Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Pro Zusammenschluss<br />
Bürgermeister sprechen für ihre Einwohner<br />
(mel) Petitionen, falsche Informationen und schwere Vorwürfe bringen<br />
das ambitionierte Bauprojekt um den Zusammenschluss der beiden<br />
Skigebiete von Pitztal und Ötztal schon in der Planungsphase ins<br />
wanken. Alle vier Bürgermeister des Pitztals und der TVB-Obmann<br />
des Tals meldeten sich dabei zu Wort.<br />
Bürgermeister Elmar Haid von der Standortgemeinde St. Leonhard (M.) erklärte<br />
anhand einer Gletscher- und Gebirgskarte den Teil, den das Projekt wirklich betreffen<br />
soll.<br />
RS-Fotos: Burger<br />
Zur gemeinsamen Pressekonferenz<br />
zum geplanten Gletscherzusammenschluss<br />
zwischen Pitztal und Ötztal<br />
luden vergangene Woche alle vier Gemeindechefs<br />
des Tals sowie der Pitztaler<br />
Tourismusverband ein. Seit Bekanntwerden<br />
des Projekts gibt es Gegner und<br />
Umweltaktivisten, die mit ihren Bedenken<br />
und Kritiken für Unruhe sorgen.<br />
Erst vor Kurzem kochten die Gemüter<br />
über, als durch die Petition des<br />
Alpenvereins, der „Naturfreunde“, des<br />
WWFs und der „Bürgerinitiative Feldring“<br />
etliche Fehlinformationen verbreitet<br />
wurden, so die Bürgermeister.<br />
So sahen sich die vier Bürgermeister<br />
des Pitztals dazu veranlasst, das Sprachrohr<br />
für die Mehrheit ihrer Anwohner<br />
zu sein und neben Fakten sowie Zahlen<br />
des Projekts auch die positiven sowie<br />
negativen Auswirkungen des Projekts<br />
zu erklären.<br />
GEMEINSAM. Als erstes ergriff<br />
Bürgermeister Elmar Haid der Standortgemeinde<br />
Sankt Leonhard das Wort<br />
und wehrte sich „gegen die Falschmeldungen<br />
von Gipfelsprengungen durch<br />
die öffentliche Online-Petition und<br />
dem Mitinitiator Gerd Estermann“.<br />
Laut Haid führte dies und die Verbreitung<br />
durch internationale Medien zu<br />
populistischen Verzerrungen und der<br />
negativen Haltung gegenüber des Projekts.<br />
Gerade das Pitztal, das immensen<br />
Aufwand betreibe, um vorhandene<br />
Infrastrukturen instand zu halten und<br />
die unberührten Naturlandschaften<br />
sowie ihre Fauna und Flora zu schützen<br />
versucht, werde angegriffen, ohne<br />
das Projekt im Ganzen zu betrachten.<br />
Neben eigenständigen Naturschutzprojekten<br />
versuchen die Einwohner auch<br />
die Eigenständigkeit des Tals und seine<br />
rückläufige Landwirtschaft zu Erhaltung<br />
des Kulturguts durch das derzeitige<br />
Regionalprogramm des Landes zu<br />
erhalten.<br />
ZAHLEN. So spricht Bürgermeister<br />
Haid von 64 Hektar Fläche, die für das<br />
Umsetzten benötigt wird, von denen<br />
58 Hektar auf dem Gletscher selbst liegen.<br />
Laut den Zahlen handle es sich dabei<br />
um 0,6 Prozent der gesamten Gletscherfläche<br />
zwischen Sankt Leonhard<br />
und Sölden. Seit Ende der 80er Jahre<br />
sei kein neuer Lift hinzugekommen<br />
Planungsverbandsobmann und Bürgermeister<br />
der Gemeinde Jerzens, Karl<br />
Raich, erklärte die Wichtigkeit des Projekts<br />
einerseits für die Infrasturktur des<br />
ganzen Tals und andererseits für die Bildung<br />
neuer Arbeitsplätze.<br />
