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KAV MAGAZIN, Ausgabe 4/2019

40 Jahre Strafrechtsausschuss im Kölner Anwaltverein, Seminare und Events 2020, JURTOUR: Florenz, Interview mit Herrn Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer, Universität zu Köln und Herrn Prof. Dr. Ulrich Luckhaus, Mitglied des KAV e.V. Vorstands, KAV trifft Gericht, Nachbarschaftsstreit 3.0, Hat der Anwalt in der digitalen Welt eine Zukunft?, KAV RefaRep

40 Jahre Strafrechtsausschuss im Kölner Anwaltverein, Seminare und Events 2020, JURTOUR: Florenz, Interview mit Herrn Prof. Dr. Karl-Nikolaus Peifer, Universität zu Köln und Herrn Prof. Dr. Ulrich Luckhaus, Mitglied des KAV e.V. Vorstands, KAV trifft Gericht, Nachbarschaftsstreit 3.0, Hat der Anwalt in der digitalen Welt eine Zukunft?, KAV RefaRep

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48 | Ausschüsse & Arbeitskreise<br />

Verletzungshandlungen“ und nicht als „zentrale Schadenverursachungen“<br />

zu verstehen sind.<br />

„Parfummarken“-Urteil des BGH<br />

Mit seiner Entscheidung stellt sich der EuGH gegen die<br />

„Parfummarken“-Entscheidung des BGH (Urteil vom 09.11.2017 –<br />

I ZR 164/17, GRUR 2018, 84). Der BGH hatte in seiner Entscheidung<br />

klargestellt, dass deutsche Gerichte für Klagen wegen unionsmarkenverletzenden<br />

