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B RIEFKASTEN<br />
GLETSCHERZUSAMMENSCHLUSS<br />
Mein Name ist Philipp Eiter, geboren<br />
am 25. Dezember 1981, aufgewachsen in<br />
Tieflehn/St. Leonhard im Pitztal. Den<br />
elterlichen Betrieb „Hexenkessl“ habe<br />
ich 2015 übernommen. Das hintere<br />
Pitztal hat erst spät seine wirtschaftliche<br />
beziehungsweise touristische<br />
Entwicklung gestartet. Meine Eltern<br />
haben oft berichtet, dass erst mit<br />
dem Bau der Rifflseebahn 1972 der<br />
Winter-Tourismus langsam gestartet<br />
ist. Mit dem Bau beziehungsweise<br />
der Fertigstellung der Gletscherbahn<br />
1983 erlebte meine Familie eine touristische<br />
Aufbruchsstimmung. Ab da<br />
an wurde auch im Tal in Gasthöfe,<br />
Hotels und Tourismusbetriebe investiert.<br />
Und somit war ein wirtschaftliches<br />
Überleben möglich. Leider hielt<br />
dieser Aufschwung nicht sehr lange<br />
an, so mussten wir bereits Anfang der<br />
2000er Jahre mit Nächtigungs- und<br />
Wertschöpfungsrückgängen kämpfen.<br />
Notwendige Investitionen in Betriebe,<br />
aber auch in der allgemeinen Infrastruktur<br />
wurden nach hinten verschoben<br />
beziehungsweise nicht mehr getätigt.<br />
Unter uns Einheimischen gibt<br />
es den Spruch „Für jeden Schrauben<br />
oder Nagel muss man nach Imst fahren“<br />
– circa 35 Kilometer. Und dieser<br />
Spruch steht für vieles, wie den wöchentlichen<br />
Einkauf genauso wie für<br />
Arzttermine, Tankstellen, Apothekenbesuch<br />
etc. Nun habe ich 2015 den<br />
elterlichen Betrieb unter sehr schwierigen<br />
Umständen übernommen, wohl<br />
Mir kommt es im Moment oft wie<br />
in einem Boxkampf vor, nur ohne<br />
Ringrichter, der würde bei unfairen<br />
Schlägen eingreifen bzw. den Kampf<br />
stoppen. In dieser Causa gibt es leider<br />
keinen Ringrichter und wir Pitztaler<br />
müssen Schläge unter der Gürtellinie<br />
einstecken. Die Verbreitung der Unwahrheiten<br />
der zahlreichen NGOs<br />
(wie z.B. die Sprengung des Linken<br />
Fernerkogels) haben sich mit bewussten<br />
Falschmeldungen die mediale<br />
Aufmerksamkeit erschlichen und diese<br />
wurde unverzüglich ohne Recherchen<br />
verbreitet. Der Alpenverein stellt<br />
sich gerne als „selbsternannter Retter<br />
der Alpen“ dar, aber wer waren die<br />
ersten, die Schutzhütten mit Materialseilbahnen<br />
errichtet haben? ...dem<br />
Deutschen Alpenverein gehören, allein<br />
in der Gemeinde St. Leonhard, 6<br />
DAV-Hütten, die eine Gesamtschlafkapazität<br />
für ca. 580 Personen anbieten<br />
und somit im Sommer mit Abstand<br />
der größte Bettenanbieter in der<br />
wissentlich, dass die Nächtigungszahlen<br />
seit 20! Jahren stagnieren und<br />
die Wertschöpfung sogar signifikant<br />
zurückgegangen ist. Immer mit der<br />
Hoffnung, dass der Zusammenschluss<br />
Pitztal-Ötztal bald kommen wird und<br />
damit der entstehende Aufschwung.<br />
Aufgrund der momentanen Situation<br />
musste ich bereits die Mitarbeiterzahlen<br />
innerhalb der letzten zehn Jahren<br />
um 50 Prozent reduzieren. Das Pitztal<br />
lebt vom Tourismus, es gibt keine<br />
Industrie und auch keine eine große<br />
Landwirtschaft. Und wir Touristiker<br />
wissen sehr wohl, dass ein funktionierender<br />
Tourismus nur mit einer intakten<br />
Natur möglich ist. Dies steht allerdings<br />
nicht im Wiederspruch zu einer<br />
