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Stahlmarkt 4/2020

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04 | April <strong>2020</strong><br />

HANDEL & SERVICE<br />

Coronavirus trifft Stahl<br />

in Europa hart I 10<br />

Inkasso im Zeichen<br />

der Krise I 16<br />

HANDEL • INDUSTRIE • MENSCHEN<br />

SPECIAL<br />

Herausforderungen<br />

für die Stahlrohr- und<br />

Flanschenindustrie I 30<br />

Dynamische Prüfstände<br />

gestalten I 41<br />

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gegründet 1969<br />

Gemeinsam sind wir stark und zusammen nicht allein.<br />

Wir bedanken uns für die Arbeit der Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen, der<br />

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Editorial<br />

»Wie können Prozesse verkürzt werden?<br />

<br />

Wo sind logistische Optimierungen möglich?<br />

Das werden wesentliche Fragen der Zukunft sein.«<br />

Liebe Leserinnen & Leser,<br />

die Lage spitzt sich weiter zu: Schon vor der Corona-<br />

Pandemie kämpfte die Stahlbranche mit konjunkturellen<br />

Herausforderungen. Immer deutlicher zeichnen<br />

sich Nachfragerückgänge ab. So wird zum<br />

Beispiel für Langstahlprodukte ein heftiger Preisabsturz<br />

prognostiziert (S. 10). Hoffen wir, dass es<br />

nicht ganz so arg kommt wie befürchtet.<br />

Eine der Folgen von Corona dürfte die Überprüfung<br />

der Lieferketten sein: Wie können Prozesse verkürzt<br />

werden? Wo sind logistische Optimierungen möglich? Das<br />

werden wesentliche Fragen der Zukunft sein.<br />

Chefredakteur<br />

Philipp Isenbart<br />

Natürlich hat die Corona-Krise als das zurzeit zentrale Thema ihren Platz<br />

in dieser Ausgabe gefunden: Sie ist nicht nur in verschiedenen News<br />

(S. 7-9) gegenwärtig, sondern begegnet uns unter anderem beim Blick<br />

auf die Branche der Werkzeugmaschinenbauer (S. 28) und sogar im<br />

Forderungsmanagement (S. 16).<br />

Doch bieten wir Ihnen auch Themen am Puls der Zeit, die ganz ohne<br />

Corona auskommen, etwa eine frisch patentierte Erfindung, die dynamische<br />

Messungen in Prüfständen bei wechselnden Prüfaufgaben<br />

erleichtern soll (S. 41). Zudem präsentieren wir Ihnen in unserer Rubrik<br />

»Industrie & Technologie« (S. 18) zwei Beispiele für intelligente Kooperationen<br />

zwischen niederländischen und deutschen Unternehmen,<br />

die zu durchschlagenden Erfolgen geführt haben – was im Falle der<br />

Demontage eines gesunkenen Schiffs durch ein riesiges Stahlblech sogar<br />

wörtlich genommen werden darf.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und vor allem gute Gesundheit!<br />

