Stahlmarkt 07-08/2020
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<strong>07</strong>- <strong>08</strong> | Juli / August <strong>2020</strong><br />
HANDEL & SERVICE<br />
Erweiterte<br />
Digitalisierung im<br />
Stahlgeschäft I 14<br />
Corona fordert<br />
Krisenmanagement I 20<br />
HANDEL • INDUSTRIE • MENSCHEN<br />
SPECIAL<br />
Stahl in Zahlen:<br />
Die große Statistik I 26<br />
Fertigungsqualität<br />
auch eine Frage der<br />
Anlagentechnik I 40
Editorial<br />
»Der Stahlstandort Deutschland<br />
muss wettbewerbs- und zukunftsfähig bleiben.«<br />
Liebe Leserinnen & Leser,<br />
grundsätzlich stimmt es zuversichtlich, dass mit dem vom<br />
Bundeskabinett beschlossenen Handlungskonzept<br />
Stahl die heimische Stahlbranche bei ihrer Transformation<br />
zu einer klimafreundlichen Produktion<br />
unterstützt und vor unfairem Wettbewerb<br />
geschützt werden soll (S. 9). Es bleibt zu hoffen,<br />
dass die in Aussicht gestellten politischen Instrumente<br />
schnell zum Einsatz kommen und entsprechend<br />
greifen. Schließlich muss der Stahlstandort<br />
Deutschland wettbewerbs- und zukunftsfähig bleiben.<br />
Apropos zukunftsfähig: Auch an anderen Stellen schauen wir in die<br />
Zukunft der Branche. Das betrifft etwa das Unternehmen thyssenkrupp<br />
Schulte. Dirk Haarmann, der dort den Bereich »Walzstahl/Rohre« leitet,<br />
gewährt im Exklusivinterview spannende Einblicke in die Welt des Werkstoffhandels<br />
(S. 10). Und dass die Digitalisierung im Stahlgeschäft alles<br />
andere als ferne Zukunftsmusik ist, zeigt das Beispiel des Kölner Softwareentwicklers<br />
ETIV-System (S. 14). In unserer Stahl-Statistik (S. 26)<br />
befassen wir uns hingegen mit den Entwicklungen der vergangenen<br />
Jahre und Monate. Denn um zu wissen, wohin man künftig will, sollte<br />
klar sein, wo man gerade steht.<br />
Chefredakteur<br />
Philipp Isenbart<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und gute Gesundheit<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 3
INHALT <strong>07</strong>-<strong>08</strong>.<strong>2020</strong><br />
HANDEL & SERVICE<br />
News<br />
7 Rohstahlproduktion in Deutschland gefallen<br />
7 Klöckner & Co erwartet positives Ergebnis<br />
8 US-Strafzölle auf türkische Stahlimporte<br />
rechtswidrig<br />
8 NORDWEST meldet positive<br />
Geschäftsentwicklung<br />
8 VDMA erleichtert über Gipfel-Einigung<br />
8 Studie zu Nachhaltigkeit: Potenzial für 395<br />
Millionen neue Jobs<br />
9 Stahlindustrie begrüßt Handlungskonzept<br />
Stahl<br />
9 Lieferkettengesetz: Diskussion hält an<br />
Deutschland<br />
10 thyssenkrupp Schulte: Zukunftsfähig<br />
aufgestellt<br />
13 ArcelorMittal-Stahlhandel: Millionen-<br />
Investition am Standort Neckarsulm<br />
14 Erweiterte Digitalisierung im Stahlgeschäft<br />
15 rff: Sicherheitsstandards zertifiziert<br />
Marktbericht<br />
16 Angespannte Situation im Eisen- und<br />
Stahlsektor<br />
International<br />
18 Bangen und Hoffen im amerikanischen<br />
Stahlsektor<br />
Know-how<br />
20 Corona: Krisenmanagement in der<br />
Stahlindustrie<br />
INDUSTRIE & TECHNOLOGIE<br />
Deutschland<br />
22 Gemeinschaftsprojekt »ASRA« erschließt<br />
neue Messmöglichkeiten<br />
Branche im Fokus<br />
24 Großanlagenbau: Digital und nachhaltig<br />
aus der Krise?<br />
ANWENDER<br />
Automotive<br />
48 Die perfekte Welle<br />
SPECIALS<br />
Stahl-Statistik<br />
26 Stahl weltweit<br />
29 Stahl in China<br />
30 Stahl in der EU<br />
33 Stahl in Deutschland<br />
Baden-Württemberg & Bayern<br />
36 Weinmann Aach: Neue Vernetzung und<br />
digitale Vollintegration<br />
38 Mipart: Lasercutting gelauncht<br />
Fertigungstechnik<br />
40 Fertigungsqualität auch eine Frage der<br />
Anlagentechnik<br />
Edelstahl<br />
44 Wissen, was die Stunde geschlagen hat<br />
Baubranche<br />
51 Trotz Corona: Bauunternehmen<br />
bleiben gefasst<br />
MENSCHEN & EVENTS<br />
Seitenblick<br />
52 Eingeschränkte Sicht<br />
Stahlkultur<br />
54 Fernrohr in die Vergangenheit<br />
Events<br />
56 Termine<br />
VIP<br />
57 Personen<br />
STANDARDS<br />
3 Editorial<br />
6 Stahlerzeugung<br />
57 Inserentenverzeichnis<br />
58 Vorschau/Impressum<br />
4 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Inhalt<br />
18<br />
Fotos (2): Shutterstock<br />
Bangen und Hoffen im amerikanischen<br />
Stahlsektor<br />
Die Stilllegung der US-Wirtschaft durch die Corona-<br />
Krise hat die amerikanische Stahlindustrie besonders<br />
hart getroffen. Unter anderem hat die gedrosselte<br />
Erdölförderung in den USA infolge der globalen Petroschwemme<br />
den starken Einbruch der Stahlnachfrage<br />
begünstigt.<br />
SPECIAL<br />
Wissen, was die Stunde<br />
geschlagen hat<br />
44<br />
Zeit ist die physikalische Größe, die am exaktesten<br />
gemessen werden kann. Ob Sonnen- oder<br />
Atomuhr: Wenn es darum geht, anzuzeigen,<br />
was die Stunde geschlagen hat, ist das Material<br />
Edelstahl fast immer mit dabei.<br />
20<br />
Krisenmanagement in der Stahlindustrie<br />
Auch wenn die Folgen der Corona-Pandemie noch nicht<br />
ganz überschaubar sind, steht fest: Die Stahlbranche gerät<br />
durch die aktuelle Lage noch stärker in die Bredouille.<br />
Vorstände und Geschäftsführer können allerdings einiges<br />
tun, um der Krise entgegenzuwirken.<br />
22<br />
Foto: Salzgitter Flachstahl GmbH<br />
Foto: WZV / Physikalisch-Technische Bundesanstalt<br />
Gemeinschaftsprojekt »ASRA«<br />
erschließt neue Messmöglichkeiten<br />
Um die Effizienz in der Produktion nachhaltig zu<br />
steigern, kooperieren drei Unternehmen, die Ruhr-<br />
Universität Bochum und das Fraunhofer-Institut<br />
für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) im<br />
Projekt »ASRA «: Erstmals soll mittels Radarverfahren<br />
eine Konturmessung der Walzgutkante innerhalb<br />
einer Warmwalzstraße realisiert werden.<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 5
Stahlerzeugung<br />
Juni Juni % Veränd. 6 Monate Veränderung<br />
<strong>2020</strong> 2019 Juni 20/19 <strong>2020</strong> 2019 in %<br />
Belgien 580 e 634 -8,5 3 560 4 005 -11,1<br />
Bulgarien 50 e 55 -9,4 3<strong>08</strong> 3<strong>07</strong> 0,3<br />
Deutschland 2 475 3 405 -27,3 17 457 20 717 -15,7<br />
Finnland 230 e 287 -19,8 1 770 1 937 -8,6<br />
Frankreich 836 1 285 -34,9 5 633 7 676 -26,6<br />
Griechenland 95 e 126 -24,6 568 762 -25,5<br />
Großbritannien 5<strong>07</strong> 606 -16,3 3 458 3 788 -8,7<br />
Italien 1 810 2<strong>08</strong>0 -13,0 10 <strong>07</strong>5 12 547 -19,7<br />
Kroatien 0 e 2 -100,0 0 50 -100,0<br />
Luxemburg 150 190 -21,0 9<strong>07</strong> 1 181 -23,2<br />
Niederlande 338 515 -34,3 3 057 3 438 -11,1<br />
Österreich 510 e 632 -19,4 3 337 3 963 -15,8<br />
Polen 615 e 659 -6,7 4 020 4 794 -16,1<br />
Schweden 333 362 -7,8 2 358 2 558 -7,8<br />
Slowenien 38 54 -28,9 289 331 -12,6<br />
Spanien 834 1 218 -31,5 5 495 7 464 -26,4<br />
Tschechien 299 398 -25,0 2 238 2 448 -8,6<br />
Ungarn 145 122 18,9 834 936 -10,9<br />
Weitere EU-Länder (28) (e) 310 e 839 -63,1 2 914 5 033 -42,1<br />
Europäische Union (28) 10 156 13 469 -24,6 68 278 83 934 -18,7<br />
Bosnien-Herzegowina 40 e 53 -25,0 265 421 -37,1<br />
Mazedonien 0 e 25 -100,0 74 133 -44,8<br />
Norwegen 57 58 -0,6 336 328 2,7<br />
Serbien 117 171 -31,5 734 1 033 -28,1<br />
Türkei 2 799 2 689 -4,1 16 290 16 986 -4,1<br />
Europa außer EU 3 014 2 996 0,6 17 709 18 901 -6,3<br />
Kasachstan 235 e 334 -29,7 1 660 1 964 -15,5<br />
Moldawien 20 e 34 -41,9 142 180 -21,3<br />
Russland 5 600 e 6 058 -7,6 35 254 36 289 -2,9<br />
Ukraine 1809 1 659 9,0 10 104 10 930 -7,6<br />
Usbekistan 75 e 61 23,0 471 309 52,4<br />
Weißrussland 210 e 221 -4,8 1 288 1 320 -2,4<br />
C.I.S. (6) 7 949 8 367 -5,0 48 919 50 993 -4,1<br />
El Salvador 5 e 7 -32,7 40 48 -17,0<br />
Guatemala 10 e 24 -58,2 114 148 -22,7<br />
Kanada 750 e 1 <strong>08</strong>4 -30,8 5 572 6 572 -15,2<br />
Kuba 10 e 17 -39,9 86 105 -18,4<br />
Mexiko 1 130 e 1 439 -21,4 8 157 9693 -15,8<br />
USA 4 746 7 244 -34,5 36 198 44 313 -18,3<br />
Nordamerika 6 651 9 814 -32,2 50 167 60 878 -17,6<br />
Argentinien 241 412 -41,4 1 471 2 319 -36,6<br />
Brasilien 2 100 e 2 883 -27,1 14 241 17 324 -17,8<br />
Chile 90 e 96 -5,9 586 506 15,8<br />
Ecuador 20 e 50 -59,8 233 302 -22,9<br />
Kolombien 65 e 120 -45,9 475 673 -29,4<br />
Paraguay 1 e 2 -38,3 8 8 2,2<br />
Peru 40 e 109 -63,1 420 612 -31,4<br />
Uruguay 2 e 5 -57,8 22 28 -22,5<br />
Venezuela 2 e 5 -57,8 17 36 -52,1<br />
Südamerika 2 561 3 679 -30,4 17 472 21 8<strong>08</strong> -19,9<br />
Ägypten 600 e 603 -0,5 4 117 4 097 0,5<br />
Libyen 45 e 54 -17,2 242 280 -13,7<br />
Südafrika 230 e 454 -49,3 1 587 3 133 -49,4<br />
Afrika 875 1 112 -21,3 5 947 7 511 -20,8<br />
Iran 2 425 2 303 5,3 13 886 12 599 10,2<br />
Katar 80 231 -65,5 763 1 289 -40,8<br />
Saudi Arabien 541 745 -27,5 3 689 4 214 -12,4<br />
Vereinigte Arabische Emirate 219 287 -23,8 1 354 1 652 -18,0<br />
Mittlerer Osten 3 264 3 566 -8,5 19 692 19 754 -0,3<br />
China 91 579 87 671 4,5 499 011 491 959 1,4<br />
Indien 6 917 9 387 -26,3 43 127 56 930 -24,2<br />
Japan 5 598 8 793 -36,3 42 209 51 <strong>08</strong>6 -17,4<br />
Pakistan 295 e 300 -35,0 1 442 1 669 -13,6<br />
Südkorea 5 097 5 949 -14,3 32 592 36 022 -9,5<br />
Taiwan, China 1 700 e 1809 -6,0 10 719 11 418 -6,1<br />
Thailand 290 e 400 -27,6 2 049 2 137 -4,1<br />
Vietnam 1 922 1 695 13,4 1<strong>08</strong>48 10 371 4,6<br />
Asien 113 297 116 004 -2,3 641 997 661 592 -3,0<br />
Australien 470 476 -1,2 2 702 2 719 -0,6<br />
Neuseeland 59 58 0,6 251 335 -25,0<br />
Ozeanien 582 534 -1,0 2 953 3 054 -3,3<br />
Gesamt 64 Länder (1) 148 295 159 541 -7,0 873 134 928 425 -6,0<br />
1)<br />
Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltrohstahlproduktion 2018 in 1.000 t.<br />
e – geschätzt<br />
6 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
News<br />
Handel & Service<br />
Rohstahlproduktion in Deutschland gefallen<br />
Düsseldorf. Die negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Rohstahlproduktion in Deutschland sind<br />
deutlich sichtbar. Wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl mitteilt, ist die Rohstahlerzeugung im Juni dieses Jahres<br />
um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gefallen, nachdem es bereits im April und Mai gravierende<br />
Rückgänge gegeben hatte. Im zweiten Quartal <strong>2020</strong> habe die Produktion das Niveau des Vorjahres um<br />
26 Prozent unterschritten, nachdem sie bereits im ersten Vierteljahr um 6 Prozent gesunken sei. Damit liege<br />
die Stahlerzeugung im ersten Halbjahr <strong>2020</strong> rund 16 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum.<br />
Klöckner & Co erwartet positives Ergebnis<br />
Duisburg. Die negativen Auswirkungen<br />
der globalen Covid-19-Pandemie<br />
auf den Absatz und das<br />
operative Ergebnis (EBITDA) der<br />
Klöckner & Co SE im zweiten Quartal<br />
konnten stärker als erwartet<br />
abgemildert werden, teilt der<br />
Stahl- und Metallhändler Klöckner<br />
& Co mit. »Gegenüber der bisherigen<br />
Prognose eines negativen operativen<br />
Ergebnisses vor wesentlichen<br />
Sondereffekten im niedrigen<br />
zweistelligen Millionen-Euro-Bereich<br />
rechnet die Gesellschaft nun<br />
vielmehr mit einem positiven<br />
EBITDA von 0 bis 10 Millionen Euro<br />
vor wesentlichen Sondereffekten,<br />
welche insbesondere im Rahmen<br />
der Reduzierung von mehr als 1 200<br />
Arbeitsplätzen entstehen. Darüber<br />
hinaus wird unverändert ein positiver<br />
Cashflow aus betrieblicher<br />
Tätigkeit im zweiten Quartal erwartet«,<br />
so das Unternehmen.<br />
Der vollständige Zwischenbericht<br />
zum ersten Halbjahr <strong>2020</strong> soll am<br />
14. August <strong>2020</strong> veröffentlicht<br />
werden.<br />
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<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 7
Handel & Service<br />
News<br />
US-Strafzölle auf türkische Stahlimporte rechtswidrig<br />
Düsseldorf. Der US-Handelsgerichtshof<br />
hat entschieden, dass die<br />
von der US-Regierung beschlossene<br />
Verdoppelung der Einfuhrzölle<br />
auf türkischen Stahl in den Jahren<br />
2018 und 2019 rechtswidrig gewesen<br />
ist. Das meldete das Internetportal<br />
»stahl-online.de«. Demnach<br />
begrüßten die türkischen Stahlexporteure<br />
das Urteil und würden<br />
nun Schadenersatzansprüche geltend<br />
machen. Der Anteil der türkischen<br />
Exporte in die USA habe sich<br />
von 15 Prozent im Jahr 2017 auf<br />
jetzt nur noch rund 3 Prozent verringert,<br />
wie Adnan Aslan, Leiter<br />
des Verbands der türkischen Stahlexporteure,<br />
sagte. US-Präsident<br />
Donald Trump hatte im August<br />
2018 nach politischen Spannungen<br />
um den amerikanischen Pastor<br />
Andrew Brunson die Zölle nach<br />
Section 232 für Stahl aus der Türkei<br />
auf 50 Prozent verdoppelt.<br />
VDMA erleichtert über Gipfel-Einigung<br />
Frankfurt. »Wir sind erleichtert, dass der EU-Gipfel sich nach tagelangen<br />
Verhandlungen doch noch auf den Corona-Hilfsfonds und einen<br />
neuen EU-Mehrjahreshaushalt geeinigt hat«, sagt Thilo Brodtmann,<br />
Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau<br />
(VDMA). Wichtig seien nun technologieneutrale und sektorübergreifende<br />
Maßnahmen, ohne weitere staatliche Detailregelungen,<br />
so der VDMA. »Es wäre ein verheerendes Signal gewesen, wenn<br />
Europa selbst in dieser Ausnahmesituation nicht zur Solidarität mit<br />
den von der Pandemie am härtesten getroffenen Ländern bereit gewesen<br />
wäre. Die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg<br />
braucht eine europäische Antwort. Jetzt muss es darum gehen, die<br />
Hilfsgelder nicht wirkungslos versickern zu lassen, sondern effizient<br />
die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln«, betont Brodtmann.<br />
Dafür müssten die EU-Mitgliedstaaten beim Einsatz der Gelder<br />
marktwirtschaftliche Prinzipien berücksichtigen. »Konkret brauchen<br />
wir technologieneutrale und sektorübergreifende Maßnahmen –<br />
ohne weitere staatliche Detailregelungen und ohne neue bürokratische<br />
Hürden für die Unternehmen. Die EU sollte auf unternehmerische<br />
Freiheit beim Wiederankurbeln der europäischen Wirtschaft<br />
setzen«, meint Brodtmann. Mittel- bis langfristig wirkende Infrastruktur-Investitionen<br />
in Klimaschutz und Digitalisierung seien die<br />
richtigen Schwerpunkte.<br />
Studie zu Nachhaltigkeit: Potenzial<br />
für 395 Millionen neue Jobs<br />
Frankfurt. Einer jüngst veröffentlichten Studie des Weltwirtschaftsforums<br />
(WEF) zufolge könnte die Corona-Pandemie eine<br />
Chance für eine Neuordnung des weltweiten Arbeitsmarktes<br />
sein. Wie die Börsen-Zeitung berichtete, könnten laut Studie in<br />
den nächsten zehn Jahren etwa 395 Millionen neue Arbeitsplätze<br />
entstehen, wenn Staaten und Unternehmen ihre Wirtschaft<br />
nach der Krise auf mehr Nachhaltigkeit ausrichteten.<br />
Dabei komme es nicht allein darauf an, Ressourcen zu schonen.<br />
Vielmehr gehe es um neue Ideen und eine Verbesserung der<br />
Effizienz in etablierten Geschäftsbereichen.<br />
NORDWEST<br />
meldet positive<br />
Geschäftsentwicklung<br />
Dortmund. Mit den Geschäftszahlen<br />
des vergangenen Jahres setzt die<br />
NORDWEST Handel AG eigenen Angaben<br />
zufolge wiederholt Maßstäbe.<br />
Demnach wird der Wert aus dem<br />
Jahr 2018 mit einem Geschäftsvolumen<br />
von 3.327,8 Millionen Euro um<br />
9,4 Prozent übertroffen. »Das Lagergeschäft<br />
erzielt mit 173,4 Millionen<br />
Euro ebenfalls einen neuen Höchstwert.<br />
Damit übertrifft es die bisherige<br />
Bestmarke aus dem Jahr 2018 um<br />
+6,1 Prozent«, teilt das Unternehmen<br />
mit. Das operative Ergebnis (EBIT)<br />
entwickele sich analog zum Geschäftsvolumen<br />
und liege 2019 bei<br />
11,5 Millionen Euro. Die Anzahl der<br />
Fachhandelspartner habe im abgelaufenen<br />
Jahr um 39 auf 1.091 gesteigert<br />
werden können. »Der Geschäftsbereich<br />
Stahl erzielt mit einem Geschäftsvolumen<br />
von 1 226,3 Millionen<br />
Euro einen weiteren Höchstwert und<br />
übertrifft den Rekordwert aus dem<br />
Vorjahr um nahezu 3 Prozent. Die<br />
abgesetzte Tonnage konnte dabei<br />
sogar um 9,1 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahr gesteigert werden«, so<br />
NORDWEST. Diese Entwicklung sei<br />
hauptsächlich auf die hohe Nachfrage<br />
aufgrund intensiver Bautätigkeiten<br />
zurückzuführen.<br />
8 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
News<br />
Handel & Service<br />
Stahlindustrie begrüßt Handlungskonzept Stahl<br />
Düsseldorf. Nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier stellt sich die Bundesregierung<br />
mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erarbeiteten und am 15. Juli <strong>2020</strong> vom Bundeskabinett<br />
beschlossenen Handlungskonzept Stahl klar hinter eine wettbewerbs- und zukunftsfähige<br />
Stahlindustrie am Standort Deutschland. Das meldete das Internetportal »stahl-online.de« unter Berufung<br />
auf verschiedene Quellen. Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, begrüßte das<br />
Konzept. Es adressiere die Herausforderungen für die Branche. Die kommenden Monate müssten nun genutzt<br />
werden, um die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen, eine neue Stahl-Importkrise zu verhindern<br />
und faire Wettbewerbsbedingungen in der Energie- und Klimapolitik zu schaffen. Zudem gelte es,<br />
zeitnah die entsprechenden politischen Instrumente für die Transformation zu einer CO 2<br />
-armen Stahlproduktion<br />
auf den Weg zu bringen.<br />
Lieferkettengesetz: Diskussion hält an<br />
Berlin. Der Plan der Bundesregierung, Unternehmen in<br />
ihren Lieferketten zum Schutz der Menschenrechte zu<br />
verpflichten, wird konkreter. Berichten verschiedener<br />
Medien zufolge kündigten die Bundesminister für Entwicklung<br />
und Arbeit, Gerd Müller und Hubertus Heil,<br />
ein Lieferkettengesetz an, dessen Eckpunkte das Bundeskabinett<br />
im August beschließen solle. Die Minister<br />
sollen sich durch die Ergebnisse eines Monitorings in<br />
ihrem Vorhaben bestätigt sehen. Bundeswirtschaftsminister<br />
Peter Altmaier warnte indessen vor möglichen<br />
Wettbewerbsverzerrungen in der EU durch eine<br />
zu schnelle nationale Festlegung auf striktere Vorgaben.<br />
Er plädierte für eine schnelle europäische Lösung,<br />
um einen »nationalen Flickenteppich« zu verhindern.