notwendigen Weiterentwicklung. Das<br />
Land Tirol hat nicht umsonst ein Regionalwirtschaftliches<br />
Programm für<br />
das Pitztal mit zehn Millionen Euro<br />
starten müssen, da der Investitionsstau<br />
sowie die fehlende Infrastruktur<br />
enorm ist. Der beste Impuls für ein<br />
wirtschaftliches Weiterkommen wäre<br />
allerdings, wenn dieser von der Wirtschaft<br />
selber kommen kann. Genau<br />
dieser Impuls wäre eben diese circa<br />
130 Millionen Euro Investition! Ich<br />
hoffe sehr, dass Vernunft in die Diskussion<br />
einkehrt und die Notwendigkeit<br />
dieser Weiterentwicklung für das Pitztal<br />
in den Vordergrund gerückt wird.<br />
<br />
Philipp Eiter<br />
Hexenkessl, Tieflehn 98<br />
<br />
6<strong>48</strong>1 St. Leonhard<br />
Gemeinde sind. Es ist schon sehr verwunderlich<br />
und unverständlich, dass<br />
vor allem der DAV gegen die einzig<br />
logische touristische Weiterentwicklung<br />
ist und dem ohnehin schwach<br />
ausgelasteten Pitztal zusätzlich Steine<br />
in den Weg legen und negative Stimmung<br />
verbreiten. Ich, als Bergbauer,<br />
brauche keine selbst ernannten Natur-<br />
und Alpenschützer. Ich denke,<br />
dass wir Pitztaler selbst wissen, wie wir<br />
unsere Landschaft pflegen und mit<br />
unserer Natur umgehen müssen. Ich<br />
kenne kaum eine Region, die so viel<br />
unberührte Natur bietet wie das Pitztal.<br />
Als Bergführer bin ich viel privat<br />
und mit meinen Gästen im Pitztal unterwegs,<br />
außerhalb der erschlossenen<br />
Gebiete treffe ich in dieser Abgeschiedenheit<br />
kaum andere Bergsteiger.<br />
In der Skischule werde ich oft von<br />
meinen Gästen gefragt, wann endlich<br />
der Zusammenschluss der beiden<br />
Skigebiete realisiert wird. Wir, meine<br />
Frau und ich, betreiben einen kleinen<br />
Betrieb mit 10 Gästebetten. Wir bekommen<br />
häufig von unseren Gästen<br />
zu hören, dass sie die schöne Natur<br />
im Sommer wie Winter im Pitztal<br />
genießen, aber auch die Annehmlichkeiten<br />
der Liftangebote gerne nutzen.<br />
Als Highlight vor allem im Sommer<br />
bezeichnen viele die Auffahrt mit der<br />
Wildspitzbahn zum Café 3.440m. Im<br />
Winter hören wir häufig von unseren<br />
Gästen, dass ein größeres Pistenangebot<br />
wünschenswert wäre, auch der<br />
in die Jahre gekommene Gletscherexpress<br />
(Stollenbahn), wird immer<br />
wieder negativ geäußert. Aus diesem<br />
Grund ist ein überirdischer Zubringer<br />
für das Pitztal immens wichtig. Meine<br />
Familie und ich leben zu 100%<br />
Ich bin 33 Jahre alt, geboren und aufgewachsen<br />
im Pitztal und vor 13 Jahren<br />
der Liebe wegen nach Sölden gezogen.<br />
Seitdem unterstütze ich meinen<br />
Mann und seinen Vater im familiengeführten<br />
Hotel. Eine Lebensaufgabe<br />
verbunden mit viel Arbeit, aber<br />
eben auch meine Berufung. Meine<br />
touristischen Anfänge liegen weit<br />
zurück im elterlichen Betrieb in Mandarfen.<br />
Dort, wo sich meine Familie<br />
mit Herzblut, finanziellem und zeitlichem<br />
Einsatz etwas aufbaute. Mittlerweile<br />
führen meine Mutter und<br />
mein Bruder den Betrieb. Am „touristischen“<br />
Leben im Pitztal hat sich bis<br />
dato kaum etwas bis gar nichts geändert.<br />
Von Fortschritt keine Spur, viel<br />
mehr ist ein schleichender Rückgang<br />
zu beklagen. Innovationen und die<br />
