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Zett Magazin Dezember 2019 / Januar 2020

Magazin für Stadtkultur // Schlachthof Bremen DISKUTIEREN STREITEN AUSGRENZEN Warum sollte man mit Rechten reden?

Magazin für Stadtkultur // Schlachthof Bremen
DISKUTIEREN STREITEN AUSGRENZEN
Warum sollte man mit Rechten reden?

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hiGhliGht

freizeit

Fil

the fil on the hill

05 DEZ Do // sChlaChthoF

Die Urszene, die am Anfang des Schaffens von Fil steht, einem der

bedeutendsten unbekannten Komiker dieses Landes – sie ist eine

sehr berührende: An seinem neunten Geburtstag soll die Mutter

Fils, der mit bürgerlichem Namen Philip Tägert heißt, ihn beiseite

genommen haben, um ihm Folgendes mit auf den Weg Richtung

Erwachsenenleben mitzugeben: ›Du bist besser als die anderen,

Junge. Hast einfach mal mehr drauf als deine Spielgefährten. Ich

meine, Gott schütze sie, aber sieh sie dir an: Es sind Kinder. Du

überragst sie.‹ Fil hatte schon damals so viel drauf, dass ihm

niemand mehr etwas Neues erzählen konnte. Auch die eigene

Mutter nicht. ›Ich weiß das längst‹, soll er geantwortet haben. ›Aber

ist doch egal.‹ Wieder Begeisterung bei der Mutter: ›Und der

bescheidenste Knabe des Universums – der bist du obendrein.

Achte darauf, dass das die Leute auch bemerken.‹

Dass er bemerkt wird, dafür hat Fil seitdem gesorgt. Sein erster

Comic-Strip erschien 1997 im Berliner Stadtmagazin Zitty und

von da ging es immer weiter, unaufhaltsam. Nirgendwo sonst in

der Kunst wurde der Hauptstadt-Asi-Adel so genau, liebevoll,

hochkomisch und niederschmetternd porträtiert. 2016 erschien

die Didi-und-Stulle-Gesamtausgabe, drei Bände, die allein schon

gereicht hätten für ein ganzes Lebenswerk.

Allerdings hat Fil in den Neunzigerjahren noch eine Bühnenshow

entwickelt, ein wüstes Sammelsurium aus improvisierten

Monologen und an der Gitarre geschraddelten Songs (unvergessen

seine zweiteilige Hetero-Trilogie), die in Hochgeschwindigkeit,

aber mit großer Gelassenheit über und durch alle erdenklichen

Meta-Ebenen surfen. ›Es ist immer eine Mischung harter, stupider,

quälender Arbeit und einer völligen Leichtigkeit‹, sagt Fil.

Und dann hat Fil noch, dritte und letzte Achse seines Werks,

einen autobiografischen Roman geschrieben, ›Pullern im Stehen‹,

der, bei aller Komik, überraschend traurig geraten ist, passagenweise.

›Damals als ich jung war, dachte ich immer, ich bin der

einzige total Verrückte‹, hat Fil dem Tagesspiegel erzählt. ›Ich

wollte immer so sein wie die anderen, aber war nicht so. Und so

eine Nerd-Kultur wie heute, zu der man sich dann trotzdem zugehörig

fühlen kann, gab’s damals noch nicht. Die Achtziger waren

einfach eine schwierige Zeit, vor allem wenn Du in der Pubertät

bist und keine Informationen hast über das, was da gerade mit Dir

los ist und dass dir dadurch dann irgendwann das ganze Leben

zuwider ist.‹

Die Mutter von Fil, sie lag nicht falsch, sondern sie lag richtig.

Wir haben es hier mit einem der größten, verkanntesten Wortkünstler

dieses an guter Komik ja nicht gerade überreichen Landes

zu tun.

➟ Kesselhalle, 20 Uhr // Tickets: VVK: € 18,90

hans ast

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