04 | <strong>2020</strong> 3


INHALT 04.<strong>2020</strong><br />

HANDEL & SERVICE<br />

News<br />

7 Starker Anstieg der Kurzarbeit erwartet<br />

7 Stahlrecyclingindustrie bittet um Erhöhung<br />

der genehmigten Lagermengen<br />

8 Wirtschaftsweise rechnen mit 2,8 Prozent<br />

weniger Wirtschaftsleistung<br />

8 VDMA: Waren und Berufspendler brauchen<br />

weiterhin freie Fahrt<br />

8 Bund erweitert Möglichkeiten für<br />

Exportkredite<br />

8 Hannover Messe für <strong>2020</strong> abgesagt<br />

9 Stahlindustrie soll wettbewerbsfähig bleiben<br />

9 AWK’20 wird verschoben<br />

9 Produktion von nichtrostendem Stahl<br />

gestiegen<br />

Marktbericht<br />

10 Coronavirus trifft Stahl in Europa wohl<br />

schlimmer als in China<br />

International<br />

14 US-Stahlindustrie verlangt mehr Hilfe von<br />

Washington<br />

Know-how<br />

16 Inkasso im Zeichen der Corona-Krise<br />

INDUSTRIE & TECHNOLOGIE<br />

International<br />

18 Retter in der Not: Wenn das Blech zum<br />

Messer wird<br />

22 Innovative Schweißnahtvorbereitung für<br />

Stahlbogenbrücke im Rotterdamer Hafen<br />

Branche im Fokus<br />

28 Corona & Co: Werkzeugmaschinenbauer<br />

stecken in der Krise<br />

SPECIALS<br />

Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

30 Interview: Herausforderungen für die<br />

Stahlrohr- und Flanschenindustrie<br />

Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

36 Inline-Konturmessung beim Walzen von<br />

Langprodukten<br />

38 Schweißzangenkühlung fit für Industrie 4.0<br />

41 Dynamische Prüfstände zukunftssicher<br />

gestalten<br />

MENSCHEN & EVENTS<br />

Seitenblick<br />

42 Was bringt das Einwanderungsgesetz<br />

gegen den Fachkräftemangel?<br />

Stahlkultur<br />

44 Volatilität in Edelstahl<br />

Events<br />

46 Termine<br />

VIP<br />

48 Personen<br />

STANDARDS<br />

3 Editorial<br />

6 Stahlerzeugung<br />

49 Inserentenverzeichnis<br />

50 Vorschau/Impressum<br />

4 04 | <strong>2020</strong>


Inhalt<br />

10<br />

Coronavirus trifft Europa<br />

Der Ausblick für die deutsche Stahlbranche<br />

hat sich im März deutlich verschlechtert.<br />

SPECIAL II<br />

36<br />

Inline-Konturmessung beim<br />

Walzen von Langprodukten<br />

Die Software »Smart Core Pro« ermöglicht<br />

nach Herstellerangaben die tiefe Integration<br />

der Geometriedaten in die zunehmend<br />

vernetzte Produktionsumgebung der<br />

Walzwerke.<br />

Foto: LAP GmbH Laser Applikationen Fotos (2): Shutterstock<br />

28<br />

Werkzeugmaschinenbauer<br />

stecken in der Krise<br />

Die Automobilbranche gilt als Hauptabnehmer der<br />

Werkzeugmaschinenindustrie. Doch Anlageninvestitionen<br />

bleiben derzeit aus.<br />

30<br />

SPECIAL I<br />

Herausforderungen für die Stahlrohrund<br />

Flanschenindustrie<br />

Im Interview spricht Frank Harms, Geschäftsführer<br />

der Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre und der<br />

Fachvereinigung Stahlflanschen, über die Situation<br />

der beiden Industrien.<br />

Foto: Frank Harms<br />

04 | <strong>2020</strong> 5


Stahlerzeugung<br />

Februar Februar % Veränd. 2 Monate Veränderung<br />

<strong>2020</strong> 2019 Februar 20/19 <strong>2020</strong> 2019 in %<br />

Belgien 475 e 624 -23,9 980 1 259 -22,2<br />

Bulgarien 45 e 46 -2,2 90 91 -0,6<br />

Deutschland 2 920 e 3 319 -12,0 6 037 6 774 -10,9<br />

Finnland 324 237 36,4 656 568 15,6<br />

Frankreich 1 232 1 248 -1,3 2 529 2 486 1,7<br />

Griechenland 105 e 121 -13,2 216 245 -11,8<br />

Großbritannien 586 663 -11,6 1 243 1 269 -2,0<br />

Italien 2 046 2 044 0,1 3 921 4 015 -2,3<br />

Kroatien 5 e 12 -57,6 5 28 -82,1<br />

Luxemburg 180 179 0,7 367 368 -0,3<br />

Niederlande 566 572 -1,0 1 164 1 190 -2,2<br />

Österreich 642 632 1,6 1 273 1 317 -3,4<br />

Polen 600 e 766 -21,6 1 240 1 610 -23,0<br />

Schweden 399 410 -2,6 824 872 -5,5<br />

Slowenien 55 e 50 10,9 114 107 6,0<br />

Spanien 710 e 1 146 -38,1 1 470 2 298 -36,0<br />

Tschechien 382 398 -3,9 782 837 -6,7<br />

Ungarn 155 e 156 -0,6 320 312 2,6<br />

Weitere EU-Länder (28) (e) 850 873 -2,6 1 742 1 813 -4,0<br />

Europäische Union (28) 12 277 13 494 -9,0 24 972 27 459 -9,1<br />

Bosnien-Herzegowina 65 e 71 -8,8 135 143 -5,8<br />

Mazedonien 24 18 34,5 24 36 -33,5<br />

Norwegen 52 49 5,6 113 109 4,1<br />

Serbien 136 141 -3,4 271 317 -14,5<br />

Türkei 2 851 2 635 8,2 5 865 5 203 12,7<br />

Europa außer EU 3 128 2 913 7,4 6 408 5 808 10,3<br />

Kasachstan 330 e 235 40,4 680 452 50,4<br />

Moldawien 20 e 22 -9,1 40 34 17,6<br />

Russland 5 615 e 5 746 -2,3 11 615 12 002 -3,2<br />

Ukraine 1 709 1 689 1,2 3 553 3 539 0,4<br />

Usbekistan 50 e 42 19,0 100 88 13,6<br />

Weißrussland 215 e 198 8,6 445 414 7,5<br />

C.I.S. (6) 7 939 7 932 0,1 16 433 16 529 -0,6<br />

El Salvador 10 e 8 17,8 19 17 10,4<br />

Guatemala 25 e 25 0,1 52 51 1,1<br />

Kanada 1 020 e 1 046 -2,5 2 110 2 212 -4,6<br />

Kuba 20 e 18 13,1 39 36 7,4<br />

Mexiko 1 340 e 1 661 -19,3 2 769 3 296 -16,0<br />

USA 7 168 6 956 3,0 14 824 14 474 2,4<br />

Nordamerika 9 583 9 714 -1,3 19 813 20 087 -1,4<br />

Argentinien 344 318 8,0 642 689 -6,8<br />

Brasilien 2 704 2 740 -1,3 5 384 5 755 -6,4<br />

Chile 75 e 86 -12,6 155 162 -4,4<br />

Ecuador 50 e 52 -3,7 103 103 0,1<br />

Kolombien 100 e 110 -8,9 204 206 -0,9<br />

Paraguay 2 e 1 84,8 4 3 31,0<br />

Peru 95 e 91 4,7 197 191 2,8<br />

Uruguay 5 e 3 54,7 12 10 20,8<br />

Venezuela 2 e 7 -71,5 4 11 -66,9<br />

Südamerika 3 377 3 407 -0,9 6 705 7 131 -6,0<br />

Ägypten 774 686 12,8 1 545 1 408 9,7<br />

Libyen 67 48 38,2 132 77 70,3<br />

Südafrika 370 e 528 -30,0 768 1 050 -26,8<br />

Afrika 1 211 1 263 -4,1 2 445 2 535 -3,6<br />

Iran 2 710 e 2 017 34,3 5 605 3 988 40,5<br />

Katar 179 175 1,9 409 397 3,0<br />

Saudi Arabien (1) 423 448 -5,6 835 917 -9,0<br />

Vereinigte Arabische Emirate 289 289 -0,1 592 593 -0,2<br />

Mittlerer Osten 3 600 2 929 22,9 7 441 5 895 26,2<br />

China 74 773 e 71 231 5,0 154 702 150 094 3,1<br />

Indien 9 560 9 421 1,5 18 855 19 012 -0,8<br />

Japan 7 916 7 745 2,2 16 160 15 887 1,7<br />

Pakistan 325 e 259 25,6 670 514 30,4<br />

Südkorea 5 380 e 5 271 2,1 11 133 11 522 -3,4<br />

Taiwan, China 1 590 1 683 -5,5 3 290 3 673 -10,4<br />

Thailand 355 e 282 25,7 733 623 17,7<br />

Vietnam 1 780 1 431 24,4 3 227 3 295 -2,1<br />

Asien 101 678 97 322 4,5 208 769 204 619 2,0<br />

Australien 464 385 20,6 905 853 6,1<br />

Neuseeland 39 53 -26,2 94 109 -13,7<br />

Ozeanien 504 439 14,9 999 962 3,8<br />

Gesamt 64 Länder (2) 143 296 139 414 2,8 293 984 291 025 1,0<br />

1)<br />

nur HADEED<br />

2)<br />

Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltrohstahlproduktion 2018 in 1.000 t.<br />

e – geschätzt<br />

6 04 | <strong>2020</strong>


News<br />

Handel & Service<br />

Starker Anstieg der Kurzarbeit erwartet<br />

Frankfurt. Wie die Börsen-Zeitung berichtet, erwarten 25,6 Prozent von 2 000 befragten Unternehmen in<br />

den kommenden drei Monaten in Deutschland Kurzarbeit. Dies gehe aus einer Umfrage des Ifo-Instituts hervor.<br />

Dies sei der höchste Wert seit 2010, heißt es. Da die meisten Antworten bis Mitte März einliefen, könnten<br />

die Zahlen noch steigen. 9,3 Prozent der Industriefirmen sollen bereits Kurzarbeit eingeführt haben.<br />

Stahlrecyclingindustrie bittet um Erhöhung<br />

der genehmigten Lagermengen<br />

Düsseldorf. Die Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling-<br />

und Entsorgungsunternehmen (BDSV) bittet das<br />

Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium,<br />

sich bei den für den Ländervollzug zuständigen<br />

Behörden um eine unbürokratische, temporäre<br />

Ausnahmeregelung zur Erhöhung der Lagerkapazitäten<br />

einzusetzen, damit Annahmestopps vermieden werden<br />

können und der Recyclingkreislauf nicht unterbrochen<br />

wird. Das teilt der Stahlrecycling-Verband mit.<br />

In den Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Peter<br />

Altmaier und an Bundesumweltministerin Svenja Schulze<br />

weisen BDSV-Präsident Andreas Schwenter und<br />

BDSV-Hauptgeschäftsführer Thomas Junker darauf hin,<br />

dass aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus aktuell<br />

weite Teile der von der BDSV vertretenen exportorientierten<br />

Stahlrecycling-Unternehmen erheblichen<br />

wirtschaftlichen und genehmigungsrechtlichen Problemen<br />

ausgesetzt seien. So sei beispielsweise der Handel<br />

mit Italien, mit über 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr einem<br />

der wichtigsten Abnehmer von Stahlschrott, durch<br />

die Corona-Krise beinahe zum Erliegen gekommen.<br />

Folglich reichten die genehmigten Lagerkapazitäten<br />

nicht mehr aus, um die Mengen zwischenzulagern,<br />

heißt es von Seiten der BDSV Führungsspitze.<br />

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04 | <strong>2020</strong> 7


Handel & Service<br />

News<br />

Wirtschaftsweise rechnen mit 2,8 Prozent weniger<br />

Wirtschaftsleistung<br />

Düsseldorf. Die Wirtschaftsweisen<br />

erwarten infolge der Corona-Pandemie,<br />

dass die deutsche Wirtschaftsleistung<br />

<strong>2020</strong> um 2,8 bis<br />

5,4 Prozent zurückgeht. Das meldete<br />

unter anderem das Internetportal<br />

»stahl-online.de«. Sollten<br />

die Maßnahmen zur Virus-Eindämmung<br />

rasch greifen und sich<br />

die Lage über den Sommer wieder<br />

normalisieren, werde sich das<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,8<br />

