Stahlmarkt 12/2019
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Maenken Kommunikation GmbH<br />
Von-der-Wettern-Straße 25, 51149 Köln<br />
PVSt, Deutsche Post AG<br />
Entgelt bezahlt, 3018 , ISSN 0178-6571<br />
Informationen aus Stahlindustrie,<br />
Stahlhandel und Stahlverarbeitung<br />
<strong>12</strong><br />
Dezember <strong>2019</strong><br />
H2FUTURE: Weltweit größte »grüne« Wasserstoffpilotanlage in Betrieb (Seite 22)<br />
Edelstahl in der Hightech-Medizin (Seite 46)<br />
Deutsche Baumaschinenindustrie zeigt sich besorgt (Seite 18)<br />
pauly STAHLHANDEL Ralph Pauly e. K.<br />
Krablerstraße <strong>12</strong>7 . D - 45326 Essen<br />
Tel. +49 201 28 95 05-0 . Fax +49 201 28 95 05-44 . info@pauly-stahlhandel.de<br />
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20.10.2011 <strong>12</strong>:42:02 Uhr<br />
pauly STAHLHANDEL Ralph Pauly e. K.<br />
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20.10.2011 <strong>12</strong>:42:02 Uhr<br />
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Editorial 3<br />
pünktlich zum Redaktionsschluss überschlagen sich die Ereignisse:<br />
Nach jüngst veröffentlichten Zahlen der Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahl ist die Stahlproduktion in Deutschland im<br />
Oktober <strong>2019</strong> gegenüber einem bereits schwachen Vorjahresmonat<br />
um 6,8 Prozent gesunken. Zum Vergleich: Die<br />
Weltrohstahlerzeugung ist im Oktober <strong>2019</strong> »nur« um 2,8<br />
Prozent zurückgegangen, wie worldsteel bekanntgab.<br />
Damit ist der Wirtschaftsstandort Deutschland besonders hart<br />
getroffen. Hinzu kommt, dass sich auch im kommenden Jahr<br />
die Konjunktur nicht erholen wird, wie die Organisation für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)<br />
prognostiziert.<br />
Chefredakteur Philipp Isenbart:<br />
»Die wirtschaftliche Lage der Stahlbranche<br />
Die Einschaltung der Welthandelsorganisation WTO durch die bleibt ernst. Umso wichtiger ist es, dass die<br />
EU wegen Indonesiens Exportbeschränkung von Rohstoffen<br />
für die Edelstahlproduktion gibt ebenfalls Anlass zur energieintensiven Industrien keine weiteren<br />
EU mit ihren ehrgeizigen Klimazielen den<br />
Sorge. Ebenso die Berichte über die Prüfung neuer Möglichkeiten<br />
für Zölle auf EU-Importe seitens der US-Regierung<br />
Steine in den Weg legt.«<br />
und die ausbleibenden Fortschritte in Handelsgesprächen zwischen der EU und China. Die Weltwirtschaftslage<br />
ist nach wie vor unberechenbar und angespannt.<br />
All das verdeutlicht: Die wirtschaftliche Situation der Stahlbranche bleibt ernst. Umso wichtiger ist es, dass die<br />
EU mit ihren – gelinde gesagt – ehrgeizigen Klimazielen den sogenannten energieintensiven Industrien keine<br />
weiteren Steine in den Weg legt. Nicht umsonst warnt die Industrie vor immer rigideren Klimavorgaben (S. 8).<br />
Dabei arbeiten die Stahlunternehmen bereits seit Längerem mit Hochdruck an neuen Lösungen der Energieversorgung.<br />
Das zeigt auch die weltweit größte Pilotanlage zur Produktion von grünem Wasserstoff<br />
– ein Projekt, an dem der stahlbasierte Technologie- und Industriegüterkonzern voestalpine<br />
maßgeblich beteiligt ist (S. 22).<br />
Weitere Themen dieser Ausgabe: Viel Wissenswertes über die Beschriftung von Stahl (S. 26) und Edelstahl<br />
(S. 28) erfahren Sie in unserem Schwerpunktthema »Markieren und Kennzeichnen«. In unserem Special<br />
»Steel art« präsentieren wir Ihnen unter anderem den ehemaligen Agentenaustauschplatz Glienicker<br />
Brücke (S. 32) als Beispiel stählerner Baukultur – zu der natürlich auch die Wuppertaler Edelstahlplastik »I’m<br />
alive« gehört (S. 44). Interessante Einblicke in ihre Unternehmensgeschichte gewähren die Familienunternehmen<br />
Dirostahl (S. 16) und die Carl Leipold GmbH (S. 42).<br />
Auch wenn manch einer die Stimmung in der Branche gerade als bierernst bezeichnen dürfte, hoffe ich dennoch,<br />
dass bei Ihnen die Sektlaune zum Jahreswechsel nicht ausbleibt. Wir sehen uns in der Februarausgabe wieder.<br />
Ich wünsche Ihnen erholsame Feiertage, kommen Sie gut ins neue Jahr!<br />
Philipp Isenbart, Chefredakteur<br />
+49 2203 3584 <strong>12</strong>1, stahlmarkt@maenken.com<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
16<br />
18<br />
Foto: Dirostahl<br />
Foto: Shutterstock<br />
STAHLSTANDORT DEUTSCHLAND<br />
BRANCHENBERICHT<br />
Unter dem Markennamen Dirostahl verfügt das Unternehmen<br />
Karl Diederichs GmbH & Co. KG über eine jahrhundertelange<br />
Schmiedetradition. Heute gilt es in der Industrie als Allrounder<br />
im Bereich Freiformschmieden und Ringwalzen.<br />
Die Hersteller von Baumaschinen sorgen sich um geopolitische<br />
Unsicherheiten wie die Folgen des Brexits. Die weltweiten<br />
wirtschaftlichen Herausforderungen lassen sich nach<br />
Branchensicht nur mit einem starken, solidarischen Europa<br />
meistern.<br />
INHALT <strong>12</strong>.<strong>2019</strong><br />
KURZ & KNAPP<br />
8 Eurofer: Stahl und Arbeitsplätze in der EU fördern,<br />
Schutzmaßnahmen verstärken<br />
8 Industrie warnt vor immer ambitionierteren<br />
Klimazielen<br />
RÜCKBLICK BLECHEXPO<br />
10 Blechexpo/Schweisstec <strong>2019</strong> mit<br />
Rekord-Dimensionen<br />
STAHLSTANDORT DEUTSCHLAND<br />
<strong>12</strong> Herausfordernde Größe:<br />
Feinstebene Seitenholme für XXL-Filterpresse<br />
16 Dirostahl aus Remscheid:<br />
Traditionshandwerk in 14. Generation<br />
BRANCHENBERICHT<br />
18 Deutsche Baumaschinenindustrie<br />
zeigt sich besorgt<br />
STEEL INTERNATIONAL<br />
20 Trumps Zollregime belebt den Rostgürtel nicht<br />
22 H2FUTURE: Weltweit größte »grüne«<br />
Wasserstoffpilotanlage in Betrieb<br />
GUT ZU WISSEN<br />
24 New Work Form und Gestalt geben<br />
AUS DEN UNTERNEHMEN<br />
40 GKD: Feinere Gewebe, höhere Porosität<br />
42 Carl Leipold GmbH feiert 100-jähriges Bestehen<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
22<br />
46<br />
Foto: voestalpine<br />
Foto: B. Braun Melsungen AG<br />
STEEL INTERNATIONAL<br />
AUS DER PRODUKTWELT<br />
Die derzeit weltgrößte Pilotanlage zur CO 2<br />
-freien Herstellung von<br />
Wasserstoff am voestalpine-Standort in Linz hat ihren Betrieb<br />
aufgenommen und damit einen Meilenstein in der Entwicklung<br />
neuer Optionen für die Energieversorgung gesetzt.<br />
Herzschwäche zählt zu den drei häufigsten Todesursachen in<br />
Deutschland. Ärzte und Ingenieure arbeiten mit immer<br />
ausgereifteren Technologien an herzerfrischenden Maßnahmen.<br />
Einen wichtigen Beitrag dazu liefert der Werkstoff Edelstahl.<br />
43 thyssenkrupp lässt Roboter mit<br />
Aufzügen kommunizieren<br />
STAHLKULTUR<br />
44 I’m Alive in Wuppertal<br />
AUS DER PRODUKTWELT<br />
46 Herzenssache: Edelstahl in der Hightech-Medizin<br />
RUBRIKEN<br />
6 Weltrohstahlproduktion<br />
50 StahlTermine <br />
51 Veranstaltungen/Inserentenverzeichnis <br />
52 Personalien <br />
54 Vorschau/Impressum <br />
SPECIAL<br />
MARKIEREN & KENNZEICHNEN<br />
26 Metall und Blech unverlierbar<br />
und sicher beschriften<br />
28 Warum Laserbeschriften?<br />
STEEL ART<br />
32 Zeitzeugen aus Eisen und Stahl<br />
36 Die rustikale Treppen(r)evolution<br />
38 Interview: »Wer mit Feuer arbeitet,<br />
kommt an Stahl nicht vorbei«<br />
39 BFS sucht die besten Bauwerke<br />
und Studienarbeiten<br />
<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
6 Weltrohstahlproduktion<br />
Weltrohstahlproduktion 1) im Oktober <strong>2019</strong><br />
Belgien 620 e 738 -16,0 6 542 6 788 -3,6<br />
Bulgarien 45 e 54 -17,1 482 557 -13,5<br />
Deutschland 3 323 3 565 -6,8 33 875 35 519 -4,6<br />
Finnland 316 352 -10,3 3 030 3 492 -13,2<br />
Frankreich 1 170 1 309 -10,6 <strong>12</strong> 413 <strong>12</strong> 910 -3,9<br />
Griechenland 135 e 137 -1,5 1 154 1 250 7,7<br />
Großbritannien 621 470 32,2 6 137 6 250 -1,8<br />
Italien 2 225 2 310 -3,7 19 845 20 638 -3,8<br />
Kroatien 5 e 19 -73,9 64 103 -37,3<br />
Luxemburg 178 195 -8,7 1 844 1 897 -2,8<br />
Niederlande 574 585 -1,9 5 591 5 668 -1,4<br />
Österreich 610 e 735 -17,0 6 342 5 579 13,7<br />
Polen 690 e 830 -16,9 7 657 8 439 -9,3<br />
Schweden 330 394 -16,2 4 036 3 918 3,0<br />
Slowenien 53 52 2,3 538 562 -4,2<br />
Spanien 1 225 1 326 -7,6 11 751 <strong>12</strong> 071 -2,6<br />
Tschechien 271 375 -28,0 3 852 4 143 -7,0<br />
Ungarn 141 178 -20,7 1 443 1 663 -13,3<br />
Weitere EU-Länder (28) (e) 805 e 977 -17,6 8 867 9 131 -2,9<br />
Europäische Union (28) 13 336 14 602 -8,7 135 460 140 579 -3,6<br />
Bosnien-Herzegowina 55 83 -33,6 662 538 23,1<br />
Mazedonien 25 19 29,6 199 218 -8,9<br />
Norwegen 63 57 10,3 528 475 11,2<br />
Serbien 160 189 -15,5 1 618 1 646 -1,7<br />
Türkei 2 687 3 162 -15,0 27 973 31 287 -10,6<br />
Europa außer EU 2 989 3 510 -14,8 30 980 34 164 -9,3<br />
Kasachstan 325 e 389 -16,5 3 370 3 766 -10,5<br />
Moldawien 40 e 35 14,3 331 437 -24,3<br />
Russland 5 950 e 5 810 2,4 59 341 59 390 -0,1<br />
Ukraine 1 561 1 788 -<strong>12</strong>,7 17 963 17 567 2,3<br />
Usbekistan 60 e 49 22,4 543 546 -0,5<br />
Weißrussland 240 e 223 7,6 2 230 2 021 10,3<br />
C.I.S. (6) 8 176 8 294 -1,4 83 778 83 727 0,1<br />
El Salvador 10 e 8 21,4 88 82 7,3<br />
Guatemala 25 e 26 -2,0 249 248 0,4<br />
Kanada 1 115 1 138 -2,0 10 936 11 404 -4,1<br />
Kuba 20 e 19 3,2 184 182 1,2<br />
Mexiko 1 515 e 1 572 -3,6 15 727 17 054 -7,8<br />
USA 7 407 7 557 -2,0 73 539 71 731 2,5<br />
Nordamerika 10 092 10 320 -2,2 100 722 100 700 0,0<br />
Argentinen 382 446 -14,4 3 961 4 350 -8,9<br />
Brasilien 2 597 3 224 -19,4 27 216 29 787 -8,6<br />
Chile 95 e 109 -13,0 826 945 -<strong>12</strong>,6<br />
Ecuador 55 e 45 23,0 520 487 6,8<br />
Kolombien 115 e 108 6,9 974 1 010 -3,6<br />
Paraguay 2 e 3 -35,9 16 19 -13,5<br />
Peru 105 e 104 1,0 1 026 1 014 1,2<br />
Uruguay 5 e 5 -3,7 49 48 1,4<br />
Venezuela 10 e 5 100,0 74 <strong>12</strong>1 -38,7<br />
Südamerika 3 366 4 049 -16,9 34 661 37 780 -8,3<br />
Ägypten 515 e 729 -29,4 6 045 6 462 -6,5<br />
Libyen 68 28 143,2 478 294 62,5<br />
Südafrika 502 e 543 -7,6 5 015 5 376 -6,7<br />
Afrika 1 085 1 301 -16,6 11 537 <strong>12</strong> 133 -4,9<br />
Iran 2 200 e 2 047 7,5 21 518 20 265 6,2<br />
Katar 228 205 11,3 2 198 2 197 0,0<br />
Saudi Arabien 1 331 407 -18,6 4 284 4 337 -1,2<br />
Vereinigte Arabische Emirate 285 299 -4,8 2 741 2 657 3,2<br />
Mittlerer Osten 3 044 2 958 2,9 30 741 29 456 4,4<br />
China 81 521 82 014 -0,6 829 215 771 781 7,4<br />
Indien 9 089 9 408 -3,4 93 306 90 724 2,8<br />
Japan 8 157 8 578 -4,9 83 791 87 197 -3,9<br />
Pakistan 275 e 320 -14,1 2 793 4 115 -32,1<br />
Südkorea 5 983 6 198 -3,5 60 <strong>12</strong>1 60 378 -0,4<br />
Taiwan, China 1 825 e 2 023 -9,8 18 763 19 241 -2,5<br />
Thailand 335 e 426 -21,4 3 547 5 480 -35,3<br />
Vietnam 1 680 1 342 25,1 17 084 11 421 49,6<br />
Asien 108 864 110 309 -1,3 1 108 619 1 050 338 5,5<br />
Australien 488 441 10,8 4 596 4 819 -4,6<br />
Neuseeland 51 50 2,7 551 540 2,0<br />
Ozeanien 540 491 10,0 5 146 5 359 -4,0<br />
Gesamt 64 Länder 2 151 494 155 833 -2,8 1 541 644 1 494 234 3,2<br />
1)<br />
nur HADEED<br />
2)<br />
Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltrohstahlproduktion 2018 in 1.000 t.<br />
e – geschätzt<br />
Oktober Oktober % Veränd. 6 Monate Veränderung<br />
<strong>2019</strong> 2018 Oktober 19/18 <strong>2019</strong> 2018 in %<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Sie konstruieren,<br />
wir schmieden,<br />
von 10 bis 35.000 kg.<br />
nahtlos gewalzte Ringe<br />
Lochscheiben<br />
Scheiben<br />
Nabenscheiben<br />
geschmiedete Ringe<br />
Wellen<br />
geschmiedete Rohre<br />
Blöcke und Platten<br />
geschmiedete Stäbe<br />
Dirostahl<br />
Karl Diederichs GmbH & Co. KG<br />
Stahl-, Walz- und Hammerwerk<br />
Luckhauser Straße 1-5<br />
42899 Remscheid<br />
T +49 2191 593-0<br />
F +49 2191 593-165<br />
info@dirostahl.de<br />
www.dirostahl.de
8 Kurz & knapp<br />
Foto: Shutterstock<br />
Axel Eggert, Eurofer: »Europa wird immer noch von Stahlimporten überschwemmt.« Stahl bei der Entladung mit einem Schiffskran im Hafenterminal.<br />
EUROFER: STAHL UND ARBEITSPLÄTZE IN DER EU FÖRDERN, SCHUTZMASSNAHMEN VERSTÄRKEN<br />
Brüssel. Vor einem Treffen der Handelsminister<br />
hat die Europäische Stahlvereinigung Eurofer die<br />
EU-Kommission jüngst aufgefordert, die<br />
EU-Schutzklausel auf die Notwendigkeit einer<br />
Neuausrichtung zu überprüfen. Diese müsse die<br />
Stahlbranche vor umgelenktem Stahl schützen,<br />
der angesichts der Zölle auf Grundlage der<br />
US-Section 232 und der anhaltenden globalen<br />
Produktionsüberkapazität nach Europa geschickt<br />
werde, teilte Eurofer mit. »Europa wird immer<br />
noch von Stahlimporten überschwemmt, auch<br />
wenn die Binnennachfrage stockt. Wir haben in<br />
diesem Jahr einen Rückgang von mindestens drei<br />
Prozent verzeichnet, obwohl die Rohstoffpreise<br />
und die CO 2<br />
-Kosten stark gestiegen sind. Insbesondere<br />
diese CO 2<br />
-Kosten werden von keinem<br />
anderen Hersteller auf der ganzen Welt getragen«,<br />
sagte Axel Eggert, Generaldirektor von<br />
Eurofer. »In diesem Jahr mussten europäische<br />
Stahlunternehmen Produktionskürzungen von<br />
mindestens 15 Millionen Tonnen bekannt geben.<br />
15 000 Arbeitsplätze sind verloren gegangen<br />
oder gefährdet. Dies kommt zu dem 20-prozentigen<br />
Rückgang der Stahlbelegschaft seit 2008<br />
hinzu«, betonte Eggert. »Sowohl die EU als<br />
auch die internationalen Marktbedingungen<br />
haben sich seit der ersten Überprüfung verschlechtert«,<br />
warnte Eggert. »Die Verzerrungen<br />
der Handelsströme nehmen zu, und die Situation<br />
auf dem EU-<strong>Stahlmarkt</strong> hat sich als negativer<br />
erwiesen als die zuvor vorgeschlagenen Aussichten.<br />
Die weltweite Stahlnachfrage schwächt<br />
sich ebenfalls ab, was zu einem Druck auf die<br />
internationalen Preise und einem Ansturm der<br />
Exporteure führt, andere offene Volkswirtschaften<br />
zu beliefern«, so Eggert. Die weltweite<br />
Überkapazität betrage immer noch 450 Millionen<br />
Tonnen oder mehr – und zwei Drittel davon<br />
befänden sich in China.<br />
NEUE INSPIRATION FÜR ALTE TRADITION: FÜHRUNGSWECHSEL BEI DIROSTAHL<br />
Remscheid. Bei Dirostahl Karl Diederichs<br />
in Remscheid wird der persönlich haftende<br />
Gesellschafter, Dr. Manfred Diederichs, von<br />
dieser Position wechseln und zukünftig den<br />
Posten des Vorsitzenden des neuen Beirats<br />
bekleiden. Die Firmierung ändert sich damit<br />
in Karl Diederichs GmbH & Co. KG. Die Leitung<br />
geht auf die nächste Generation über<br />
mit Dr. Roman Diederichs, der schon seit<br />
2008 in der Geschäftsleitung Verantwortung<br />
trägt. Das Unternehmen widmet sich<br />
der Herstellung und dem Vertrieb von Freiformschmiedestücken<br />
und Wellen von 20<br />
bis 35 000 Kilogramm. Zudem umfasst das<br />
Produktportfolio gewalzte Ringe bis zu 3,5<br />
Metern Durchmesser sowie geschmiedeten<br />
Stabstahl bis zu 15 Metern Länge in diversen<br />
Güten. Erworben werden können diese<br />
darüber hinaus in rostfreien und Werkzeugstahl-Qualitäten,<br />
einschließlich mechanischer<br />
Bearbeitung, Wärmebehandlung und<br />
Abnahme. Hauptabnehmer finden sich im<br />
Maschinen-, Getriebe-, Schiffs- und Apparatebau<br />
(siehe auch S. 16).<br />
INDUSTRIE WARNT VOR IMMER AMBITIONIERTEREN KLIMAZIELEN<br />
Düsseldorf. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag<br />
(DIHK) und die Wirtschaftskammer »stahl-online.de« unter Bezugnahme auf die Tages-<br />
Europa kosten. Das meldete das Internetportal<br />
Österreich (WKÖ) fordern in einem unveröffentlichten<br />
Positionspapier wirtschaftlich effizientere Kli-<br />
immer anspruchsvollere klimapolitische Vorgaben<br />
zeitung »Die Welt«. Die EU dürfe demnach nicht<br />
mastrategien, die nicht Wachstum und Wohlstand in machen und solle ihre allein auf Europa bezogenen<br />
Reduktionsziele aufgeben. Ein auf Europa beschränkter<br />
Klimaschutz helfe nicht dabei, die Erderwärmung<br />
zu bekämpfen. Es gebe eine Reihe von Maßnahmen,<br />
mit denen die EU den Klimaschutz fördern könne,<br />
ohne der europäischen Wirtschaft zu schaden.<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Testen Sie die Fakten und<br />
über zeugen Sie sich!<br />
3<br />
Ausgaben<br />
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* Gilt nur innerhalb Deutschland<br />
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konzentriert<br />
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informativ<br />
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www.stahleisen.de/stahlmarkt<br />
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Für alle die Stahl bewegt.<br />
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ie Stahlbranche<br />
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Das Fachmagazin für die Entscheider aus der Stahldistribution<br />
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»stahlmarkt«<br />
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Informationen aus Stahlindustrie,<br />
Stahlhandel und Stahlverarbeitung<br />
S p e c i a l S i e g e r l a n d & s ü d l i c h e s We s t f a l e n (Seite 16)<br />
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5<br />
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Mai <strong>2019</strong><br />
Oberflächen: Beschichtung mit viel Fingerspitzengefühl (Seite 32)<br />
SD pi eg ci it a l liS si e gr ue nr lg anm d it & zs wü ed i liG che es cs hWe wins td fi ag lk een (Seite 16) iten (Seite 10)<br />
Oberflächen: Beschichtung mit viel Fingerspitzengefühl (Seite 32)<br />
Digitalisierung mit zwei Geschwindigkeiten (Seite 10)<br />
UNSER STAHL ERWECKT IHRE<br />
WELT ZUM LEBEN<br />
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Fertigungsnormen breite Präsenz des für Konzerns Kohlenstoff- in zahlreichen und Edelstähle Marktsegmenten: und 136 internen, Handel,<br />
ebenfalls mechanische maßgeschneiderten Industrie, Maschinenbau, Spezifikationen Bauwesen ausdrückt. und Konstruktion,<br />
Automobilindustrie, Geräte, Lebensmittelindustrie und viele andere.<br />
Mehr als 15.000 Kunden in Europa und weltweit bezeugen die<br />
breite Präsenz des Konzerns in zahlreichen Marktsegmenten: Handel,<br />
mechanische Industrie, Maschinenbau, Bauwesen und Konstruktion,<br />
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10 Rückblick Blechexpo<br />
Blechexpo/Schweisstec <strong>2019</strong><br />
mit Rekord-Dimensionen<br />
Stuttgart. Die 14. Blechexpo war zusammen mit der 7. Schweisstec laut Veranstalter »ein Branchenhighlight« und<br />
ist demnach mit 1 498 Ausstellern aus 36 Ländern erfolgreich zu Ende gegangen. »Vom 5. bis 7. November <strong>2019</strong><br />
nutzten 41 152 Besucher aus 113 Ländern das auf 108 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche gewachsene<br />
Messeduo, um sich rund um die Bearbeitung von Blechen, Rohren und Profilen, Trenn- und Fügetechnologien,<br />
Umformtechnik sowie Schweißtechnik auf den aktuellen Stand zu bringen«, teilte das Messeunternehmen P. E.<br />
Schall GmbH & Co. KG mit.<br />
Das Messedoppel Blechexpo/<br />
Schweisstec hat nach Angaben des Veranstalters<br />
in diesem Jahr einige Rekorde gebrochen:<br />
1 498 Aussteller (2017: 1 339 Aussteller)<br />
aus 36 Ländern seien in Stuttgart präsent<br />
gewesen. »Ein Auslandsanteil von 45 Prozent«,<br />
resümiert Projektleiter Georg Knauer.<br />
»Die Blechexpo/Schweisstec war in diesem<br />
Jahr so international wie noch nie.« Und<br />
dem Veranstalter zufolge auch so groß wie<br />
noch nie: Die verkaufte Standfläche sei mit<br />
108 000 Quadratmetern rund 15 Prozent<br />
größer als 2017 gewesen. Zudem habe die<br />
Blechexpo/Schweisstec erstmals die neue<br />
Messehalle 10 belegt.<br />
Rekorde in allen Bereichen<br />
41 152 Besucher kamen in diesem Jahr zum Messeduo Blechexpo/Schweisstec.<br />
»Für uns ist diese Fachveranstaltung eine<br />
Leitmesse mit sehr hoher Bedeutung«, stellte<br />
Wolfgang Wiedenmann fest, stellvertretender<br />
Vertriebsleiter beim Pressenhersteller<br />
Andritz Kaiser. »Auch wenn die Branche<br />
aktuell aus diversen Gründen mit einem<br />
spürbaren Rückgang des Auftragsvolumens<br />
umgehen muss, war die Blechexpo/<br />
Schweisstec willkommene und wichtige<br />
Technologie- und Wissensplattform: In<br />
Sachen Bearbeitung von Blechen, Rohren<br />
und Profilen, deren thermische und mechanische<br />
Be- und Verarbeitung, Bearbeitungsmaschinen,<br />
Anlagen zum Stanzen, Biegen,<br />
Abkanten und Umformen bis hin zur Peripherie<br />
mit Steuerungen, Software sowie<br />
Lösungen für Handling und Qualitätssicherung<br />
ist diese Fachmesse ein einzigartiger<br />
Marktplatz für die aktuellen Herausforderungen<br />
sowie die Zukunftsthemen der Branche.<br />
Dementsprechend dominierte auch hier der<br />
Themenkomplex Digitalisierung und Automatisierung«,<br />
so die P. E. Schall GmbH & Co.<br />
KG. Ein Augenmerk gilt zunehmend auch<br />
modernen Trenntechnologien: Allein 56<br />
Aussteller traten laut Veranstalter mit dem<br />
Thema Laserschneiden auf und weitere 25<br />
Firmen präsentierten Technologien rund um<br />
das Hochdruck-Wasserstrahlschneiden.<br />
Fotos (6): P. E. Schall GmbH & Co. KG<br />
International wie noch nie<br />
Das Interesse der Besucher war sichtlich ausgeprägt.<br />
»Das Messeduo Blechexpo/Schweisstec, das<br />
im Zweijahresturnus stattfindet, konnte<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Rückblick Blechexpo 11<br />
Geboten wurden viele Neuigkeiten rund<br />
um die Bearbeitung von Blechen, Rohren und<br />