Handel & Service<br />
Deutschland<br />
Fotos (4): thyssenkrupp Materials Services<br />
Umfangreiches Lager- und Lieferprogramm: Das Sortiment von thyssenkrupp Schulte umfasst rund 100 000 verschiedene<br />
Produkte.<br />
thyssenkrupp Schulte:<br />
Zukunftsfähig aufgestellt<br />
Dirk Haarmann im Exklusivinterview<br />
Welche neuen Entwicklungen gibt es beim Unternehmen thyssenkrupp Schulte am Standort<br />
Frankfurt? Welche Dienstleistungen im Bereich »Anarbeitungsservice« werden besonders oft<br />
genutzt, und worin bestehen momentan die großen Herausforderungen und Chancen für produzentenunabhängige<br />
Werkstoffhändler? Im Exklusivinterview mit dem »stahlmarkt« gewährt Dirk<br />
Haarmann (Leitung Walzstahl/Rohre) von thyssenkrupp Schulte interessante Einblicke in die Welt<br />
des Werkstoffhandels im Stahl- und Metallbereich.<br />
Was gibt es Neues bei thyssenkrupp<br />
Schulte am Standort Frankfurt?<br />
Dirk Haarmann: Gerade Frankfurt hat<br />
sich in den vergangenen zwei Jahren<br />
extrem gut entwickelt – und zwar in<br />
allen Bereichen, unter anderem in der<br />
Leistungsstärke, Produktpalette, aber<br />
auch deutlich in der Präsenz am<br />
Markt. Die Niederlassung Frankfurt<br />
hat sich in dieser Zeit nahezu neu<br />
aufgestellt und in kürzester Zeit zu<br />
einem der nachhaltigsten, leistungsund<br />
umsatzstärksten Standorte im<br />
gesamten Distrikt »Süd/West« von<br />
thyssenkrupp Schulte entwickelt.<br />
Ich will nicht sagen, dass wir uns<br />
neu erfunden haben. Aber wir haben<br />
uns zukunftsfähig aufgestellt, die Besonderheiten<br />
der Partner – unserer<br />
Kunden – sowie des Marktes verstanden<br />
und die in uns gesetzte Erwartungshaltung<br />
positiv umgesetzt. Wir<br />
haben über alle Produktsparten unser<br />
Leistungsportfolio neu definiert, entsprechende<br />
Anarbeitungsmöglichkeiten<br />
geschaffen und auch unsere Lie-<br />
10 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Handel & Service<br />
ferperformance optimiert.<br />
War das Produkt<br />
»Formstahl/ Breitflanschträger«<br />
als Beispiel in der<br />
Vergangenheit durchaus<br />
eher ein Nebenprodukt,<br />
so haben wir heute die<br />
Dirk Haarmann<br />
(Leitung Walzstahl/<br />
unsere Möglichkeiten<br />
optimiert. Unsere heutige<br />
Leistungsfähigkeit –<br />
und da möchte ich ausdrücklich<br />
alle bekannten<br />
Geschäftsarten mit einbeziehen<br />
– ermöglicht es<br />
Rohre bei thyssenkrupp<br />
Schulte)<br />
gesamte Abmessungspalette<br />
im Programm, einduell<br />
auf die Wünsche<br />
uns, explizit und indivischließlich<br />
der Güte S 355.<br />
Abgerundet wird dies durch unsere<br />
neue, hochmoderne Sägeanlage.<br />
Dass dieser Weg nicht immer einfach<br />
war, möchte ich gar nicht verheimlichen.<br />
Was nunmehr daraus entstanden<br />
ist, ist umso beeindruckender.<br />
unserer Kunden eingehen<br />
zu können und unser tägliches<br />
Handeln konsequent daran auszurichten.<br />
Wie zuvor beschrieben spielt<br />
dieses Produktsegment heute wieder<br />
eine sehr starke Rolle bei uns und<br />
verzeichnet eine starke Entwicklung.<br />
Dies war eine echte Teamleistung<br />
unserer Niederlassung.<br />
Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen<br />
im Bereich »Materials Services« des<br />
thyssenkrupp-Konzerns?<br />
Haarmann: thyssenkrupp Schulte ist<br />
mit mehr als 3 000 Mitarbeitern eine<br />
der größten Gesellschaften von thyssenkrupp<br />
Materials Services. Als<br />
Werkstoffhändler und -Dienstleister<br />
sind wir für unsere Kunden erster Ansprechpartner,<br />
wenn es um Profile,<br />
Flachprodukte oder Rohre, ebenso<br />
aber auch um Edelstahl und NE-Produkte<br />
geht, und bieten individuelle<br />
und bedarfsgerechte Lösungen an.<br />
Mit mehr als 40 Standorten deutschlandweit<br />
ist unser Unternehmen immer<br />
schnell und zuverlässig für seine<br />
Kunden da – sei es durch ein vielfältiges<br />
Produktsortiment, kompetente<br />
fachliche Beratung oder umfassende<br />
Serviceleistungen.<br />
Wie groß ist Ihr Programm an Standard-<br />
und Spezialprofilen zurzeit?<br />
Haarmann: Bei thyssenkrupp Schulte<br />
verfügen wir über ein sehr breites<br />
und umfangreiches Liefer- und Lagerprogramm<br />
mit circa 100 000 verschiedenen<br />
Produkten. Durch dieses<br />
vollumfängliche Produktsortiment in<br />
den Sparten Stahl, Edelstahl, Rohre<br />
und NE-Metalle sind wir in der Lage,<br />
nahezu alle Kundenbedürfnisse hinsichtlich<br />
Produkt und Werkstoff im<br />
Stahl-/Metallbereich abzudecken.<br />
Kaum ein anderer Stahlhändler kann<br />
diese Vielzahl an Produkten aus vorhandenem<br />
Lagermaterial so abbilden.<br />
Somit können wir auch die individuellsten<br />
Kundenwünsche bedienen.<br />
Allein unser breites Programm<br />
in Frankfurt, das alle Produktsparten<br />
des Stahlhandels umfasst, ermöglicht<br />
eine reibungslose und termingenaue<br />
Umsetzung dieser Bedürfnisse. Neben<br />
unserem Sortiment an Walz- und<br />
Flachstahl sowie Trägern und Profilen<br />
bis hin zur gesamten Produktpalette<br />
an Edelstahl und NE-Metallen sowie<br />
Rohren und Qualitäts- und Edelbaustählen<br />
bieten wir ein breites Programm<br />
an Zusatzprodukten an. Diese<br />
Produktvielfalt sorgt dafür, dass alle<br />
Erfordernisse und auch individuelle<br />
Kundenwünsche abgedeckt werden<br />
können.<br />
Inwieweit unterliegt Ihr Angebot<br />
Trends?<br />
Haarmann: Stahlhandel ist produktseitig<br />
weniger getrieben von Trends.<br />
Hier ändert sich das Lagerprogramm<br />
und die daraus resultierende Produktpalette<br />
eher seltener. Von daher ändert<br />
sich unser Angebot in Frankfurt<br />
kaum und hat Bestand. Dies schließt<br />
natürlich nicht aus, dass wir für unse-<br />
Welche neuen Entwicklungen gibt<br />
es speziell im Segment »Formstahl/<br />
Breitflanschträger«?<br />
Haarmann: Gerade dieses Produktsegment<br />
hat bei uns eine überaus<br />
positive Entwicklung genommen.<br />
Hier haben wir uns insbesondere in<br />
Frankfurt komplett neu aufgestellt<br />
und zusätzlich im gesamten Distrikt<br />
Material für individuellste Kundenwünsche: Die Produktvielfalt sorgt nach Unternehmensangaben<br />
dafür, dass alle Erfordernisse abgedeckt werden können.<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 11
Handel & Service<br />
Deutschland<br />
Zusätzlich ergänzt wird der Service durch die kostenlose App »Easy Supply« zum<br />
einfachen Nachbestellen von Material.<br />
re Niederlassung zusätzliche Produkte<br />
in unser Lagerprogramm aufnehmen<br />
– eher als Ergänzung, weniger<br />
als Trend. Am Ende des Tages orientieren<br />
wir uns an den Kundenwünschen.<br />
Neben der beeindruckenden Größe<br />
Ihrer Produktpalette bieten Sie<br />
auch einen umfassenden Anarbeitungsservice<br />
an. Welche Leistungen<br />
werden besonders häufig<br />
nachgefragt?<br />
Haarmann: Ein umfassender Anarbeitungsservice<br />
ist in der heutigen Zeit<br />
für den Werkstoffhandel unabdingbar<br />
und wird natürlich auch von unserem<br />
Team gewährleistet. Wenn Sie<br />
nach häufigen Leistungen fragen, ist<br />
das Sägen auf Fixmaß – gerade oder<br />
auf Gehrung – von verschiedensten<br />
Produkten ebenso zu nennen wie das<br />
Sandstrahlen oder Grundieren. Ergänzt<br />
werden diese Services durch<br />
zusätzliche Dienstleistungen, welche<br />
wir optimiert für unsere Kundschaft<br />
umsetzen.<br />
Sie bieten auch »Just in time«-<br />
Lieferungen an?<br />
Haarmann: Natürlich. Sie fragten zuvor<br />
nach unserem Anarbeitungsservice.<br />
Dieser spielt gerade bei »Just-intime«-Services<br />
eine ganz besondere<br />
Rolle. Wir verstehen uns als Servicedienstleister<br />
und arbeiten für das optimale<br />
Leistungsspektrum eng mit<br />
unseren Kunden zusammen. Dies umfasst<br />
neben den Anarbeitungen, aber<br />
auch Services wie zum Beispiel Entgraten,<br />
Schleifen oder Verpacken.<br />
Hier sind wir bereits heute sehr gut<br />
aufgestellt und werden unsere Services<br />
in Zukunft noch weiter kundenorientiert<br />
ausbauen.<br />
Was sind zurzeit die großen Herausforderungen<br />
und Chancen für<br />
einen produzentenunabhängigen<br />
Werkstoffhändler wie thyssenkrupp<br />
Schulte?<br />
Haarmann: Die aktuell größte Herausforderung<br />
ist sicherlich der Umgang<br />
mit den Auswirkungen von Covid-19<br />
– natürlich gesundheitlich für<br />
uns alle, aber auch wirtschaftlich.<br />
Dies ist eine noch nie dagewesene<br />
Situation, für die es keine Patentlösung<br />
gibt. Für unseren Frankfurter<br />
Standort kann ich sagen, dass wir<br />
frühzeitig und schnell umfassende<br />
Sicherheits- und Hygienemaßnahmen<br />
umgesetzt, Schichtmodelle angepasst<br />
haben und jederzeit auf die Flexibilität<br />
und Einsatzbereitschaft des gesamten<br />
Teams vertrauen können. Insofern<br />
können wir bis heute für unsere<br />
Kunden jederzeit da sein.<br />
Aber jede Krise birgt auch ihre Chancen.<br />
In unserer Niederlassung haben<br />
wir uns die Krise zunutze gemacht.<br />
Unser Team war dank des Einsatzes<br />
digitaler Tools in der Lage, im gewohnten<br />
Maße für unsere Kunden<br />
verfügbar zu sein. Auch unsere digitalen<br />
Vertriebskanäle oder automatisierten<br />
Bestellmöglichkeiten haben<br />
wir weiter vorangetrieben. In diesem<br />
Zusammenhang wäre auch unsere<br />
kostenlose App thyssenkrupp »easy<br />
supply« zu nennen, die für unsere<br />
Kunden das einfache Nachbestellen<br />
von Material möglich macht. Dies<br />
wirkt sich insgesamt auf die »new art<br />
of working« aus, und wir werden uns<br />
dieser Herausforderung in Zukunft<br />
noch intensiver stellen.<br />
Über welche Entwicklung der<br />
jüngeren Zeit sind Sie persönlich<br />
besonders stolz?<br />
Haarmann: Natürlich bin ich stolz auf<br />
die tolle Entwicklung der vergangenen<br />
zwei Jahre in Frankfurt und auf<br />
den pragmatischen und lösungsorientierten<br />
Umgang des Teams mit der<br />
Krise. Stolz können wir alle auch auf<br />
die Resonanz unserer Kundschaft und<br />
die daraus resultierenden Partnerschaften<br />
sein. Dies ist nicht selbstverständlich<br />
und für unsere tägliche Arbeit<br />
Ansporn genug, diesen Weg<br />
gemeinsam genauso weiter zu beschreiten.<br />
Was sind Ihre Pläne für die<br />
Zukunft?<br />
Haarmann: Ich glaube, dass Covid-19<br />
für jeden von uns seine eigenen Pläne<br />
relativiert und auf ein mögliches Maß<br />
beschränkt hat. Wir schauen trotz<br />
allem positiv nach vorne und möchten<br />
natürlich unsere Ziele erreichen,<br />
welche wir uns im gesamten Distrikt<br />
»Süd-West« gesteckt haben. Vor allem<br />
ist es aber unser Ziel, dass wir alle<br />
gesund bleiben und diese Krise<br />
schnell wieder der Vergangenheit angehört.<br />
Die Fragen stellte Philipp Isenbart.<br />
•<br />
12 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Handel & Service<br />
Stahl ∙ Edelstahl ∙ Anschlagrohre ∙ Bauelemente<br />
ArcelorMittal:<br />
Millionen-Investition<br />
für Neckarsulm<br />
Neue Strahlanlage inklusive Lackiereinheit<br />
ist voll einsatzfähig<br />
Neckarsulm. Die ArcelorMittal-Stahlhandel-Niederlassung in<br />
Neckarsulm ist modernisiert worden: Mit einer Ersatzinvestition<br />
von knapp einer Million Euro erhielt der Standort dem Stahlkonzern<br />
zufolge eine neue Strahl- und Primeranlage.<br />
Nach der Ausstattung aller Lagerhallen<br />
mit LED-Beleuchtungen<br />
sei dies der nächste<br />
Meilenstein gewesen, teilte Arcelor-<br />
Mittal mit. In Neckarsulm bietet der<br />
Stahlhandel von ArcelorMittal<br />
Downstream Solutions eine breite<br />
Produktpalette an kalt- und warmgefertigten<br />
Hohlprofilen, Rundrohren<br />
und Trägern aus Walzstahl inklusive<br />
Anarbeitungsmöglichkeiten. Das Projekt<br />
sei innerhalb von nur drei Monaten<br />
realisiert worden, kommentiert<br />
Franz-Günter Kleine, CEO des ArcelorMittal-Stahlhandels<br />
für Deutschland<br />
und die Schweiz.<br />
Höhere Leistung, bessere<br />
Arbeitsergebnisse<br />
Eine neue Strahlanlage vom Typ Marathon<br />
A 1506 mit je 22 Kilowatt Leistung<br />
pro Turbine und zusätzlicher<br />
Frequenzregelung hat ArcelorMittal<br />
am Standort bereits in Betrieb genommen.<br />
Die Durchlassöffnung beträgt<br />
1 600 x 700 Millimeter, und die<br />
Produkte werden mit einer Strahlqualität<br />
von SA 2,5 gestrahlt. Die neue<br />
Anlage ersetzt ihren Vorgänger aus<br />
dem Jahr 1992. Höhere Leistung, bessere<br />
Arbeitsergebnisse und eine Umwelttechnik,<br />
die den Anforderungen<br />
an eine moderne Produktion entsprechen,<br />
seien die Vorteile, die die neue<br />
Anlage biete, so ArcelorMittal. Mit<br />
der Anlage seien auch die Sicherheitstechnik<br />
und die Schaltschränke erneuert<br />
worden.<br />
Zwei separate Farbsysteme<br />
Gleichzeitig wurde eine neue Lackieranlage<br />
mit zwei separaten Farbsystemen<br />
installiert. Dort sollen zwei unterschiedliche<br />
wasserlösliche Farben<br />
ohne Unterbrechung und ohne manuellen<br />
Eingriff auf die Farbfässer verarbeitet<br />
werden können. Damit verfügt<br />
die ArcelorMittal-Stahlhandel- Niederlassung<br />
Neckarsulm über zwei Grundfarben<br />
(rot und grau). Auch Sonderfarben<br />
seien auf Wunsch möglich,<br />
betont der Konzern. Um zu verhindern,<br />
dass Farbe über das Material auf<br />
die Rollen der Transportanlage außerhalb<br />
der Lackieranlage kommt, sei ein<br />
automatischer Abstreifmechanismus<br />
an der letzten Rolle in der Lackieranlage<br />
eingebaut worden.<br />
»Für die Stahlhandel-Kunden bedeutet<br />
das mehr Wahlmöglichkeiten<br />
und schnellere Prozesse, zudem eine<br />
optimierte Qualität, das alles auf der<br />
Basis umwelt- und sicherheitstechnisch<br />
höchster Standards«, so Arcelor-<br />
Mittal.<br />
https://germany.arcelormittal.com<br />
•<br />
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<strong>2020</strong> 13
Handel & Service<br />
Deutschland<br />
Erweiterte Digitalisierung im<br />
Stahlgeschäft<br />
Software-Entwickler ETIV-System verspricht erstmalige Transparenz<br />
der gesamten Supply Chain<br />
Die Digitalisierung der Industrieprozesse<br />
führt zu einer<br />
Verkürzung der Marktzyklen.<br />
Foto: Shutterstock<br />
Köln. Das Softwareunternehmen ETIV-System hat ein digitales Zertifi<br />
zierungsverfahren entwickelt, das Optimierungspotenziale für die<br />
Stahlbranche aufdecken helfen soll. Das Verfahren erfasst erstmalig<br />
Daten entlang der Supply Chain vom Hersteller bis zum Endverbraucher,<br />
bereitet diese visuell auf und macht sie nutzbar. Das System ist auf die<br />
Stahlbranche zugeschnitten und eignet sich insbesondere für Lang- und<br />
Flachprodukte wie Blankstahl, Werkzeugstahl, Rohre, Bleche und Platten<br />
sowie Draht und Ketten.<br />
Von Dr. Hossein Askari*<br />
Die Stahlbranche ist wie kaum<br />
eine andere Branche von globalen<br />
Umwälzungen und<br />
Trends betroffen: Die Unternehmen<br />
des Stahl- und Werkstoffhandels sowie<br />
die Stahl-Service-Center fungieren<br />
als Mittler zwischen Industrie und<br />
Verarbeitung. Dabei entsprechen sie<br />
dem Wunsch der Stahlwerke und Metallhersteller<br />
nach großvolumigen<br />
Bestelleinheiten und dem ihrer Kunden<br />
nach bedarfsgerechter Belieferung<br />
mit Werkstoffen für maßgeschneiderte<br />
Einsatzzwecke.<br />
Zunehmender Veränderungsdruck<br />
Die Stahlunternehmen – das heißt<br />
Stahlhersteller, Stahlhändler und<br />
Stahl-Service-Center – stehen deshalb<br />
unter Druck, ihre Strukturen und Prozesse<br />
so aufzustellen, dass sie sich flexibel<br />
und adaptiv auf die Veränderungen<br />
in ihrem Marktumfeld einstellen können.<br />
Die eher traditionellen Markt- und<br />
Wettbewerbsstrategien in der Vergangenheit<br />
waren überwiegend auf die<br />
Parameter Wachstum und Restrukturierung<br />
(Kostensenkung) gerichtet, wobei<br />
die Restrukturierungsbemühungen<br />
noch keineswegs abgeschlossen sind.<br />
Die zukünftige Erfolgsstrategie<br />
lautet, sich durch konsequente Markt-<br />
und Kundenorientierung vom reinen<br />
Produktanbieter zum kompetenten<br />
strategischen Partner der Stahlkunden<br />
zu entwickeln, wobei der Fokus<br />
auf die Diversifizierung wie auf die<br />
Spezialisierung gerichtet sein kann.<br />
Dabei sorgt die Digitalisierung der<br />
Industrieprozesse, wie Cloud-Lösungen<br />
und On-Demand-Produktion, für<br />
eine Verkürzung der Marktzyklen. In<br />
Zukunft wird es wichtig sein, die richtige<br />
Balance zwischen Produktportfolio,<br />
Bearbeitungskompetenz und<br />
Reaktionsfähigkeit innerhalb der Lieferkette<br />
unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Digitalisierungsmöglichkeiten<br />
zu erreichen.<br />
Chancen von Industrie 4.0<br />
realisieren<br />
Auf Basis von Experteninterviews und<br />
Branchenanalysen hat der Kölner<br />
Softwareentwickler ETIV-System eine<br />
IT-Lösung entwickelt, die Stahlunternehmen<br />
helfen soll, die Chancen von<br />
Industrie 4.0 zu realisieren. Eine Digitalisierung<br />
von Produktion und Vertrieb<br />
ist die Voraussetzung für neue<br />
Wachstumschancen und Wettbewerbsvorteile,<br />
eine dynamische, flexible<br />
und effiziente Produktion sowie<br />
einen Informationsfluss über die gesamte<br />
horizontale Wertschöpfungskette:<br />
Die digitale End-to-End Echtzeitinformation<br />
und Verifikation von<br />
ETIV-System liefert Daten entlang der<br />
horizontalen Wertschöpfungskette,<br />
erhöht die Fälschungssicherheit von<br />
Produkten und stellt als einsatzbereite<br />
Software einen konkreten Ansatz<br />
zur Realisierung von Optimierungspotenzialen<br />
dar. Da zum ersten Mal<br />
durch ETIV-System in der Stahlbranche<br />
die Logistik beziehungsweise die Produktlieferkette<br />
bis zum Endkunden in<br />
Echtzeit visualisiert wird, ist eine signifikante<br />
Optimierung der Supply<br />
Chain – darunter Lagerbestände, Liefergeschwindigkeiten<br />
und Prognosen<br />
– möglich. Die Fälschungssicherheit<br />
der Produkte und deren Zertifikate ist<br />
zudem mit Nutzung dieses Verfahrens<br />
sehr hoch, da es digital keine Möglichkeiten<br />
zur Manipulation der Produktzertifikate<br />
gibt.<br />
https://etiv-system.de<br />
*Der Autor ist Geschäftsführer des<br />
Kölner Softwareentwicklers ETIV-<br />
System.<br />
In der nächsten Ausgabe zeigen wir<br />
Ihnen ein praktisches Beispiel des Megatrends<br />
»Industrie 4.0« in der Stahlbranche.<br />
•<br />
14 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Handel & Service<br />
Zulassung nach ISO 45001<br />
rff: Sicherheitsstandards zertifiziert<br />
Stuhr/Bremen. Bescheinigter Mitarbeiterschutz vor berufsbedingten Unfällen und Erkrankungen:<br />
Erstmals wurden die Sicherheitsstandards des Handelshauses rff Rohr Flansch Fitting vom TÜV-<br />
Nord mit der Zulassung nach ISO 45001 zertifiziert.<br />
Die Norm ISO 45001 gibt einen Rahmen vor, um die<br />
Risiken am Arbeitsplatz proaktiv zu reduzieren<br />
und so die Gesundheit und das Wohlergehen der<br />
Beschäftigten nachhaltig zu verbessern. Jens Fuhrken,<br />
Leiter IMS (Integriertes Managementsystem) bei rff,<br />
nimmt im Interview Stellung zu den Beweggründen und<br />
den Veränderungen, die sowohl auf rff als auch auf Kunden<br />
und Lieferanten zukommen.<br />
Können Sie erklären, was die ISO 45001 genau ist und<br />
warum sich rff hat zertifizieren lassen?<br />
Jens Fuhrken: Beim betrieblichen Gesundheits- und Arbeitsschutz<br />
ist die ISO 45001 der weltweit erste internationale<br />
Standard. Sie gibt jedem Unternehmen einen Rahmen<br />
vor, wie sich Risiken aktiv reduzieren und die Gesundheit<br />
der Beschäftigten nachhaltig verbessern lassen. In<br />
erster Linie werden hierdurch die eigenen Mitarbeiter<br />
noch besser geschützt, aber auch die bei unseren Lieferanten<br />
und Dienstleistern. Um das zu erreichen, war es<br />