Prozent reduzieren, heißt es. 2021<br />

sei dann ein BIP-Plus von 3,7 Prozent<br />

zu erwarten. Die Wirtschaftsweisen<br />

halten dies für das<br />

wahrscheinlichste Szenario. Bei<br />

großflächigen, längeren Produktionsstilllegungen<br />

könnte es dagegen<br />

zu einem Einbruch von 5,4<br />

Prozent kommen. In dem Fall könne<br />

die Entwicklung der Wirtschaftsleistung<br />

in Form einer<br />

V-Kurve beschrieben werden. Im<br />

kommenden Jahr könne man<br />

dann aber von einem BIP-Plus von<br />

4,9 Prozent ausgehen.<br />

VDMA: Waren und Berufspendler<br />

brauchen weiterhin freie Fahrt<br />

Frankfurt. »Grenzschließungen aufgrund von Corona dürfen<br />

den Warenverkehr nicht behindern. Auch Berufspendler<br />

müssen im Binnenmarkt weiterhin zu Ihren Arbeitsstätten<br />

gelangen können«, teilt der Verband Deutscher Maschinenund<br />

Anlagenbau (VDMA) mit. Zur Entscheidung der Bundesregierung<br />

und anderer europäischer Regierungen, die<br />

Außengrenzen wegen der Corona-Pandemie zu schließen,<br />

erklärt VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann:<br />

»Längst sind die europäischen Länder so eng miteinander<br />

verflochten, dass eines ohne die anderen nicht existieren<br />

kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat<br />

deshalb recht: Trotz Corona muss alles getan werden, um<br />

den Binnenmarkt funktionsfähig zu halten. Dazu gehört<br />

aber nicht nur der ungehinderte Transport von Waren, sondern<br />

zum Beispiel auch der grenzübergreifende Einsatz von<br />

Servicekräften. Waren und Berufspendler brauchen im Binnenmarkt<br />

weiterhin freie Fahrt! Gerade in Bereichen wie<br />

der Lebensmittelindustrie, die in Krisenzeiten für die Versorgung<br />

der Bevölkerung unerlässlich sind, darf eine Maschine<br />

in Frankreich nicht stillstehen, weil deutsche Servicekräfte<br />

daran gehindert werden, notwendige Reparaturen<br />

vorzunehmen. Das gilt auch umgekehrt natürlich auch für<br />

französische Maschinen in Deutschland. Wer glaubt, sich<br />

auf Kosten des europäischen Binnenmarktes schützen zu<br />

können, steht in dieser Krise auf verlorenen Posten.«<br />

Bund erweitert<br />

Möglichkeiten für<br />

Exportkredite<br />

Berlin. Die Bundesregierung hat aufgrund<br />

der Corona-Krise die Kriterien für neue Exportkredite<br />

erleichtert. Exportgeschäfte zu<br />

kurzfristigen Zahlungsbedingungen können<br />

nun auch innerhalb der EU und in bestimmten<br />

OECD-Ländern abgesichert werden.<br />

Damit sollen insbesondere mögliche Engpässe<br />

im privaten Exportkreditversicherungsmarkt<br />

aufgefangen werden.<br />

Ermöglicht werde dies durch einen Beschluss<br />

der Europäischen Kommission, die<br />

Bestimmungen der sogenannten Kurzfristmitteilung<br />

zu ändern. »Damit wird die Liste<br />

der marktfähigen Risiken, also der Länder,<br />

für die normalerweise keine Absicherung<br />

durch staatliche Exportkreditgarantien zulässig<br />

ist, vorübergehend gestrichen«, heißt<br />

es in einer gemeinsamen Mitteilung des<br />

Bundesministeriums für Wirtschaft und<br />

Energie und des Bundesfinanzministeriums.<br />

Die erweiterten Deckungsmöglichkeiten<br />

sind zunächst bis zum Jahresende befristet.<br />

Hannover Messe für <strong>2020</strong> abgesagt<br />

Die Hannover Messe ist für dieses Jahr endgültig abgesagt worden. Der Grund dafür sei die zunehmend<br />

kritische Lage aufgrund der Covid-19-Pandemie und eine Untersagungsverfügung der Region Hannover,<br />

teilt die Deutsche Messe mit. Für die Zeit bis zur nächsten Hannover Messe im April 2021 werde ein digitales<br />

Informations- und Netzwerkangebot Ausstellern- und Besuchern die Möglichkeit zu wirtschaftspolitischer<br />

Orientierung und technologischem Austausch bieten.<br />

8 04 | <strong>2020</strong>


News<br />

Handel & Service<br />

Stahlindustrie soll<br />

wettbewerbsfähig bleiben<br />

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier arbeitet<br />

an einem Konzept zur Wiederbelebung der deutschen<br />

Wirtschaft nach der akuten Krise. Das meldet<br />

das Internetportal »stahl-online.de« unter Berufung<br />

auf einen Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung. Demnach soll das Konzept sich nicht auf<br />

Konjunkturprogramme beschränken, sondern die<br />

Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Wirtschaft<br />

verbessern, etwa durch Fortschritte bei der Digitalisierung.<br />

Ziel müsse es unter anderem sein, Europa<br />

als Standort einer wettbewerbsfähigen Stahlindustrie<br />

zu erhalten. Der klimafreundlichste Stahl müsse<br />

weiter in Europa produziert werden, so Altmaier.<br />

Daher müsse die EU-Klimapolitik einen noch stärkeren<br />

Schwerpunkt auf nachhaltige Industriepolitik<br />

legen, fordert der Bundeswirtschaftsminister. Der<br />

Industriestandort müsse langfristig widerstandsfähiger<br />

gegen Krisen wie Corona werden, aber auch<br />

gegen protektionistische oder staatsinterventionistische<br />

Politik aus anderen Ländern.<br />

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AWK’20 wird verschoben<br />

Aachen. Das Werkzeugmaschinenlabor WZL der<br />

Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule<br />

Aachen hat das Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquium<br />

AWK’20 verschoben. Ursprünglich<br />

sollte das Treffen am 14. und 15. Mai dieses<br />

Jahres stattfinden. Die Verschiebung erfolgte<br />

aufgrund der aktuellen Entwicklungen rund um<br />

die Ausbreitung des Coronavirus. Ein neuer Termin<br />

soll zeitnah bekanntgegeben werden, teilte<br />

das WZL mit. »Wir gehen davon aus, dass sich<br />

die Lage in den kommenden Monaten beruhigen<br />

wird und spätestens im kommenden Jahr<br />

eine sichere und uneingeschränkte Durchführung<br />

des AWK gewährleistet ist«, so das WZL.<br />

Produktion von nichtrostendem<br />

Stahl gestiegen<br />

Wie das International Stainless Steel Forum (ISSF)<br />

mitteilt, hat sich die weltweite Erzeugung von<br />

nichtrostendem Stahl im vergangenen Jahr im Vergleich<br />

zu 2018 um 2,9 Prozent auf 52,2 Millionen<br />

Tonnen erhöht. In China stieg sie um 10,1 Prozent<br />

auf 29,4 Millionen Tonnen.<br />

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Abb.: Preise und Mengen sind beispielhaft und stellen kein verbindliches Angebot dar.<br />

04 | <strong>2020</strong> 9


Handel & Service<br />

Marktbericht<br />

Das Coronavirus breitet sich in<br />

ganz Europa rapide aus.<br />

Foto: Shutterstock<br />

Coronavirus trifft Stahl in Europa<br />

wohl schlimmer als in China<br />

Die Lage hat sich im März schlagartig geändert<br />

Der Ausblick für die Stahlbranche hat sich im März deutlich verschlechtert. Das Coronavirus<br />

breitete sich in ganz Europa rapide aus. Wie in China griffen die Regierungen zu harten<br />

Maßnahmen, um die Ausbreitung des Virus zu begrenzen. Hiervon ist natürlich auch die Stahlnachfrage<br />

