOP-FORM<br />
ZUM TRAUMJOB<br />
Julian Hönig ist Designer bei<br />
Apple. Und eine Inspiration<br />
für alle Träumer.<br />
FILM<br />
50 OHNE WENN UND ABER<br />
Sven Schelker macht keine<br />
halben Sachen. Schon gar nicht,<br />
wenn er den Umweltaktivisten<br />
Bruno Manser darstellt.<br />
E-SPORT<br />
58 SPORTLICHER,<br />
ALS MAN <strong>DE</strong>NKT<br />
Warum sich die Profi-Gamer<br />
von PostFinance Helix nicht<br />
mit flinken Fingern begnügen.<br />
SUMŌ<br />
64 SCHWERES ERBE<br />
Wie sich der traditionelle<br />
japanische Ringsport in den<br />
USA weiterentwickelt.<br />
96 IMPRESSUM<br />
98 PERFEKTER ABGANG<br />
50<br />
VERWANDLUNGSKÜNSTLER Sven Schelker<br />
wirkt in jedem seiner Filme authentisch.<br />
40<br />
AUSNAHMEKÜNSTLER RAF Camora tritt<br />
ab – aber nicht ohne einen Masterplan.<br />
APACHE PRODUCTIONS, NORMAN KONRAD, PASCAL KEROUCHE, TOBIAS FRIEDRICH<br />
4 THE RED BULLETIN
«Ich bin eine<br />
gestandene<br />
Frau, die<br />
etwas<br />
bewegen<br />
kann.»<br />
LINDA HAMILTON<br />
Die US-Schauspielerin<br />
über Lebenserfahrung als<br />
unterschätzte Stärke.<br />
Seite 34<br />
20<br />
EISKÜNSTLERIN<br />
Anna von Boetticher wagt<br />
einen Apnoe-Tauchgang<br />
im zugefrorenen Fjord.<br />
guide<br />
<strong>DE</strong>IN PROGRAMM<br />
78 REISEN<br />
Für passionierte Wolken-<br />
Kratzer: Skydiving am<br />
Mount Everest<br />
82 EVENTS<br />
Von Action bis Networking:<br />
die Pflichttermine<br />
des Monats<br />
84 ENTERTAINMENT<br />
<strong>Red</strong> Bull TV-Highlights,<br />
live und on demand<br />
86 UHREN<br />
Präzise, funktional,<br />
stilvoll – 33 Modelle<br />
für jedes Handgelenk<br />
THE RED BULLETIN 5
G A L L E R Y<br />
Bali, Indonesien<br />
LEUCHTSCHIRM<br />
Paragleiter Ivan Fominykh hat eine in allen Regenbogenfarben<br />
schillernde Spur in den Abend himmel<br />
gezaubert. Was wie ein sphärisches Naturschauspiel<br />
erscheint, hat Fotograf Serge Shakuto präzise<br />
geplant: LED-Licht band am Schirm, 20 Sekunden<br />
Belichtung – perfekt! @shakuto<br />
SERGE SHAKUTO/RED BULL ILLUME<br />
6 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 7
G A L L E R Y<br />
Singapur<br />
KURVEN UND<br />
SCHATTEN<br />
Diese Aufnahme wurde auf Instagram in die<br />
Shortlist von <strong>Red</strong> Bull Illume, dem weltweit<br />
grössten Fotowettbewerb für Abenteuer- und<br />
Actionsportarten, gewählt. Fotograf Ebrahim<br />
Adam benützte dafür eine Drohne – die Vogelperspektive<br />
arbeitet die Geometrie des Skatens<br />
besonders plakativ heraus. @ebra_cadabra<br />
EBRAHIM ADAM/RED BULL ILLUME<br />
8 THE RED BULLETIN
Yucatán, Mexiko<br />
HEILIGE RUHE<br />
Zusam men gekauert wie ein ungeborenes Baby<br />
versinkt Taucherin Marianne Aventurier in einer<br />
Doline. So heisst ein mit Süsswasser ge füllter<br />
Kalktrichter auf Deutsch. Beim Volk der Maya<br />
auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán nennt<br />
man sie Cenote, heilige Quelle – und wer das<br />
Bild sieht, ahnt, warum. @alexvoyer_fisheye<br />
ALEX VOYER/RED BULL ILLUME<br />
THE RED BULLETIN 9
G A L L E R Y<br />
10 THE RED BULLETIN
Paris, Frankreich<br />
MUMBAI-MOVES<br />
Er gilt als Frankreichs bester B-Boy: Gestenreich<br />
bereitet sich Khalil Chabouni, 27, auf das Finale<br />
von <strong>Red</strong> Bull BC One im indischen Mumbai vor.<br />
Dort treten die besten Breakdancer der Welt<br />
am 9. <strong>November</strong> gegeneinander an. <strong>Red</strong> Bull TV<br />
überträgt die Entscheidung live.<br />
redbull.com/bcone<br />
LITTLE SHAO<br />
THE RED BULLETIN 11
Z A H L E N , B I T T E !<br />
30 Jahre Mauerfall<br />
UND NUN<br />
ALLE ZUSAMMEN!<br />
Vor dreissig Jahren fiel die Berliner Mauer. Warum weder David Hasselhoff noch<br />
Angela Merkel dafür verantwortlich waren und wo die letzte erhaltene Mauertür lagert –<br />
zwölf steinharte Zahlen zum Ereignis, mit dem die deutsche Wiedervereinigung begann.<br />
48<br />
Kilometer schwamm Peter<br />
Döbler 1971 in 25 Stunden von<br />
Kühlungsborn nach Fehmarn:<br />
Weiter schwamm sonst niemand,<br />
um aus der DDR zu flüchten.<br />
28<br />
Jahre stand die Mauer,<br />
drei Jahre dauerte ihr Bau.<br />
1991<br />
erst erschien die inoffizielle Hymne<br />
zur Wende: «Wind of Change»<br />
von den Scorpions.<br />
156,4<br />
Kilometer lang war die<br />
gesamte Mauer.<br />
57<br />
Menschen flohen 1964 durch den<br />
«Tunnel 57» in den Westen: 145 Meter lang<br />
und 12 Meter tief, war er der längste und<br />
tiefstgelegene Fluchttunnel.<br />
11.500<br />
Soldaten patrouillierten<br />
an der Mauer, unterstützt<br />
von 484 Wachhunden.<br />
1<br />
Person verschwitzte<br />
den Mauerfall buchstäblich:<br />
Angela Merkel sass in der<br />
Sauna im Berliner Thälmann-<br />
Bad und bekam nichts mit.<br />
4,50<br />
britische Pfund kostet das homöopathische<br />
Mittel «Murus berlinensis»,<br />
in dem sich Teile der Berliner Mauer<br />
befinden sollen. Hilft angeblich<br />
bei Asthma und Depression.<br />
90 %<br />
der Berliner Mauer endeten als<br />
Strassenschotter, u. a. für die<br />
Bernauer Strasse und die Strasse<br />
zum Flughafen Schönefeld.<br />
5075<br />
gelungene Fluchten registrierte<br />
die West-Berliner Polizei.<br />
5<br />
Türen hatte die Mauer, eine<br />
davon ist noch erhalten:<br />
2018<br />
in der japanischen Stadt<br />
Nagasaki, in der Fabrik<br />
eines Gondelherstellers.<br />
gestand David Hasselhoff ein, mit dem Song «Looking for Freedom»,<br />
den er kurz vor dem Fall der Mauer ebendort live gespielt hatte,<br />
die Mauer vielleicht doch nicht quasi mit eingerissen zu haben.<br />
GETTY IMAGES (4), PICTURE<strong>DE</strong>SK.COM CLAUDIA MEITERT<br />
12 THE RED BULLETIN
ARE YOU VEGAN?<br />
DIE VEGANE DAUNEN-ALTERNATIVE<br />
JETZT NEU IM STORE UND ONLINE:<br />
JACK-WOLFSKIN.COM
K O L U M N E<br />
Thilo Mischke<br />
BEGEGNUNGEN<br />
ABSEITS <strong>DE</strong>S ALLTÄGLICHEN<br />
Er ist 200 Tage im Jahr unterwegs, Jetlag<br />
ist bei Korrespondent und Reise reporter<br />
Thilo Mischke (TV-Dokureihe «Uncovered»)<br />
ein Dauerzustand. Auf seinen Expedi tionen<br />
trifft der 38-jährige Berliner immer wieder<br />
Menschen, die ihn faszi nieren. Diesmal:<br />
Diggi, 48, Personenschützer in Bagdad,<br />
der nach einem Leben voller Gefahren über<br />
seine Zukunft nachdenkt.<br />
Die Hosen über den Bauchnabel gezogen, die<br />
Frisur streng gelegt, militärisches Schuhwerk,<br />
ein Gesicht wie aus einem Granitblock geschlagen.<br />
Die Lippen schmal, umgeben von Falten, die<br />
durch Arbeit, nicht durch Spass entstanden sind.<br />
Diggi sitzt mit angezogenen Beinen, auf eine seltsame<br />
Art lässig, aber unentspannt, am Sockel eines Denkmals in<br />
Bagdad. Hier, in dieser Stadt, befindet sich sein Arbeitsplatz<br />
als Personenschützer für einen Botschafter.<br />
Diggi will von der Zeit vor Bagdad erzählen, von<br />
seinem Leben. Er könnte ein Vorbild sein, aber er will<br />
das nicht. Er, der Fremdenlegionär,<br />
48 Jahre alt. Zweimal hat er sich verpflichtet,<br />
das bedeutet wenigstens<br />
zwanzig Jahre. Im Urwald Südamerikas<br />
hat er Drogenkuriere<br />
gestellt, hat in afri kanischen Bürgerkriegen<br />
gekämpft, und in Afghanistan<br />
… nun ja, dar über möchte er<br />
nicht sprechen.<br />
Er war immer unterwegs, sein<br />
Leben kennt keine Gewohnheiten,<br />
sondern nur Entbehrung, Abenteuer<br />
und manchmal auch den Tod. Von<br />
ihm habe ich gelernt, dass ein aufregendes<br />
Leben kein glückliches sein<br />
muss und dass in der eigenen Unruhe<br />
oft die Ursache für Probleme liegt.<br />
«Diggi hat sich entfernt<br />
aus einem Leben, das wir als<br />
normal bezeichnen würden.»<br />
Thilo Mischke über Personenschützer Diggi<br />
(oben), der im Irak Botschafter bewacht<br />
«Ich war nicht immer Soldat», erzählt<br />
er. Und spricht von einer Jugend,<br />
in der er nirgends so richtig hineingepasst<br />
hat, von einer Ausbildung,<br />
die ihm nichts brachte ausser der<br />
Gewissheit: «Ich kann etwas, das gebraucht<br />
wird, nur hat es mir keinen<br />
Spass gemacht.»<br />
Aber dann wollte er los, weg von zu Hause. Als Fremdenlegionär<br />
hat er in die dunkelsten Abgründe geblickt<br />
und war gleichzeitig an den exotischsten Orten dieses<br />
Planeten. In der Ausbildung hat er gelernt durchzuhalten.<br />
Ob er bei 40 Grad im Schatten an einer Strasse Wache<br />
steht, stundenlang, oder sich wochenlang durch unwegsames<br />
Gelände kämpft. Diggi kann das. Und trotzdem,<br />
während er da sitzt, nicht weiss, wohin mit seinen Händen,<br />
dieser Mann, der am Ende seines Berufslebens angekommen<br />
ist, wirkt wie ein Kind, das die Orientierung<br />
verloren hat. Diggi hat in seinem Leben Normalität verlernt.<br />
Und das macht ihm Angst.<br />
«In der Legion habe ich Französisch gelernt», sagt er<br />
stolz. «Ich habe dort Freunde gefunden, fürs Leben», erzählt<br />
er. «Ich bin mit ihnen alt geworden.»<br />
Er hat die Welt gesehen, kann aber niemandem davon<br />
erzählen. «Meine Familie ist die Legion», sagt er. Und<br />
erzählt vom Stolz, der ihn ergriff, wenn er in Paris am<br />
Nationalfeiertag die Champs-Élysées entlangmarschierte.<br />
«Als die Menschen uns mehr als der französischen Armee<br />
zugejubelt haben. Da war ich glücklich.»<br />
Sein Zuhause ist Deutschland, aber da ist niemand.<br />
Keine Frau, keine Kinder. «Das funktioniert nicht, die<br />
Legion und Familie, dieses ständige Unterwegssein.»<br />
Und plötzlich, in der Hitze Bagdads, an diesem Denkmal,<br />
zeigt er Gefühle. Aber sowenig er richtig sitzen kann, so<br />
wenig kann er auch mit diesem<br />
Gefühl umgehen. Diggi hat sich entfernt<br />
aus jenem Leben, das wir, jeder<br />
andere, als normal bezeichnen würde.<br />
Dieses Leben, das auch ich nicht<br />
leben kann. Job, Wohnung, Ikea,<br />
Urlaub. Und wieder von vorn.<br />
Für ihn bedeutet Komfort, kein<br />
choleraverseuchtes Wasser trinken<br />
zu müssen. Ein Bett zu haben, keine<br />
Schlangen zu töten oder Menschen.<br />
Komfort ist, nicht allein zu sein.<br />
In der Legion war er nie allein.<br />
Aber er weiss: Wenn der Dienst vorbei<br />
ist. Wenn die Kraft nicht mehr<br />
reicht, in Krisengebieten zu arbeiten.<br />
Dann ist da niemand mehr.<br />
Davor hat Diggi Angst. Auch er<br />
kennt Kameraden, die sich wegen<br />
dieser Angst umgebracht haben.<br />
«Mir wird das nicht passieren», sagt<br />
er. «Ich habe einen Plan B – ich werde<br />
meinen Lebensabend in Polynesien<br />
verbringen.»<br />
Der Verkehr hupt sich an dem Denkmal vorbei, junge<br />
Iraker machen Fotos von Diggi, weil er aussieht wie<br />
Dolph Lundgren, wie jemand aus einer anderen Zeit.<br />
«Ich werde dort leben, mit meinem besten Freund,<br />
und dort werde ich keine Angst vor der Einsamkeit<br />
haben», sagt er. Der beste Freund, er ist auch Legionär.<br />
Sie beide hatten dieses unruhige Leben. Und dort, am<br />
anderen Ende der Welt, werden sie Normalität leben.<br />
So gut es eben geht.<br />
FLORIAN BAUMGARTEN BLAGOVESTA BAKARDJIEVA THILO MISCHKE<br />
14 THE RED BULLETIN
HUMAN MEETS DIGITAL<br />
High-Tech<br />
unter meiner<br />
Haut?<br />
BESUCHEN SIE UNS<br />
FREITAG 25. OKTOBER <strong>2019</strong><br />
10:00 – 20:00 SCHIFFBAU ZÜRICH<br />
KÜNSTLER<br />
REFIK ANADOL IMMERSIVE INSTALLATIONEN<br />
CHRISTOPHER BAU<strong>DE</strong>R & KANGDING RAY<br />
AUDIOVISUELLE KINETISCHE LICHTINSTALLATION<br />
SPECIAL GUESTS<br />
NEIL HARBISSON CYBORG<br />
GERD LEONHARD FUTURIST<br />
HUMAN MEETS DIGITAL — DIE VOLVO ART SESSION <strong>2019</strong> BEFASST SICH<br />
MIT <strong>DE</strong>M MENSCHEN, <strong>DE</strong>R DURCH IM KÖRPER GETRAGENE TECHNOLOGIE<br />
ZU EINEM NEUEN MISCHWESEN WIRD: <strong>DE</strong>M CYBORG.<br />
www.volvoartsession.com
F U N D S T Ü C K<br />
Hitchcocks Reisepass<br />
BREXIT <strong>DE</strong>S MEISTERS<br />
Eine schwungvolle Unterschrift, ein Blick, der ins Leere geht, sonst<br />
keine besonderen Kennzeichen. Wir sehen Alfred Hitchcock in seinem<br />
letzten britischen Reisepass. Seinen persönlichen Brexit vollzog der<br />
Regisseur (53 Spielfilme mit 46 Oscar-Nominierungen und 6 Oscars)<br />
im Jahr 1939: Er wollte dem Krieg in Europa entgehen und in Hollywood<br />
Frieden finden. 1955 nahm er die US-Staatsbürgerschaft an, Brite blieb<br />
er trotzdem. Queen Elizabeth würdigte letztlich Werk und Meister: 1980,<br />
wenige Monate vor seinem Tod, erhob sie Hitchcock in den Ritterstand.<br />
HENRY LEUTWYLER<br />
16 THE RED BULLETIN
More miles.<br />
Jetzt bis zu<br />
30’000 Prämienmeilen<br />
Welcome-Bonus.<br />
Cornèrcard Miles & More bestellen unter cornercard.ch
L I F E H A C K S<br />
Science-Bastler<br />
BEZIEHUNGSTIPPS<br />
FÜR BESTE FREUN<strong>DE</strong><br />
Geniale Tricks für die Herausforderungen des Alltags, Folge 14: Auch nach vielen Jahren<br />
der Beziehung lernen wir immer noch etwas Neues von unseren Haustieren.<br />
KATZE<br />
Pingpong-Margherita<br />
Jede Katze ist ein Individuum mit eigenem Willen. Doch kein Stubentiger der Welt<br />
kann der Anziehungskraft von Pappkartons widerstehen. Wir haben ein Upgrade.<br />
1 In den Deckel des<br />
Pizzakartons Löcher<br />
mit vier bis fünf<br />
Zentimeter Durchmesser<br />
schneiden.<br />
2<br />
Den Karton mit<br />
Klebeband verschliessen,<br />
ein paar<br />
Tischtennisbälle<br />
hineingeben …<br />
… und keine Katze<br />
kann dieser Ein ladung<br />
zum Fangenspielen<br />
widerstehen.<br />
HAMSTER<br />
Kerniger Biss<br />
Zahnpflege für Nager: eine<br />
dünne Schicht Sesampaste<br />
auf einen Holzwürfel geben.<br />
FISCH<br />
Ungetrübter Blick<br />
Algen sind die Plagegeister der<br />
Aquaristik. Die Lösung heisst<br />
Schmutzradierer.<br />
HUND<br />
Wahre Liebe<br />
So gelingt das scharfe Porträt<br />
vom Hund mit ruhiger Haltung<br />
und wachem Blick.<br />
Der Nager kaut dann lange am Holz<br />
und reibt so die Nagezähne ab.<br />
Der Schwamm aus<br />
Melaminharz entfernt<br />
Algen effizient<br />
und ohne Kratzer.<br />
Eine Scheibe Speck<br />
übers Smartphone<br />
(neben die Linse!)<br />
hängen. Abdrücken.<br />
SASCHA BIERL CLEMENS MAKANAKY<br />
18 THE RED BULLETIN
FLÜÜÜGEL FÜR<br />
<strong>DE</strong>N WINTER.<br />
MIT <strong>DE</strong>M GESCHMACK VON KIRSCHE-ZIMT.<br />
NEU<br />
BELEBT GEIST UND KÖRPER.
HEISS<br />
AUF EIS<br />
Die deutsche Apnoetaucherin<br />
ANNA VON BOETTICHER hat die<br />
Unterwasserwelt eines zugefrorenen<br />
Fjords in Ostgrönland erkundet.<br />
Hier sind die atemberaubenden Bilder<br />
der spektakulären Expedition.<br />
Text SABRINA LUTTENBERGER<br />
Fotos TOBIAS FRIEDRICH<br />
20
Anna von Boetticher<br />
mit einem Eisberg:<br />
als würde man einen<br />
riesigen Golfball<br />
berühren
AUGEN AUF<br />
UND DURCH<br />
Anna von Boetticher bei der Erforschung<br />
eines Eisbergs in zwölf Meter Tiefe. Seine<br />
Oberfläche war ganz glatt und glasklar,<br />
erinnert sie sich. Überall fanden sich kleine<br />
Durchgänge, die sich betauchen lassen,<br />
wenn man genügend Mut und keine<br />
Pressluft flasche auf dem Rücken hat.<br />
23
EISRIESEN<br />
WELT<br />
Auf dem Weg nach unten dauert es<br />
nicht lange, bis Eisberge und Eisschollen<br />
die Sicht nach oben versperren. Das ist<br />
nicht nur psychologisch unangenehm.<br />
Es verhindert auch die Benützung<br />
des sonst üblichen Sicherungsseils.<br />
24
GETTY IMAGES
Grönland<br />
Nuuk<br />
Tasiilaq<br />
TAUCHPLATZ<br />
AM FJORD<br />
Verborgene Wasserfläche: das Eis vor Tasiilaq,<br />
Ostgrönlands grösster Stadt (2000 Einwohner),<br />
mit dem dreieckigen Hauptloch und<br />
drei kleineren Löchern als Notausstiegen<br />
für Taucher. Als von Boetticher einmal die<br />
Orientierung verlor, war sie dafür dankbar.<br />
Guter Tipp für Grönland: erst im letzten<br />
möglichen Moment ausziehen!<br />
Von Boetticher beim Versuch, ihre gefrorenen<br />
Füsse mit warmem Wasser aufzutauen<br />
Jetzt heisst es schnell sein: Das Eisloch friert<br />
bei minus 27 Grad immer wieder zu.<br />
27
REINE<br />
NERVENSACHE<br />
Von Boetticher leuchtet sich den Weg<br />
durch einen Unterwasser-Canyon. Etwa<br />
20 Meter lang ist die Schlucht im Fjord<br />
vor Tasiilaq – und weit weg vom Eisloch.<br />
Es ist eine riskante Aktion, bei der sich<br />
die Taucherin ganz auf ihre Erfahrung und<br />
mentale Stärke verlassen muss.<br />
29
Sie kann die Luft 6:12 Minuten lang anhalten.<br />
Länger als jeder andere in Deutschland. Wenn<br />
Anna von Boetticher, 49, jedoch gerade nicht<br />
unter Wasser ist, sprudelt es dafür nur so aus<br />
ihr heraus. Dann erzählt sie mit Begeisterung<br />
(und eigentlich auch ohne Luft zu holen) von der Faszination<br />
für das Tauchen, die sie schon im Pool ihrer Eltern<br />
verspürt hat. Und wie sie zufällig zum Apnoetauchen,<br />
also dem Tauchen ohne Pressluftflasche, gekommen ist.<br />
Gerade einmal zehn Jahre ist das her. Seitdem hat sie unglaubliche<br />
33 deutsche Rekorde sowie einen Weltrekord<br />
aufgestellt und drei Bronzemedaillen bei Weltmeisterschaften<br />
gewonnen. Von Boetticher gehört damit zu den<br />
besten Apnoesportlern überhaupt, obwohl sie – statt für<br />
Wettkämpfe zu trainieren – viel lieber an ungewöhnlichen<br />
Orten taucht. So wie dieses Jahr in Grönland, wo sie sich<br />
mit Tauchpartner und Fotograf Tobias Friedrich tief in<br />
einen zugefrorenen Fjord wagte.<br />
the red bulletin: Frau von Boetticher, Sie können<br />
überall auf der Welt tauchen – und fliegen ausgerechnet<br />
an einen eiskalten Ort. Warum?<br />
anna von boetticher: Schon als Kind hatte ich eine<br />
Sehnsucht nach den wilden Orten dieser Welt. Und ich<br />
habe mich auch schon immer gefreut, wenn es geschneit<br />
hat. Ich liebe Schnee! Der Zeitpunkt, nach Grönland zu<br />
reisen, war ausserdem genau richtig. Ich hatte eine harte<br />
und turbulente Zeit hinter mir und das Bedürfnis nach<br />
Ruhe im Kopf. Die finde ich am besten in den EXtremen<br />
der Natur. In Grönland, in dieser monochromen, sehr<br />
reduzierten Welt, der ich mich sowohl körperlich als auch<br />
geistig aussetzen musste, stand einfach alles andere still.<br />
Ihr Basislager hatten Sie in Tasiilaq aufgeschlagen,<br />
einem Ort, der sechs Monate im Jahr vom Eis eingeschlossen<br />
ist. Im Grunde unvorstellbar, dort<br />
tauchen zu gehen. Was war für Sie eigentlich die<br />
grösste Herausforderung bei der Expedition?<br />
Für mich war es vor allem die Frage, wie ich mich bei<br />
minus 27 Grad Aussentemperatur warm halten kann.<br />
Darauf habe ich mich akribisch vorbereitet. Ein Beispiel:<br />
Vor dem Apnoetauchen ist es besser, wenn man nichts<br />
im Magen hat. Ich wusste aber, das funktioniert nicht,<br />
wenn ich sieben Stunden in der Kälte stehe und nicht<br />
frieren will. Ich musste also unfassbar viel und energiereich<br />
essen: Erdnussbutter, Haferflocken, Zucker. Und<br />
ich hatte Lagen um Lagen an Kleidung an. Es ging auch<br />
darum, sehr genau einschätzen, wie lange ich im Wasser<br />
bleiben kann. Das war schon alles sehr extrem und an<br />
der Grenze von dem, was man sich zumuten kann.<br />
Das Wasser auf Brille<br />
und Anzug gefriert<br />
nach dem Auftauchen<br />
sofort zu Eis.<br />
30 THE RED BULLETIN
«Das war an der Grenze<br />
von dem, was man<br />
sich zumuten kann.»