Profilen, Trenn- und Fügetechnologien,<br />
Umformtechnik sowie Schweißtechnik.<br />
1 498 Aussteller aus 36 Ländern zeigten in Stuttgart Präsenz.<br />
auch in diesem Jahr durch sein strikt praxisorientiertes<br />
Konzept überzeugen und alle<br />
Aspekte abdecken, die eine mehr denn je<br />
digitalisierte und durchgehend automatisierte<br />
Welt der Blech- und Metallverarbeitung<br />
betreffen«, betonte die P. E. Schall GmbH &<br />
Co. KG. Der Industrieverband Blechumformung<br />
(IBU) hatte einen Gemeinschaftsstand<br />
organisiert. 16 Unternehmen seien dabei<br />
gewesen. Diese gemeinschaftliche Präsenz<br />
habe Aufmerksamkeit und eine adäquate<br />
Plattform zum businessnahen Networking<br />
geschaffen.<br />
»Die Konjunktur kühlt sich ab«, gab<br />
Cornelius Eich, Geschäftsführer ZVEI (Zentralverband<br />
Elektrotechnik- und Elektronikindustrie<br />
e.V.) zu bedenken. »Handelskriege<br />
machen auch vor unserer Branche<br />
nicht Halt.« Dennoch – oder gerade deshalb<br />
– seien die Lebhaftigkeit der Fachgespräche<br />
und die Intensität des Interesses<br />
ausgeprägt gewesen, betont der Messeveranstalter.<br />
»Denn vielerorts dominierende<br />
Themen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit<br />
und Prozesseffizienz treiben die Entwicklung<br />
der blechbearbeitenden Branchen. So<br />
rankten sich die Messethemen um Trends,<br />
Neuheiten und zukunftsfähige Lösungen<br />
im Zuge einer sich rasch verändernden Produktionswelt.<br />
Beispielsweise gewinnt die<br />
moderne Füge- und Verbindungstechnik<br />
einen wachsenden Stellenwert, weil sich<br />
viele neue Werkstoffe und Hybridmaterialien<br />
thermisch nicht fügen oder trennen<br />
lassen – hier rückt der Fokus zum Beispiel<br />
in Richtung mechanische Fügetechnik im<br />
Bereich Leichtbau«, so die P. E. Schall<br />
GmbH & Co. KG.<br />
Ausstellerforum weckte<br />
großes Interesse<br />
Einmal mehr sei auch das Ausstellerforum in<br />
Halle 9 auf großes Interesse der Fachbesucher<br />
gestoßen. Über drei Tage lang sei das<br />
Vortragsprogramm prall gefüllt gewesen, vor<br />
allem mit Themen rund um die Digitalisierung.<br />
Das nächste Messedoppel Blechexpo/<br />
Schweisstec findet vom 2. bis 5. November<br />
2021 in Stuttgart statt.<br />
www.blechexpo-messe.de<br />
Auch jenseits von Digitalisierung,<br />
Automatisierung und modernen<br />
Trenntechnologien gab es viel zu sehen.<br />
Ein weiterer Blickfang der Blechexpo/<br />
Schweisstec <strong>2019</strong><br />
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stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
<strong>12</strong> Stahlstandort Deutschland<br />
Herausfordernde Größe<br />
Feinstebene Seitenholme für XXL-Filterpresse<br />
Blasweiler. Kaum ein Industriezweig kann auf die Filtration von Prozess- und Abwässern oder anderen<br />
Suspensionen verzichten. Die Filox Filtertechnik GmbH mit Sitz im rheinland-pfälzischen Blasweiler ist seit über 40<br />
Jahren auf Entwicklung und Bau von Filterpressen für alle Anwendungen der Fest-/Flüssigtrennung spezialisiert.<br />
Bei herausfordernden Brennteilen für den Stützapparat setzt das Unternehmen auf die Jebens GmbH, einen<br />
Experten für Maßarbeit in Stahl bei großen, schweren Brennteilen. So auch bei einem Projekt von Filox, einer<br />
Seitenholmpresse mit 178 Filterplatten und einer Presskraft von 800 Tonnen: Die Fertigung der riesigen,<br />
feinstebenen Seitenholme übernahm Jebens.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
1977 gründete Johann Erich Wilms die<br />
Filox Filtertechnik, die bis heute Teil seiner<br />
Wilms-Gruppe mit Sitz in Menden ist. Neben<br />
dem Hauptsitz in Blasweiler verfügt Filox<br />
über ein Zweitwerk in Pfalzfeld, das als<br />
Bypass bei Kapazitätsengpässen dient. Rund<br />
30 Mitarbeiter – Schweißer, Industriemechaniker<br />
sowie Ingenieure – entwickeln und<br />
bauen Kammer-, Rahmen- und Membranfilterpressen<br />
in allen gängigen Größen. Mit<br />
Plattengrößen von 250 x 250 bis 2 000 x<br />
2 000 Millimetern entstehen von der Idee bis<br />
zur Auslieferung maßgeschneiderte Filterpressen<br />
in Losgröße eins. Ihre dennoch effiziente<br />
Fertigung gewährleisten die Konstruktion<br />
im Baukastenprinzip mit den Modulen<br />
Ständer, Hydraulikeinheit, Holme und<br />
Filterplatten sowie die strikte Konzentration<br />
auf Kernkompetenzen in der Fertigung. Große<br />
Drehteile, die spanabhebend bearbeitet<br />
werden müssen, werden ebenso zugekauft<br />
wie Hydraulikaggregate und -zylinder, Filterplatten,<br />
Brennteile oder speziell gekantete<br />
Edelstahlteile. So kann Filox bis zu drei große<br />
oder sechs kleine Pressen parallel bauen und<br />
damit die große Nachfrage bedienen. Wahlweise<br />
als diskontinuierlich oder – bei automatisierter<br />
Kuchenabreinigung – kontinuierlich<br />
arbeitende Druckfilter ausgelegt, kommen<br />
Filox-Filterpressen in der allgemeinen<br />
industriellen Abwassertechnik, in der Mineralaufbereitung,<br />
bei der Kieswäsche, zur<br />
Aufbereitung von Waschwasser aus Bodenaufbereitungsanlagen<br />
und Betonmischern<br />
oder zur Palmölfraktionierung zum Einsatz.<br />
Auch für die Filtration von Butterfett, bei der<br />
Herstellung von Lebensmittelzusatzstoffen<br />
oder Farbpigmenten gelten sie als etablierte<br />
Adolf Neupert, Betriebsleiter bei der Filox<br />
Filtertechnik GmbH<br />
Anlagen. Abgerundet wird das Leistungsspektrum<br />
mit der eigenen Konfektionierung<br />
von Filtertüchern, Retrofitting, Handel mit<br />
Gebrauchtmaschinen und umfassendem<br />
Service.<br />
Bis zu 30 bar Pressdruck<br />
Rund 2 500 Filox-Filterpressen sind weltweit<br />
im Einsatz – bis auf wenige Ausnahmen<br />
durchweg Seitenholmpressen. In den Pressen<br />
werden anwendungsbezogen ausgelegte<br />
Filterplatten zu Filterpaketen zusammengefasst<br />
und in einem Gestell zwischen zwei<br />
Abdeckplatten angeordnet. Ein Hydraulikzylinder<br />
schiebt diese Außenplatten – und<br />
damit auch die Filterplatten – mit so hohem<br />
Druck zusammen, dass keine Flüssigkeit an<br />
Foto: Filox Filtertechnik GmbH<br />
den Seiten der Presse herausdringt. Die<br />
Suspension wird über eine Beschickungspumpe<br />
in die Presse geleitet und bei Kammerfilterpressen<br />
mit bis zu 16 bar durch die<br />
mit Filtertüchern bespannten Filterplatten<br />
gepresst. Dieses mechanische Trennverfahren<br />
ist eine Oberflächenfiltration, bei der die<br />
Flüssigkeit die Filtertücher passiert, während<br />
die Feststoffe auf dem Gewebe zurückgehalten<br />
werden. Dort bilden sie einen stetig<br />
anwachsenden Filterkuchen, der zur Effizienz<br />
der Filtration beiträgt. Bei Membranfilterpressen<br />
drückt eine an den Filterplatten<br />
zusätzlich befestigte, undurchlässige Membran<br />
den Filterkuchen mit einer Druckkraft<br />
von bis zu 30 bar aus. Das Filtrat fließt über<br />
noppen- oder rillenförmige Ablaufkanäle auf<br />
den Filterplattenoberflächen ab. Der Durchsatz<br />
dieser Pressen ist abhängig vom Prozess<br />
und Werkstoff. Mit zunehmender Dicke des<br />
Filterkuchens steigen jedoch Durchströmungswiderstand<br />
und Druckverlust, sodass<br />
Durchsatz und Fördermenge kontinuierlich<br />
sinken. Je nach Auslegung der Presse muss<br />
der Filterkuchen deshalb regelmäßig manuell<br />
durch einen Mitarbeiter oder automatisierte<br />
Abreinigungsverfahren entfernt werden.<br />
XXL-Presse zur Palmölfraktionierung<br />
Für einen italienischen Verarbeitungsbetrieb<br />
von Palmöl entwarf Filox eine Seitenholmpresse<br />
mit rund 1 200 Quadratmeter Filterfläche.<br />
Seinen Namen bezieht dieser Pressentyp<br />
aus zwei Holmen, die wie Zuganker<br />
die beiden Beschickungs- und Hydraulikständer<br />
miteinander verbinden. Die mit Anbauten<br />
3,20 Meter breite und 3,10 Meter hohe<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Stahlstandort Deutschland 13<br />
Presse wurde mit 178 Filterplatten, jede<br />
davon 2 000 x 2 000 Millimeter groß,<br />
bestückt. Neben der Größe war die Kundenanforderung,<br />
in die Presse zwei getrennte<br />
Filterpakete für eine modulare Nutzung zu<br />
integrieren, eine besondere Herausforderung<br />
für die Filox-Konstrukteure. Eine theoretisch<br />
denkbare Alternative zur gewünschten<br />
Sonderkonstruktion wären zwei getrennte<br />
Filterpressen gewesen, was jedoch von<br />
vorneherein aus Platz- und Kostengründen<br />
ausschied. So galt es, für die beiden 46 Tonnen<br />
schweren Filterpakete eine Mechanik zu<br />
bauen, mit der jeweils ein Paket verriegelt<br />
wird, während das andere in Betrieb ist.<br />
Dafür mussten beide Kammern so abgedichtet<br />
werden, dass auch bei maximalem Fülldruck<br />
Leckagen ausgeschlossen sind. Eine<br />
weitere Herausforderung waren die Rohrleitungsanschlüsse<br />
für Lüftung sowie Flüssigkeitszu-<br />
und -ableitung an der massiven<br />
Zwischenplatte, die die Pakete voneinander<br />
trennt.<br />
Nach Auftragserteilung und Erstellung der<br />
Fertigungszeichnungen hatte für Filox die<br />
Beschaffung der Zukaufteile hohe Priorität,<br />
müssen doch alle Teile stets entsprechend<br />
dem eigenen Fertigungsstand pünktlich<br />
angeliefert werden. Für die beiden Stützholme<br />
fiel die Wahl auf das Stahlbauunternehmen<br />
Jebens, da diese Komponenten bereits<br />
fast zu Beginn der Fertigung bei Filox benötigt<br />
werden. Unter anderem sprach für<br />
Jebens, dass der Spezialist für große schwere<br />
Brennteile eines der größten Grobblechlager<br />
in großen Stärken Europa hat. Mit seinem<br />
Vorrat von über 20.000 Tonnen hochqualitativer<br />
Bleche im Dickenbereich zwischen<br />
100 und 300 Millimetern gewährleistet<br />
das Unternehmen optimale Materialverfügbarkeit.<br />
Die 16 500 Millimeter langen<br />
Bleche für die Holme bestellte Jebens jedoch<br />
in der benötigten Stahlgüte S235 und 100<br />
Millimeter Dicke zielgewalzt beim Stahlhersteller.<br />
Dabei profitierte die Firma als Tochter<br />
von Dillinger von ihren Walzkontigenten,<br />
sodass sie das Blech nach einer Lieferzeit von<br />
nur acht Wochen erhielt. Ein entscheidender<br />
Vorteil, wie Adolf Neupert, Betriebsleiter und<br />
seit 21 Jahren bei Filox, betont: »Wenn man<br />
normalerweise auf eine Walzung vom Stahlwerk<br />
warten muss, dann wartet man drei bis<br />
vier Monate darauf. Dann wären wir mit<br />
unserer Lieferzeit nicht mehr hingekommen.«<br />
Jebens fertigt zwei 16 500 Millimeter lange und 100 Millimeter dicke Seitenholme in<br />
feinstebener Ausführung für die große Kammerfilterpresse.<br />
Höchste Richtgenauigkeit<br />
auf 16,5 Metern Länge<br />
Der Auftrag an Jebens umfasste zwei Stützholme,<br />
jeweils 16 500 Millimeter lang, 100<br />
Millimeter dick und mit Hammerköpfen 870<br />
Millimeter breit. Die damit verbundenen<br />
Anforderungen waren die hohe Güte der<br />
Seitenholmpresse von Filox für die Palmölfraktionierung<br />
Schnittflächen sowie – angesichts von Länge<br />
und Gewicht – auch das Handling der Brennteile<br />
in gestrahlter, beschichteter und feinstebener<br />
Ausführung. Auf 16,5 Metern Länge<br />
erforderten die anspruchsvollen Ebenheitsvorgaben<br />
bei Jebens zudem hoch präzises<br />
Richten – bei Stückgewichten von 6,8 Tonnen.<br />
Um die vorgegebenen engen Toleranzen<br />
Fotos (5): Jebens<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
14 Stahlstandort Deutschland<br />
einzuhalten, war die Kompetenz der Richtmeister<br />
bei Jebens unverzichtbar: Per Flamme<br />
und Punktrichtpresse mussten sie den Richtprozess<br />
exakt steuern. Zur Einhaltung der<br />
geforderten Richtgenauigkeit galt es deshalb,<br />
beim Flammrichten die Oberflächenfärbung<br />
genau zu beobachten und die Temperatur<br />
regelmäßig zu überprüfen. Beim Richten mit<br />
der Presse ist darauf zu achten, dass der<br />
Druckpunkt genau positioniert wird und das<br />
Blech nur soweit gedrückt wird, dass es beim<br />
Zurückfedern exakt eben wird. Per Laservermessung<br />
wies Jebens nach, dass die Toleranzen<br />
auf der gesamten Holmfläche eingehalten<br />
wurden. Hierfür wurde mit dem Laser<br />
eine künstliche Ebene parallel zur Blechoberfläche<br />
erzeugt und von dieser Ebene anschließend<br />
der Abstand zur Blechoberfläche<br />
gemessen. Die protokollierten Messpunkte<br />
ergeben ein zweidimensionales Ebenheitsprofil<br />
des Brennteils, sodass auch an großen Bauteilen<br />
sehr genaue Ebenheitsangaben möglich<br />
sind. Nach der Auftragsannahme erstellte<br />
der Brennschneidexperte zunächst die Fertigungszeichnungen<br />
und Verschachtelungspläne<br />
zum Brennschneiden. Im Anschluss an das<br />
autogene Brennen wurden die großformatigen<br />
Holme verputzt, gerichtet, gestrahlt,<br />
grundiert und – inklusive der Neuwalzung –<br />
elf Wochen nach Auftragseingang an Filox<br />
versendet. »Wir brauchten die Holme wie<br />
immer in einer sehr frühen Fertigungsphase,<br />
um die beiden Ständer zu verheiraten«, erläutert<br />
Adolf Neupert die enge Liefervorgabe an<br />
Jebens. Diese Verbindung der Ständer war<br />
wiederum die Voraussetzung für alle weiteren<br />
Aufbauten. So wurden bei Filox zunächst Verstärkungsrippen<br />
auf die Ständer aufgeschweißt,<br />
sodass die Hammerköpfe der Holme<br />
eine formschlüssige Verbindung mit dem<br />
Ständer bildeten. Der durch das Verschweißen<br />
von Holmen und Ständern erneut entstandene<br />
Verzug erforderte nochmaliges<br />
Richten der Konstruktion durch den Filterpressenexperten,<br />
bevor die komplexe Verrohrung<br />
der Großpresse und die Filterpakete<br />
installiert werden konnten. Sechs Monate<br />
nach Auftragseingang war die 80-Tonnen-Presse<br />
fertig zum Versand.<br />
In den Filterpressen von Filox werden anwendungsbezogen ausgelegte Filterplatten zu Filterpaketen<br />
zusammengefasst und in einem Gestell zwischen zwei Abdeckplatten angeordnet.<br />
Das Filtrat fließt bei den Kammerfilterpressen über rillen- oder noppenörmige Ablaufkanäle<br />
der Platten ab.<br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin<br />
von impetus.PR, Agentur für Corporate<br />
Communications GmbH.<br />
www.jebens.de<br />
Da fliegen die Funken: Blechbearbeitung in Präzision<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
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Dirostahl aus Remscheid:<br />
Traditionshandwerk in 14. Generation<br />
Freiformschmieden und Ringwalzen im Bergischen Land<br />
Remscheid. Unter dem Markennamen Dirostahl verfügt das Unternehmen Karl Diederichs GmbH & Co. KG über<br />
eine jahrhundertealte Schmiedetradition. Heute gilt es in der Industrie als Allrounder im Bereich Freiformschmieden<br />
und Ringwalzen. Mit rund 580 Mitarbeitern werden am Standort im bergischen Remscheid Freiformschmiedestücke<br />
von 10 bis 35 000 Kilogramm Liefergewicht und Ringe bis 3 500 Millimeter Durchmesser produziert.<br />
Von Niklas Reiprich<br />
Das Stahl-, Walz- und Hammerwerk Karl<br />
Diederichs aus Remscheid blickt auf eine<br />
langjährige Historie des Schmiedehandwerks<br />
zurück. Die Ursprünge im Jahr 1550 liegen<br />
in der Ära traditioneller Hammerwerke in<br />
den Bachtälern der Region, deren Wasserreichtum<br />
und natürliches Gefälle als Energiequelle<br />
genutzt wurde. Im Zuge einer sich<br />
stetig weiter industrialisierenden Wirtschaft<br />
in Deutschland erfolgte 1919 der Umzug an<br />
den heutigen Standort im Remscheider Ortsteil<br />
Lüttringhausen, wo das Unternehmen<br />
über einen eigenen Gleisanschluss verfügen<br />
konnte. In jenem Jahr wurde von Ernst und<br />
Carl Diederichs zusammen mit dem ostdeutschen<br />
Kaufmann Friedrich Alfred Roth die<br />
Firma »Bergische Stahl- und Hammerwerke<br />
Diederichs & Co.« eingetragen. Der gleichzeitig<br />
entstandene Markenname »Dirostahl«<br />
blieb auch erhalten, nachdem Roth nur<br />
wenige Jahre später starb. 1931, nach den<br />
Turbulenzen durch die Weltwirtschaftskrise,<br />
erfolgte schließlich ein Neuanfang unter<br />
aktuell bekannter Firmierung »Karl Diederichs«.<br />
Fortan wurde kontinuierlich in den<br />
Ausbau des Unternehmens sowie in die<br />
Erweiterung und Modernisierung der Anlagen<br />
investiert. Dr. Roman Diederichs (45)<br />
setzt nun die familiäre Schmiedetradition in<br />
der 14. Generation fort und leitet das Unternehmen<br />
seit 2008.<br />
Auftragsbezogene Fertigung<br />
Heute umfasst die Fertigung des Unternehmens<br />
das Freiformschmieden kleinerer Stücke<br />
von 10 bis 2 500 Kilogramm auf neun<br />
Dampfhämmern und einer hydraulischen<br />
Ringlochpresse. Größere Stücke bis 35 000<br />
Geschäftsführer Dr. Roman Diederichs<br />
setzt die familiäre Schmiedetradition in der<br />
14. Generation fort.<br />
Fotos (2): Dirostahl<br />
Kilogramm werden auf zwei hydraulischen<br />
Pressen mit bis zu 4 000 Tonnen Presskraft<br />
gefertigt. Den Stahl als Ausgangsmaterial<br />
bezieht das Unternehmen in Form von Rohblöcken<br />
oder Rohstrangguss von deutschen<br />
und westeuropäischen Stahlwerken. Für<br />
jedes zu bearbeitende Produkt liegt dabei ein<br />
spezifischer Kundenauftrag vor. »Für das<br />
gerechnete Einsatzgewicht der jeweiligen<br />
Produkte sägen wir ein passendes Vormaterial,<br />
das anschließend im Ofen auf etwa<br />
1 200 Grad erhitzt wird«, erklärt Roman Diederichs<br />
den Auftakt des spezifischen Fertigungsprozesses.<br />
Anschließend werden entweder<br />
Dampfhammer oder Presse so gesteuert,<br />
dass das Material in die gewünschte<br />
Form gebracht wird.<br />
Darüber hinaus verfügt das Unternehmen<br />
über zwei Ringwalzwerke, auf denen nahtlos<br />
gewalzte Ringe bis 3,5 Meter Durchmesser<br />
produziert werden. Einige der entsprechenden<br />
Vorprodukte entstammen einer<br />
Ringlochpresse, die sich direkt neben den<br />
Ringwalzwerken befindet und somit eine<br />
möglichst nahtlose Warmübergabe ermöglicht.<br />
Ein solcher Anlagenverbund innerhalb<br />
der Fertigungsschritte sei energieeffizient<br />
und damit umweltschonend, heißt es seitens<br />
des Unternehmens. Nachdem der Ring die<br />
gewünschten Abmessungen erreicht hat,<br />
können auch die Werkstoffeigenschaften<br />
verändert werden, indem eine entsprechende<br />
Wärmebehandlung durchgeführt wird.<br />
»Erst dadurch zeigen sich die verborgenen<br />
Vorzüge von geschmiedetem Stahl, sei es<br />
eine besondere Oberflächenhärte für Verschleißfestigkeit,<br />
eine gute Spanbarkeit für<br />
kommende Bearbeitungsschritte oder auch<br />
besonders hohe Zähigkeitswerte im Tieftemperaturbereich«,<br />
sagt Diederichs. Zum weiteren<br />
Inventar vor Ort gehört eine mechanische<br />
Werkstatt, die über 50 verschiedene<br />
Drehmaschinen verfügt. Dort werden auf<br />
Spitzen- und Karusseldrehbänken vor allem<br />
Wellen, Ringe und Lochscheiben bearbeitet,<br />
auf Fräs- und Bohrwerken zudem rechteckige<br />
und komplexere Formen wie Blöcke und<br />
Platten.<br />
Breite Kundschaft im Maschinen- und<br />
Anlagenbau<br />
Die Windkraftbranche gilt mit einem Auftragsanteil<br />
von 30 bis 50 Prozent als größter<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Stahlstandort Deutschland 17<br />
Für die Dreh-, Fräs- und Bohrbearbeitung steht Dirostahl ein umfangreicher Maschinenpark zur Verfügung.<br />
Einzelabnehmer von Dirostahl. Das Unternehmen<br />
fertigt in diesem Rahmen Getriebekomponenten<br />
wie Zahn- und Planetenräder,<br />
Wälz- und Gleitlager oder Antriebswellen.<br />
Ein entscheidender Wettbewerbsvorteil<br />
ergibt sich laut Diederichs durch die Anwendung<br />
einer computergestützten Ultraschall-Prüfanlage<br />
für Planetenräder, die dem<br />
Unternehmen Diederichs zufolge in diesem<br />
Segment eine »Technologieführerschaft«<br />
einbrachte. »Produkte, die zwischen 300<br />
Kilogramm und zwei Tonnen Stückgewicht<br />
aufweisen, können wir mit dieser Technologie<br />
automatisiert ultraschallprüfen«, erklärt<br />
Diederichs. Die Ergebnisse werden digital in<br />
einem Prüfprotokoll dokumentiert und können<br />
jederzeit nachverfolgt werden. Zu der<br />
großen Masse der Kunden zählt zudem der<br />
allgemeine Maschinen- und Anlagenbau, für<br />
welchen Schmiedestücke beispielsweise in<br />
der Getriebe- und Walzenfertigung sowie in<br />
Stahlwerken und Hydraulikanlagen notwendig<br />
sind. Auch im Schiffbau werden Produkte<br />
von Dirostahl angewandt. Hier liefert das<br />
Unternehmen seine Schmiedestücke etwa<br />
für die Konstruktion von Ruderschäften und<br />
Propellerwellen sowie sonstigen Antriebskomponenten.<br />
Darüber hinaus wird die<br />
Energiebranche beispielsweise mit abgesetzten<br />
Werkstücken für Turbinen- und Kurbelwellen<br />
beliefert. Im Öl- und Gassektor gehören<br />
Rohlinge für Hohlwellen sowie Kupplungen<br />
und Flansche zum Portfolio.<br />
Um eine flexible Fertigung zu ermöglichen,<br />
hat Dirostahl etwa 30 000 Tonnen Vormaterial<br />
in Form von Rohblöcken und Rohstrangguss<br />
in den gängigen Werkstoffen und<br />
Abmessungen dauerhaft auf Lager. Neu im<br />
Angebot ist die Vermarktung diverser Werkzeugstähle,<br />
die das Unternehmen Diederichs<br />
zufolge »schon seit vielen Jahren für eigene<br />
Werkzeuge verarbeitet hat«. Bei diesen<br />
Güten handelt es sich vorwiegend um Kaltund<br />
Warmarbeitsstähle zum Beispiel für<br />
Walzdorne oder Strangpresswerkzeuge oder<br />
Kunststoffformenstähle. Auch sind heute<br />
neben den über 100 un- und niedriglegierten<br />
Stahlgüten 21 rostfreie Stahlsorten, die bislang<br />
lediglich im Rahmen von Lohnschmiedeaufträgen<br />
produziert wurden, fester Bestandteil<br />