betroffen.<br />

Von Peter Fertig*<br />

Noch Anfang März waren die<br />

Prognosen der quantitativen<br />

Modelle für die Preise von<br />

Flachstahlprodukten auf dem deutschen<br />

Markt neutral und sagten Preisänderungen<br />

zwischen +/- 1 Prozent<br />

voraus. Nun wird ein fallender Kurs<br />

für Warmbreitband erwartet, der bis<br />

Ende April um 3 Prozent zurückgehen<br />

soll. Für Feinblech wird jedoch ein<br />

Anstieg um 3 Prozent im gleichen<br />

Zeitraum prognostiziert. In den letzten<br />

vier Wochen wurde Warmbreitband<br />

um 1,0 Prozent höher gehandelt<br />

und lag bei 484 Euro pro Tonne.<br />

Dagegen ging Feinblech um 1,8 Prozent<br />

auf 559 Euro pro Tonne zurück.<br />

Die kurzfristigen Wirtschaftsaussichten<br />

haben sich jedoch deutlich abgeschwächt.<br />

Die Perspektiven für die<br />

Flachstahlpreise hängen sehr stark<br />

davon ab, ob die Stahlhersteller die<br />

Lehren aus dem letzten Jahr gezogen<br />

haben und die Produktion schnell an<br />

die sich verschlechternde Nachfrage,<br />

insbesondere aus dem Automobilsektor,<br />

anpassen. Vorläufig scheint ein<br />

Rückgang von weniger als 5 Prozent<br />

das wahrscheinlichere Szenario zu<br />

sein. Das Risiko ist jedoch eindeutig<br />

nach unten gerichtet.<br />

Für die Aussichten der Preise für<br />

Langstahlprodukte auf dem deutschen<br />

Markt haben die quantitativen<br />

Modelle eine Kehrtwende vollzogen<br />

und sagen statt höherer Preise nun<br />

einen Rückgang von bis zu 10 Prozent<br />

voraus. In den vergangenen vier Wochen<br />

ist der Preis für Betonstahl um<br />

10 04 | <strong>2020</strong>


Marktbericht<br />

Handel & Service<br />

4,6 Prozent auf 454 Euro pro Tonne<br />

gesunken, während Walzdraht nur<br />

um 0,2 Prozent auf 511 Euro pro Tonne<br />

nachgab. Die Zinspolitik der EZB<br />

sowie die negativen Renditen deutscher<br />

Staatsanleihen sprechen für<br />

weitere kräftige Investitionen im Bausektor.<br />

Offizielle Daten zum Auftragseingang<br />

für diesen Sektor im<br />

Jahr <strong>2020</strong> liegen noch nicht vor. Aber<br />

der Preisrückgang des Betonstahls<br />

seit Ende Januar ist ein Warnsignal,<br />

dass die Nachfrage schwächer sein<br />

könnte als die jüngsten verfügbaren<br />

Auftragseingangsdaten im Baugewerbe<br />

vermuten lassen. MBI Research<br />

ist hier jedoch etwas vorsichtiger und<br />

rechnet mit einem Preisrückgang von<br />

bis zu 5 Prozent.<br />

USD/t<br />

Betonstahl Deutschland und MBI-Index Produktionskosten Langstahl<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />

Eisenerz SGX-Frontmonat (l.S.)<br />

Produktionskostenindex 6 Wochen Vorlauf (r.S.)<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

Index<br />

Abbildungen (3): MBI<br />

Daten meist schon veraltet<br />

Es ist selten, dass Wirtschaftsdaten<br />

zum Zeitpunkt der Veröffentlichung<br />

für die Beurteilung der Zukunftsaussichten<br />

nahezu nutzlos sind. Dies gilt<br />

jedoch wahrscheinlich für die Auftragseingänge<br />

und die Industrieproduktion<br />

in Deutschland für den Monat<br />

Januar, die nach der Veröffentlichung<br />

der vorherigen Ausgabe der<br />

Stahlprognosen von MBI Research<br />

bekannt gegeben wurden. Die Auftragseingänge<br />

überraschten im ersten<br />

Monat des Jahres <strong>2020</strong> mit einem<br />

kräftigen Anstieg von 5,5 Prozent<br />

gegenüber dem Vormonat, während<br />

der Konsens unter den Bankökonomen<br />

nur eine Erholung von 1,5 Prozent<br />

vorhersagte. Auch die Industrieproduktion<br />

stieg in diesem Monat mit<br />

3,0 Prozent stärker als erwartet, verglichen<br />

mit 1,7 Prozent der Konsensschätzung.<br />

Im Stahlsektor stiegen die<br />

Auftragseingänge nach Rohdaten im<br />

Januar volumenmäßig um 23,2 Prozent,<br />

während die Stahlproduktion<br />

mit 20,3 Prozent etwas geringer ausfiel.<br />

Während die Rohdaten auf eine<br />

weitere Verbesserung hindeuten,<br />

zeichnen die saisonalen und arbeitstäglich<br />

bereinigten Zahlen ein<br />

anderes Bild. Die Auftragseingänge<br />

waren nur 0,1 Prozent höher als im<br />

Dezember vergangenen Jahres, aber<br />

die Stahlproduktion legte um 9,3 Prozent<br />

zu. Im Dezember stiegen die<br />

Auftragseingänge stärker als die Produktion,<br />

aber auch im Vergleich über<br />

zwei Monate hinweg ist der Anstieg<br />

der Produktion höher als der Auftragseingang.<br />

Dies würde sich in den<br />

kommenden Wochen negativ auf die<br />

Stahlpreise auswirken.<br />

ZEW-Index stürzte ab<br />

Das Coronavirus schien in Europa und<br />

den USA unter Kontrolle zu sein,<br />

nachdem erste Infektionen mit dem<br />

Covid-19-Virus gemeldet worden waren.<br />

Ab dem Karnevalswochenende<br />

Ende Februar änderte sich die Situation<br />

jedoch dramatisch. Der ZEW-Index<br />

des Mannheimer Zentrums für<br />

Europäische Wirtschaftsforschung<br />

war die erste Umfrage, die auf eine<br />

Verschlechterung der Konjunkturaussichten<br />

hinwies, während sich der<br />

ifo-Index für die deutschen Geschäftserwartungen<br />

in den nächsten sechs<br />

Monaten noch stark verbesserte und<br />

auch die Indizes der Einkaufsmanager<br />

im verarbeitenden Gewerbe deutlich<br />

zulegten und sich der 50-Punkte-Schwelle<br />

näherten.<br />

Im März fiel der ZEW-Index für<br />

Deutschland von 8,7 auf -49,5 Punkte.<br />

Der entsprechende Index für die Eurozone<br />

stürzte sogar noch etwas stärker<br />

von 10,4 auf ebenfalls -49,5 Punkte<br />

ab. Nach vorläufigen Daten fiel<br />

jedoch auch das ifo-Geschäftsklima<br />

kräftig von 96,0 auf 87,7 Punkte. Ein<br />

Grund dafür ist natürlich die Beschleunigung<br />

neuer Fälle von Infektionen<br />

mit dem Coronavirus. Die vorläufigen<br />

Daten zu den Indizes der<br />

Einkaufsmanager (PMI) für März<br />

überraschten in zweifacher Hinsicht.<br />

Sowohl für das Verarbeitende Gewerbe<br />

als auch für den Dienstleistungssektor<br />

wurden deutliche Rückgänge<br />

erwartet. Der PMI bei den Dienstleistern<br />

fiel von 52,5 auf 34,5 Punkte und<br />

lag somit unter der Konsensprognose,<br />

während der Index für die Industrie<br />

nur von 48,0 auf 45,7 Punkte nachgab<br />

und deutlich über der Konsensvorhersage<br />

blieb.<br />

Aber dies sollte die Stahlbranche<br />

nicht beruhigen, sondern im Gegenteil:<br />

Die Dienstleistungen waren<br />

schneller von den Auswirkungen des<br />

Coronavirus betroffen als die Industrie.<br />

Der PMI für das Verarbeitende<br />

Gewerbe könnte also noch immer im<br />

Mai dem Dienstleistungs-PMI auf Werte<br />

deutlich unter 40 Punkten folgen.<br />

Es gibt weitere Belastungen<br />

Das Coronavirus ist aber nicht die einzige<br />

Belastung für das Wachstum der<br />

04 | <strong>2020</strong> 11


Handel & Service<br />

Marktbericht<br />

Weltwirtschaft. Auf dem Rohölmarkt<br />

herrschte bereits ein Angebotsüberhang<br />

aufgrund der Auswirkungen<br />

des Virus auf die Ölnachfrage (weniger<br />

Flüge, Verkehrsverbote in China).<br />

Als Russland jedoch die saudi-arabische<br />

Forderung nach einer Reduzierung<br />

der Ölförderung der OPEC+ um<br />

1,5 Millionen Barrel pro Tag (diese<br />

Menge übertrifft bei weitem die Abwärtsrevision<br />

der OPEC-Prognose für<br />

das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage)<br />

nicht akzeptierte, begann<br />

das Königreich einen Preiskrieg. Die<br />

Rohölpreise stürzten auf unter 25,00<br />

US-Dollar pro Barrel für Brent. Allerdings<br />

werden sich die sinkenden Ölpreise<br />

unter den derzeitigen Bedingungen<br />

in den ölverbrauchenden<br />

Industrieländern nur wenig positiv<br />

auswirken. Die Einnahmeverluste in<br />

den ölproduzierenden Ländern haben<br />

viel stärkere negative wirtschaftliche<br />

Folgen - wie der Rückgang der<br />

Ölpreise von 2014 bis 2016 unterstreicht.<br />

Da die Eurozone einen Exportüberschuss<br />

hat, sind die negativen<br />

wirtschaftlichen Aussichten für<br />

die Nachfrage aus den Schwellenländern<br />

kurzfristig eine weitere Belastung,<br />

die wahrscheinlich auch die<br />

Stahlnachfrage beeinträchtigen wird.<br />

Volkswagen war der erste deutsche<br />

Automobilhersteller, der einen<br />

Produktionsstopp wegen mangelnder<br />

USD/t<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Nachfrage ankündigte. Dies wird natürlich<br />