wichtig, alle Mitarbeitenden in die Aspekte einzubeziehen.<br />
Das Haus rff arbeitet seit vielen Jahren mit Geschäftspartnern<br />
auf der ganzen Welt zusammen. Daher war es<br />
für uns die logische Konsequenz, die hohe Verantwortung,<br />
die wir als verlässlicher Arbeitgeber und global<br />
agierendes Handelsunternehmen haben, durch den TÜV-<br />
Nord zertifizieren zu lassen. Es ist das sichtbare<br />
Zeichen, dass wir das Thema schon immer<br />
sehr ernst genommen haben.<br />
Was ändert sich für Lieferanten?<br />
Fuhrken: Das grundlegend Neue an<br />
dieser Zertifizierung ist, dass man<br />
sich auf die Interaktion eines Unternehmens<br />
mit seinem Geschäftsumfeld<br />
konzentriert. Alle Firmen,<br />
die mit rff zusammenarbeiten, sind<br />
verpflichtet für die Sicherheit ihrer<br />
Mitarbeiter Sorge zu tragen. Zukünftig<br />
werden wir noch mehr auf die Einhaltung<br />
der Auflagen, die dem Schutz der Menschen<br />
vor Gefahrenquellen dienen, achten. Neben<br />
den hohen Qualitätsstandards, die wir von unseren Lieferanten<br />
erwarten, achten wir bei der Auditierung verstärkt<br />
auf einen proaktiven Arbeits- und Gesundheitsschutz.<br />
»Mit der Zertifizierung<br />
nach ISO 45001<br />
haben wir eine Lücke<br />
geschlossen und das<br />
Managementsystem<br />
komplettiert.«<br />
Jens Fuhrken,<br />
Leiter IMS bei rff<br />
Jens Fuhrken ist als Leiter IMS (Integriertes Managementsystem)<br />
unter anderem für den Bereich »Qualitätsmanagement«<br />
bei rff verantwortlich.<br />
Wie profitieren Kunden von der Zertifizierung?<br />
Fuhrken: Mit der Zertifizierung nach ISO 45001 haben<br />
unsere Kunden die Sicherheit, dass wir alle Maßnahmen<br />
ergriffen haben, die zu weniger Störungen im Betriebsablauf<br />
führen. Des Weiteren erleichtert es unseren Kunden,<br />
die auch ein Managementsystem einsetzen, eine<br />
regelmäßige Lieferantenbewertung zu vollziehen.<br />
Es erleichtert darüber hinaus die<br />
Kommunikation zu diesen Themen, da<br />
dieses Sicherheitsbewusstsein bei<br />
vielen unserer Kunden ebenfalls<br />
vorhanden ist. Die meisten Unternehmen,<br />
die mit uns zusammenarbeiten,<br />
achten mittlerweile auf<br />
diese Aspekte und arbeiten – genau<br />
wie rff – nur mit Lieferanten<br />
zusammen, die neben hohen Standards<br />
bei Qualität und Umweltschutz<br />
auch Wert auf Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
legen. Mit der Zertifizierung nach ISO<br />
45001 haben wir eine Lücke geschlossen und das<br />
Managementsystem komplettiert.<br />
•<br />
www.rff.de<br />
Foto: rff<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong><br />
15
Handel & Service<br />
Marktbericht<br />
Angespannte Situation im<br />
Eisen- und Stahlsektor<br />
Volkswirtschaftliches Umfeld belastet weiterhin bei Flachstahl<br />
Ernüchternde Zahlen: Die Auftragseingänge im Eisen- und Stahlbereich fielen im April gegenüber<br />
dem Vormonat um 35,7 Prozent. Damit lagen sie 52,6 Prozent niedriger als im Januar.<br />
Von Peter Fertig*<br />
Die Prognosen der quantitativen<br />
Modelle von MBI Research<br />
sind für die Flachstahlpreise<br />
im deutschen Markt optimistisch.<br />
Doch die aktuelle Preisentwicklung<br />
spricht eine andere Sprache: In den<br />
vergangenen Wochen ging es kräftig<br />
bergab. Die Modellprognosen orientieren<br />
sich stark an den Produktionskosten.<br />
Derzeit dominiert jedoch das<br />
makroökonomische Umfeld. MBI Research<br />
ist deshalb vorsichtiger und<br />
geht eher von einem weiteren leichten<br />
Rückgang aus. Selbst im besten<br />
Fall dürften Preisaufschläge eher im<br />
niedrigen einstelligen Prozentbereich<br />
bleiben.<br />
Schon besser dürften die Modellvorhersagen<br />
bei Langstahl liegen,<br />
denn hier werden stabile bis leicht<br />
höhere Preise auf Sicht von vier Wochen<br />
erwartet. Aber auch in diesem<br />
Index<br />
65<br />
60<br />
55<br />
50<br />
45<br />
Segment gingen die Preise in den vergangenen<br />
Wochen zurück. Mit der<br />
Lockerung der Maßnahmen gegen die<br />
Ausbreitung des Coronavirus dürfte<br />
die Bautätigkeit steigen, was die Preisentwicklung<br />
unterstützen sollte. MBI<br />
Research erwartet, dass sich die Preise<br />
für Langstahl besser als für Flachstahl<br />
entwickeln dürften.<br />
Flachstahlpreise im Rückgang<br />
Die Finanzmärkte konnten weiter zulegen,<br />
da sie von einer V-förmigen<br />
Erholung der Wirtschaft ausgehen.<br />
Deshalb schüttelten sie auch die deutschen<br />
Daten für Auftragseingang und<br />
Industrieproduktion im April einfach<br />
ab. Sicherlich handelt es sich hierbei<br />
um alte Daten. Dennoch könnte es<br />
Auswirkungen darauf haben, wie lange<br />
es dauern wird, bis die Vor-Corona-Werte<br />
wieder erreicht werden.<br />
Trotz Erholung des Index der Einkaufsmanager dürfte<br />
Industrieproduktion tief im Minus bleiben<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
%<br />
Darüber hinaus könnten sich die Daten<br />
auf die Preisentwicklung auswirken.<br />
Die Industrieproduktion fiel im<br />
April um 17,9 Prozent, nach einem<br />
Rückgang von 8,9 Prozent im Vormonat.<br />
Noch düsterer ist die Lage im Eisen-<br />
und Stahlsektor. Auf der Grundlage<br />
der Rohdaten sanken die Auftragseingänge<br />
im Eisen- und Stahlbereich im<br />
April gegenüber dem Vormonat um<br />
35,7 Prozent und lagen 52,6 Prozent<br />
niedriger als im Januar. Bereinigt um<br />
saisonale und arbeitstägliche Effekte<br />
fiel der Index des Auftragseingangs<br />
im April um 27,1 Prozent und lag 48,1<br />
Prozent niedriger als im Januar. Die<br />
Produktion hielt sich jedoch deutlich<br />
besser. Die Implikation ist, dass bei<br />
einem weitaus stärkeren Einbruch der<br />
neuen Aufträge im Vergleich zur Produktion<br />
die Auftragsbücher schmelzen<br />
wie Schnee in der Sonne, und dass<br />
sich die Verhandlungsmacht der Stahlproduzenten<br />
rapide verschlechtert<br />
hat. Dies hatte eine sehr negative Auswirkung<br />
auf die Preise im Flachstahlsektor,<br />
da die steigenden Kosten nicht<br />
an die Verbraucher weitergegeben<br />
werden konnten. Die Verluste bei der<br />
Herstellung einer Tonne Flachstahl<br />
waren in den vergangenen Wochen<br />
erheblich gestiegen.<br />
40<br />
35<br />
30<br />
20<strong>08</strong> 2010 2012 2014 2016 2018 <strong>2020</strong><br />
PMI Manufacturing Eurozone Vorlauf 1 Monat (l.S.)<br />
Industrieproduktion Eurozone Veränderung ggü. Vorjahr (r.S.)<br />
-30<br />
-40<br />
Bessere Preisentwicklung für<br />
Langstahl<br />
Nach den vorläufigen Daten haben<br />
sich die Indizes der Einkaufsmanager<br />
(PMI) im Verarbeitenden Gewerbe<br />
im Juni weiter erholt. Besonders<br />
kräftig fiel das Plus beim Index für<br />
16 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Marktbericht<br />
Handel & Service<br />
USD/t<br />
Gute Stahlnachfrage in China führt zu steigenden Kosten für Eisenerz<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 <strong>2020</strong><br />
Frankreich aus, der von 40,6 auf 52,1<br />
Punkte stieg. Der Index für Deutschland<br />
ging hingegen nur von 36,6<br />
Punkten im Mai auf 44,6 Punkte<br />
nach oben. Der PMI für die Eurozone<br />
insgesamt verbesserte sich von 39,4<br />
auf 46,9 Punkte.<br />
Chinas Wirtschaft zeigt gute<br />
Erholung<br />
In China hingegen hat sich die Wirtschaft<br />
schnell und kräftig erholt. Der<br />
<strong>Stahlmarkt</strong> konnte sich auf die Regierung<br />
verlassen. Es dauerte zwar bis<br />
zum Nationalen Parteitag, der auf<br />
Ende Mai verschoben wurde, aber es<br />
gab keinen Zweifel daran, dass Investitionen<br />
in die Infrastruktur vorgezogen<br />
werden würden. Die Zentralbank<br />
senkte die Zinssätze und stellte reichlich<br />
Liquidität zur Verfügung. Während<br />
die EZB ebenfalls schnell reagierte,<br />
benötigte die deutsche Regierung<br />
jedoch bis zur ersten<br />
Juniwoche, um eine Entscheidung<br />
über fiskalische Stimulierungsmaßnahmen<br />
zu treffen. Daher ist es nicht<br />
überraschend, dass in China beide<br />
PMIs des verarbeitenden Gewerbes es<br />
wieder über die 50er-Schwelle schafften.<br />
Chinas Industrieproduktion verbesserte<br />
sich im Mai <strong>2020</strong> weiter, blieb<br />
Eisenerz SGX-Frontmonat (l.S.)<br />
SHFE Betonstahl Terminkontrakt (r.S.)<br />
allerdings etwas hinter den Erwartungen<br />
zurück. Lag die Wachstumsrate<br />
im Vorjahresvergleich im April noch<br />
bei 3,9 Prozent, so ging sie im Mai<br />
weiter auf 4,4 Prozent nach oben. Daher<br />
überrascht es nicht, dass der<br />
Welt-Branchenverband der Stahlindustrie<br />
einen Anstieg der Stahlnachfrage<br />
in China um 1 Prozent vorhersagt,<br />
während die Stahlnachfrage in<br />
diesem Jahr in der übrigen Welt voraussichtlich<br />
um 17 Prozent sinken<br />
dürfte. Aus Sicht von MBI Research<br />
könnte die Schätzung für China noch<br />
etwas zu vorsichtig ausfallen.<br />
Die Rohstahlproduktion in China<br />
stieg bereits im April um 0,2 Prozent<br />
gegenüber dem Vorjahr. Da die Gewinnmarge<br />
attraktiv blieb, stieg im<br />
Mai die Rohstahlproduktion weiter.<br />
Sie nahm von 85 Millionen im April<br />
auf knapp 92,3 Millionen Tonnen zu.<br />
Positiv entwickelte sich auch die Nachfrage<br />
nach Stahl. So legte der Automobilabsatz<br />
erstmals seit Juni 2018<br />
wieder im Vorjahresvergleich zu. Auch<br />
die Baubranche hat sich belebt und<br />
von der üblichen Flaute durch die Regensaison<br />
im Süden des Landes ist<br />
noch nichts zu spüren. So gingen auch<br />
die Lagerbestände bei Betonstahl zurück,<br />
ebenso wie die Lagerbestände<br />
an warm- und kaltgewalztem Stahl.<br />
Dies deutet auf eine robuste Nachfrage<br />
nach Stahl hin.<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
CNY/t<br />
Mit einer steigenden Stahlproduktion<br />
in China geht natürlich auch eine Zunahme<br />
der Nachfrage nach Eisenerz<br />
einher. Die chinesische Förderung<br />
nahm von 74,4 Millionen Tonnen im<br />
April auf 74,6 Millionen Tonnen im<br />
Mai zu. Allerdings sind die Importe<br />
im Mai auf 87 Millionen Tonnen gefallen,<br />
während sie im April noch 95,7<br />
Millionen Tonnen betrugen. Doch<br />
dies lag primär an geringeren Verschiffungen<br />
aufgrund coronabedingter<br />
Ausfälle. Während die sinkende<br />
Stahlproduktion in der übrigen Welt<br />
auf der Eisenerznachfrage lastet,<br />
steigt die chinesische Nachfrage. Und<br />
da China der wichtigste Akteur auf<br />
dem überseeischen Eisenerzmarkt ist,<br />
steigt die Nachfrage nach diesem<br />
Rohstoff für die Stahlerzeugung. Auf<br />
der Angebotsseite heizte die Ausbreitung<br />
des Coronavirus in Brasilien Spekulationen<br />
über Angebotsverluste an.<br />
Während Vale seinen Ausblick für<br />
Eisenerzlieferungen aufrechterhielt,<br />
ordnete ein Gericht in Brasilien die<br />
Schließung einiger Minen an, die das<br />
Unternehmen betreibt.<br />
Stahlschrott: Türkische<br />
Nachfrage kräftig gestiegen<br />
Die Koks-Terminkontrakte an der DCE<br />
gingen im Mai steil nach oben und<br />
setzten den Anstieg in der ersten Juniwoche<br />
fort. Der Index von MBI Research<br />
für die Produktionskosten<br />
über das BOF-Verfahren stieg in den<br />
vergangenen Wochen zum 19. Juni<br />
um 3,1 Prozent, was in erster Linie an<br />
den Eisenerzpreisen lag. Dies ist der<br />
Hauptgrund für die optimistischen<br />
Modellprognosen für die Flachstahlprodukte<br />
in Deutschland.<br />
Im Mai ging es mit den Preisen für<br />
Stahlschrott etwas auf und ab. Aber<br />
im Juni stiegen die Preise für Stahlschrott<br />
in den Häfen der ARA-Region<br />
und für Importe in die Türkei deutlich.<br />
Besonders kräftig stieg die türkische<br />
Nachfrage. <br />
*Der Autor ist Senior Analyst beim<br />
Informationsdienstleister MBI.<br />
•<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 17
Handel & Service<br />
International<br />
Foto: Shutterstock<br />
Auch die gedrosselte Erdölförderung in den USA infolge der globalen Petroschwemme hat zum starken Einbruch der Stahlnachfrage<br />
beigetragen.<br />
Bangen und Hoffen im<br />
amerikanischen Stahlsektor<br />
Angekündigtes Infrastrukturpaket sorgte für kurzzeitigen Optimismus<br />
New York. Die von der Coronakrise verursachte Stilllegung der US-Wirtschaft hat die amerikanische<br />
Stahlindustrie besonders empfindlich getroffen. Die zuweilen komplett gestoppte Produktion<br />
in der Automobilindustrie, die Schließung aller Hoch- und Tiefbauprojekte und die gedrosselte<br />
Erdölförderung in den USA infolge der globalen Petroschwemme haben die Stahlnachfrage dramatisch<br />
runtergeschraubt. Selbst nach der teilweisen Wiedereröffnung der Wirtschaft, darunter<br />
die Automobilproduktion, bleibt die Nachfrage schwach.<br />
Von unserer New Yorker Korrespondentin Brigitte Nacos<br />
Als US-Präsident Donald Trump Mitte Juni ein massives<br />
Infrastrukturpaket mit einer Finanzierung<br />
von einer Billion US-Dollar (umgerechnet 850<br />
Milliarden Euro) ankündigte, katapultierte das den Kurs<br />
der Stahlaktien für einen optimistischen Tag in die Höhe.<br />
So stiegen die Aktien des Unternehmen US Steel um zwölf<br />
Prozent – und verloren einen Tag später fast den gesamten<br />
Gewinn. Das Auf und Ab an der Börse, nicht nur an<br />
diesen Tagen und nicht nur in Bezug auf Stahlaktien, ist<br />
symptomatisch für die wirtschaftliche und politische Unsicherheit<br />
im Land.<br />
Corona-Angst erschwert Entscheidungen<br />
Der größte Faktor für diese Unsicherheit war der Verlauf<br />
der Erkrankung Covid-19, die in den USA traurige Rekorde<br />
bei Infektionen und Todesfällen verzeichnet. Während<br />
18 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
International<br />
Handel & Service<br />
in New York und anderen der zu Anfang am schwersten<br />
betroffenen Regionen im Nordwesten des Landes die<br />
Auswirkungen des Coronavirus abklangen, stieg im Juni<br />
im südlichen und westlichen »Sun belt« die Zahl der infizierten<br />
Personen dramatisch. In dieser Situation sind in<br />
einflussreichen Wirtschaftskreisen die Sorgen über eine<br />
neue Welle von Corona-Ansteckungen und einer erneuten,<br />
drastischen Stilllegung der Wirtschaft gewachsen, die<br />
bereits in einer tiefen Rezession steckt. Das erschwert<br />
wichtige Entscheidungen – auch in der Stahlindustrie.<br />
Als die US Steel Corporation einen der stillgelegten<br />
Hochöfen im Werk Mon Valley in der Nähe von Pittsburgh<br />
in der zweiten Juniwoche wieder hochfuhr, wurde die<br />
Entscheidung von einigen Marktkennern infrage gestellt.<br />
Zu diesem Zeitpunkt lag die Kapazitätsnutzung<br />
der US-Stahlindustrie bei 53,3 Prozent, ein<br />
Rückgang von 36 Prozent zum Vergleichsmonat<br />
im vergangenen Jahr.<br />
Für das laufende Jahr betrug die<br />
Kapazitätsnutzung 68,6 Prozent<br />
gegenüber 81,4 Prozent für den<br />
gleichen Zeitraum des Vorjahres.<br />
Marktexperten sahen darin<br />
nicht gerade günstige Bedingungen<br />
für eine Erhöhung der<br />
Produktionskapazität. Gleichzeitig<br />
beschlossen die Manager von<br />
US Steel angesichts der anhaltenden,<br />
weltweiten Ölschwemme die<br />
Schließung von Werken, die Produkte<br />
für die einheimische Erdöl- und Erdgasindustrie<br />
herstellten. In Ohio legte US Steel das<br />
Werk Lorain still, das Stahlrohre produzierte und 200<br />
Arbeiter beschäftigte. Das Gleiche galt für zwei US-Steel-<br />
Werke in Texas, Lone Star Tubular Operations und Weld<br />
Mills, wo insgesamt 600 Arbeiter ihre Jobs verloren. Mitte<br />
Juni warnte die Unternehmensleitung von US Steel vor<br />
einem Verlust im zweiten Jahresquartal aufgrund der<br />
Covid-19-Probleme. Zwei Wochen vor Ende des zweiten<br />
Quartals wurde einen Verlust von umgerechnet knapp 267<br />
Millionen Euro oder 2,58 Euro pro Aktie erwartet, die zu<br />
diesem Zeitpunkt unter zehn US-Dollar (8,46 Euro) gehandelt<br />
wurde. Unter dem finanziellen Stress dieser Wirtschaftskrise<br />
kündigte das Unternehmen den Verkauf von<br />
50 Millionen zusätzlichen Aktien an – etwa ein Drittel der<br />
derzeit ausstehenden Aktien.<br />
Hoffnungsschimmer Infrastrukturinitiative<br />
Schon bevor Covid-19 der Stahlindustrie empfindliche<br />
Probleme bereitete, zeigte die Branche nach einem vorübergehenden<br />
Aufschwung infolge der trumpschen Strafzölle<br />
Schwächen in puncto Nachfrage und Preisniveau.<br />
Einen Hoffnungsschimmer sahen manche in der Branche,<br />
als Trump zum Sommeranfang eine Infrastrukturinitiative<br />
als wichtigen Teil für die Wiederbelegung der Wirtschaft<br />
und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Aussicht stellte.<br />
Während Trump im März dieses Jahres von einem Infrastrukturplan<br />
in Höhe von zwei Billionen US-Dollar (rund<br />
1,7 Billionen Euro) sprach, halbierte er diese Summe für<br />
die jüngste Initiative. Das Gros der von Trump avisierten<br />
Ausgaben soll in die Verbesserung der traditionellen Infrastruktur<br />
– Straßen, Brücken, Tunnel – gesteckt werden.<br />
»Schon bevor<br />
Versprechen ohne Einlösung<br />
Covid-19 der Stahlindustrie<br />
empfindliche Probleme bereitete,<br />
zeigte die Branche nach<br />
einem vorübergehenden Aufschwung<br />
infolge der trumpschen<br />
Strafzölle Schwächen in<br />
puncto Nachfrage und<br />
Preisniveau.«<br />
Für einen kleineren Teil der Ausgaben versprach<br />
der US-Präsident den Bau drahtloser<br />
Breitband- und 5G-Netze in<br />
landwirtschaftlichen Gegenden.<br />
Wie kein anderer Industriezweig<br />
redete die amerikanische<br />
Stahlindustrie seit Jahren einer<br />
starken Ausweitung und Erneuerung<br />
der Infrastruktur<br />
des Landes das Wort. Aber die<br />
plötzliche Eile des US-Präsidenten<br />
bezüglich dieses Plans<br />
hat wohl nicht nur mit dem<br />
Einfluss der Stahl-Lobby und der<br />
derzeitigen Rezession zu tun.<br />
Trump, der im Wahlkampf eine Wiedergeburt<br />
der US-Stahlindustrie und die<br />
Verbesserung der amerikanischen Infrastruktur<br />
versprach und die Unterstützung vieler Stahlarbeiter<br />
gewann, hat diese Versprechen bislang nicht eingelöst.<br />
In Meinungsumfragen lag er zu Beginn des Sommers<br />
in einigen Bundesstaaten im Rostgürtel hinter dem demokratischen<br />
Kandidaten, Ex-Vize-Präsident Joe Biden, unter<br />
anderem in den einstigen Stahlhochburgen Pennsylvania<br />
und Ohio. In diesen beiden Bundesstaaten besiegte Trump<br />
vor vier Jahren Hillary Clinton. Offenbar hofft er wenige<br />
Monate vor dem Wahltag im November, dass er mit einem<br />
handfesten Infrastrukturplan die Siege von damals wiederholen<br />
kann. Denn die Stahlindustrie gehört zu den<br />
Industriezweigen, die sich von einer fundamentalen Überholung<br />
der Infrastruktur eine starke Absatzerhöhung<br />
versprechen. Gleichzeitig würde der Ausbau der Breitband-<br />
und 5G-Infrastruktur auch jenen Farmern im Mittleren<br />
Westen zugute kommen, deren Exporte nach China im<br />
trumpschen Handelskrieg mit Beijing stark zurückgingen<br />
und zu hohen Verlusten führten.<br />
•<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 19
Handel & Service<br />
Know-how<br />
Fotos (2): Shutterstock<br />
Zweiteilige<br />
Serie<br />
TEIL 2<br />
Eine Maßnahme, den Liquiditätsabfluss zu reduzieren, kann die Suche nach günstigeren Alternativlieferanten<br />
und -dienstleistern sein.<br />
Wege aus der Corona-Krise<br />
Krisenmanagement in der Stahlindustrie<br />
Düsseldorf. Auch wenn sich die Folgen der Corona-Pandemie noch<br />
nicht ganz abschätzen lassen, steht fest: Die Stahlbranche gerät durch<br />
die aktuelle Krise noch stärker unter Druck. Vorstände und Geschäftsführer<br />
haben allerdings einige Möglichkeiten, der Krise entgegenzuwirken.<br />
Von Steffen Follner, Dr. Sebastian Mielke und Kathrin Seiz*<br />
Neben der Kreditaufnahme erlaubt<br />
der Gesetzgeber es Unternehmen<br />
aktuell, Sozialversicherungsbeiträge<br />