des eigenen Lieferprogramms.<br />
Steigende Personal- und Energiekosten<br />
Für die aktuelle Volatilität der Branche macht<br />
Diederichs neben der konjunkturellen Eintrübung<br />
im Maschinen- und Anlagenbau<br />
auch geopolitische Effekte verantwortlich,<br />
die sich im ungelösten Brexit und internationalen<br />
Handelskonflikten widerspiegeln. So<br />
muss sich auch das Remscheider Unternehmen<br />
konjunkturellen Schwankungen stellen.<br />
Zudem stehen Diederichs zufolge steigende<br />
Personalkosten in Deutschland im Fokus des<br />
operativen Geschäftes – es müsse zugesehen<br />
werden, dass Personal auch in Zeiten<br />
konjunktureller Talfahrten effizient und produktiv<br />
eingesetzt werden könne. Seitens der<br />
ebenfalls groß diskutierten Energiekosten<br />
unterscheidet Diederichs zwischen Erzeugungs-<br />
und Netzkosten, die ihm zufolge<br />
rund die Hälfte der Stromkosten des Unternehmens<br />
ausmachen. Die andere Hälfte<br />
bestehe aus Steuern und Umlagen, betont<br />
Diederichs. Daraus resultiere, dass in<br />
Deutschland »künstlich Energie verteuert«<br />
werde. Ein Thema, dem nicht nur Dirostahl<br />
kritisch gegenübersteht. Die branchenübergreifende<br />
Folge ist ein Wachstum der Konkurrenten<br />
in jenen Märkten, deren Umweltauflagen<br />
weniger streng sind – sei es in China,<br />
Indien oder Mexiko. Dort werde das<br />
Schmiedestück zwar produziert, »jedoch mit<br />
weitaus weniger Elan bezüglich der Energieeffizienz<br />
und deutlich höheren CO 2<br />
-Emissionen«,<br />
so Diederichs. Aus der hiesigen Politik<br />
müsse demnach mehr Unterstützung für die<br />
effizienteren Anlagen und Prozesse geboten<br />
werden.<br />
Vor Kurzem hat Dirostahl den Austausch<br />
des kleineren Ringwalzwerkes abgeschlossen.<br />
Weiterhin sei geplant, den Karusseldrehmaschinenpark<br />
sukzessive zu erneuern.<br />
Darüber hinaus ist die Unternehmensaktivität<br />
momentan durch einen Konsolidierungsprozess<br />
geprägt. So wurde der Betrieb des<br />
Schwesterunternehmens August Jansen<br />
eingestellt und dessen Stabstahl- und Wellenfertigung<br />
von Dirostahl übernommen.<br />
Auch das Unternehmen Oswald Attin hat im<br />
August seinen Geschäftsbetrieb eingestellt,<br />
wobei die Kunden fortan von Dirostahl<br />
betreut werden.<br />
KONTAKT<br />
Karl Diederichs GmbH & Co. KG<br />
Luckhauser Str. 1-5<br />
42899 Remscheid<br />
Tel. +49 2191 5930<br />
www.dirostahl.de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
18 Branchenbericht<br />
Deutsche Baumaschinenindustrie<br />
zeigt sich besorgt<br />
Branche fordert stabile Rahmenbedingungen in Europa<br />
Frankfurt. Die Hersteller von Baumaschinen sorgen sich um geopolitische Unsicherheiten wie die Folgen des<br />
Brexits. Die weltweiten wirtschaftlichen Herausforderungen lassen sich nach Branchensicht nur mit einem starken,<br />
solidarischen Europa meistern.<br />
Wirtschaftlich gesehen befindet sich die<br />
Baumaschinenindustrie laut Verband Deutscher<br />
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA)<br />
insgesamt auf Rekordniveau. Demnach ist der<br />
Branchenumsatz 2018 um zwölf Prozent<br />
gestiegen. »Für die Hersteller am Produktionsstandort<br />
Deutschland liegt er bei <strong>12</strong>,1<br />
Milliarden Euro – vier Milliarden Euro im<br />
Inland, 8,1 Milliarden Euro aus dem Ausland.<br />
Der Absatz auf dem deutschen Markt ist um<br />
neun Prozent gegenüber dem Vorjahr<br />
gewachsen und liegt sogar acht Prozent über<br />
dem bisherigen Rekordjahr 2007. Die meisten<br />
Märkte Nord- und Westeuropas liegen auf<br />
ähnlich hohem Niveau, Süd- und Mittelosteuropa<br />
setzten 2018 ihre Erholung fort und<br />
wachsen weiter, wenn auch mit naturgemäß<br />
geringerem Volumen«, teilt der VDMA mit.<br />
Der deutsche Markt wird Experten zufolge<br />
mit moderaten Rückgängen immer noch auf<br />
einem sehr hohen Niveau bleiben. Für Europa<br />
sei eine Trendwende mit +/- null Prozent<br />
bis hin zu leichten Rückgängen realistisch.<br />
Der Weltmarkt wachse langsamer als 2018,<br />
ein Plus von bis zu zehn Prozent sei aber<br />
möglich, prognostiziert der VDMA.<br />
Die Vertreter der Baumaschinenhersteller<br />
rechnen bei der Entwicklung des Branchenumsatzes<br />
am Produktionsstandort Deutschland<br />
mit einem Wachstumspotenzial von<br />
insgesamt drei bis fünf Prozent für dieses<br />
Jahr. »Wir sind auf einem Allzeithoch, nur<br />
war der Weg dorthin dieses Mal stabiler und<br />
nachhaltiger als 2007. Das macht Hoffnung,<br />
dass die Branche das gute Niveau auch länger<br />
halten kann«, so Franz-Josef Paus, Vorsitzender<br />
des Fachverbands Baumaschinen<br />
»<br />
Europa ist momentan dabei, seine eigene Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel<br />
zu setzen. Diese Entwicklung müssen wir stoppen.<br />
Joachim Strobel, Vorsitzender der Fachgruppe Baumaschinen im VDMA<br />
Verschiedene Baumaschinen in der Morgensonne<br />
und Baustoffanlagen im VDMA. Bremsend<br />
wirke allenfalls der Mangel an qualifiziertem<br />
Personal auf Kundenseite. Insgesamt bleibe<br />
die Bauindustrie in Deutschland und Europa<br />
stark und stabil.<br />
Laut VDMA gilt es, diese positiven Aussichten<br />
nicht durch politisches Chaos zu gefährden.<br />
Weltweit seien Herausforderungen zu<br />
meistern. Handelspolitische Hemmnisse durch<br />
die Trump-Regierung oder die gut kalkulierte<br />
Eroberung der Weltmärkte durch die Chinesen<br />
erforderten eine bessere Zusammenarbeit in<br />
Europa. Auch müssten sich die Europapolitiker<br />
bewusst sein, dass hauptsächlich die Industrie<br />
die Lebensgrundlage von über 500 Millionen<br />
Menschen bilde und daher entsprechende<br />
Unterstützung auf politischer Ebene benötige.<br />
»Europa ist momentan dabei, seine eigene<br />
Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel zu setzen.<br />
Diese Entwicklung müssen wir stoppen«,<br />
betonte Joachim Strobel, Vorsitzender der<br />
Fachgruppe Baumaschinen im VDMA.<br />
Eine Zukunftsaufgabe ist nach Angaben des<br />
VDMA die Digitalisierung der Baustelle.<br />
Obgleich sie sich bereits als großes Gesprächsthema<br />
etabliert habe, sei sie bislang kaum in<br />
der realen Welt angekommen. Aus diesem<br />
Grund haben die VDMA Baumaschinen und<br />
Baustoffanlagen in diesem Jahr die Arbeitsgemeinschaft<br />
»Machines in Construction – MiC<br />
4.0« gegründet. Ziel ist es eigenen Angaben<br />
»<br />
Wir sind auf einem Allzeithoch, nur war der Weg dorthin dieses Mal stabiler<br />
und nachhaltiger als 2007. Das macht Hoffnung, dass die Branche das gute<br />
Niveau auch länger halten kann.<br />
Franz-Josef Paus, Vorsitzender des Fachverbands Baumaschinen und Baustoffanlagen im VDMA<br />
zufolge, die vor der Branche liegenden Herausforderungen<br />
der Digitalisierung gemeinsam<br />
mit allen Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette<br />
bearbeiten zu können.<br />
www.vdma.org<br />
Foto: Shutterstock<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Handbuch der europäischen<br />
Eisen- und Stahlwerke<br />
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20 Steel International<br />
USA: Trumps Zollpolitik belebt den<br />
Rostgürtel nicht<br />
Werksschließungen und Entlassungen häufen sich<br />
New York. Eineinhalb Jahr nach der Verhängung der Stahlimportzölle durch die Regierung Trump hat diese als<br />
Wundermedizin verschriebene Maßnahme die versprochene neue Blüte der US-Stahlindustrie nicht in die Wege<br />
geleitet. Im Gegenteil, infolge der verhängten Zölle gab es stillgelegte Hochöfen, Werksschließungen und die<br />
Entlassung von Stahlarbeitern und Angestellten.<br />
Von unserer New Yorker Korrespondentin Brigitte Nacos<br />
Nach einem schnellen Hochsprung der<br />
Stahlpreise und verbesserten Bilanzen fielen<br />
die Preise auf das Niveau vor den Zollmaßnahmen<br />
zurück. Im dritten Jahresviertel<br />
machte der größte integrierte Stahlhersteller,<br />
US Steel Corporation, zum ersten Mal nach<br />
dem Verhängen der Schutzzölle wieder<br />
einen Verlust. Andere Unternehmen, auch<br />
der Minimill-Betreiber Nucor, meldeten<br />
schrumpfende Profite und klagten über<br />
ungünstige Marktbedingen.<br />
Überraschende Preiserhöhung<br />
Dennoch erhöhten U.S. Steel, Nucor und<br />
andere Stahlhersteller Mitte November überraschend<br />
ihre Preise, allerdings lediglich um<br />
umgerechnet gut 36 Euro pro Tonne und<br />
insbesondere für flachgewalzten Stahl. Dass<br />
diese Preise im Angesicht einer mäßigen<br />
Nachfrage durchsetzbar seien, wurde von<br />
Marktkennern bezweifelt. Womöglich war<br />
dieser Schachzug nicht mehr als ein Versuchsballon,<br />
der die Verbraucherstimmung<br />
testen sollte.<br />
Die derzeitige Situation der US-Stahlindustrie<br />
erinnert an die Stahlimportzölle, die der<br />
damalige US-Präsident George W. Bush im<br />
Frühjahr 2002 auf Drängen der Stahlindustrie<br />
verhängte. Damals kämpften die Lobbys<br />
der Automobil- und Bauindustrie, die größten<br />
Stahlkunden, verbissen gegen die Zollschranken,<br />
weil höhere Stahlpreise ähnliche<br />
Preiserhöhungen in diesen Branchen notwendig<br />
machten. Ende 2003 deklarierte die<br />
Welthandelsorganisation WTO die amerikanischen<br />
Importzölle als illegal; Bush reagierte<br />
prompt mit der Aufhebung der Zölle. Der<br />
CITAC (Consuming Industries Trade Action<br />
In der Restrukturierung bei US Steel scheint sich ein Trend vom traditionellen Hochofen zum<br />
Elektrolichtbogenofen (siehe Bild) abzuzeichnen.<br />
Coalition) zufolge verloren damals circa<br />
200 000 Arbeiter in der sogenannten Verbraucher-Industrie<br />
ihre Jobs. Jahre später<br />
erklärte Bushs Stabschef Andrew Card, dass<br />
das Verhängen dieser Strafzölle ein Fehler<br />
gewesen sei, der enorm negative Folgen für<br />
die US-Wirtschaft gehabt hätte.<br />
Verschärfte Haltung<br />
Bevor die Regierung Trump die Stahlimportzölle<br />
verkündete, warnte Card vor einer Wiederauflage<br />
der Fehler von damals. Er fand<br />
jedoch nicht genug Gehör im Weißen Haus.<br />
US-Präsident Donald Trump und seine Handelsberater<br />
zeigten auch angesichts der<br />
jüngsten Entwicklungen im Stahlsektor keine<br />
Lust, dem Beispiel von George W. Bush<br />
zu folgen und die Zölle aufzuheben. Im<br />
Gegenteil verschärfte Trump seine Haltung<br />
der WTO gegenüber und drohte erneut mit<br />
dem Austritt der Vereinigten Staaten.<br />
Nur in einer Beziehung revidierte das Weiße<br />
Haus die Stahlzollpolitik: Im Frühjahr dieses<br />
Jahres strich Washington die Sonder-Stahlzölle<br />
in Höhe von 25 Prozent auf<br />
kanadische und mexikanische Stahlimporte.<br />
Dieser Schachzug war notwendig, um<br />
die Ratifizierung der NAFTA-Neuauflage<br />
USMCA durch die Regierungen von Mexiko<br />
und Kanada sicherzustellen. (In den USA<br />
wurde das Abkommen noch nicht ratifiziert,<br />
weil das Repräsentantenhaus auf Änderungen<br />
pocht.)<br />
Enttäuschende Absatz- und<br />
Preisschwächen<br />
Aber bereits vor diesem Schritt zeichneten<br />
sich enttäuschende Absatz- und Preis-<br />
Foto: Shutterstock<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Steel International 21<br />
schwächen ab – insbesondere in der Autoindustrie,<br />
die gewöhnlich 18 Prozent der<br />
einheimischen Stahlproduktion verbraucht,<br />
sowie im Energiesektor. Zum Jahresende<br />
signalisierten Analysten einen weiteren<br />
Absatzrückgang für Autos um circa 7,5 Prozent<br />
für das nächste Jahr. Im Energiesektor<br />
erwarteten Experten für das kommende<br />
Jahr unter anderem einen Rückgang von<br />
neun Prozent bei Bohrungsprojekten auf<br />
dem Festland. Die Tief- und Hochbauindustrie,<br />
die mit 44 Prozent der bei weitem<br />
größte Verbraucher von Stahl »made in<br />
USA« ist, hat nicht zuletzt dank diverser<br />
Straßenbauprojekte in zahlreichen Bundesstaaten<br />
im laufenden Jahr einen Boom<br />
erlebt. Allerdings erwartete der Bauunternehmerverband<br />
für 2020 nur eine Wachstumsrate<br />
zwischen null und vier Prozent.<br />
In der Tagespresse machten Hiobsbotschaften<br />
Schlagzeilen: Nach der Schließung<br />
des Hüttenwerks von AK Steel in<br />
Ashland, Kentucky, und der Stilllegung<br />
mehrerer Hochöfen in US-Stahlwerken<br />
kündigte ArcelorMittal die Stilllegung<br />
eines Hochofens im Werk Indiana Harbor<br />
in Illinois an. Oft waren solche Maßnahmen<br />
die ersten Schritte zu Werksschließungen<br />
und Entlassungen, wie jüngst das<br />
Beispiel der Ashland-Hütte zeigte.<br />
Entlassungen und Kostenreduzierungen<br />
Noch vor dem Thanksgiving-Fest Ende November<br />
und den Weihnachtsfeiertagen kündigte<br />
die Leitung von US Steel die Entlassung einer<br />
nicht benannten Zahl von Arbeitern und Angestellten<br />
in allen Werken des Unternehmens an.<br />
Aus einigen Werken wurde bekannt, dass die<br />
ersten Entlassungen bereits stattfanden. Einige<br />
Wochen zuvor hatte das Unternehmen einen<br />
Plan verkündet, der die jährlichen Festkosten<br />
um umgerechnet rund 180 Millionen Euro<br />
reduzieren soll. Das Ziel ist laut US Steel, die<br />
Organisation schlanker, effizienter und wettbewerbsfähiger<br />
zu machen.<br />
In der Restrukturierung bei US Steel<br />
scheint sich auch eine Bewegung weg vom<br />
traditionellen Hochofen und hin zum Elektrolichtbogenofen<br />
abzuzeichnen. Zum<br />
einen erwarb das Unternehmen einen<br />
Anteil von 49,9 Prozent am hochmodernen<br />
Minihüttenwerk Big River Steel in Arkansas<br />
mit dem Recht, innerhalb der<br />
nächsten vier Jahre die restlichen 50,1 Prozent<br />
zu kaufen. Zum anderen wurden die<br />
unterbrochenen Arbeiten am Bau eines<br />
Lichtbogenofens im Fairfield-Werk von US<br />
Steel in Alabama wieder aufgenommen. In<br />
Reaktion auf die wachsende Zahl elektrischer<br />
Lichtbogenöfen und in Erwartung<br />
eines stärkeren Trends zu Minimills<br />
beschloss das Unternehmen Cleveland-<br />
Cliffs, Lieferant von Eisenerz für Hochöfen,<br />
in die Expansion eines Werks zur Herstellung<br />
von metallisierten Eisenerzbriketts<br />
(HBI) zu investieren, das bereits größter<br />
HBI-Lieferant für die Minimills von Nucor<br />
und Steel Dynamics ist.<br />
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22 Steel International<br />
H2FUTURE: Weltweit größte »grüne«<br />
Wasserstoffpilotanlage in Betrieb<br />
Internationaler Meilenstein in der Entwicklung neuer Optionen für die<br />
Energieversorgung<br />
Linz/Österreich. Nach Informationen des Technologie- und Industriegüterkonzerns voestalpine hat die derzeit<br />
weltgrößte Pilotanlage zur CO 2<br />
-freien Herstellung von Wasserstoff am voestalpine-Standort in Linz erfolgreich<br />
ihren Betrieb aufgenommen und hat damit einen internationalen Meilenstein in der Entwicklung neuer Optionen<br />
für die Energieversorgung gesetzt. Mit dem EU-geförderten Projekt »H2FUTURE« erforschen voestalpine, Verbund,<br />
Siemens, Austrian Power Grid, K1-MET und TNO die industrielle Produktion von grünem Wasserstoff, der langfristig<br />
fossile Energieträger in der Stahlproduktion ablösen soll.<br />
Die globalen Klimaziele sehen eine fast<br />
vollständige Reduktion der CO 2<br />
-Emissionen<br />
bis 2050 vor. Das stellt Industrieunternehmen<br />
und Energieversorger vor Herausforderungen<br />
und verlangt neue technologische<br />
Lösungen in beiden Branchen. CO 2<br />
-freier<br />
(»grüner«) Wasserstoff gilt in diesem Zusammenhang<br />
als vielversprechendste Zukunftsoption,<br />
um die Energiewende möglich zu<br />
machen. Nun hat am Werksgelände der<br />
voestalpine in Linz laut voestalpine die größte<br />
und modernste Elektrolyseanlage zur<br />
Erzeugung von grünem Wasserstoff ihren<br />
Betrieb aufgenommen. Die neue Anlage verfügt<br />
über sechs Megawatt Anschlussleistung<br />
und gilt der voestalpine zufolge als die derzeit<br />
wirkungsvollste ihrer Art. Damit wird<br />
getestet, ob die eingesetzte Technologie für<br />
eine großindustrielle Produktion von grünem<br />
Wasserstoff geeignet ist. Außerdem wird mit<br />
dem EU-geförderten 18-Millionen-Euro-Projekt<br />
das Potenzial zum Bereitstellen von<br />
Netzdienstleistungen und dem möglichen<br />
Ausgleich von Schwankungen im Stromnetz<br />
erforscht.<br />
Weg einer dekarbonisierten<br />
Stahlproduktion<br />
v.l. Bart Biebuyck (Executive Director FCH JU), Wolfgang Hesoun (Vorstandsvorsitzender Siemens<br />
AG), Wolfgang Anzengruber (CEO Verbund) und Herbert Eibensteiner (CEO voestalpine AG)<br />
»Als einer der Branchenvorreiter in puncto<br />
Umweltschutz verfolgt die voestalpine eine<br />
konsequente und langfristige Strategie zur<br />
Dekarbonisierung der Stahlproduktion«, teilt<br />
die voestalpine mit. »Wir haben uns klare<br />
Ziele zur weiteren Direktvermeidung von<br />
CO 2<br />
-Emissionen in der Stahlherstellung für<br />
die kommenden Jahre gesetzt. Mit der Inbetriebnahme<br />
der weltgrößten Wasserstoff-Pilotanlage<br />
an unserem Standort Linz ist ein<br />
wesentlicher Schritt gelungen, um diese<br />
Technologietransformation voranzutreiben«,<br />
so Herbert Eibensteiner, Vorstandsvorsitzender<br />
der voestalpine AG. Vor dem Hintergrund<br />
der weltweiten Klimavorgaben prüft<br />
die voestalpine derzeit die Umsetzbarkeit<br />
einer Hybridtechnologie zwischen der bestehenden<br />
koks-/kohlebasierten Hochofenroute<br />
und mit grünem Strom betriebenen Elektrolichtbogenöfen<br />
unter teilweisem Einsatz<br />
von grünem Wasserstoff. Diese Option würde<br />
bei entsprechender Wirtschaftlichkeit<br />
nach heutigem Stand zwischen 2030 und<br />
2035 die unternehmensspezifischen<br />
CO 2<br />
-Emissionen um rund ein Drittel reduzieren,<br />
betont die voestalpine. Langfristig strebt<br />
der Konzern an, den Einsatz von grünem<br />
Wasserstoff im Stahlerzeugungsprozess sukzessive<br />
zu erhöhen und so bis 2050 die<br />
CO 2<br />
-Belastung um insgesamt mehr als 80<br />
Prozent zu senken.<br />
»Die wichtigste Voraussetzung für diese<br />
Szenarienplanung auf Basis von grünem<br />
Strom beziehungsweise grünem Wasserstoff<br />
ist jedoch, dass erneuerbare Energie in ausreichender<br />
Menge und zu wirtschaftlich darstellbaren<br />
Preisen zur Verfügung steht. Nur<br />
so werden wir die zukünftigen Technologien<br />
auch tatsächlich wettbewerbsfähig betreiben<br />
können«, ergänzt Eibensteiner.<br />
Fotos (2): voestalpine<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Steel International 23<br />
Die Dekarbonisierung des Wirtschafts- und<br />
Energiesystems gilt als die zentrale Herausforderung<br />
in der Zukunft. Daher braucht<br />
auch die Industrie neue Verfahren und neue<br />
innovative Technologien, wie die Erzeugung<br />
von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse<br />
aus erneuerbarer Energie, um die langfristigen<br />
Klimaziele zu erreichen. »In dieser Anlage<br />
wird mit Hilfe von erneuerbarer Energie<br />
Wasser in seine Grundkomponenten Wasserstoff<br />
und Sauerstoff gespaltet. Durch diesen<br />
Prozess schaffen wir ein enormes Potenzial<br />
zur Flexibilisierung und Dekarbonisierung<br />
des Energie- und Wirtschaftssystems«,<br />
erklärt Wolfgang Hesoun, Vorstandsvorsitzender<br />
der Siemens AG Österreich. Darüber<br />
hinaus soll die Elektrolyse noch als netzdienliches<br />
Element genutzt werden, um bei<br />
Bedarf Überschussenergie aus dem Netz zu<br />
nehmen, was bei steigenden fluktuierenden<br />
erneuerbaren Energien ein wichtiger Faktor<br />
sei. »Siemens fokussiert sich seit jeher auf<br />
saubere Energie: von Erzeugung über Verteilung<br />
bis zur Anwendung. Effiziente Technologien<br />
sind ein wesentlicher Baustein, um<br />
den Klimawandel mit seinen dramatischen<br />
Folgen einzudämmen«, erklärt Hesoun.<br />
Wasserstoff als essentieller Baustein<br />
für klimaneutrale Industriegesellschaft<br />
Mit dem Kernstück der Anlage, dem Siemens<br />
Silyzer 300, sollen mit einer Anschlussleistung<br />
von sechs Megawatt 1 200 Kubikmeter grüner<br />
Wasserstoff erzeugt werden. H2FUTURE<br />
gilt als wichtiger Meilenstein für den industriellen<br />
Einsatz von Elektrolyse – als Grundstein<br />
für zukünftige industrielle Anwendungen in<br />
der Stahlindustrie, in Raffinieren, in der Düngemittelherstellung<br />
sowie in weiteren Industrien<br />
mit hohem Wasserstoffbedarf. Damit sei<br />
die Basis für zukünftige Projekte im großindustriellen<br />
Umfeld gelegt, heißt es. Hesoun weiter:<br />
»Wir freuen uns, diese neue Technologie<br />
im Rahmen des Projektes erstmals im Einsatz<br />
zu sehen. Dieses herausragende Projekt ist ein<br />
bedeutender Schritt in Richtung globaler<br />
Dekarbonisierung.«<br />
Sektorkopplung durch<br />
Elektrifizierung<br />
»Grün – also CO 2<br />
-frei – ist Wasserstoff, wenn<br />
er aus Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt<br />
wird. Wir können damit temporär und volatil<br />
Mit dem EU-geförderten Projekt »H2FUTURE« erforschen voestalpine, Verbund, Siemens,<br />
Austrian Power Grid, K1-MET und TNO die industrielle Produktion von grünem Wasserstoff.<br />
anfallenden Strom aus neuen erneuerbaren<br />
Energieträgern wie Wind und Sonne speichern<br />
und besser nutzbar machen«, so Verbund-CEO<br />
Wolfgang Anzengruber. Grüner Wasserstoff<br />
hat nach Expertenmeinung als Rohstoff, Energieträger<br />
und Speichermedium ein enormes<br />
Potenzial, um zur Dekarbonisierung von energie-<br />
und CO 2<br />
-intensiven Prozessen beizutragen.<br />
Neben dem Industriesektor sollen sich<br />