Von Boetticher merkt<br />
sich unter Wasser<br />
prägnante Stellen.<br />
So findet sie wieder<br />
nach oben.
«Man muss sich selbst<br />
fordern. So lernt man,<br />
Ruhe zu bewahren.»<br />
Aber geht es beim Apnoetauchen nicht genau darum:<br />
Grenzen zu überschreiten?<br />
Natürlich will ich den einen Meter mehr schaffen, und<br />
klar ärgert es mich, wenn ich nicht besser als letztes Mal<br />
und tiefer als alle anderen getaucht bin. Aber man muss<br />
ehrlich zu sich sein: Wie ist mein körperlicher Zustand,<br />
wie sind die äusseren Umstände, und wie reagiere ich<br />
darauf? Dann erst kann ich eine objektive Entscheidung<br />
treffen, die nicht von Gefühlen oder meinem Ego getrieben<br />
wird. Diese Kontrolle zu haben ist eines der Geheimnisse<br />
des sicheren und erfolgreichen Apnoetauchens.<br />
Angenommen, ich bin bereit, über meine Grenzen<br />
hinaus zugehen. Wie gelingt mir der letzte, der entscheidende<br />
Schritt?<br />
Das ist ganz viel Selbsterfahrung und ein Verständnis<br />
dafür, was im Körper passiert. Beim Apnoetauchen überwindet<br />
man jedes Mal den Urinstinkt des Atmenwollens:<br />
Muss ich wirklich schon atmen, oder ist das ein Fehlalarm?<br />
Wie wenn die Beine nach zwei Stockwerken weh<br />
tun, man aber trotzdem noch in die vierte Etage geht.<br />
Okay, aber beim Treppensteigen fällt es mir leichter,<br />
mich zu überwinden. Da kann ja eigentlich nicht viel<br />
schiefgehen. Notfalls setze ich mich halt hin.<br />
Im Grunde ist es dasselbe Erlebnis wie beim Luftanhalten:<br />
zu merken, dass man einen Instinkt überwinden kann<br />
und dass in diesem Moment sowohl körperlich als auch<br />
geistig viel mehr möglich ist, als man gedacht hat. Beim<br />
nächsten Mal stelle ich mich einer neuen Situation dann<br />
schon mit mehr Selbstvertrauen.<br />
Was, wenn ich trotzdem nervös bin oder vielleicht<br />
sogar Angst habe – wie kann ich im entscheidenden<br />
Moment ruhig bleiben?<br />
Zu einem gewissen Grad bringt man die Ruhe mit. Aber<br />
jeder Mensch kann dazulernen. Dafür muss man sich<br />
eben ab und zu fordern und sich neuen Dingen aussetzen.<br />
Dabei lernt man, mit dem Gefühl des Unwohlseins, das<br />
wir alle haben, klarzukommen und trotzdem aktiv zu<br />
handeln. Wer sich bewusst mehr Stresssituationen aussetzt,<br />
wird also irgendwann mehr Ruhe bewahren.<br />
Sie bleiben also immer ganz cool?<br />
Beim Apnoetauchen hatte ich tatsächlich noch nie Panik.<br />
Ich habe schon immer mit sehr viel Ruhe auf Probleme<br />
unter Wasser reagiert, ich bin beim Tauchen mental<br />
sehr stark. Interessanterweise überträgt sich das auf<br />
mein restliches Leben. Ich habe durchaus Angst, aber ich<br />
hebe sie mir für später auf. Übrigens habe ich auch mal<br />
einen psychologischen Test gemacht – ich bin ganz durchschnittlich,<br />
was das angeht. Ich habe normale Angst.<br />
Einmal probiert, nie wiederholt: Umziehen auf dem Eis. Viel zu kalt<br />
Sie stellen sich ja auch oft neuen Herausforderungen<br />
– als Trainerin für die Bundeswehr etwa.<br />
Stimmt. Ich arbeite unter anderem mit den Kampfschwimmern<br />
und Minentauchern zusammen. Eine<br />
rie sige Herausforderung und eine Zusammenarbeit<br />
auf sehr hohem Niveau. Da geht es auch genau darum:<br />
Wie lernt man den Panikinstinkt zu beherrschen, der<br />
einem diktieren will, wie man reagieren soll?<br />
Und was lernen Sie dabei?<br />
Für mich ist beeindruckend, mit wie viel Ruhe die Ausbilder<br />
und Soldaten vorgehen. Dort gibt es eine besondere<br />
Art, die Leute zu fordern und zu unterstützen. Der Ausbilder<br />
steht am Beckenrand und verzieht keine Miene,<br />
sagt nichts, und trotzdem wissen alle, was angesagt ist.<br />
Das habe ich mir abgeschaut: über die Art, wie ich mich<br />
verhalte, zu beeinflussen, wie viel Druck ich aufbaue –<br />
ganz ohne Worte.<br />
Gibt es eigentlich etwas, was Sie nach all den Tauchgängen<br />
noch überrascht?<br />
Das Erlebnis der Unterwasserwelt ist jedes Mal intensiv<br />
und wunderschön und anders. Es ist schwierig, das mit<br />
irgendetwas zu vergleichen. Man gehört da als Mensch<br />
nicht hin, kann sich aber trotzdem so weit anpassen,<br />
um dort etwas Zeit zu verbringen. Das fasziniert mich<br />
immer wieder.<br />
annavonboetticher.com<br />
THE RED BULLETIN 33
H E R O E S<br />
Linda Hamilton<br />
AGE AGAINST<br />
THE MACHINE<br />
Linda Hamilton ist Sarah Connor.<br />
In «Terminator: Dark Fate» kämpft<br />
die 63-Jährige gegen Killer-Roboter<br />
aus der Zukunft – und überholte<br />
Ansichten aus der Vergangenheit.<br />
Im legendären Sci-Fi-Thriller<br />
«Terminator 2: Tag der<br />
Abrechnung» (1991) spielte<br />
Linda Hamilton an der<br />
Seite von Action-Ikone Arnold<br />
Schwarzenegger. Für ihre Rolle<br />
der Sarah Connor liess sich die<br />
US-Amerikanerin von einem<br />
Ex-Kommandosoldaten aus<br />
Israel in Kampfkunst und im<br />
Umgang mit Waffen schulen.<br />
«Ich habe gelernt, wie man<br />
Revolver lädt,<br />
die Magazine<br />
bei Pistolen<br />
und Gewehren<br />
wechselt,<br />
den ‚Tötungserfolg‘<br />
überprüft<br />
– richtig<br />
brutales<br />
Zeug», erinnert sie sich. Doch<br />
bei allem Willen zur Veränderung<br />
zog sie auch Grenzen.<br />
Als Regisseur James Cameron<br />
von ihr forderte, die Haare<br />
raspelkurz zu schneiden, um<br />
herber zu wirken, befand sie<br />
das für überflüssig. Stattdessen<br />
trug sie Pferdeschwanz. «Den<br />
Leuten gefiel, dass ich nicht<br />
«Wir müssen nicht<br />
wie Männer<br />
aussehen, um<br />
stark zu sein.»<br />
wie ein Kerl rüberkam. Sie<br />
haben akzeptiert, dass Sarah<br />
Connor feminin und trotzdem<br />
knallhart sein kann. Wir müssen<br />
nicht wie Männer aussehen,<br />
um stark zu sein.»<br />
Auf der Leinwand bezwang<br />
Hamilton eine Tötungsmaschine<br />
aus der Zukunft, im echten<br />
Leben kämpft sie gegen einen<br />
hartnäckigen Anachronismus:<br />
die untergeordnete Rolle von<br />
Frauen in Actionfilmen. Nun<br />
kehrt sie in «Terminator: Dark<br />
Fate» in ihre Paraderolle zurück,<br />
um einem weiteren Missstand<br />
in Hollywood den Kampf<br />
anzusagen: dem Mangel an<br />
Action-Rollen für Frauen ab<br />
einem gewissen Alter.<br />
the red bulletin: Wieso<br />
schlüpfen Sie 28 Jahre nach<br />
«Terminator 2» erneut in<br />
die Rolle der Sarah Connor?<br />
linda hamilton: Mich hat<br />
interessiert, was im Laufe der<br />
Zeit aus ihr geworden ist, wer<br />
sie jetzt ist. Sie ist vom Leben<br />
gezeichnet und weiss, dass<br />
sie die Welt nicht mehr retten<br />
kann. In diesem Teil hat mir<br />
meine eigene Lebenserfahrung<br />
sehr geholfen, die man mittlerweile<br />
ja auch von meinem<br />
Gesicht ablesen kann.<br />
Glauben Sie, dass das Publikum<br />
Sie als älteren Action-<br />
Star akzeptieren wird?<br />
Ich hoffe es.<br />
Die Authentizität<br />
der Figur<br />
macht ja ihren<br />
Reiz aus. Ich<br />
sehe vielleicht<br />
anders aus,<br />
aber ich habe<br />
auch mehr zu<br />
sagen. Alle sind regelrecht besessen<br />
von Jugend und Schönheit,<br />
aber ich habe auch etwas<br />
zu bieten – nämlich Lebenserfahrung<br />
und eine Stärke,<br />
die nicht unbedingt etwas mit<br />
körperlicher Kraft zu tun hat.<br />
Genau das will ich zeigen: Ich<br />
bin eine gestandene Frau, die<br />
etwas bewegen kann.<br />
Es heisst, Sie hätten einige<br />
Dialoge verweigert …<br />
Das darf man nicht falsch<br />
verstehen, es war kein persönlicher<br />
Konflikt mit Regisseur<br />
Tim Miller, der Text war<br />
einfach albern. Man hat eine<br />
künstliche Rivalität zwischen<br />
zwei Frauen geschaffen, und<br />
sie haben sich gezankt wie<br />
Schulmädchen. Ich habe nur<br />
gesagt: «Damit setzt ihr diese<br />
Frauen herab. Ich bin mit dem<br />
Text so nicht einverstanden.»<br />
Mir war und ist es sehr wichtig,<br />
Sarah Connor nicht trivial erscheinen<br />
zu lassen.<br />
Was Sarah Connor immer<br />
schon ausgezeichnet hat,<br />
sind ihre Muskeln.<br />
Es gab früher einen Riesenwirbel<br />
um mein Aussehen, das<br />
aber für mich nur einen ganz<br />
kleinen Teil meiner Arbeit ausgemacht<br />
hat. Vielleicht stand<br />
mir diese Körperlichkeit sogar<br />
im Weg. Von einigen Regisseuren<br />
habe ich später Sätze<br />
gehört wie «So eine ganz normale<br />
Frau haben Sie ja noch<br />
nie gespielt». Danach hatte ich<br />
erst einmal genug von starken<br />
Frauenrollen.<br />
Für den neuen Film haben<br />
Sie dann aber wieder sehr<br />
hart trainiert …<br />
Sogar noch mehr als für «Terminator<br />
2». Erst denkt man,<br />
man könnte einfach wieder<br />
genauso trainieren wie früher<br />
und die gleichen Ergebnisse<br />
erzielen, aber in meinem Alter<br />
funktioniert das nicht mehr.<br />
Zum Glück hatte ich einen<br />
grossartigen Trainer, Mackie<br />
Shilstone. Sarah Connor sieht<br />
jetzt zwar etwas anders aus,<br />
aber sie ist auch in ihrem Alter<br />
noch eine Kämpferin.<br />
«Terminator: Dark Fate» kommt<br />
am 24. Oktober in die Kinos.<br />
JOHN RUSSO TOM GUISE<br />
34 THE RED BULLETIN
Linda Hamilton, 63,<br />
gereifte Actionfilm-<br />
Legende: «Meine<br />
Lebenserfahrung kann<br />
man von meinem<br />
Gesicht ablesen.»
H E R O E S<br />
Poppin’ C<br />
FIGHTER AUF<br />
<strong>DE</strong>R TANZFLÄCHE<br />
Christian Triventi alias Poppin’C zählt zu den<br />
weltbesten Hip-Hop-Tänzern. Das Erfolgsprinzip<br />
des 27-jährigen Lausanners? Er denkt und<br />
trainiert wie ein Kampfsportler.<br />
<strong>The</strong> red bulletin: Das<br />
von Roboter-Moves inspirierte<br />
Popping ist in<br />
der Schweiz kaum verbreitet.<br />
Wie bist du an die Weltspitze<br />
dieses Tanzstils gelangt?<br />
poppin’ c: Popping wurde in<br />
Kalifornien entwickelt. Als ich<br />
es 2009 entdeckte, war ich<br />
sofort Feuer und Flamme. Ich<br />
wollte alles darüber erfahren<br />
und unbedingt auch die Pioniere<br />
aus den 1970ern, die<br />
Electric Boogaloos, persönlich<br />
treffen. Woher du kommst, ist<br />
nicht entscheidend, um dich<br />
in einer Community durchzusetzen.<br />
Es geht um seriöses<br />
Engagement. Dazu gehört,<br />
erst mal die Grundlagen<br />
zu lernen, bevor du deinen<br />
eigenen Stil entwickelst.<br />
Woher kommt diese<br />
Diszipliniertheit?<br />
Von meinem Vater. Er betrieb<br />
Kampfsport und lehrte mich,<br />
streng zu mir zu sein. Etwa,<br />
indem ich täglich das gleiche<br />
Training durchziehe.<br />
«Bei den Battles sind<br />
meine Kampfgeister<br />
hellwach.»<br />
Wie sieht das aus?<br />
30 Minuten Warm-up, 60 Minuten<br />
Freestyle, 30 Minuten<br />
Basics, danach Fitness mit<br />
Bauchmuskeltraining, Liegeund<br />
Unterarmstützen. Ich<br />
betreibe ein sehr kraftaufwendiges<br />
Popping, da muss<br />
mein Körper in Topform sein.<br />
Widerspricht diese Kämpfermentalität<br />
nicht der Leidenschaft<br />
fürs Tanzen?<br />
Wenn ich vor einem Wettkampf<br />
spüre, dass ich zu<br />
verbissen bin, mache ich<br />
Atemübungen und erinnere<br />
mich daran, dass ich das alles<br />
zum Spass mache – auch<br />
das ist eine Technik aus dem<br />
Kampfsport. Tatsächlich gibt<br />
es viele Parallelen: Es geht um<br />
Kraft und Technik, um physische<br />
und psychische Stärke.<br />
Und darum, den Gegner<br />
zu schlagen …<br />
Genau. Niederlagen sind für<br />
mich definitiv keine Option.<br />
Bei den Battles sind meine<br />
Kampfgeister hellwach, ich<br />
stehe voll unter Adrenalin –<br />
und ich liebe es!<br />
Du hast weltweit über hundert<br />
Wettkämpfe gewonnen,<br />
darunter das Juste Debout<br />
in Paris. Wie hältst du die<br />
Konkurrenz auf Distanz?<br />
Die Konkurrenz wird grösser,<br />
das Niveau höher. Aber ich<br />
habe auch diesen unbändigen<br />
Willen, mich immer wieder<br />
neu zu erfinden und selbst zu<br />
übertreffen. Mit mir ist auch<br />
in Zukunft noch zu rechnen.<br />
Du willst noch in zehn Jahren<br />
bei Wettkämpfen antreten?<br />
Ich will zumindest mit der<br />
Szene verbunden bleiben.<br />
Die Chancen dazu stehen<br />
gut, vor allem in China, wo<br />
ich mir in den letzten Jahren<br />
einen Namen gemacht habe<br />
und mittlerweile ein gefragter<br />
Trainer bin. Nebenbei habe<br />
ich mit «FaceClean» mein<br />
eigenes Kleiderlabel gegründet.<br />
Wenn ich auf Reisen Zeit<br />
totschlagen muss, kreiere ich<br />
neue Designs. Keine Ahnung,<br />
wie weit ich es als Trainer und<br />
Unternehmer noch bringe,<br />
aber ich werde auf alle Fälle<br />
dasselbe dafür tun wie fürs<br />
Tanzen: Ich werde kämpfen.<br />
SHOWDOWN IN PARIS<br />
<strong>Red</strong> Bull Dance Your Style<br />
Final am 12. Oktober<br />
Improvisation statt Choreo,<br />
Fan‐Voting statt Jury – mit dem<br />
<strong>Red</strong> Bull Dance Your Style wurde<br />
2018 ein völlig neues Wettbewerbskonzept<br />
eingeführt. Im<br />
dies jährigen Final steht erstmals<br />
auch ein Schweizer: Poppin’ C.<br />
LIVIO FE<strong>DE</strong>RSPIEL, GONZALEZ CLÉMENT KUI<strong>DE</strong>E DAVIES<br />
36 THE RED BULLETIN
Trainiert täglich<br />
bis zu drei Stunden:<br />
Christian Triventi<br />
alias Poppin’ C
H E R O E S<br />
«Schreib ruhig<br />
mehr Mails an Firmen<br />
wie Apple!»<br />
Designer Julian Hönig,<br />
(Lehr-)Meister der Eigeninitiative<br />
Julian Hönig<br />
SEIN ERFOLG<br />
IST FORMSACHE<br />
Um einen Traumjob zu bekommen,<br />
braucht es manchmal nur etwas Mut.<br />
Der österreichische Designer Julian<br />
Hönig, einer der Väter der Apple<br />
Watch, ist der lebende Beweis dafür.<br />
Ihn kennt jeder. Oder besser<br />
gesagt: was er gestaltet hat.<br />
Denn in den vergangenen<br />
Jahren hat der Grazer Julian<br />
Hönig, 43, am Design der wohl<br />
bekanntesten Produkte der<br />
Welt mitgefeilt: Dazu zählten<br />
das iPhone, die MacBooks<br />
und die Apple Watch. Als Teil<br />
des kleinen, aber mächtigen<br />
Apple-Design-Teams – es sind<br />
DAN WINTERS<br />
nur zwanzig Mitarbeiter, die<br />
sich ausdenken, was Millionen<br />
von Menschen in Zukunft in<br />
die Hand nehmen – hat er die<br />
Ästhetik unseres Alltags massgeblich<br />
mitgestaltet.<br />
Von der Steiermark nach<br />
Kalifornien – eigentlich ein<br />
weiter Weg, nicht aber für<br />
Hönig. Für ihn war das Silicon<br />
Valley nur eine E-Mail entfernt.<br />
«Ich habe den damaligen<br />
Chefdesigner Jonathan<br />
Ive einfach angeschrieben<br />
und mich so bei ihm vorgestellt»,<br />
erzählt er. «Diesen<br />
Mut, offen zu sein und auf<br />
Leute zuzugehen, braucht es<br />
– privat und vor allem im Job.<br />
Als junger Designer muss man<br />
keine Angst davor haben,<br />
etwas zu riskieren.<br />
Schreib ruhig<br />
mehr Mails<br />
an Firmen<br />
wie Apple!<br />
Das Schlimmste, was passieren<br />
kann, ist, keine Antwort<br />
zu bekommen.»<br />
Für Hönig hat sich der<br />
Mut auf jeden Fall ausgezahlt.<br />
Stardesigner Ive war beeindruckt<br />
von den Fähigkeiten<br />
und dem Portfolio des Österreichers:<br />
Nach dem Studium<br />
von Industrial Design an der<br />
Fachhochschule in Graz und<br />
am Art Center College of<br />
Design im kalifornischen Pasadena<br />
hatte Hönig bereits sechs<br />
Jahre bei einer anderen Weltmarke<br />
Erfahrung gesammelt:<br />
beim Autohersteller Audi<br />
in Deutschland, danach ein<br />
Jahr bei dessen italienischer<br />
Schwestermarke Lamborghini.<br />
In der Automobilbranche<br />
hatte Hönig, der sich künftig<br />
vermehrt der Gestaltung seiner<br />
eigenen Surfboards widmet,<br />
übrigens begonnen, ohne anfangs<br />
zu wissen, was genau<br />
acht Zylinder bedeuten – auch<br />
das eigentlich ziemlich mutig.<br />
IKONISCHE ENTWÜRFE<br />
Wo dir Julian Hönigs Arbeit<br />
schon untergekommen ist.<br />
Bei Audi war Hönig unter anderem an<br />
der Entstehung der Modelle A4 und<br />
Q3 zuständig. Für den Science-Fiction-<br />
Blockbuster «I, Robot» mit Will Smith in<br />
der Hauptrolle hat er zudem das futuristische<br />
Konzeptauto Audi RSQ (Bild) entworfen.<br />
Bei Apple hat<br />
er am Design von allen<br />
Produkten, die ab 2010<br />
auf den Markt kamen,<br />
mitgearbeitet – vom<br />
iPod über AirPods bis<br />
zur Apple Watch (Bild).<br />
AUDI AG, APPLE SABRINA LUTTENBERGER<br />
38 THE RED BULLETIN
Der<br />
perfekte<br />
Abgang<br />
40<br />
Streaming-Rekorde, ausver kaufte<br />
Arenen, hunderte Millionen YouTube-<br />
Klicks: RAF CAMORA hat deutschsprachigen<br />
Hip-Hop aufs nächste<br />
Level gehoben. Hier erklärt er,<br />
warum er gerade jetzt geht – auf<br />
dem Zenit seines Erfolgs.<br />
Text JONAS VOGT<br />
Fotos PASCAL KEROUCHE
Alles auf Anfang: Das<br />
Kapitel RAF Camora<br />
geht zu Ende, aber<br />
Künstler Ragucci will<br />
weiter Musik machen.