auch negative Auswirkungen<br />

auf die Stahlbestellungen und den<br />

Verbrauch des Unternehmens in den<br />

kommenden Wochen haben. Weitere<br />

Autohersteller sind dem gefolgt.<br />

Wenn die Stahlproduktion in Deutschland<br />

im Tempo des Januars mit einer<br />

Produktion von 3,1 Millionen Tonnen<br />

im März und im Folgemonat weitergeht,<br />

dann würde der <strong>Stahlmarkt</strong><br />

wahrscheinlich wieder ein Überangebot<br />

haben, wie es vor einem Jahr der<br />

Fall war. Aber die Stahlproduzenten<br />

haben die Lektion gelernt, und Arcelormittal<br />

hat bereits angekündigt, die<br />

Produktion von Flachstahl in Deutschland<br />

zu kürzen. Wenn andere Produzenten<br />

folgen, könnten die Preisauswirkungen<br />

der Konjunkturschwäche<br />

durch das Coronavirus und den Ölpreiskrieg<br />

begrenzt werden. Dennoch<br />

ist das Risiko eindeutig nach unten<br />

geneigt.<br />

Chinas Stahlvorräte gestiegen<br />

China hat in der dritten Märzwoche<br />

erste Daten für die Industrieproduktion<br />

im Jahr <strong>2020</strong> veröffentlicht, was<br />

zwar keine Verzögerung durch das<br />

Coronavirus darstellt, aber bereits seit<br />

einigen Jahren üblich ist, da der Jahresvergleich<br />

sonst durch das chinesische<br />

Neujahr verzerrt wird. Aber die<br />

Corona-Epidemie war natürlich der<br />

Leichter Anstieg der Eisenerzpreise führt<br />

zu Kostendruck bei Flachstahl<br />

2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />

Eisenerz SGX-Frontmonat (l.S.)<br />

Produktionskostenindex 6 Wochen Vorlauf (r.S.)<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