und Steuerzahlungen<br />
zu stunden, um eine<br />
andernfalls drohende Insolvenz abzuwenden.<br />
Weil dies bei größeren Unternehmen<br />
vielfach nicht ausreichen<br />
wird, kann es angeraten sein, Anlagevermögen<br />
im Wege des Sale-and-<br />
Lease-Back (Rückmietverkauf, eine<br />
Sonderform des Leasings, Anm. d.<br />
Red.) zu verkaufen, um einen kurzfristigen<br />
Liquiditätszufluss zu erreichen.<br />
Bei langen Zahlungszielen kann<br />
auch das Factoring von Außenständen<br />
Liquidität sichern.<br />
Alternativen im Auge behalten<br />
Eine Maßnahme, den Liquiditätsabfluss<br />
zu reduzieren, kann die Suche<br />
nach günstigeren Alternativlieferanten<br />
und -dienstleistern sein. Bei Energielieferanten<br />
oder Versicherungen<br />
beispielsweise besteht häufig ein<br />
nicht unerheblicher Spielraum. In einer<br />
energieintensiven Branche wie<br />
dem Stahlsektor sollten zudem die<br />
Möglichkeiten von Steuerentlastungen<br />
im Energiebereich und die Begrenzung<br />
von EEG-Umlagebescheiden<br />
genutzt werden. Parallel empfiehlt<br />
es sich, frühzeitig mit<br />
20 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Know-how<br />
Handel & Service<br />
Lieferanten über die Verlängerung<br />
von Zahlungszielen oder Stundungen<br />
zu verhandeln.<br />
Kurzarbeit zur Reduzierung der<br />
Personalkosten<br />
Unmittelbar nachdem die Politik den<br />
Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtert<br />
hat, haben bereits zahlreiche<br />
Unternehmen von der Möglichkeit<br />
Gebrauch gemacht, die Arbeitszeit<br />
und das Entgelt ihrer Belegschaft<br />
vorübergehend zu reduzieren. Bei<br />
der »Kurzarbeit null« kann die Arbeit<br />
sogar vollständig eingestellt werden.<br />
Wichtig zu wissen: Betriebe können<br />
Kurzarbeit im Zuge der Corona-Krise<br />
bereits dann anmelden, wenn zehn<br />
Prozent – nicht mehr wie bislang ein<br />
Drittel – der Belegschaft vom Arbeitsausfall<br />
betroffen sind. Die Bundesagentur<br />
für Arbeit erstattet die Sozialversicherungsbeiträge<br />
für die ausgefallenen<br />
Arbeitsstunden nunmehr<br />
in voller Höhe. Bislang musste der<br />
Arbeitgeber hierfür sowohl den Arbeitgeber-<br />
als auch den Ar beit nehmer<br />
anteil alleine tragen. Betriebe<br />
müssen zudem Arbeitszeitkonten<br />
nicht mehr ins Minus fahren, wenn<br />
sie Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen<br />
nutzen.<br />
Sonderzahlungen<br />
einschränken<br />
Kurzarbeit stellt hingegen keine Option<br />
dar, wenn die Auftragsbücher<br />
gut gefüllt sind. In den Vordergrund<br />
rücken dann die mögliche Kürzung<br />
oder das Einstellen von Sonderzahlungen<br />
wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.<br />
Hier lohnt ein Blick in die<br />
Arbeitsverträge. Sind dort Freiwilligkeits-<br />
oder Widerrufsvorbehalte verankert,<br />
erlauben es diese den Betrieben,<br />
sich einseitig von solchen Sonderzahlungen<br />
zu lösen.<br />
Bei erfolgsabhängigen Boni ist zu<br />
prüfen, ob die Festsetzung der Sondervergütung<br />
im Ermessen des Arbeitgebers<br />
liegt; dann kann die Höhe des<br />
Bonus auch von der wirtschaftlichen<br />
Situation des Unternehmens abhängig<br />
gemacht werden. Hat sich das Unternehmen<br />
in Betriebsvereinbarungen<br />
zu Sonderzahlungen verpflichtet,<br />
kann es diese Leistungen einseitig<br />
durch Kündigung mit einer Frist von<br />
in der Regel drei Monaten einstellen.<br />
Sollen die Sonderzahlungen hingegen<br />
nicht vollständig eingestellt, sondern<br />
nur gekürzt und anders verteilt werden,<br />
muss der Betriebsrat ins Boot<br />
geholt werden.<br />
Abbau von Arbeits- oder<br />
Urlaubszeit<br />
Der Abbau von Arbeitszeitguthaben<br />
oder Betriebsferien helfen zwar nicht,<br />
die Liquidität zu erhöhen, können<br />
sich aber positiv in der Bilanz niederschlagen.<br />
Bei Kurzzeitkonten kann<br />
das Unternehmen festlegen, dass<br />
Kurzarbeit stellt keine Option dar, wenn<br />
die Auftragsbücher gut gefüllt sind.<br />
Plusstunden durch Freizeitausgleich<br />
ausgeglichen werden, ohne dass die<br />
Mitarbeiter dem zustimmen müssen.<br />
Ausnahme: Die Zustimmung ist vertraglich<br />
vereinbart. Auch Betriebsferien<br />
kann das Unternehmen anordnen<br />
– in Unternehmen mit Betriebsrat<br />
ist dazu allerdings das Einverständnis<br />
des Betriebsrats nötig.<br />
Sanierungstarifvertrag<br />
verhandeln<br />
Nicht zuletzt wegen des Fachkräftemangels<br />
ist es auch in Krisenzeiten<br />
wichtig, die Stammbelegschaft stabil<br />
zu halten, um langfristig erfolgreich<br />
wirtschaften zu können. Sanierungstarifverträge,<br />
die mit der Gewerkschaft<br />
geschlossen werden, können<br />
hierzu beitragen. Sie sehen meist<br />
Einschnitte beim Entgelt vor; beispielsweise<br />
werden Zuschläge gekürzt,<br />
Sonderzahlungen ausgesetzt<br />
oder die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich<br />
heraufgesetzt. Im Gegenzug<br />
sichert der Arbeitgeber zu, für eine<br />
begrenzte Zeit auf betriebsbedingte<br />
Kündigungen zu verzichten und<br />
mancherorts auch in bestimmte Geschäftsbereiche<br />
zu investieren. Da<br />
solche Lösungen den Tarifparteien<br />
vorbehalten sind, kann der Betriebsrat<br />
in der Regel nicht Partner eines<br />
solchen Bündnisses sein. Dort, wo<br />
Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll<br />
und betriebsnah zusammenarbeiten,<br />
können entsprechende<br />
Vereinbarungen gleichwohl gelingen.<br />
Im ersten Teil unserer Serie berichteten<br />
wir über Möglichkeiten der Staatshilfe<br />
und erleichterten Kreditvergabe für<br />
Unternehmen.<br />
*Die Autoren sind Rechtanwälte der<br />
Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler<br />
Rechtsanwälte.<br />
www.menoldbezler.de<br />
•<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 21
Industrie & Technologie<br />
Deutschland<br />
Foto: Salzgitter Flachstahl GmbH<br />
Die rauen Umgebungsbedingungen in Warmwalzwerken stellen eine besondere Herausforderung für Messsysteme dar.<br />
Gemeinschaftsprojekt »ASRA«<br />
erschließt neue Messmöglichkeiten<br />
Kooperation entwickelt erstmals Radarverfahren zur Konturmessung<br />
der Walzgutkante innerhalb einer Warmwalzstraße<br />
Heiligenhaus/Hilchenbach. Um die Effizienz in der Produktion nachhaltig zu steigern, kooperieren<br />
die Unternehmen IMS Messsysteme GmbH, SMS group GmbH, IMST GmbH sowie der Lehrstuhl<br />
für Integrierte Systeme der Ruhr-Universität Bochum und das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik<br />
und Radartechnik FHR im Projekt »ASRA (Adaptive Regelung von Stahlbändern in<br />
Warmwalzstraßen auf Basis hochpräziser Radarsignalverarbeitungsverfahren)«: Erstmals soll<br />
nach Informationen der IMS Messsysteme GmbH mittels Radarverfahren eine Konturmessung<br />
der Walzgutkante innerhalb einer Warmwalzstraße realisiert werden. Variable Kantenformen,<br />
Skibildung sowie die Erkennung des Walzgutkopfes und -fußes nebst Geschwindigkeitsmessung<br />
sollen dank Echtzeitregelung hohe Energie- und Kosteneinsparungen aufgrund signifikant reduzierten<br />
Ausschusses ermöglichen.<br />
22 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Industrie & Technologie<br />
Bei der Verarbeitung von<br />
Stahl- und Aluminiumband<br />
in Warmwalzwerken<br />
kann die Breite des Materials<br />
Angaben der SMS group GmbH<br />
zufolge lediglich in der Vorstraße<br />
gezielt beeinflusst werden. Das Erreichen<br />
der gewünschten Bandbreite mit hoher<br />
Genauigkeit erfordere neben der Beeinflussbarkeit<br />
der Breite über geeignete Stellglieder und einem<br />
geeigneten Regelsystem »auch ein ausreichend genaues,<br />
zuverlässiges und robustes Messsystem, welches auch<br />
unter den in einer Stahl-Vorstraße herrschenden rauen<br />
Umgebungsbedingungen (unter anderem Wasser, Dampf,<br />
große Hitze) dauerhaft funktioniert.« Die Radartechnik<br />
habe sich durch ihre Robustheit und Präzision als geeignete<br />
Technologie für solche Anwendungen erwiesen, wie<br />
IMS Messsysteme und das FHR mitteilten. Das zeigten die<br />
beiden Unternehmen bereits mit der Entwicklung einer<br />
radarbasierten Breitenmessung.<br />
Die sogenannte freie Endausbreitung am Vorgerüst<br />
stellt jedoch weiterhin eine große, noch ungelöste Herausforderung<br />
dar. »Die Ausformung der Breite im Bandfilet,<br />
aber insbesondere der Bandenden, ergibt sich aus dem<br />
Zusammenspiel von Stauch- und nachfolgendem Flachstich,<br />
Breitenreduktion und Rückbreitung«, erläutert Dr.<br />
Thomas Haschke von der SMS Group. Der Walzgutkopf<br />
ähnelt dabei typischerweise in seiner Form einer Zunge,<br />
das Walzgutende einem Fischschwanz. »Der Teil des Walzgutes,<br />
der aufgrund der Ausformungen der Bandenden<br />
von der Sollbreite abweicht und daher vor dem Einlaufen<br />
des Vorbandes in die Fertigstraße in der weiteren Bearbeitung<br />
abgeschnitten werden muss, kann einen Meter oder<br />
mehr betragen«, so Haschke. Um den Materialausschuss<br />
möglichst zu minimieren, wird die Anstellung der Stauchwalzen<br />
beim Durchlauf der Walzgutenden in Form kurzer<br />
Ausschläge, sogenannter »Short Strokes«, relativ zum<br />
Mittelteil weiter aufgefahren. Die optimale Fahrweise der<br />
Staucheranstellung hängt dabei von der aktuellen Form<br />
des Walzgutes und den gewählten Prozessparametern ab<br />
und muss daher für jeden Stich am Vorgerüst separat ermittelt<br />
werden. Da aufgrund fehlender Messdaten auf<br />
»Im Vorhaben ASRA soll<br />
zum ersten Mal eine präzise<br />
Abbildung der Kontur des Walzgutes<br />
und eine darauf basierende,<br />
schnelle und angepasste<br />
Regelung entwickelt werden.«<br />
Dr. Bettina Fischer, Abteilung Entwicklung<br />
bei IMS Messsysteme GmbH<br />
Modelle zurückgegriffen werden<br />
müsse, sei eine Optimierung<br />
und Anpassung der Fahrkurven<br />
an die tatsächlichen Gegebenheiten<br />
nur bedingt möglich,<br />
führt Haschke aus.<br />
»Als Konsequenz wird das Material<br />
heute üblicherweise mit einer gewissen<br />
Überbreite produziert, die in den nachfolgenden<br />
Kaltverarbeitungsprozessen besäumt werden muss. Der<br />
beim Schopfen der Bandenden und Besäumen der gewalzten<br />
Bänder anfallende Schrott wird zwar wieder eingeschmolzen,<br />
führt aber zu finanziellen Verlusten der Anlagenbetreiber.<br />
Damit hat die erzielbare Breitengenauigkeit<br />
einen erheblichen Einfluss auf Ausbringung, Ressourceneffizienz,<br />
CO 2<br />
-Bilanz und Kosten des Herstellungsprozesses«,<br />
teilt der Maschinen- und Anlagenbauer SMS group mit.<br />
Genaue und stabile Breitenmessung über die<br />
gesamte Walzgutlänge<br />
»Im Vorhaben ASRA soll zum ersten Mal eine präzise<br />
Abbildung der Kontur des Walzgutes und eine darauf<br />
basierende, schnelle und angepasste Regelung entwickelt<br />
werden«, erklärt Dr. Bettina Fischer vom Unternehmen<br />
IMS Messsysteme. »Auf diese Weise soll eine genaue und<br />
stabile Breitenmessung über die gesamte Walzgutlänge<br />
auch bei Skibildung (Aufbiegung des Walzgutkopfes) und<br />
variablen Kantenformen erreicht werden. ln Kombination<br />
mit einer Geschwindigkeitsmessung sowie einer genauen<br />
Erkennung des Walzgutkopfes und -fußes wird so erstmals<br />
eine an die aktuellen Walzgutparameter angepasste Breitenregelung<br />
an den Walzgutenden (Short-Stroke-Regelung)<br />
ermöglicht«, konkretisiert Fischer. Der Walzgutbereich,<br />
der von der Sollbreite abweiche und entfernt werden<br />
müsse, werde so verringert und ermögliche aufgrund<br />
des deutlich geringeren Materialausschusses hohe Energie-<br />
und Kosteneinsparungen.<br />
Dieses Vorhaben mit einer Laufzeit vom 01.<strong>07</strong>.2019 bis<br />
30.06.2022 wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für<br />
regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.<br />
www.ims-gmbh.de<br />
•<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 23
Industrie & Technologie<br />
Branche im Fokus<br />
Foto: Shutterstock<br />
Aufträge aus Kraftwerken haben dem Großanlagenbau im vergangenen Jahr noch Gewinne in Milliardenhöhe verschafft.<br />
Großanlagenbau: Digital und<br />
nachhaltig aus der Krise?<br />
Trend zur »grünen« Produktion stellt die Branche vor Trendwende<br />
Frankfurt/Main. Inmitten der Corona-Krise und Chinas kontroversen Handelspraktiken muss<br />
sich der deutsche Großanlagenbau einer zunehmenden Unsicherheit stellen. Während die Pläne<br />
für eine nachhaltige Produktion konkreter werden, eröffnen sich neue Geschäftsfelder.<br />
Von unserem Redakteur Niklas Reiprich<br />
Die wirtschaftlichen Auswirkungen<br />
der Corona-Pandemie<br />
schüren auch im Großanlagenbau<br />
hohe Unsicherheiten. Ein Rückgang<br />
der Auftragseingänge im laufenden<br />
Jahr erscheine demnach als<br />
unvermeidlich, so die Arbeitsgemeinschaft<br />
Großanlagenbau (AGAB) im<br />
Verband Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau (VDMA). Jürgen Nowicki,<br />
Sprecher der Arbeitsgemeinschaft,<br />
findet hinsichtlich der heiklen<br />
Lage dennoch optimistische Worte:<br />
»Der Großanlagenbau reagiert agil<br />
und flexibel auf diese herausfordernde<br />
Situation.«<br />
2019: Exportquote bei<br />
81 Prozent<br />
Im vergangenen Jahr lagen die Auftragseingänge<br />
mit 18,3 Milliarden<br />
Euro noch stabil auf dem Vorjahresniveau.<br />
So schreibt es der Fachverband<br />
in seinem aktuellen Lagebericht. In<br />
einem Jahr, das auch ohne den Einfluss<br />
der Corona-Krise von starkem<br />
Preis- und Wettbewerbsdruck sowie<br />
politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten<br />
geprägt war, habe sich die<br />
Branche gut behauptet. Erfreulich ist<br />
nach Angaben der AGAB, dass die<br />
Mitglieder des Fachverbandes 2019<br />
deutlich mehr Großaufträge als noch<br />
24 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Branche im Fokus<br />
Industrie & Technologie<br />
im Vorjahr verbuchten. Bei diesen zumeist<br />
schlüsselfertigen EPC-Projekten<br />
(Engineering, Procurement, Construction;<br />
Anm. d. Red.) spielen neben der<br />
Planung immer häufiger auch Bau,<br />
Betrieb und Wartung der Anlagen<br />
eine entscheidende Rolle.<br />
Die inländischen Bestellungen sind<br />
im vergangenen Jahr um zwei Prozent<br />
auf 3,6 Milliarden Euro gestiegen. Als<br />
besonders positiv stellt die AGAB die<br />
Entwicklung im Markt für Kraftwerke<br />
heraus, wo die Auftragseingänge erstmals<br />
seit 2014 wieder über der Milliarden-Euro-Marke<br />
notierten. Allerdings<br />
haben dort Großaufträge keine<br />
wesentliche Rolle gespielt, so der Verband.<br />
Vielmehr habe es sich in diesem<br />
Rahmen um Modernisierungsprojekte<br />
sowie Services gehandelt. »Dass sich<br />
dieser Aufschwung in den nächsten<br />
Jahren fortsetzen könnte, ist angesichts<br />
des absehbaren Endes der Kernenergie<br />
und der Kohleverstromung in<br />
Deutschland unwahrscheinlich«, prognostiziert<br />
Nowicki. Hingegen kamen<br />
über vier Fünftel der Bestellungen im<br />
vergangenen Jahr aus dem Ausland,<br />
das für das Geschäft im Großanlagenbau<br />
weiterhin eine große Bedeutung<br />
hat. 2019 lag die Exportquote wie im<br />
Vorjahr bei 81 Prozent, und das Auftragsniveau<br />
erreichte einen Wert von<br />
14,7 Milliarden Euro. Die USA sind der<br />
AGAB zufolge aufgrund mehrerer<br />
Großaufträge für metallurgische Anlagen<br />
der wichtigste Auslandsmarkt<br />
für die Branche: 1,5 Milliarden Euro<br />
spielten die Bestellungen aus dem<br />
Land ein.<br />
Starke Konkurrenz aus China<br />
Für die AGAB gilt der chinesische Anlagenbau<br />
branchenübergreifend als<br />
wichtigster Wettbewerber. 70 Prozent<br />
der VDMA-Großanlagenbauer<br />
zählen die Unternehmen der Volksrepublik<br />
zu ihren Hauptkonkurrenten.<br />
China unterliegt nicht den Beschlüssen<br />
der Organisation für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(OECD), zu dessen Mitgliedstaaten<br />
die entwickelten Industrieländer<br />
zählen – darunter auch Deutschland.<br />
Sie haben sich darauf geeinigt, bestimmte<br />
Mindeststandards bei öffentlich<br />
unterstützten Exportkrediten<br />
einzuhalten. Durch das Übereinkommen<br />
soll ein internationaler Subventionswettlauf<br />
zwischen den Ländern<br />
vermieden werden, bei dem sie der<br />
jeweiligen Exportwirtschaft Wettbewerbsvorteile<br />
durch die Gewährung<br />
von Exportkrediten verschaffen, die<br />
aus öffentlichen Mitteln subventioniert<br />
werden. China hingegen ist es<br />
laut AGAB dank seiner »weltweit<br />
Jürgen Nowicki, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft<br />
Großanlagenbau (AGAB)<br />
im Verband Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau (VDMA)<br />
größten staatlichen Exportförderung«<br />
gelungen, gezielt den<br />
OECD-Konsens zu unterbieten. Nun<br />
nehme das Land zunehmend Auslandsprojekte<br />
in den entwickelten<br />
Industrieländern ins Augenmerk – aus<br />
der Sicht des Fachverbandes ein unfairer<br />
Wettbewerbsvorteil.<br />
So hat sich die Wahrnehmung des<br />
gleichzeitig wichtigen Handelspartners<br />
im Maschinenbau gewandelt. Die<br />
bisher geduldeten Subventionsverzerrungen<br />
und der ungleiche Marktzugang<br />
seien nicht länger hinnehmbar,<br />
betont die AGAB. »China ist in vielen<br />
Bereichen schon lange kein Entwicklungsland<br />
mehr. Deshalb müssen für<br />
China die gleichen internationalen<br />
Handelsregeln wie für Deutschland<br />
oder die EU gelten«, fordert Ulrich<br />
Foto: Linde Engineering<br />
Ackermann, Leiter VDMA Außenwirtschaft.<br />
Vor diesem Hintergrund appelliert<br />
der Dachverband VDMA in einem<br />
Positionspapier an die deutschen und<br />
europäischen Institutionen, ihre handelspolitischen<br />
Instrumente zu überprüfen<br />
und den neuen Gegebenheiten<br />
anzupassen.<br />
Nachhaltige Produktion birgt<br />
Chancen<br />
Um in diesem herausfordernden<br />
Marktumfeld weiter bestehen zu<br />
können, setzt der Großanlagenbau<br />
auf ein breites Bündel technischer<br />
und planerischer Maßnahmen. Konkret,<br />
so die AGAB, arbeiten die Unternehmen<br />
daran, ihre Kompetenzen<br />
im Risiko- und Supply-Chain-Management<br />
sowie in der Finanzierung von<br />
Projekten zu stärken. Die Erschließung<br />
neuer Geschäftsfelder und<br />
Märkte werde ebenfalls mit Nachdruck<br />
forciert, betont der Fachverband.<br />
So setzt der Großanlagenbau<br />
verstärkt auf Technologien zur Einsparung<br />
von Energie und Treibhausgasen.<br />
»Die Branche ist mit ihrer umwelttechnischen<br />
Kompetenz ein<br />
Wegbereiter der Energiewende und<br />
ein zentraler Partner der Industrie bei<br />
der Erreichung globaler Klimaziele«,<br />
so Nowicki. Unter anderem entwickeln<br />
die Mitglieder des Fachverbandes<br />
Anlagen für eine CO 2<br />
-freie Energieerzeugung,<br />
Verfahren zum Recycling<br />
von Metallen oder Systeme zur<br />
Vermeidung von Emissionen.<br />
Darüber hinaus liefert die Branche<br />
Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff,<br />
die in der Energiewirtschaft der<br />
Zukunft als Stromspeicher und Energieträger<br />
eine zentrale Rolle spielen<br />
könnten. »Als Voraussetzung für die<br />
Etablierung eines solchen nachhaltigen<br />
Systems muss die Politik jedoch<br />
rasch verlässliche Rahmenbedingungen<br />
schaffen«, mahnt Nowicki zügiges<br />
Handeln an. Denn ohne die Nutzung<br />
erneuerbarer Energien kann der<br />
AGAB zufolge kein Sektor entscheidende<br />
Beiträge zum Klimaschutz erbringen.<br />
•<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 25
Special<br />
Stahl-Statistik<br />
Stahl weltweit<br />
Hier finden Sie wieder unsere jährliche STAHL-Statistik<br />
Welt-Rohstahlproduktion nach Regionen (Anteil in %)<br />
Quelle: World Steel Association,<br />
2019 vorläufige Daten<br />