«Beschreib in<br />
drei Worten, wer<br />
du bist, und sei in<br />
allen drei Aspekten<br />
der Beste.»<br />
RAF Camora über<br />
sein Erfolgsrezept<br />
für Künstler
Es gab Zeiten, da hatte Raphael Ragucci<br />
nicht viel. Nur die Musik – aber die hatte<br />
er dafür immer. Der Sohn eines Österreichers<br />
und einer Italienerin, heute jedem<br />
unter Dreissigjährigen bekannt als Hip-<br />
Hop-Mega star RAF Camora, wuchs in Wien in einer<br />
Problemgegend des Bezirks Rudolfsheim-Fünfhaus<br />
auf. Heute, mit 35 Jahren, ist er einer der erfolgreichsten<br />
Rapper in Deutschland, Österreich und<br />
der Schweiz. Seit dem Album «Palmen aus Plastik»,<br />
das er 2016 gemeinsam mit dem Hamburger Rapper<br />
Bonez MC herausbrachte, kennt seine Karriere nur<br />
noch Superlative. In den Jahren 2016, 2017 und 2018<br />
war er der meistgestreamte Artist auf Spotify. Kein<br />
Künstler hatte bislang mehr Songs gleichzeitig in den<br />
deutschen Top-10-Singlecharts. In Österreich wurden<br />
sogar die Regeln der Chart-Ermittlung geändert,<br />
nachdem RAF Camora und Bonez MC mit Songs aus<br />
dem Album «Palmen aus Plastik 2» 13 Plätze in den<br />
Top-15-Singlecharts besetzten. Und trotzdem soll das<br />
alles bald vorbei sein – auf dem Höhepunkt seiner<br />
Karriere. Am 1. <strong>November</strong> erscheint «Zenit», sein letztes<br />
Album als RAF Camora, gefolgt von einer letzten<br />
Tour. Am 18. 12. 2020 wird die «Zenit-Phase», wie<br />
er sie nennt, beendet sein. In Wien treffen wir einen<br />
reflektierten Mann, der uns erklärt, warum seine<br />
Bestimmung nicht mehr RAF Camora heisst.<br />
the red bulletin: Raf, warum wird «Zenit»<br />
dein letztes Album?<br />
raf camora: Ich versteh die Frage. Aus Geschäftssicht<br />
ist es unlogisch, aufzuhören, wenn richtig Geld<br />
fliesst. Aber ich bin nicht nur Geschäftsmann, sondern<br />
auch Künstler. Lass mich dir ein Beispiel geben.<br />
Ich bin grosser Metallica-Fan. Und ich erinnere mich,<br />
dass ich irgendwann gemerkt habe: Das, was Metallica<br />
darstellt, und das, was die Personen hinter Metallica<br />
sind, das passt nicht mehr zusammen. Diesen<br />
Punkt habe ich auch bei vielen anderen Künstlern<br />
beobachtet. Und ich habe mir immer gesagt: Sollte<br />
ich mal erfolgreich werden, will ich meinen Zenit auf<br />
keinen Fall überschreiten.<br />
43
Zenit bedeutet ja, dass das Ziel, der Höhepunkt<br />
erreicht ist. Befürchtest du, das alles nicht mehr<br />
toppen zu können?<br />
Die Befürchtung hat jeder. Ich bin alt genug, um<br />
schon einmal ein Hoch und ein Tief gehabt zu haben.<br />
Und ich weiss: Das ist hart. Dein Künstlerimage<br />
verwächst mir dir, vor allem wenn du im Leben<br />
nichts anderes machst. Und wenn du plötzlich in der<br />
Öffentlichkeit weniger wert bist, weil deine Musik<br />
nicht mehr so erfolgreich ist, musst du stark sein,<br />
um das irgendwie trennen zu können. Ich weiss,<br />
dass ich mich damit schwertue. Aber du musst es<br />
akzeptieren und dich darauf vorbereiten, dass es<br />
bergab gehen kann.<br />
Das Beste zum Schluss<br />
«Zenit» – RAF Camoras neues Album<br />
Aufgenommen zum Teil in den <strong>Red</strong> Bull Studios<br />
Tokio (Bild), angekündigt vor tausenden Fans<br />
in Wien: Am 1. <strong>November</strong> erscheint RAF Camoras<br />
finales Album «Zenit».<br />
Hat das was mit dem Alter zu tun?<br />
Wenn ich 24 wäre, könnte ich sagen: Okay, wenn das<br />
jetzt wieder runtergeht, kann RAF Camora vielleicht<br />
noch mal zurückkommen. Aber irgendwann ist es<br />
auch eine Frage von Authentizität. Dann fragt man<br />
sich: Bin ich das noch, oder bin ich das nicht mehr?<br />
Jetzt bin ich’s noch. Aber am 18. 12. 2020, wenn ich<br />
das Kapitel schliessen will, geh ich auf die 37 zu.<br />
Und das ist dann der Moment, wo ich sage: Bis hierhin<br />
war es super. Aber wenn ich weitergehen würde,<br />
wäre ich als RAF Camora nicht mehr hungrig genug.<br />
Stell dir vor, Kurt Cobain hätte noch mit fünfzig über<br />
den Hass der Jugend gesungen.<br />
Du warst Anfang des Jahres Teil der grössten<br />
Tour, die Deutschrap je gesehen hat, mit mehr<br />
als 200.000 verkauften Tickets. Kann man da<br />
wirklich aufhören? Ist das nicht eine Sucht?<br />
Ich hör nicht auf, ich beende ein Kapitel als Künstler<br />
RAF Camora. Ich bin weiter Produzent. Ob dann<br />
auch noch meine Stimme zu hören ist, ob ich eine<br />
Band gründe, das wird sich alles zeigen. Ich lebe<br />
Musik, ich atme Musik, ich mach Musik, seit ich vier<br />
Jahre alt bin. Ich werde Musik machen, aber nicht<br />
das, was RAF Camora jetzt macht.<br />
Also auch keine Reue in Sicht, was diese Entscheidung<br />
betrifft?<br />
Nein, der Wunsch, das Kapitel zuzumachen und ein<br />
neues zu öffnen, ist stärker. Ich bin auf Kommerzialität<br />
nicht mehr angewiesen. Ich hab mit Musik, die<br />
mir gefällt, so viel Erfolg gehabt, dass ich niemandem<br />
mehr was beweisen muss. Ich könnte danach Musik<br />
mit dem Xylophon machen und nur eine CD verkaufen,<br />
wenn mir das Spass macht. Ich mach damit<br />
RAF Camora nicht kaputt. Das ist dann fertig, gestanden,<br />
der Stempel ist drauf. Ich kann’s nicht mehr zerstören.<br />
Im Gegenteil: Ich könnte viel mehr zerstören,<br />
wenn ich noch weitermachen würde.<br />
Verzichtest du auf Geld?<br />
Ja. Auf Millionen, mehrere Millionen.<br />
Was ist dir wichtiger: Geld zu machen oder ernst<br />
genommen zu werden?<br />
Ernst genommen zu werden. Hundertprozentig.<br />
Nicht die Leute auf der Strasse, das ist mir scheissegal.<br />
Ich will mich selber ernst nehmen können. Ich<br />
hab die Phase von Selbsthass schon durch. Ich weiss,<br />
wie es ist, etwas zu machen, hinter dem du nicht stehen<br />
kannst. Dann stehst du vor dem Spiegel, und du<br />
hast nichts.<br />
«Ich muss mich<br />
häuten. Sonst habe<br />
ich das Gefühl,<br />
stecken zu bleiben.»<br />
44
Immer weiter:<br />
Auf der Suche nach<br />
neuen Perspektiven<br />
zog RAF Camora<br />
erst nach Marseille,<br />
dann nach Berlin.
Einer, zu dem man<br />
aufschaut: Mit seiner<br />
Agentur fördert RAF<br />
Camora junge Künstler.
«Würde ich mich<br />
heute als jungen<br />
Künstler ent decken,<br />
würde ich mich<br />
in zwei Jahren zum<br />
Superstar machen.»<br />
Erzähl von dieser Phase.<br />
2012 hatte ich ein Hoch. Ich hab 20.000 Platten<br />
verkauft, hatte kurz danach ein Nummer-1-Album.<br />
Aber alles, was danach kam, waren Projekte, hinter<br />
denen ich nicht stand. Aber ich dachte, ich müsste sie<br />
machen. Ich war auch viel unerfahrener, hatte noch<br />
nicht meine Intuition von heute. Eines Tages bin ich<br />
aufgewacht, hab mein Handy genommen und mich<br />
gegoogelt. Ich hab mir die Bilder angeschaut und mir<br />
gedacht: Das bin ich nicht. In diese Situation werde<br />
ich nie wieder kommen.<br />
Wie bist du damals wieder rausgekommen?<br />
Ich hab meinem Manager gesagt: Sag alles ab. Ich<br />
muss mich finden. Danach kam eine Tiefphase, ich<br />
hatte nur noch 200 Euro, Stress mit dem Finanzamt.<br />
Da habe ich gemerkt: Die Musikwelt ändert sich, und<br />
ich bin vom alten Eisen. Cloudrap wurde plötzlich<br />
gross, Instagram und Streaming wurden immer wichtiger.<br />
Mir war klar, wenn ich da weiter dazugehören<br />
will, muss ich üben. Wie ein Boxer. Ich war jeden Tag<br />
im Studio. Ich hab bestimmt 50 bis 100 Songs aufgenommen,<br />
von denen die Hälfte nie rausgekommen<br />
ist. Ich hab gearbeitet wie ein Tier, an meinem Flow,<br />
an meiner Technik.<br />
Damit hast du RAF Camora wiederbelebt, Ende<br />
2020 wird es ihn endgültig nicht mehr geben.<br />
Was bringt dein neues Leben?<br />
Es gibt auch noch andere Ziele, eine Familie zum<br />
Beispiel. Vielleicht komm ich da mal weiter. Vielleicht<br />
kann ich das Leben, das ich jetzt führe, mal<br />
abschliessen. Und schlaf nicht mehr jede Nacht im<br />
Hotel und in einer anderen Stadt.<br />
Du hattest im Leben immer wieder Einschnitte,<br />
bist mit fünfzehn nach Marseille gegangen, lebst<br />
seit zwölf Jahren in Berlin. Jetzt begräbst du RAF<br />
Camora. Brauchst du die Neuanfänge?<br />
Ja, sehr. Ich muss mich immer wieder häuten. Sonst<br />
hab ich das Gefühl, stecken zu bleiben. Wenn ich<br />
etwas Neues mache, hab ich das Gefühl, ich will den<br />
Himmel aufbrechen. Als gebe es keine Grenzen. Das<br />
sind auch die Zeiten, in denen ich am besten schlafe.<br />
Du hast heute deine eigene Management-Agentur.<br />
Würdest du mit dem jungen Raf arbeiten, wenn<br />
du ihn finden würdest?<br />
Ganz ehrlich: Wenn ich mich heute finden würde,<br />
würde ich mich innerhalb von zwei bis drei Jahren<br />
zum Superstar machen. Ich war so hungrig, ich hab<br />
so viel gearbeitet. Hätte ich gute Ratschläge bekommen,<br />
hätte ich es viel früher geschafft. Aber ich<br />
glaub, dass alles einen Sinn hat. Vielleicht hätte ich<br />
es damals psychisch nicht verkraftet.<br />
Welche Ratschläge würdest du dir geben?<br />
Erstens die vier grossen Regeln, die wir allen Künstlern<br />
mitgeben: 1. Misch weder Politik noch Religion<br />
in deine Musik. 2. Pass auf, mit wem du Sex hast.<br />
3. Zahl deine Steuern, die können dich richtig fertigmachen.<br />
4. Pass auf mit Drogenkonsum. Aber das<br />
Wichtigste: Beschreib mit drei Worten, wer du bist.<br />
Und sei in allen drei Aspekten der Beste.<br />
Was sind die drei Worte bei dir?<br />
Rabe, Wien und Dancehall. Es gibt in allen drei<br />
Dingen niemanden, der stärker ist als ich. Niemand<br />
wird so sehr mit dem Raben-Symbol verbunden wie<br />
ich (zu sehen etwa auf Rafs rechtem Unterarm oder<br />
dem Albumcover zu «Zenit»; Anm.), niemand steht so<br />
sehr für diese Stadt und diese Musikrichtung wie ich.<br />
Zumindest im deutschsprachigen Raum.<br />
Zur Ankündigung deines neuen Albums bist du<br />
mit einem Speedboat über die Donau gefahren,<br />
tausende Fans standen am Ufer. Hast du nicht<br />
Angst, dass du solche Momente verpasst, wenn du<br />
das Kapitel RAF Camora schliesst?<br />
Keine Frage, der Tag in Wien war Wahnsinn. Das war<br />
ein Support, eine Liebe von der ganzen Stadt, das<br />
war surreal. Wie auf Ecstasy, ich schwöre. Trotzdem<br />
glaube ich eher, ich verpasse etwas, wenn ich das<br />
Kapitel RAF Camora nicht schliesse. Und es kommt<br />
ja noch was, bis zum 18. 12. 2020 geht es weiter. Ich<br />
werde in diesen anderthalb Jahren arbeiten, wie ich<br />
noch nie gearbeitet habe.<br />
Wie möchtest du, dass man sich an RAF Camora<br />
erinnert?<br />
Er hat alles zerlegt.<br />
Instagram: @raf_camora<br />
47
INNOVATOR<br />
START-UPS,<br />
PIONIERE UND<br />
GENIALE<br />
ERFINDUNGEN<br />
E-Mobilität<br />
Was lange<br />
währt …<br />
… auch lange fährt. Der neue<br />
Aptera soll das reichweitenstärkste<br />
Elektroauto werden.<br />
Und mit Durchhalte vermögen<br />
kennt sich der Gründer<br />
bestens aus.<br />
Mehr als 1600 Kilometer<br />
mit dem Auto fahren,<br />
ohne tanken zu müssen?<br />
Das könnte 2020 Realität<br />
sein: mit dem Aptera, dem<br />
«effizientesten Elektroauto der<br />
Die Vorderräder des Aptera treibt je ein Elektromotor an.<br />
Welt», wie es Chris Anthony,<br />
CEO des gleichnamigen Unternehmens,<br />
tituliert. Im Vergleich<br />
dazu: Der stärkste Tesla<br />
schafft nur knapp 600 Kilometer<br />
mit einer Akkuladung.<br />
«Den meisten Transportmitteln<br />
fehlt es an Effizienz»,<br />
so Anthony. Diese garantiert<br />
der US-Amerikaner dank einer<br />
von Artificial-Intelligence-<br />
Algorithmen optimierten<br />
Kunststoff-Leichtbauweise<br />
und einzigartiger Aerodynamik.<br />
So soll der futuristische<br />
Aptera (optisch halb U-Boot,<br />
halb Raumschiff) samt seinem<br />
48 THE RED BULLETIN
«Das Problem<br />
der meisten<br />
Transportmittel<br />
ist fehlende<br />
Effizienz. Zeit,<br />
das zu ändern!»<br />
Chris Anthony, CEO von<br />
Aptera, baut ein E-Auto<br />
mit 1600 km Reichweite.<br />
IN ALLER<br />
KÜRZE<br />
STOFF-<br />
WECHSEL<br />
Wer die Welt verändern<br />
will, muss<br />
ihre Bau steine<br />
neu anordnen –<br />
zwei Beispiele:<br />
WASSER<br />
AUS LUFT<br />
Die Maschine von<br />
Walter Kreisel, Unternehmer<br />
aus Oberösterreich,<br />
extrahiert<br />
Wasser aus angesaugter<br />
Luft und kann<br />
es auf Trinkwasserqualität<br />
aufbereiten.<br />
wkreisel.com<br />
Nachhaltigkeit<br />
Der Saubersurfer<br />
Wellenreiten vs. Wegwerfkultur: wie ein US-<br />
Amerikaner mit seinem Kaffeebecher-Surfboard<br />
Menschen zum Umdenken bewegen will.<br />
Verallgemeinernd<br />
gesagt setzen sich<br />
Surfer aufgrund ihrer<br />
Leidenschaft fürs Wasser<br />
gern für die Umwelt ein. Dass<br />
ihre Boards allerdings aus<br />
nichtwiederverwertbaren<br />
Materialien mit gewaltigem<br />
ökologischem Fussabdruck<br />
hergestellt werden, wird oft<br />
vergessen. Deshalb hat sich<br />
Surfer Korey Nolan zum<br />
Ziel gesetzt, auf den verschwenderischen<br />
Umgang<br />
mit Ressourcen aufmerksam<br />
zu machen. Und zwar mit<br />
einem Surfboard aus 700<br />
benutzten Kaffeebechern.<br />
Inspiriert wurde er dabei<br />
von den Unmengen an Einwegmüll<br />
in seiner Heimat<br />
im US-Bundesstaat New<br />
Hampshire. «Ich will zeigen,<br />
wie viel Abfall wir täglich<br />
erzeugen, sodass die Leute<br />
ihr Verhalten hinterfragen»,<br />
so der 32-Jährige. «Innerhalb<br />
von zehn Monaten habe<br />
ich mehr als 1000 Styroporbecher<br />
gesammelt – nur von<br />
Freunden und Familie.»<br />
Zur Herstellung des<br />
Bretts presste Nolan die Becher<br />
in eine Form und verschmolz<br />
sie mit einem biobasierten<br />
Epoxidharz. Damit<br />
will er keineswegs anregen,<br />
mehr Boards aus Kunststoffmüll<br />
zu fabri zieren. Vielmehr<br />
stellt er das Material<br />
per se in Frage: «Styropor<br />
gibt es seit achtzig Jahren,<br />
und jedes einzelne Teil ist<br />
noch immer da draussen –<br />
es kompostiert nicht.»<br />
Instagram: @koreytnolan<br />
60-kWh-Akku nur 800 Kilogramm<br />
wiegen. Angetrieben<br />
wird der Dreiradzweisitzer<br />
von zwei Elektromotoren am<br />
vorderen Radpaar.<br />
Der Aptera ist zwar innovativ,<br />
aber nicht ganz neu.<br />
Bereits vor mehr als zehn Jahren<br />
stellte das kalifornische<br />
Unternehmen einen Prototypen<br />
vor, ehe es 2011 pleiteging.<br />
«Es war eine andere<br />
Zeit», so Anthony. «Jetzt gibt<br />
es Lieferketten und ein neues<br />
Bewusstsein.» Und mehr<br />
Reichweite als die damaligen<br />
160 Kilometer. aptera.us<br />
ISOLIERUNG<br />
AUS ASCHE<br />
Ein nicht brennbarer<br />
Dämmstoff war das Ziel<br />
des Zürcher Start-ups<br />
FenX um Gründer<br />
Etienne Jeoffroy. Die<br />
Lösung: Schaum, gewonnen<br />
aus der Asche<br />
von Industrieabfall.<br />
fenx.ch<br />
Mehr Inspiration für<br />
Zukunftsmacher gibt es<br />
im aktuellen INNOVATOR.<br />
Infos und Abo unter:<br />
redbulletininnovator.com<br />
APTERA, MARTIN PRÖLL, FENX AG, KOREY NOLAN<br />
Zurück zum Ursprung: Korey Nolan mit seinem aus alten Kaffeebechern<br />
hergestellten Surfboard in einer Dunkin’-Donuts-Filiale<br />
THE RED BULLETIN 49
ALL-IN<br />
Ohne Wenn<br />
und Aber.