damit einhergehenden Investitionen<br />
sind schlicht weg zu riskant und so<br />
ist es nicht verwunderlich, dass Unternehmer<br />
nicht (mehr) in das Pitztal<br />
investieren. Die Zukunft ist ungewiss<br />
und das soziale Leben eine Herausforderung.<br />
Wenn man beispielsweise<br />
vom Tourismus, deshalb ist für uns<br />
und unser Tal, der Zusammenschluss<br />
Pitztal-Ötztal eine einmalige Chance<br />
und absolut notwendig. Ich finde es<br />
sehr ungerecht, dass wir Pitztaler für<br />
eine Weiterentwicklung „so betteln“<br />
müssen! Ich hoffe, dass die Interessen<br />
bzw. Stimmen der Pitztaler- und<br />
Ötztaler Bevölkerung mehr Gewicht<br />
haben, als die Zurufe von diversen<br />
NGOs. Ich vertraue auf unsere gewählten<br />
Politiker, dass uns diese nicht<br />
in den Rücken fallen und uns den so<br />
notwendigen Zusammenschluss Pitztal-Ötztal<br />
genehmigen und schnellstmöglich<br />
realisieren lassen.<br />
Michael Walser, Bergbauer,<br />
Bergführer, Skilehrer und Vermieter<br />
tanken will, eine Apotheke braucht<br />
oder Freitag nachmittags einen Arzt<br />
benötigt, muss man erstmal einige Kilometer<br />
fahren, um diese „normale”<br />
Dienstleistung in Anspruch zu nehmen.<br />
Die Gletscherehe ist eine enorme<br />
Chance und eine faire Möglichkeit<br />
der Weiterentwicklung. Es geht<br />
um eine sichere Zukunft und – entgegen<br />
aller Kommentare – nicht ums<br />
Geld zulasten der Natur. Außerdem<br />
sollte alleinig uns Betroffenen das<br />
Recht vorbehalten sein, über unsere<br />
Zukunft und die unserer Kinder zu<br />
entscheiden. All jene, die dennoch so<br />
vehement dagegen sind, sollten sich<br />
selbst ein Bild von der Lage machen,<br />
um nachzuempfinden wie das Leben<br />
weit abseits von Lebensmittelgeschäften,<br />
Tankstellen, Ärzten, Sportanlagen<br />
und Co ist. Deshalb von mir ein<br />
klares JA zum Zusammenschluss. PS:<br />
Und damit hoffe ich, zukünftig das<br />
Auto gegen die Skier zu tauschen, um<br />
„Heim“ ins Pitztal zu fahren – ganz<br />
ökologisch! Gstrein Natalie,<br />
Sölden-Mandarfen<br />
Als gebürtiger Pitztaler in Kärnten<br />
lebend, gehörte ein Sommerurlaub mit<br />
meiner F amilie in meiner wunderschönen<br />
Heimat bis dato immer zum absoluten<br />
Pflichtprogramm. Als Unterkunft<br />
wählten wir in den letzten Jahren ein<br />
Hotel im hinteren Pitztal. Da ich ein<br />
großer Naturliebhaber bin und die<br />
geplante Zusammenlegung der Skigebiete<br />
des Ötztals und Pitztals mit<br />
großer Skepsis verfolge und meine<br />
kritische Meinung diesbezüglich in<br />
Form eines Kommentars öffentlich<br />
artikulierte, bekamen meine Familie<br />
und ich vonseiten des Hotelbetreibers<br />
via Social Media die Rote Karte<br />
gezeigt. Wir sind de facto nicht mehr<br />
erwünscht, da wir das geplante Megaprojekt<br />
als einen massiven und zerstörerischen<br />
Eingriff in die Natur sehen.<br />
Wir haben schließlich auch eine Verantwortung,<br />
kommenden Generationen<br />
intakte Gebiete zu hinterlassen.<br />
Das Pitztal ist ein atemberaubendes<br />
Gebiet, aber für einen Hotelbetreiber,<br />
der offensichtlich keine anderen Meinungen<br />
akzeptiert und uns die Rote<br />
Karte zeigt, verzichten wir künftig gerne.<br />
<br />
Andreas Fischer<br />
Lavamünd 104, 9473 Lavamünd<br />
RUNDSCHAU Seite <strong>48</strong> 27./28. November 2019