Bewerbungen und Angeboten im Internet aus<br />

dem EU-Ausland, die sich an Abnehmer in Deutschland richten,<br />

nicht zuständig seien. Im Gegensatz zum EuGH ging der BGH noch<br />

davon aus, dass für die Zuständigkeit der Ort entscheidend sei, an<br />

dem der Prozess der Veröffentlichung des Angebots in Gang gesetzt<br />

werde und nicht der Ort, an dem die Internetseite abgerufen<br />

werden könne. Der BGH hatte durch seine Entscheidung die Zuständigkeit<br />

deutscher Unionsmarkengerichte erheblich eingeschränkt.<br />

Nach der Entscheidung des EuGH wird er seine Rechtsprechung<br />

nicht aufrechterhalten können.<br />

Anmerkung und Praxishinweis<br />

Aus Praxissicht ist die wichtige EuGH-Entscheidung sehr zu begrüßen.<br />

Sie ermöglicht es Unionsmarkeninhabern aus Deutschland,<br />

deren Unionsmarken aus dem Ausland heraus über Internetangebote<br />

auf dem deutschen Markt verletzt werden, die Verletzer vor<br />

den Unionsmarkengerichten im Inland zu verklagen. Nach dem<br />

Ort der Verletzungshandlung gemäß § 125 Abs. 5 UMV sind nach<br />

nunmehr durch den EuGH geklärter Auslegung die Unionsmarkengerichte<br />

in Deutschland international zuständig.<br />

Wegen der bisherigen anderslautenden BGH-Rechtsprechung zur<br />

internationalen Gerichtszuständigkeit bei Unionsmarken, war es<br />

sinnvoll, dass der Mandant zusätzlich zur Unionsmarke eine deutsche<br />

Marke anmeldet. Auch wenn durch die EuGH-Entscheidung die<br />

Benachteiligung von Unionsmarken gegenüber nationalen Marken<br />

weitestgehend aufgehoben wurde, bleibt es dennoch ratsam,<br />

neben Unionsmarkenanmeldungen auch die Anmeldung deutscher<br />

Marken vorzunehmen. Denn die parallele deutsche Marke hat nach<br />

wie vor die folgenden Vorteile gegenüber einer Unionsmarke:<br />

1. Stellt der Verletzer nach einer Abmahnung einen Nichtigkeitsantrag,<br />

muss das Unionsmarkengericht den Verletzungsprozess<br />

grundsätzlich aussetzen (Art. 132 UMV). Bei einer deutschen<br />

Marke geht das Verletzungsgericht zunächst von der Gültigkeit<br />

der Eintragung aus.<br />

2. Deutsche Marken sind nach § 50 Abs. 2 S. 3 MarkenG 10 Jahre<br />

nach Eintragung bestandskräftig und können nicht mehr wegen<br />

absoluter Schutzhindernisse gelöscht werden. Gegen Unionsmarken<br />

können immer Nichtigkeitsanträge wegen absoluter<br />

Schutzhindernisse gestellt werden.<br />

RA Dr. Marcel Leeser, Köln<br />

Mitglied des Ausschusses Gewerblicher Rechtsschutz<br />

AUSSCHUSS INSOLVENZRECHT<br />

Anmerkungen zum BGH Urteil vom 14.06.2018, IX ZR 22/15<br />

Der klagende Insolvenzverwalter ficht Zahlungen gegen das beklagte<br />

Finanzamt nach § 133 Abs. 1, 143 InsO an. Der dem Insolvenzverfahren<br />

zugrunde liegende Antrag ging am 21.03.2012 bei Gericht ein. Das<br />

Insolvenzverfahren wurde am 01.04.2012 eröffnet. Die Schuldnerin<br />

hatte dem Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 21.12.2010<br />

mitgeteilt, eine zuvor abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung<br />

wegen fehlender Zahlungsmittel nicht einhalten zu können. Aufgrund<br />

des Alters des Firmeninhabers solle die Schuldnerin abgewickelt<br />

und zu diesem Zweck mit den Gläubigern ein Sanierungsverzicht<br />

geschlossen werden, der u. a. Teilverzichte auf Forderungen<br />

vorsehe. Dieser Sanierungsvereinbarung stimmte die Beklagte zu,<br />

den damit verbundenen Teilerlass gewährte sie am 16.09.2011. Der<br />

Kläger fordert die Rückzahlung der an den Beklagten geflossenen<br />

Zahlungen zwischen Mai 2010 und Februar 2012.<br />

Das Landgericht hatte der Klage vollumfänglich stattgegeben, das<br />

Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben und die Klage zurückgewiesen.<br />

Bezüglich der Zahlungen nach dem 11.02.2011 habe die<br />

Schuldnerin aufgrund eines Sanierungskonzeptes ohne Benachteiligungsvorsatz<br />

gehandelt. Im Hinblick auf die Zahlungen vor dem<br />

11.02.2011 fehle es an der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung.<br />

Die bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Krise sei durch die Sanierungsbemühungen<br />

der Schuldnerin beendet gewesen.<br />

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Sache<br />

zurück. Den vom Senat mit Urteil vom 12.05.2016, IX ZR 65/14, zu<br />

Sanierungskonzepten aufgestellten Maßstäben genüge das Urteil<br />

nicht. Rechtshandlungen können zwar von einem anfechtungsrechtlich<br />

unbedenklichen Willen geleitet sein, wenn sie Bestandteil<br />

eines ernsthaften Sanierungsversuchs sind. Dann müsse aber zum<br />

Zeitpunkt der Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen<br />

Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das zumindest<br />

in den Anfängen in die Tat umgesetzt ist und begründete<br />

Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. Bei einem Sanierungsvergleich, wie<br />

er im vorliegenden Fall angestrebt war, müssen zumindest die Art<br />

und Höhe der Verbindlichkeiten, die Art und Zahl der Gläubiger und<br />

die zur Sanierung erforderliche Quote des Erlasses der Forderungen<br />

festgestellt werden. Da regelmäßig nicht alle Gläubiger verzichten,<br />

muss darüber hinaus eine Zustimmungsquote nach Schuldenstand<br />

festgelegt werden, gegebenenfalls differenziert nach Gläubigergruppen.<br />

Ein solches Sanierungskonzept konnte der BGH den<br />

Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen, insbesondere<br />

weil nicht erkennbar war, welche Verbindlichkeiten gegenüber<br />

dem nicht in den Plan einbezogenen gesicherten Großgläubiger<br />

bestanden und wie diese außerhalb der Insolvenz hätten befriedigt<br />

werden sollen. Es sei auch nicht erkennbar, wann der Beklagte<br />

von einem möglichen Sanierungskonzept Kenntnis erhalten habe.<br />

Daher könne nicht sicher beurteilt werden, ob die angefochtenen<br />

Rechtshandlungen auf der Grundlage eines schlüssigen Sanierungskonzeptes<br />

erfolgten, von dem der Beklagte wusste.<br />

Hinsichtlich der Zahlungen vor dem 11.02.2011 könne eine Gläubi-<br />

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