auch im Transportbereich, und hier insbesondere<br />
im Schwer- und Bahnverkehr, überaus<br />
interessante Anwendungsmöglichkeiten zeigen.<br />
Zudem sollen reaktionsschnelle Elektrolyseure<br />
zur Bereitstellung von Netzdienstleistungen<br />
herangezogen werden und Leistungen für<br />
die immer stärker belasteten Übertragungsnetze<br />
erbringen können. »Der Einsatz von grünem<br />
Wasserstoff ist sowohl eine Win-Win-Situation<br />
für Energiewirtschaft und Industrie als<br />
auch ein perfektes Beispiel für die Sektorkopplung<br />
durch Elektrifizierung«, so Anzengruber.<br />
Hebel zur Erreichung der Klimaziele<br />
und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
»Das H2FUTURE Projekt ist eines der Leuchtturm-Projekte<br />
des FCH JU mit der Zielsetzung,<br />
Europäische Elektrolyse-Technologieanbieter<br />
bei der Entwicklung ihrer Produkte zu unterstützen<br />
und somit den qualitativen und kapazitätsmäßigen<br />
Anforderungen der Europäischen<br />
Industrie gerecht zu werden, ihre<br />
CO 2<br />
-Emissionen zu reduzieren. Grüner Wasserstoff,<br />
erzeugt in Elektrolyseanlagen aus<br />
Strom aus erneuerbaren Quellen, kann in<br />
unterschiedlichen Industriesektoren wie<br />
Stahlproduktion, Raffinerien, Methanol- und<br />
Ammoniakproduktion eingesetzt werden, um<br />
grüne Produkte zu erzeugen«, sagt Bart Biebuyck,<br />
Executive Director des Fuel Cell Hydrogen<br />
Joint Undertaking (FCH JU). Das FCH JU<br />
stellt eigenen Angaben zufolge bis zu zwölf<br />
Millionen Euro an Forschungs-und-Entwicklungs-Förderung<br />
für das Projekt zur Verfügung.<br />
Damit soll die Europäische Kommission<br />
wesentlich die Umsetzung von klimaschutz-relevanten,<br />
innovativen Projekten<br />
und die Wettbewerbsfähigkeit Europäischer<br />
Player unterstützen. Biebuyck meint dazu<br />
abschließend: »Europa ist – dank der Unterstützung<br />
des FCH JU – Weltmarktführer in<br />
der Entwicklung und Produktion von Elektrolyseuren.<br />
Nichtsdestotrotz sind unsere<br />
globalen Mitbewerber nur wenige Jahre hinter<br />
uns. Die Inbetriebnahme des H2FUTURE<br />
Elektrolyseurs ist ein Beweis dafür, dass die<br />
Europäische Industrie gewillt ist, ihre Führungsrolle<br />
im Bereich Entwicklung und Kommerzialisierung<br />
von Elektrolyseuren beizubehalten,<br />
wie auch im Bereich der Dekarbonisierung<br />
des Industriesektors, bei gleichzeitiger<br />
Sicherung von Investitionen und Beschäftigung<br />
in Europa.« <br />
www.voestalpine.com<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
24 Gut zu wissen<br />
Foto: Shutterstock<br />
Eine Umgestaltung des Arbeitsumfelds ist ein guter Aufhänger für neue Formen der Zusammenarbeit.<br />
New Work Form und Gestalt geben<br />
Change-Projekt als Alternative zu tradierten Formen der Zusammenarbeit<br />
Bruchsal. Unter den Stichworten »New Work« experimentieren aktuell viele Unternehmen mit neuen Formen der<br />
(Zusammen-)Arbeit. Diese erfordern oft auch einen veränderten Mindset der Mitarbeiter. Ein geplanter Umzug oder<br />
eine Neugestaltung des Arbeitsumfelds sind ideale Aufhänger für ein solches kulturelles Change-Projekt.<br />
Von Dr. Georg Kraus*<br />
Im Gefolge der digitalen Transformation<br />
der Wirtschaft und Gesellschaft verändern<br />
sich auch die Anforderungen an die Mitarbeiter<br />
der Unternehmen – unter anderem<br />
weil die moderne Informations- und Kommunikationstechnik<br />
neue Formen der<br />
Arbeitsorganisation und neue Problemlösungen<br />
möglich macht. Deshalb drängen auch<br />
häufiger neue Mitbewerber auf den Markt,<br />
die die Geschäftsmodelle der etablierten<br />
Unternehmen infrage stellen, wenn nicht<br />
gar obsolet machen.<br />
Deshalb hinterfragen zurzeit viele Unternehmen<br />
ihre tradierten Formen der Arbeitsorganisation<br />
und Zusammenarbeit. Sie fragen<br />
sich: Wie können wir neben den technischen<br />
Möglichkeiten der Digitalisierung<br />
auch die »modernen« Formen der Zusammenarbeit,<br />
die zum Beispiel viele Start-ups<br />
und innovationsstarke Nischenanbieter<br />
praktizieren, für unseren Erfolg nutzen? In<br />
der Regel handelt es sich hierbei um Arbeitsformen,<br />
die darauf abzielen, die Eigenverantwortung<br />
der Mitarbeiter und Teams auf<br />
der operativen Ebene zu erhöhen, die<br />
bereichsübergreifende und crossfunktionale<br />
Zusammenarbeit zu verbessern und die Kreativität<br />
und Reaktionsgeschwindigkeit beim<br />
Entwickeln und Umsetzen neuer Problemlösungen<br />
zu erhöhen.<br />
Die Technik: Treiber und Schlüssel zur<br />
Veränderung<br />
Dabei sind die technischen Innovationen<br />
beim Erreichen dieser Ziele ein Schlüssel und<br />
Treiber zugleich. So steigern zum Beispiel<br />
Digitale Kollaborations-Tools sowie Virtualund<br />
Augmented-Reality-Anwendungen<br />
erheblich die Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />
in Teams, deren Mitglieder über mehrere<br />
Standorte oder gar die ganze Welt verstreut<br />
sind. Zudem eröffnen sie neue Möglichkeiten,<br />
externe Dienstleister, Geschäftspartner<br />
oder Kunden in Projekte und Vorhaben<br />
einzubinden.<br />
Dieses Potenzial wollen und müssen insbesondere<br />
die Unternehmen nutzen, die für<br />
ihre Kunden komplexe Dienstleistungen<br />
erbringen beziehungsweise Problemlösungen<br />
entwerfen. Denn dies erwarten, neben<br />
ihren Kunden, zunehmend auch ihre Mitarbeiter,<br />
denn diese sind heute weitgehend<br />
»digital natives«, die wissen: Ohne eine<br />
effektive Nutzung der modernen Informations-<br />
und Kommunikationstechnik ist ein<br />
konkurrenzfähiges Arbeiten heute kaum<br />
noch möglich.<br />
Neue Formen der (Zusammen-)Arbeit, die<br />
zum Beispiel einen hohen Grad an Technisierung<br />
und Automatisierung, eine bereichsund<br />
hierarchieübergreifende sowie crossfunktionale<br />
Teamarbeit und kurze Entscheidungswege<br />
anstreben, erfordern meist auch<br />
andere Arbeitsumgebungen. Also gilt es,<br />
Arbeitsräume zu schaffen, die diese Ziele<br />
unterstützen. Ein Großraumbüro mit einer<br />
Rekreationsoase und einem Kicker in der<br />
Ecke kann hier eine einfache Lösung sein; oft<br />
ist sie jedoch nicht die beste. Denn letztlich<br />
gilt es, eine Arbeitsumgebung zu kreieren,<br />
die den (künftigen) Arbeitsprozessen und<br />
-anforderungen entspricht und die Teams<br />
kreativ und produktiv macht.<br />
Nicht nur räumlich, sondern auch<br />
mental umziehen<br />
Ziehen Unternehmen, Bereiche oder Teams<br />
in neue Räume um, sollte sich generell mehr<br />
als die räumliche Umgebung ändern, denn:<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Gut zu wissen 25<br />
Jeder Umzug beinhaltet die Chance, außer<br />
mit dem Körper auch mit dem Kopf umzuziehen<br />
– also die Weichen auch mental neu<br />
zu stellen.<br />
Jedem Umzug geht ein längerer Planungsprozess<br />
voraus. In ihm werden teils auch die<br />
Karten neu gemischt. Das wissen die Mitarbeiter.<br />
Entsprechend neugierig, gespannt<br />
und (teilweise) »verunsichert« blicken sie der<br />
Veränderung meist entgegen. Deshalb sollte<br />
aus Change-Management-Perspektive ein<br />
Umzug als ein organisationaler »unfreeze«-<br />
Moment im Sinne Kurt Lewins genutzt werden:<br />
Die Mitarbeiter werden aus ihrer Komfortzone<br />
geholt und in Bewegung versetzt.<br />
Dementsprechend sollte die Phase geplanter<br />
Umzug beziehungsweise geplante Neugestaltung<br />
der Arbeitsumgebung für das Entwickeln,<br />
Testen und gegebenenfalls Etablieren<br />
zum Beispiel neuer agiler Arbeitsweisen,<br />
neuer Kommunikations- und Informationsformen<br />
sowie neuer Führungsstile genutzt<br />
werden.<br />
Dabei geht es weniger um das Einführen<br />
neuer Tools als das Entwickeln eines veränderten<br />
Mindsets, denn: Organisationen werden<br />
nur schneller und flexibler, lernbereiter<br />
und kundenorientierter, wenn die Mitarbeiter<br />
ihre Rolle anders verstehen – und ihre<br />
Führungskräfte top-down ein eigenständigeres<br />
und selbstbestimmteres Handeln real<br />
zulassen. Dieses neue Rollenverständnis gilt<br />
es zu reflektieren und in neuen Aufgabenund<br />
Funktionsbeschreibungen sowie Vereinbarungen<br />
zu operationalisieren.<br />
Erfolgsfaktor »Beteiligung der<br />
Betroffenen«<br />
Dabei ist eine Beteiligung der Betroffenen<br />
der Schlüssel zum Erfolg. Nutzen Unternehmen<br />
das Planen der neuen Arbeitsumgebung<br />
zum Überdenken und Weiterentwickeln<br />
der Arbeitsweisen und -routinen mit<br />
den Mitarbeitern, dann können überkommene<br />
Strukturen sowie Denk- und Verhaltensmuster<br />
aufgebrochen und verändert<br />
sowie zielführendere Prozesse implementiert<br />
werden.<br />
Ermöglichen Unternehmen schon in der<br />
Planungsphase eine Beteiligung der Mitarbeiter,<br />
können sie bereits in ihr eine größere<br />
Mitverantwortung und mehr (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten<br />
anstelle des gewohnten<br />
Top-down-Bestimmens in ihrer Organisation<br />
etablieren. Zudem können so viele Mitarbeiter,<br />
die dem Change noch abwartend beziehungsweise<br />
kritisch-distanziert gegenüberstehen,<br />
bereits in einer frühen Phase als<br />
Mitstreiter gewonnen werden.<br />
Das ist wichtig, denn: Bei Projekten, die<br />
auf das Schaffen einer neuen Kultur der<br />
(Zusammen-)Arbeit abzielen, lautet eine<br />
zentrale Herausforderung wie bei jedem<br />
Change-Projekt, die Treiber – also die Mitarbeiter,<br />
die sich mit den Projektzielen identifizieren<br />
– zu stärken, die Unentschlossenen,<br />
soweit möglich, zu mobilisieren und an den<br />
Widerständen zu arbeiten.<br />
Gelingt dies, wird die neue Arbeitsumgebung<br />
ein räumlich sichtbarer Beleg für den<br />
neuen Mindset – auch für die nicht unmittelbar<br />
betroffenen Kollegen und Partner.<br />
Die Mitarbeiter auch mental<br />
in Bewegung bringen<br />
Aus der Change-Perspektive kann ein Umoder<br />
Neubau ein Glücksfall für das Entwickeln<br />
neuer Arbeitsformen und eines neuen<br />
Mindset sein, bei dem Tradiertes sichtbar<br />
aufgebrochen wird und die Mitarbeiter nicht<br />
nur physisch in Bewegung sind.<br />
Dabei sind Veränderungen der Arbeitsweisen,<br />
die sich aus der digitalen Transformation<br />
ergeben, besonders erfolgskritisch, denn<br />
eine Paradoxie beim Durchdringen der<br />
Arbeitswelt mit Daten und »intelligenten«<br />
Maschinen ist: Der Mensch wird an vielen<br />
Stellen unwichtiger; an anderen hingegen<br />
steigt seine Bedeutung – und zwar überall<br />
dort, wo er bei der Mensch-Maschine-Interaktion<br />
für die nötige Kopplung sorgt.<br />
Entsprechendes gilt bezüglich der Bewältigung<br />
der gestiegenen Komplexität. Lernende<br />
Maschinen werden künftig in den Betrieben<br />
mehr Aufgaben übernehmen. Für den<br />
Mitarbeiter bleiben die besonders herausfordernden<br />
übrig, die schwer zu entscheiden<br />
sind, bei denen es noch keine belastbaren<br />
Erfahrungen gibt und bei denen man sich<br />
auch auf seine aus der Expertise resultierende<br />
Intuition verlassen muss.<br />
Hierfür brauchen die Unternehmen Mitarbeiter,<br />
die dazu bereit und fähig sind, solche<br />
risikobehafteten Entscheidungen zu treffen,<br />
weil sie dies können, wollen und dürfen.<br />
Für das »Können« und »Dürfen« sollen,<br />
wenn ein Umzug ansteht, durch das Projekt<br />
meist die erforderlichen strukturellen Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden. Um<br />
diese effektiv zu nutzen, müssen die Mitarbeiter<br />
in der Regel jedoch geschult werden.<br />
Dasselbe gilt für ihre Führungskräfte, die in<br />
dem neuen Arbeitsumfeld ein (teils) verändertes<br />
Führungsverhalten zeigen müssen.<br />
Deshalb empfiehlt es sich, die Zeit vor und<br />
nach einem geplanten Umzug beziehungsweise<br />
einer Neugestaltung der Arbeitsumgebung<br />
für eine Qualifizierungsoffensive zu<br />
nutzen – zumal die Mitarbeiter in dieser Zeit<br />
des Übergangs meist für neue Impulse sehr<br />
offen sind.<br />
Attraktives Ziel: Sinnvolle Arbeit,<br />
höhere Wirksamkeit<br />
Das »Wollen« hingegen ist bei vielen Mitarbeitern,<br />
wenn es um das Etablieren neuer<br />
Formen der Zusammenarbeit geht, oft schon<br />
gegeben. Die große Resonanz, auf die solche<br />
Schlagworte wie »Agilität«, »New Work«<br />
und »Mindfull Leadership« stoßen, zeigt:<br />
Viele Menschen sehnen sich nach einer sinnerfüllten<br />
(Zusammen-)Arbeit, die sich auch<br />
an anderen Parametern als den top-downdefinierten<br />
Prozessen und einem starren,<br />
vorgegebenen Organisationsgefüge orientieren.<br />
Genau solche Mitarbeiter brauchen<br />
Unternehmen künftig: »Happy working people«<br />
sind kein Selbstzweck, sondern im digitalen<br />
Zeitalter oft eine zentrale Bedingung<br />
für unternehmerischen Erfolg.<br />
*Der Autor ist geschäftsführender<br />
Gesellschafter der Unternehmensberatung<br />
Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.<br />
www.kraus-und-partner.de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
26 Markieren & Kennzeichnen<br />
Metall und Blech unverlierbar und sicher<br />
beschriften<br />
REA Jet zeigte auf der Blechexpo <strong>2019</strong> Kennzeichnungslösungen für die<br />
automatisierte Metallbearbeitung<br />
Mühltal. In der digitalisierten und automatisierten Welt der Blech- und Metallbearbeitung sind verlässliche<br />
Kennzeichnungen unverzichtbar. Auf der Blechexpo <strong>2019</strong> zeigte REA Jet Beschriftungssysteme, die nach Angaben<br />
der REA Elektronik GmbH jegliche Anforderungen moderner Fertigung erfüllen – inklusive dem universellen<br />
Bedienkonzept REA-Jet-Titan-Plattform.<br />
Die Metall- und Blechbearbeitung kennt<br />
alle Extreme – von der zugigen Werkhalle bis<br />
zu großer Hitze am Hochofen, von der rauen<br />
und schmutzigen Produktionsumgebung bis<br />
zum filigranen Feinschnitt, von der öligen<br />
Oberfläche bis zum 1 000 Grad heißen<br />
Werkstück. Die gefertigten Teile jeglicher<br />
Beschaffenheit und Größe und auch Reststücke<br />
haben jedoch eines gemeinsam: Sie<br />
müssen verlässlich gekennzeichnet sein,<br />
damit Menschen oder digitale Systeme sie<br />
jederzeit erkennen, zuordnen und weiterverarbeiten<br />
können. Zudem sind für die individuelle<br />
Rückverfolgbarkeit oft Chargen- und<br />
Datumscodes, Information über Materialeigenschaften,<br />
-stärke und Legierungstyp<br />
erforderlich. »Markenlogos auf Metallteilen<br />
fördern das Unternehmensimage und sind<br />
für Anwender ein Qualitätsversprechen«,<br />
betont die REA Elektronik GmbH.<br />
Der Kennzeichnungsspezialist REA Jet hat<br />
eigenen Informationen zufolge für jede dieser<br />
Anforderungen eine Lösung. »Die flexiblen<br />
Systeme für die berührungsfreie<br />
Auf einen Blick: REA Jet<br />
REA Jet ist eine Produktlinie der REA<br />
Elektronik GmbH mit Sitz in Mühltal bei<br />
Frankfurt am Main. REA Elektronik wurde<br />
1982 gegründet, ist inhabergeführt<br />
und beschäftigt über 400 Mitarbeiter.<br />
In der Produktlinie REA Jet werden<br />
Kennzeichnungs- und Codiersysteme<br />
für die berührungslose, industrielle<br />
Beschriftung entwickelt und produziert.<br />
Zum Portfolio gehören Tintenstrahldrucker,<br />
Laser- und Signiersysteme sowie<br />
Tinten und Verbrauchsmittel.<br />
Leistungsstarke Beschriftungen: Kontrastreiche Kennzeichnungen mit Tintenstrahlsystemen<br />
von REA Jet<br />
Beschriftung werden individuell den Anforderungen<br />
des Anwenders angepasst und<br />
fügen sich in seine Produktionsumgebung<br />
ein. Mit der innovativen REA-Jet-Titan-Plattform<br />
kommt ein weiterer Vorteil von REA Jet<br />
als Vollsortimenter zum Tragen: Sämtliche<br />
Kennzeichnungslösungen sind mit diesem<br />
einheitlichen Bedienkonzept steuerbar – die<br />
Mitarbeiter müssen nur einmal geschult werden<br />
und können dann mit der REA-Jet-Titan-<br />
Plattform alle im Unternehmen eingesetzten<br />
Kennzeichnungssysteme von REA Jet bedienen«,<br />
teilt die REA Elektronik GmbH mit.<br />
Leistungsstark auf rauen und geölten,<br />
heißen und beanspruchten Oberflächen<br />
Das soll auch bei der neuen Generation des<br />
Großschrift-Tintenstrahldruckers REA Jet<br />
DOD 2.0 der Fall sein. »Das schnellste und<br />
langlebigste System seiner Klasse liefert auch<br />
in staubigen und feuchten Umgebungen,<br />
bei Vibration und starken Temperaturschwankungen<br />
gestochen scharfe Druckbilder.<br />
Bei Geschwindigkeiten von mehr als 600<br />
Metern pro Minute druckt er auf nicht saugende<br />
Oberflächen wie Stahlrohre oder Aluminiumplatten<br />
ebenso schnell trocknende<br />
Texte, Daten oder Logos in einer Höhe von 5<br />
bis 140 Millimetern je Schreibkopf – für größer<br />
dimensionierte Beschriftungen können<br />
mehrere Schreibköpfe kombiniert werden.<br />
Seine Modulkomponenten sind schnell ausgetauscht<br />
– und so kann der Anwender des<br />
REA Jet DOD 2.0 unkompliziert zwischen<br />
Markierungsaufgaben wechseln, wie etwa<br />
unterschiedliche Schrifthöhen oder einer<br />
Vielzahl von Tinten in verschiedenen Farben<br />
und mit speziellen Eigenschaften«, so die<br />
REA Elektronik GmbH.<br />
Fotos (2): REA Elektronik GmbH<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Markieren & Kennzeichnen 27<br />
Großschrift-Kennzeichnung von Stahlcoils mit REA JET DOD 2.0<br />
In kleineren Dimensionen, aber ebenso schnell und effektiv soll<br />
der »REA Jet SC 2.0«-Kleinschrift-Tintenstrahldrucker mit<br />
CIJ-Technologie glatte und nicht saugende metallische Oberflächen<br />
bedrucken. »Mit einer vertikalen Auflösung von 48 Pixeln<br />
für bis zu acht Zeilen schreibt er in kleinster Schrift in allen Sprachen<br />
und mit allen internationalen Zeichensätzen alphanumerische<br />
Texte, Barcodes und 2-D-Matrix-Codes, die zudem in kürzester<br />
Zeit trocknen. Das kompakteste System seiner Klasse ist<br />
robust, leicht, von geringer Abmessung und lässt sich – wie alle<br />
anderen Systeme von REA Jet – dank modernster Schnittstellentechnologie<br />
mühelos in die vorhandene Produktionsumgebung<br />
integrieren«, führt der Hersteller aus.<br />
Wo die unverlierbare Markierung metallischer Oberflächen<br />
gewünscht werde, komme der REA Jet FL Faserlaser zum Einsatz,<br />
so die REA Elektronik GmbH. Demnach beschriftet der hochauflösende<br />
Tintenstrahldrucker REA Jet HR schwer zu kennzeichnende<br />
Oberflächen »bei kürzester Trocknungszeit und mit bester<br />
Haftung und Lesbarkeit. Er druckt mit einem Spezialverfahren<br />
Informationen und Codes in einen weißen Tintenspiegel. Das<br />
bietet dem Anwender jegliche Freiheiten, auch schwierig zu<br />
kennzeichnende Produkte verlässlich mit maschinenlesbaren<br />
Codes zu versehen – und erspart ihm das Aufbringen von Etiketten<br />
sowie die damit verbundene Logistik und Lagerhaltung«,<br />
heißt es vonseiten des Herstellers.<br />
In vielen industriellen Prozessen spielen Farbmarkierungen eine<br />
wichtige Rolle – sei es zur Information über Qualität und Zustand<br />
des Produkts, zur Fertigungssteuerung oder die farbige Linienmarkierung<br />
für Rohre, Profile oder Endlosware. »Die Signiertechniklösungen<br />
REA Jet ST ermöglichen nicht nur die punktgenaue<br />
Kennzeichnung metallischer Oberflächen mit Farben und Lacken.<br />
Mit der Kombination mehrerer Signierköpfe zu einem Signierblock<br />
können zudem Punkt für Punkt hohe Texte geschrieben<br />
werden – auch in schwer zugänglichen Bereichen und bei Oberflächentemperaturen<br />
von bis zu 1000 Grad Celsius. Flächig<br />
arbeiten die REA Jet ST Systeme beim Auftrag von Schutzlacken,<br />
Primern oder Prozessflüssigkeiten zur Vor- oder Nachbehandlung<br />
metallischer Oberflächen«, erklärt die REA Elektronik GmbH.<br />
www.rea-jet.com<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
28 Markieren & Kennzeichnen<br />
Warum Laserbeschriften?<br />
Black Marking − Eine einzigartige Laserbeschriftungsmethode für Edelstahl<br />
Hamburg. Pikosekunden-Lasersysteme von Coherent bieten eine schlüsselfertige Lösung für die dauerhafte,<br />
kontrastreiche Beschriftung von Edelstahl. Sie sind ideal geeignet für Anwendungen von der UDI-Kennzeichnung<br />
(Unique Device Identifier) von Medizinprodukten bis hin zu Haushaltsgeräten, ohne negative Auswirkungen<br />
auf die Oberflächenpassivierung.<br />
Von Thorsten Ferbach*<br />
Es besteht zunehmend die Notwendigkeit,<br />
Geräte und Produkte aus Edelstahl mit<br />
Kennzeichen, Hinweismarken oder Logos zu<br />
versehen, die mehrere strenge Kriterien<br />
erfüllen müssen, die den Einsatz alternativer,<br />
konventioneller Techniken wie Druck oder<br />
Gravur weitgehend ausschließen. Bei Medizinprodukten<br />
sind beispielsweise für den<br />
Mehrfachgebrauch bestimmte Geräte von<br />
Rechts wegen mit einer eindeutigen Produktkennzeichnung<br />
(UDI) auszustatten. Ein<br />
großer Nachteil einiger Markierverfahren<br />
aber ist, dass die Kennzeichnung nicht dauerhaft<br />
ist und bei wiederholter Sterilisation<br />
(Autoklavieren) verblasst. Eine Gravur hingegen<br />
beeinträchtigt die Oberflächenpassivierung<br />
und erfordert eine chemische Wiederaufbereitung.<br />
Zudem hinterlässt das Gravieren<br />
eine Oberflächenstruktur, die Verunreinigungen<br />
leichter aufnimmt oder im Falle<br />
von Implantaten Irritationen hervorrufen<br />
kann. In nicht-medizinischen Einsatzbereichen<br />
können aufgedruckte Kennzeichnungen<br />
durch Versand, Handhabung oder Lagerung<br />
schwer lesbar werden oder auch gezielte<br />
Fälschung ermöglichen.<br />
Es gibt mehrere etablierte Verfahren für<br />
