Taxi Times Berlin - September / Oktober 2019
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SELBSTBEWUSST UND<br />
WANDLUNGSFÄHIG<br />
<strong>Taxi</strong> in Not? Nicht, wenn wir uns den Veränderungen stellen.<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe muss sich nur auf die eigenen Stärken besinnen<br />
und neue Herausforderungen selbst als Chance nutzen.<br />
Das ganze Leben ist Wandel. Zu<br />
Überleben heißt, sich weiterzuentwickeln,<br />
seinen Platz zu<br />
behaupten oder auch neue Lebensräume<br />
zu erschließen. Doch die Angst geht um<br />
im deutschen <strong>Taxi</strong>gewerbe. Steht das Ende<br />
bevor? Übernehmen künftig Großkonzerne<br />
die Aufgabe der elfenbeinfarbenen<br />
<strong>Taxi</strong>flotten?<br />
Der Ärger über neue Anbieter, die sich<br />
nicht an geltendes Recht halten, ist groß.<br />
Der Frust über Behörden, die dieses geltende<br />
Recht nicht durchsetzen und zusätzlich<br />
unnötige Fahrdienste im Rahmen der<br />
Experimentierklausel des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) zulassen, noch<br />
größer. Befürchtungen, die anstehende<br />
PBefG-Novelle würde diese Zustände letztlich<br />
legalisieren und damit zementieren,<br />
verstärkt diese negative Grundstimmung<br />
zusätzlich.<br />
BESORGNISERREGENDE<br />
ENTWICKLUNGEN<br />
Im Juli 2017 hatten Bundestat und Bundesrat<br />
beschlossen, die Ortskundeprüfung<br />
für den sogenannten „kleinen P-Schein“<br />
komplett abzuschaffen. Das bedeutet,<br />
Mietwagenchauffeure benötigen – im<br />
Unterschied zu <strong>Taxi</strong>fahrern, die in einer<br />
sehr anspruchsvollen Prüfung ihre Ortskenntnisse<br />
unter Beweis stellen müssen<br />
– überhaupt keinen Ortskenntnis-Nachweis<br />
mehr. Dies ließ alle Dämme zu Gunsten<br />
von Mietwagenbetreibern brechen. <strong>Taxi</strong>betriebe<br />
bekommen keine Fahrer mehr. Wer<br />
will schon noch monatelang für die schwierige<br />
Prüfung für den <strong>Taxi</strong>schein lernen,<br />
wenn er ohne Ausbildung sofort mit einem<br />
Mietwagen wie ein <strong>Taxi</strong>fahrer in der Stadt<br />
unterwegs sein kann? Die Entwicklung, die<br />
nach der Abschaffung der Ortskundeprüfung<br />
für Mietwagenfahrer einsetzte, führte<br />
dazu, dass mittlerweile mindestens 3.000<br />
Mietwagen auf <strong>Berlin</strong>s Straßen unterwegs<br />
sind, Tendenz rapide zunehmend. Diese<br />
Entwicklung gibt berechtigten Grund zur<br />
Sorge, dass es dem <strong>Taxi</strong>gewerbe, ungeschützt,<br />
wie es diesem Wandel ausgesetzt<br />
ist, massiv an den Kragen gehen könnte. In<br />
<strong>Berlin</strong> werden schon jetzt bis zu 30 Prozent<br />
Umsatzeinbußen beklagt.<br />
Nach der Gier folgt jetzt Angst. Gier<br />
frisst Hirn und Angst ist ein schlechter<br />
Berater. Die Gier vieler <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
hat das ehemals stolze Gewerbe erst in<br />
diese Situation gebracht. Viele Unternehmer<br />
gingen einfach mit allem ins Bett, was<br />
den schnellen Profit brachte: <strong>Taxi</strong>genehmigungen<br />
mittels Briefkastenfirmen im Landkreis<br />
Dahme-Spreewald, die Vermittlung<br />
durch Uber-<strong>Taxi</strong> und mytaxi, jetzt endgültig<br />
enttarnt als Free Now. Immer fixiert<br />
auf den Moment und nie ein Gedanke an<br />
die Auswirkungen ihres Handelns. Mit<br />
„Schlichtheit im Geiste“ ist das Ganze noch<br />
sehr schmeichelhaft umschrieben.<br />
Das jetzige Geschrei wegen Uber und<br />
anderen neuen Anbietern sollte diesen<br />
„Unternehmern“ im Halse stecken bleiben,<br />
denn ihr eigener Mangel an Weitblick hat<br />
das Gewerbe erst in diese Lage gebracht. Es<br />
sind genau dieselben Betriebe, die das Versagen<br />
von Aufsichts- und Finanzbehörde<br />
schamlos und in immer absurderem Maße<br />
ausgenutzt haben und auch weiter ausnutzen.<br />
Korrekt arbeitende, Steuern und Abgaben<br />
zahlende <strong>Taxi</strong>betriebe mit ehrlich entlohntem<br />
Fahrpersonal, nahezu ungeschützt<br />
von den eigentlich zuständigen Behörden,<br />
werden durch diese Kriminellen immer<br />
mehr vom Markt oder an dessen Rand<br />
gedrängt. Deren Personal, das deutlich<br />
mehr „Lohn“ tatsächlich in der Tasche als<br />
FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
6 SEPTEMBER/OKTOBER <strong>2019</strong> TAXI