Index<br />

Hauptgrund für den Einbruch um<br />

13,5 Prozent. Die Konsensprognose<br />

eines Rückgangs um nur 3,5 Prozent<br />

war eher Wunschdenken. Die Rohstahlproduktion<br />

in den ersten beiden<br />

Monaten betrug jedoch 154,7 Millionen<br />

Tonnen und übertraf das Volumen<br />

des gleichen Zeitraums im Jahr<br />

2019 um 3,1 Prozent. Die Anlageinvestitionen<br />

einschließlich des Bausektors<br />

waren fast ein Viertel niedriger<br />

als vor einem Jahr. Die Maßnahmen<br />

zur Eindämmung des Virus führten zu<br />

Verzögerungen in der Bautätigkeit,<br />

die nun langsam wieder anzieht. Daher<br />

ist es nicht verwunderlich, dass<br />

die Stahlvorräte bei höherer Produktion<br />

und sinkender Nachfrage stiegen.<br />

Allerdings war bei Betonstahl in<br />

der dritten Märzwoche auch wieder<br />

ein leichter Rückgang zu verzeichnen.<br />

Da die Stahlwerke jedoch erwarteten,<br />

dass die Nachfrage wieder steigen<br />

wird, ging der Exportpreis für Betonstahl<br />

seit den ersten Fällen von Infektionen<br />

mit dem Covid-19-Virus per<br />

Saldo nur um 1,1 Prozent zurück.<br />

Der Anstieg der Rohstahlproduktion<br />

im Januar und Februar hatte auch<br />

Auswirkungen auf die Nachfrage<br />

nach Eisenerz, die die Preise stützte.<br />

Darüber hinaus spekulierte der Markt<br />

auf weitere Konjunkturmaßnahmen<br />

der Regierung und damit auf eine<br />

weiterhin hohe Nachfrage der Stahlwerke.<br />

Dies spiegelt sich nicht nur im<br />

Rückgang der Eisenerzbestände wider,<br />

die nach Angaben des Beratungsunternehmens<br />

SteelHome auf 123,8<br />

Millionen Tonnen abnahmen. Darüber<br />

hinaus stiegen die chinesischen Eisenerzeinfuhren<br />

in den ersten beiden<br />

Monaten um 1,5 Prozent auf 176,8<br />

Millionen Tonnen. Die gute Nachfrage<br />

führte zu einem Anstieg des Mai-Kontrakts<br />

für Eisenerz an der Dalian Commodity<br />

Exchange (DCE) auf 692,0<br />

Yuan pro Tonne, was einen neuen<br />

Höchststand des Jahres <strong>2020</strong> darstellte.<br />

Auch der Terminkontrakt an der<br />

Börse von Singapur, der die internationale<br />

Benchmark darstellt, stieg um<br />

6,5 Prozent auf 86,71 US-Dollar für die<br />

Lieferung in drei Monaten.<br />

12 04 | <strong>2020</strong>


Marktbericht<br />

Handel & Service<br />

Mit der steigenden Stahlproduktion<br />

wurden auch die Kohlepreise in China<br />

unterstützt. Auch der Mai-Kontrakt<br />

für Kokskohle erreichte mit 1.299,0<br />

Yuan pro Tonne einen neuen Höchststand<br />

für <strong>2020</strong>. Der zukunftsgerichtete<br />

Abschluss (Future) auf Koks mit<br />

gleicher Laufzeit stieg ebenfalls, blieb<br />

aber unter dem im Januar erreichten<br />

Hoch. Der Preis für hochwertigen<br />

Koks aus Australien für deutsche Importeure<br />

erhöhte sich auch und legte<br />

um 3,8 Prozent auf 170,53 US-Dollar<br />

pro Tonne zu. Trotz höherer Preise für<br />

die beiden wichtigsten Stahlrohstoffe<br />

ging der Index von MBI Research für<br />

die Produktionskosten über das<br />

BOF-Verfahren in den ersten beiden<br />

Märzwochen um 3,5 Prozent zurück,<br />

was vor allem auf einen festeren Euro<br />

gegenüber dem US-Dollar zurückzuführen<br />

ist. Da der Euro jedoch wieder<br />

schwächer geworden ist, war dieser<br />

Rückgang der Produktionskosten nur<br />

von kurzer Dauer. Über die letzten<br />

vier Wochen gab der Kostenindikator<br />

nur noch um 0,6 Prozent nach.<br />

Schrottpreise niedriger<br />

Rückgang des Index der Einkaufsmanager signalisiert Preisdruck bei Stahl<br />

Index<br />

65<br />

60<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

2008 2010 2012 2014 2016 2018<br />

PMI Manufacturing Eurozone Vorlauf 1 Monat (l.S.)<br />

Warmbreitband Deutschland %Preisänderung ggü. vor 12 Monaten (r.S.)<br />

Bei der Stahlproduktion im EAF-Verfahren<br />

sind die Preise für Stahlschrott<br />

in den ersten zwei Wochen im März<br />

um 1,1 Prozent für Material in den<br />

Häfen der ARA-Region (Amsterdam-<br />

Rotterdam-Antwerpen) sowie für Importe<br />

in die Türkei gesunken. Der<br />

Euro wertete jedoch um 3,1 Prozent<br />

auf, sodass der Preis in Euro pro Tonne<br />

deutlich stärker fiel. Dies erklärt<br />

auch weitgehend den Rückgang des<br />

Produktionskostenindexes um 5,1<br />

Prozent. Der Vier-Wochen-Vergleich<br />

fällt allerdings doppelt so hoch aus.<br />

Es besteht zudem die Gefahr, dass der<br />

Stahlschrottpreis in den kommenden<br />

Wochen wesentlich stärker fällt.<br />

Wenn die Stahlhersteller die Produktion<br />

drosseln, sind die Elektrolichtbogenöfen<br />

in der Regel billiger wieder<br />

in Betrieb zu nehmen, was sie für ein<br />

erstes Abschalten attraktiv macht. Allerdings<br />

sind auch die Strompreise<br />

deutlich gesunken. Der Großhandelspreis<br />

für das Cal 21 auf dem deutschen<br />

Markt sank für die Grundlast von 40,84<br />

Euro am 4. März bis auf 33,20 Euro pro<br />

Megawattstunde zum Beginn der letzten<br />

Woche im März. Wenn die Stahlproduzenten<br />

den Strompreis abgesichert<br />

haben und nun aufgrund der<br />

Auswirkungen des Coronavirus die<br />

Produktion drosseln würden, könnte<br />

der Stromverbrauch unter dem abgesicherten<br />

Betrag liegen. Dann müsste<br />

die überhöhte Menge zu weitaus niedrigeren<br />

Preisen verkauft werden, was<br />

auch die Produktionskürzungen weniger<br />

attraktiv machen könnte. Dennoch<br />

ist das Risiko für die Produktionskosten<br />

der EAF nach unten gerichtet, was<br />

die Preise für Langstahl in den nächsten<br />

Wochen oder sogar Monaten belasten<br />

könnte.<br />

*Der Autor ist Senior Analyst beim<br />

Informationsdienstleister MBI.<br />

75<br />

50<br />

25<br />

0<br />

-25<br />

-50<br />

-75<br />

-100<br />

-125<br />

%<br />

•<br />

04 | <strong>2020</strong> 13


Handel & Service<br />

International<br />

Ein Beispiel von vielen für den Stand<br />

der Verkehrsinfrastruktur in den USA:<br />

Eisenbahnbrücke mit Rissen<br />

und bröckelndem Beton<br />

Fotos (2): Shutterstock<br />

US-Stahlindustrie verlangt mehr<br />

Hilfe von Washington<br />

Unternehmenschefs und Gewerkschaftsführer wollen massiven<br />

Infrastrukturplan und zusätzliche Importzölle<br />

New York. Im Wahlkampf vor vier Jahren versprach der damalige US-Präsidentschaftskandidat<br />

Donald Trump massive Investitionen in Amerikas veraltete Infrastruktur in Höhe von einer Billion<br />

US-Dollar. Im vergangenen Jahr schienen sich Trump und führende Demokraten im Kongress auf<br />

einen Multijahresplan in Höhe von zwei Billionen US-Dollar unter anderem für die Modernisierung<br />

und den Neubau von See- und Flughäfen, Straßen, Brücken und öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

im Nah- und Fernverkehr zu einigen. Aber im Streit um ein drohendes Impeachmentverfahren<br />

gegen ihn brach Trump die Verhandlungen abrupt ab, sodass sein Wahlkampfversprechen<br />

nicht eingelöst werden konnte – eine große Enttäuschung für den Stahlsektor, wo man auf maßgebliche<br />