und auch das gesamte neue Projekt<br />
befinde sich innerhalb der Skigebietsgrenzen,<br />
die 2005 im Seilbahngesetz<br />
für das Gebiet Pitztaler Gletscher festgelegt<br />
wurden. Wichtigstes Argument für<br />
eine Gletscherehe für alle vier Gemeinden<br />
ist laut Bürgermeister von Jerzens<br />
und Planungsverbandsobmann Karl<br />
Raich der Negativtrend in der Bettenbelegung,<br />
dem dadurch rückläufigen<br />
Angebot an Arbeitsplätzen, der Auslastung<br />
aller Kleinbetriebe des Tals, nicht<br />
nur der Hotels, Pensionen und Privatzimmer,<br />
und dem daraus folgenden<br />
Rückgang der Bevölkerung um minus<br />
0,5 Prozent seit 2009. Von Seiten der<br />
Gemeinden wurden bereits durch den<br />
Ausbau von Kindergärten mit Krippen<br />
sowie Schulen mit Nachmittagsbetreuung<br />
und vielem mehr die Orte für ihre<br />
Bewohner so attraktiv wie möglich ausgelegt.<br />
Jedoch verspüre man gerade in<br />
den letzten Jahren immer mehr eine<br />
Abwanderung von einheimischen Familien.<br />
FAKTEN. Auch von Seiten des Obmanns<br />
des TVB Pitztals, Rainer Schultes,<br />
kann das Tal in seinen Augen nicht<br />
mit den vorherrschenden Bedingungen<br />
gegenüber anderen Skigebieten mithalten.<br />
Für ihn ist der Zusammenschluss<br />
der Gebiete eine wichtige Chance für<br />
das Pitztal, in dem über sieben Monate<br />
Winter herrscht, auf die man über 30<br />
Jahre gewartet hätte. Außerdem erklärte<br />
er, dass zwar 72 Hektar Gletscher<br />
Rainer Schultes, TVB Obmann Pitztal,<br />
bittet auch von den Behauptungen über<br />
ausländische Investoren Abstand zu nehmen,<br />
da zwei Investoren aus Tirol an dem<br />
130 Millionen Projekt interessiert sind.<br />
planiert werden würden, aber keinerlei<br />
Zerstörungen oder gar Abtragungen<br />
geplant sind. Auch die Stützen und<br />
Gebäude würden nur auf festem Boden<br />
verankert werden. Josef Knabl,<br />
Bürgermeister der Gemeinde Arzl am<br />
Eingang zum Pitztal, nahm das Thema<br />
Steigerung des Verkehrs auf, das eines<br />
der vielen Bedenken der Bevölkerung<br />
des Tals ist.<br />
VERKEHR. Man habe sich selbstverständlich<br />
schon seit Beginn des<br />
Projekts mit diesen Zahlen beschäftigt<br />
und habe durch Messungen und Hochrechnungen<br />
festgestellt, dass ohne das<br />
Projekt mit einer normalen Steigerung<br />
von sechs Prozent zu rechnen sei und<br />
bei Umsetzung der Gletscherehe mit<br />
zirka neun bis 14 Prozent erhöhtem<br />
Verkehrsaufkommen gerechnet werden<br />
muss, wobei man gerade in den letzten<br />
Gemeinderatssitzungen aller Gemeinden<br />
positiv für einen Mobilitätsbeauftragten,<br />
den Anschluss an das Projekt<br />
„Umadum“ und das neue VVT-Projekt<br />
für das kommende Jahr abgestimmt<br />
hat. Alle Bürgermeister und Rainer<br />
Schultes vom TVB Pitztal sind sich<br />
einig, dass man sich in einer sensiblen<br />
Zeit befinde, was Umweltschutz und<br />
Klimawandel betreffe, aber man müsse<br />
auch an die nächste Generation denken,<br />
die nicht nur in diesen Gebieten<br />
überleben müsse, sondern sich auch<br />
um den Erhalt der Natur im Tal kümmern<br />
sollte.<br />
RUNDSCHAU Seite 42 27./28. November 2019