Das Leben als einziges riesiges Abenteuer<br />
durchziehen. Ohne jeden Kompromiss.<br />
Bei allem, was man tut, alles aufs Spiel<br />
setzen. Geht nicht? Geht. Wie, das weiss<br />
der Schweizer Schauspiel-Alleskönner<br />
SVEN SCHELKER.<br />
Text REINER KAPELLER<br />
Fotos NORMAN KONRAD<br />
Läuft bei ihm:<br />
Sven Schelker, 29,<br />
begegnet jeder<br />
Herausforderung<br />
mit purer Lust.<br />
THE RED BULLETIN 51
«Wenn man das Abenteuer<br />
herausfordert, dann passiert<br />
was in einem. Für mich ist<br />
das die Lust an der Challenge<br />
mir selbst gegenüber.»<br />
Sven Schelker, <strong>The</strong>ater- und<br />
Filmschauspieler, geboren in<br />
Basel, aufgewachsen in Reinach<br />
und wohnhaft in Hamburg,<br />
hat mit 29 so viel erreicht wie<br />
andere mit 59 nicht. Das liegt daran, dass<br />
er nichts von gesichertem Grund hält:<br />
Schelker erkämpft sich einen Ausbildungsplatz<br />
an der Münchner Otto Falckenberg<br />
Schule (was nur knapp zwei Prozent der<br />
Bewerber schaffen). Wird noch während<br />
der Ausbildung zum Schauspieler vom<br />
renommierten Thalia <strong>The</strong>ater in Hamburg<br />
engagiert. Erhält nach dem Abschluss<br />
eine Fixanstellung. Wird gefeiert für die<br />
Hauptrolle in Brechts «Dreigroschenoper»,<br />
mit 26 als Jüngster im Team.<br />
Wer dahinter Strategie vermutet, liegt<br />
falsch. Schelker folgt einfach konsequent<br />
der grössten sich bietenden Herausforderung.<br />
Stellt sich ihr. Meistert sie. Er hat<br />
erst wenig Kameraerfahrung, als er für<br />
«Der Kreis» vorgeschlagen wird und die<br />
Rolle erhält. 2015 wird er beim Schweizer<br />
Filmpreis als bester Hauptdarsteller und<br />
bei der Berlinale mit einem European<br />
Shooting Stars Award ausgezeichnet.<br />
Kurz darauf ist er der erste Schweizer in<br />
der mit Emmys und Golden Globes überhäuften<br />
US-Serie «Homeland». 2017 folgt<br />
mit «Goliath» der zweite Kinofilm.<br />
Für «Bruno Manser – Die Stimme des<br />
Regenwaldes», seinen dritten Kinofilm,<br />
hebt Schelker das Prinzip Abenteuer auf<br />
ein neues Level: Um ganz und gar in seine<br />
Figur Bruno Manser schlüpfen zu können,<br />
begibt er sich mehrere Wochen lang zu<br />
Ureinwohnern in den Dschungel – und<br />
damit in Lebensgefahr.<br />
the red bulletin: Sven Schelker, ich<br />
kann schwer glauben, dass es nötig<br />
ist, für eine Filmrolle wochenlang im<br />
Dschungel zu leben.<br />
sven schelker: Natürlich war das eine<br />
extreme, nur schwer abschätzbare Challenge.<br />
Aber es war die einzige Chance,<br />
Bruno Manser wirklich zu verstehen. Wie<br />
man als Schweizer Teil des Regenwalds<br />
wird, was mit einem passiert, wenn man<br />
auf die Penan (indigene Volksgruppe der<br />
Insel Borneo; Anm.) trifft. Das alles hatte<br />
einen so grossen Impact auf ihn, dass<br />
er sechs Jahre dort blieb. Dass er sein<br />
Leben dem Regenwald und seinen Ureinwohnern<br />
widmete. Klar, ich hätte mich<br />
vorbereiten können, aufs Set, mein Programm<br />
abspulen. Aber das reichte weder<br />
mir noch dem Regisseur. Ich wollte ein<br />
Gefühl dafür bekommen, was es heisst,<br />
Teil des Dschungels zu werden. Ich wollte<br />
es leben.<br />
Es hätte doch genügt, es zu spielen,<br />
Sven. Du kannst das, du bist schliesslich<br />
Schauspieler, und noch dazu ein<br />
sehr talentierter. Du hättest dir alles<br />
nötige Wissen von deiner Hamburger<br />
Couch aus aneignen können. Es gibt<br />
Massen an erstklassigem Material<br />
über Manser, seine Tagebücher, Dokus,<br />
Zeitungsberichte …<br />
Du redest hier von den Grundvorbereitungen.<br />
Das ist eher Oberfläche. Als<br />
Schauspieler wollte ich Bruno Manser<br />
und seinem Umfeld jedoch so nah wie<br />
möglich kommen. Ich musste da mit<br />
voller Wucht rein, ich musste das Abenteuer<br />
annehmen.<br />
Abenteuer klingt ja toll. Aber in diesem<br />
Fall sprechen wir von extremer Luftfeuchtigkeit<br />
und Hitze, Moskitos,<br />
Typhus, Cholera, Malaria, Tollwut und<br />
mieser medizinischer Versorgung …<br />
Spielt das alles keine Rolle?<br />
Dengue-Fieber hast du vergessen. Und<br />
Jaguare, giftige Spinnen und Schlangen,<br />
die dich innert fünf Minuten kaltmachen.<br />
Aber wovon die grösste Gefahr ausgeht,<br />
da kommst du nie drauf.<br />
Also bitte …?<br />
Holz! Die meisten Unfälle, die meisten<br />
Verletzten und Toten im Dschungel passieren<br />
durch Fallholz. Jeder Baum, jeder<br />
Ast stirbt irgendwann ab, wird morsch –<br />
und zack. Als wir das Penandorf filmten,<br />
waren da über hundert Menschen. Auf<br />
einmal stürzte ein 30 Meter hoher Baum<br />
aufs Set, ohne Vorwarnung, und machte<br />
zwei Hütten platt. Zum Glück nur Hütten.<br />
Wäre da jemand drin gewesen, hätte der<br />
keine Chance gehabt. Da wurde mir ein<br />
weiteres Mal bewusst, wie ausgeliefert<br />
man in dieser gewaltigen, fremdartigen,<br />
aber auch wunderschönen Natur ist.<br />
Der Schritt in diese fremdartige Natur<br />
machte Manser damals zu Malaysias<br />
Staatsfeind Nr. 1. Es wurde ein Kopfgeld<br />
von 50.000 Dollar auf ihn ausgesetzt,<br />
weil er auf das Schicksal der<br />
Urvölker und die Tropenholzrodung<br />
aufmerksam machte. Wenn eine europäische<br />
Crew einen Film über Manser<br />
dreht, wie wird man da empfangen?<br />
Nicht gerade mit offenen Armen, was<br />
aber streng genommen ein absoluter<br />
52 THE RED BULLETIN
Der Bart muss ab:<br />
Fürs Shooting kehrt<br />
Schelker in seine Rolle<br />
als Travestie-Star<br />
Röbi Rapp zurück.
«In erster Linie geht es<br />
mir darum, meinen<br />
eigenen Ansprüchen<br />
gerecht zu werden.»<br />
Glücksfall ist. Dadurch bekommt unser<br />
Film eine ganz andere Relevanz. Die Reaktion<br />
der Behörden zeigt, dass Malaysia<br />
noch heute damit zu kämpfen hat.<br />
Malaysische Gefängnisse gelten als nur<br />
unwesentlich weniger lebensgefährlich<br />
als der Dschungel. Ich vermute, du<br />
wirst jetzt sagen, in einer malaysischen<br />
Gefängniszelle mit einem Haufen Verbrechern<br />
zu sitzen wäre eine tolle Möglichkeit,<br />
tiefer ins Land einzutauchen.<br />
Aber davon hätte der Film ja nichts gehabt,<br />
wenn die Crew einsitzt. Was hast<br />
du getan, um nicht hopsgenommen<br />
zu werden?<br />
Allzu viel kannst du nicht machen. Wir<br />
versuchten, so wenig wie möglich in<br />
Sarawak (malaysischer Bundesstaat auf<br />
Borneo; Anm.) zu sein, und drehten nahe<br />
der Grenze in Kalimantan (indonesischer<br />
Teil Borneos; Anm.). Aber für die Vorbereitung,<br />
für das Treffen mit den Penan<br />
und das Casting mussten wir nach Sarawak.<br />
Wenn da Behörden ein Buch im<br />
Gepäck finden, auf dem Bruno Manser<br />
steht, gibt’s Ärger. Das wussten wir. Also<br />
haben wir Drehbuch und Notizen eine<br />
Tarnung verpasst. Manser heisst im Drehbuch<br />
James Finney, zum Beispiel. Polizei<br />
und Geheimdienste haben uns trotzdem<br />
monatelang begleitet und fuhren immer<br />
wieder aufs Set. Wenn eine ausländische<br />
Crew nahe der malaysischen Grenze<br />
ei nen Film über Ureinwohner und<br />
Tro pen holzrodung dreht, werden die<br />
einfach unruhig. Da kannst du machen,<br />
was du willst.<br />
Gab es nach einem Drehtag im<br />
Dschungel so etwas wie Erholung?<br />
Wenn du dich der Herausforderung<br />
Dschungel stellst, musst du mit den Konsequenzen<br />
leben. Das heisst, du fährst<br />
nach Drehschluss nicht in ein Hotel.<br />
Das wäre ja absolut kontraproduktiv.<br />
Du hast keine Möglichkeit, dich zurückzuziehen,<br />
hast kein Privatleben und<br />
kannst nicht mal kurz mit Familie und<br />
Freunden Facetimen.<br />
Travestie-<br />
Künstler<br />
Röbi Rapp<br />
Der Kreis, 2014<br />
Für seine erste Filmrolle<br />
schlüpfte Sven<br />
Schelker in Frauenkleider<br />
und liebte<br />
einen Mann. Die<br />
rührende Beziehung<br />
zwischen Röbi Rapp<br />
und Ernst Ostertag<br />
und ihr Kampf für die<br />
Gleichberechtigung<br />
be geisterte auf LGBT-<br />
Festivals weltweit<br />
und machte Schelker<br />
zum besten Hauptdarsteller<br />
beim<br />
Schweizer Filmpreis<br />
2015. «Mich hat gepackt,<br />
dass es eine<br />
reale Geschichte war.<br />
Die beiden haben<br />
unfassbar viel für<br />
die Schweiz getan.»<br />
Geht das nicht schlicht und einfach<br />
wahnsinnig an die Substanz?<br />
Klar hat man auch mal schlechte Tage.<br />
Aber wenn man sich auf ein Abenteuer<br />
einlässt, dann geht es nicht darum, Dinge<br />
54 THE RED BULLETIN
Muskelprotz<br />
David<br />
Dengler<br />
Goliath, 2017<br />
Um den muskelbepackten<br />
David<br />
Dengler zu verkörpern<br />
(buchstäblich!),<br />
musste Schelker ins<br />
Fitnessstudio. Über<br />
zehn Monate ging er<br />
sechsmal pro Woche<br />
trai nieren, nahm täglich<br />
3500 Kalorien zu<br />
sich und legte neun<br />
Kilogramm an Muskelmasse<br />
zu. «Die Leute<br />
schauten mich ganz<br />
anders an, hatten viel<br />
mehr Respekt vor<br />
mir.» Der Lohn: bester<br />
Schauspieler beim<br />
Harlem International<br />
Film Festival und<br />
Västerås Filmfestival.<br />
zu vermissen. Entscheidend ist, dass man<br />
sich, so gut es geht, anpasst. Nach zweieinhalb<br />
Wochen im Dschungel habe ich<br />
nachts gefroren, dachte, jetzt kommt ein<br />
Temperatursturz. Also habe ich Pullover<br />
angezogen, Trainingshose angezogen,<br />
dachte: jetzt nur bitte kein Fieber. Am<br />
Morgen haben die Penan nur gelacht.<br />
«Nee, ist nicht kälter geworden», sagten<br />
sie, «dein Körper hat sich ans Klima gewöhnt.»<br />
Es war bei weitem nicht mehr<br />
so heiss, ich hab kaum mehr geschwitzt.<br />
Krass, was mit dem Körper passiert.<br />
Aber die Zuseher gehen ja nicht ins<br />
Kino und sagen: «Schau, der Sven,<br />
der schwitzt gar nicht. Der hat sich an<br />
die Umstände im Dschungel voll gut<br />
angepasst. Toll.»<br />
(Lacht.) Klar. Aber egal wie unscheinbar<br />
es sich anfühlt, es ist ein Teil davon. In<br />
erster Linie geht es mir darum, meinen<br />
eigenen Ansprüchen gerecht zu werden.<br />
Und wenn es so natürlich wirkt, dass es<br />
niemandem auffällt, wunderbar, dann<br />
mache ich es ja genau richtig. Im Prinzip<br />
ist das wie bei der Sprache der Penan im<br />
Film. Es gibt in ganz Europa nur gerade<br />
eine Handvoll Menschen, die fliessend<br />
Penan sprechen. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass jemand ein böses E-Mail über<br />
meinen Akzent schreibt, ist gleich null.<br />
Aber trotzdem wollte ich komplett in die<br />
Sprache eintauchen.<br />
Du hast innerhalb von Wochen Penan<br />
zu sprechen gelernt, nebenbei?<br />
Ich habe mich zu Beginn am Skript<br />
orientiert. Aber darüber hinaus habe<br />
ich mithilfe der Penan ein Gefühl für die<br />
Sprache aufgebaut, habe Verständnis<br />
und Melodie entwickelt. Mir war wichtig,<br />
Rhythmus und Betonung zu verinnerlichen.<br />
Das half beim Proben und beim<br />
Dreh. Ich konnte komplett frei sprechen –<br />
im Sinne von, ich hatte den Mut dazu.<br />
Ich habe das mit den Penan ständig<br />
gegengecheckt. Da gab’s keine Bedenken.<br />
Kommt das hin? Spricht man das so aus?<br />
Klingt das richtig?<br />
«Wenn man die eigenen<br />
Grenzen verrückt und<br />
sich aus der Komfortzone<br />
rausbewegt, dann<br />
passiert was mit einem.»<br />
THE RED BULLETIN 55
«Ich wollte ein Gefühl dafür<br />
bekommen, was es heisst,<br />
Teil des Dschungels zu<br />
werden. Ich wollte es leben.»<br />
Umweltaktivist<br />
Bruno<br />
Manser<br />
Bruno Manser –<br />
Die Stimme des<br />
Regenwaldes,<br />
<strong>2019</strong><br />
Um dem 2005 für<br />
verschollen erklärten<br />
Schweizer Umweltund<br />
Menschenrechtsaktivisten<br />
gerecht<br />
zu werden, studierte<br />
Schelker Tagebücher,<br />
Aufzeichnungen und<br />
Texte, las dessen<br />
Biografie, sprach mit<br />
Angehörigen und<br />
lebte wie Manser im<br />
Dschungel. «Bruno<br />
war für mich von<br />
Anfang an ein naturverbundener<br />
und kritischer<br />
Typ. Ich glaube,<br />
dass wir beide eine<br />
grosse empathische<br />
Neugierde teilen, die<br />
er wahrscheinlich<br />
noch konsequenter<br />
verfolgt hat.»<br />
Man könnte jetzt sagen: Du gefährdest<br />
dein Leben in einem riesigen Abenteuer.<br />
Und gleichzeitig begibst du dich<br />
in Gefahr, dich in winzigsten Details<br />
zu verzetteln.<br />
Nein. Es geht um Neugierde, in jeder<br />
Situation. Ein Beispiel: allein wie sich die<br />
Penan fortbewegen. Die gehen nicht so<br />
wie du und ich. Die schlagen sich nicht<br />
mit einer Machete den Weg frei. Die<br />
ducken sich. Bewegen sich unglaublich<br />
leicht fort, selbst mit 25 Kilogramm Ausrüstung.<br />
Ich weiss noch, wie sie absichtlich<br />
ihr Tempo verringerten, damit wir<br />
nachkommen konnten – und trotzdem<br />
waren sie dreimal schneller als wir. Ich<br />
finde es extrem spannend, solche Beobachtungen<br />
zu machen und mit Dingen<br />
umzugehen, die mir nicht vertraut sind.<br />
Das war schon bei «Der Kreis» so, als ich<br />
mit 22 mit meiner ersten Hauptrolle Teil<br />
einer Liebesbeziehung zweier Männer<br />
war, die unfassbar viel für die Schwulenbewegung<br />
getan haben. Und das war bei<br />
«Goliath» so, wo ich sechsmal die Woche<br />
trainierte und ein neues Verhältnis zu<br />
meinem Körper und meiner Kraft finden<br />
musste. Wenn man die eigenen Grenzen<br />
verrückt und sich aus der Komfortzone<br />
rausbewegt, wenn man das Abenteuer<br />
herausfordert, dann passiert etwas mit<br />
einem. Das ist die Lust an der Challenge<br />
sich selbst gegenüber.<br />
Gibt es denn gar keinen Punkt, an dem<br />
du einen Gang zurückschaltest?<br />
Nein, warum sollte ich? Ich versuche<br />
ständig auf der Suche zu sein. Nach<br />
etwas Wahrhaftigem, nach einem Punkt,<br />
an dem ich das Gefühl habe, etwas<br />
zurückgeben zu können. Mark Twain hat<br />
mal gesagt: «Die beiden wichtigsten Tage<br />
deines Lebens sind der Tag, an dem du<br />
geboren wurdest, und der Tag, an dem<br />
du herausfindest, warum.» Für mich ist<br />
dieses Unaufhörlich-auf-der-Suche-Sein<br />
ein einziges grosses Abenteuer, und es<br />
gibt mir das Gefühl, so viel wie möglich<br />
in der Hand zu haben, auch mein eigenes<br />
Glück. Ein schöner Gedanke.<br />
«Bruno Manser – Die Stimme des<br />
Regenwaldes» kommt am 7. <strong>November</strong><br />
in die Deutschschweizer Kinos.<br />
Styling HENDRIK SCHAULIN/LIGANORD AGENCY<br />
Hair & Make-up DANIELA PROST/LIGANORD AGENCY<br />
56 THE RED BULLETIN
Leicht lachen:<br />
Allround-Talent Sven<br />
Schelker fiebert schon<br />
seinem nächsten<br />
Abenteuer entgegen.