Aufträge gehofft hatte.<br />

Von unserer New Yorker Korrespondentin Brigitte Nacos<br />

Acht Monate vor den Novemberwahlen<br />

nutzten die Firmenlenker<br />

führender Stahlunternehmen<br />

und Gewerkschaftsführer<br />

eine Anhörung vor der<br />

Stahlfraktion im Kongress, um auf ein<br />

umfassendes Infrastrukturpaket zu<br />

drängen. »Amerika braucht dringend<br />

ein nationales Infrastrukturgesetz,<br />

das Geld zeitgemäß bereitstellt, um<br />

Arbeitsplätze zu schaffen und zu<br />

schützen«, appellierte John Brett,<br />

CEO von Arcelor-Mittal USA. Thomas<br />

M. Conway, Präsident der Gewerkschaft<br />

United Steelworkers (USW),<br />

14 04 | <strong>2020</strong>


International<br />

Handel & Service<br />

schlug in die gleiche Kerbe. Neben<br />

den Stahltarifen, so betonte er, brauche<br />

eine gesunde Stahlindustrie eine<br />

starke Nachfrage für ihre Produkte.<br />

Der Kongress könne diese Nachfrage<br />

durch dringend notwendige Investitionen<br />

in die nationale Infrastruktur<br />

und das Transportwesen ankurbeln.<br />

Rufe nach zusätzlichen Zöllen<br />

Verschiedene Ausschüsse im von Demokraten<br />

angeführten Repräsentantenhaus<br />

arbeiteten seit geraumer Zeit<br />

an einem umfassenden Infrastrukturplan,<br />

der laut Sprecherin Nancy Pelosi<br />

transformative Änderungen und<br />

Verbesserungen in Gemeinden jeder<br />

Größenordnung und in allen Teilen<br />

des Landes versprach. Der 19 Seiten<br />

lange Fünfjahresplan sah Ausgaben<br />

in Höhe von 760 Milliarden US-Dollar<br />

vor und regelte nicht nur traditionelle<br />

Infrastrukturprojekte, sondern<br />

auch die Reduzierung der Luftverschmutzung<br />

durch den Ausbau grüner<br />

Energiequellen. Die Demokraten<br />

rechneten nicht damit, dass sie eine<br />

Einigung mit der Mehrheit der Republikaner<br />

im Senat und Trump erreichen<br />

würden. Aber sie planten für die<br />

kommenden Monate eine Reihe von<br />

Abstimmungen über Teile des Infrastrukturplans,<br />

um die Wähler und<br />

Interessenverbände an Trumps nicht<br />

eingelöstes Versprechen zu erinnern.<br />

Während die meisten Vertreter aus<br />

dem Stahlsektor die Verhängung der<br />

Vor vier Jahren versprach Donald Trump<br />

Investitionen in Höhe von einer Billion<br />

US-Dollar in Amerikas veraltete Infrastruktur.<br />

Stahlimportzölle in Höhe von 25 Prozent<br />

lobten und sich für das Fortsetzen<br />

dieser seit dem Frühjahr 2018<br />

bestehenden Zölle starkmachten,<br />

drängten einige Unternehmenschefs<br />

sogar auf zusätzliche Einfuhrgebühren.<br />

Das galt vor allem für Lourenco<br />

Goncalves, Chair und CEO von Cleveland<br />

Cliffs, dessen Unternehmen<br />

im März das integrierte Stahlunternehmen<br />

AK Steel für drei Milliarden<br />

US-Dollar erwarb. Er<br />

drohte mit der Schliessung von<br />

zwei AK-Steel-Werken, sofern<br />

die Regierung Trump keinen<br />

Schutz für die dort produzierten<br />

Elektro stahlprodukte gewähre.<br />

Goncalves sagte ferner, dass er<br />

US-Handelsminister Wilbur Ross vor<br />

der Schließung der beiden Werke in<br />

Pennsylvania und Ohio warne, weil<br />

beide nicht profitabel seien. Insgesamt<br />

würde die Schließung der Betriebe<br />

den Verlust von 1 600 Stahlarbeiterjobs<br />

besiegeln – und das in Bundesstaaten,<br />

in denen sich Republikaner<br />

und Demokraten in diesem Jahr erneut<br />

ein Kopf-an-Kopf-Renen um den<br />

Einzug ins Weiße Haus liefern.<br />

Goncalves droht mit<br />

Werksschließungen<br />

Trump verbuchte einen weiteren Erfolg<br />

im Rechtsstreit um die Verfassungsmäßigkeit<br />

der von ihm genutzten<br />

US-Section 232, um im Namen der<br />

nationalen Sicherheit Zölle gegen<br />

Stahl- und Aluminumeinfuhren zu<br />

verhängen. Vor einem Jahr urteilte<br />

der amerikanische Gerichtshof für<br />

Internationalen Handel, dass die Section<br />

232 als Basis für die umstrittenen<br />

Zölle verfassungsgemäß gewesen sei.<br />

Kürzlich hat das Berufungsgericht in<br />

Washington das Urteil bestätigt.<br />

Tatsächlich war das Urteil nicht nur<br />

ein Erfolg für Trump, sondern auch<br />

für amerikanische Stahlhersteller und<br />

ihre Belegschaften. So lobte auch der<br />

Präsident und CEO des »American<br />

Iron and Steel Institute«, Thomas Gibson,<br />

das Urteil des Berufungsgerichts<br />

als Bestätigung der legalen Grundlage<br />

für die Zölle auf Importstahl. Er<br />

bezeichnete die Klage der Stahlimporteure<br />

als grundlos und Versuch,<br />

den Schaden steigender ausländischer<br />

Stahleinfuhren zu verdecken.<br />

»Amerika braucht<br />

dringend ein nationales<br />

Infrastrukturgesetz, das Geld<br />

zeitgemäß bereitstellt, um<br />

Arbeitsplätze zu schaffen<br />

und zu schützen.«<br />

John Brett, CEO von<br />

Arcelor-Mittal USA<br />

Heißer Kampf für und wider<br />

Importzölle<br />

Ein heißer Kampf für und wider Importzölle<br />

brach indessen unter den<br />

größten Herstellern von Rostfrei-Produkten<br />

im Land aus. Die Kontroverse<br />

begann, als Allegheny Technologies<br />

im US-Handelsministerium eine Zollbefreiung<br />

für unbehandelte Edelstahl-Importe<br />

aus Indonesien beantragte.<br />

Das Werk in Indonesien gehört<br />

dem großen chinesischen<br />

Unternehmen Tsingshan Holding<br />

Group, mit dem Allegheny Technology<br />

in einem Joint Venture in der Nähe<br />

von Pittsburgh Edelstahlprodukte<br />

herstellt, unter anderem für die Verteidungsindustrie.<br />

Allegheny droht<br />

mit der Schließung des Joint-Venture-<br />

Werks, in dem 100 Arbeiter beschäftigt<br />

sind, sofern das US-Handelsministerium<br />

die Zölle nicht streicht. Zwei<br />

andere Rostfrei-Produzenten, North<br />

American Stainless und Outokumpu<br />

Oyj Steel, plädierten nicht nur gegen<br />

die Aufhebung der Zölle auf einschlägige<br />

Importe aus Indonesien, sondern<br />

forderten zusätzliche Zölle gegen<br />

diese Einfuhren, die ihre eigene Existenz<br />

bedrohen würden. Beide Unternehmen<br />

betrachten den von Allegheny<br />

importierten unbehandelten Edelstahl<br />

als Einfuhren, die von der<br />

chinesischen Regierung subventioniert<br />

werden.<br />

•<br />

04 | <strong>2020</strong> 15


Handel & Service<br />

Know-how<br />

Inkasso im Zeichen der<br />

Corona-Krise<br />

Bremer Inkasso: Verantwortung ist gefragt<br />

Bremen. Nicht nur in der Stahlbranche leiden Industrie- und Handelsunternehmen zunehmend<br />

unter der Corona-Krise. Da liegt die Frage nahe, wie man mit offenen Forderungen umgehen soll.<br />

Bernd Drumann, Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, beantwortet im Folgenden einige<br />

Fragen zum Umgang mit Forderungen in Zeiten von Corona.<br />

Kann ein Kunde die Ware<br />

zurückgeben, weil er sie<br />

wegen Corona nicht<br />

mehr verkaufen kann?<br />

Bernd Drumann: Nein. Ich<br />

hatte tatsächlich kürzlich<br />

ein Gespräch mit einem<br />

Mandanten, Chef eines<br />

kleineren Unternehmens,<br />

bei dem eine große Handelskette<br />

im Elektronikbereich<br />

Ware im Wert von<br />

rund 10 000 Euro bestellt<br />

hatte. Der Unternehmer, unser Mandant,<br />

hat den Auftrag bestätigt, hatte<br />

fristgerecht geliefert, und nun<br />

möchte die Handelskette die Ware<br />

nicht mehr behalten. Sie erwartet<br />

vielmehr von ihm die Rücknahme derselben,<br />

weil sie sie wegen der Schließung<br />

der Märkte nicht mehr benötigen.<br />

Die Bezahlung der Rechnung<br />

wurde abgelehnt.<br />

Für das kleine Unternehmen geht<br />

es hiermit nun auch um die eigene<br />

Existenz. Es ist gerade jetzt dringend<br />

auf den Geldeingang angewiesen.<br />

Rechtlich betrachtet ist ein wirksamer<br />

Vertrag zustande gekommen. Daran<br />

ändert auch die Krise nichts. Einen<br />

Anspruch auf Rücknahme der Ware<br />

hat die Handelskette nicht, wenn im<br />

Vertrag nicht etwas anderes vereinbart<br />

wurde. Sie ist vielmehr verpflichtet,<br />

ihren Teil der Vereinbarung einzuhalten<br />

und muss die Rechnung<br />

zahlen. Gleichwohl kann aber die<br />

Rücknahme der Ware gegebenenfalls<br />

sinnvoll sein, jedenfalls wenn sie für<br />

Bernd Drumann,<br />

Geschäftsführer<br />

der Bremer Inkasso<br />

GmbH<br />

Foto: Bremer Inkasso GmbH<br />

den Unternehmer verwertbar<br />

ist und unter<br />

keinen Umständen damit<br />

zu rechnen ist, dass<br />

der Abnehmer sich erholt,<br />

sondern ihm gar<br />

die Insolvenz droht.<br />

Wie beauftrage ich<br />

ein Inkassounternehmen<br />

oder Rechtsanwalt<br />

in Zeiten von<br />

Corona?<br />

Drumann: Generell benötigen wir für<br />

eine Beauftragung durch den Gläubiger<br />

lediglich eine Kopie der Rechnung<br />

oder einen Kontoauszug sowie<br />

eine Kopie der ersten Mahnung oder<br />

aber Angabe der Mahndaten. Ein<br />

Rechtsanwalt wird in der Regel mit<br />

den gleichen Unterlagen auskommen.<br />

Nach eingehender Prüfung, ob<br />

Zahlungsverzug vorliegt und die Forderung<br />

rechtens ist, wird die Forderung<br />

meist noch am selben Tag bearbeitet.<br />

Die Beauftragung kann schnell<br />

formlos per Mail erfolgen. Ein persönliches<br />

Erscheinen ist also nicht nur<br />

in Zeiten von Corona absolut nicht<br />

erforderlich. Einige Inkassounternehmen<br />

erwarten aber zum Beispiel eine<br />

Mitgliedschaft und Beiträge, bevor<br />

sie tätig werden, andere verkaufen<br />

Auftragszettel, Coupons, eine Art Rabattsystem,<br />

bei wieder anderen läuft<br />

eine Auftragserteilung nur online.<br />

Man sollte sich also vor der Beauftragung<br />

beim jeweiligen Dienstleister<br />

über die Konditionen informieren.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Drumann: Wohl weitaus unspektakulärer<br />