die Laserbeschriftung, und zahlreiche Industrien<br />
nutzen diese Techniken seit Jahrzehnten.<br />
Je nach Material werden Kohlendioxidbeziehungsweise<br />
CO 2<br />
-Laser, diodengepumpte<br />
Festkörperlaser (DPSS genannt) oder<br />
Faserlaser auf breiter Basis eingesetzt. Die<br />
verschiedenen Laserbeschriftungstechniken<br />
bringen eine Veränderung innerhalb des<br />
Volumens des Materials, eine Oberflächenfarbänderung<br />
oder eine makroskopische<br />
Veränderung des Oberflächenreliefs (zum<br />
Beispiel Gravur) beziehungsweise der Struktur<br />
mit sich, die leicht erkennbar ist.<br />
Abbildung 1. Nanosekundenlaser markieren Edelstahl durch einen thermischen Prozess, der<br />
eine Schicht aus dunklem Oxid erzeugt.<br />
Markieren von passiviertem Edelstahl<br />
mit Nanosekundenlasern<br />
Laser mit Pulsbreiten im Nanosekundenbereich<br />
(ns) können verwendet werden, um<br />
permanente Markierungen auf Edelstahl zu<br />
erzeugen. Diese kontrastreichen Markierungen<br />
bieten eine kostengünstige Lösung für<br />
medizinische Einmalprodukte und Konsumgüter,<br />
die keiner wiederholten Reinigung<br />
ausgesetzt sind. Es gibt jedoch bestimmte<br />
Einschränkungen, die den Einsatz von ns-Lasermarkierungen<br />
ausschließen. Dies gilt insbesondere<br />
für wiederverwendbare Medizinprodukte.<br />
Diese Einschränkungen ergeben<br />
sich aus inhärenten Faktoren des Markierprozesses<br />
und der Passivierung, die korrosionsbeständige<br />
Oberflächen auf Edelstahlprodukten<br />
erzeugt.<br />
Die Passivierung wird eingesetzt, da Stahl<br />
durch Oxidation leicht korrodiert (Rost). Die<br />
Verwendung von Edelstählen (Legierungen<br />
mit hohem Chromanteil) beseitigt dieses<br />
Problem, da die Oxidation der Oberflächenchromatome<br />
eine dünne, schützende<br />
Außenschicht aus Chromoxid hinterlässt.<br />
Diese Passivierung kann auf natürliche Weise<br />
erfolgen, aber die Dicke und Unversehrtheit<br />
der passivierten Schicht wird in der<br />
Regel durch eine chemische Behandlung mit<br />
einer Säuremischung (Salpetersäure, Zitronensäure)<br />
wie Citrisurf verbessert. Wichtig<br />
ist, dass die passivierte Oberfläche keine freiliegenden<br />
Eisenatome aufweist.<br />
In der Lasertechnologie ist eine Pulsbreite<br />
von zehn oder hundert Nanosekunden relativ<br />
lang. Darüber hinaus sind diese Laser auf<br />
eine maximale Pulswiederholrate von 100<br />
Kilohertz beschränkt, sodass die für einen<br />
schnellen Durchsatz erforderliche hohe<br />
Durchschnittsleistung in eine hohe Pulsenergie<br />
übergeht. Infolgedessen ist die Wechselwirkung<br />
von Laser und Material in erster<br />
Linie photothermisch, wobei eine intensive<br />
Erwärmung zu einer lokalen Schmelzung<br />
führt und die Markierung durch eine chemische/strukturelle<br />
Umwandlung des Edelstahls<br />
entsteht. Diese Transformation beinhaltet<br />
die Diffusion des Chroms von der<br />
Oberflächenschicht weg, die Oxidation von<br />
Chrom- und Eisenatomen, die unterschiedliche<br />
Oxide beider Metalle erzeugen, die<br />
Bilder (9): Coherent<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Markieren & Kennzeichnen 29<br />
Abbildung 2. Die kurzen Pulse eines Pikosekundenlasers erzeugen eine Oberflächenstruktur,<br />
die Licht einfängt und das darunterliegende Material unbeeinflusst lässt.<br />
Entmischung der Legierungskomponenten<br />
und Veränderungen in der Phasen-/Kornstruktur<br />
des rückverfestigten Metalls.<br />
Während diese Art von chemischer/kompositorischer<br />
Kennzeichnung für einige rostfreie<br />
Anwendungen geeignet ist, kann sie<br />
aus verschiedenen Gründen nicht für UDIs<br />
auf wiederverwendbaren Medizinprodukten<br />
eingesetzt werden. Ein Hauptgrund ist, dass<br />
sie die Passivierung der Stahloberfläche stark<br />
beeinträchtigt, wie das Auftreten von starker<br />
Korrosion nach einem einzigen Prüfzyklus<br />
bestätigt: 50 Grad Celsius, fünf Prozent<br />
Salzwasserspray, für 72 Stunden.<br />
Die Einsatzmöglichkeiten von ns-Faserlasern<br />
werden durch weitere Faktoren reduziert.<br />
Insbesondere bei ästhetischen Anwendungen,<br />
wie dem Aufbringen von Markenlogos,<br />
ändern sich zum einen je nach Blickwinkel<br />
Farbe und Kontrast der Markierung.<br />
Zum anderen ist das Erscheinungsbild sehr<br />
empfindlich gegenüber Prozessbedingungen,<br />
vermutlich aufgrund von Schwankungen<br />
in der Dicke der betroffenen Schicht und<br />
der Korngröße innerhalb der transformierten<br />
Schicht. Daher können konsistente Ergebnisse<br />
nur in einem sehr begrenzten Prozessfenster<br />
erzielt werden. Darüber hinaus kann die<br />
thermische Belastung durch die lokale<br />
Erwärmung dünne Teile wie Platten- und<br />
Rohrsubstrate verformen.<br />
der PowerLine Rapid NX), das heißt 10 000-<br />
mal kürzere als die für ns-Faserlaser typischen<br />
Pulsbreiten. Obwohl die Pulsenergie<br />
100-mal geringer sein kann als bei ns-Lasern,<br />
kann die Pulsspitzenleistung (Pulsenergie/Impulsbreite)<br />
100-mal höher sein. Die<br />
Kombination von hoher Spitzenleistung mit<br />
kurzer Pulsdauer führt zu einer sehr unterschiedlichen<br />
und subtileren Transformation<br />
der Metalloberfläche. Ebenso wichtig ist,<br />
dass der in diesen Pikosekundenlasern verwendete<br />
Pulsmechanismus − das sogenannte<br />
Modelocking − Pulswiederholraten bis zu<br />
einem Megahertz unterstützt. So kann der<br />
Laser die hohen Durchschnittsleistungen<br />
(zehn Watt und mehr) liefern, die für einen<br />
kostengünstigen hohen Produktionsdurchsatz<br />
erforderlich sind, ohne jedoch die hohen<br />
Pulsenergien zu erzeugen, die für Nanosekundenlaser<br />
charakteristisch sind, und ohne<br />
die unerwünschten thermischen Effekte.<br />
Wenn der Laserstrahl eines Pikosekundenlasers<br />
auf die Stahloberfläche trifft, erzeugt er<br />
eine kontrastreiche, schwarze Markierung.<br />
Diese ähnelt zwar oberflächlich der Markierung<br />
eines ns-Lasers, ist aber ganz anderer<br />
Art. Die kurze Pulsdauer minimiert den thermischen<br />
Eintrag und begrenzt die Flüssigphase<br />
auf die äußeren Atomschichten. Das<br />
Ergebnis ist die Bildung einer nanoskaligen<br />
Oberflächenstruktur namens Laser Induced<br />
Periodic Surface Structure (LIPSS), die als lichteinfangende<br />
Oberfläche dient. Damit einher<br />
geht eine minimierte Diffusion der Metallatome<br />
und eine begrenzte Entmischung sowie<br />
eine nur teilweise Oxidation der Oberflächenchrom-<br />
und Eisenatome. Während also ns-Laser<br />
eine Markierung aus chemisch transformiertem,<br />
schwarzen Material erzeugen,<br />
erzeugt der ps-Laser eine Oberfläche, die<br />
schwarz erscheint, deren chemische Zusammensetzung<br />
und Legierungsverteilung jedoch<br />
kaum beeinflusst werden.<br />
Vorteile des Black Marking<br />
Das Black Marking von Edelstählen bietet eine<br />
einzigartige Kombination von Vorteilen, die<br />
die schnell wachsende Nachfrage nach diesem<br />
Verfahren bei wiederverwendbaren<br />
Medizinprodukten, Konsumgütern und anderen<br />
Produkten erklärt. Zum einen sind die<br />
Beschriftungen extrem dunkel und bieten<br />
einen sehr hohen Kontrast, der die Lesbarkeit<br />
für Mensch und Maschine optimiert. Ebenso<br />
wichtig ist, dass weder Farbe noch Kontrast<br />
Black Marking mit<br />
Pikosekundenlasern<br />
Dank eines relativ neuen Laserverfahrens,<br />
dem sogenannten Black Marking, gehören<br />
diese Einschränkungen der Vergangenheit<br />
an. Diese Technik basiert auf dem Einsatz<br />
von Lasern, die Pulsbreiten im Bereich von<br />
zehn bis 20 Pikosekunden (ps) liefern (wie<br />
Abbildung 3. Korrosionsbeständigkeit. Diese Markierungen auf Referenzproben des Edelstahls<br />
1.4301 zeigen die Ergebnisse eines 72-stündigen Salzsprühtests für eine ps-Lasermarkierung<br />
(links) und eine ps-Lasermarkierung, gefolgt von einem Passivierungszyklus (rechts). Beide<br />
Proben bleiben im Wesentlichen unbeeinflusst von Korrosion.<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
30 Markieren & Kennzeichnen<br />
Abbildung 4. Diese Bilder zeigen eine schwarze Markierung vor und nach einer 20-minütigen Citrisurf-Passivierung. Die Passivierung hat keinen<br />
Einfluss auf den Kontrast.<br />
durch Veränderungen der Betrachtungs- oder<br />
Beleuchtungswinkel beeinflusst werden, was<br />
die Lesbarkeit zusätzlich erhöht.<br />
Für den Markt der wiederverwendbaren<br />
Medizinprodukte bietet das Black Marking<br />
zwei wichtige Vorteile: Erstens beeinträchtigt<br />
der Beschriftungsprozess eine zuvor<br />
passivierte Oberfläche nicht, und zweitens<br />
führt eine vor der Passivierung durchgeführte<br />
Markierung nicht dazu, dass durch<br />
die nachfolgende Passivierung die Markierung<br />
in irgendeiner Weise verblasst. Diese<br />
Widerstandsfähigkeit und Flexibilität, die<br />
Markierung in verschiedenen Prozessschritten<br />
durchführen zu können, maximiert den<br />
Wert des Verfahrens und senkt die Kosten.<br />
Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für Korrosionstest-Referenzproben<br />
aus Edelstahl<br />
1.4301, bei denen beide unter identischen<br />
Prozessbedingungen schwarz markiert<br />
waren, aber nur eine der Proben mit Citrisurf<br />
danach passiviert wurde. Beide Proben<br />
wurden dann einem Korrosionstest von 72<br />
Stunden in 50 Grad Celsius, fünf Prozent<br />
Salzwasser, unterzogen. Es gibt praktisch<br />
keinen Unterschied in der Fähigkeit der<br />
Markierungen, Korrosion zu widerstehen.<br />
Andere Edelstähle zeigen ähnliche Ergebnisse,<br />
und während Markierungen auf einigen<br />
minderwertigen Stählen durch diese<br />
Art der Korrosionsprüfung leicht verblasst<br />
sind, sind sie immer noch sehr gut lesbar<br />
und ohne Anzeichen von Oberflächenkorrosion/Oxidation.<br />
Abbildung 4 zeigt die<br />
Fähigkeit von ps-Lasermarkierungen, einer<br />
späteren Passivierung standzuhalten. Hierzu<br />
wurde eine Datamatrixcodemarkierung<br />
einem typischen Passivierungszyklus des<br />
Eintauchens in sieben Prozent Citrisurf<br />
2250 für 20 Minuten bei 50 Grad Celsius<br />
unterzogen. Es ist keine signifikante Veränderung<br />
der Lesbarkeit der Markierung zu<br />
erkennen.<br />
Ebenso gute Resultate erzielt das Black<br />
Marking auch bei wiederverwendbaren<br />
Medizinprodukten, die einer wiederholten<br />
Wiederaufbereitung (zum Beispiel dem<br />
Autoklavieren) standhalten müssen. Abbildung<br />
5 zeigt eine typische UDI-Markierung<br />
nach 50 Autoklavierzyklen, die aus alphanumerischen<br />
Daten und einem 2-D-Barcode<br />
besteht. Die Markierung ist nicht verblasst,<br />
und ebenso wichtig ist, dass keine Anzeichen<br />
für eine Oberflächenkorrosion vorhanden<br />
sind.<br />
Ein weiterer, wesentlicher Vorteil des<br />
ps-Laserbeschriftens ergibt sich aus den<br />
damit verbundenen, minimalen thermischen<br />
Einflüssen. Das Verfahren ist damit besonders<br />
gut für den Einsatz bei thermisch empfindlichen<br />
und zerbrechlichen Teilen wie<br />
Drähten, Rohren, dünnen Blechen und kleinen<br />
Implantaten geeignet, da keine Gefahr<br />
einer Formänderung besteht.<br />
Aus reinen Praktikabilitätsgesichtspunkten<br />
ist es wichtig zu wissen, dass die Prozessergebnisse<br />
im Gegensatz zu Verfahren mit<br />
Abbildung 5. Dieses Bild zeigt eine UDI-Markierung nach 50 Autoklavierzyklen ohne<br />
signifikanten Einfluss auf die Lesbarkeit und ohne sichtbare Korrosion.<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Markieren & Kennzeichnen 31<br />
ns-Lasern relativ unempfindlich gegenüber<br />
Veränderungen der Laserleistung, des Laserfokus<br />
usw. sind. Dies führt zu einem großen<br />
Prozessfenster, was sowohl den Durchsatz<br />
als auch den Ertrag steigert.<br />
Lasersysteme und<br />
Produktionsintegration<br />
Pikosekundenlaser haben sich in den letzten<br />
15 Jahren bewährt − so befinden sich beispielsweise<br />
allein von dem Coherent Power-<br />
Line Rapid NX hunderte Laser im Feld. Mit<br />
Ausnahme von Laser-Auftragsfertigern und<br />
Spezialmaschinenbauern benötigen die<br />
meisten Anwendungen heute aber viel mehr<br />
als den reinen Laser. Coherent wird diesem<br />
Bedarf durch unterschiedliche Integrationsebenen<br />
gerecht. Die beiden beliebtesten<br />
Lösungen sind Laser-Sub-Systeme wie der<br />
PowerLine Rapid NX, bestehend aus Strahlquelle,<br />
Strahlführungsoptik und Scankopf<br />
sowie komplette Stand-Alone-Systeme<br />
inklusive Roboterautomatisierung.<br />
Sowohl Sub-Systeme als auch schlüsselfertige<br />
Systeme werden mit einem Pikosekundenlaser<br />
mit einer Pulsfolgefrequenz<br />
von bis zu einem Megahertz geliefert, um<br />
eine schnelle Markierung zu ermöglichen.<br />
Sie verfügen alle über das VisualLaserMarker<br />
(VLM)-Softwarepaket. Die VLM-Software<br />
besteht aus einem grafischen Editor<br />
zur Generierung des Layouts und einer<br />
CAD-Erweiterung zum Import aller gängigen<br />
Dateitypen: DXF, BMP, JPG, PDF und AI.<br />
Spezielle Markierinhalte und umfangreiche<br />
Beschriftungsparameter für die Markierung<br />
sind leicht konfigurierbar. Die schlüsselfertigen<br />
Systeme verfügen optional über eine<br />
Granit-Montageplattform für maximale<br />
Stabilität und Markierungsauflösung. Der<br />
Arbeitsbereich ist auf maximale Flexibilität<br />
ausgelegt, um unterschiedliche Bauteilgrößen<br />
und -geometrien aufnehmen zu können.<br />
Bis zu drei lineare Bewegungsachsen<br />
arbeiten servo-gesteuert und können mit<br />
einer optionalen Drehachse für Rohre und<br />
andere rotationssymmetrische Teile kombiniert<br />
werden. Kundenspezifische Teileaufnahmen<br />
und Spannvorrichtungen sind<br />
ebenfalls verfügbar. Darüber hinaus beinhalten<br />
die schlüsselfertigen Systeme ein<br />
optionales Bildverarbeitungssystem, das<br />
eine automatisierte Vor- und/oder Nachkontrolle<br />
ermöglicht.<br />
Abbildung 6. Schlüsselfertige Systeme für das Black Marking sind in sich<br />
geschlossene Arbeitsplätze, einschließlich einer optionalen Roboterschnittstelle<br />
und Absaugsystem.<br />
Die Steuersoftware und die externen Schnittstellen<br />
sind so konzipiert, dass sie die Integration<br />
in eine vernetzte Fabrik vereinfachen.<br />
Innerhalb der Automatisierungspyramide<br />
bietet unser Laser-Framework I/O verschiedene<br />
Schnittstellen zu MES/ERP-Systemen,<br />
die sowohl standardisierte als auch proprietäre<br />
Schnittstellen unterstützen, darunter<br />
Host-Kopplung (HK), Marking Job Control<br />
(MJC) via TCP/IP, WS Siemens Webservice,<br />
HTTP, Unified Automation (OPC UA), Industry<br />
4.0, um nur einige zu nennen.<br />
In hochgradig vernetzten Fertigungsprozessen<br />
müssen Anlagen oft auch horizontal<br />
mit anderen Systemen oder SPS-Steuerungen<br />
kommunizieren können. Über eine<br />
TwinCat-Paketkomponente, die alle gängigen<br />
Bustypen unterstützt, können unterschiedliche<br />
Feldbussysteme angebunden<br />
werden: EtherCAT, Ethernet, TCP/IP, PROFI-<br />
BUS, PROFINET, EtherNet/IP, CANopen, Modbus,<br />
IO-Link, RS232 und RS485.<br />
Zusammenfassung<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die<br />
direkte Kennzeichnung auf Edelstahluntergründen<br />
zunehmend gefragt ist, um beispielsweise<br />
den Vorschriften für Medizinprodukte<br />
gerecht zu werden, aber auch aus<br />
ästhetischen Gründen (zum Beispiel Markenlogo).<br />
Ein neuer Laserprozess – nämlich<br />
das Black Marking – erfüllt genau diese<br />
Marktanforderung und bietet eine dauerhafte<br />
Kennzeichnung, die ohne erneute<br />
Passivierung auskommt und auch nach Dutzenden<br />
von Autoklavenzyklen gut lesbar<br />
bleibt.<br />
*Der Autor ist Business Development<br />
Manager bei Coherent-Rofin.<br />
www.coherent.com<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
32 Steel art<br />
Zeitzeugen aus Eisen und Stahl<br />
Deutsche Stiftung Denkmalschutz bewahrt Baudenkmale<br />
Bonn. Sie gehören eher zu den unverstandenen Zeitzeugen, oft gar zu den ungeliebten. Die stählernen Kolosse<br />
unserer Industriegeschichte, denen wir doch letzten Endes einen Teil unseres Wohlstandes zu verdanken haben.<br />
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bemüht sich nicht nur darum, sie zu bewahren, sondern wirbt auch um<br />
Verständnis für diese Gattung unserer Baukultur. Beispiele mit einem sehr direkten Bezug zum Werkstoff Stahl sind<br />
beispielsweise der legendäre Agentenaustauschplatz Glienicker Brücke, die wie ein Sauschwänzle gewundene<br />
Wutachtalbahn oder die Völklinger Hütte, ein Kulturerbe auf Weltniveau.<br />
Autor: Thomas Mertz *<br />
Die im Flußbogen der Saar gelegene<br />
Völklinger Hütte ist die bedeutendste historische<br />
Hütte des Saarlandes. Technikgeschichtlich<br />
ist sie in Europa einzigartig. Binnen<br />
eines Jahrzehnts entwickelte sie sich zu<br />
einem der größten Roheisen- und Stahlerzeuger<br />
im Deutschen Reich. Technische<br />
Innovationen der Maschinenbau- und Ingenieursbaukunst<br />
des frühen 20. Jahrhunderts,<br />
die hier erstmals Einsatz fanden, hatten<br />
weltweit eine Vorbildfunktion. Keine andere<br />
Hütte besaß so viele Patente wie die in Völklingen.<br />
So war etwa die Walzenzugmaschine<br />
05 aus dem Profilwalzwerk – 19<strong>12</strong> von<br />
dem saarländischen Maschinenbauunternehmen<br />
Ehrhardt und Sehmer erbaut – nicht<br />
nur die größte jemals gebaute Dampfmaschine<br />
in Europa, sondern ist heute auch die<br />
letzte erhaltene und noch arbeitende Gleichstrom-Einzylinder-Dampfmaschine<br />
der Bauart<br />
Stumpf. Das hervorstechende Denkmal<br />
– nicht nur saarländischer Maschinenbaukunst<br />
– bildet den End- und Höhepunkt der<br />
Dampfmaschinenära.<br />
Substanzerhalt<br />
bei der Völklinger Hütte<br />
Weltbekannter Flussübergang: Die Glienicker Brücke, oftmals Agentenaustauschpunkt<br />
im Kalten Krieg<br />
Die Völklinger Hütte besteht aus einer Hochofengruppe,<br />
der von 1936 bis 1944 errichteten<br />
eigenen Kokerei, der Sinteranlage von 1928,<br />
der Trockengasreinigung von 1911 und den<br />
sechs Gasgebläsemaschinen (von 1905 bis<br />
1914) in der von 1900 bis 1938 entstandenen<br />
Gebläsehalle. 1986 wurde die Völklinger Hütte<br />
stillgelegt und bereits 1995 als erstes technisches<br />
Denkmal aus der Blütezeit der Industrialisierung<br />
in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes<br />
aufgenommen. Mit ihren sechs Hochöfen,<br />
den jedem Ofen zugeordneten drei Winderhitzern<br />
und den Gichtgasleitungen<br />
beherrscht die Anlage die Silhouette der Stadt.<br />
Die private, von Spenden lebende und von<br />
der GlücksSpirale als Destinatär unterstützte<br />
Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) konzentrierte<br />
sich von 1992 an bis 2001 auf<br />
Maßnahmen der Substanzerhaltung. Für<br />
Sicherungsmaßnahmen an den Hochöfen,<br />
Außenputzarbeiten am Hochofen-Büro, die<br />
Sicherstellung der Walzenzugmaschine, die<br />
Europawerkstatt sowie die Restaurierung der<br />
Erzschrägbrücke, der Gichtbühne und der<br />
Sinteranlage stellte sie insgesamt rund 1,3<br />
Millionen Euro zur Verfügung. Alle Bauteile<br />
wurden in Stahl ergänzt und erhielten einen<br />
dunkelgrauen Korrosionsschutz. Heute kann<br />
die Völklinger Hütte überregional mit ihren<br />
Ausstellungen, Veranstaltungen und dem<br />
Science Center glänzen und Besucher an<br />
unsere Industriegeschichte heranführen.<br />
»Alte Schmelz« als bauliches Zeugnis<br />
unternehmerischer Fürsorge<br />
Nach der Jahrtausendwende betrieb die Stadt<br />
St. Ingbert mit Unterstützung auch der DSD<br />
die Revitalisierung der Industriebrache im<br />
ehemaligen Eisenwerk Alte Schmelz. Nach<br />
der Fertigstellung der Arbeitersiedlung, ein<br />
bauliches Zeugnis unternehmerischer Fürsor-<br />
Quelle: Roland Rossner / Deutsche Stiftung Denkmalschutz<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Steel art 33<br />
Quelle: M. L. Preiss / Deutsche Stiftung Denkmalschutz<br />
Die Wutachtalbrücke entstand als Folge des deutsch-französischen Krieges von 1870/71.<br />
ge, der Möllerhalle und der Alten Schlosserei<br />
wurde 20<strong>12</strong> das leerstehende Herrenhaus<br />
saniert und einer Büronutzung zugeführt. Das<br />
zentrale Funktionsgebäude des 1733 gegründeten<br />
Eisenwerks ist aber die Möllerhalle. Hier<br />
war der Hochofen untergebracht, in dem aus<br />
einer Mischung aus Eisenerz, Holzkohle und<br />
Zuschlagstoffen, dem sogenannten Möller,<br />
Roheisen hergestellt wurde. Bei dem Ensemble<br />
Alte Schmelz in St. Ingbert handelt es sich<br />
um eine der ganz seltenen erhaltenen<br />
Gesamtanlagen dieser Art, die nicht nur für<br />
das Saarland und die Bundesrepublik, sondern<br />
auch für den europäischen Raum von<br />
besonderer Bedeutung ist. Die Deutsche Stiftung<br />
Denkmalschutz stellte zwischen 1994<br />
und 2014 insgesamt über 900 000 Euro für<br />
verschiedene Restaurierungsmaßnahmen zur<br />
Verfügung.<br />
Sayner Hütte: Wunderwerk<br />
der Technik<br />
Die langjährige engagierte Instandsetzung<br />
der Sayner Hütte in Bendorf wurde von der<br />
DSD zweimal mit insgesamt rund <strong>12</strong>0 000<br />
Euro unterstützt. Bendorf und die Ausläufer<br />
des Westerwaldes prägten jahrhundertelang<br />
der Bergbau und das Hüttenwesen. Seit dem<br />
17. Jahrhundert betrieb man mit dem Wasser<br />
des Saynbachs eine Vielzahl von Pochund<br />
Hammerwerken. 1769/1770 gründete<br />
dann der letzte Trierer Kurfürst, Clemens<br />
Wenzeslaus, die Sayner Hütte. 1815 übernahm<br />
sie der preußische Staat. Die Preußen<br />
