Orange7 Daun Oktober 2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
erzählt Kaspers. In den 20er Jahren hat<br />
sein Großvater nebenan noch ein Hotel<br />
erbaut: die Alte Reichspost. Dort soll<br />
1922 der erste Bus aus Adenau angekommen<br />
sein. Damals, das zeigen die<br />
vergilbten Fotos aus der Zeit, waren die<br />
Ernst Kaspers (links) und Dirk Dobias sind hier in der<br />
Mayener Straße, gleich unterhalb des Marktplatzes, aufgewachsen.<br />
28<br />
Gebäude noch zweigeschossig, heute<br />
haben sie drei Geschosse. Im Gewölbekeller<br />
bei Familie Kaspers, einem eigens<br />
eingerichteten Luftschutzkeller, haben<br />
sich dann während des zweiten Weltkrieges<br />
immer die Nachbarn versammelt.<br />
Das sei auch am 16. Januar 1945<br />
der Fall gewesen, als sonntags gegen<br />
13 Uhr der große Luftangriff mehr als<br />
die Hälfte des Ortes zerstörte: „Mein<br />
Vater hat damals 36 Flieger gezählt.<br />
Weil eine Bombe direkt im Küchenbereich<br />
der Reichspost einschlug, fand er<br />
seine Geldkassette später draußen auf<br />
der Straße wieder“, erinnert sich Ernst<br />
Kaspers an die Worte seines Vaters Karl.<br />
Der habe seine Mutter zusammen mit<br />
seinen Schwestern nach Zermüllen zur<br />
Großmutter geschickt. „Zum Schutz<br />
hat sie ein weißes Betttuch mitgenommen,<br />
damit sie sich und die Kinder im<br />
Schnee tarnen konnte.“ Noch heute<br />
lebt Ernst Kaspers zusammen mit<br />
seiner Familie in der Nummer 9. Haus<br />
Nummer 7, die Alte Reichspost, gehört<br />
der Familie lange schon nicht mehr.<br />
Nachdem dieses Lokal über Jahre leer<br />
gestanden hatte, ist dort jetzt wieder<br />
Leben eingekehrt. Dirk Dobias, der<br />
überdies auch in der Mayener Straße<br />
aufgewachsen ist, betreibt dort jetzt das<br />
Gasthaus Zum Dubbes. Und nur ein<br />
Gebäude daneben, also in Haus Nummer<br />
5, haben die Kelberger jetzt noch<br />
ein Lokal. Dort befindet sich das italienische<br />
Restaurant Il Gabbiano. Geschäftsführer<br />
Gianpiero Da Luca fühlt<br />
sich wohl hier in dem „gemütlichen<br />
Dorf“. Der alte Marktplatz ist wieder<br />
rundherum belebt. Oben bietet die ansässige<br />
Bäckerei Schillinger ihre Waren<br />
an. Und kürzlich hat ein Gesundheitspark<br />
die Türen geöffnet. Ortsbürgermeister<br />
Wilhelm Jonas schaut zufrieden<br />
auf die Entwicklung der Gemeinde. Im<br />
Kernort Kelberg leben 1.750 Menschen.<br />
Hiesige Unternehmen bieten ganze<br />
1.300 Arbeitsplätze an, das sind mehr<br />
als es hier Menschen im arbeitsfähigen<br />
Alter gibt. Wird ein Neubaugebiet ausgewiesen,<br />
dann sind die Grundstücke<br />
sehr begehrt. Und dass Kelberg Zukunft<br />
hat, zeigt sich zudem in der Tatsache,<br />
dass der Kindergarten jüngst für eine<br />
siebte und sogar für eine achte Gruppe<br />
erweitert werden musste. Jonas selbst<br />
stammt aus der Verbandsgemeinde<br />
Adenau. 1983 ist er der Liebe wegen<br />
mit 24 Jahren umgezogen. „Hier in<br />
Kelberg gab es damals schon alles, was<br />
man braucht, um eine junge Familie<br />
zu gründen. Deshalb haben wir uns<br />
für diesen Ort entschieden. Und das<br />
„Kelberg ist liebenswert“, sagen Ortsbürgermeister Wilhelm<br />
Jonas und Simone Schäfer-Merten, die Mutter von<br />
Luna und Tim.<br />
ist ja heute nicht anders“, so Jonas.<br />
Seit zwölf Jahren ist er jetzt bereits<br />
Ortsbürgermeister und freut sich über<br />
den Weitblick seiner Gemeinde. Denn<br />
die hat seinerzeit die Flächen hinter<br />
dem Gelände der Rowa gekauft. „Zum<br />
Glück. Denn jetzt kann sich dieses<br />
spannende Unternehmen hier weiterentwickeln.“<br />
Simone Schäfer-Merten<br />
dagegen ist bereits hier in Kelberg geboren<br />
und aufgewachsen – und würde<br />
niemals wegziehen. Wie viel ihr diese<br />
Heimat bedeutet, das erklärt sich bestens,<br />
wenn man weiß, wie sie es während<br />
des Studiums gehalten hat: „Ich<br />
hatte ein Zimmer in Trier, aber nur von<br />
Montag bis Freitag. Jedes Wochenende<br />
war ich zuhause in Kelberg“, erzählt sie<br />
lachend. Überhaupt habe sie Trier nur<br />
deshalb als Studienort gewählt, weil sie<br />
„Ich mag den Ort sehr und kenne viele Gäste persönlich“,<br />
sagt Gianpiero Da Luca vom Restaurant Il Gabbiano.<br />
schnell dort gewesen sei und genauso<br />
schnell wieder zuhause. Heute sitzt sie<br />
im Gemeinderat und ist Mitorganisatorin<br />
des Eifel-Kunsthandwerker-Marktes,<br />
der jedes Jahr im August hier auf dem<br />
Marktplatz stattfindet.<br />
Er ist eindeutig Kelbergs Filetstück,<br />
deshalb haben diese Kelberger einen<br />
großen Wunsch: Der Platz, den es<br />
nachweislich bereits seit dem 15. Jahrhundert<br />
gibt, soll unbedingt erhalten<br />
bleiben. Kleine Umgestaltungen sind<br />
geplant, so wurde ein echter römischer<br />
Streitwagen aufgestellt. Einst wurden<br />
vier Pferde davor gespannt, so ging es<br />
in den Krieg – stehend, mit der Waffe<br />
in der Hand. Er soll darauf hinweisen,<br />
dass unweit von Kelberg eine sehr<br />
bedeutende Römerstraße entlangführte.<br />
Die Route von Koblenz über Jünkerath<br />
und Belgien bis nach Boulogne-sur-<br />
Mer.