DIE<br />
POWER-<br />
NERDS<br />
E-Sport-Athleten verbrauchen<br />
während des Tages allein mit<br />
ihrer Hirntätigkeit so viele<br />
Kalorien wie ein Topmanager.<br />
Das TEAM POSTFINANCE HELIX<br />
trainiert Körper und Geist<br />
professionell, um fit zu sein für<br />
ein Leben, das ein Game ist.<br />
Text WERNER JESSNER<br />
Fotos DAN CERMAK
Übungen für jedes Büro:<br />
Liegestütz mit Mahdi<br />
«Pride» Nasserzadeh,<br />
Hindernisspringen über<br />
Polstermöbel mit Nikola<br />
«Greenfire» Dimovic<br />
THE RED BULLETIN 59
Bern, ein Loft beim Hauptbahnhof.<br />
Fünf Monitore in einer Reihe, fünf<br />
junge Männer dahinter. Rechte Hände<br />
klicken Computermäuse, linke flitzen über Tastaturen.<br />
Kurze, knappe Kommentare, ein Aufschrei,<br />
kurz kommt Hektik auf. Hinter Monitor Nummer<br />
vier ein lautes Mausklick-Stakkato, dann erlösendes<br />
Lachen: Problem gelöst, Situation entschärft.<br />
Und weiter im Game-Training.<br />
Willkommen in der Welt des E-Sports, in der<br />
genau wie in der Alten Sportwelt jeder versucht,<br />
sich entscheidende Vorteile zu erarbeiten. Wer<br />
international mithalten will, muss täglich rund<br />
sechs Stunden vor dem Monitor trainieren.<br />
Entscheidende Vorteile kann man aber auch<br />
anders erarbeiten. Das Team «PostFinance Helix»<br />
verfolgt einen revolutionären Ansatz und trainiert<br />
die Gamer gezielt physisch, fast wie Athleten in<br />
der Welt des guten alten körperlichen Sports. Die<br />
Idee: Je mehr Körper und Geist als Einheit funktionieren,<br />
desto leistungsfähiger ist das Gesamtpaket.<br />
Seither trainieren «Pride», «Greenfire», «Polo»,<br />
«Vango» und «Koala» nicht nur täglich gemeinsam<br />
vor den Monitoren: Ein ausgewachsenes<br />
und ausgeklügeltes Fitnessprogramm benötigt<br />
im Schnitt weitere zwei Stunden. E-Gaming auf<br />
internationalem Level ist ein Fulltime-Job.<br />
Renato Montañés sieht aus wie ein Personal<br />
Coach mit Martial-Arts-Background, was daran<br />
liegt, dass er genau das ist. Er ist für körperliche<br />
und mentale Fitness verantwortlich und kann<br />
auch lauter werden, wenn seine Athleten nachlässig<br />
in der Ausführung der jeweiligen Übungen<br />
werden. Cardio, Stabilität, Koordination, Atemtechniken,<br />
Entspannung: Renato hat den Jungs<br />
individuelle Programme geschrieben, die sie vor<br />
den Monitoren besser reagieren, länger durchhalten<br />
und entspannter entscheiden lassen. Dass<br />
dieser Ansatz funktioniert, beweisen die Zahlen:<br />
Nicht nur, dass die Fitnesswerte seit dem professionellen<br />
Training in die Höhe geschnellt sind,<br />
die Jungs spielen auch besser denn je.<br />
60<br />
Das Team<br />
PostFinance Helix ist<br />
die erste «League of<br />
Legends»-Profi-Equipe<br />
der Schweiz.<br />
Meet the guys (von links):<br />
Mahdi «Pride» Nasserzadeh,<br />
Position: Top. Nikola «Greenfire»<br />
Dimovic, Position: Jungle.<br />
Nicholas «Nico<strong>The</strong>Pico» Korsgård,<br />
Gaming-Coach. Antoine<br />
«Vango» Tinguely, Position:<br />
Mid. Renato Montañés, Fitnessund<br />
Mental-Coach. Dennis<br />
«Koala» Berg, Position: Support.<br />
Marco «Polo» Buchholz,<br />
Position: Marksman/ADC.<br />
Seit Anfang <strong>2019</strong> betreibt das<br />
von der PostFinance unterstützte<br />
«League of Legends»-<br />
Team E-Sport unter professionellsten<br />
Bedingungen. Bisherige<br />
Sieges quote: 75 Prozent!<br />
Das Spiel<br />
«League of Legends»:<br />
boomendes Fantasy-<br />
Strategiespiel für Teams<br />
Fünferteams arbeiten zusammen.<br />
Ziel ist, in einer nur teilweise<br />
bekannten virtuellen Welt<br />
das Hauptgebäude des gegnerischen<br />
Teams («Nexus») zu<br />
zerstören. Weltweit spielen über<br />
100 Millionen Menschen «LoL».<br />
Seit 2011 werden Weltmeisterschaften<br />
ausgetragen, das Preisgeld<br />
stieg von 100.000 Dollar<br />
auf 6,45 Millionen 2018.<br />
Das sind die fünf<br />
Übungsbereiche<br />
für professionelle<br />
Gamer – die aber<br />
auch für jeden von<br />
uns funktionieren,<br />
der in einem<br />
fordernden Schreibtischjob<br />
steckt.<br />
CIRCUIT-<br />
TRAINING<br />
für die Einheit von<br />
Körper und Geist<br />
Kraft-Ausdauer-Übungen geben ein<br />
Gefühl für den Körper. Das ist umso<br />
wichtiger, wenn man einen Sport ausübt,<br />
in dem der Körper nicht direkt das<br />
macht, was das Hirn befiehlt, sondern<br />
noch eine Ebene dazwischengeschaltet<br />
ist – in unserem Fall eben das Game.<br />
Man kennt das vom Lesen eines Buchs:<br />
Der Geist verabschiedet sich vom Körper<br />
und taucht in die geschriebene<br />
Welt ein. Je besser das Körpergefühl,<br />
desto schneller ist man wieder eins.<br />
Und genau das ist das Ziel von Circuit-<br />
Training: die natürliche Einheit von<br />
Körper und Geist wiederherzustellen.<br />
Und einen zweiten Punkt führt Renato<br />
an: «Während sie gamen, laufen in den<br />
Köpfen der Jungs dieselben Prozesse<br />
ab, als ob sie die Bewegungen tatsächlich<br />
durchführen würden. Unser<br />
Training mit gezielten Box- und<br />
Kickbox-Einheiten ist die perfekte<br />
Ergänzung dazu.»<br />
ÜBUNGEN<br />
Hindernissprünge<br />
Liegestütz mit Halten<br />
Liegestütz mit Hanteln<br />
Boxen<br />
Kickboxen
Schult Koordination,<br />
Ausdauer, Kraft und<br />
macht Spass: Antoine<br />
«Vango» Tinguely<br />
beim Pratzentraining<br />
mit Coach Renato<br />
Montañés<br />
Individuelles Programm:<br />
Jeder E-Sportler von<br />
PostFinance Helix bekommt<br />
vom Coach seine<br />
massgeschneiderten<br />
Übungen.<br />
CARDIO<br />
zur Gehirnregeneration<br />
Eine Stunde pro Trainingstag ist für<br />
Ausdauertraining reserviert. Da die<br />
Jungs noch in ihren Zwanzigern sind,<br />
liegt der Pulsbereich dafür bei 125<br />
Schlägen pro Minute (je älter, desto<br />
niedriger ist die ideale Frequenz).<br />
Wieder geht es um die Verschränkung<br />
von Körper und Geist. Renato Montañés:<br />
«E-Sportler sind die Antithese<br />
zu Marathon läufern. Letztere müssen<br />
lernen, Dinge zu visualisieren – genau<br />
das ist hingegen das tägliche Brot unserer<br />
Sportler. Ausdauereinheiten sind<br />
der logische Ausgleich dazu.» Weitere<br />
positive Nebenwirkungen höherer<br />
Grundlagenausdauer sind gesteigerte<br />
Reserven in Stress-Situationen: Die<br />
Sauerstoffzufuhr wird optimiert, die<br />
Aufmerksamkeitsspanne erhöht sich.<br />
Der Geist – und in Folge der Körper<br />
(Auge, Finger …) – kann Informationen<br />
besser und länger aufnehmen und präziser<br />
weiterver arbeiten.<br />
ÜBUNGEN<br />
Ergometer<br />
Joggen<br />
Schwimmen<br />
Body of Greenfire: Schwimmen ist eine prima<br />
Ergänzung zum Joggen oder den langweiligen<br />
Ausdauereinheiten am Ergometer.<br />
THE RED BULLETIN 61
RUMPF-<br />
STABILITÄT<br />
für einen souveränen<br />
Auftritt vor dem Monitor<br />
Der vor dem Computer lümmelnde<br />
Nerd ist ein Bild von gestern – zumindest<br />
im professionellen E-Gaming.<br />
Renato Montañés legt höchsten Wert<br />
auf gesunde und gerade Körperhaltung.<br />
Einerseits, um Verspannungen und<br />
später Haltungsschäden vorzubeugen.<br />
Andererseits überträgt sich die Körperhaltung<br />
auch direkt auf den Bildschirm:<br />
Sind die Muskeln gespannt, ist es der<br />
Geist genauso. Jeder kann das selbst<br />
am Telefon beobachten: Je wichtiger<br />
das Gespräch, desto aufrechter hält<br />
man sich. Das Team von PostFinance<br />
Helix dreht den Spiess um: Weck den<br />
Körper, bring ihn in eine Position, die<br />
ihm Aufmerksamkeit suggeriert, und<br />
der Geist wird folgen.<br />
ÜBUNGEN<br />
Yoga<br />
Rückenstrecker mit <strong>The</strong>raband<br />
Auch Spass muss sein: Kollege Greenfire<br />
ist bei PostFinance Helix der Mann mit dem<br />
am besten ausbalancierten Handstand.<br />
Styling & Props STEFANIE HILLE<br />
62
Platzsparender Klassiker<br />
für jedes Büro: Ein <strong>The</strong>raband<br />
kann vielseitig<br />
verwendet werden. Polo<br />
nutzt es hier, um seinen<br />
Rücken zu kräftigen.<br />
Koordination eines Koalas: Auch einen<br />
Tischtennistisch gibt es in den Räumlichkeiten<br />
des Teams PostFinance Helix.<br />
KOORDINATION<br />
für schnelle Reaktion<br />
Eine ganz entscheidende Qualität<br />
im E‐Sport ist die störungsfreie Übertragung<br />
optischer Reize in korrekte<br />
motorische Bewegungen. Je schneller<br />
und intuitiver, desto besser. Gute Hand-<br />
Auge-Koordination spielt bei vielen<br />
Sportarten eine entscheidende Rolle,<br />
daher unterscheidet sich dieser Trainingsbereich<br />
bei E-Gamern kaum von<br />
jenen konventioneller Athleten. Durch<br />
zahllose Wiederholungen können<br />
Automatismen trainiert werden, die<br />
das Hirn quasi auf Durchzug schalten.<br />
Das Auge nimmt etwas wahr, der Zeigefinger<br />
auf der Maus oder die Hand am<br />
Keyboard reagiert beinahe gleichzeitig.<br />
Einige dieser Übungen überschneiden<br />
sich in der Praxis mit jenen aus den<br />
anderen Gruppen: Boxen zum Beispiel<br />
macht nicht nur Spass und schult die<br />
Koordination, es trainiert auch Kraft<br />
und Fitness.<br />
ÜBUNGEN<br />
Tennisball an der Schnur<br />
Tischtennis<br />
Volleyball einhändig fangen<br />
Boxen<br />
ENTSPANNUNG<br />
für ein leistungsfähigeres<br />
Ich am nächsten Tag<br />
Täglich mindestens vier Stunden, oft<br />
auch doppelt so lange Zeit vor dem<br />
Bildschirm zu verbringen ist harte Arbeit.<br />
Also ist es wichtig, das System<br />
abends ordentlich herunterzufahren.<br />
Nach ein paar Minuten Stretching, um<br />
Körper und Geist wieder zu vereinen,<br />
steht das mentale «Recap» des vergangenen<br />
Tages: Was habe ich gemacht,<br />
wie ist es mir dabei ergangen, was werde<br />
ich morgen verbessern? Der Trick<br />
dabei: Da auf diese Art die Reizverarbeitung<br />
bereits vor dem Einschlafen<br />
passiert, wird der Schlaf nicht durch<br />
Tagesreste gestört und ist erholsamer.<br />
Dasselbe passiert übrigens nach dem<br />
Aufwachen: Körper und Geist werden<br />
da mithilfe einer Routine mit den Plänen<br />
und Zielen für den Tag bereit gemacht.<br />
ÜBUNGEN<br />
Meditation<br />
Yoga<br />
Atemübungen<br />
Stretching<br />
Pride geht in sich: Was habe ich heute gut<br />
gemacht, was kann ich morgen besser machen?<br />
Alles über das E-Sport-Profiteam auf:<br />
postfinancehelix.ch<br />
63
Sumō-Ringen hat in<br />
Japan über 2000 Jahre<br />
Tradition. Doch die<br />
Japaner bekommen<br />
Konkurrenz, weil immer<br />
mehr internationale<br />
Ringer den Sport für sich<br />
entdecken. Nirgendwo<br />
wird das so deutlich wie<br />
auf dem grössten Turnier<br />
ausserhalb Japans:<br />
den US Sumo Open.<br />
Text TOM WARD<br />
Fotos JEREMY LIEBMAN<br />
Schwere<br />
Jungs<br />
64 THE RED BULLETIN
Byambajav Ulambayar<br />
ist in vielerlei Hinsicht<br />
ein Sumō-Riese: Der<br />
ehemalige Profi aus der<br />
Mongolei hat seit 2007<br />
zehnmal den Titel<br />
im Schwergewicht der<br />
Herren bei den US Sumo<br />
Open gewonnen.
Der traditionsreiche<br />
Sport wandelt sich, um<br />
einem breiteren Publikum<br />
zugänglich zu werden.<br />
Als grösstes Sumō-Turnier ausserhalb Japans<br />
locken die 19. US Sumo Open fast 5000 Zuschauer<br />
und 64 internationale Ringer in die Walter<br />
Pyramid Arena im kalifornischen Long Beach.<br />
67
Von der Tribüne aus sehen die drei hockenden<br />
Sumō-Ringer wie riesige Medizinbälle aus.<br />
Der Kontrast zwischen diesem Anblick und<br />
der Umgebung könnte kaum extremer sein.<br />
Wir sind hier in Kalifornien – in der Arena der<br />
California State University in Long Beach,<br />
um genau zu sein. In der pyramidenförmigen<br />
Halle trainieren eigentlich die Basketball-<br />
und Sportteams der Long Beach State 49ers.<br />
Das Innere der Walter Pyramid mit ihren<br />
4000 Sitzplätzen zieren gold-schwarze «Go Beach»-Banner, es<br />
gibt einen Popcornstand, und an jeder Ecke verkaufen sie Hotdogs<br />
und Softdrinks.<br />
Kurz: Amerikanischer geht es fast nicht. Umso mehr stechen<br />
die zwei japanischen und der mongolische Ringer auf dem<br />
polierten Holzboden mit den schwarzen Markierungen eines<br />
Basketballfeldes hervor.<br />
Die drei Athleten sind der 1,84 Meter grosse Byambajav Ulambayar<br />
aus der Mongolei, der 1,92 Meter grosse Hiroki Sumi aus<br />
Japan und der mit 1,70 Metern verhältnis mässig gedrungene<br />
Takeshi Amitani – fünfmaliger japanischer National University<br />
Champion. Sie treten an diesem Nachmittag im März zu den<br />
19. jährlichen US Sumo Open an, dem grössten und ältesten<br />
Sumō-Turnier ausserhalb Japans.<br />
Die Teilnehmer bringen es auf insgesamt 18 Sumō-Weltmeistertitel<br />
und kommen aus Ländern wie Japan, der Mongolei,<br />
Indien, Ägypten, Tadschikistan, Georgien, der Ukraine, Norwegen<br />
und Deutschland. Diese bunte Mischung sollte einen nicht verwundern:<br />
Sumō befindet sich mehr als andere Sportarten im<br />
Umbruch. In Japan werden die besten Ringer des Landes regelmässig<br />
von Quereinsteigern aus Russland, der Mongolei und der<br />
Ukraine bezwungen. In diesen Ländern hat man den japanischen<br />
Nationalsport für sich entdeckt und hegt grosse Ambitionen.<br />
Die Dominanz der Nicht-Japaner ist sogar so gross, dass Japan<br />
2017 erstmals seit zwanzig Jahren wieder einen «Yokozuna» (den<br />
höchsten Rang im Sumō) feiern konnte: Kisenosato Yutaka. Als<br />
sich Yutaka im Januar <strong>2019</strong> mit 32 aus dem Profisport zurückzog,<br />
machten zwei Mongolen das Rennen um den Spitzenplatz unter<br />
sich aus. Diese Entwicklung ist typisch für die Veränderungen<br />
im Sumō: Der traditionsreiche Sport wandelt sich, um weltweit<br />
einem breiteren Publikum zugänglich zu werden. Nirgendwo<br />
wird dies so deutlich wie auf den US Sumo Open.<br />
Jedes Kilo zählt<br />
Zwei Tage vor dem Start der 19. US Sumo Open treffen wir in der<br />
Walter Pyramid einige der renommiertesten Turnierteilnehmer<br />
bei der Abwaage an. Der 35-jährige Ulambayar hat ein Gewicht<br />
von 161 Kilo. «Ich bin viel zu schlank», scherzt er, zieht sich einen<br />
violett geblümten Mantel über und schreitet stolz davon.<br />
Als Nächster steht Hiroki Sumi auf die Waage. Der immerzu<br />
grinsende 29-Jährige greift seinen üppigen Bauch mit beiden<br />
Händen. Mit 220 Kilo ist er einer der schwersten Ringer des<br />
Wettkampfs. Der 26-jährige Takeshi Amitani qualifiziert sich mit<br />
seinen 100 Kilo für die Mittelgewichtsklasse. Er ist gut aussehend<br />
und muskulös, die Haare zurückgekämmt, ein Blumenkohlohr<br />
links, ein Auge von einer Verletzung leicht geschwollen.<br />
Wir unterhalten uns mit ihnen, wobei Amitani die Übersetzungsarbeit<br />
übernimmt. «Ich trainiere sehr hart», sagt er für<br />
Sumi. «Ich stemme 90 Kilo auf der Bank, auf die Schulterpresse<br />
lade ich 60 Kilo und auf die Beinpresse 140.» Während er spricht,<br />
macht Sumi die entsprechenden Bewegungen, wobei seine<br />
Muskeln deutlich und eindrucksvoll hervortreten.<br />
Dann zeigt er auf sein rechtes Knie, über das sich in Zickzacklinie<br />
eine Narbe zieht. Deshalb musste er Kreuzheben und Kniebeugen<br />
aufgeben.<br />
68 THE RED BULLETIN
Ukrainische Ringer<br />
sind im modernen<br />
Sumō besonders erfolgreich.<br />
Hier: Demid<br />
Karachenko und der<br />
spätere Sieger, sein<br />
Landsmann Sviatoslav<br />
Semykras, kämpfen<br />
im Leichtgewicht-<br />
Finale der Herren.<br />
Amitanis Trainingsroutine sieht ähnlich aus. Als College-<br />
Student stellte er seine Ernährung um. Ab sofort standen neben<br />
Sushi und Ramen das Standardessen der Sumō-Ringer auf dem<br />
Speiseplan: «Chankonabe», ein Eintopf mit proteinreichen<br />
Zutaten wie Huhn, Tofu, Fleischklösschen oder Fisch, kohlenhydrathaltigen<br />
Einlagen wie Reis oder Nudeln und Gemüse<br />
wie Pak Choi, Winterrettich und Karotten sowie Pilzen.<br />
Am Abend vor dem Turnier gab es Barbecue im Hotel. «Wir<br />
haben fünf oder sechs Kilo Fleisch gegessen», grinst Ulambayar.<br />
Abends gibt es sonst eher leichte Kost wie gebratene Makrele,<br />
Nudeln oder Salat. Und da Sumō 365 Tage im Jahr Saison hat,<br />
bleibt der Speiseplan eines Profis das ganze Jahr über gleich.<br />
Das entspricht so weit alles dem typischen Bild, das man<br />
im Westen von Sumō-Ringern hat – als übergewichtige, aber<br />
«82 anerkannte Techniken<br />
kommen zum Einsatz. Man<br />
darf den Gegner schlagen,<br />
ihm die Beine wegziehen,<br />
ihn am Gürtel packen.»<br />
THE RED BULLETIN 69
Selbst die besten Ringer<br />
Japans werden regelmässig<br />
von Russen, Mongolen<br />
und Ukrainern bezwungen.<br />
muskel bepackte Athleten. Viele Sumōtori kommen aus dem<br />
tradi tionellen Ringkampf, doch sie müssen kräftig an Gewicht<br />
zulegen – nicht nur wegen der Show, sondern auch, um dem<br />
Gegner etwas entgegenzusetzen. Je schwerer man ist, desto<br />
schwieriger wird es für den Kontrahenten, das Ziel des Kampfes<br />
zu erreichen: sein Gegenüber aus dem Ring zu befördern.<br />
Trainingspartner, die über 160 Kilo auf die Waage bringen,<br />
sind ideal zur Vorbereitung auf einen Wettkampf: Wer sich gegen<br />
solche Kolosse stemmt, entwickelt schnell die nötige Beinmuskulatur,<br />
um Angriffe abwehren zu können. Der imposante Körperbau<br />
der Sumōtori veranlasste Sportwissenschaftler an vier Universitäten<br />
in Tokio 1994 zu einer Studie: Man fand heraus, dass<br />
der Körperfettanteil von Sumō-Ringern im Schnitt 26,1 Prozent<br />
beträgt, während der von Bodybuildern bei 10,9 Prozent liegt.<br />
Einen echten Sumō-Kämpfer zeichnet aber weit mehr aus. Er<br />
unterwirft sich den strengen Regeln eines Sumō-Stalls in Japan<br />
und trainiert täglich hart, um auf höchstem Niveau kämpfen zu<br />
können. Wer es anders hält, gilt als Amateur. Während Takeshi<br />
Amitani in Japan nur als Junior-Ringer aktiv war, kämpften Hitori<br />
Sumi und Byambajav Ulambayar in der Profi-Liga. Heute leben<br />
alle drei in Kali fornien – als Botschafter ihres Sports.<br />
Wenn er nicht selbst im Ring steht, arbeitet Amitani als Trainer<br />
in einem «Dohyō» (Ring) in der Nähe und tritt wie Sumi regelmässig<br />
im Fernsehen und bei Veranstaltungen auf. Ulambayar<br />
hingegen kam 2007 für die Dreharbeiten des Films «Ocean’s 13»<br />
in die USA und ist geblieben.<br />
Doch die US Sumo Open sind nicht nur eine beliebige Plattform<br />
für die Ringer. Es ist das am höchsten angesehene Turnier<br />