bauten die Sayner Hütte in den folgenden<br />
50 Jahren zu einer der größten Hütten in<br />
ganz Preußen aus. Die in Bendorf trat durch<br />
neuartige Funktionsabläufe beim Verhütten<br />
und Gießen sowie durch die Leistungsfähigkeit<br />
ihrer Gebrauchseisen- und Kunstgutproduktion<br />
als neuer Musterbetrieb hervor. Von<br />
1828 bis 1830 entstand die neue Gießhalle<br />
mit Hochofen. Sie wurde in tragender Konstruktion<br />
aus Gusseisen-Fertigteilen errichtet,<br />
nicht zuletzt, um durch das neue Baumaterial<br />
Eisen die Feuergefahr bei Funkenflug<br />
zu reduzieren. Die einer dreischiffigen<br />
Säulenbasilika nachempfundene Bauform<br />
demonstrierte das Selbstbewusstsein der<br />
Bauherren. Das Innere besticht durch die<br />
gusseiserne Binderkonstruktion des Daches.<br />
1878 legte man den Hochofen, 1926 die<br />
ganze Hütte still. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
wurden Teile des in der Presse als Wunderwerk<br />
der Technik gepriesenen Denkmals<br />
abgerissen. 1975 erwarb sie der Ingenieur<br />
Heinrich Strüder und rettete sie in letzter<br />
Sekunde vor dem schon genehmigten<br />
Abriss. Heute wird die Gießhalle im Rahmen<br />
eines Tourismuskonzepts für das gesamte<br />
Areal museal und als Veranstaltungshalle für<br />
Konzerte, Ausstellungen, Tagungen und<br />
Seminare genutzt.<br />
Maximilianshütte: ein Eisenwerk<br />
von 1561<br />
Ähnliches ließe sich für die Maximilianshütte<br />
im bayrischen Bergen berichten. Das seit<br />
einem Besuch von König Maximilian Joseph im<br />
Jahre 1824 »Maxhütte« genannte Eisenwerk<br />
wurde bereits 1561 gegründet. Heute zählen<br />
zu dem Ensemble vor allem Gebäude des<br />
frühen und mittleren 19. Jahrhunderts. Die<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
34 Steel art<br />
Gebäude der Maxhütte waren bis 1932 in<br />
Betrieb. Die Dreherei, in der ursprünglich das<br />
Hammerwerk untergebracht war, wurde<br />
kurz nach der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
südlich an das monumental wirkende<br />
Walzwerk angebaut und dient heute als<br />
Ausstellungshalle für die Präsentation der<br />
Geschichte und Arbeitsweise der Maxhütte.<br />
Gefördert hat sie die DSD Ende der 1990er-<br />
Jahre mit rund 45 000 Euro.<br />
Wutachtalbahn: gewunden<br />
wie ein Sauschwänzle<br />
Rund 800.000 Euro der Deutschen Stiftung<br />
Denkmalschutz flossen in die am südöstlichen<br />
Rand des Schwarzwalds befindliche<br />
Bahnstrecke der Wutachtalbahn. Die zwischen<br />
Blumberg-Zollhaus und Weizen verlaufende,<br />
26 Kilometer lange Strecke entstand<br />
infolge des Deutsch-Französischen<br />
Krieges von 1870/71 zur Umgehung des<br />
Schweizer Kantons Schaffhausen. Die normalspurige<br />
Eisenbahnlinie sollte bei einem<br />
befürchteten neuen Waffengang die Bundesfestung<br />
Ulm an der Donau mit der bis<br />
dahin noch nie eroberten französischen Festung<br />
Belfort südlich des deutsch besetzten<br />
Elsaß militärisch verbinden. Das gigantische<br />
Bauvorhaben wurde von 1887 bis 1890<br />
umgesetzt unter der Vorgabe, dass auch das<br />
schwerste Geschütz noch transportierbar<br />
sein müsste. Dazu wurde eine gleichmäßig<br />
geringe und höchstzulässige Steigung von<br />
10 Promille festgelegt und mussten in einem<br />
geologisch und topographisch schwierigen<br />
Gelände zur Überwindung der Höhendifferenz<br />
von 230 Metern zahlreiche Ingenieurbauten<br />
erstellt werden. Die bemerkenswerten<br />
Puddelstahlkonstruktionen auf eisernen<br />
Gerüstpfeilern sind unverändert erhalten<br />
geblieben. Neben den fünf großen Brücken<br />
in einer Gesamtlänge von 834 Metern<br />
umfasst die »Kanonenbahn« noch weitere<br />
40 Brücken, Unter- und Überführungen<br />
sowie 70 gewölbte und offene Durchlässe.<br />
Drei der sechs Tunnelanlagen mit einer<br />
Gesamtlänge von 4 560 Metern sind Sporntunnel.<br />
Das imposanteste Bauwerk dieser<br />
Bahnstrecke ist Deutschlands einziger Kreiskehrtunnel,<br />
der der Strecke auch den Beinamen<br />
»Sauschwänzlebahn« verdankt. Der<br />
Bahnhof in Zollhaus wurde 1889 errichtet.<br />
Seit 1977 wird die Wutachtalbahn als Museumsbahn<br />
genutzt.<br />
Das Ulmer Münster wurde ab 1377 gebaut, Dachstühle aus Eisen erhielt es im 19. Jahrhundert.<br />
Am 26. September 2017 wurde in Potsdam<br />
der Abschluss der Restaurierungsarbeiten an<br />
den Kolonnaden der Glienicker Brücke gefeiert.<br />
Auch hier hatte die Deutsche Stiftung<br />
Denkmalschutz (DSD) in den vorausgegangenen<br />
Jahren durch vielfache Benefizaktionen<br />
die Restaurierung der Säulenarchitektur<br />
an dem weltbekannten Flussübergang<br />
unterstützen können und insgesamt rund<br />
110 000 Euro für die Wiederherstellungsmaßnahmen<br />
zur Verfügung gestellt. Die<br />
Standsicherheit der Kolonnaden war bereits<br />
lange Zeit stark gefährdet gewesen. Die<br />
inneren Stahlverbindungen der aus Wünschelburger<br />
Sandstein bestehenden Säulenarchitektur<br />
waren gerostet. Die damit verbundene<br />
Volumenzunahme führte zu Rissen<br />
und gefährdete die Säulen und Gesimse der<br />
die Brücke seitlich begrenzenden Konstruktion.<br />
Die beiden Kolonnaden wurden nacheinander<br />
abgebaut und mit Edelstahlverbindungen<br />
wiedererrichtet. Auch der einzeln<br />
stehende Brückenpfeiler (Pylon) – wurde<br />
restauriert.<br />
Agentenaustauschplatz<br />
Glienicker Brücke<br />
Die Glienicker Brücke hatte man im 17. Jahrhundert<br />
zunächst als schmalen Holzübergang<br />
errichtet. Nach zwei weiteren Übergängen<br />
entschied man sich zu Beginn des<br />
20. Jahrhunderts zu einer »plumpen Eisenkonstruktion«,<br />
über die die Fachwelt spöttelte.<br />
Doch den Spaziergängern und Radfahrern<br />
gefiel die Stahlträgerkonstruktion gut,<br />
und die Brücke avancierte rasch zum beliebten<br />
Ausflugsziel. Nach dem Zweiten Welt-<br />
Quelle: Ute Willinger / Deutsche Stiftung Denkmalschutz<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Steel art 35<br />
Quelle: Deutsche Stiftung Denkmalschutz<br />
Die Gießhalle der Sayner Hütte besticht durch ihre dreischiffige Bauform und die gusseiserne Konstruktion des Daches.<br />
krieg wieder aufgebaut, diente die Brücke<br />
als Grenzübergang zwischen Ost und West.<br />
Von 1953 bis zum Mauerfall im November<br />
1989 war sie nur mit Sondergenehmigung<br />
zu passieren. Im Kalten Krieg erlangte sie<br />
zwiespältigen Ruhm als Austauschpunkt für<br />
Agenten. Seit 1990 gehört das Ensemble<br />
zum Weltkulturerbe Potsdam.<br />
Ulmer Münster: Erster Glockenstuhl<br />
aus Eisen<br />
Das Ulmer Münster befindet sich im Zentrum<br />
der Altstadt. 1377 begonnen, stellte man<br />
den Baubetrieb 1543 ohne Vollendung des<br />
Westturms ein. Er war nur bis zum Glockengeschoss<br />
aufgeführt worden. Nach Wiederaufnahme<br />
der Arbeiten entstanden zwischen<br />
1844 und 1890 die beiden Osttürme,<br />
und der Westturm wurde abgeschlossen.<br />
Zugleich erneuerte man die Dachstühle in<br />
Eisen. Der monumentale, spätgotische Kirchenbau<br />
im Zentrum der alten Reichsstadt<br />
wurde als Pfarrkirche von einer selbstbewussten<br />
Bürgerschaft aus eigenen Mitteln<br />
errichtet. Der Westturm ist mit seinen 161<br />
Metern der höchste Kirchturm der Welt. Die<br />
Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützt<br />
die Restaurierungsmaßnahmen am<br />
Ulmer Münster bereits seit 2008 nicht zuletzt<br />
dank ihrer treuhänderischen Julius-Rohm-<br />
Stiftung. Die langjährige Unterstützung<br />
begann mit der Restaurierung der Eisenkonstruktion<br />
des Glockenstuhls, die korrodiert<br />
war.<br />
Fazit und Ausblick<br />
Viele weitere Baudenkmale aus Stahl und<br />
Eisen konnte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz<br />
seit ihrer Gründung 1985 retten<br />
helfen. Viele weitere warten noch auf ihre<br />
Wiederherstellung.<br />
* Der Autor ist Leiter der Pressestelle<br />
der Deutschen Stiftung Denkmalschutz<br />
www.denkmalschutz.de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
36 Steel art<br />
Die rustikale Treppen(r)evolution<br />
Zusammenspiel von Holz und Stahl erzeugt interessantes Spannungsgefüge<br />
Bad Tölz. In einem Haus im bayerischen Bad Tölz finden die Werkstoffe Holz und Stahl zueinander. Dank ihrer<br />
unterschiedlichen Materialität entstand ein durchweg interessantes Spannungsgefüge aus warm und kalt,<br />
hart und weich. Und eine moderne Rustikalität, die dem Wunsch der Menschen entspricht, sich mit Dingen zu<br />
umgeben, die authentisch sind.<br />
Von Margit Spitzbart*<br />
Auf den ersten Blick ist alles aus Holz:<br />
Böden, Decken, Fensterrahmen, Wände,<br />
Tische, Sitzgelegenheiten, Regale und sogar<br />
die Küche. Holz, wohin das Auge blickt. Bis<br />
hinein in den Flur. Dort schmiegt sie sich<br />
selbstbewusst nach oben: die Treppe aus<br />
Auf einen Blick: spitzbart treppen<br />
Der Treppenbauer spitzbart treppen<br />
GmbH konzipiert und fertigt seit fast<br />
40 Jahren Design-Treppen für Privat<br />
und Gewerbe, den Innen- und Außenbereich.<br />
Das Team des Familienunternehmens<br />
besteht aus Kommunikationsdesignern,<br />
Innenarchitekten und<br />
Metallbautechnikern. Seit 2016<br />
ergänzt Heavy Metal Interior –<br />
Design-Möbel aus unbehandeltem<br />
Stahl – die spitzbart-Marke.<br />
Holz und Stahl – eine moderne Rustikalität<br />
unbehandeltem Stahl. Ungeschminkt, mit<br />
Ecken und Kanten lehnt sich die Designtreppe<br />
des fränkischen Treppenbauers spitzbart-treppen<br />
an das stimmige Grundkonzept<br />
der Schreinerei Hauf aus dem bayerischen<br />
Weßling an. »Die Idee einer Treppe aus<br />
Stahl, als Kontrapunkt zur puristischen<br />
Raumgestaltung aus Massivholz, stand von<br />
Fotos (3): spitzbart treppen GmbH<br />
WALZSTAHLHANDEL ESSEN GmbH<br />
– Import Walzstahlprodukte –<br />
Stabstahl – – Sonderabmessungen – Spezialprofile – Spezialprofile<br />
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Fax +49 (0)201 74956033<br />
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Tel. +49 (0)201 74956032 Fax +49 (0)201 74956033<br />
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stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Steel art 37<br />
Stahltreppe Leporella im Holzhaus<br />
Andreas Hauf im Holzhaus in Bad Tölz<br />
Anfang an fest«, so der Schreinermeister<br />
Andreas Hauf. Bei den Spitzbarts war er hierfür<br />
genau an der richtigen Adresse. Seit vielen<br />
Jahren schon haben sich die Treppenbauer<br />
mit ihren mehrfach ausgezeichneten<br />
Design-Treppen aus Stahl einen Namen<br />
gemacht. Und Haufs Vorstellungen von einer<br />
mondänen Neuinterpretation der bayerischen<br />
Gemütlichkeit »einfach top« umgesetzt.<br />
Modernes Design in anspruchsvoller<br />
handwerklicher Ausführung<br />
Und so betritt man den Raum mit seiner<br />
Treppe und hat das Gefühl, das alles stimmt –<br />
gerade wegen der bewusst gewählten<br />
Gegensätze. »Die Kombination aus Stahl<br />
und Holz ist einfach genial. Hiermit kann<br />
man spielen. Man schafft das gewisse<br />
Etwas, das den deutlichen Unterschied zu<br />
rein rustikaler Gestaltung hervorhebt«,<br />
schwärmt Hauf. »Im Möbelbau erkennen<br />
wir eine neue Liebe zur Materialität. Es darf<br />
gezeigt werden, was es ist«, erklärt der<br />
Schreinermeister, der sich auf Inneneinrichtung<br />
spezialisiert hat. Und für den noch<br />
eine andere Kombination stimmen muss:<br />
die aus modernem Design und anspruchsvoller<br />
handwerklicher Ausführung, gepaart<br />
mit der Liebe zum Material. Die für ihn<br />
nicht nur in der Verarbeitung eine wichtige<br />
Rolle spielt, sondern vor allem in ihrer<br />
unverwechselbaren Wirkung. »Holz«, so<br />
Hauf, »ist ein lebendiges Material. Dadurch<br />
ist jedes geschaffene Möbel einzigartig. Sie<br />
können das Alter erkennen, sie können es<br />
riechen und spüren.« Wenn man es so<br />
sieht, ist Stahl vielleicht doch nicht so sehr<br />
ein Kontrapunkt zum Holz. Schon eher ein<br />
Verbündeter. Denn auch die sichtbaren<br />
Gebrauchsspuren der Stahltreppe und der<br />
Geländer, die die Aufgänge und die Galerie<br />
zieren, erzählen ihre ganz eigene Geschichte.<br />
Lebendig und ungeschönt reduziert auf<br />
das Wesentliche.<br />
*Die Autorin ist Marketingleiterin<br />
der spitzbart treppen GmbH.<br />
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stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
38 Steel art<br />
»Wer mit Feuer arbeitet, kommt an Stahl<br />
nicht vorbei«<br />
Interview mit Thomas Kaiser, Geschäftsführer von »höfats«<br />
Kempten. Ähnlich wie der grasbewachsene Berg in den Allgäuer Alpen, bewegt sich das Unternehmen<br />
»höfats« gerade steil bergauf. Alleine in den vergangenen drei Jahren gewann das Team um die Gründer und<br />
Geschäftsführer Thomas Kaiser und Christian Wassermann mehr als 35 internationale Designpreise. Ihre kreativen<br />
Produkte bewegen sich rund um das Thema »offenes Feuer im Freien«. Das Zusammenspiel von Technik und<br />
Design und die Vorzüge von Stahl erläutert Kaiser im Gespräch mit Niklas Reiprich.<br />
Von unserem Redakteur Niklas Reiprich<br />
Ihr Unternehmen vereint eine Design-<br />
Agentur mit kreativen Produktentwicklungen.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Thomas Kaiser: Christian und ich haben<br />
gemeinsam in Kempten Maschinenbau studiert<br />
und im Anschluss Produkt-Design in<br />
Berlin. Durch unsere Doppelausbildung<br />
beherrschen wir das Spannungsfeld zwischen<br />
Design und Engineering. Das Agenturgeschäft<br />
haben wir ursprünglich gestartet,<br />
weil es als Dienstleistung in der Designbranche<br />
üblich ist. Parallel dazu haben wir<br />
eigene Produktideen entwickelt und vorangetrieben.<br />
So entstand höfats mit seinem<br />
heutigen Portfolio.<br />
Auf welcher Idee basiert das Sortiment<br />
von höfats?<br />
TK: Unsere erste Produktentwicklung war<br />
der hochfunktionale Holzkohlegrill »Cone«.<br />
Er lässt eine einfache und funktionale Hitzeregulierung<br />
zu und bringt ein optisch<br />
ansprechendes Design mit. Derartige Kombinationen<br />
sind im Grill- und Outdoorbereich<br />
sehr selten. Auch im Bereich der Feuerkörbe<br />
scheint es den meisten Anwendern zu reichen,<br />
eine Schale mit Holz zu füllen und zu<br />
entzünden. Für uns war das der Anlass, den<br />
multifunktionalen »Cube« zu entwerfen.<br />
Die darin enthaltene Feuerschale bleibt<br />
schwerkraftbedingt immer im Lot und das<br />
Feuer kann beim Umdrehen des Würfels einfach<br />
gelöscht werden. In dem Zustand stellt<br />
er dann ein vielseitig nutzbares Outdoor-Möbel<br />
dar. Grundsätzlich geht es bei unseren<br />
Produkten um funktionalen Mehrwert und<br />
visuelle Innovation.<br />
Foto: hoefats<br />
Welchen Stellenwert nimmt der Werkstoff<br />
Stahl für Sie ein?<br />
TK: Wer mit Feuer arbeitet, kommt an Stahl<br />
nicht vorbei. Das Material weist eine sehr<br />
filigrane und trotzdem tragfähige und<br />
belastbare Struktur auf. Wir wollen Produkte<br />
entwickeln, die möglichst langlebig sind<br />
und an denen man über lange Zeit Spaß hat.<br />
Durch unsere Erfahrungen im Maschinenbau<br />
und dem Zugang zur Metallurgie kennen wir<br />
uns mit dem Werkstoff und dessen Verarbeitung<br />
gut aus und kennen seine Vorzüge.<br />
Ihre Produkte wurden vielfach ausgezeichnet,<br />
zuletzt die »Beer Box« beim<br />
jüngsten Stahlinnovationspreis. Was hat<br />
die Jury überzeugt?<br />
TK: Bei der »Beer Box« war ausschlaggebend,<br />
dass der Materialwechsel den kompletten<br />
Mehrnutzen mitbringt. Eine Bierkiste aus<br />
Kunststoff ist lediglich ein Transportmittel für<br />
Flaschen. Wir haben einen Parameter – den<br />
Werkstoff – verändert und eine Kiste aus Corten-Stahl<br />
gefertigt. Dadurch ist sie alternativ<br />
2015 haben Christian Wassermann (l.)<br />
und Thomas Kaiser das Unternehmen<br />
„höfats“ gegründet. Zuvor hatten<br />
die beiden Freunde Maschinenbau<br />
in Kempten und anschließend<br />
Produktdesign in Berlin studiert.<br />
In den vergangenen drei Jahren<br />
gewannen sie mit ihren entwickelten<br />
Produkten mehr als 25 internationale<br />
Designpreise.<br />
als Transportmittel, Flaschenöffner, Feuerkorb,<br />
Grill oder Hocker nutzbar. Durch die<br />
Anlehnung an das Thema Bier werden natürlich<br />
vornehmlich positive Assoziationen<br />
geweckt und die Menschen zum Schmunzeln<br />
gebracht. Das hat uns sicherlich geholfen.<br />
Was ist in der Zukunft von höfats zu<br />
erwarten?<br />
TK: Es wird jedenfalls nicht langweilig! Wir<br />
werden uns im Bereich des offenen Feuers<br />
weiter austoben und die Kollektion kontinuierlich<br />
ausbauen. Die Marke soll zukünftig<br />
auf sämtlichen Kanälen im Handel sichtbar<br />
sein – auch auf internationaler Ebene. Unserer<br />
aktuellen Linie werden wir aber vollkommen<br />
treu bleiben und weiterhin innovative<br />
Produkte anbieten, die sich vom Status Quo<br />
unterscheiden.<br />
Vielen Dank für das Gespräch.<br />
www.hoefats.com<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Steel art 39<br />
Stahl ∙ Edelstahl ∙ Anschlagrohre ∙ Bauelemente<br />
BFS sucht die besten Bauwerke<br />
und Studienarbeiten<br />
Nächster Schritt zur volldigitalen Einreichung vollzogen<br />
Düsseldorf. Mit dem Ingenieurpreis, Förderpreis und Preis des Deutschen<br />
Stahlbaues 2020 spricht bauforumstahl (BFS) Tragwerksplaner, Studierende<br />
und Architekten an. »Wir gehen nun den nächsten Schritt zur volldigitalen<br />
Einreichung. Für unsere Teilnehmern steht ab sofort ein benutzerfreundliches<br />
Portal bereit, um an den Wettbewerben teilzunehmen«, betont<br />
Dr. Rolf Heddrich, Sprecher der Geschäftsführung von BFS.<br />
»Neu ist auch, dass wir nun den Ingenieurpreis<br />
mit den anderen Preisen zusammengelegt<br />
haben, um allen Gewinnern den<br />
glanzvollen Rahmen des Tags der Stahl.<br />
Architektur für die Preisverleihung zu bieten«,<br />
so Heddrich.<br />
Die Teilnehmer erfahren erst auf der Preisverleihung,<br />
welche Projekte gewonnen<br />
haben. Die Jury nominiert bis zu <strong>12</strong> Projekte<br />
pro Wettbewerb. Die Architekten- und die<br />
Ingenieurkammer Bremen sind ideelle Partner<br />
der Preise.<br />
Die Jurys bestehen 2020 aus den folgenden<br />
Persönlichkeiten:<br />
Preis:<br />
• Prof. Christoph Ackermann, Geschäftsführer<br />
Ackermann Ingenieure München<br />
• Prof. Regine Leibinger, Partnerin B-L Barkow<br />
Leibinger Berlin<br />
• Regierungsdirektorin Christine Neuhoff,<br />
Referatsleiterin Bauingenieurwesen, Nachhaltiges<br />
Bauen, Bauforschung BMI Berlin<br />
• Oliver Platz, Präsident der Architektenkammer<br />
der freien Hansestadt Bremen<br />
• Jakob Schoof, Stellvertretender Chefredakteur<br />
Detail München<br />
• Susanne Wartzeck, Präsidentin BDA Berlin<br />
• Prof. Thomas Winterstetter, Vorstand und<br />
Partner Werner Sobek AG Stuttgart<br />
Ingenieurpreis:<br />
• Gunther Adler, Geschäftsführer Die Autobahn<br />
GmbH des Bundes Berlin<br />
• Lars Feulner, Leiter Konstruktion Züblin<br />
Stahlbau GmbH Hosena<br />
• Rolf Heinecke, Geschäftsführer Christmann<br />
& Pfeifer Construction GmbH & Co.<br />
KG Angelburg<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong><br />
• Prof. Rainer Hempel, Institutsleiter Institut<br />
für Tragwerksforschung und -entwicklung<br />
Bonn<br />
• Konrad Kudla, Leiter Technisches Büro<br />
Stahl- und Anlagenbau Max Bögl Neumarkt<br />
• Prof. Ulrike Kuhlmann, Universität Stuttgart<br />
• Katja Reich, Chefredakteurin Deutsche<br />
Bauzeitschrift Berlin<br />
• Torsten Sasse, Präsident der Ingenieurkammer<br />
der freien Hansestadt Bremen<br />
Förderpreis:<br />
• Prof. Helmut Hachul, Architektur + Metallbau<br />
FH Dortmund<br />
• Prof. Arne Künstler, Institut für Entwerfen-Konstruieren-Gebäudelehre<br />
Technische<br />
Hochschule Köln<br />
• Prof. Bernd Naujoks, Fachgebiet Stahlbau<br />
und Verbundkonstruktionen Bergische<br />
Universität Wuppertal<br />
• Thorsten Pollok, Niederlassungsleiter stahl<br />
+ verbundbau gmbh Düsseldorf<br />
• Prof. Jürgen Reichardt, Münster School of<br />
Architecture<br />
• Boris Schade-Bünsow, Chefredakteur Bauwelt<br />
Berlin<br />
• Georg Schmidthals, Partner GRAFT Berlin<br />
»Die hochkarätige Zusammensetzung der<br />
Jurys werten wir als starkes Statement der<br />
Branche für unsere Wettbewerbe. Darauf<br />
sind wir sehr stolz«, bekräftigt Heddrich. Die<br />
Auslobungen laufen noch bis Februar/März<br />
2020. Alle Informationen und die Anmeldung<br />
befinden sich auf der BFS-Webseite.<br />
bauforumstahl.de/wettbewerbe<br />
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40 Aus den Unternehmen<br />
GKD: Feinere Gewebe, höhere Porosität<br />
Großes Interesse an gewebten Medien für eine sauberere Umwelt<br />
Düren. »Mit unseren Lösungen sind wir am Puls der Zeit«, lautet das Fazit von Peter Wirtz, Geschäftsbereichsleiter<br />
Industriegewebe von GKD - Gebr. Kufferath AG (GKD), zum GKD-Messeauftritt bei der FILTECH in Köln.<br />
Noch nie konnte das Unternehmen eine vergleichbar hohe Besucherresonanz bei der Messe für Filter- und<br />
Trenntechnik verzeichnen. Insbesondere die gezeigten Lösungen zur Wasseraufbereitung mit immer feineren<br />
Geweben, zum Mikroplastikrückhalt und zur Energieeinsparung bei der Heißgasfiltration wurden stark<br />
nachgefragt.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
Eine zentrale Rolle spielte bei vielen<br />
Gesprächen das Thema Umwelt. Hier punkten<br />
die GKD-Filtermedien und -systeme aus<br />
recycelbarem Edelstahl grundsätzlich durch<br />