Stahlproduktion der worldsteel-Länder (in 1000 t)<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
Deutschland 39.675 42.434 -6,5<br />
Italien 23.245 24.532 -5,2<br />
Frankreich 14.451 15.387 -6,1<br />
Spanien 13.581 14.320 -5,2<br />
Polen 9.065 10.167 -10,8<br />
Belgien 7.905 7.980 -0,9<br />
Österreich 7.423 6.885 7,8<br />
Großbritannien 7.225 7.268 -0,6<br />
Niederlande 6.657 6.813 -2,3<br />
Schweden 4.721 4.654 1,4<br />
Tschechische Republik 4.563 4.938 -7,6<br />
Finnland 3.474 4.146 -16,2<br />
Luxemburg 2.200 2.228 -1,3<br />
Ungarn 1.770 1.989 -11,0<br />
Griechenland 1.376 1.467 -6,2<br />
EU (28) 159.430 167.655 -4,9<br />
Türkei<br />
And. europ. Länder gesamt<br />
GUS gesamt (6)<br />
Russland<br />
Ukraine<br />
Nordamerika gesamt<br />
USA<br />
Kanada<br />
Südamerika gesamt<br />
Brasilien<br />
Asien gesamt<br />
China<br />
Indien<br />
Japan<br />
Südkorea<br />
26 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Stahl-Statistik<br />
Special<br />
Welt-Stahlhandel*: Import-Export-Bilanz 2019 / 2018– in Mio. t<br />
Quelle: Amtliche Außenhandelsstatistiken mit eigenen Berechnungen, z. T. geschätzt<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
33.743 37.312 -9,6<br />
37.333 40.821 -8,5<br />
100.168 100.799 -0,6<br />
71.570 72.122 -0,8<br />
20.848 21.100 -1,2<br />
119.962 120.880 -0,8<br />
87.927 86.6<strong>07</strong> 1,5<br />
12.790 13.444 -4,9<br />
41.161 44.947 -8,4<br />
32.236 35.4<strong>07</strong> -9,0<br />
1.327.926 1.254.452 5,9<br />
996.342 920.027 8,3<br />
111.246 109.272 1,8<br />
99.284 104.319 -0,3<br />
71.421 72.464 -1,4<br />
Vietnam 20.066 14.0<strong>08</strong> 43,2<br />
Afrika gesamt 13.530 14.530 -6,9<br />
Ägypten 7.257 6.870 5,6<br />
Südafrika 5.666 6.327 -10,4<br />
Mittlerer Osten gesamt 7.257 6.870 5,6<br />
Iran 31900 24520 30,1<br />
Ozeanien gesamt 6.160 6.341 -2,9<br />
worldsteel gesamt (64 Länder) 1.848.548 1.786.0<strong>07</strong> 3,5<br />
Quelle: World Steel Association<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 27
Special<br />
Stahl-Statistik<br />
Top-Stahlhersteller des Jahres 2019<br />
Rohstahlproduktion in Millionen metrischer Tonnen<br />
2019<br />
Ranking<br />
Companies<br />
HQ<br />
Tonnage<br />
2019<br />
Tonnage<br />
2018<br />
Tonnage<br />
2017<br />
Tonnage<br />
2016<br />
1 ArcelorMittal(1) Luxemburg 97.31 96.42 97.03 95.45<br />
2 China Baowu Group(2) China 95.47 67.43 65.39 63.81<br />
3 Nippon Steel Corporation (3) Japan 51.68 49.22 47.36 44.65<br />
4 HBIS Group (4) China 46.56 46.80 45.56 46.18<br />
5 POSCO Südkorea 43.12 42.86 42.19 41.80<br />
6 Shagang Group China 41.10 40.66 38.35 33.25<br />
7 Ansteel Group China 39.20 37.36 35.76 33.19<br />
8 Jianlong Group China 31.19 27.88 20.26 16.45<br />
9 Tata Steel Group (5) Indien 30.15 27.27 25.11 24.49<br />
10 Shougang Group China 29.34 27.34 27.63 26.80<br />
11 Shandong Steel Group China 27.58 23.21 21.68 23.02<br />
12 JFE Steel Corporation Japan 27.35 29.15 30.15 30.29<br />
13 Valin Group China 24.31 23.01 20.15 15.48<br />
14 Nucor Corporation USA 23.09 25.49 24.39 21.95<br />
15 HYUNDAI Steel Company Südkorea 21.56 21.88 21.23 19.86<br />
16 IMIDRO (6) Iran 16.79 16.79 15.60 14.02<br />
17 JSW Steel Limited Indien 16.26 16.83 16.06 14.91<br />
18 Steel Authority of India Ltd. (SAIL) Indien 16.18 15.93 14.80 14.38<br />
19 Benx Steel China 16.18 15.90 15.77 14.40<br />
20 Fangda Steel China 15.66 15.51 15.11 13.68<br />
21 Novolipetsk Steel (NLMK) Russland 15.61 17.39 17.<strong>08</strong> 16.64<br />
22 Baotou Iron & Steel (Group) Co., Ltd. China 15.46 15.25 14.20 12.30<br />
23 China Steel Corporation Taiwan, China 15.23 15.88 15.33 15.52<br />
24 Techint Group (7) Argentinien 14.44 15.38 11.75 7.98<br />
25 Liuzhou Steel China 14.40 13.53 12.30 11.05<br />
26 Rizhao Steel China 14.20 14.95 14.98 13.86<br />
27 United States Steel Corporation USA 13.89 15.37 14.43 14.22<br />
28 EVRAZ Russland 13.81 13.02 14.03 13.53<br />
29 CITIC Pacific China 13.55 12.55 8.77 8.40<br />
30 Gerdau S.A. Brasilien 13.13 15.80 16.50 15.95<br />
31 Jingye Steel China 12.58 11.25 10.41 11.01<br />
32 Magnitogorsk Iron & Steel Works (MMK) Russland 12.46 12.66 12.86 12.54<br />
33 Shaanxi Steel China 12.45 11.38 10.24 7.30<br />
34 Sanming Steel China 12.40 11.68 11.19 10.39<br />
35 thyssenkrupp Deutschland 12.25 12.58 13.22 17.24<br />
36 Zenith Steel China 11.93 8.70 10.36 9.24<br />
37 Severstal Russland 11.85 12.04 11.65 11.63<br />
38 Tsingshan Stainless Steel China (e) 11.40 9.29 N.A. N.A.<br />
39 Nanjing Steel China 10.97 10.05 9.85 9.01<br />
40 Taiyuan Steel China 10.86 10.70 10.50 10.28<br />
53 Salzgitter AG Stahl und Technologie Deutschland 6.90 7.04 7.31 6.80<br />
76 Huttenwerke Krupp Mannesmann Deutschland (e) 4.39 4.39 5.90 4.78<br />
(1) Enthält Anteile von AM/NS India<br />
(2) Enthält Tonnage von Maanshan Steel und Chongqing Steel<br />
(3) Enthält Tonnage von NIPPON STEEL Stainless Steel Corporation, Sanyo Special Steel, Ovako, als auch Anteile von USIMINAS und in AM/NS India<br />
(4) Enthält Tonnage von Serbia Iron & Steel d.o.o. Beograd und MAKSTIL A.D. in Macedonia<br />
(5) Enthält Tonnage von Bhushan Steel Ltd.<br />
(6) Gemeinsame Tonnage von Mobarrakeh Steel, Esfahan Steel, Khuzestan Steel and NISCO<br />
(7) Enthält Anteile von USIMINAS<br />
Quelle: World Steel Association<br />
Hinweise zum Unternehmensbesitz und der Tonnagevermittlung:<br />
Für chinesische Unternehmen wurde die offizielle CISA-Tonnagen-Veröffentlichung herangezogen, außer dort, wo besondere Anmerkungen verzeichnet<br />
sind. Die Zahlen stellen die konsolidierte Tonnage bis 31. Dezember 2019 dar – einschließlich Tochtergesellschaften und Gemeinschaftsunternehmen.<br />
28 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Stahl-Statistik<br />
Special<br />
Stahl in China<br />
Jährliche Rohstahlproduktion – in Mio. t<br />
Quelle: worldsteel<br />
Entwicklung der globalen Stahlexporte (Steel Mill Products) 2014 – 2019*<br />
Globalen Stahlexporte (Mio. t):<br />
* 2019 vorläufig<br />
Quelle: Verschiedene nationale<br />
statistische Ämter,<br />
Berechnung von WV Stahl<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 29
Special<br />
Stahl-Statistik<br />
Stahl in der EU<br />
Stahlaußenhandel der EU-28<br />
Walzstahlaußenhandel in Mio. t<br />
Quelle: amtliche Außenhandelsstatistik<br />
Stahlaußenhandel der EU-28 im Jahr 2019 nach Regionen<br />
Quelle: amtliche Außenhandelsstatistik<br />
30 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Stahl-Statistik<br />
Special<br />
Stahlschrottausfuhr aus der EU (28) in 1000 t<br />
wichtigste Abnehmer<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
Türkei 12.021 12.111 -0,7<br />
Ägypten 2.015 1.624 24,1<br />
Indien 1.883 1.550 21,5<br />
Pakistan 1.642 1.621 1,3<br />
Bangladesch 956 714 33,9<br />
USA 528 817 -35,4<br />
Indonesien 525 496 5,8<br />
Schweiz 388 493 -21,3<br />
Norwegen 343 338 1,5<br />
284 426 -33,3<br />
Dritte Länder insgesamt 21.656 21.793 -0,6<br />
Quelle: Zollstatistik<br />
Stahlschrotteinfuhr in die EU (28) in 1000 t<br />
Quelle: Zollstatistik<br />
wichtigste Lieferanten<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
Schweiz 750 734 2,2<br />
Norwegen 504 445 13,3<br />
Russland 486 538 -9,7<br />
USA 304 179 69,8<br />
Libanon 137 44 211,4<br />
112 94 19,1<br />
Dritte Länder insgesamt 2.893 2.828 2,3<br />
Der Spezialist für Ihren Stahleinkauf!<br />
www.delta-qualitaetsstahl.de<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 31
Special<br />
Stahl-Statistik<br />
Einfuhrdruck in die Europäische Union: Zunahme der Importe<br />
Quelle: amtliche<br />
Außenhandelsstatistik<br />
Wichtigste Importländer in die EU 2019<br />
(Millionen Tonnen Walzstahl)<br />
Quelle: amtliche<br />
Außenhandelsstatistik<br />
WV Stahl<br />
*vorläufig<br />
32 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Stahl-Statistik<br />
Special<br />
Stahl in Deutschland<br />
Rohstahlproduktion in Deutschland<br />
Quelle: WV Stahl<br />
Umsatzerlöse der Stahlindustrie in Deutschland – in Mrd. €<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 33
Special<br />
Stahl-Statistik<br />
Stahlschrottausfuhr aus Deutschland in 1000 t<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
wichtigste Abnehmer<br />
Niederlande 1.757 1.566 12,2<br />
Italien 1.735 1.862 -6,8<br />
Luxemburg 1.096 1.238 -11,5<br />
Belgien 1.067 1.296 -17,7<br />
Frankreich 549 590 -6,9<br />
Österreich 312 274 14,0<br />
Slowenien 93 1<strong>08</strong> -13,9<br />
Spanien 92 41 123,3<br />
Polen 90 78 15,4<br />
Portugal 88 121 -27,2<br />
EU-Länder (28) 7.098 7.4<strong>07</strong> -4,2<br />
Dritte Länder 1.362 1.373 -0,8<br />
davon:<br />
Türkei 673 691 -2,6<br />
Schweiz 253 353 -28,4<br />
Indien 224 179 25,0<br />
Pakistan 118 100 17,8<br />
Insgesamt 8.460 8.780 -3,6<br />
Quelle: Destatis<br />
Stahlschrotteinfuhr nach Deutschland in 1000 t<br />
2019 2018 Veränd. in %<br />
wichtigste Lieferanten<br />
Tschechische Republik 872 944 -7,6<br />
Niederlande 763 693 10,1<br />
Polen 603 638 -5,6<br />
Frankreich 535 571 -6,4<br />
Schweden 236 249 -5,2<br />
Österreich 212 223 -5,0<br />
Dänemark 102 159 -35,6<br />
EU-Länder (28) 3.563 3.733 -4,6<br />
Dritte Länder 554 584 -5,0<br />
davon:<br />
Schweiz 270 254 6,1<br />
Norwegen 232 262 -11,5<br />
Russland 21 31 -29,7<br />
Insgesamt 4.117 4.317 -4,6<br />
Quelle: Destatis<br />
34 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Stahl-Statistik<br />
Special<br />
Deutschland: Stahlaußenhandel<br />
Quelle: amtliche Außenhandelsstatistik<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 35
Anzeige<br />
Special<br />
Baden-Württemberg<br />
Fotos (2): Weinmann Aach AG<br />
Die Geschäftsleitung<br />
des Stahl- und Metallhändlers<br />
Weinmann<br />
Aach: Gebhard Strähler,<br />
Sascha Rauter, Fritz<br />
Weinmann und Simon<br />
Schultz (v.l.n.r.)<br />
» Die externe Unterstützung<br />
bachte allen Beteiligten<br />
enorme Sicherheit.«<br />
Sascha Rauter,<br />
Vorstandsmitglied Weinmann Aach<br />
Weinmann Aach: Neue Vernetzung<br />
und digitale Vollintegration<br />
Metallzulieferer rüstet sich mit neuer Softwarelösung für die Zukunft<br />
Dornstetten/Herdecke. Moderner<br />
Stahl-/Metallhandel ist<br />
vielfältig, spannend und komplex.<br />
Und das gilt im besonderen<br />
Maß für Unternehmen,<br />
die so erfolgreich sind wie<br />
die Weinmann Aach AG. Der<br />
Dienstleister aus Baden-Württemberg<br />
verfügt nicht nur über<br />
sechs Standorte und rund 50<br />
Lkw, sondern auch über mehr<br />
als 400 motivierte Mitarbeiter.<br />
Da das Unternehmen in<br />
ganz Europa tätig ist, hat es<br />
besonders hohe Ansprüche<br />
an die neue ERP-Lösung m+m<br />
StahlPLUS von markmann +<br />
müller, die im Januar <strong>2020</strong> in<br />
Betrieb ging.<br />
Seit ihrer Gründung vor 70 Jahren<br />
hat sich die Firma Weinmann<br />
Aach zu einem innovativen mittelständischen<br />
Metallhandelsunternehmen<br />
entwickelt. Nun soll die Erfolgsgeschichte<br />
durch die kluge Investition<br />
in ein neues, starkes Soft -<br />
waresystem fortgeführt werden. Die<br />
Auswahl zählte für das Unternehmen<br />
zu einer der wichtigsten strategischen<br />
Entscheidungen der letzten Jahre.<br />
Hohe Anforderungen<br />
Nach einem gründlichen Auswahlprozess<br />
mit klaren Kriterien entschied<br />
sich der Vorstand zu einer Zusammenarbeit<br />
mit markmann + müller – und<br />
damit für einen Partner, der zukunftssichere<br />
Branchenlösungen mit einer<br />
ausgearbeiteten Einführungsstrategie<br />
bietet.<br />
Die Anforderungen der Weinmann<br />
Aach an die neue Branchenlösung waren<br />
hoch: Mehr als 200 User an sechs<br />
Standorten mussten eingebunden<br />
werden. Außerdem galt es, alle Bereiche<br />
– wie etwa Finanzbuchhaltung,<br />
Einkauf, Verkauf, Lager, Logistik,<br />
Anarbeitung und Versand – komplett<br />
zu integrieren. Zusätzlich war wichtig,<br />
alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
bestmöglich auf die Umstellung und<br />
die effiziente Arbeit mit dem neuen<br />
System vorzubereiten.<br />
Sascha Rauter, Mitglied des in<br />
Dornstetten im Schwarzwald ansässigen<br />
Unternehmens, begründet die<br />
hohe Komplexität der Anforderungen<br />
vor allem mit dem breiten Sortiment,<br />
das tagtäglich an Kunden aus dem<br />
gesamten metallverarbeitenden Gewerbe<br />
geliefert wird: Platten, Profile,<br />
Bleche, Rohre, Blank- und Stabstahl,<br />
Walzstahl, Edelstahl, Aluminium und<br />
Buntmetalle. Eine solche Bandbreite<br />
an Produkten und Services kombiniert<br />
mit einer beeindruckenden Infrastruktur<br />
– 40.000 Tonnen Halbzeuge lagern<br />
36 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Baden-Württemberg<br />
Special<br />
Anzeige<br />
Mit rund 50 Lkw beliefert<br />
der Metallzulieferer<br />
Weinmann Aach täglich<br />
Industrie, Handel und<br />
Handwerk.<br />
» Besonders die Corona-<br />
Krise, die alle Unternehmen<br />
vor neue und schwierige<br />
Herausforderungen stellt,<br />
zeigt, wie richtig unsere<br />
Entscheidung für ein neues<br />
System war.«<br />
Simon Schultz,<br />
Vorstandsmitglied Weinmann Aach<br />
auf mehr als 50.000 m² Hallenfläche,<br />
dazu kommt die Steuerung von über<br />
50 eigenen Lkw – verlangte eine<br />
durchdachte Branchenlösung, die all<br />
diese Anforderungen abdecken kann.<br />
Genaue Abbildung komplexer<br />
Prozesse<br />
Sascha Rauter fasst die Ausgangslage<br />
zusammen: »Wir investieren ständig<br />
in unsere eigene erfolgreiche Zukunft,<br />
dies gilt selbstverständlich auch<br />
für die Software, mit der wir arbeiten.<br />
Die Bedürfnisse unserer zufriedenen<br />
Kunden in ganz Europa steigen stetig<br />
und wir sind stolz auf unsere gesunde<br />
Unternehmensentwicklung. Wir<br />
brauchten daher eine Software-Lösung,<br />
die problemlos mitwachsen<br />
kann.«<br />
Vorstandskollege Simon Schultz ergänzt:<br />
»Selbstverständlich ist die Qualität<br />
unserer Produkte und unseres<br />
Services entscheidend für unseren Erfolg.<br />
Eine durchdachte ERP-Lösung,<br />
die unsere Mitarbeiter und unsere<br />
anspruchsvollen Prozesse optimal abdeckt,<br />
ist daher von immenser Bedeutung.«<br />
Zusammen mit dem auf den Stahl-/<br />
Metallmarkt spezialisierten Softwareunternehmen<br />
markmann + müller<br />
konnte Weinmann Aach seine<br />
komplexen Logistik- und Handelsprozesse<br />
in der bewährten Branchenlösung<br />
m+m StahlPLUS genau abbilden.<br />
Da diese Lösung auf bekannten Microsoft-Standards<br />
basiert, fanden sich die<br />
Mitarbeiter gut zurecht.<br />
Herausforderung gemeistert<br />
Ein großer Vorteil der ganz auf die<br />
Stahl-/Metallbranche zugeschnittenen<br />
Branchenlösung war die spezielle Einführungsmethodik<br />
»Projektschablone<br />
Mittelstand«, mit deren Hilfe die Berater<br />
von markmann + müller das Projekt<br />
in übersichtliche Phasen gliederten<br />
und mit regelmäßigen Erfolgskontrollen<br />
absicherten. Sascha Rauter<br />
bringt es auf den Punkt: »Die externe<br />
Unterstützung brachte allen Beteiligten<br />
enorme Sicherheit. Allerdings<br />
musste so manche Hürde genommen<br />
und viel Schweiß und Fleiß investiert<br />
werden. Ein Kindergeburtstag«, so<br />
der Vorstand weiter, »ist so eine Einführung<br />
natürlich nie. Aber am Ende<br />
können wir sagen, dass wir die große<br />
Herausforderung gemeistert und die<br />
richtigen Entscheidungen getroffen<br />
haben.«<br />
Simon Schultz ergänzt: »Mit m+m<br />
StahlPLUS sind wir nun bestens aufgestellt<br />
und können auch in Zukunft<br />
weiter unseren Erfolgskurs verfolgen.<br />
Die Vorteile sind enorm, denn endlich<br />
sind alle unsere Prozesse digital vernetzt<br />
und transparent, davon profitieren<br />
die Mitarbeiter, das Management,<br />
die Lieferanten und vor allem auch<br />
unsere Kunden. Besonders die Corona-Krise,<br />
die alle Unternehmen vor<br />
neue und schwierige Herausforderungen<br />
stellt, zeigt, wie richtig unsere<br />
Entscheidung für ein neues System<br />
war. Dank der neuen Vernetzung und<br />
der digitalen Vollintegration konnten<br />
wir verantwortungsvoll reagieren und<br />
unsere Mitarbeiter größtenteils zuhause<br />
im Homeoffice arbeiten lassen.<br />
Mit unserer bisherigen Architektur<br />
wäre dies unmöglich gewesen.«<br />
Kein Wunder, dass Sascha Rauter<br />
optimistisch nach vorne schaut: »Unser<br />
Motto lautet Menschen. Metalle. Motivation.<br />
Unser neues ERP-System sorgt<br />
dafür, dass wir diesem Slogan auch in<br />
Zukunft vollauf gerecht werden.« •<br />
www.weinmann-aach.de<br />
www.mumdat.de<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 37
Special<br />
Bayern<br />
Fotos (2): BAM GmbH<br />
Geschäftsführer Marco Bauer ist zufrieden mit dem ersten<br />
Jahr der Fertigungsplattform mipart.com<br />
Seit Kurzem können mipart-Kunden ihre lasergeschnittenen<br />
Blechteile online konfigurieren und in Auftrag geben.<br />
Mipart: Lasercutting gelauncht<br />
Mit Upgrade will das Unternehmen neue Zielgruppen erschließen<br />
Weiden in der Oberpfalz. Zum ersten Jahrestag der On-Demand-Manufacturing-Plattform »mipart.com«<br />
hat der Online-Konfigurator ein weiteres Upgrade erhalten. Seit Kurzem können die<br />
Nutzer neben zerspanend und additiv gefertigten Teilen auch ihre lasergeschnittenen Blechteile<br />
mittels Uploads eines CAD-Modells konfigurieren und bestellen.<br />
Damit haben wir jetzt alle gängigen<br />
Verfahren im Online-Konfigurator<br />
live«, freut<br />
sich Geschäftsführer Marco Bauer<br />
über die Erweiterung zum Lasercutting.<br />
Mit Aluminium, Stahl und Edelstahl<br />
stehen den Nutzern von mipart<br />
drei Materialien zur Auswahl. Die<br />
möglichen Bauteilgrößen liegen zwischen<br />
20 x 20 Millimetern und 1200 x<br />
600 Millimetern. Für die Fertigung, so<br />
die Entwickler der Plattform, kommen<br />
moderne Maschinen diverser Hersteller<br />
zum Einsatz. In der Endverarbeitung<br />
können die Nutzer ein Oberflächenfinish<br />
mit Korn 240 sowie ein<br />
Eloxal in schwarz oder Natur wählen.<br />
Anspruchsvolle Entwicklungsarbeit<br />
Bis zum »Go Live«, der erstmaligen<br />
Aufnahme des Lasercuttings in den<br />
Betrieb der Plattform waren drei Monate<br />
Softwareentwicklung notwendig,<br />
berichtet das bayerische Unternehmen.<br />
»Wir haben eine Vielzahl an<br />
möglichen Bauteilen betrachtet, um<br />
neben dem Bauteilpreis beispielsweise<br />
auch zu berechnen, wie viele Bauteile<br />
in einen Versandkarton passen«, erklärt<br />
Bauer. Der Geschäftsführer ergänzt,<br />
dass Lasercutting-Teile oftmals<br />
größere Abmessungen haben als beispielsweise<br />
zerspanend gefertigte<br />
Bauteile. Eine weitere Herausforderungen<br />
barg ihm zufolge das bei<br />
CAD-Modellen gängige DXF-Dateiformat.<br />
»Es gibt nur wenige DXF-Daten,<br />
mit denen eine automatisierte Kalkulation<br />
möglich ist. Zum Beispiel ist die<br />
Unterscheidung von Schnittkanten<br />
und Biegekanten sowie das Berechnen<br />
von Schnittfeldern oder nicht geschlossenen<br />
Linien automatisiert<br />
schlichtweg nicht möglich«, so Bauer.<br />
Positive Bilanz nach dem<br />
ersten Jahr<br />
Mit dem Launch von Lasercutting erwartet<br />
mipart eine Ausweitung der<br />
Zielgruppen sowie eine weitere Steigerung<br />
des Umsatzes. Die Erfahrungen<br />
aus 37 000 Anfragen im ersten<br />
Jahr seien »wertvoll und motivierend«<br />
gewesen. Jede zehnte Anfrage<br />
über den Online-Konfigurator habe<br />
bislang in einer Bestellung gemündet.<br />
Für die BAM GmbH, das Fertigungsunternehmen,<br />
dem die Plattform entstammt,<br />
hätten die online generierten<br />
Aufträge mehr als 51 Tage Auslastung<br />
der eigenen Maschinen<br />
zusätzlich zum klassischen Offline-Geschäft<br />
bedeutet. Zudem habe das Unternehmen<br />
durch die automatisierte<br />
Kalkulation der Bauteile viele Arbeitsstunden<br />
eingespart. »Wenn man<br />
pro Bauteil etwa eine Stunde Arbeitszeit<br />
