Taxi Times Berlin - September / Oktober 2019
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BERLIN<br />
WAS KOMMT AM TXL UND IN<br />
SIEMENSSTADT AUF UNS ZU?<br />
An der TXL-Nachnutzung wird seit zehn Jahren geplant. Der Plan für<br />
die Siemensstadt nimmt gerade Gestalt an. Uns stehen die Urban Tech<br />
Republik und die Siemensstadt 2.0 ins Haus.<br />
Das sind die Namen zweier <strong>Berlin</strong>er<br />
Großprojekte. An beiden Orten<br />
soll nichts weniger als die Stadt<br />
der Zukunft entstehen. Smart Cities mit<br />
paradiesischen Arbeits- und Lebensverhältnissen,<br />
emissionsfrei, naturnah und<br />
ohne lästigen Verkehr.<br />
Das dereinst ehemalige Flughafengelände<br />
kommt dem Traum eines jeden<br />
Architekten und Stadtplaners nahe – eine<br />
riesige freie Fläche. In das unter Denkmalschutz<br />
stehende TXL-Sechseck kommt die<br />
Beuth-Hochschule, drum herum ein Forschungscampus<br />
à la Adlershof. Entlang<br />
der Landebahnen sollen forschungsnahe<br />
Produktionsstätten und Gewerbe, ans Ostende<br />
des Geländes ein neues Wohngebiet.<br />
Eine massentaugliche Verkehrsanbindung<br />
ist in den Planungen nicht erkennbar.<br />
Auf dem Gelände sollen nach Möglichkeit<br />
nur emissionsfreie Fahrzeuge verkehren,<br />
verteilt über Mobilitäts-Hubs mit Fahrrädern,<br />
E-Mobilen und autonomem ÖPNV.<br />
Die Fahrzeuge von außerhalb sollen in<br />
zentralen Parkhäusern verschwinden. Eine<br />
Anbindung durch U-Bahn oder S-Bahn ist<br />
denkbar, wird aber nicht konkret vorangetrieben.<br />
Daraus ist schon damals für den<br />
Flughafen nichts geworden. Das Märkische<br />
Viertel wartet seit 25 Jahren auf seinen<br />
U-Bahn-Anschluss. Die Planungen für<br />
die Urban Tech Republic sind weit fortgeschritten<br />
und die rechtlichen Grundlagen<br />
geschaffen.<br />
Für die neue Siemensstadt 2.0 existiert<br />
erst mal nur der intellektuelle Überbau und<br />
das Wohlwollen der <strong>Berlin</strong>er Politik. „Der<br />
Kiez für Macher“ mit Wohnen, Gewerbe,<br />
Arbeiten und Forschen soll der Unternehmenstransformation<br />
des Weltkonzerns<br />
Siemens dienen. Das schwer steuerbare<br />
Dickschiff will sich mehr die Schwarmintelligenz<br />
vieler unabhängiger Macher<br />
zunutze machen, für die die neue Siemensstadt<br />
einen angenehmen Rahmen bieten<br />
will. Zur vernünftigen Anbindung soll die<br />
Siemensbahn wieder aufgebaut werden.<br />
Eigentlich sind das ja schöne Aussichten<br />
für die Entwicklung <strong>Berlin</strong>s. Allerdings<br />
verlaufen Großprojekte hier gerne mal<br />
im Sande. Es gibt Beispiele aus mehreren<br />
Jahrhunderten. Zur Feier der siegreichen<br />
Befreiungskriege sollte Schinkel nach 1815<br />
einen großen, repräsentativen Dom in der<br />
Stadt bauen. Herausgekommen ist dabei<br />
das Kreuzberg-Denkmal, das einer Turmspitze<br />
dieses Doms entspricht.<br />
Hitlers Welthauptstadt Germania ist uns<br />
erspart geblieben. Einen kleinen Eindruck<br />
von den geplanten Straßenausmaßen bietet<br />
der Platz des 4. Juli in Lichterfelde. So breit<br />
sollte der „4. Ring“ von Germania werden.<br />
Die autogerechte Stadt <strong>Berlin</strong> ist ein<br />
Torso geblieben. Der Stadtring wurde nie<br />
geschlossen, die Westtangente nicht fertig<br />
gebaut, ein Autobahnkreuz über dem Heinrichplatz<br />
gar nicht mehr ins Auge gefasst.<br />
Stadtbaurat Hans Scharouns Planung ist<br />
in der Schublade verschwunden. Vom BER<br />
wollen wir gar nicht reden – wobei seine<br />
Fertigstellung die Voraussetzung für die<br />
Urban Tech Republic ist. <br />
wh<br />
ZEICHNUNG: Tegel Projekt GmbH<br />
32 SEPTEMBER/OKTOBER <strong>2019</strong> TAXI