mechanische Robustheit, Verschleißbeständigkeit,<br />
Schweißbarkeit und Möglichkeit zur<br />
Wiederbespannung. Die zunehmende Sensibilität<br />
der Kunden gegenüber jedwedem<br />
Einsatz von Kunststoffen oder Klebern führte<br />
gleich mehrere verantwortliche Entwickler<br />
an den Stand der technischen Weberei. Für<br />
die unterschiedlichen Prozesse der Wasseraufbereitung<br />
standen die Gewebefamilien<br />
Fotos (3): GKD<br />
Bei den Optimierten Tressen präsentierte GKD weitere Abstufungen in den Öffnungsbereichen<br />
15 bis fünf Mikrometer.<br />
Das automatische Kompaktfiltersystem<br />
Maxflow von GKD mit integrierter Brikettierung<br />
zur Filtration von Kühlschmierstoffen<br />
der Optimierten Tressen (OT) oder Porometric-Gewebe<br />
im Mittelpunkt des Interesses.<br />
Bei den Optimierten Tressen präsentierte<br />
GKD weitere Abstufungen in den Öffnungsbereichen<br />
15 bis fünf Mikrometer. Hohe<br />
Schmutzaufnahmekapazität, geringe Verblockungsneigung<br />
und exzellente Reinigungseigenschaften<br />
qualifizieren sie für<br />
zahlreiche Schlüsselanwendungen in der<br />
Industrie. In der Mikrosiebung sind die OT<br />
mit einer geometrischen Porenöffnung von<br />
fünf Mikrometern unerreicht in Feinheit und<br />
Permeabilität. Damit setzen sie auch in der<br />
großtechnischen Wasseraufbereitung neue<br />
Maßstäbe. Porometric-Gewebe sind eine<br />
vielfach ausgezeichnete Weiterentwicklung<br />
der Optimierten Tressen. Sie gelten in der<br />
Prozess- und Ballastwasser-, ebenso wie in<br />
der Öl- und Gasfiltration als eines der leistungsstärksten<br />
Filtermedien überhaupt. Ihre<br />
konstruktiv bedingte Porosität von bis zu 80<br />
Prozent und mehr mit entsprechend hoher<br />
Permeabilität und Bestmarken bei der Abreinigung<br />
erschließt bislang unbekanntes Effizienzpotenzial.<br />
Das Interesse der meisten<br />
Standbesucher, die wegen dieser beiden<br />
Gewebefamilien das Gespräch mit GKD<br />
suchten, galt der Verfahrens- und Engineering-Kompetenz<br />
der Filtrationsexperten. So<br />
diskutierten sie mit ihnen Fragestellungen<br />
zur Verarbeitung, zum Schweißen oder zur<br />
konstruktiven Unterstützung der dünnen<br />
Gewebe gegen Rückspüldrücke.<br />
Stark gefragt: Integrierte<br />
Lösungskompetenz<br />
Die GKD-Expertise im Bereich Rückhalt von<br />
Mikroplastik führte bei der Messe auch zu<br />
zahlreichen neuen Kontakten. Dabei war<br />
auch der im Rahmen des Forschungsprojektes<br />
RAU (Reifenabrieb in der Umwelt) von<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Aus den Unternehmen 41<br />
Das Filtermedienlaminat Trimetric von GKD kombiniert sonst<br />
nur für PTFE-Filtermedien typische Rückhalteraten mit 600 Grad<br />
Celsius Temperaturbeständigkeit.<br />
GKD entwickelte Probenahmekorb zur Partikelfraktionierung<br />
wiederholt Thema. Ihn kennzeichnet eine Kaskade aus unterschiedlich<br />
feinen Filtermedien, mit deren Hilfe die Partikel durch<br />
eine integrierte Online-Messung automatisch erfasst und<br />
beprobt werden können. Aber auch völlig neue Ansätze in<br />
Bereichen wie Medizin, Automotive und Umweltschutz waren<br />
gefragt. Ein Impuls dafür war auch das zur Messe erstmals der<br />
Fachöffentlichkeit präsentierte Filtermedienlaminat Trimetric für<br />
die Heißgasfiltration. Diese vierlagige, hochporöse und dennoch<br />
eigenstabile Konstruktion aus drei verschiedenen Edelstahl-Filtermedien<br />
kombiniert sonst nur für PTFE-Filtermedien typische<br />
Rückhalteraten mit 600 Grad Celsius Temperaturbeständigkeit.<br />
»Mit dieser metallbasierten Lösung beantworten wir die Notwendigkeit<br />
zur Energieeinsparung, die eine zentrale Herausforderung<br />
in der Heißgasfiltration ist«, so Peter Wirtz. Das Trimetric-Filtermedienlaminat<br />
erübrigt energieintensives Wiederaufheizen<br />
des Gases und senkt die Belastung nachgelagerter Aggregate.<br />
Dank seiner mechanischen Stabilität wird auch kein Stützkorb<br />
benötigt. Zudem widersteht es auch schwingender oder<br />
impulsartiger Belastung. Diese Robustheit erlaubt sogar bei<br />
Bedarf eine externe Reinigung des Laminats per Hochdruckreiniger.<br />
Ohne Umbau können die innovativen Trimetric-Filtermedienlaminate<br />
in vorhandene Kerzenfilteranlagen integriert werden.<br />
Für den Einsatz in existierenden Schlauchfilteranlagen ist<br />
nur eine leichte Modifikation der Befestigungselemente im Filtergehäuse<br />
erforderlich. Zudem verfügen die Filtermedienlaminate<br />
über hohe Schmutzaufnahmekapazität, gute Reinigungseigenschaften<br />
und exzellente Kuchenablösung.<br />
Doch auch an bestehenden Produkten kam das Interesse der<br />
Standbesucher nicht zu kurz. Ob das automatische Kompaktfiltersystem<br />
Maxflow mit integrierter Brikettierung zur Filtration<br />
von Kühlschmierstoffen oder Neverleak-Filterplatten als wiederbespannbare<br />
Plattenfilter für die Anschwemmfiltration: Auch<br />
hier waren die Nachfragen so konkret, dass bereits am Tag nach<br />
der Messe Angebote verschickt wurden. Entsprechend positiv<br />
bewertet Peter Wirtz auch die Qualität der Gespräche. »Das<br />
waren wirkliche Fachgespräche mit relevanten Playern über<br />
unsere Lösungen für zentrale Zukunftsthemen.«<br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin von impetus.PR,<br />
Agentur für Corporate Communications GmbH.<br />
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Abb.: Preise und Mengen sind beispielhaft und stellen kein verbindliches Angebot dar.<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
42 Aus den Unternehmen<br />
Carl Leipold GmbH feiert 100-jähriges<br />
Bestehen<br />
Das Familienunternehmen entwickelte sich vom Lohnfertiger zum Systemanbieter<br />
Wolfach. Vom Handwerksbetrieb zum hochspezialisierten Industriepartner: In ihrer 100-jährigen Geschichte hat<br />
sich die Carl Leipold GmbH von einer Lohndreherei zum Systemanbieter für Präzisionsdrehteile entwickelt. Bereits<br />
in vierter Generation fertigt das Unternehmen an seinen Standorten in Wolfach, Dransfeld und Connecticut, USA,<br />
Lösungen für unterschiedliche Branchen.<br />
1919 gründete der gelernte Mechaniker<br />
Carl Leipold ohne eigenes Startkapital den<br />
gleichnamigen Betrieb. Die Wurzeln der<br />
Gruppe liegen bis heute in der Wiege der<br />
Präzisionstechnik, dem Schwarzwald – der<br />
zur Zeit der Gründung bereits hochindustrialisiert<br />
war. Nach den widrigen Nachkriegsjahren<br />
erfuhr das Unternehmen dank der<br />
Golden Zwanziger einen wirtschaftlichen<br />
Aufschwung und zog 1927 schließlich an<br />
den heutigen Stammsitz in der Vorstadtstraße<br />
in Wolfach.<br />
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges stockte<br />
die Entwicklung. Die Zeit des Nationalsozialismus<br />
zwang den Betrieb dazu, seine<br />
Produktion umzustellen und fortan kriegswichtige<br />
Güter zu produzieren.<br />
20<strong>12</strong> übernimmt die vierte Generation die<br />
volle Verantwortung und setzt die Familiengeschichte<br />
konsequent fort – Pascal Schiefer<br />
wird neuer geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Carl Leipold GmbH. Neben der Spezialisierung<br />
in verschiedene Branchen treibt der<br />
45-jährige die Investitionen in neue Fertigungs-<br />
und Werkzeugtechnologien voran,<br />
wodurch das Unternehmen ihm zufolge »für<br />
kommende Herausforderungen« gerüstet sei.<br />
Eine der ersten Maßnahmen Schiefers ist die<br />
Verdopplung der Produktionsfläche in Leipolds<br />
Werk im US-amerikanischen Connecticut,<br />
eigenen Angaben zufolge eine Reaktion<br />
auf das wachsende USA-Geschäft. Das dortige<br />
Werk solle künftig selbstständig wirtschaften,<br />
unabhängig von der Muttergesellschaft.<br />
Vom Handwerksbetrieb<br />
zum Industrieunternehmen<br />
In ihrer 100-jährigen Geschichte hat sich die<br />
Carl Leipold GmbH von einer Lohndreherei<br />
zum Systemanbieter für Präzisionsdrehteile<br />
entwickelt. Das Bild zeigt die Fertigung eines<br />
hochpräzisen Drehteils.<br />
Während des unerwartet schnellen Wirtschaftswachstums<br />
nach Beendigung des<br />
Krieges nahm der Betrieb wieder Fahrt auf.<br />
Noch vor seinem Tod im Jahr 1979 konzipierte<br />
Namensgeber Carl Leipold neue Drehautomaten<br />
und verarbeitete dabei Material<br />
erstmals vom Ring. 1953 zählte das Unternehmen<br />
bereits 40 Mitarbeiter, bis zum<br />
50-jährigen Bestehen 1969 wuchs die Mitarbeiterzahl<br />
auf 100 an. Carl Leipolds<br />
Schwiegersohn übernahm bis zu seinem<br />
plötzlichen Tod das operative Geschäft. Ihm<br />
gelang es, die Anzahl der Mitarbeiter erneut<br />
zu steigern. Heute zählt das Unternehmen<br />
nach eigenen Angaben zu einem der wichtigsten<br />
Arbeitgeber Wolfachs.<br />
Der Enkel des Firmengründers, Dr. Karl-<br />
Heinz Schiefer, formte Leipold schließlich<br />
von einem großen Handwerksbetrieb zu<br />
einem Industrieunternehmen mit standardisierten<br />
Abläufen und Verfahren. Unter seinem<br />
Geschick wurden sowohl ein unternehmenseigener<br />
Vertrieb als auch die digitale<br />
Infrastruktur aufgebaut. Neue Produkte<br />
werden fortan insbesondere für die Automobilbranche<br />
sowie die Industrie- und Elektrotechnik<br />
gefertigt. Die Verarbeitung des<br />
Unternehmens umfasst Kupfer- und Stahllegierungen<br />
sowie Aluminium und Titan. Rund<br />
die Hälfte der hochkomplexen Produkte fertigt<br />
es heute aus Edelstahl. 1997 war Leipold<br />
eigenen Angaben zufolge die erste Dreherei<br />
in Europa mit einem Öko-Audit nach der<br />
EG-Öko-Verordnung.<br />
Schwerpunkt auf Produktionsausbau<br />
am Stammsitz<br />
Aktuell schiebt Schiefer die Produktionserweiterung<br />
in Wolfach an. »Mit unseren Bestrebungen<br />
bekennen wir uns klar zum Produktionsstandort<br />
Wolfach. Wo unsere Geschichte<br />
begann, sehen wir auch eine erfolgreiche<br />
Zukunft für unser Unternehmen«, so Schiefer.<br />
Teil dieser angestrebten Konsolidierung war<br />
2017 bereits der Verkauf des Tochterunternehmens<br />
Hora-Werk GmbH an die Stuttgarter<br />
BWK Unternehmensbeteiligungsgesellschaft.<br />
Nach Unternehmensinformationen<br />
beabsichtigt Schiefer damit, sich vom Bereich<br />
der klassischen Elektrotechnik zu trennen und<br />
zukünftig neue Aufgabenfelder im Kerngeschäft<br />
zu etablieren. Darunter sollen etwa der<br />
Ausbau der Branchen Mobility und Industrietechnik<br />
sowie die Weiterentwicklung der neu<br />
gestarteten Luftfahrtbranche fallen. <br />
www.leipold.com/de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Aus den Unternehmen 43<br />
thyssenkrupp lässt Roboter mit Aufzügen<br />
kommunizieren<br />
Mithilfe einer Schnittstelle ermöglicht der Aufzugshersteller autonome Fahrten<br />
von Robotern in Gebäuden<br />
Essen. thyssenkrupp Elevator hat in den USA offiziell eine neue Roboter-Schnittstellenplattform vorgestellt,<br />
die den Lieferservice innerhalb von Gebäuden ermöglicht.<br />
»Durch die Integration der Aufzugsschnittstelle<br />
etwa in Auslieferungsrobotern<br />
können Bauherren und Gebäude-Manager<br />
die Inhouse-Logistik erheblich verbessern,<br />
effiziente Abläufe steigern und den Mietern<br />
attraktivere Bedingungen bieten«, teilt der<br />
Aufzughersteller mit. Bislang konnten Roboter<br />
nach Unternehmensangaben nicht unabhängig<br />
in Gebäuden agieren – spätestens an<br />
der Aufzugstür war demnach für sie Schluss,<br />
die Fahrt in andere Stockwerke blieb ihnen<br />
ohne menschliche Hilfe verwehrt. »Die<br />
Schnittstelle von thyssenkrupp ermöglicht<br />
nun die Kommunikation zwischen Roboter<br />
und Aufzug, sodass Roboter diesen nutzen<br />
können wie jeder normale Fahrgast«, so thyssenkrupp.<br />
In Hotels und Krankenhäusern in den USA<br />
sind thyssenkrupp zufolge bereits zahlreiche<br />
Pilotprojekte erfolgreich abgeschlossen worden.<br />
»Die Aufzugsschnittstellen können<br />
unter anderem so programmiert werden,<br />
dass sie eng mit dem Speisentransport im<br />
Hotel (Room Service) oder der Reinigungskolonne<br />
koordiniert sind. Auch eine Koordination<br />
mit der (automatisierten) Security<br />
oder der Aufsicht ist möglich«, erklärt thyssenkrupp.<br />
Die Schnittstelle soll den Robotern<br />
die Bewegungsfreiheit ermöglichen, die<br />
auch Bewohner, Gäste und Patienten in den<br />
Gebäuden genießen. Der Aufzug werde via<br />
WLAN oder 4G LTE gerufen, das Zielstockwerk<br />
werde vom Roboter bestimmt und der<br />
Aufzug in Bewegung gesetzt. <br />
www.thyssenkrupp-elevator.com<br />
Anarbeitung in Perfektion.<br />
www.universal-stahl.com<br />
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Nürnberg Tel.: +49 911 37751-0<br />
Stuttgart Tel.: +49 711 34215-0<br />
Zwickau Tel.: +49 375 35380-0
44 Stahlkultur<br />
I’m Alive<br />
Durch den fortwährenden Austausch spiegelpolierter<br />
Edelstahlflächen mit der Umgebung<br />
wirken Kunstwerke aus nichtrostendem Stahl<br />
mit diesem Finish ungewöhnlich lebendig. Beispielhaft<br />
hierfür steht auch die Plastik »I’m<br />
Alive« von Tony Cragg am Opernhaus in Wuppertal.<br />
Wie ein schlangenähnliches Fabelwesen,<br />
das gerade untertauchen möchte, windet sich<br />
ihr mächtiger Körper, der sich vom Kopf bis zur<br />
Schwanzspitze kontinuierlich verjüngt. Ihre<br />
geradezu lebendige Wirkung bezieht sie aus<br />
der fließenden Formgebung, der die Spiegelungen<br />
der vorbeifahrenden Autos zusätzliche Dynamik<br />
verleihen.<br />
www.wzv-rostfrei.de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Stahlkultur 45<br />
in Wuppertal<br />
Foto: WZV / tew-welt-der-form<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
46 Aus der Produktwelt<br />
Herzenssache Edelstahl<br />
In der Hightech-Medizin findet Edelstahl große Verwendung<br />
Düsseldorf. Tagein, tagaus vollbringt das menschliche Herz Höchstleistung: Mit mehr als 100 000 Schlägen pro<br />
Tag pumpt es das Blut durch die Gefäße – 2,5 Millionen Liter im Jahr. Falsche Ernährung, Bewegungsmangel,<br />
Übergewicht und Rauchen machen ihm jedoch das Leben schwer. Nicht ohne Grund zählt Herzschwäche zu den<br />
drei häufigsten Todesursachen in Deutschland. Ärzte und Ingenieure arbeiten mit immer ausgereifteren Verfahren<br />
und Technologien an wortwörtlich herzerfrischenden Maßnahmen. Bahnbrechende Fortschritte in Diagnostik,<br />
Operationstechnik, apparativer und medikamentöser Unterstützung geben immer mehr Menschen ihr Herz voll<br />
funktionsfähig zurück. Einen wichtigen Beitrag zu diesem glänzenden Ergebnis liefert der Werkstoff Edelstahl.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
Foto: WZV / Andrea, AdobeStock<br />
Ob verengte Herzkranzgefäße oder Defekte an den Herzklappen: Herzkatheter aus Edelstahl<br />
Rostfrei sind fast schon Alleskönner.<br />
1967 schaute die Welt fasziniert nach<br />
Kapstadt, als der südafrikanische Chirurg<br />
Christiaan Barnard erstmals ein menschliches<br />
Herz verpflanzte. Zwei Jahre später, also<br />
genau vor 50 Jahren, erfolgte in München<br />
die erste Herztransplantation unter der Leitung<br />
von Rudolf Zenker. In beiden Fällen<br />
starben die Patienten jedoch nach kurzer<br />
Zeit. Entmutigen ließen sich davon weder<br />
Mediziner noch Forscher. Die Entwicklung<br />
der Herz-Lungen-Maschine und von Medikamenten,<br />
die die Abstoßung des fremden<br />
Organs unterdrückten, verbesserte Diagnostik<br />
durch bildgebende Verfahren, und neue<br />
Operationstechniken brachten schließlich<br />
den Durchbruch. Heute sind Herztransplantationen<br />
Standard. Über 40 000 Herzen wurden<br />
weltweit in den letzten 20 Jahren verpflanzt.<br />
Im Jahr 2018 erhielten in Deutschland<br />
318 Menschen ein neues Herz durch<br />
Organspende. Nach einem Jahr sind 80<br />
Prozent, nach zehn Jahren 60 Prozent der<br />
Empfänger unverändert guter Dinge. Paradebeispiel<br />
für das Leben mit einem Spenderherz<br />
ist der deutsche Extremsportler Elmar<br />
Sprink, der seit 20<strong>12</strong> ein fremdes Herz hat<br />
und damit bereits fünfmal erfolgreich am<br />
berüchtigten Ironman teilnahm. Eine<br />
Herztransplantation wird aber nur dann in<br />
Erwägung gezogen, wenn alle anderen<br />
Behandlungsmethoden durch Medikamente<br />
und Operationen ausgeschöpft sind. So hat<br />
auch der durch Gefäßverengung oder<br />
-schluss ausgelöste Herzinfarkt seinen Schrecken<br />
verloren: Laut Deutscher Herzstiftung<br />
ist die Sterblichkeit zwischen 1991 und 2011<br />
bei Männern um 42,4 Prozent und bei Frauen<br />
um 37,2 Prozent gesunken. Entscheidend<br />
für den Behandlungserfolg ist allerdings, wie<br />
schnell der Patient eine medizinische Erstversorgung<br />
erfährt.<br />
Freie Fahrt durch die Hauptschlagader<br />
Mit einem breiten Spektrum an Möglichkeiten<br />
zur Diagnose und Therapie erschließen<br />
Kardiologie und Herzchirurgie kranken Herzen<br />
in immer mehr Fällen nachhaltige Besserung.<br />
Ob verengte Herzkranzgefäße, Herzrhythmusstörungen,<br />
Entzündungen am Herzmuskel<br />
oder Defekten an den Herzklappen:<br />
Fast schon Alleskönner in der modernen<br />
Kardiologie sind Herzkatheter. Sie kommen<br />
sowohl zur Diagnose als auch zur Therapie<br />
zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe kann der Arzt<br />
Herzkammern und Herzkranzgefäße betrachten,<br />
Engstellen identifizieren und so aufdehnen,<br />
dass das Blut wieder ungehindert fließen<br />
kann. Über einen kleinen Schnitt in der Leistenbeuge<br />
oder im rechten Unterarm schiebt<br />
der Arzt unter Röntgenkontrolle einen dünnen<br />
Schlauch durch die Hauptschlagader bis<br />
zu den Herzkranzgefäßen oder -kammern<br />
vor. Für Befund und Diagnose macht er dabei<br />
mit eingespritztem Kontrastmittel die Gefäßstrukturen<br />
auf dem Computerbildschirm<br />
sichtbar und kann die Pumpleistung des Herzens<br />
messen. Über 290 000 Mal pro Jahr wird<br />
mit diesem Verfahren auch eine Ballondilatation<br />
gemacht – ein durch Ablagerungen verengtes<br />
Herzkranzgefäß wieder aufgeweitet.<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Aus der Produktwelt 47<br />
Bei diesem nur 30 Minuten dauernden Eingriff<br />
schiebt der Arzt einen bis zu 1,5 Meter<br />
langen Edelstahlkatheter über die Hauptschlagader<br />
bis ins Herz vor. Wenige Millimeter<br />
hinter der Spitze dieses feinen Schlauchs, der<br />
einen Durchmesser von nur 1,5 bis zwei Millimetern<br />
hat, ist ein zusammengefalteter Ballon<br />
befestigt. Mit vier bis 20 atü Druck wird<br />
an der Engstelle Kontrastmittel in den<br />
Schlauch eingespritzt. Dadurch entfaltet sich<br />
der Ballon ruckartig, drückt die Ablagerung<br />
in die Gefäßwand und weitet so die Engstelle<br />
wieder auf.<br />
Gitternetz mit<br />
Entfaltungsmöglichkeiten<br />
In den meisten Fällen öffnet sich zusammen<br />
mit dem Ballon auch ein sogenannter Stent,<br />
eine Gefäßstütze aus nichtrostendem Stahl.<br />
Er wird an der Gefäßwand zur Stabilisierung<br />
des Gefäßes verankert, während<br />
Ein Stent, eine Gefäßstütze aus Edelstahl,<br />
wird an der Gefäßwand zur Stabilisierung<br />
des Gefäßes verankert.<br />
Katheter samt Ballon wieder entfernt werden.<br />
Stents, Gitternetzröhren aus hochwertigem<br />
medizinischen Edelstahl Rostfrei<br />
haben einen Durchmesser von zwei bis fünf<br />
Millimetern und können bis zu vier Zentimeter<br />
lang sein. Je nach Stärke der Gefäße<br />
und Ausmaß der Verengung wählt der Arzt<br />
das passende Modell. Die Urform des Stents<br />
aus unbeschichtetem Edelstahl, der sogenannte<br />
Bare-Metal-Stent, kommt allerdings<br />
nur noch in rund zehn Prozent der Fälle<br />
zum Einsatz. In der Regel ist ein Edelstahlstent<br />
heute mit einem zellwachstumshemmenden<br />
Medikament oder einem<br />
Immunsuppressivum zur Verhinderung<br />
einer Abstoßreaktion beschichtet. Diese<br />
Wirkstoffe gibt er gezielt an die umgebenden<br />
Zellen der Koronararterie ab und beugt<br />
so einem erneuten Verschluss, im Fachjargon<br />
einer Restenose, vor. Bei Herzrhythmusstörungen<br />
kann eine minimalinvasive<br />
Operation per Katheter das Vorhofflimmern<br />
Fotos (2): WZV / BIOTRONIK<br />
oder -flattern beseitigen. Zu diesem Zweck<br />
wird der eingeführte Draht durch Strom so<br />
erhitzt, dass er jene Stelle im Herzen verödet,<br />
die die fehlerhaften Impulse auslöst.<br />
Auch bei Herzklappenfehlern leistet ein<br />
Katheter aus Edelstahl wertvolle Hilfe. So<br />
weitet er Verengungen der Aorta oder Mitralklappe<br />
wieder auf oder verschließt ein<br />
Loch in der Scheidewand zwischen den beiden<br />
Vorkammern. Bei Patienten, die für<br />
eine konventionelle Herz-Operation mit<br />
Öffnung von Brustkorb und Herz zu sehr<br />
geschwächt sind, werden sogar die Aortenklappen<br />
minimalinvasiv ersetzt. Für diesen<br />
schonenden Herzklappenersatz kommen<br />
ein Edelstahl-Stent aus feinstem Gittergeflecht<br />
sowie eine dreiflügelige Gewebeklappe<br />
zum Einsatz. Zunächst wird die erkrankte<br />
Herzklappe per Ballonkatheter erweitert,<br />
anschließend die zusammengefaltete Herzklappenprothese<br />
auf den Katheter gesetzt<br />
und in der Hauptschlagader bis auf Höhe<br />
der zu ersetzenden Aortenklappe vorgeschoben.<br />
Beim Entfalten verdrängt die Prothese<br />
die erkrankte Aortenklappe, sodass<br />
sie deren Tätigkeit übernehmen kann,<br />
sobald der Ballonkatheter wieder gezogen<br />
wurde.<br />
Tempomat fürs kranke Herz<br />
Patienten mit zu langsamem Herzschlag<br />
oder zeitweisen Aussetzern (Bradykardie)<br />
Stents aus Edelstahl haben einen Durchmesser von zwei bis fünf Millimetern und können bis zu vier Zentimeter lang sein.