für die manuelle Berechnung<br />
ansetzt, haben wir rund 130 000 Euro<br />
an Personalkosten gespart«, rechnet<br />
Bauer vor. So sei das Unternehmen<br />
ein Beispiel dafür, »dass sich intelligente<br />
Automatisierung in der Fertigung<br />
auszahlt«.<br />
Die Entwicklung der Künstlichen<br />
Intelligenz von mipart.com sei noch<br />
nicht abgeschlossen, betont das Unternehmen.<br />
Bohrungen und Passungen<br />
aus CAD-Dateien erkennt und berechnet<br />
der Online-Konfigurator bereits<br />
automatisiert, zukünftig soll dies auch<br />
für Schleifflächen gelten. Damit sollen<br />
dann auch Biegeteile automatisiert<br />
kalkuliert werden können.<br />
www.mipart.com<br />
•<br />
38 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Special<br />
Fertigungstechnik<br />
Fotos (4): Zoltán Fábián<br />
Die TFZ 4-2000 ist für den Großformenbau bis zu einer maximalen Bohrtiefe von 2 000 Millimetern mit einem Bohrdurchmesser<br />
bis 65 Millimeter ausgelegt.<br />
Fertigungsqualität auch eine<br />
Frage der Anlagentechnik<br />
Großteilbearbeitung: Effizienz für individuelle Werkzeugformen<br />
Nagyatád/Ungarn. Werkzeugbauer schaffen mit ihren Werkzeugen das Know-how für die Fertigung.<br />
Und so müssen auch die Unternehmen, die Komponenten für den Werkzeugbau herstellen,<br />
effiziente und verlässliche Abläufe sowie hohe Qualitätsstandards in ihrer Fertigung sicherstellen.<br />
Mit der richtigen Anlagentechnik gelingt das.<br />
Von Annedore Bose-Munde*<br />
Werkzeugbaufirmen beauftragen<br />
oft externe Partnerfirmen<br />
mit der Herstellung<br />
von Formaufbauten, Werkzeugplatten<br />
oder Formrahmen. Eine dieser<br />
Firmen ist Büttner & Co. Das Unternehmen<br />
aus dem ungarischen Nagyatád,<br />
das nur wenige Kilometer von<br />
der kroatischen Grenze entfernt ist,<br />
arbeitet für etwa 400 Werkzeugbaufirmen.<br />
Seit 1976 ist Dr. Thomas Büttner,<br />
Geschäftsführer des Unternehmens<br />
und Diplom-Ingenieur der Fachrichtung<br />
Automatik, in der Branche<br />
aktiv. Bevor er im Jahr 1992 seine eigene<br />
Firma gründete, arbeitete er in<br />
einem staatlichen Großunternehmen<br />
in Budapest, welches Komponenten<br />
für den Maschinen- und Werkzeugbau<br />
herstellt. In den ersten zwei bis<br />
drei Jahren nach der Unternehmensgründung<br />
war die Tätigkeit überwiegend<br />
geprägt durch den Handel mit<br />
Stahl, Werkzeugen und Normalien.<br />
Der wirtschaftliche Erfolg in diesem<br />
Segment war die Grundlage für die<br />
Weiterentwicklung des Unternehmens.<br />
Im Jahr 1995 wurde eine neue<br />
Halle gebaut und erste gebrauchte<br />
Maschinen wurden angeschafft. Die<br />
erste neue Anlage wurde 1999 gekauft.<br />
2012 erfolgte dann der Einstieg<br />
in die Großbearbeitung. Und<br />
bereits 2000 musste die Produktionsfläche<br />
erweitert werden.<br />
Thomas Büttner kennt den Markt<br />
und er weiß: Das Kerngeschäft des<br />
Werkzeugbaus ist die Herstellung des<br />
Werkzeugeinsatzes. Als Zulieferer er-<br />
40 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Fertigungstechnik<br />
Special<br />
hält er die Konstruktionen und Zeichnungen<br />
von den Werkzeugbaufirmen,<br />
um auf dieser Basis parallel zur<br />
eigentlichen Werkzeugfertigung die<br />
erforderlichen Formaufbauten professionell<br />
herstellen zu können. Ein<br />
wichtiger Fertigungsschritt ist dabei<br />
das Tieflochbohren. Auch die Erzeugung<br />
der formgebenden Oberfläche<br />
durch Fräsen oder Erodieren gehört<br />
dazu.<br />
»Bohren ist eine langsame Technologie.<br />
Und auch die anderen<br />
Fertigungsschritte kosten<br />
Zeit. Doch die Anlagentechnik<br />
ist teuer. Deshalb ist es<br />
wichtig, dass die Maschinen<br />
nicht nur leistungsfähig<br />
und effizient sind,<br />
sondern auch flexibel<br />
einsetzbar«, sagt Büttner.<br />
Und weiter: »So können<br />
letztendlich die Gesamtprozesse<br />
für die Werkzeugfertigung<br />
und somit auch<br />
die Lieferzeiten für den Endkunden<br />
verkürzt werden. Für den<br />
Werkzeugbauer zählen der Liefertermin,<br />
der Preis und die Qualität.«<br />
Konstruktiver Auswahlprozess<br />
Bereits im Jahr 2017 war die Anschaffung<br />
eines neuen Bearbeitungszentrums<br />
angedacht. Für Thomas Büttner<br />
war es im Auswahlprozess wichtig,<br />
dass der Maschinenhersteller nicht<br />
nur sein Handwerk versteht, sondern<br />
dass es auch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit<br />
ist. Schon 2009 hatte<br />
das Unternehmen eine erste Tiefbohrmaschine<br />
von Samag gekauft,<br />
zwei weitere folgten wenig später.<br />
»Ich bin überzeugt, dass das<br />
Preis-Leistungsverhältnis der Maschinen<br />
stimmt. Wir bekommen außerdem<br />
eine gute Unterstützung im<br />
Service-Bereich. Entweder können<br />
wir die Punkte über Fernwartung lösen<br />
oder ein Servicetechniker ist zeitnah<br />
vor Ort. Auch die technische Beratung<br />
oder die Beratung zu neuen<br />
Optionen ist gut«, betont Büttner.<br />
»Für die Groß-<br />
bearbeitung sind wir mit dem<br />
neuen Samag-Tiefbohr- und<br />
Fräszentrum gut aufgestellt. Auf<br />
dieser Basis möchten wir zukünftig<br />
neue Potenziale in weiteren<br />
Branchen erschließen.«<br />
Dr. Thomas Büttner,<br />
Geschäftsführer von Büttner & Co.<br />
Der Fokus von Büttner liegt auf der<br />
Großteilbearbeitung für den Werkzeugbau<br />
oder den Energiebereich.<br />
Die Werkzeugüberwachung sowie die<br />
Kühlmitteldruck- und Kühlmittelzuflusskontrolle<br />
sorgen für reibungslose<br />
Prozessabläufe. Ein Späneförderer gewährleistet<br />
den problemlosen Abtransport<br />
der Späne.<br />
Dafür sind große Tiefbohr- und Fräszentren<br />
wie die von Samag erforderlich.<br />
Momentan werden in Nagyatád<br />
Werkstückgewichte bis zu 25 Tonnen<br />
bearbeitet.<br />
Es folgte eine konstruktive Auseinandersetzung<br />
über die Bearbeitungsthematik<br />
und -dimensionen. »Wir<br />
hatten anfangs über eine TFZ 3L gesprochen.<br />
Die Intention bei der Firma<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 41
Special<br />
Fertigungstechnik<br />
Büttner war es ursprünglich, auf<br />
Werkzeuggewichte von 25 Tonnen zu<br />
orientieren. Das kann die Anlage leisten.<br />
Aber das ist eben auch das Maximalgewicht<br />
der Tischbeladung bei<br />
zentrischer Belastung«, sagt Samag-Vertriebsleiter<br />
Wolfram Schubotz.<br />
In der Praxis ist dies jedoch nicht<br />
immer möglich, denn das Werkstück<br />
kann nicht in jedem Fall zentrisch aufgespannt<br />
werden, da die Masseverhältnisse<br />
nicht immer in der Mitte des<br />
Tisches liegen. Das größere Tiefbohr-<br />
und Fräszentrum, die TFZ 4-2000, bietet<br />
mit einem hydrostatischen Tisch<br />
und einem Maximalgewicht von 40<br />
Tonnen mehr Sicherheit und auch<br />
mehr Flexibilität. Im Sommer 2018 fiel<br />
dann die finale Entscheidung für die<br />
Anschaffung einer TFZ 4-2000, und<br />
bereits im Frühjahr 2019 wurde sie<br />
installiert.<br />
Passgenaue Tiefbohrtechnik<br />
Die TFZ 4 ist für den Großformenbau<br />
bis zu einer maximalen Bohrtiefe von<br />
2 000 Millimetern und im Standard<br />
mit einem Bohrdurchmesser bis 40<br />
Millimeter ausgelegt. Durch das leistungsstarke<br />
Schaltgetriebe werden<br />
950 Newtonmeter Drehmoment für<br />
Bohrungen bis 65 Millimeter Durchmesser<br />
beziehungsweise eine Fräsbearbeitung<br />
mit über 700 Kubikmeter/<br />
Minute Spanvolumen erreicht. Die<br />
Werkzeugüberwachung sowie die<br />
Kühlmitteldruck- und Kühlmittelzuflusskontrolle<br />
sorgen für reibungslose<br />
Prozessabläufe. Ein Späneförderer<br />
gewährleistet zudem den problemlosen<br />
Abtransport der Späne.<br />
Beim Formenhersteller Büttner ist<br />
die Anlage nun seit einigen Monaten<br />
im Einsatz. Der Geschäftsführer ist mit<br />
der Investition zufrieden. »Die Samag-Maschinen<br />
sind meines Erachtens<br />
derzeit die modernsten Anlagen<br />
in diesem Segment. Sie zeichnen sich<br />
durch Effizienz und Flexibilität aus.<br />
Ein Beispiel ist die Schwenkung des<br />
Bohrbalkens um +/- 30 Grad. Fräsen<br />
Dr. Thomas Büttner, Geschäftsführer<br />
von Büttner & Co.<br />
und Bohren ist in einer Aufspannung<br />
möglich und auch weitere Operationen<br />
wie beispielsweise Gewindesenkungen<br />
sind realisierbar«, erklärt er.<br />
»In einem Zug können wir zwei Meter<br />
Tieflochbohrungen herstellen. Von<br />
beiden Seiten angegangen sind das<br />
insgesamt vier Meter.«<br />
Hauptgrund für die Anschaffung<br />
genau dieser Anlage waren die Effizienz<br />
und die damit verbundenen Zeiteinsparungen<br />
sowie die möglichen<br />
Dimensionen der Bearbeitung. Der<br />
Tisch mit einer Fläche von 3 000 x 2 000<br />
Millimetern ist belastbar bis 40 Tonnen.<br />
Doch es gibt weitere Vorteile, die<br />
nun generiert werden können. So<br />
können seit einem Jahr die Bohrbearbeitungen<br />
aus CAM heraus realisiert<br />
werden, ohne dass eine Papierzeichnung<br />
notwendig ist. Dies ist eine Option<br />
der Maschine, die über eine<br />
PC-Schnittstelle umgesetzt wird. Die<br />
Arbeitsvorbereitung wird durch die<br />
verschiedenen zur Verfügung stehenden<br />
Programme deutlich beschleunigt.<br />
Zudem ist weniger Papier nötig.<br />
»Nach anfänglicher Scheu sind die<br />
Bediener jetzt begeistert. Probleme<br />
beziehungsweise Fehler können vermieden<br />
werden, und wir haben eine<br />
gute Kontrollmöglichkeit«, sagt Büttner.<br />
Fest steht: Große Werkzeugplatten<br />
kosten sehr viel Geld. Und da kosten<br />
eben auch Fehler beim Tieflochbohren<br />
sehr viel Geld, denn Vieles<br />
kann nicht einfach repariert werden.<br />
Die Anlagenkonstruktion sichert<br />
zudem für den Bediener eine optimale<br />
Zugänglichkeit und einen kurzen<br />
Abstand zwischen Schwenklager und<br />
Bearbeitungsstelle. Durch stabile<br />
Werkzeugführungen ist ein präzises<br />
Arbeiten gewährleistet, auch beim<br />
Auftreten von hohen Querkräften.<br />
Auch Samag-Vertriebsleiter<br />
Wolfram Schubotz ist zufrieden: »Wir<br />
haben vertrauensvoll miteinander gearbeitet.<br />
Es waren ein kompetentes<br />
Miteinander und Verlässlichkeit mit<br />
Blick auf die Detailabsprachen. Ma-<br />
Maschinenbediener József Kovács erläutert die Prozessteuerung.<br />
Foto: Annedore Bose-Munde<br />
42 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Fertigungstechnik<br />
Special<br />
schinen in dieser Dimension sind immer<br />
eine besondere Herausforderung.«<br />
Weitere Marktpotenziale<br />
erschließen<br />
Die Firma Büttner beliefert Unternehmen,<br />
die Werkzeuge bauen für den<br />
Automobilbau, für die Herstellung<br />
von Haushaltsgeräten und Medizintechnik,<br />
für den Kunststoffbereich<br />
oder anderes. Bearbeitet werden dabei<br />
legierte und unlegierte Stähle.<br />
»Wir machen keine Serienfertigung.<br />
Wir bekommen vom Kunden die Modelle<br />
oder Konstruktionszeichnungen,<br />
um dann daraus Einzelteile zu<br />
fertigen. Das setzt eine hohe Flexibilität<br />
voraus. Gerade für den Großbearbeitungsbereich<br />
sind wir mit dem<br />
neuen Samag Tiefbohr- und Fräszentrum<br />
jetzt gut aufgestellt. Auf dieser<br />
Basis möchten wir zukünftig auch<br />
neue Potenziale in weiteren Branchen<br />
erschließen, wie beispielsweise<br />
im Energiesektor oder Maschinenbau«,<br />
sagt Thomas Büttner.<br />
Auch an die Unternehmensnachfolge<br />
hat Thomas Büttner gedacht. In<br />
spätestens fünf Jahren möchte er das<br />
Unternehmen an seinen Sohn übergeben<br />
haben. Dieser, so ist sich der Geschäftsführer<br />
sicher, bringt als Di plom-<br />
Ingenieur für Fertigungstechnologie<br />
und Maschinenbau mit internationalen<br />
Erfahrungen beste Voraussetzungen<br />
sowie neue Ideen und innovative<br />
Ansätze mit.<br />
*Die Autorin ist Journalistin und<br />
Diplom-Ingenieurin.<br />
www.buttner.hu<br />
www.samag.de<br />
•<br />
Hintergrund<br />
Büttner & Co.<br />
Das Unternehmen fertigt Werkzeugkomponenten<br />
für die Hersteller<br />
von Werkzeugen für die<br />
Automobilindustrie, die Medizin-<br />
und Verpackungstechnik,<br />
die Energetik und den Haushaltssektor.<br />
Etwa 70 Prozent<br />
der Umsätze werden im Export<br />
erzielt. Wichtigste Märkte sind<br />
Deutschland, Österreich, Benelux<br />
und andere europäische<br />
Länder.<br />
Büttner beschäftigt 279 Mitarbeiter<br />
und verfügt über eine<br />
Produktionsfläche von8 000<br />
Quadratmetern sowie einen<br />
modernen Maschinenpark von<br />
80 Drei- beziehungsweise Fünf-<br />
Achs-CNC-Maschinen. Im Unternehmen<br />
werden CNC-Bediener,<br />
Techniker, Schlosser, Dreher<br />
und Fräser ausgebildet sowie<br />
eine duale Ingenieur-Ausbildung<br />
ermöglicht.<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 43
Special<br />
Edelstahl<br />
Uhren: Wissen, was die Stunde<br />
geschlagen hat<br />
Anforderungen an Zeitmesser zunehmend gestiegen<br />
Düsseldorf. Zeit ist die physikalische<br />
Größe, die am genauesten<br />
gemessen werden kann.<br />
Ob Sonnenuhr nach antikem<br />
Vorbild oder Atomuhr neuester<br />
Generation: Wenn es darum<br />
geht, anzuzeigen, was die Stunde<br />
geschlagen hat, ist Edelstahl<br />
Rostfrei mit Qualitätssiegel seit<br />
Langem nahezu immer mit von<br />
der Partie.<br />
Sonnenuhren aus Edelstahl bestimmen<br />
die Tageszeit nach Sonnenstand<br />
und Schattenwurf.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
Wer die Zeichen der Zeit erkennt,<br />
setzt heute auf<br />
Entschleunigung – und<br />
auf Zeitmesser, die das Leben nicht<br />
nur takten, sondern Freude und<br />
Muße schenken. Längst gilt Zeit als<br />
Luxus, denn nur die wenigsten Menschen<br />
haben genug davon. So sind<br />
Uhren nützlicher Zeitgeber, modisches<br />
Accessoire, Statussymbol oder<br />
Geldanlage – dem Glücklichen schlägt<br />
bekanntlich keine Stunde. Wem die<br />
Zeit allerdings im Nacken sitzt, der<br />
sucht höchste Präzision. Im sportlichen<br />
Wettkampf wie den Olympischen<br />
Spielen, in Luft- und Raumfahrt<br />
oder in der Grundlagenforschung<br />
zählen Bruchteile von Sekunden. Hier<br />
entscheidet Genauigkeit über Sieg<br />
und Niederlage, Leben und Tod oder<br />
gibt Antworten auf fundamentale<br />
Fragen der Physik. Zeitsignale sind<br />
heute bis zur Nanosekunde (ns) – Milliardstel<br />
Sekunde – genau. Erreicht<br />
wird die immer höhere Genauigkeit<br />
der Uhren, indem die Schwingungsfrequenz<br />
der Taktgeber – gemessen<br />
in Hertz (Hz) – gesteigert wird. Im<br />
Gegensatz zu einer mechanischen<br />
Uhr mit einem Pendelausschlag pro<br />
Sekunde (1 Hz) beträgt die relative<br />
Abweichung bei Atomuhren, die zur<br />
Überwachung anderer Uhren oder<br />
für hochauflösende Radioteleskope<br />
eingesetzt werden, eine Sekunde Differenz<br />
in 30 Millionen Jahren. Auch<br />
die in jedem Auto oder Smartphone<br />
eingebauten GPS-Empfänger zur<br />
Ortsbestimmung via Satellitennavigation<br />
brauchen Atomuhren. Sie arbeiten<br />
mit einer Zeitdifferenz von 0,1 ns,<br />
was bei der Lichtgeschwindigkeit von<br />
299 792 Kilometern pro Sekunde ei-<br />
Foto: WZV / L.HEINEN Design GmbH<br />
44 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Edelstahl<br />
Special<br />
ner relativen Abweichung von gerade<br />
mal drei Zentimetern entspricht.<br />
In Schwung gekommen<br />
Atomuhren mit Edelstahlkomponenten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt<br />
(PTB) liefern für Deutschland die verbindliche Uhrzeit.<br />
Bis Mensch und Technik so genau<br />
tickten, musste die Zeit allerdings<br />
jahrtausendelang mit der Zeit gehen.<br />
Der Beginn der Zeitmessung entsprach<br />
eher der Entdeckung der<br />
Langsamkeit: So wurde mit der Sonnenuhr<br />
vor über 2 500 Jahren die Tageszeit<br />
nach Sonnenstand und Schattenwurf<br />
bestimmt. Wasser-, Sandoder<br />
Kerzenuhren nahmen geraume<br />
Zeit später Füllstand oder Grad des<br />
Abbrennens als Maß. Eine neue Ära<br />
der Zeitmessung und damit den Weg<br />
zu mehr Genauigkeit läutete Anfang<br />
des 14. Jahrhunderts die Erfindung<br />
der mechanischen Uhren ein. Diese<br />
sogenannten Räderuhren bezogen<br />
ihre Energie aus Gewichten, die durch<br />
die Schwerkraft nach unten gezogen<br />
wurden. Ihre Taktgeber waren Pendel,<br />
deren Länge die Frequenz der<br />
Schwingung definiert. Dieser Uhrentyp<br />
begründete die Tradition der bis<br />
heute überall auf der Welt verbreiteten<br />
Rathaus-, Turm- und Kirchenuhren.<br />
Mit der zunehmenden Miniaturisierung<br />
von Metallfedern als Energiequelle<br />
wurden ab Anfang des 16.<br />
Jahrhunderts Taschenuhren, Ende des<br />
19. Jahrhunderts auch Armbanduhren<br />
möglich. In ihnen gab die sogenannte<br />
Unruh, ein hin und her<br />
schwingendes Rädchen, den Takt an.<br />
Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts<br />
eroberten Quarzuhren den<br />
Markt, die ein elektronischer Oszillator<br />
in eine Schwingungsfrequenz von<br />
106 Hz versetzte. Damit waren sie<br />
präziser als bis dahin jede andere Uhr<br />
und gewannen rasant an Bedeutung<br />
als Accessoire, Einrichtungsgegenstand,<br />
im Auto, auf Schiffen und in<br />
Flugzeugen. Bereits 1775 kam mit der<br />
Automatikuhr eine weitere bis heute<br />
populäre Alternative auf den Markt:<br />
Ein im Uhrwerk eingebauter Anker<br />
zieht die Uhr bei Bewegung eigenständig<br />
auf. Ähnlich bahnbrechend<br />
war im 21. Jahrhundert die Erfindung<br />
der Smartwatch, einer batteriebetriebenen<br />
elektronischen Armbanduhr,<br />
die neben der Uhrzeit eine Vielzahl<br />
an weiteren Informationen und Funktionen<br />
bietet. Sie bezieht – ebenso<br />
wie Funkuhren – die genaue Zeit<br />
durch ein Zeitsignal, das in Deutschland<br />
vom Langwellensender DCF77<br />
gesendet wird. Dieser wiederum erhält<br />
die präzise Sekunde von Atomuhren<br />
der Physikalisch-Technischen<br />
Bundesanstalt (PTB), die gemäß »Einheiten-<br />
und Zeitgesetz« die für<br />
Deutschland verbindliche Uhrzeit liefern.<br />
Mit der Entwicklung optischer<br />
Atomuhren hat der Wettlauf um die<br />
genaueste Zeit erneut begonnen.<br />
Ihre mehr als 10 000-fach höhere<br />
Taktfrequenz wird die Genauigkeit<br />
einer herkömmlichen Atomuhr um<br />
das Hundertfache übertreffen.<br />
Glänzend konstruiert<br />
Einen maßgeblichen Beitrag zu<br />
Schönheit, Robustheit und Leistungs-<br />
Foto: WZV / Physikalisch-Technische Bundesanstalt<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 45
Special<br />
Edelstahl<br />
Foto: WZV / SL Rasch GmbH<br />
Foto: WZV / L’Epée 1839<br />
Lagerringe aus Edelstahl Rostfrei gewährleisten die nötige<br />
Stabilität der gigantischen Uhr am Mecca Royal Clock Tower.<br />
Die Tischuhr Time Machine mit Edelstahlpropellern<br />
wird mit Handaufzug aufgezogen.<br />
fähigkeit der unterschiedlichsten Uhrentypen<br />
liefert Edelstahl Rostfrei. In<br />
Turmuhren trotzen handwerklich gefertigte,<br />
bis zu 4,5 Meter im Durchmesser<br />
große Zifferblätter aus Edelstahl<br />
Wind und Wetter. Zusammen<br />
mit handgefertigten Zeigern aus<br />
nichtrostendem Stahl machen sie<br />
weithin sichtbar, wofür die Zeit im<br />
Ort gerade reif ist. Antriebswellen<br />
aus dem ebenso widerstandsfähigen<br />
wie wartungsarmen Werkstoff gewährleisten,<br />
dass Turmuhren nicht<br />
aus dem Takt kommen und den enormen<br />
Belastungen durch Windlasten<br />
oder vom Glockenspiel ausgelösten<br />
Schwingungen dauerhaft standhalten.<br />
Der Mecca Royal Clock Tower<br />
neben der Heiligen Moschee ist mit<br />
601 Metern Höhe eine der größten<br />
Turmuhren der Welt: Vier gläserne<br />
Zifferblätter mit einem Durchmesser<br />
von 43 Metern weisen in alle Himmelsrichtungen.<br />
Die begehbaren Minutenzeiger<br />
sind 23 Meter lang und<br />
3,5 Meter breit. Ihre Energie bezieht<br />
die gigantische Uhr aus einem Solarantrieb,<br />
die Signale für die exakte<br />