ausserhalb des professionellen Sumō in Japan. Seit 2007 war<br />
Byambajav Ulambayar zehnmal Sieger im Schwergewicht.<br />
Hiroki Sumi hat in seiner Profi-Karriere in Japan 234 Kämpfe<br />
gewonnen. «Sumō ist nicht besonders kompliziert», sagt er. «Es<br />
gibt viele Sportler, die Sumō achten, und darum macht es mir<br />
nichts aus, wenn auch Ringer aus anderen Ländern antreten.<br />
Sumō ist immer noch eine Randsportart. Es wäre schön, wenn<br />
dieser Kampfsport weltweit noch bekannter werden würde. Ich<br />
stand in Japan jahrelang als Profi im Ring, aber ich möchte ein<br />
breiteres Publikum mit meinen Techniken begeistern. Deshalb<br />
bin ich in Amerika.»<br />
Der Mongole Ulambayar ist kein Mann grosser Worte, doch<br />
auch er macht sich Gedanken. «Ich liebe diesen Sport», erklärt er.<br />
«In Amerika nimmt das Interesse allmählich zu. Die Konkurrenz<br />
wird stärker und lernt schnell. Ich glaube, sie respektieren diese<br />
Kultur. Aber es ist schwierig, gegen einen Ringer zu kämpfen,<br />
der kein Profi ist. Die Bewegungen der Profis sind in etwa vorhersehbar.<br />
Aber wenn jemand vom Judo oder einer anderen Sportart<br />
kommt, ist dessen Taktik nicht so leicht zu durchschauen.»<br />
Er zuckt mit den Schultern. «Aber ich komme damit klar.»<br />
Fleischberge made in USA<br />
Während sich die ehemaligen Profis nicht mehr beweisen müssen,<br />
arbeiten die amerikanischen Sumōtori hart dafür, sich in der<br />
Szene einen Namen zu machen. Der ehemalige Wrestler Andrew<br />
McKnight aus Kalifornien kämpft in der Leichtgewichtsklasse.<br />
«Viele Wrestler träumen von einer Karriere als Profi-Boxer oder<br />
MMA-Kämpfer», erzählt er. «Aber wenn es dafür nicht reicht, ist<br />
Sumō eine gute Alternative.»<br />
Vor einem Jahr baute sich McKnight hinter dem Haus einen<br />
eigenen Ring und trainiert seitdem mit seinen Mitbewohnern. Er<br />
nimmt zum ersten Mal an diesem Turnier teil. «Der traditionelle<br />
Links: Andrew McKnight bereitet seinen Sumō-Gürtel,<br />
den «Mawashi», für den ersten Wettkampf vor. Die<br />
Länge variiert und liegt bei fünf bis sechs Metern für<br />
Amateure und bei bis zu zehn Metern für Top-Profis.<br />
Gegenüber liegende Seite, im Uhrzeigersinn von oben<br />
links: Takeshi Amitani (Japan), Owen Albers (USA),<br />
Jose Galindo (USA), Sviatoslav Semykras (Ukraine)<br />
70 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 71
Hiroki Sumi in einer Verschnaufpause<br />
– mit 220 Kilo ist er<br />
einer der schwersten Ringer<br />
dieses Wettbewerbs.<br />
72 THE RED BULLETIN
«Sumō ist der härteste Sport<br />
der Welt. Es ist extrem brutal.»<br />
US-Hoffnung Jose<br />
Galindo geht im<br />
Schwergewichtsfinale<br />
der Herren zu Boden.<br />
Aspekt gefällt mir», fügt er hinzu. «Meiner Meinung nach kann<br />
man Sumō durchaus mit dem US-amerikanischen Profi-Wrestling<br />
vergleichen. Es ist ein Show-Spektakel. Ich finde es schön,<br />
dass hier alte Rituale gepflegt werden, auch wenn sie vielleicht<br />
überholt wirken mögen.»<br />
Schwergewichtler Jose Galindo kam zum Sumō, nachdem er<br />
auf YouTube gesehen hatte, wie Ulambayar einen Gegner mit<br />
vollem Körpereinsatz auf die Matte schickte. Galindo wuchs in<br />
Utah und Los Angeles auf und spielte semiprofessionell Football.<br />
Nun verdient er sein Geld als Chiropraktiker. Auch für ihn ist es<br />
das erste Turnier. «Ich bin seit eineinhalb Monaten dabei», sagt<br />
er. «Das ist meine Feuertaufe.» Kurz entschlossen füllte er das<br />
Anmeldeformular für das Turnier aus und zahlte die 30 Dollar<br />
Teilnahmegebühr.<br />
Aber nicht alle amerikanischen Teilnehmer sind Neulinge.<br />
Schwergewichtler Kelly Gneiting ist als fünfmaliger US-Meister<br />
bereits eine Legende. Der 197 Kilo schwere Fleischberg kam zum<br />
Sumō, als er für das griechisch-römische Ringen zu schwer geworden<br />
war. Der 48-Jährige mit dem grauen Bart ist der einzige Wettkämpfer,<br />
der schon 2001 an den ersten US Sumo Open teilnahm.<br />
«Das wahre Wesen von Sumō bleibt vielen verborgen», philosophiert<br />
er. «Dazu gehört auch, dass Sumō der härteste Sport der<br />
Welt ist. Es ist extrem brutal.» Gneiting erzählt, wie er 2004 in<br />
Tokio kurz vor dem Sieg gegen einen der heimischen Champions<br />
stand, als der Gegner von seinem Team ein Zeichen bekam und<br />
daraufhin ein Handkantenschlag auf Gneitings Auge landete.<br />
«Ich hatte das Gefühl, mir fällt ein Waschbecken auf den Kopf.<br />
In den USA oder Grossbritannien wäre man damit nicht durchgekommen,<br />
aber in Japan ist so etwas normal.» Rückblickend<br />
glaubt Gneiting, dass die Japaner seinerzeit etwas dagegen hatten,<br />
dass Ausländer in ihren Nationalsport eindringen. Im Laufe<br />
der Zeit hätten sie aber gelernt, «ihr Baby loszulassen».<br />
Andrew Freund ist der Gründer und Veranstalter der US<br />
Sumo Open und verbreitet die hektische Energie eines Menschen,<br />
der zu wenig schläft. Anfang der 1990er verbrachte Freund einige<br />
Zeit in Japan. Dann organisierte er aus Spass Sumō-Kämpfe<br />
in Kalifornien, bevor er 2001 die ersten US Open veranstaltete.<br />
Meist kommt die Hälfte der Teilnehmer aus den USA und die<br />
andere Hälfte aus dem Ausland. In 90 Prozent der Fälle schaffen<br />
es jedoch Ausländer aufs Siegerpodest. «Im internationalen<br />
Amateur-Sumō haben die Amerikaner noch einiges aufzuholen»,<br />
meint er achselzuckend.<br />
Freund erklärt, dass sich der Sport nicht in japanisches und<br />
nichtjapanisches Sumō unterteilt, sondern in Profi- und Amateur-<br />
Sumō. «Profi-Sumō in Japan ist eine Welt für sich», sagt er. «Profi-<br />
Sumōtori gehen keinem anderen Beruf nach, sie haben keinen<br />
Urlaub und keine Rückzugsmöglichkeit. Wenn sie sich einen Tag<br />
freinehmen wollen, müssen sie die Trainer um Erlaubnis bitten.<br />
Die meisten Profis trainieren 365 Tage im Jahr. Es ist nicht so wie<br />
im American Football, wo drei bis vier Monate lang Saison ist<br />
und man ausserhalb der Saison Freizeit hat.»<br />
Byambajav Ulambayar, erzählt Freund, war fünf Jahre lang<br />
Profi. Er hat in dieser Zeit seine Familie ein einziges Mal gesehen.<br />
«Als Profi hast du keine Zeit für andere Dinge. Hörst du auf,<br />
THE RED BULLETIN 73
«In Amerika amüsiert man<br />
sich darüber, dass da zwei<br />
fette Kerle mit den Bäuchen<br />
aneinanderklatschen.»<br />
kannst du nicht mehr zurück.» Doch nicht jeder Sumō-Ringer<br />
in Japan ist an die strengen Traditionsregeln gebunden. «Zehntausende<br />
Menschen praktizieren in Japan Sumō», erläutert<br />
Freund, «aber nur 600 bis 700 betreiben es wirklich professionell.»<br />
Die anderen gehen der Sportart in ihrer Freizeit nach, wie<br />
andere eben Fussball spielen. Es gibt Grundschulteams, Firmenteams<br />
oder regionale Teams.<br />
Die Reaktionen der Japaner auf ausländische Teilnehmer seien<br />
gemischt, gesteht Freund: «Manche Puristen sind der Meinung,<br />
dass wir die Sportart verwässern und verfälschen und den<br />
Kämpfern das Verständnis für Ehre und japanische Traditionen<br />
fehlen würde.» Daher besteht auch eine Obergrenze für Ausländer<br />
in professionellen Sumō-Ställen: Es ist nur einer pro Team zulässig.<br />
«Es gibt 700 Profi-Sumōtori in 35 Teams – das bedeutet,<br />
dass maximal fünf Prozent davon Ausländer sein dürfen», sagt<br />
Freund. «Würde man diese Begrenzung aufheben, würden wahrscheinlich<br />
am nächsten Tag 7000 Mongolen die Ställe stürmen.»<br />
Es gibt aber auch Leute, die der Meinung sind, dass frisches<br />
Blut für die japanischen Sumōtori einen zusätzlichen Trainingsanreiz<br />
bedeuten würde.<br />
Freund glaubt weiters, dass die Japaner überhaupt nichts dagegen<br />
haben, dass Ausländer den Sport ausserhalb Japans praktizieren.<br />
«Sie sind stolz darauf, dass Ausländer ihren National sport<br />
erlernen. Dadurch setzen sie sich mit der japanischen Kultur und<br />
uralten Techniken auseinander. Je bekannter und populärer eine<br />
Sportart wird, desto mehr Menschen wollen sie ausüben – das<br />
geschieht ganz automatisch.»<br />
Die Herren der Ringe<br />
Heute ist Turniertag. Taiko-Trommler heizen den 4000 Zuschauern<br />
ein, die mit Bento-Boxen und Sapporo-Dosenbier auf den<br />
Rängen hocken. Abgesehen von diesen japanischen Requisiten<br />
unterscheidet sich das Publikum hier nicht von dem anderer<br />
US-Sportevents: bunt gemischt, lautstark euphorisch.<br />
Takeshi Amitani entledigt<br />
sich eines Gegners in einem<br />
Mittelgewichtskampf.<br />
74 THE RED BULLETIN
Der Amerikaner Kelly<br />
Gneiting (links) ringt<br />
mit einem Gegner in<br />
einer frühen Runde<br />
der Schwergewichtsklasse<br />
der Herren.<br />
Neben dem Dohyō steht ein japanischer Ringrichter mit<br />
weis sem Hemd, Fliege und Handschuhen, der den Kampf leitet.<br />
Häufig dauert es nur rund zehn Sekunden, bis es einem Ringer<br />
gelingt, den Gegner umzustossen oder aus dem Ring zu drängen.<br />
82 anerkannte Techniken kommen zum Einsatz, meist Schiebeoder<br />
Wurftechniken. Man darf den Gegner schlagen, ihm die<br />
Beine wegziehen und am Gürtel (Mawashi) packen. Faust schläge,<br />
Tritte und Haareziehen sind hingegen nicht erlaubt.<br />
Vor der Tribüne warten die Sumōtori auf ihren Einsatz. Einige<br />
haben sich in Handtücher eingewickelt, andere unterhalten sich.<br />
Die Ukrainer – auffällig muskelbepackt – wärmen sich etwas<br />
abseits in einer Ecke auf. Einige üben Bewegungsabläufe und<br />
machen zwischendurch ein Nickerchen. Kelly McKnight dehnt<br />
ausgiebig und sieht dabei aus wie ein Jedi-Ritter. Byambajav<br />
Ulambayar wartet geduldig in seiner violetten Robe und genehmigt<br />
sich einen Snack. Das norwegische Team – alle blond mit<br />
einheit lichen Trainingsanzügen – hat in einer Ecke die Nationalflagge<br />
gehisst, als hätte man soeben den Nordpol erobert.<br />
Die Leichtgewichtskämpfe sind rasch vorbei. McKnight und<br />
die zwölf anderen US-Teilnehmer werden im Handumdrehen aus<br />
dem Dohyō und damit aus dem Turnier befördert. Der Ukrainer<br />
Sviatoslav Semykras sorgt für den Höhepunkt, als er sich auf den<br />
Brustkorb seines Gegners wirft und ihn mit einem halben Salto<br />
in die Menge katapultiert, bevor er sauber auf den Füssen landet,<br />
um sich die Goldmedaille abzuholen. Die Ukrainer geniessen<br />
nicht umsonst ein hohes Ansehen im Ring.<br />
In der Mittelgewichtsklasse gibt es keine Überraschungen.<br />
Während andere unkontrolliert raufen und schubsen, macht der<br />
Japaner Takeshi Amitani elegant einen Schritt zur Seite, nutzt<br />
mit gekonnten Handgriffen das Gewicht des Gegners zu seinem<br />
Vorteil aus und gewinnt damit souverän.<br />
Für die meisten Zuschauer beginnt mit den Schwergewichtskämpfen<br />
der interessanteste Teil des Turniers. Byambajav Ulam-<br />
bayar tritt gegen den Ägypter Ramy Elgazar an, der 2015 die<br />
US Sumo Open gewonnen hat.<br />
Ein Sumō-Kampf beginnt, wenn beide Gegner die Fäuste auf<br />
den Boden des Dohyō stützen. Ulambayar und Elgazar geben<br />
sich theatralisch und lassen sich Zeit, stützen nur eine Hand auf,<br />
stehen wieder auf, machen Dehnübungen oder gehen im Ring<br />
herum, wenn sich der andere gerade abgestützt hat. Als sie endlich<br />
aufeinander losstürmen, fegt der Ägypter den Mongolen<br />
von den Füssen. Es ist Ulambayars erst siebte Niederlage in über<br />
zehn Jahren US-Sumō.<br />
Im Duell des Neulings Galindo gegen Altmeister Gneiting<br />
herrscht für eine Weile Stillstand, bis Galindo den Veteranen urplötzlich<br />
aus dem Ring drängt und als Sieger hervorgeht. Ein<br />
überwältigendes Erfolgserlebnis für jemanden, der nach eigenen<br />
Angaben nur ein paar Monate trainiert hat.<br />
Jose Galindo trifft im nächsten Kampf auf Hiroki Sumi. Es<br />
geht ein wenig hin und her, dann liegt Sumi am Boden. Der<br />
Schiedsrichter meint zunächst, der Fuss des Amerikaners habe<br />
den Ring zuerst ver lassen und spricht dem Japaner den Sieg zu.<br />
Die Menge buht. Der Schiedsrichter sieht sich die Wiederholung<br />
auf einem Monitor an, bevor er seine Entscheidung zurücknimmt:<br />
Galindo gewinnt und hat damit in zwei Kämpfen zwei<br />
Weltmeister geschlagen. Sumi nimmt es gelassen, der Sieger<br />
heizt das Publikum mit ausladenden Armbewegungen an. «Ich<br />
habe schon Super Bowls und NBA-Finals gesehen, aber das hier<br />
ist unterhaltsamer als alles andere», meint ein Zuschauer.<br />
Nachdem alle Favoriten aus dem Rennen sind, steht Jose<br />
Galindo im Finale Oleksandr Veresiuk gegenüber, kann aber dem<br />
Angriff des Ukrainers nicht standhalten. Dennoch schüttelt<br />
Galindo als Zweitplatzierter seinem Gegner strahlend die Hand.<br />
«Ich fühle mich super», schwärmt er. «Der Kampf gegen Hiroki<br />
war gigantisch. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn schlagen kann.<br />
Ich habe nur gehofft, dass ihm die Luft ausgeht.» Mit dem neuen<br />
Selbst bewusstsein will Galindo nun weiterhin Sumō-Turniere bestreiten.<br />
Seiner heutigen Leistung nach zu urteilen hätte er gute<br />
Chancen, der beste US-Sumō-Athlet seit Gneiting zu werden.<br />
Das Turnier neigt sich dem Ende zu. Die Ukrainer waren in<br />
jeder Kategorie erfolgreich – mit Ausnahme der Mittelgewichtsklasse<br />
der Männer, die Takeshi Amitani für Japan und damit für<br />
die Wiege des Sumō entschieden hat.<br />
Amitani hegt keinen Groll gegen die ausländische Konkurrenz.<br />
Er glaubt, dass die zunehmende Popularität des Sumō nur Vorteile<br />
hat. «Sumō ist ein unkomplizierter Sport, den viele Leute<br />
ausüben könnten.» Möglicherweise wird die Tradition des Sumō<br />
durch den Einfluss ausländischer Ringer also nicht verwässert,<br />
sondern bloss mehr Menschen zugänglich gemacht.<br />
«In Amerika amüsiert man sich bis jetzt eher darüber, dass da<br />
zwei fette Kerle mit den Bäuchen aneinanderklatschen», sagt<br />
hingegen Kelly Gneiting. «Das ist natürlich ein eklatantes Missverständnis,<br />
denn Sumō ist reine Kampfkunst.»<br />
usasumo.com<br />
THE RED BULLETIN 75
<strong>DE</strong>INE MEINUNG<br />
ZÄHLT!<br />
Mitmachen<br />
& gewinnen!<br />
Einfach auf den Link gehen, ausfüllen und mit etwas Glück<br />
den Hauptpreis oder einen von vielen Preisen<br />
im Wert von bis zu 200 CHF gewinnen:<br />
theredbulletin.com/surveych<br />
THE RED BULLETIN<br />
BEYOND THE ORDINARY<br />
Sämtliche Informationen rund um die Befragung sowie die Teilnahmebedingungen findest du unter:<br />
www.theredbulletin.com/leserbefragung_AGB
guide<br />
Dein Programm<br />
HERBST-EVENTS<br />
Von sportlich bis visionär:<br />
Top-Termine der<br />
kommenden Wochen<br />
SEITE 82<br />
ENTERTAINMENT<br />
Und … Action! Die Highlights<br />
auf <strong>Red</strong> Bull TV,<br />
live und on demand<br />
SEITE 84<br />
UHREN-SPECIAL<br />
Präzise, funktional,<br />
stilvoll: 33 Modelle<br />
für jedes Handgelenk<br />
SEITE 86<br />
EXPLORE HIMALAYA TRAVEL & ADVENTURE<br />
REISEN<br />
Die ultimative Erfahrung<br />
für passionierte Wolken-<br />
Kratzer: Skydiving am<br />
Mount Everest in Nepal<br />
SEITE 78<br />
THE RED BULLETIN 77
Reisen<br />
Der Sprung aus dem Helikopter bringt den heftigsten Adrenalinkick bei Everest Skydive.<br />
SKYDIVING IM HIMALAYA<br />
DU SPRINGST VOM<br />
DACH <strong>DE</strong>R WELT<br />
Gibt es etwas Besseres als den freien Fall? Ja, sagt<br />
8000-Sprünge-Veteran Tom Noonan: den freien Fall in<br />
Nepal, Aug in Aug mit den höchsten Bergen des Planeten.<br />
Wenn du in 7000 Metern<br />
aus dem Heli springt,<br />
wirst du vor allem erst<br />
mal eines: richtig schnell. Ziemlich<br />
genau 210 km/h schnell. Den<br />
Sound dazu kannst du dir wie einen<br />
gigantischen Föhn vorstellen,<br />
und hättest du keinen Helm, würde<br />
es dir die Ohren 45 Sekunden<br />
lang richtig durchblasen. Denn<br />
so lange dauert der Fall. Okay,<br />
7000 Meter sind überall auf der<br />
Welt 7000 Meter, und 210 km/h<br />
klingen überall auf der Welt gleich.<br />
Was genau diesen Sprung genau<br />
hier so unglaublich und krass<br />
Tom Noonan ist in über 40 Ländern auf den Boden zugerast.<br />
78 THE RED BULLETIN
guide<br />
REISETIPPS<br />
FÜR PASSIONIERTE<br />
WOLKEN-KRATZER<br />
Dass man am Dach der Welt wandern kann,<br />
ist klar. Dass es hier halluzinogenen Honig<br />
und einen Zahnweh-Baum gibt, noch nicht.<br />
Der Helikopter bringt die Teilnehmer auf Himalaya-Höhen von 7000 Metern.<br />
Nepal<br />
Kathmandu<br />
Mt. Everest<br />
Lukla<br />
Im <strong>November</strong> hat es untertags durchschnittlich 15 Grad<br />
und regnet kaum – ideale Bedingungen für einen<br />
Nepal-Besuch und den Sprung mit Everest Skydive.<br />
EXPLORE HIMALAYA TRAVEL & ADVENTURE<br />
Trekkingparadies: Der Ort Namche Bazar liegt auf 3440 Metern.<br />
macht, ist die Kulisse: Ich springe<br />
zwischen den höchsten Bergen<br />
der Welt in die Tiefe.<br />
Nirgendwo sonst gibt es einen<br />
so imposanten Orientierungspunkt;<br />
die Himalaya-Topografie<br />
scheint mich zu verschlucken.<br />
Damit das nicht wirklich passiert,<br />
ziehe ich die Reissleine, mein Fallschirm<br />
bremst mich runter auf<br />
25 km/h. Die nächsten sechs<br />
Minuten bin ich auf Augenhöhe<br />
mit dem Everest, nur ein paar Kilometer<br />
von ihm entfernt. Ein friedlicher<br />
Sinkflug neben diesem Giganten<br />
lehrt dich Bescheidenheit.<br />
Es ist unbeschreiblich, etwas zu<br />
erleben, was nur wenige Menschen<br />
jemals erleben werden dürfen.<br />
Und dennoch fühlt es sich danach<br />
«Ich ziehe die<br />
Reissleine, damit<br />
mich der Himalaya<br />
nicht verschluckt.»<br />
genauso gut an, auf 3780 Meter<br />
Seehöhe am Syangboche-Flugfeld<br />
wieder festen Grund unter den<br />
Füssen zu spüren. Warum?<br />
Auch nach 8000 Tandemflügen<br />
in mehr als 40 Ländern auf allen<br />
sieben Kontinenten der Welt ist da<br />
jedes Mal Erleichterung, wenn es<br />
wieder einmal gutgegangen ist.<br />
Ich flog schon über dem Great<br />
Blue Hole in Belize, dem Eis der<br />
SEHEN<br />
Der Himalaya ist voll von exotischen Tieren.<br />
Hier Tom Noonans persönliche Auswahl.<br />
YETI<br />
«Der Glaube an den Yeti lebt. Das könnte an den<br />
angeblichen Yeti-Knochen liegen, die in einem Kloster<br />
in Pangboche ausgestellt werden.»<br />
SCHNEELEOPARD<br />
«Schneeleoparden triffst du selten – für mich okay, denn<br />
ich habe keine Lust, ihnen in freier Wildbahn zu begegnen.»<br />
YAK<br />
«Massiv, gutmütig und wunderschön: Yaks tragen alles,<br />