48 Aus der Produktwelt<br />
Fotos (2): B. Braun Melsungen AG<br />
bringt ein implantierter Herzschrittmacher<br />
Linderung. Rund 300 000 Patienten tragen<br />
bundesweit ein solches Gerät, jedes Jahr<br />
werden 40 000 Herzschrittmacher implantiert.<br />
In örtlicher Betäubung werden dafür<br />
durch einen vier bis fünf Zentimeter breiten<br />
Schnitt unterhalb des rechten Schlüsselbeins<br />
ein oder zwei Edelstahlsonden bis an die<br />
betroffene Stelle des Vorhofs oder der rechten<br />
Herzkammer geschoben. Diese Sonden<br />
regen durch Stromspannungsimpulse von<br />
wenigen Volt das Herz zur Kontraktion an<br />
und veranlassen es so zum richtigen Schlagrhythmus.<br />
Das dazu erforderliche Aggregat<br />
wird oberhalb des großen Brustmuskels<br />
implantiert. Während ältere Geräte nur die<br />
Pulsfrequenz messen konnten, dienen Herzschrittmacher<br />
der jüngsten Generation<br />
zugleich als Langzeit-EKG-Gerät, das remote<br />
eine permanente medizinische Kontrolle<br />
ermöglicht. Herzrhythmusstörungen, die<br />
zum plötzlichen Herzstillstand führen können,<br />
nimmt die Implantation eines Defibrillators<br />
den Schrecken. Auch hier haben Edelstahl-Sonden<br />
eine stromleitende Funktion,<br />
wenn es gilt, Kammerflimmern per Elektroschock<br />
zu stoppen und den normalen Herzrhythmus<br />
wiederherzustellen. Dafür werden<br />
die Sonden an das Defibrillator-Aggregat<br />
angeschlossen, das unter dem großen Brustmuskel<br />
implantiert wird. Dennoch ist für<br />
Patienten mit Herzinsuffizienz im Endstadium<br />
nach Ausschöpfen all dieser Möglichkeiten<br />
eine Transplantation oftmals die letzte<br />
Rettung. Zur Überbrückung der Wartezeit<br />
auf ein passendes Spenderorgan wird rund<br />
tausend betroffenen Patienten pro Jahr ein<br />
Herzunterstützungssystem implantiert. Bei<br />
diesen künstlichen Herzpumpen-Systemen<br />
wird zwischen Lang- und Kurzzeitsystemen<br />
unterschieden. Letztere sind Geräte, die<br />
außerhalb des Körpers liegen und lediglich<br />
kurzfristig als Unterstützung oder Ersatz der<br />
Herz- und Lungenfunktion dienen. Langzeitsysteme,<br />
auch Kunstherz genannt, bestehen<br />
aus einer Pumpe in der Größe einer Zwei-Euro-Münze<br />
mit einer elektromagnetisch angetriebenen<br />
Turbine. Sie soll das durch die<br />
Pumpe strömende Blut unbeschädigt vom<br />
Herzen zur Aorta transportieren. Dieses<br />
Hightech-Pumpensystem aus Edelstahl und<br />
Kunststoff erzeugt dabei auch einen künstlichen<br />
Puls, um die Entstehung von Thrombosen<br />
innerhalb des Geräts zu verhindern.<br />
Das Kunstherz wird in den Muskel der linken<br />
Herzkammer eingesetzt und mittels zwei<br />
Röhrchen mit Herzkammer und Herzschlagader<br />
verbunden, damit das Blut zirkulieren<br />
kann. Per Kabel ist es mit einer Steuereinheit<br />
In der Herzchirurgie eingesetzte Nadeln und Nahtmaterialien aus Edelstahl müssen höchste<br />
Anforderungen erfüllen.<br />
Foto: B. Braun Melsungen AG<br />
Instrumente aus<br />
Edelstahl sind<br />
für kardiovaskuläre<br />
Eingriffe unverzichtbar.<br />
und Akkus außerhalb des Körpers verbunden,<br />
die der Patient in einem kleinen Rucksack<br />
mit sich trägt.<br />
Präzisionsmaterial für Hightech-OPs<br />
Eine wahre Herzensangelegenheit ist hochwertiger<br />
Edelstahl Rostfrei aber nicht nur in<br />
puncto Implantate und Katheter. Auch bei<br />
Drähten, Instrumenten, Nadeln und Nahtmaterial<br />
für kardiovaskuläre Eingriffe ist dieser<br />
Werkstoff unverzichtbarer Standard. Einpoliger<br />
Herzschrittmacherdraht aus gezwirntem<br />
Edelstahl leistet zur kurzfristigen Behandlung<br />
von Arrhythmien vor oder während offener<br />
Herzoperationen lebensrettende Dienste.<br />
Durch seinen Aufbau aus Multifilamenten verbindet<br />
er maximale Festigkeit mit gebotener<br />
Flexibilität. Monofiles oder aus Multifilamenten<br />
gedrehtes Nahtmaterial aus hochbeständigem<br />
Edelstahl Rostfrei ist stark belastbar,<br />
knotensicher und zeigt nur geringe Gewebereaktion.<br />
Mikroinstrumente aus rostfreiem<br />
Stahl überzeugen durch niedriges Gewicht,<br />
Verschleißfestigkeit und exzellente Funktionalität.<br />
Pinzetten mit unterschiedlichen Spitzenausführungen,<br />
Scheren mit Flach- oder Rundgriff<br />
sowie zahlreichen Varianten bei Blattlänge<br />
und -winkel gewährleisten ebenso wie<br />
Nadelhalter aus nichtrostendem Stahl die<br />
geforderte Präzision. Auch an die in der Herzchirurgie<br />
eingesetzten Edelstahlnadeln werden<br />
höchste Anforderungen gestellt: Neben<br />
erforderlichem Grip müssen sie eine perfekte<br />
Balance für die gebotene Hochpräzision beim<br />
Arbeiten gewährleisten. Gleichzeitig dürfen<br />
sie sich nicht verformen, müssen aber so elas-<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Aus der Produktwelt 49<br />
Fotos (2): WZV / Fresenius Medical Care<br />
Nadeln und Nahtmaterialien aus Edelstahl<br />
tisch sein, dass kein Nadelbruch entsteht. In<br />
unterschiedlichen Radien gebogen und mit<br />
speziell geformten Spitzen erfüllen sie jeden<br />
Bedarf des Operateurs. Entscheidend ist dafür<br />
exzellente Werkstoffqualität und Verarbeitung.<br />
Aufwendige Prüfungen und international<br />
anerkannte Qualitätssiegel sind dafür<br />
unverzichtbar. In unzähligen industriellen,<br />
privaten und medizinischen Anwendungen<br />
beweist Edelstahl Rostfrei mit Qualitätssiegel<br />
seine außergewöhnliche Leistungsfähigkeit.<br />
Aber bei keiner davon liegt er dem Nutzer im<br />
Wortsinn so sehr am Herzen wie in der<br />
hochtechnisierten Kardiologie. <br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin<br />
von impetus.PR, Agentur für Corporate<br />
Communications GmbH.<br />
www.wzv-rostfrei.de<br />
Auch im Kopf einer Herzpumpe übernimmt<br />
Edelstahl eine zentrale Rolle.
50 StahlTermine<br />
Termin / Ort Thema Veranstalter Info / Kontakt<br />
11.-<strong>12</strong>.<strong>12</strong>.<strong>2019</strong><br />
Düsseldorf<br />
13.-17.1.2020<br />
Schardscha<br />
14.-18.1.2020<br />
Basel<br />
21.-24.1.2020<br />
Hamburg<br />
Einführung in die Metallurgie von Stahl Stahlinstitut VDEh +49 211 6707 458<br />
www.stahl-akademie.de<br />
SteelFab 2020 Expo Centre Sharjah +971 6 5770000<br />
www.steelfabme.com<br />
Swissbau 2020 MCH Messe Schweiz (Basel) AG +41 58 2002020<br />
www.swissbau.ch<br />
NORTEC 2020 Hamburg Messe und Concgress GmbH +49 40 35690<br />
www.nortec-hamburg.de<br />
28.-29.1.2020<br />
Duisburg<br />
Stahleinkauf kompakt – Essenzielles<br />
Wissen für Neu- und Quereinsteiger im<br />
Stahleinkauf<br />
BME Akademie GmbH<br />
BDS – Bundesverband Deutscher<br />
Stahlhandel<br />
+49 6196 5828 201<br />
www.bme.de<br />
4.-5.2.2020<br />
Düsseldorf<br />
Handelsblatt Jahrestagung –<br />
Zukunft Stahl<br />
Handelsblatt Media Group<br />
GmbH & Co. KG<br />
+49 211 88743 3596<br />
www. veranstaltungen.handelsblatt.<br />
com/stahlmarkt<br />
<strong>12</strong>.-13.2.2020<br />
Dortmund<br />
16.-20.2.2020<br />
Düsseldorf<br />
1.-4.3.2020<br />
Köln<br />
Maintenance Dortmund 2020 Easyfairs Deutschland GmbH +49 89 <strong>12</strong>7 1640<br />
www.maintenance-dortmund.de<br />
EuroCIS 2020 Messe Düsseldorf www.eurocis.com<br />
Internationale Eisenwarenmesse 2020 Koelnmesse GmbH www.eisenwarenmesse.de<br />
5.3.2020<br />
Magdeburg<br />
28. Kranfachtagung Otto-von-Guericke- Universität<br />
Magdeburg<br />
+49 391 67 01<br />
www.ilm.ovgu.de<br />
10.-<strong>12</strong>.3.2020<br />
Stuttgart<br />
10.-13.3.2020<br />
Düsseldorf<br />
26.-28.3.2020<br />
Parma<br />
30.3.-3.4.2020<br />
Düsseldorf<br />
LogiMAT 2020 EUROEXPO Messe- und Kongress-GmbH +49 89 32391 259<br />
www.logimat-messe.de<br />
METAV 2020 Messe Düsseldorf GmbH +49 211 4560 01<br />
www.metav.de<br />
MECSPE Senaf Srl +39 023320391<br />
www.mecspe.com<br />
wire – Tube 2020 Messe Düsseldorf GmbH +49 211 4560 01<br />
www.wire.de, www.tube.de<br />
1.-2.4.2020<br />
Aachen<br />
Basisseminar Zerspantechnik<br />
Lehrstuhl für Technologie der<br />
Fertigungsverfahren am WZL Aachen<br />
+49 241 80 27999<br />
www.wzl.rwth-aachen.de<br />
2.-3.4.2020<br />
Mainz<br />
Strategische Stahl-und<br />
Rohstoffbeschaffung<br />
Bundesverband Materialwirtschaft,<br />
Einkauf und Logistik e.V. (BME)<br />
+49 69 30838 201<br />
www.bme-akademie.de<br />
20.-24.4.2020<br />
Hannover<br />
20.-24.4.2020<br />
Hannover<br />
Hannover Messe 2018 Deutsche Messe AG www.hannovermesse.de<br />
CeMAT 2020 Deutsche Messe AG +49 0511 890<br />
www.cemat.de<br />
20.-24.4.2020<br />
Birmingham<br />
MACH 2020<br />
The Manufacturing Technologies<br />
Association (MTA)<br />
+44 20 7298 6400<br />
www.machexhibition.com<br />
20.-22.4.2020<br />
Freiberg<br />
4. Freiberger-Feuerfest-Symposium Deutsche Keramische Gesellschaft e.V. +49 2203 989 8770<br />
www.ffs2020.dkg.de<br />
21.-22.4.2020<br />
Duisburg<br />
Stahleinkauf kompakt – Essenzielles<br />
Wissen für Neu- und Quereinsteiger im<br />
Stahleinkauf<br />
BME Akademie GmbH<br />
BDS – Bundesverband Deutscher<br />
Stahlhandel<br />
+49 6196 5828 201<br />
www.bme.de<br />
23.4.2020<br />
Aachen<br />
Basisseminar Digitalisierung und<br />
künstliche Intelligenz in der<br />
Fertigungstechnik<br />
Lehrstuhl für Technologie der<br />
Fertigungsverfahren am WZL Aachen<br />
+49 241 80 27999<br />
www.wzl.rwth-aachen.de<br />
27.-29.4.2020<br />
Amsterdam, NL<br />
Eurocoke Summit 2020 The Smithers Group, Inc. +31 1 330 762 7441<br />
www.metcokemarkets.com<br />
28.-30.4.2020<br />
Essen<br />
Cutting World<br />
Messe Essen GmbH<br />
Schneidforum Consulting<br />
GmbH & Co. KG<br />
+49 201 72440<br />
+49 2<strong>12</strong> 2471047<br />
www.messe-essen.de<br />
5.-8.5.2020<br />
Stuttgart<br />
34. Control P. E. Schall GmbH & Co. KG +49 7025 92060<br />
www.control-messe.de<br />
6.-8.5.2020<br />
Aachen<br />
AKL‘20<br />
Fraunhofer-Institut für<br />
Lasertechnik (ILT)<br />
+49 241 89060<br />
www.lasercongress.org<br />
16.-18.6.2020<br />
Stuttgart<br />
SurfaceTechnology Germany<br />
(ehemals O & S)<br />
Deutsche Messe AG +49 511 890<br />
www.messe.de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
Veranstaltungen/Inserentenverzeichnis 51<br />
Inserentenverzeichnis »stahlmarkt«<br />
Heft <strong>12</strong>.<strong>2019</strong><br />
Andernach & Bleck GmbH 1<br />
BGH Edelstahl Freital 1<br />
BOBE Industrie-Elektronik 1<br />
BSH Bandstahl-Service-Hagen GmbH 37<br />
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2<br />
Burghardt + Schmidt GmbH 1<br />
Business Control Software GmbH 37<br />
Coiltec Maschinenvertriebs GmbH 37<br />
DM-Stahl GmbH 1<br />
Dynamic Systems GmbH 37<br />
E+S Eisen und Stahl Service-Betrieb GmbH 11<br />
Euroforum 21<br />
EVERTZ Magnetbau GmbH & Co. KG 1<br />
GIMA e.K. 37<br />
Göcke GmbH & Co. KG 27<br />
HFS Hagener Feinblech Service GmbH 1<br />
IMS Messsysteme GmbH 1<br />
Karl Diederichs GmbH & Co. KG 1, 7, 56<br />
Kohlhage & Co. KG 55<br />
pauly Stahlhandel Ralph Pauly e.K. 1<br />
Peter Drösser GmbH 39<br />
Radu Stahl GmbH 1<br />
SCHÄFER Werke GmbH 1<br />
Stahlo Stahlservice GmbH & Co. KG 1<br />
Stahlrohr GmbH 1<br />
Universal Eisen und Stahl GmbH 43<br />
Verlag Focus Rostfrei GmbH 49<br />
Voß Edelstahlhandel GmbH & Co. KG 41<br />
WALZSTAHLHANDEL ESSEN GmbH 37<br />
Walzwerke Einsal GmbH 1, 37<br />
BEILAGE<br />
Verlag Focus Rostfrei GmbH<br />
www.stahlmarkt-magazin.de<br />
SEMINAR »STAHLEINKAUF KOMPAKT«:<br />
ESSENZIELLES WISSEN FÜR NEU-<br />
UND QUEREINSTEIGER IM STAHLEINKAUF<br />
Das Seminar beschäftigt sich mit den für Stahleinkäufer wichtigsten<br />
Themen. Die Teilnehmer besuchen die Stahlherstellung bei Thyssen-<br />
Krupp oder den Hüttenwerken Krupp Mannesmann und erhalten<br />
essenzielle Informationen zum Werkstoff Stahl. Die Referenten geben<br />
einen kompakten Überblick über die Stahlwelt (Marktstrukturen,<br />
Preisstrukturen und Rahmenbedingungen) sowie entsprechende Einkaufsstrategien<br />
und -instrumente.<br />
Das Seminar findet vom 28.1. bis zum 29.1.2020 sowie vom 21.4.<br />
bis zum 22.4.2020 im Mercure Hotel Duisburg City in Duisburg statt.<br />
Es richtet sich an Neu- und Quereinsteiger im Bereich Stahleinkauf<br />
sowie alle am Stahleinkauf beteiligten Fachkräfte, die einen Überblick<br />
über diese hochvolatile Materialgruppe erhalten und ihr Wissen zu<br />
Markt und insbesondere Werkstoff auffrischen möchten.<br />
https://shop.bme.de/products/stahleinkauf-kompakt<br />
BASISSEMINAR »ZERSPANTECHNIK«<br />
Ein Basisseminar zum Einstieg in die Zerspantechnik für Teilnehmer ohne<br />
vorherige zerspantechnologische Ausbildung wie Konstrukteure, Kaufleute,<br />
Servicemitarbeiter oder Vertriebsingenieure. Den Seminarteilnehmern<br />
werden Grundlagenkenntnisse zur Auslegung und Bewertung von<br />
Zerspanprozessen vermittelt, um im industriellen Arbeitsalltag Problemstellungen<br />
der Zerspanung mit geometrisch bestimmter Schneide bearbeiten<br />
zu können. Das Grundlagenwissen wird anhand von praktischen<br />
Demonstrationen an Maschinen und Werkzeugen vertieft. Das Seminar<br />
findet vom 1.4. bis zum 2.4. 2020 am Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren<br />
am WZL Aachen statt.<br />
www.basisseminare.de<br />
BASISSEMINAR »DIGITALISIERUNG<br />
UND KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER<br />
FERTIGUNGSTECHNIK«<br />
Ein Einsteigerseminar zu den Potentialen der Digitalisierung und der künstlichen<br />
Intelligenz in der Fertigungstechnik. Den Teilnehmern wird ein<br />
wesentlicher Überblick über die Digitalisierung von Fertigungsprozessen<br />
durch entsprechende Sensorik, die Informationsgewinnung durch künstliche<br />
Intelligenz und maschinelles Lernen sowie die Potenziale der Blockchain-<br />
beziehungsweise Distributed-Ledger-Technologie vermittelt. Anhand<br />
praktischer Übungen und Demonstrationen wird das Erlernte durch konkrete<br />
Anwendungsfälle vertieft. Das Seminar findet am 23.4. 2020 am<br />
Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren am WZL Aachen statt.<br />
www.basisseminare.de<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
52 Personalien<br />
Oliver Sonst,<br />
neuer Geschäftsführer von Stahlo<br />
Foto: Friedhelm Loh Group<br />
Stahlo Stahlservice: Oliver Sonst neuer<br />
Geschäftsführer<br />
Im Zuge seiner geplanten Neuausrichtung<br />
hat das Unternehmen Stahlo Stahlservice<br />
Oliver Sonst zum neuen Geschäftsführer<br />
ernannt. Damit folgt er auf Guido Spenrath,<br />
der das Unternehmen bereits verlassen hat.<br />
Sonst studierte Maschinenbau mit dem<br />
Schwerpunkt Fertigungstechnik an der Fachhochschule<br />
Dortmund. In den vergangenen<br />
Jahren war er maßgeblich am Wachstum<br />
von Welser Profile in Österreich beteiligt, seit<br />
2014 als Geschäftsführer. Zuvor bekleidete<br />
er zahlreiche internationale Managementpositionen<br />
bei Benteler Distribution in Deutschland<br />
und der Erbslöh Gruppe. »Mit Herrn<br />
Sonst haben wir einen erfahrenen Manager<br />
mit hervorragender Reputation gewonnen.<br />
Er hat bereits einige Erfolgsgeschichten in<br />
der Stahl- und Automobilbranche geschrieben«,<br />
kommentiert Friedhelm Loh, Inhaber<br />
und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm<br />
Loh Group, zu der Stahlo gehört. Mit der<br />
neuen Position übernimmt Sonst auch die<br />
bevorstehenden Herausforderungen, denen<br />
sich das Unternehmen stellen möchte: Technologien<br />
im Bereich der Hightech-Stahlverarbeitung,<br />
Partnerschaften in der Automobilindustrie<br />
sowie die Expansion in den osteuropäischen<br />
Markt. <br />
Jakob Hein erhält Stahl-Literaturpreis<br />
Dass Stahl und Literatur durchaus zusammenhängen<br />
können, beweist die Stahlstiftung<br />
Eisenhüttenstadt, initiiert von Arcelor-<br />
Mittal. Im Rahmen der 2004 gegründeten<br />
Stiftung vergibt das Unternehmen jährlich<br />
seit 2005 den Stahl-Literaturpreis, in diesem<br />
Jahr bekam ihn der Autor Jakob Hein. Dieser<br />
hat mittlerweile 16 Bücher veröffentlicht,<br />
darunter »Mein erstes T-Shirt« oder<br />
»Herr Jensen steigt aus«. Darüber hinaus<br />
schreibt Hein Drehbücher, Theaterstücke<br />
und Texte für die Lesebühne.Mit der<br />
Stahlstiftung Eisenhüttenstadt widmet sich<br />
ArcelorMittal vornehmlich der Förderung<br />
von Projekten aus Kunst und Kultur, Wissenschaft<br />
und Bildung in der Brandenburger<br />
Region.<br />
VDEh: Peter Dahlmann übergibt Staffelstab<br />
an Hans Bodo Lüngen<br />
An der Spitze des Stahlinstituts VDEh hat es<br />
einen Wechsel gegeben: Dr. Hans Bodo Lüngen,<br />
zuvor technischer Leiter des VDEh, hat<br />
im November die Position des geschäftsführenden<br />
Vorstandmitgliedes von Dr. Peter<br />
Dahlmann übernommen. Lüngen hat nach<br />
dem Studium der Eisenhüttenkunde 1985<br />
seine berufliche Laufbahn beim heutigen<br />
Stahlinstitut VDEh begonnen, zunächst verantwortlich<br />
für den Bereich Eisenerzeugung.<br />
Auf seine Promotion 1991 an der RWTH<br />
Aachen mit einer Dissertation zum Sintern<br />
von Eisenerzen folgten ab 2001 verschiedene<br />
Dr. Hans Bodo Lüngen<br />
Foto: VDEh Stahlinstitut<br />
Leitungspositionen, insbesondere im Team<br />
Produktion. Seit 1985 ist Lüngen zudem Mitglied<br />
des Expertenkomitees B der Europäischen<br />
Gemeinschaft für Kohle und Stahl<br />
(EGKS), das geförderte Forschungsprojekte<br />
der EU auf dem Gebiet der Eisenerzeugung<br />
bewertet. Seit 2010 sitzt er darüber hinaus im<br />
Nachfolgekomitee Technical Group Steel 1<br />
(TGS1) des Research Fund for Coal and Steel<br />
(RFCS), dessen Vorsitzender er seit 2006 auch<br />
ist. Gemeinsam mit dem nun in den Ruhestand<br />
gewechselten Dahlmann hat Lüngen<br />
2013 zudem die alle zwei Jahre stattfindenden<br />
European Steel Technologies and Application<br />
Days, kurz ESTAD, initiiert.<br />
Science Slam: Aniruddha Dutta wird europäischer<br />
Meister<br />
Der amtierende deutsche Science-Slam-Meister<br />
Aniruddha Dutta konnte sich weiterhin<br />
gegen seine Konkurrenz durchsetzen und<br />
gewann auch die europäische Meisterschaft<br />
in Wien. Mit seinem Sieger-Slam »Think in<br />
Terms of an Auflauf« erklärte er sogenannte<br />
Hochentropielegierungen, die aus mehr als<br />
fünf Elementen in gleichen Anteilen bestehen.<br />
Durch diese Art der Zusammensetzung<br />
ergeben sich besondere Eigenschaften des<br />
Gesamtmaterials. Derzeit ist Dutta Doktorand<br />
am Max-Planck-Institut für Eisenforschung<br />
(MPIE) und forscht seit 2016 in der Gruppe<br />
»Mechanismen-basiertes Legierungsdesign«.<br />
Seine Dissertation zu Medium-Mangan-Stählen<br />
beabsichtigt er in diesem Jahr abzuschließen.<br />
»Ich beteilige mich seit 2015 an Science<br />
Slams. Ursprünglich nur als Weg, meine Präsentationsfähigkeiten<br />
zu verbessern und neue<br />
Fachgebiete kennenzulernen«, so Dutta. Dass<br />
er jetzt europäischer Meister geworden ist,<br />
freue ihn sehr. In Science Slams präsentieren<br />
Wissenschaftler ihre Forschungsthemen<br />
innerhalb weniger Minuten einem Publikum.<br />
Dieses entscheidet dann per Applaus oder<br />
Punktekarten, welcher »Slammer« am verständlichsten<br />
und unterhaltsamsten seine<br />
Forschung erklärt hat.<br />
stahlmarkt <strong>12</strong>.<strong>2019</strong>
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stahl und eisen 139 (<strong>2019</strong>) Nr. 3
54 Vorschau<br />
VORSCHAU 01.2020<br />
Additive Manufacturing<br />
kommt in der Praxis an<br />
Seit mehreren Jahren erfährt die additive<br />
Fertigung einen neuen Hype. Zahlreiche<br />
Betriebe hatten in Maschinen investiert<br />
und sich an dem innovativen Herstellungsverfahren<br />
probiert. Nach diesen Testläufen<br />
mit nicht selten kostenintensiven Lernkurven<br />
stehen nach Informationen des<br />
Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />
(VDW) nun zunehmend belegbare<br />
Erfolge im Fokus. Auch auf der Auch im kommenden Jahr zeigt die METAV das<br />
Messe für Technologien der Metall-<br />
komplette Spektrum der Fertigungstechnik.<br />
bearbeitung METAV vom 10. bis zum<br />
13. März 2020 zeigen die praxisnahen Anwendungen, dass die Technologie immer<br />
weiter in das zerspanende Produktionsumfeld vordringt.<br />
Messe am Puls der Zeit:<br />
Die SWISSBAU<br />
Durch die Digitalisierung verändert sich<br />
die Wirtschaft; interdisziplinäre<br />
Vernetzung, Kollaboration und<br />
Konvergenz der verschiedenen Branchen<br />
gewinnen an Bedeutung. So wachsen<br />
auch die verschiedenen Bereiche der Bauund<br />
Immobilienwirtschaft zusammen. Zu<br />
beobachten ist diese Entwicklung auch<br />
auf der Swissbau: Vom 14. bis 18. Januar 2020 findet in Basel die führende Fachmesse<br />
der Bau- und lmmobilienwirtschaft in der Schweiz statt. Alle zwei Jahre ist sie lnspirationsquelle,<br />
Austauschplattform und lnnovationsradar für die gesamte Schweizer<br />
Planungs-, Bau- und lmmobilienbranche.<br />
Neue Wege in der Analytik<br />
von Mikroplastik dank<br />
Edelstahlgewebe<br />
Vom 14. bis 18. Januar 2020 findet in Basel die<br />
Messe Swissbau statt.<br />
Zur Vermeidung von Mikroplastikfrachten<br />
setzen Forschung, Industrie und<br />
Abwasserwirtschaft verstärkt auf ein<br />
Metallgewebe der GKD - Gebr. Kufferath Mit einem Verfahren, das den Bubble-Point<br />
AG (GKD). Die technische Weberei entwickelte<br />
mit dem Optimierten Tressen-<br />
mithilfe von CFD-Simulationen ermittelt,<br />
kann GKD eigenen Angaben zufolge jede<br />
gewebe OT 6 ein Edelstahlgewebe, das<br />
Porengröße schnell und verlässlich bestimmen.<br />
nach Unternehmensangaben in Durchfluss<br />
und Rückhalt bislang unerreichte<br />
Maßstäbe setzen soll. Den Ruf von GKD als Partner im Kampf gegen die weniger als<br />
fünf Millimeter großen Kunststoffpartikel im Trink- und Ablaufwasser begründete die<br />
Projektleitung im Forschungsprojekt OEMP (Optimierte Materialien und Verfahren<br />
zur Entfernung von Mikroplastik aus dem Wasserkreislauf).<br />
Foto: GKD Foto: MCH Messe Schweiz (Basel) AG<br />
Foto: Messe Düsseldorf / ctillmann<br />
Impressum<br />
Verlag:<br />
Maenken Kommunikation GmbH<br />
Von-der-Wettern-Str. 25 · 51149 Köln<br />
Tel. +49 2203 35 84-0<br />
info@maenken.com · www.maenken.com<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Wieland Mänken (V.i.S.d.P.)<br />
Redaktion:<br />
Philipp Isenbart (Redaktionsleitung)<br />
Tel. +49 2203 3584-<strong>12</strong>1<br />
E-Mail: philipp.isenbart@maenken.com<br />
Niklas Reiprich, niklas.reiprich@maenken.com<br />
Ständige Mitarbeiter in Berlin, Warschau, New York<br />
Objektleitung:<br />
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für unsere Auftraggeber und Partner.<br />
Da bleibt noch, herzlich Dank zu sagen<br />
und frohe Festtage zu wünschen.<br />
Alles Gute für das Neue Jahr 2020 !<br />
Dann wollen wir wieder neue Spuren hinterlassen –<br />
gemeinsam mit Ihnen.<br />
Karl Diederichs GmbH & Co. KG<br />
Luckhauser Straße 1-5<br />
42899 Remscheid<br />
T +49 (0)2191 593-0<br />
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