Uhrzeit erhält sie von einer eigenen<br />
Atomuhr. Für die nötige Stabilität der<br />
entsprechend großen und schweren<br />
Verzahnungsteile des Uhrwerkgetriebes<br />
sorgen Lagerringe aus Edelstahl<br />
Rostfrei mit Qualitätssiegel. Auch bei<br />
Wand- oder Tischuhren setzt nichtrostender<br />
Stahl Maßstäbe – in den Uhrwerken<br />
ebenso wie in variantenreichen<br />
Zifferblattgestaltungen. Neue<br />
Wege geht dabei eine quadratische<br />
Wanduhr aus gebürstetem Edelstahl,<br />
die statt mit Zeigern und Ziffern die<br />
Uhrzeit in Worten anzeigt. Utopisch<br />
– nicht nur vom Preis – ist ein Modell<br />
namens Time Machine, auf dessen<br />
drei Füßen aus beschichtetem Edelstahl<br />
ein drehbarer Mineralglaszylinder<br />
liegt. Ihn verschließen an beiden<br />
Enden Edelstahl-Propeller, mit denen<br />
die Tischuhr gestellt und der Manufakturkaliber<br />
1855 mit Handaufzug<br />
aufgezogen wird.<br />
Universell bewährt<br />
Die mit Abstand am meisten produzierten<br />
Zeitmesser sind allerdings<br />
Armbanduhren. Ob in der Haute Horlogerie,<br />
die durch erlesene Materialien<br />
und höchste Handwerkskunst als<br />
Statussymbol und Sammlerstück gleichermaßen<br />
begehrt ist, in angesagten<br />
Smartwatch-Modellen wie der Apple<br />
Watch oder in Gebrauchsuhren für<br />
jeden Geldbeutel: Zu einem der beliebtesten<br />
und deshalb mit am häufigsten<br />
verarbeiteten Materialien für<br />
Gehäuse, Bänder, Zifferblatt oder<br />
Krone gehört Edelstahl Rostfrei. Angenehmer<br />
Tragekomfort, kühle Eleganz<br />
und sportlicher Chic sprechen<br />
für den mit internationalem Markenzeichen<br />
geschützten Werkstoff. Fast<br />
in allen Modellen kommen hochwertige<br />
Edelstahl-Profile zum Einsatz.<br />
Gehäuse werden aus warmgewalztem,<br />
Uhrenarmbänder aus kaltgewalztem<br />
Edelstahl gefertigt. Für die<br />
filigranen Zahnräder ist mit extremer<br />
Präzision kaltgezogener nichtrostender<br />
Stahl Werkstoff der Wahl. Die<br />
meisten Uhrenhersteller setzen dabei<br />
auf die Werkstoffgüte 1.4404 (316L),<br />
die perfekte Eigenschaften durch ihre<br />
Robustheit, Korrosionsbeständigkeit<br />
und im jahrelangen Dauereinsatz unverändert<br />
attraktive Optik mitbringt.<br />
Bei Luxusuhren findet vermehrt auch<br />
nichtrostender austenitischer Stahl<br />
der Güte 1.4539 (904L) Verwendung.<br />
Hoher Molybdängehalt und zugleich<br />
sehr niedriger Kohlenstoffgehalt machen<br />
ihn extrem widerstandsfähig<br />
und verleihen ihm nach dem Polieren<br />
einen besonders hellen Glanz. Immer<br />
häufiger werden auch Modelle aus<br />
Duplex-Edelstahl angeboten. Für die<br />
meisten Menschen gehört heute eine<br />
46 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Edelstahl<br />
Special<br />
Foto: Apple<br />
Smartwatches wie die Apple Watch<br />
aus Edelstahl Rostfrei bieten neben<br />
der Uhrzeit eine Vielzahl an weiteren<br />
Informationen.<br />
Armbanduhr zum normalen Leben<br />
dazu – zu Ikonen wurden einige Modelle<br />
durch Raumfahrer, Tiefseetaucher<br />
oder Geheimagenten. So trug<br />
Neil Armstrong bei seinem Mondspaziergang<br />
anno 1969 einen Chronometer,<br />
der seitdem Moonwatch genannt<br />
wird. Zwei Apollo-Missionen später<br />
ermöglichte die gleiche Uhr der Besatzung<br />
der Apollo 13 trotz ausgefallener<br />
Bordelektronik die Rückkehr<br />
zur Erde. 2019 widerstand eine Armbanduhr<br />
beim Tauchgang zum tiefsten<br />
Punkt der Erde einem Druck von<br />
1500 bar bei 15000 Metern Tiefe. Legendär<br />
ist auch die mit schier unglaublichen<br />
Gadgets ausgestattete<br />
Edelstahluhr von James Bond als<br />
wirksame Waffe gegen die Bösewichte<br />
der Welt. Aber auch ohne solch<br />
fiktive Raffinessen setzt die Zeit überall<br />
Zeichen – im Alltag, zu Wasser, in<br />
der Luft oder zu Lande. Mit Edelstahl<br />
Rostfrei sind diese Zeitzeichen unvergänglich<br />
und schreiben deshalb häufig<br />
sogar (Sammler-)Geschichte. •<br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin<br />
von impetus.PR, Agentur für Corporate<br />
Communications GmbH.<br />
www.wzv-rostfrei.de<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 47
Anwender<br />
Automotive<br />
Kraftfahrzeugtechnik: Die perfekte Welle<br />
Prototypenbau und Beschichtung im Wettlauf mit der Zeit<br />
Lüneburg. Auf der Tube <strong>2020</strong> in Düsseldorf will<br />
der Hersteller von Laserprojektions- und Messsystemen,<br />
LAP, die neue Smart Core Pro-Software<br />
für die Konturmessung von Langprodukten<br />
vorstellen. Sie ermöglicht laut Hersteller<br />
die tiefe Integration der Geometriedaten in die<br />
zunehmend vernetzte Produktionsumgebung<br />
der Walzwerke und macht sie so für die prozessübergreifende<br />
Nutzung der Daten in der<br />
Smart Factory verfügbar.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
Als Technologieführer in der Entwicklung und Herstellung<br />
von Fahrwerkskomponenten ist Neapco<br />
mit Hauptsitz in Michigan, USA, Tier-One-Lieferant<br />
(»Ebene-Eins-Lieferant«, der direkt an einen Erstausrüster<br />
liefert, Anm. d. Red.) der weltweiten Automobilindustrie.<br />
Die Neapco Europe GmbH mit Sitz in Düren entwickelt<br />
und produziert Antriebswellen, Differenziale und<br />
Radnaben für nahezu alle Premiumautomobilhersteller in<br />
Europa. Seit Sommer 2018 wird hier auch der StreetScooter<br />
für die Deutsche Post gefertigt. Zugleich ist der Prototypen-Shop<br />
des Dürener Standorts das unternehmensweite<br />
Kompetenzzentrum von Neapco für die Entwicklung<br />
neuer Komponenten. Von hier aus werden die Applikationsingenieure<br />
global gesteuert, und auch die Fertigung<br />
sämtlicher Prototypen des Konzerns erfolgt im rheinländischen<br />
Düren. Ob Antriebsstrang für Verbrennungs-,<br />
Hybrid- oder Elektromotor, ob Front- oder Heckantrieb,<br />
geländegängiger SUV oder Allradmodell: Neapco legt<br />
Antriebswellen, Gelenke und Manschetten maßgeschneidert<br />
auf die jeweilige Technologie und Einbausituation<br />
an. Durch standortübergreifend integrierte Konstruktion,<br />
Produktion, Qualitätssicherung und Logistik unterstützt<br />
das Unternehmen seine Kunden von der ersten Idee über<br />
die Entwicklung und Erprobung bis zur Serienproduktion.<br />
Alles aus einer Hand<br />
Die partielle Maskierung von Antriebselementen vor der<br />
Beschichtung erfordert viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung.<br />
Zum Einsatz kommen dabei Technologien und Prozesse,<br />
die ausgereifte Lösungen gewährleisten. Dafür bietet der<br />
Prototypen-Shop ein umfassendes Portfolio an Antriebswellen,<br />
das im Laufe der Jahre mit den verschiedenen<br />
OEMs (»Original Equipment Manufacturer« oder Erstausrüster,<br />
Anm. d. Red.) immer weiterentwickelt wurde.<br />
Abhängig von der benötigten Kraftübertragung wählen<br />
die Neapco-Ingenieure aus diesem Baukasten den geeigneten<br />
Wellentyp – sei es eine für Pkw übliche Hohlwelle,<br />
eine für Lkw aus Stabilitätsgründen erforderliche Vollwelle,<br />
ein Rohr, eine geknetete Welle oder eine Welle im<br />
Dogbone-Format. Bei der fahrzeugspezifischen Auslegung<br />
der technisch anspruchsvollen Komponenten gilt es dann,<br />
im Rahmen eines umfangreichen Prototypenprozesses<br />
Crashverhalten, Fahrkomfort, Geräuschminimierung, Gewicht,<br />
Haltbarkeit, Kraftübertragung, Passgenauigkeit,<br />
Reibungswiderstände, Stabilität, Wendekreis und Korrosionsbeständigkeit<br />
so zu optimieren, dass die Antriebswelle<br />
all diese Anforderungen möglichst effizient erfüllt.<br />
Erst wenn die Welle in den nachfolgenden Labor- und<br />
Praxistests ihre perfekte Performance beweist, wird sie in<br />
Linie produziert.<br />
Jederzeit skalierbar<br />
Ob Längs-, Seiten- oder Kardanwelle: Am Anfang steht<br />
immer ein maßgeschneidertes Konzept. Auf Basis detaillierter<br />
Spezifikationen des Kunden zu Rad- und Getriebeabständen,<br />
Material, Form und Art der Abschlussstellen,<br />
Drehmoment, Gewicht und Leistung erarbeiten die Experten<br />
von Neapco ein Design, das sie mit den Konstrukteuren<br />
der Kunden abstimmen. Dabei ist ein Grundprinzip<br />
des Unternehmens aus Düren, die vorderen Wellen immer<br />
Foto: Fotos (3): Neapco Europe GmbH<br />
48 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Automotive<br />
Anwender<br />
gleich zu gestalten, um unterschiedliche Schwingungen<br />
zu vermeiden. Um dem Kunden neben der reinen Idee<br />
möglichst schnell auch ein erstes Ergebnis zu präsentieren,<br />
kombiniert Neapco in der Entwicklung mechanische und<br />
virtuelle Verfahren. Kurze Entscheidungswege ermöglichen<br />
es, Prototypen sehr kurzfristig anzufertigen und in<br />
Serie zu überführen. So fräst Neapco im Prototypen-Shop<br />
Bauteile wie Glocken oder Tulpen als Einbauprobe oder<br />
für Pre-Tests aus dem Vollen oder schweißt auch schon<br />
mal Wellen für eine erste Anmutung zusammen. Sogar<br />
Arbeiten wie Kneten sind durch den Zugriff auf die Linienproduktion<br />
im eigenen Haus kurzfristig realisierbar. Mit<br />
dieser enormen Flexibilität und aufgabenbezogenen<br />
Skalierbarkeit behauptet sich das in Deutschland größenmäßig<br />
eher mittelständische Unternehmen erfolgreich im<br />
starken Wettbewerb. In mehrstufigen Tests werden die<br />
Prototypen anschließend bis zu 2 500 Prüfzyklen, deren<br />
Ablauf vom Kunden detailliert vorgegeben wird, ausgesetzt.<br />
Dabei werden sie sowohl auf dem eigenen Prüfstand<br />
von Neapco als auch seriennah im Realbetrieb auf dem<br />
Testgelände und in Straßentests auf Effizienz, Funktionalität<br />
und Lebensdauer getestet.<br />
Beschichtung im Kickstart<br />
Zwischen 50 und 200 Prototypen werden von jeder Welle<br />
gebaut, bis sie serienreif ist und bei Neapco je nach Einsatzzweck<br />
als Kleinstserie oder in großer Stückzahl produziert<br />
wird. Im Schnitt liefert das Unternehmen pro Jahr<br />
bis zu 5 000 einzelne Assemblies – Komplettsysteme aus<br />
Antriebswellen mit Gelenken und Manschetten. Dabei<br />
erwarten vor allem die Hersteller der Premiummarken,<br />
dass die Wellen bereits im Prototypenstadium mit Korrosionsschutz<br />
beschichtet sind. Die Spezialbeschichtung soll<br />
den Komponenten zugleich das wertige Aussehen der<br />
späteren Serienprodukte verleihen – eine aufwendige und<br />
stets sehr zeitkritische Aufgabe. Seit vielen Jahren vertraut<br />
Neapco auf die verfahrenstechnische Kompetenz von<br />
Pallas. Ob die Beschichtung ausgeschlagener Lager mit<br />
Hartmetall, Hartverchromen als Verschleiß- oder Korrosionsschutz<br />
für Wellen oder Antihaftbeschichtung für Ab-<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 49
Anwender<br />
Automotive<br />
Foto: Foto: Pallas GmbH & Co. KG<br />
Beschichtungseinsatz bei Pallas, einem Unternehmen für<br />
Oberflächentechnik aus Würselen bei Aachen.<br />
füllmaschinen: Dank vieler Anlagen, Werkstoffe und Verfahren<br />
verfügt Pallas über eine Menge von Lösungsmöglichkeiten.<br />
Abhängig vom Verfahren und vom Werkstoff<br />
können Schichtdicken von 20 Mikrometern bis zu mehreren<br />
Millimetern realisiert werden. Nahezu keine Einschränkungen<br />
bei den Grundwerkstoffen und eine fast unbegrenzte<br />
Auswahl an Beschichtungswerkstoffen begründen<br />
die Einsatzbandbreite des thermischen Beschichtens.<br />
Durch die Kombination mehrerer thermischer Spritzverfahren<br />
verbessert Pallas oftmals die Effizienz der Bearbeitung<br />
noch weiter. Diese Erfahrung in der Erstellung individuell<br />
angepasster, thermischer Beschichtungen qualifizierte<br />
Pallas auch für die Beschichtung der Antriebswellen.<br />
Die Herausforderung begann bereits bei dem verzugsarmen<br />
Auftrag der elektrostatischen Pulverbeschichtung.<br />
Um die Maßhaltigkeit der gehärteten Wellen zu bewahren,<br />
musste zunächst ein Pulver gefunden werden, das<br />
bei Niedrigtemperatur verschmilzt. Üblich sind Pulver, die<br />
bei Temperaturen von 180 Grad Celsius und höher verarbeitet<br />
werden. Für die Beschichtung der Antriebswellen<br />
durfte die Temperatur jedoch 160 Grad Celsius keinesfalls<br />
überschreiten, um unter deren Anlasstemperatur zu bleiben.<br />
Pallas half dem Automobilzulieferer bei der Auswahl<br />
des geeigneten Kunststoffpulvers. Eine zweite Herausforderung<br />
besteht regelmäßig in der aufwendigen händischen<br />
Maskierung für die Beschichtung. Eine Vielzahl<br />
unzugänglicher Stellen und Spezialabdeckungen bieten<br />
viele Möglichkeiten zum Scheitern. Bei jedem Bauteil ist<br />
die Maskierung mit verschiedenen Spezialbändern sehr<br />
zeitaufwendig. Bei Wellen für Elektroautos besteht die<br />
Herausforderung beispielsweise darin, anstelle üblicher<br />
radialer Maskierungen eine Abdeckung der Oberseite zu<br />
gewährleisten. Die Lösung: Nach dem Entfetten und<br />
Maskieren werden die Wellen bei Pallas mit Edelkorund<br />
gestrahlt. Anschließend wird das Kunststoffpulver<br />
elektrostatisch mit der Pistole appliziert und im Ofen vernetzt.<br />
Die Kunden von Neapco erwarten eine extrem schnelle<br />
Lieferung der gewünschten Komponenten. Da diese Bauteile<br />
noch nicht beschichtet sind, bleibt auch für Pallas nur<br />
eine minimale Reaktionszeit: Durchlaufzeiten von nur zwei<br />
Tagen sind keine Seltenheit. Doch als Experte für anspruchsvolle<br />
Oberflächentechnik kann Pallas trotz aufwendiger<br />
technischer Rahmenbedingungen und extremen<br />
Zeitdrucks die Beschichtungen just in time realisieren. •<br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin der Agentur impetus.PR.<br />
https://pallaskg.de<br />
Ob Antriebswelle, Verbindungsstücke, Gelenke oder Manschetten: Maßgeschneiderte<br />
Komponenten als Prototypen mit Korrosionsschutzbeschichtungen<br />
Zur Beschichtung der Außengelenke und<br />
deren Stirnverzahnung setzt Neapco auf<br />
das Werkstoff- und Verfahrens-Knowhow<br />
des Unternehmens Pallas.<br />
50 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Baubranche<br />
Anwender<br />
Die Baubranche konnte auch in den Lockdown-geprägten<br />
Befragungsmonaten März<br />
und April relativ ungestört weiterarbeiten.<br />
Foto: Shutterstock<br />
Trotz Corona: Bauunternehmen<br />
bleiben gefasst<br />
Umsatzerwartungen variieren geografisch<br />
Düsseldorf. Die deutschen Bauunternehmen rechnen trotz der<br />
derzeit schwierigen Wirtschaftslage mit einem akzeptablen oder<br />
sogar guten Umsatzjahr <strong>2020</strong>. Das zeigt die aktuelle Baubarometerbefragung<br />
des Beratungsunternehmen BauInfoConsult.<br />
Im Rahmen der Studie »Jahresanalyse<br />
<strong>2020</strong>/2021« hat das Düsseldorfer Institut<br />
BauInfoConsult in den ersten<br />
sechs von Corona geprägten Wochen<br />
deutschlandweit telefonische Interviews<br />
mit 600 Bau-Akteuren zu ihren<br />
Umsatzerwartungen im Angesicht der<br />
Krise erhoben. Vor allem die 150 befragten<br />
Bauunternehmer blieben größtenteils<br />
gelassen, lautet ein Ergebnis.<br />
Trotzdem müsse jedes dritte Unternehmen<br />
mit deutlichen Verlusten rechnen.<br />
Nach Angaben des Beratungsunternehmens<br />
rechnen nur 16 Prozent<br />
der Bauunternehmen damit, <strong>2020</strong> ihren<br />
Umsatz steigern zu können. Allerdings<br />
ginge mit 48 Prozent jeder zweite<br />
Bauunternehmer davon aus, dass<br />
das Umsatzjahr <strong>2020</strong> in etwa gleich<br />
ausfallen wird wie im Jahr 2019.<br />
»Dieser Optimismus vieler Bauunternehmer<br />
ist auf den ersten Blick erstaunlich:<br />
Schließlich sind die Neuaufträge<br />
im Bauhauptgewerbe im März<br />
erheblich gesunken und auch bei den<br />
Auftraggebern im Wirtschafts- und<br />
Wohnungsbau ist die Lage alles andere<br />
als rosig«, schreibt BauInfoConsult<br />
in einer Pressemitteilung.<br />
Bauunternehmen bleiben<br />
optimistisch<br />
Andererseits konnte das Bauhandwerk<br />
auch in den Lockdown-geprägten<br />
Befragungsmonaten März und<br />
April zwar unter Auflagen, aber dennoch<br />
relativ ungestört weiterarbeiten.<br />
Andere Wirtschaftszweige wie<br />
etwa Gastronomie und Tourismus<br />
hingegen wurden stillgelegt. »Auch<br />
die hohen Auftragsbestände aus den<br />
Vormonaten stärken vielen Bauunternehmen<br />
immer noch den Rücken«,<br />
berichtet BauInfoConsult. Ein weiteres<br />
Plus sei der recht große Anteil des<br />
Neubaus im Auftragsportfolio.<br />
Allerdings spüre auch jedes dritte<br />
Bauunternehmen die negativen Folgen<br />
der Coronakrise und hätte die<br />
eigenen Umsatzerwartungen entsprechend<br />
gesenkt, so BauInfoConsult. Mit<br />
einem deutlichen Umsatzrückgang<br />
über fünf Prozent würden 15 Prozent<br />
der Bauunternehmer rechnen.<br />
Hintergrund<br />
Über die Studie<br />
Die Ergebnisse des Baubarometers<br />
<strong>2020</strong> stammen aus der Studie<br />
»Jahresanalyse Deutschland<br />
<strong>2020</strong>/2021: Bauwirtschaft –<br />
Kennzahlen & Perspektiven«<br />
von BauInfoConsult. Die vollständige<br />
Studie ist ab diesem<br />
Monat erhältlich und soll alle bis<br />
dahin bekannten Kennzahlen<br />
zur Baubranche berücksichtigen,<br />
die für die Bauprognose in Zeiten<br />
von Corona relevant sind.<br />
Themen dieser Studie sind unter<br />
anderem die Hochbauprognose<br />
<strong>2020</strong> und 2021 sowie die Entwicklung<br />
der Modernisierung<br />
und Sanierung in Deutschland.<br />
»Dabei scheint auch die Stärke der<br />
Restriktionen in den verschiedenen<br />
Bundesländern einen gewissen Einfluss<br />
auf die Umsatzeinschätzungen<br />
gehabt zu haben«, schreiben die Berater.<br />
In nördlichen Ländern wie<br />
Schleswig-Holstein seien die Grenzkontrollen<br />
und Bestimmungen sehr<br />
viel strenger gewesen als im westlichen<br />
Nordrhein-Westfalen. »Entsprechend<br />
unterschiedlich pessimistisch<br />
fielen die Umsatzerwartungen in den<br />
beiden Regionen Nord und West<br />
aus«, so BauInfoConsult. nr •<br />
http://bauinfoconsult.de<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 51
Menschen & Events<br />
Seitenblick<br />
Vorübergehender Schutz<br />
hinter dem Rettungsschirm:<br />
Dank Soforthilfen,<br />
Überbrückungszahlungen<br />
und Krediten haben in<br />
den vergangenen Wochen<br />
nur wenige Unternehmen<br />
mangels Liquidität infolge<br />
der Corona-Krise aufgeben<br />
müssen.<br />
Foto: Shutterstock<br />
Eingeschränkte Sicht<br />
Staatshilfen und ausgesetzte Insolvenzantragspflicht verschleiern den<br />
tatsächlichen Zustand vieler Betriebe<br />
Wird mein Kunde die Rechnung bezahlen? Ist mein Lieferant ein verlässlicher Geschäfts -<br />
partner? Solche Fragen sind derzeit schwerer denn je zu beantworten. Denn staatliche Hilfszahlungen<br />
und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht verschleiern die wahre Verfassung<br />
vieler Unternehmen.<br />
Von unserem Autor Stefan Weber<br />
Im Umgang mit staatlichen Stellen<br />
hat mancher Unternehmer in den<br />
Wochen des Lockdowns gänzlich<br />
neue Erfahrungen gemacht. Schon<br />
zwei oder drei Tage nachdem er einen<br />
Antrag auf Soforthilfe gestellt<br />
hatte, war das Geld auf seinem Konto.<br />
Ohne Nachfragen. Unkompliziert<br />
und unbürokratisch. In Rekordgeschwindigkeit<br />
haben Bund und Länder<br />
seit Ende März nicht rückzahlbare<br />
Milliarden-Beträge überwiesen,<br />
um Umsatz- und Einnahmeverluste<br />
von Betrieben auszugleichen. Zusätzlich<br />
sorgte die staatliche Förderbank<br />
KfW mit Überbrückungskrediten dafür,<br />
dass Unternehmen liquide blieben.<br />
Auch Sparkassen und Volksbanken,<br />
traditionell wichtige Finanzpartner<br />
des Mittelstands, weiteten ihre<br />
Kreditvergabe zuletzt kräftig aus.<br />
Dank Soforthilfen, Überbrückungszahlungen<br />
und Krediten haben in den<br />
vergangenen Wochen nur wenige<br />
Unternehmen mangels Liquidität aufgeben<br />
müssen. Das Statistische Bundesamt<br />
registrierte im April 13,4 Prozent<br />
weniger Insolvenzen als zwölf<br />