wofür der Mensch zu wenig Kraft hat.»<br />
ERLEBEN<br />
Es gibt kein Tabu in Kathmandu.<br />
EHRE <strong>DE</strong>N ZAHNSCHMERZ-GOTT<br />
Um Vaisya Dev zu besänftigen, schlagen Einheimische eine<br />
Münze in den legendären Schrein aus Bangemudha-Holz.<br />
Hilft nicht? Die Nachbarschaft ist voll von Zahnärzten.<br />
KOSTE VOM HALLUZINOGENEN HONIG<br />
Der «Mad Honey» aus dem Kathmandu-Tal enthält<br />
(für Menschen ungefährliche) Giftstoffe aus Rhododendronbäumen,<br />
senkt Stress und steigert angeblich die Potenz.<br />
ISS YAK-KÄSE<br />
Herkömmlicher Kuhmilchkäse stinkt im Vergleich zum Käse<br />
aus der Milch der Hochlandrinder ziemlich ab. Buchstäblich.<br />
Letzterer hat mehr herzfreundliche Fettsäuren.<br />
THE RED BULLETIN 79
Reisen<br />
guide<br />
<strong>DE</strong>R SPRUNG<br />
I’M FREEEEEEE,<br />
FREE FALLIN’!<br />
Perfekte Tracks für den Skydiving-Sound<br />
und Handzeichen, die man beim freien Fall<br />
aus dem Effeff beherrschen sollte.<br />
HANDZEICHEN<br />
Weil man während des freien Falls keine Stimmen versteht,<br />
kommuniziert dein Guide via Handzeichen mit dir.<br />
Das erste solltest du dir besonders gut einprägen.<br />
Immer wieder ein gutes Gefühl: die seidenweiche Landung am Syangboche-Flugfeld<br />
PULL<br />
Zieh sofort an der Reissleine<br />
deines Fallschirms.<br />
ARCH<br />
Drück dein Becken<br />
Richtung Erde.<br />
CHECK ARMS<br />
Bring Hände, Schultern<br />
und Kopf in W-Form.<br />
CIRCLE OF AWARNESS<br />
Achte auf die Umgebung,<br />
check den Altimeter.<br />
HÖREN<br />
Mit dieser Musik stimmen sich Tom Noonan und<br />
sein Team auf den Heli-Sprung aus 7000 Metern ein.<br />
1. JAMIROQUAI<br />
«Einmal hörten wir Jamiroquai, und plötzlich machte<br />
die halbe Gruppe den Line Dance. Egal was läuft,<br />
wenn die Leute dazu jammen können, ist es cool.»<br />
2. TRADITIONELLE GESÄNGE<br />
«Die Berge sind ein sehr spiritueller Ort voll unglaublicher<br />
Energie. Wir hören viel nepalesische Musik aus<br />
der Region und buddhistische Mantras.»<br />
3. STILLE<br />
«Die westliche Welt ist voller Lärm. Nicht so im Himalaya.<br />
Umgeben von Ruhe und Stille, gibt es für mich nichts<br />
Vergleichbares. Der Wind ist das Lauteste, was du hörst.<br />
Einfach unglaublich.»<br />
Arktis und Antarktis und den<br />
Pyramiden von Gizeh. Ganz<br />
besonders liebe ich möglichst<br />
ab geschiedene Orte.<br />
Wenn ich schon am Boden<br />
bleiben muss, stecke ich mein<br />
Herzblut in die Organisation des<br />
jährlichen Nepal-Trips für Everest<br />
Skydive. Elf Monate dauern die<br />
Vorbereitungen in meinem Büro<br />
in Florida, jedes Jahr, seit 2008.<br />
Je nach Wetter nehmen mein<br />
Team und ich im <strong>November</strong> oder<br />
Mai fünf bis zehn Teilnehmer mit<br />
auf eine Abenteuerreise zum<br />
Himalaya. Wir fliegen nach Kathmandu,<br />
erkunden für ein paar<br />
Tage die Stadt und fliegen weiter<br />
nach Lukla, dem Tor zum Everest.<br />
Wir trekken drei Tage durch<br />
Täler und auf Berge, jeden Tag<br />
eine Spur höher. So gewöhnen wir<br />
uns an die Höhe. Einfach reinfliegen<br />
und springen wäre unprofessionell<br />
bis gefährlich: Hypoxie<br />
(Sauerstoffmangel; Anm.) kann<br />
zu Ohnmacht führen. Das ist das<br />
Letzte, was man im freien Fall<br />
braucht.<br />
Wir finden, der Sprung macht<br />
mehr Spass, wenn man ihn sich<br />
erarbeitet. Darum haben alle, die<br />
mit uns gehen, eine Woche Abenteuer<br />
hinter sich. Die Skydives<br />
sind die Belohnung für die Strapazen.<br />
Und die Anstrengung lohnt<br />
sich jedes Mal.<br />
Die erste Begegnung mit dem<br />
Mount Everest vergisst man nie.<br />
Ich weiss noch, wie ich ein Teehaus<br />
über Namche Bazar überflog.<br />
Vor mir ein zehn Kilometer<br />
langes Tal, an dessen Ende thront<br />
das Dach der Welt.<br />
Die Einheimischen aus Nepal,<br />
die Bauern und Hirten, glauben,<br />
dass die Berge Göttinnen sind, die<br />
sie beschützen. Das ganze Gebiet<br />
ist spirituell, das überträgt sich.<br />
Vor jeder Expedition halten wir<br />
eine religiöse Zeremonie namens<br />
«Puja» ab, bei der ein Lama –<br />
nicht das Tier, sondern ein Priester<br />
– unsere Ausrüstung segnet.<br />
Bevor ich 2006 mit 32 hauptberuflich<br />
Skydiver wurde, hatte<br />
ich bei einer Bank in Boston<br />
ge arbeitet. Aber mein Held war<br />
immer Indiana Jones. Wie er weit<br />
weg von zu Hause in Ärger gerät,<br />
Spass hat, das Leben auskostet<br />
und dann, als ob nichts gewesen<br />
wäre, wieder für seinen Alltagsjob<br />
heimkehrt. Kenn ich. Ich hab noch<br />
immer ein Büro, in das ich zurückkehre.<br />
Aber mein Herz ist bei den<br />
Menschen in Nepal.<br />
everest-skydive.com;<br />
explorehimalaya.com<br />
EXPLORE HIMALAYA TRAVEL & ADVENTURE PIERS MARTIN<br />
80 THE RED BULLETIN
28./29. <strong>November</strong> <strong>2019</strong> // Luzern<br />
SPORT.FORUM.<br />
SCHWEIZ<br />
SPONSOREN<br />
MEDIEN<br />
FANS<br />
TICKET<br />
25. Ausgabe +650 Teilnehmer<br />
+70 Experten<br />
SPORTFORUMSCHWEIZ.CH<br />
AUF <strong>DE</strong>R BÜHNE<br />
Medhi Benmamar<br />
Christian Ebenbauer<br />
Claudia Lässer<br />
Roland Mägerle<br />
Viktor Röthlin<br />
PREMIUM PARTNER
Events<br />
guide<br />
18<br />
& 19. Oktober<br />
WER WIRD<br />
CHAMPION?<br />
Nach spektakulären Rennen in<br />
Südafrika, Kanada und Russland<br />
wird das Finale der <strong>Red</strong> Bull<br />
Pump Track-Weltmeisterschaft<br />
mit Spannung erwartet. Schauplatz<br />
ist der Swiss Bike Park,<br />
eine beeindruckende 20.000<br />
Quadratmeter grosse Anlage,<br />
die den Bikern (im Bild Twan<br />
van Gendt) alles abverlangt.<br />
Der grosse Showdown steigt<br />
auf dem 300 Meter langen Velosolutions-Kurs.<br />
Swiss Bike Park, Niederscherli;<br />
redbullpumptrackworldchampionship.com<br />
bis 24. <strong>November</strong><br />
So wirst du<br />
zum Helden<br />
12.000 Besucher kamen im Vorjahr<br />
zum ersten Herofest. Jetzt geht<br />
das dreitägige Festival für Gaming,<br />
eSports und Fantasy in Runde 2:<br />
mit den aktuellsten Games, packenden<br />
Duellen der besten eSportler<br />
und faszinierenden Cosplayer-Auftritten.<br />
Ausserdem hostet das Herofest<br />
die mit 2000 Teilnehmern<br />
grösste LAN-Party im deutschsprachigen<br />
Raum.<br />
Bernexpo, Bern; herofest.ch<br />
27<br />
<strong>November</strong><br />
Tanz mit<br />
Parov Stelar<br />
live erlebt hat, weiss, dass<br />
22 30<br />
19<br />
Oktober<br />
Gemeinsam für eine<br />
bessere Welt<br />
Das <strong>Red</strong> Bull Basement Festival hat ein erklärtes<br />
Ziel: Visionäre zu verbinden, die soziale Missstände<br />
durch Technologie verbessern wollen.<br />
Dazu gibt es Workshops, Vorträge und Debatten,<br />
u. a. wird Freestyle-Skifahrer Elias Ambühl mit<br />
dem Gründer von Protect Our Winters Schweiz,<br />
Nicholas Bornstein, darüber diskutieren, wie<br />
sich Wintersportvergnügen und Umweltschutz<br />
vereinbaren lassen.<br />
Volkshaus, Zürich; redbull.com<br />
Mit seiner Band hat er weltweit<br />
bereits tausend Shows gespielt<br />
– und wer Parov Stelar jemals<br />
niemand still steht, wenn der<br />
Erfinder des Electro-Swing zur<br />
Party ruft. Mit dabei: sieben<br />
Vollblutmusiker, die den Stelar-<br />
Sound zu pulsierendem Leben<br />
erwecken.<br />
Samsung Hall, Dübendorf;<br />
parovstelar.com<br />
<strong>November</strong><br />
Erlebe die<br />
besten Battles<br />
Das «DPC Jam» gilt als eines<br />
der wichtigsten Breakdance-<br />
Battles der Welt. In diesem<br />
Jahr bei den Zwei-gegen-zwei-<br />
Duellen dabei: der amtierende<br />
<strong>Red</strong> Bull BC One-Champion<br />
Lil Zoo mit Tsukki aus Japan<br />
und die beiden <strong>Red</strong> Bull BC<br />
One-Allstars Hong 10 und Issei.<br />
GZ Heuried, Zürich;<br />
dpcjam.com<br />
JARNO SCHURGERS/RED BULL CONTENT POOL, ALAN SAHIN/RED BULL CONTENT POOL<br />
82 THE RED BULLETIN
Entertainment<br />
guide<br />
JETZT<br />
GEHT’S<br />
UM ALLES<br />
Ob Freeride-Mountainbiker,<br />
Breakdancer oder Hard-<br />
Enduro-Pilot: Auch diesen<br />
Monat kämpfen Spitzenathleten<br />
aus der ganzen<br />
Welt um Ruhm, Ehre und<br />
wichtige Trophäen. Sei auch<br />
dabei – mit <strong>Red</strong> Bull TV.<br />
SO SIEHST DU<br />
RED BULL TV<br />
ÜBERALL<br />
<strong>Red</strong> Bull TV ist deine globale<br />
digitale Destination für<br />
Entertainment abseits des<br />
Alltäglichen, empfangbar<br />
rund um die Uhr an jedem Ort<br />
der Welt. Geh auf redbull.tv,<br />
hol dir die App oder connecte<br />
dich via Smart-TV.<br />
Alle Infos: redbull.tv<br />
25<br />
Get down unter der<br />
Wüstensonne:<br />
<strong>Red</strong> Bull Rampage<br />
Oktober LIVE<br />
RED BULL<br />
RAMPAGE<br />
Rote Felsen, rasante Rides und gewaltige Sprünge: Im<br />
Oktober trifft sich die Freeride-Elite zur 14. Ausgabe des<br />
grössten und wildesten Mountainbike-Contests in Virgin,<br />
Utah. Gemeinsam mit ihrer zwei Mann starken Crew setzen<br />
die 21 Rider alles daran, die ultimative Linie im Berg zu<br />
finden und ihre spektakulärsten Tricks zu zeigen.<br />
9<strong>November</strong> LIVE<br />
RED BULL BC ONE<br />
WORLD FINAL<br />
Hallo Mumbai! Erstmals steigt der Final des legendären<br />
Breakdance-Contests in Indien. Nach nationalen<br />
Wettbewerben, bekannt als Cyphers, treten dort<br />
die weltbesten B-Girls und B-Boys gegeneinander an.<br />
2bis 3. <strong>November</strong> LIVE<br />
GETZENRO<strong>DE</strong>O<br />
Das GetzenRodeo in Drebach, Deutschland, bildet<br />
den Höhepunkt der World Enduro Super Series <strong>2019</strong>.<br />
Der Hard-Enduro-Event ist heiss begehrt, mehr als<br />
10.000 Fans sind jährlich dabei, wenn die Piloten<br />
zum Saisonabschluss noch einmal alles geben.<br />
BARTEK WOLINSKI/RED BULL CONTENT POOL, SONSTAR/RED BULL CONTENT POOL, MIHAI STETCU/RED BULL CONTENT POOL<br />
84 THE RED BULLETIN
Die Schönheit<br />
der Natur entdecken<br />
Jahresabo<br />
CHF 64.–<br />
Jetzt Abo bestellen:<br />
bergweltenabo.ch
Herbst<br />
<strong>2019</strong><br />
UHREN-<br />
GUI<strong>DE</strong><br />
Zu<br />
Wasser<br />
Ultraschlanke<br />
und robuste<br />
Taucheruhren,<br />
die unter Druck<br />
garantiert<br />
performen<br />
Tudor Black Bay P01<br />
Die Black Bay P01 ist eine Mischung<br />
aus klassischer Taucher- und Fliegeruhr.<br />
Sie basiert auf einem legendären<br />
Prototyp, entwickelt für die U. S. Navy<br />
in den späten 60er-Jahren. Ihr Herzstück:<br />
ein spezielles Anschlag-System<br />
mit beweglichem Endelement auf<br />
der 12-Uhr-Position, wodurch sich die<br />
Lünette – aus Edelstahl mit 60 Einkerbungen<br />
– in beide Richtungen<br />
drehen lässt. Das Uhrglas besteht aus<br />
gewölbtem Saphirglas. Das Hybridarmband<br />
aus Leder und Kautschuk<br />
verfügt über eine Sicherheitsfaltschliesse.<br />
Text<br />
ALEXANDRA<br />
ZAGALSKY<br />
86 THE RED BULLETIN
Breitling SuperOcean 44<br />
Inspiriert von Breitlings legendärem<br />
1957er-Modell, macht die neue Super-<br />
Ocean-Kollektion in puncto Tauch-Performance<br />
keine halben Sachen. Das schickste<br />
Familienmitglied ist diese 44-Millimeter-<br />
Version in «Gun Blue» mit Diver-Pro-II-<br />
Kautschukband und mächtigem Kaliber,<br />
das bis zu 1000 Meter Tiefe aushält.<br />
Mido Ocean Star Tribute<br />
Mido übertrifft sich mit dieser Hardcore-Ocean-Star<br />
selbst. Wasserdicht<br />
bis zu 600 Meter, also hart genug zur<br />
Erkundung des Meeresgrunds. Und<br />
cool genug für harmlosere Abenteuer.<br />
Ihr COSC-zertifiziertes Automatikwerk<br />
bietet bis zu 80 Stunden Gangreserve,<br />
doppelt so viel wie normale Kaliber.<br />
Alpina Seastrong Diver 300<br />
«Stark» beschreibt diese 44-mm-<br />
Taucheruhr mit ihren schwertartigen<br />
Zeigern tatsächlich treffend. Bis zu<br />
300 Meter wasserdicht, ist sie ein<br />
wahres Statement am Hand gelenk,<br />
ihr polsterförmiges Edelstahlgehäuse<br />
ist entweder mit Titan (Bild) oder<br />
bronze farbenem PVD beschichtet.<br />
Oris Divers Sixty-Five<br />
Chronograph Bucherer Blue<br />
Der exklusiv für Bucherer produzierte<br />
Hochleistungs-Chronograph verdankt seinen<br />
Vintage-Charme der gewölbten Oberfläche<br />
und blauen Nähten am karamellfarbenen<br />
Lederarmband. Die gelben Zeiger<br />
und Indizes heben sich bei Dunkelheit<br />
leuchtend vom tiefblauen Zifferblatt ab.<br />
Bucherer Patravi ScubaTec<br />
Black Manta Special Edition<br />
Nicht nur das Zifferblatt ist den Rochen<br />
gewidmet: Ein Teil des Erlöses geht an die<br />
Non-Profit-Organisation Manta Trust.<br />
Für alle, die den Meerestieren noch näher<br />
kommen wollen: Das Titangehäuse ist<br />
bis 50 Bar druckfest und verfügt über ein<br />
automatisches Heliumventil.<br />
Longines Legend Diver<br />
Als diese Uhr im Jahr 1960 auf den Markt<br />
kam, brach sie mit einigen Konventionen:<br />
Im Gegensatz zu den meisten Taucheruhren<br />
dieser Zeit war ihr Design konsequent<br />
reduziert, geradezu elegant. Dank<br />
schwarzer PVD-Beschichtung wirkt<br />
dieses aktuelle Modell auch noch aus<br />
heutiger Sicht futuristisch.<br />
THE RED BULLETIN 87
Zu<br />
Lande<br />
Coole, moderne<br />
Klassiker für deine<br />
Alltagsabenteuer<br />
Citizen Promaster Altichron<br />
Skifahrer lieben die superrobuste Promaster<br />
Altichron. Sie hat einen Kompass<br />
und misst Höhen bis 10.000 Meter. Du<br />
kannst sie in den kältesten Regionen tragen.<br />
Aber auch in den tiefsten Ozeanen,<br />
dank 200 Meter Wasserdichtigkeit. Die<br />
Eco-Drive-Technologie wandelt Licht in<br />
Strom um, so bleibt sie laufend in Betrieb.<br />
Reservoir Battlefield D-Day<br />
Reservoir-Uhren sind berühmt für<br />
ihre Komplikation der springenden<br />
Stundenanzeige und ihr handliches<br />
Design. Die Battlefield D-Day ist mit<br />
ihren geprägten Ziffern und weissem<br />
Stern eine Hommage an den Jeep der<br />
U. S. Army, der bei den D-Day-Landungen<br />
1944 eine tragende Rolle spielte.<br />
Victorinox Fieldforce<br />
Bei der Fieldforce dreht sich alles um<br />
dezente Funktionalität: Grosse Super-<br />
Lumi Nova-Ziffern zieren das schnörkellose<br />
Zifferblatt für einfache Ablesbarkeit<br />
bei Tag und Nacht. Nettes Detail: Das Gegengewicht<br />
des Sekundenzeigers hat die<br />
Form eines Schweizer Taschenmessers.<br />
Puristen kommen hier voll auf ihre Kosten.<br />
Formex Element<br />
Das facettierte Gehäuse aus 38 Einzelteilen<br />
ist das Hauptmerkmal der Element:<br />
Durch die patentierte Gehäuse-Federung<br />
von Formex kann sich die Uhr am Handgelenk<br />
«mitbewegen», was für mehr Tragekomfort<br />
sorgt. Dieser «Puffer» macht sie<br />
widerstandsfähiger, ebenso wie die praktisch<br />
kratzfeste Zirkonoxid-Lünette.<br />
IWC Pilot’s Watch Chronograph<br />
Top Gun Edition ‹Mojave Desert›<br />
Diese berühmte Uhrenfamilie von IWC ist<br />
nach dem «Strike Fighter Tactics Instructor<br />
Program» (oder auch: «TOPGUN») der<br />
U. S. Navy benannt. Der Chronograph ist<br />
aus sandfarbener Keramik gefertigt. Er<br />
bietet 46 Stunden Gangreserve und ein<br />
Werk mit Automatikaufzug.<br />
88 THE RED BULLETIN
Uhren<br />
TAG Heuer Monaco<br />
Fourth Limited Edition<br />
(1999–2009)<br />
Die Monaco kam 1969 auf den Markt<br />
und wurde 1971 durch den Film «Le<br />
Mans» mit Steve McQueen berühmt.<br />
Zu ihrem 50. Geburtstag zieht TAG<br />
Heuer alle Register: Es gibt fünf<br />
Sondermodelle dieser damals wegweisenden<br />
quadratischen Uhr –<br />
jedes von einem anderen der letzten<br />
fünf Jahrzehnte inspiriert. Die abgebildete<br />
Version ist die vierte davon:<br />
Dieses schicke schwarze Modell mit<br />
den umwerfend schönen roten und<br />
orangen Akzenten ist an die frühen<br />
2000er angelehnt. Die Edelstahluhr<br />
hat ein perforiertes schwarzes<br />
Kalbsleder-Armband, das an Vintage<br />
Lenkräder erinnern soll. Ein Detail,<br />
das Uhren-Aficionados sicher auch<br />
zu schätzen wissen: Das Band ist<br />
mit weissen Nähten versehen, die<br />
sich mit den Stab-Indizes auf dem<br />
Zifferblatt wunderbar ergänzen. Im<br />
Gehäuseboden sind das «Monaco<br />
Heuer»-Logo und die Inschriften<br />
«1999–2009 Special Edition» und<br />
«One of 169» eingraviert. Im Inneren<br />
lebt die Geschichte dank TAG Heuers<br />
berühmtem Kaliber 11 weiter – eine<br />
moderne Version des Werks mit<br />
Automatikaufzug, das 1969 in der<br />
Original-Monaco sein Debüt feierte.<br />
Alte Zeiten<br />
leben auf.<br />
THE RED BULLETIN 89
Neue<br />
Horizonte<br />
Hochmoderne<br />
Wearables und<br />
Zeitmesser für<br />
Adrenalin-Jäger<br />
Favre-Leuba Raider<br />
Bivouac 9000<br />
Wie der Name andeutet, misst diese Uhr<br />
Höhen bis zu 9000 Meter. Foto- und<br />
Videograf James Austrums erlebt mit ihr<br />
allerhand Abenteuer, denen du auf der<br />
Instagram-Seite von Favre-Leuba folgen<br />
kannst. Sein neuestes? Die Eroberung des<br />
Stetind, des Nationalberges Norwegens.<br />
Casio Pro Trek WSD-F21HR<br />
Die neueste Version von Casios genialer<br />
Pro-Trek-Smart-Serie bietet weiterhin<br />
GPS, O≠line-Karten und ein robustes,<br />
wasserfestes Gehäuse. Neu ist der integrierte<br />
Pulsmesser. Die Uhr funktioniert<br />
mit iOS und Wear OS by Google. Und sie<br />
kann dank dem Batteriesparmodus bis zu<br />
einen Monat lang eingeschaltet bleiben.<br />
Suunto 9 Baro Titanium<br />
<strong>Red</strong> Bull X-Alps Limited Edition<br />
<strong>Red</strong> Bull X-Alps kombiniert auf 1138 Kilometern<br />
Laufen, Bergsteigen und Paragleiten.<br />
Diese Multisport-GPS-Uhr hielt<br />
auch den härtesten Tests stand und ist<br />
mit 1138 Stück streng limitiert. Sie überzeugt<br />
mit intelligentem Batterielaufzeit-<br />
Management und mehr als 80 Sportmodi.<br />
Garmin MARQ Athlete<br />
Hier geht’s um Performance: Die Lünette<br />
hat eine Skala für Erholungs- und V O² max -<br />
Werte. Per Schnellzugriff kannst du<br />
Features wie Laufanalyse, Biometrie und<br />
Herzratenvariabilität nutzen. Der Climb-<br />
Pro-Planer liefert Echtzeit-Infos für Bergfreunde<br />
und Routen-Bewertungen für<br />
mehr als 2000 Skiorte.<br />
Tissot T-Touch Expert Solar II<br />
Diese Uhr wird von einem Solar-Quarzwerk<br />
mit Touch-Technologie angetrieben,<br />
ist ziemlich leicht und praktisch. Sieben<br />
Minuten in der Sonne genügen, um sie für<br />
einen Tag aufzuladen. Kompass, Höhenmesser,<br />
Chronograph, Wetter- und Weckfunktionen<br />
sowie verschiedene Timer<br />