Monate zuvor. Dazu beigetragen hat<br />
auch die rückwirkend zum 1. März<br />
gesetzlich verfügte Aussetzung der<br />
Insolvenzantragspflicht. Demnach<br />
sind Unternehmen, die in den Strudel<br />
der Corona-Pandemie geraten sind,<br />
aber Aussicht haben, eine bestehende<br />
Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen,<br />
von der Insolvenzantragspflicht befreit.<br />
Zuvor musste ein in Bedrängnis<br />
geratenes Unternehmen spätestens<br />
drei Wochen nach Eintreten des Insolvenzgrunds<br />
einen Insolvenzantrag<br />
stellen.<br />
52 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Seitenblick<br />
Menschen & Events<br />
Experten erwarten<br />
Insolvenzwelle<br />
Hinzu kommt: Zwischen dem Antrag<br />
und der Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens<br />
vergehen mitunter<br />
Wochen. Erst nach der Entscheidung<br />
des Gerichts über Eröffnung oder Abweisung<br />
eines Verfahrens gehen die<br />
entsprechenden Fälle in die Statistik<br />
ein. Diese Bearbeitungszeit hatte sich<br />
durch den teilweise eingeschränkten<br />
Betrieb der zuständigen Insolvenzgerichte<br />
zuletzt verlängert. Somit ist es<br />
keine Überraschung, dass sich die<br />
durch die Corona-Pandemie ausgelöste<br />
wirtschaftliche Krise bisher nicht<br />
in einem Anstieg der eröffneten Insolvenzverfahren<br />
niedergeschlagen<br />
hat.<br />
Wenn in diesen Wochen die Wirtschaft<br />
wieder hochfährt, kommt es<br />
zur Bewährungsprobe, insbesondere<br />
für Hilfeempfänger: Es muss sich zeigen,<br />
ob ihr Geschäftsmodell in der<br />
neuen Normalität tragfähig ist oder<br />
ob sie in der Lage sind, es an die nunmehr<br />
geltenden Gegebenheiten anzupassen.<br />
Manches Unternehmen,<br />
das sich zuletzt durch Liquiditätshilfen<br />
Luft verschafft hat, steckte bereits<br />
vor der Pandemie in Schwierigkeiten<br />
und wird nun, wenn es schlecht läuft,<br />
möglicherweise zeitverzögert die<br />
Tore schließen müssen. »Wir gehen<br />
davon aus, dass im Herbst eine Insolvenzwelle<br />
anrollen wird«, meint Volker<br />
Ulbricht, Hauptgeschäftsführer<br />
»Wenn in diesen Wochen<br />
die Wirtschaft wieder hochfährt,<br />
kommt es zur Bewährungsprobe,<br />
insbesondere<br />
für Hilfeempfänger: Es muss<br />
sich zeigen, ob ihr Geschäftsmodell<br />
in der neuen<br />
Normalität tragfähig<br />
ist.«<br />
des Verbandes der Vereine Creditreform.<br />
Das ist eine bedrohliche Aussicht<br />
auch für kerngesunde Unternehmen.<br />
Denn sie müssen fürchten, mit<br />
in den Abwärtssog zu geraten – indem<br />
sie mit Partnern Geschäfte machen,<br />
für die sie am Ende kein Geld<br />
erhalten. Welche Löcher das reißen<br />
kann, zeigt ein einfaches Beispiel: Ein<br />
Betrieb mit einer Umsatzrendite von<br />
vier Prozent, der eine Forderung in<br />
Höhe von 10 000 Euro abschreiben<br />
muss, benötigt einen Mehrumsatz von<br />
250 000 Euro, um diese Lücke zu füllen.<br />
Nur noch gegen Vorkasse zu liefern,<br />
um kein Risiko einzugehen, ist<br />
auch keine Lösung. »Das verlangsamt<br />
die Prozesse, bremst Lieferketten aus<br />
– und findet beim Kunden keine Akzeptanz«,<br />
betont Volker Ulbricht.<br />
Corona beschleunigt<br />
Veränderungsprozesse<br />
Der Königsweg lautet: für maximale<br />
Transparenz sorgen. Denn wer viel<br />
über seine Geschäftspartner weiß,<br />
kann das Ausfallrisiko vergleichsweise<br />
gut abschätzen und seine Prozesse<br />
entsprechend gestalten. Dienstleister<br />
wie Creditreform verzeichnen seit<br />
März eine verstärkte Nachfrage nach<br />
Auskunftsprodukten. Die Unternehmen<br />
erkennen, dass sie Prävention<br />
betreiben müssen - nicht nur mit Blick<br />
auf ihre Kunden, sondern auch hinsichtlich<br />
ihrer Lieferanten, denn deren<br />
Ausfall kann schnell einen Stopp<br />
der eigenen Produktion auslösen.<br />
Besonders gefragt sind Monitoring-Produkte,<br />
also Lösungen, die<br />
Unternehmen zeitnah über Veränderungen<br />
bei Kunden oder Lieferanten<br />
informieren, die sich unmittelbar auf<br />
die Zahlungsfähigkeit auswirken.<br />
Thomas Schulz, verantwortlich für<br />
Vertrieb und Wirtschaftsinformation<br />
bei Creditreform Dresden, rät Unternehmen,<br />
ihre Abläufe im Forderungsmanagement<br />
und in der Risikobewertung<br />
neu zu denken. Es<br />
sei gefährlich, wenn Betriebe aufgrund<br />
langjähriger Geschäftsbeziehungen<br />
darauf vertrauten, ihre Kunden<br />
gut zu kennen und keine weiteren<br />
Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.<br />
»Die Corona-Krise beschleunigt viele<br />
Veränderungsprozesse. Was früher<br />
Jahre gedauert hätte, passiert nun<br />
innerhalb von Monaten. Deshalb ist<br />
es so wichtig, zusätzliche Informationen<br />
einzuholen und Abläufe anzupassen«,<br />
so Schulz. Er hat eine einfache<br />
Erklärung, warum dies vielen Unternehmen<br />
schwerfällt: »Nach neun<br />
Boom-Jahren ist der Blick für Risiken<br />
nicht mehr so scharf. Und viele junge<br />
Betriebe erleben gerade ihre erste<br />
Krise überhaupt. Sie verfügen über<br />
keine Erfahrungen auf diesem Feld.«<br />
Aktive Finanzkommunikation<br />
ist wichtig<br />
Viel Zeit zum Lernen gibt es nicht.<br />
Zunächst geht es vor allem darum,<br />
durch ein konsequentes Forderungsmanagement<br />
die Liquidität zu sichern.<br />
»Forderungen bezahlt zu bekommen,<br />
um eigene Verbindlichkeiten<br />
bedienen zu können, wird in den<br />
nächsten Wochen ein Wettlauf, den<br />
derjenige gewinnt, der als erstes startet«,<br />
meint Schulz.<br />
Um ihre finanzielle Stabilität zu<br />
wahren, sollten Unternehmen ihren<br />
Blick jedoch nicht auf Kunden und<br />
Lieferanten verengen. Wichtig ist<br />
auch eine aktive eigene Finanzkommunikation.<br />
Gerade jetzt sollte jeder<br />
Betrieb darauf achten, welche Informationen<br />
über ihn bei Auskunfteien<br />
gespeichert sind und prüfen, ob es<br />
Optimierungsmöglichkeiten gibt,<br />
etwa durch eine Zertifizierung der<br />
Bonität. Denn diese Angaben werden<br />
ihrerseits verstärkt von Geschäftspartnern,<br />
Banken und Kreditversicherern<br />
abgefragt.<br />
»Der Königsweg lautet:<br />
für maximale Transparenz<br />
sorgen. Denn wer viel<br />
über seine Geschäftspartner<br />
weiß, kann das Ausfallrisiko<br />
vergleichsweise<br />
gut abschätzen.«<br />
•<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 53
Menschen & Events<br />
Stahlkultur<br />
Fernrohr in die<br />
Vergangenheit<br />
Foto: ESA<br />
54 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Stahlkultur<br />
Menschen & Events<br />
Mit 30 Einsatzjahren hat das Hubble-Weltraumteleskop<br />
HST (Hubble Space Telescope) die kühnsten Erwartungen<br />
als Fernrohr in die Vergangenheit übertroffen – und ist alles<br />
andere als am Ende. Seine Unverwüstlichkeit verdankt es<br />
einer ausgeklügelten Konstruktion, abenteuerlichen Reparatureinsätzen<br />
von fünf Astronautenteams und der robusten<br />
Konstitution von Materialien wie Edelstahl Rostfrei.<br />
Mehr über den unermüdlich spähenden Methusalem<br />
erfahren Sie in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift<br />
»stahlmarkt«.<br />
www.wzv-rostfrei.de<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 55
Menschen & Events<br />
Termine<br />
Termin / Ort Thema Veranstalter Info / Kontakt<br />
1.–3.9.<strong>2020</strong><br />
Online<br />
8.–10.9.<strong>2020</strong><br />
Online<br />
Feuerfest Online-Seminar ECREF events@ecref.eu<br />
seminars.ecref.eu<br />
D-EXPO Metall Carl Hanser Verlag GmbH +49 8999 8300<br />
www.hanser-tagungen.de/d-expo<br />
29.–30.9.<strong>2020</strong><br />
Düsseldorf<br />
Pit Furnace Symposium<br />
Friedr. Lohmann GmbH Werk<br />
für Spezial- und Edelstähle<br />
+49 2302 7014 0<br />
www.lohmann-conference.com<br />
30.9.--2.10.<strong>2020</strong><br />
Wien, AT<br />
Metal Additive Manufacturing<br />
Conference<br />
Austrian Society for Metallurgy<br />
and Materials (ASMET)<br />
+43 3842 402 2290<br />
www.mamc<strong>2020</strong>.org<br />
27.-30.10.<strong>2020</strong><br />
Online<br />
Euroblech -<br />
Digital Innovation Summit<br />
Mack Brooks Exhibitions +44 1727 814 400<br />
www.euroblech.com/<strong>2020</strong>/deutsch/<br />
18.–19.11.<strong>2020</strong><br />
Aachen<br />
Aachener Stahlkolloquium<br />
»steel and more«<br />
Institut für Eisenhüttenkunde,<br />
RWTH Aachen University<br />
+49 2418 095 809<br />
www.ask<strong>2020</strong>.de<br />
30.11.–2.12.<strong>2020</strong><br />
Antwerpen, BE<br />
ECHT <strong>2020</strong> – European<br />
Conference on Heat Treatment<br />
A3TS +33 145 2622 35<br />
www.a3ts.org<br />
7.–11.12.<strong>2020</strong><br />
Düsseldorf<br />
8.–11.12.<strong>2020</strong><br />
München<br />
wire - Tube <strong>2020</strong> Messe Düsseldorf GmbH +49 2114 560 01<br />
www.wire.de, www.tube.de<br />
automatica Messe München GmbH +49 8994 920 720<br />
www.automatica-munich.com/de/<br />
25.–28.1.2021<br />
Birmingham, UK<br />
MACH 2021<br />
The Manufacturing<br />
Technologies Association<br />
+44 020 7298 6402<br />
www.machexhibition.com<br />
21.–25.2.2021<br />
Seoul, KR<br />
11 th International Conference<br />
on Molten Slags, Fluxes and<br />
Salts (MOLTEN 2021)<br />
The Korean Institute of Metals<br />
and Materials<br />
+82 2 565 3571<br />
www.molten<strong>2020</strong>.org/<br />
2.–5.3.2021<br />
Leipzig<br />
9.–12.3.2021<br />
Hannover<br />
17.–18.3.2021<br />
Ulm<br />
InTEC 2021 Leipziger Messe GmbH +49 341 678 0<br />
www.messe-intec.de<br />
Euroblech 2021 Mack Brooks Exhibitions +44 1727 814 400<br />
www.euroblech.com/<strong>2020</strong>/deutsch/<br />
Coiltech Deutschland 2021 QuickFairs +39 02 8723 4050<br />
www.quickfairs.net<br />
18.–19.3.2021<br />
Aachen<br />
Die virtuelle Gießerei – Status<br />
und zukünftige Entwicklungen<br />
RWTH International Academy<br />
gGmbH<br />
+49 241 8097 861<br />
www.aachener-giessereikolloquium.de<br />
22.–24.3.2021<br />
Freiberg<br />
4. Freiberger-Feuerfest-<br />
Symposium<br />
Deutsche Keramische<br />
Gesellschaft e.V.<br />
+49 2203 989 8770<br />
www.ffs<strong>2020</strong>.dkg.de<br />
12.–15.4.2021<br />
Hannover<br />
Hannover Messe 2021 Deutsche Messe +49 511 890<br />
www.hannovermesse.de<br />
56 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
Personen<br />
Menschen & Events<br />
Foto: Sikora<br />
Dr. Jörg Wissdorf<br />
Jörg Wissdorf ist neuer Vorstand bei Sikora<br />
Die Sikora AG hat zum 1. März Dr. Jörg Wissdorf als neuen Vorstand berufen. Er wird als<br />
Nachfolger von Harry Prunk eingearbeitet, der nach über 45 Jahren bei Sikora in den Ruhestand<br />
gehen wird. Nach einer gemeinsamen Übergangszeit mit Prunk soll Wissdorf die Bereiche<br />
Vertrieb, Marketing und Service übernehmen. Der promovierte Luft- und Raumfahrtingenieur<br />
arbeitete zuvor in verschiedenen leitenden Positionen im Vertrieb und Marketing<br />
sowie als Geschäftsführer bei nationalen und internationalen Unternehmen.<br />
Schmolz + Bickenbach: Wechsel in Konzernleitung<br />
Die Gruppe Schmolz + Bickenbach hat bekanntgegeben, Dr. Markus Boening spätestens zum 1. Oktober <strong>2020</strong><br />
zum Chief Financial Officer (CFO) und Mitglied der Konzernleitung zu ernennen. Damit folgt der 53-Jährige auf<br />
den amtierenden CFO Matthias Wellhausen, der sich nach Angaben des Konzerns dazu entschieden hat, das<br />
Unternehmen nach erfolgter Refinanzierung im Laufe des Jahres zu verlassen. Boening verfügt über mehr als<br />
15 Jahre internationale Erfahrung als CFO in mehreren Industrieunternehmen der Automobilzulieferer-, der<br />
Stahl- und der pharmazeutischen Industrie. Zuletzt hatte er diese Position bei der Tekfor Holding inne.<br />
Personelle Veränderungen bei Technotrans<br />
Im Vorstand und Aufsichtsrat von Technotrans hat es personelle Veränderungen<br />
gegeben. Zum 1. Mai ist Michael Finger, 49, als CSO in den Vorstand des<br />
Konzerns berufen worden, und seit dem 1. August ist er Sprecher des Vorstandes<br />
(CEO). Der diplomierte Maschinenbauingenieur war bisher international in<br />
verschiedenen leitenden Positionen tätig – unter anderem bei Winkelmann Automotive.<br />
Darüber hinaus ist Dieter Schäfer, seit 2010 Mitglied des Aufsichtsrates<br />
von Technotrans, aus persönlichen Gründen als Anteilseignervertreter aus-<br />
Michael Finger und Andrea Bauer<br />
geschieden. Als Nachfolgerin für das Amt wurde Andrea Bauer gewählt. Die Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin<br />
war zuletzt Mitglied der Geschäftsführung der VDM Metals Holding sowie als CFO der VDM Metals Group tätig.<br />
Foto: Technotrans<br />
Heikki Malinen wird CEO von Outokumpu<br />
Foto: Outokumpu<br />
Heikki Malinen<br />
Seit dem 16. Mai ist Heikki Malinen der neue Präsident und CEO des finnischen Stahlherstellers<br />
Outokumpu, heißt es seitens des Verwaltungsrats des Unternehmens. Sein Vorgänger Roeland<br />
Baan hat sein Amt am 15. Mai niedergelegt und leitet seit Juni die dänische Chemiegesellschaft<br />
Haldor Topsoe. Malinen hat zuvor als CEO bei der Posti Group Corporation und bei<br />
Pöyry PLC gearbeitet. Dem waren verschiedene Führungspositionen bei UPM in den USA und<br />
in Finnland vorausgegangen. Bereits seit 2012 ist Malinen zudem Mitglied des Aufsichtsrates<br />
von Outokumpu, aus dem er anlässlich seiner neuen Position Ende April ausgeschieden ist.<br />
Inserentenverzeichnis<br />
ALMAMET GmbH 29<br />
Andernach & Bleck GmbH & Co. KG 35<br />
Bepro Blech und Profilstahl<br />
GmbH & Co. KG 2<br />
BIEBER + MARBURG GMBH + CO KG 9<br />
BOBE Industrie-Elektronik 7<br />
BSH Bandstahl-Service-Hagen GmbH 31<br />
Burghardt + Schmidt GmbH 31<br />
Business-Control Software GmbH 45<br />
Coiltec Maschinenvertriebs GmbH 7<br />
DELTA Qualitätsstahl GmbH 31<br />
DM-Stahl GmbH 31<br />
Egon Evertz GmbH & Co. KG 35<br />
ferrex gmbh 35<br />
HFS Hagener Feinblech Service GmbH 35<br />
ISM Ibero Stahl GmbH 35<br />
Karl Diederichs GmbH & Co. KG 59<br />
markmann + müller<br />
datensysteme gmbh 36, 37, 60<br />
NORDWEST Handel AG 31<br />
Peter Drösser GmbH 13<br />
Salzgitter AG 1<br />
Schages GmbH & Co. KG 7<br />
SHR Sheffield Hi-Tech 29<br />
Universal Eisen und Stahl GmbH 31, 49<br />
Verlag Focus Rostfrei GmbH 43, Beilage<br />
Voß Edelstahlhandel GmbH & Co. KG 47<br />
Walzstahlhandel Essen GmbH 7<br />
Walzwerke Einsal GmbH 35<br />
Wanko Informationslogistik GmbH 7<br />
Warenzeichenverband Edelstahl<br />
Rostfrei e.V. 41<br />
<strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong> 57
Vorschau & Impressum<br />
Ausblick<br />
VORSCHAU 09.<strong>2020</strong><br />
Foto: ESA<br />
30 Jahre Weltraumteleskop Hubble<br />
30 Jahre, immer für eine Überraschung gut und weltweit verehrt: Was klingt wie der<br />
Aufstieg zur Pop-Ikone, ist die Erfolgsbilanz eines Veteranen. Das Hubble-Weltraumteleskop<br />
HST (Hubble Space Telescope) umkreist 15 Mal pro Tag die Erde – immer auf der<br />
Suche nach Schwarzen Löchern, fernen Galaxien und fremden Planeten. Materialien wie<br />
Edelstahl machen die Mission möglich.<br />
Die NOBL-Paneele aus Edelstahl<br />
gewährleisten eine zuverlässige<br />
Isolierung von Hubble.<br />
Herzstücke der modernen Logistik<br />
Mehr als 2 200 automatische Lagersysteme hat KASTO bereits in aller Welt<br />
realisiert – dabei ist dieser Geschäftsbereich im Vergleich zur Sägetechnik<br />
noch relativ jung. Der Erfolg der Sparte beginnt in den 1970er-Jahren und ist<br />
nach Unternehmensangaben bis heute ungebrochen.<br />
Foto: KASTO Maschinenbau<br />
GmbH & Co. KG<br />
Die ersten Lagerverwaltungssysteme<br />
arbeiten damals noch<br />
mit Lochkarten.<br />
Foto: Jebens GmbH<br />
Die Highend-Schweißnähte des<br />
90-Tonnen-Kopfstücks erforderten<br />
höchste Kompetenz in Auslegung<br />
und Umsetzung.<br />
Doppelt hält besser: Retrofitting eines 90-Tonnen-Kopfstücks<br />
Wenn eine 2 500-Tonnen-Presse ein Kopfstück braucht, das mehr Leistung, Präzision und<br />
Haltbarkeit gewährleisten soll, sind die besten Spezialisten ihres jeweiligen Fachgebietes<br />
gefragt. Als globaler Systemlieferant für Stanz- und Umformautomaten ist die ANDRITZ<br />
Kaiser GmbH ein solcher Experte, den der Automobilzulieferer voestalpine Automotive<br />
Components Schmölln GmbH mit dem Retrofitting betraute. Den Bau des Kopfstücks und<br />
das gesamte Projektmanagement übernahm die Jebens GmbH aus Korntal-Münchingen,<br />
Experte für Maßarbeit in Stahl für Brennteile und große Schweißkonstruktionen.<br />
Impressum<br />
Verlag:<br />
Maenken Kommunikation GmbH<br />
Von-der-Wettern-Str. 25 · 51149 Köln<br />
Tel. +49 2203 35 84-0<br />
info@maenken.com · www.maenken.com<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Wieland Mänken (V.i.S.d.P.)<br />
Geschäftsführung:<br />
René Khestel, Dr. Wieland Mänken<br />
Redaktion:<br />
Philipp Isenbart (Redaktionsleitung)<br />
Tel. +49 2203 3584-121<br />
E-Mail: philipp.isenbart@maenken.com<br />
Niklas Reiprich, niklas.reiprich@maenken.com<br />
Ständige Mitarbeiter in Berlin, Warschau, New York<br />
Objektleitung:<br />
Wolfgang Locker (verantwortlich)<br />
Tel. +49 2203 3584-182<br />
E-Mail: wolfgang.locker@maenken.com<br />
Anzeigen:<br />
Wolfgang Locker (verantwortlich)<br />
Tel. +49 2203 3584-182<br />
E-Mail: wolfgang.locker@maenken.com<br />
Susanne Kessler, Tel. +49 2203 3584-116<br />
E-Mail: susanne.kessler@maenken.com<br />
Redaktionsanschrift:<br />
»stahlmarkt«<br />
Maenken Kommunikation GmbH<br />
Von-der-Wettern-Str. 25, 51149 Köln<br />
E-Mail: stahlmarkt@maenken.com<br />
Druck:<br />
D+L Printpartner GmbH<br />
Schlavenhorst 10, 46395 Bocholt<br />
Erscheinungsweise: jeweils zum Monatsanfang.<br />
Bezugspreise: Einzelheft 15,– €, im Jahresabonnement<br />
(12 Ausgaben) 112,– € einschl. Zustellgebühr und<br />
Mehrwertsteuer. Ausland 126,– € einschl. Porto.<br />
Kündigungsfrist bis zum 15. November zum<br />
31. Dezember des jeweiligen Jahres.<br />
Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 67.<br />
Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Jede Verwertung außerhalb der durch<br />
das Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist<br />
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insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />
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Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />
Haftung: Für Leistungsminderungen durch höhere Gewalt und<br />
andere vom Verlag nicht verschuldete Umstände (z. B. Streik) können<br />
keine Entschädigungsansprüche von Abonnenten und/oder<br />
Inserenten geltend gemacht werden. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte keine Gewähr.<br />
Warenzeichen: Die Wiedergabe von Warenbe zeich nungen,<br />
Handelsnamen oder sonstigen Kenn zeichnungen in dieser Zeitschrift<br />
berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei<br />
benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um eingetragene<br />
Warenzeichen oder gesetzlich geschützte Kennzeichen,<br />
auch wenn sie als solche nicht eigens gekennzeichnet sind.<br />
Urheberrecht für Autoren: Mit Annahme des Manu s kripts gehen<br />
das Recht zur Veröffentlichung sowie die Rechte zur Übersetzung,<br />
zur Vergabe von Nach druck rechten, zur elektronischen Speicherung<br />
in Datenbanken, zur Herstellung von Sonderdrucken, Fotokopien<br />
und Mikro kopien an den Verlag über. In der unaufgeforderten<br />
Zusendung von Beiträgen und Informationen an den Verlag liegt das<br />
jederzeit widerrufliche Einverständnis, die zugesandten Beiträge bzw.<br />
Informationen in Datenbanken einzustellen, die vom Verlag oder von<br />
mit diesem koope rierenden Dritten geführt werden.<br />
Erfüllungsort Köln<br />
© <strong>2020</strong> Maenken Kommunikation GmbH, Köln<br />
Printed in Germany · ISSN 0178-6571<br />
58 <strong>07</strong>-<strong>08</strong> | <strong>2020</strong>
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