machen sie zum idealen Wanderbegleiter.<br />
90 THE RED BULLETIN
Uhren<br />
Leistung<br />
trifft<br />
Stil am<br />
Handgelenk.<br />
Steel Omega Speedmaster<br />
Apollo 11 50th Anniversary<br />
Limited Edition<br />
Vor 50 Jahren stiegen Neil Armstrong<br />
und Buzz Aldrin aus der<br />
«Eagle» und betraten als erste<br />
Menschen den Mond. Ein Ereignis,<br />
dem diese Uhr gewidmet ist, und<br />
sie zelebriert es anhand einmalig<br />
liebe voller Details: Das Hilfs-Zifferblatt<br />
auf 9 Uhr zeigt, wie Aldrin auf<br />
die Mondoberfläche hinabsteigt;<br />
die Gravur ist in Omegas neuer 18-<br />
karätiger Legierung «Moonshine»<br />
gefertigt, die einen Hauch heller ist<br />
als Gelbgold. Der Index bei 11 Uhr –<br />
ebenfalls aus Moon shine-Gold –<br />
verweist auf die ikonische Missions-Nummer<br />
von Apollo 11.<br />
Natürlich darf auch Arm strongs<br />
legendäres Zitat «Ein kleiner<br />
Schritt für einen Menschen, aber<br />
ein grosser Sprung für die Menschheit»<br />
nicht fehlen: Es ist im geschwärzten,<br />
inneren Gehäuseboden<br />
der Uhr eingraviert – gemeinsam<br />
mit einem winzigen Fussabdruck,<br />
der den ersten Schritt der Menschheit<br />
auf dem Mond symbolisiert.<br />
Die Serie ist auf 6969 einzeln<br />
numerierte Exemplare limitiert, in<br />
Anlehnung an dieses monumentale<br />
Jahr der Weltraumforschung.<br />
THE RED BULLETIN 91
Uhren<br />
Nicht von<br />
dieser Welt<br />
Technik von<br />
heute, Design von<br />
morgen – für alle,<br />
die gerne nach<br />
vorne blicken<br />
Hamilton Ventura<br />
Die Ventura ist Teil einer bekannten<br />
Zukunftsvision: Sie wurde in allen<br />
«Men in Black»-Filmen getragen –<br />
von Will Smith, Tommy Lee Jones,<br />
Josh Brolin und zuletzt von Tessa<br />
Thompson. Doch ihre Stärke ist<br />
ihre Geschichte: Mitte der 1950er<br />
machte sich der US-amerikanische<br />
Industriedesigner Richard Arbib<br />
daran, ganz nach seinen Vorstellungen<br />
ein futuristisches Design<br />
zu entwerfen, das den Optimismus<br />
und den Wohlstand des Landes<br />
widerspiegeln sollte. Inspiriert von<br />
polierten Chrom-Kotflügeln sowie<br />
der wilden Freiheit der Rock ’n’ Roll-<br />
Kultur, zeichnete Arbib das heute<br />
ikonische, geradezu ausserirdische<br />
asymmetrische Gehäuse der Ventura.<br />
1957 zementierte die Ventura<br />
ihren Ruf als visionäre Uhr, indem<br />
sie zur ersten batteriebetriebenen<br />
elektrischen Armbanduhr der Welt<br />
wurde. Elvis Presley trug seine Ventura<br />
mit beinahe religiösem Eifer.<br />
Im Film «Blaues Hawaii» von 1961<br />
hatte er sie erstmals am Handgelenk.<br />
Seitdem war er ein Fan des<br />
Designs und wurde zum leidenschaftlichen<br />
Sammler.<br />
Uhren,<br />
die die<br />
Klasse<br />
ihres<br />
Trägers<br />
anzeigen<br />
92 THE RED BULLETIN
Zenith Defy Classic<br />
White Ceramic<br />
Zenith ist bekannt für seine hochkomplexen,<br />
ultragenauen Modelle, die die Grenzen<br />
der Uhrmacherkunst sprengen – wie bei<br />
diesem vom Mond inspirierten Meisterwerk<br />
mit dem Automatikwerk Elite 670<br />
SK: Nur 3,88 Millimeter dick, schlägt es<br />
unter einem skelettierten Zifferblatt.<br />
Hublot Big Bang Unico<br />
Black Magic 42mm<br />
Die originale Big Bang von 2005 war ein<br />
Triumph der Mikrotechnik und Material-<br />
Innovation. Ihre Nachfolgerin beeindruckt<br />
mit Gehäuse und Lünette aus schwarzer<br />
glasperlgestrahlter Keramik. Und einem<br />
erstaunlichen Chronographen-Werk<br />
mit Säulenrad und Flyback-Funktion.<br />
Fortis PC-7 Team Aeromaster<br />
Chronograph<br />
Seit über einem Jahrzehnt sind Fortis<br />
und die Kunstflugstaffel der Schweizer<br />
Luftwaffe Partner. Zum dreißigjährigen<br />
Bestehen des Teams brachte der Uhrmacher<br />
diesen limitierten königsblauen<br />
Chronographen mit Mini-Flugzeug-<br />
Formation heraus.<br />
Maurice Lacroix Aikon<br />
Automatic Mercury 44mm<br />
Ein wunderbares Schauspiel und immer<br />
wieder ein cooler Hingucker: Dreht man<br />
das Handgelenk, folgen die Zeiger frei<br />
schwingend der Schwerkraft, als würde<br />
die Zeit davonlaufen. Dreht man es zurück,<br />
fallen die Zeiger wieder in ihre<br />
korrekte Position.<br />
Swatch Yellowboost<br />
Im Design ist die Yellowboost sehr<br />
schlicht gehalten. Und ist umso lässiger.<br />
Nicht zuletzt, weil sie aussieht,<br />
als wäre sie in einen Tank mit flüssigem<br />
Kryptonit («Superman»-Fans<br />
wissen Bescheid) gefallen. Das Silikon-<br />
Armband macht sie unverwüstlich,<br />
wie eine echte Superhelden-Uhr.<br />
Rado True Thinline Les Couleurs<br />
Le Corbusier Iron Grey<br />
Den Architekten Le Corbusier würdigt<br />
Rado mit einer Reihe minimalistischer<br />
Hightech-Keramikuhren. Sie sind auf je<br />
999 Stück limitiert und außergewöhnlich<br />
schlank (5 mm Gehäusehöhe). Das<br />
weiche, reflektierende Eisengrau bringt<br />
das Zifferblatt wunderbar zur Geltung.<br />
THE RED BULLETIN 93
Uhren<br />
Vom Designerstück<br />
zur Toolwatch<br />
Wenn die Uhrzeit<br />
beinahe<br />
zur Neben sache<br />
wird: ein Exkurs<br />
durch die technischen<br />
Details<br />
horologischer<br />
Handwerkskunst<br />
Chronograph<br />
Während eine Uhr vor allem<br />
die aktuelle Zeit anzeigt, macht<br />
der Chronograph (übersetzt<br />
«Zeitschreiber») die Uhr zur<br />
Stoppuhr. Beim Chrono graphen<br />
kann der Sekundenzeiger auf<br />
Knopfdruck un abhängig vom<br />
eigentlichen Uhrwerk gestartet,<br />
gestoppt und wieder in seine<br />
Ausgangsposition zurückgesetzt<br />
werden. Die Anzeige der gemessenen<br />
Zeit erfolgt meist über<br />
kleinere Hilfszifferblätter, sogenannte<br />
Totalisatoren, und in<br />
Kombi nation mit einer fixen<br />
Tachy meter-Lünette am äusseren<br />
Rand der Uhr lassen sich damit<br />
sogar Geschwindigkeiten beim<br />
Autofahren anzeigen: Auf einer<br />
definierten Distanz (beispielsweise<br />
1 Kilometer) wird der Sekundenzeiger<br />
aus der Mitte zur Geschwindigkeitsanzeige.<br />
Kompliziertere<br />
Umsetzungen erlauben darüber<br />
hinaus das Messen von Zwischenzeiten<br />
und werden Schleppzeiger,<br />
Doppel chronograph oder<br />
Rattrapante genannt.<br />
Multitasking<br />
am<br />
Handgelenk<br />
Text<br />
ROGER RÜEGGER<br />
94 THE RED BULLETIN
Drehring<br />
In den 50er-Jahren sorgten Blancpain<br />
und Rolex erfolgreich für eine Wasserlandung<br />
und definierten mit der Fifty<br />
Fathoms und der Submariner sowohl<br />
Funktion als auch Look der modernen<br />
Taucheruhr. Das Prinzip ist denkbar<br />
einfach erklärt: Entweder man markiert<br />
mit der Lünette einen errechneten<br />
Zeitpunkt oder den Beginn eines<br />
Tauchgangs (der Pfeil wird auf den<br />
Minutenzeiger ausgerichtet und setzt<br />
dadurch die Zeit auf null).<br />
Multifunktionsuhr<br />
Spätestens seit Casio in den 70er-<br />
Jahren einen Taschenrechner in eine<br />
Digitaluhr eingebaut hatte, gelten<br />
die batterie- oder solarbetriebenen<br />
Multifunktionsuhren als perfekte<br />
und oft günstigere Begleiter für fast<br />
jeden Sport und Einsatzbereich. Meist<br />
werden damit mehrere Funktionen<br />
wie Alarm, Höhen- und Tiefenmesser,<br />
Temperatur, Zwischenzeiten usw. in ein<br />
Gehäuse gepackt und die Zeitanzeige<br />
mit externen Quellen synchronisiert.<br />
Stoff für die Ewigkeit<br />
Die Uhrenindustrie mag gelegentlich<br />
konservativ anmuten, «Hightech» ist<br />
aber längst nicht nur in der Produktion<br />
der Hersteller zu finden: Bei den Uhrwerken<br />
kommen vermehrt Materialien<br />
wie Silizium, Saphir, Titan oder Carbon<br />
zum Einsatz, bei den Gehäusen bestimmen<br />
Keramik, Kautschuk oder Carbonfasergemische<br />
zunehmend den Look<br />
der Uhr. Das Resultat sind leichtere,<br />
meist kratzfestere Gehäuse und ein<br />
starker Auftritt am Handgelenk.<br />
Höhen- und Tiefenmesser<br />
Seit jeher eine eher exotische Zusatzfunktion<br />
bei mechanischen Uhren,<br />
gibt es eine Handvoll Hersteller,<br />
die ihre Uhren damit ausrüsten:<br />
Die Raider Bivouac von Favre-Leuba<br />
misst über den Umgebungsdruck<br />
Höhen bis 9000 Meter, bei Oris geht<br />
die ProPilot bis 4500 Meter mit.<br />
Umgekehrt bieten Favre-Leuba, Oris<br />
und Blancpain auch Taucheruhren<br />
mit mechanischem Tiefenmesser<br />
bis zu einer Tiefe von 120 Metern an.<br />
Zeitzonen-Anzeige<br />
Vielreisende werden die Komplikation<br />
zu schätzen wissen: Mittels Städteringen,<br />
Weltkugeln oder der internationalen<br />
Kurzbezeichnungen von Flughäfen<br />
können Lokal- und Heimzeiten<br />
eingestellt und abgelesen werden,<br />
manchmal sogar mit Tages- und Nachtanzeige<br />
und nicht nur in Stundenschritten.<br />
Einfachere Exemplare verwenden<br />
einen drehbaren 24-Stunden-Ring und<br />
einen zusätzlichen Zeiger aus der Mitte<br />
(eine Umdrehung in 24 Stunden).<br />
Akustische Zeitanzeige<br />
Nachdem es bereits in der Taschenuhr-<br />
Ära als unhöflich galt, ständig seinen<br />
Zeitmesser aus der Tasche zu holen,<br />
und es zudem in der Dunkelheit praktisch<br />
unmöglich war, die Zeit von selbigem<br />
abzulesen, erlauben sogenannte<br />
Repetitionen, mittels seitlichem<br />
Schieber die aktuelle Zeit akustisch<br />
wiederzugeben. Spürbar günstiger<br />
sind da Armbanduhren mit mechanischem<br />
Wecker: Zu einem vorbestimmten<br />
Zeitpunkt rasselt die Uhr los.<br />
THE RED BULLETIN 95
IMPRESSUM<br />
THE RED<br />
BULLETIN<br />
WELTWEIT<br />
Aktuell<br />
erscheint<br />
<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
in sieben Ländern.<br />
Das Cover der mexikanischen<br />
Ausgabe<br />
ziert Schauspielerin<br />
Cecilia Suárez, die<br />
im Interview erzählt,<br />
wie man eine Ikone<br />
wird – und bleibt.<br />
Mehr Storys abseits des<br />
Alltäglichen gibt’s auf:<br />
redbulletin.com<br />
Chefredakteur<br />
Alexander Macheck<br />
Stv. Chefredakteure<br />
Andreas Rottenschlager, Nina Treml<br />
Creative Director<br />
Erik Turek<br />
Art Directors<br />
Kasimir Reimann (stv. CD),<br />
Miles English, Tara Thompson<br />
Head of Photography<br />
Eva Kerschbaum<br />
Deputy Head of Photography<br />
Marion Batty<br />
Photo Director<br />
Rudi Übelhör<br />
Textchef<br />
Andreas Wollinger<br />
Chefin vom Dienst<br />
Marion Lukas-Wildmann<br />
Managing Editor<br />
Ulrich Corazza<br />
Freie Mitarbeiter<br />
Jakob Hübner, Werner Jessner,<br />
Alex Lisetz, Stefan Wagner<br />
Grafik Marion Bernert-Thomann, Martina<br />
de Carvalho-Hutter, Kevin Goll, Carita Najewitz<br />
Fotoredaktion<br />
Susie Forman, Ellen Haas, Tahira Mirza<br />
Head of Commercial & Publishing Management<br />
Stefan Ebner<br />
Publishing Management Sara Varming (Ltg.),<br />
Ivona Glibusic, Bernhard Schmied,<br />
Melissa Stutz, Mia Wienerberger<br />
B2B-Marketing & Kommunikation<br />
Katrin Sigl (Ltg.), Agnes Hager, Teresa Kronreif<br />
Head of Creative<br />
Markus Kietreiber<br />
Co-Publishing<br />
Susanne Degn-Pfleger, Elisabeth Staber (beide<br />
Ltg.), Mathias Blaha, Vanessa Elwitschger,<br />
Raffael Fritz, Marlene Hinterleitner, Valentina<br />
Pierer, Mariella Reithoffer, Verena Schörkhuber,<br />
Julia Zmek, Edith Zöchling-Marchart<br />
Commercial Design<br />
Peter Knehtl (Ltg.), Sasha Bunch,<br />
Simone Fischer, Martina Maier, Florian Solly<br />
Anzeigenservice<br />
Manuela Brandstätter, Monika Spitaler<br />
Herstellung<br />
Veronika Felder<br />
Produktion<br />
Walter O. Sádaba, Friedrich Indich,<br />
Sabine Wessig<br />
Lithografie<br />
Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Sandra<br />
Maiko Krutz, Nenad Isailović, Josef Mühlbacher<br />
Operations<br />
Michael Thaler (MIT), Alexander Peham,<br />
Yvonne Tremmel (Office Management)<br />
Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus<br />
Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser (Vertrieb),<br />
Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar (Abo)<br />
Verlagsanschrift<br />
Heinrich-Collin-Strasse 1, A-1140 Wien<br />
Telefon +43 1 90221-0<br />
Fax +43 1 90221-28809<br />
Web redbulletin.com<br />
Medieninhaber, Verlag & Herausgeber<br />
<strong>Red</strong> Bull Media House GmbH,<br />
Oberst-Lepperdinger-Strasse 11–15,<br />
A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i,<br />
Landesgericht Salzburg, ATU63611700<br />
General Manager & Publisher<br />
Andreas Kornhofer<br />
Geschäftsführer<br />
Dkfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier,<br />
Dietmar Otti, Christopher Reindl<br />
THE RED BULLETIN<br />
Schweiz, ISSN 2308-5886<br />
Länderredaktion<br />
Nina Treml<br />
Lektorat<br />
Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert,<br />
Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-<br />
Walek, Belinda Mautner,<br />
Klaus Peham, Vera Pink<br />
Country Channel Management<br />
Meike Koch<br />
Media Sales<br />
Marcel Bannwart (D-CH),<br />
marcel.bannwart@redbull.com<br />
Christian Bürgi (W-CH),<br />
christian.buergi@redbull.com<br />
Abo<br />
<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> Leserservice,<br />
Postfach, CH-6002 Luzern, +41 41<br />
329 22 00, abo@ch.redbulletin.com<br />
Druck<br />
Prinovis GmbH & Co. KG,<br />
Betrieb Nürnberg, 90471 Nürnberg<br />
THE RED BULLETIN<br />
Deutschland, ISSN 2079-4258<br />
Länderredaktion<br />
David Mayer<br />
Lektorat<br />
siehe entsprechenden Eintrag<br />
bei der Schweiz<br />
Country Project Management<br />
Natascha Djodat<br />
Media Sales<br />
Matej Anusic,<br />
matej.anusic@redbull.com<br />
Thomas Keihl,<br />
thomas.keihl@redbull.com<br />
THE RED BULLETIN<br />
Frankreich, ISSN 2225-4722<br />
Länderredaktion<br />
Pierre-Henri Camy<br />
Country Coordinator<br />
Christine Vitel<br />
Country Project Management<br />
Alessandra Ballabeni<br />
THE RED BULLETIN<br />
Grossbritannien, ISSN 2308-5894<br />
Länderredaktion<br />
Tom Guise (Ltg.),<br />
Lou Boyd, Florian Obkircher<br />
Lektorat<br />
Davydd Chong (Ltg.), Nick Mee<br />
Publishing Manager<br />
Ollie Stretton<br />
Media Sales<br />
Mark Bishop,<br />
mark.bishop@redbull.com<br />
Fabienne Peters,<br />
fabienne.peters@redbull.com<br />
THE RED BULLETIN<br />
Mexiko, ISSN 2308-5924<br />
Länderredaktion<br />
Luis Alejandro Serrano (Ltg.),<br />
Marco Payán<br />
Lektorat<br />
Alma Rosa Guerrero<br />
Country Project Management<br />
Giovana Mollona<br />
Media Sales<br />
Humberto Amaya Bernard,<br />
humberto.amayabernard@redbull.com<br />
THE RED BULLETIN<br />
Österreich, ISSN 1995-8838<br />
Länderredaktion<br />
Christian Eberle-Abasolo<br />
Lektorat<br />
siehe entsprechenden Eintrag<br />
bei der Schweiz<br />
Publishing Management<br />
Bernhard Schmied<br />
Sales Management <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
Alfred Vrej Minassian (Ltg.),<br />
Thomas Hutterer, Stefanie Krallinger<br />
Media Sales<br />
Gerald Daum, Franz Fellner,<br />
Wolfgang Götz, Christopher<br />
Miesbauer, Nicole Okasek-Lang,<br />
Jennifer Sabejew, Johannes<br />
Wahrmann-Schär, Kristina Krizmanic<br />
(Team Assistant)<br />
anzeigen@at.redbulletin.com<br />
Sales Operations & Development<br />
Stefanie Boruta (Ltg.),<br />
Anna Schönauer<br />
THE RED BULLETIN<br />
USA, ISSN 2308-586X<br />
Länderredaktion<br />
Peter Flax (Ltg.),<br />
Nora O’Donnell<br />
Lektorat<br />
David Caplan<br />
Director of Publishing<br />
Cheryl Angelheart<br />
Country Project Management<br />
Laureen O’Brien<br />
Media Sales<br />
Todd Peters, todd.peters@redbull.com<br />
Dave Szych, dave.szych@redbull.com<br />
Tanya Foster, tanya.foster@redbull.com<br />
96 THE RED BULLETIN
P R O M O T I O N<br />
must-haves<br />
1 2<br />
3 4<br />
1 GUMMILOVE DIRTY SOX<br />
#MAKINGSAFELOVESEXY<br />
GummiLove lanciert ein neues Set,<br />
bestehend aus den coolen GummiLove<br />
Dirtysox und dem ceylor Jubiläumskondom.<br />
«Making Safe Love Sexy» ist<br />
der Beat, dem GummiLove treu folgt,<br />
um das <strong>The</strong>ma Schutz beim Sex cool<br />
auf den Höhepunkt zu bringen. Mit deinem<br />
Einsatz unterstützt du zu 100 %<br />
die Aufklärungsarbeit von Gummi-<br />
Love. Gummi 4 Love, Socks 4 Support:<br />
gummilove.com<br />
2 BLACKROLL ®<br />
RECOVERY PILLOW<br />
Schlaf ist das Kernstück der Erholung<br />
in Sport und Alltag. Leistungssportler<br />
optimieren ihren Schlaf mit dem<br />
RECOVERY PILLOW. Dieses lässt sich<br />
zusammenrollen und überallhin mitnehmen.<br />
So schläfst du überall wie zu<br />
Hause und verbesserst deinen Schlaf.<br />
Das Kissen springt nach dem Öffnen<br />
immer in die ursprüngliche Form.<br />
100 % made in Germany.<br />
blackroll.ch<br />
3 NEXT-GENERATION<br />
GAMING PC<br />
Ein absolutes Must-have für jeden<br />
Gamer ist ein individueller Gaming PC.<br />
Die Premium-Manufaktur MIFCOM<br />
baut Gaming-Systeme für Einsteiger,<br />
Core-Gamer und Enthusiasten. Alle<br />
PCs werden fachmännisch assembliert<br />
und ausgiebig getestet. Hinzu<br />
kommen eine dreijährige Garantie und<br />
lebenslanger Support. Der perfekte<br />
Begleiter für jedes Gaming-Erlebnis!<br />
mifcom.ch<br />
4 GALAXY NOTE10+:<br />
DAS POWERPHONE<br />
Das Samsung Galaxy Note10+<br />
eröffnet mit dem vielseitigen S Pen<br />
und einer Kamera auf Profi-Niveau<br />
neue produktive Möglichkeiten.<br />
Dank der integrierten Action-Cam-<br />
Videostabili sierung verwackeln<br />
rasante Filmaufnahmen nicht mehr,<br />
und mit seinem leistungsfähigen<br />
Akku hält das Note10+ den ganzen<br />
Tag mit seinem Nutzer mit.<br />
samsung.com<br />
THE RED BULLETIN 97
Perfekter Abgang<br />
Drunter und drüber<br />
Wer schaffte es als Erster zum legendären Festball des Goodwood Festival of Speed<br />
in Süd england? Die Kontrahenten waren Drift-Champion «Mad» Mike Whiddett im<br />
Lamborghini Huracán und Rallye-Dakar-Sieger Eduard Nikolajew im 9,5-Tonnen-Truck.<br />
Wer das Nach sehen hatte und mit Clown-Fliege zum Ball musste, siehst du<br />
im Video auf redbull.com.<br />
Die nächste<br />
Ausgabe des<br />
RED BULLETIN<br />
erscheint am<br />
10. <strong>November</strong><br />
<strong>2019</strong>.<br />
PATRIK LUNDIN/RED BULL CONTENT POOL<br />
98 THE RED BULLETIN
HACKING<br />
FOR A BRIGHTER WORLD<br />
19TH OF OCTOBER <strong>2019</strong> 1100H<br />
VOLKSHAUS - ZURICH<br />
STAUFFACHERSTRASSE 60 - 8004 ZURICH<br />
INSPIRING KEYNOTES // IMMERSIVE EXPERIENCES // AFTERPARTY<br />
WWW.REDBULLBASEMENT.COM
MASTER OF MATERIALS<br />
RADO.COM<br />
RADO CAPTAIN COOK<br />
INSPIRED BY OUR VINTAGE ORIGINAL. SERIOUSLY IRRESISTIBLE.