als allgemein und gern berichtet<br />

wird. Bei uns zum Beispiel beginnt<br />

alles mit der ersten schriftlichen Zahlungsaufforderung<br />

an den Schuldner,<br />

der gegebenenfalls weitere folgen.<br />

Daneben wird durch psychologisch<br />

geschultes Personal ein telefonisches<br />

Mahnverfahren durchgeführt, respektvoll<br />

und höflich, aber auch konsequent.<br />

In Zeiten von Corona wird<br />

man hier allerdings mit noch mehr<br />

Fingerspitzengefühl vorgehen müssen.<br />

Ein Inkassounternehmen ist, anders<br />

als ein Gläubiger vielleicht, vom<br />

»guten alten Geschäftskumpel« emotional<br />

nicht erpressbar. Die Mitarbeiter<br />

schlagen gegebenenfalls Lösungsmöglichkeiten<br />

vor, setzen Termine<br />

und sind klar und eindeutig. Das alleine<br />

reicht oft schon, um unnötige<br />

Prozesse zu vermeiden. Wie es dann<br />

im Einzelnen weitergeht, hängt vom<br />

jeweiligen Fall und der aktuellen Situation<br />

ab.<br />

»Außentermine zwecks<br />

Pfändung finden in der<br />

Corona-Krise teilweise nicht<br />

mehr statt. Auch Termine zur<br />

Abnahme der Vermögen-<br />

sauskunft werden zum Teil<br />

abgesetzt.«<br />

16 04 | <strong>2020</strong>


Know-how<br />

Handel & Service<br />

Wenn man über<br />

Geld spricht:<br />

Was kostet das<br />

Ganze?<br />

Drumann: Da<br />

die Konditionen<br />

im Einzelnen<br />

durchaus unterschiedlich<br />

aussehen<br />

können, sollte man sich<br />

vor der Beauftragung beim<br />

gewählten Unternehmen danach erkundigen,<br />

gegebenenfalls auch Kostenstrukturen<br />

mehrerer Inkassobüros<br />

vergleichen. Bei seriösen Unternehmen<br />

wird offen über Geld gesprochen,<br />

sind die einzelnen Posten klar<br />

geregelt und werden transparent<br />

kommuniziert. Was den Forderungseinzug<br />

angeht, gibt es generell zwei<br />

Varianten: Entweder kann die Forderung<br />

realisiert werden oder nicht.<br />

War der Einzug auf ganzer Linie erfolgreich,<br />

bekommt der Mandant<br />

zum Beispiel bei uns seine Hauptforderung<br />

im Normalfall zu 100 Prozent<br />

ausbezahlt. Lag Zahlungsverzug vor,<br />

hat der Schuldner die dafür entstehenden<br />

Kosten als Verzugsschaden<br />

zu zahlen. Bei Nichterfolg im vorgerichtlichen<br />

und gerichtlichen Mahnund<br />

Vollstreckungsverfahren zahlt<br />

»Die Gerichtsvollzieher<br />

sind einem besonders<br />

hohen Ansteckungsrisiko<br />

ausgesetzt.<br />

Ihre Tätigkeit entsprechend<br />

einzuschränken ist daher<br />

vernünftig.«<br />

der Mandant, ich<br />

spreche hier für<br />

uns, kein Honorar.<br />

Es wird ihm<br />

lediglich eine<br />

nach dem Wert<br />

der Hauptforderung<br />

gestaffelte<br />

Nichterfolgspauschale<br />

zwischen zehn und<br />

maximal 100 Euro nebst den<br />

baren Auslagen berechnet.<br />

Was ist, wenn der Rechtsdienstleister<br />

vorgerichtlich keine Lösung<br />

findet?<br />

Drumann: In so einem Fall bleibt<br />

dann meist nur der Weg über das gerichtliche<br />

Mahn- und Vollstreckungsverfahren.<br />

Das muss natürlich immer<br />

gut überlegt werden und bedarf in<br />

der Regel einer Analyse der Bonität,<br />

etwa durch Einholung einer Wirtschaftsauskunft<br />

– erst recht in Zeiten<br />

von Corona.<br />

Funktioniert das Verfahren über<br />

den Gerichtsvollzieher überhaupt<br />

noch in der Krise?<br />

Drumann: In der Tat gibt es hier Probleme.<br />

Außentermine zwecks Pfändung<br />

finden teilweise nicht mehr<br />

statt. Auch Termine zur Abnahme der<br />

Vermögensauskunft werden zum Teil<br />

abgesetzt. Die Gerichtsvollzieher sind<br />

eben einem besonders hohen Ansteckungsrisiko<br />

ausgesetzt. Ihre Tätigkeit<br />

entsprechend einzuschränken ist<br />

daher vernünftig.<br />

Ergibt ein gerichtliches Verfahren<br />

mit anschließender Zwangsvollstreckung<br />

dann überhaupt einen Sinn?<br />

Drumann: Abgesehen davon, dass<br />

überhaupt nur für rund 30 Prozent<br />

der uns übertragenen Fälle ein Mahnund<br />

Vollstreckungsverfahren eingeleitet<br />

werden muss (rund 70 Prozent<br />

können vorgerichtlich einer Erledigung<br />

zugeführt werden), werden<br />

Gerichtsvollzieher aber schriftlich<br />

weiter tätig sein. Zu einem Teil erfolgt<br />

die Ladung – zwecks Abnahme<br />

der Vermögensauskunft – auch ins<br />

Gerichtsvollzieherbüro. Erscheint der<br />

Schuldner dort nicht, kann der<br />

Rechtsdienstleister Drittauskünfte gemäß<br />

Paragraf 802l Zivilprozessordnung<br />

zum Beispiel über Arbeitgeber<br />

und Bankverbindungen einholen lassen<br />

und dann dort eine Forderungspfändung<br />

ausbringen. •<br />

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04 | <strong>2020</strong> 17


Industrie & Technologie<br />

International<br />

Retter in der Not<br />

Wenn das Blech zum Messer wird<br />

18 04 | <strong>2020</strong>


International<br />

Industrie & Technologie<br />

Korntal-Münchingen. Die Bergung havarierter<br />

Schiffe muss schnell erfolgen<br />

– erst recht, wenn diese in einer viel<br />

befahrenen Hafenzufahrt gesunken<br />

sind. Für die Demontage eines gesunkenen<br />

Containerschiffs im Eingang<br />

eines libyschen Hafens benötigte der<br />

niederländische Bergungsspezialist<br />

Koole Contractors dringend zwei 7 700<br />

Millimeter lange, 1 900 Millimeter<br />

breite und 150 Millimeter dicke Stahlbleche.<br />

Mit der baden-württembergischen<br />

Jebens GmbH wandte er sich an<br />

ein Stahlbauunternehmen, das solche<br />

Bleche lagermäßig bereithält und in<br />

kurzer Zeit bearbeiten kann.<br />

Auch bei der Bergung navarierter<br />

Schiffe kommen Stahlbleche zum<br />

Einsatz. Gesunkenes Frachtschiff<br />

vor der Hafenstadt Feodossija,<br />

Autonome Republik Krim (Ukraine).<br />

Foto: Shutterstock<br />

04 | <strong>2020</strong> 19


Industrie & Technologie<br />

International<br />

Paul Koole gründete 1988 in Vijfhuizen Koole Contractors.<br />

Heute zählt das von ihm geführte Familienunternehmen<br />

in den Benelux-Ländern zu den führenden<br />

Unternehmen für Abbrucharbeiten in der chemischen,<br />

petrochemischen, Energie- und Metallindustrie.<br />

Eine führende Rolle nimmt die Firma eigenen Angaben<br />

zufolge auch international bei der Beseitigung havarierter<br />

Schiffe ein. Mit 120 Mitarbeitern ist der Spezialbetrieb<br />

weltweit im Einsatz. Herausfordernde Projekte und deren<br />

Lösungen mit entsprechend schwerer Ausrüstung kennzeichnen<br />

das Tagesgeschäft. Die Beseitigung des Wracks<br />

eines Containerschiffs in einer Hafenzufahrt war dennoch<br />

für Koole Contractors alles andere als Alltag. Mit 140<br />

Metern länge und 23 Metern Breite war es – gemessen an<br />

den heute erreichten Ausmaßen dieser Schiffe – nur mittelgroß.<br />

Allerdings erforderte die Havarie in der frequentierten<br />

Hafenzufahrt eine schnelle Wrackbeseitigung, um<br />

den Schiffsverkehr in diesem sensiblen Bereich nicht zu<br />

gefährden. Zusätzlich erschwert wurde der Wettlauf gegen<br />

die Zeit durch die politisch instabile Lage in Libyen<br />

sowie witterungs- und jahreszeitbedingt herausfordernde<br />

Binnen zwei Tagen waren die je 7 700 Millimeter langen,<br />

1 900 Millimeter breiten und 150 Millimeter dicken Bleche<br />

von Jebens fertig bearbeitet zum Transport.<br />

Wasser- und Windverhältnisse. Da zugleich jeder Einsatztag<br />

von Mannschaft und Bergungsausrüstung mit hohen<br />

Kosten verbunden ist, muss auch bei so schwierigen Rahmenbedingungen<br />

maximale Produktivität gewährleistet<br />

sein.<br />

Herkulesaufgabe für Mensch und Technik<br />

Bei einem Totalausfall wie bei dem Containerschiff vor<br />

Libyen wird der Havarist zunächst vor Ort entladen und<br />

Fotos (3): Jebens GmbH<br />

In kürzester Zeit lieferte Jebens die beiden Bleche mit Brennschnitt.<br />

20 04 | <strong>2020</strong>


International<br />

Industrie & Technologie<br />

Der Brennschneidspezialist Jebens bearbeitete die enorm<br />

großen und dicken Bleche.<br />

und Verputzen. Beide Bleche mussten in der Folgewoche<br />

am Freitag im Hafen von Malta das Schiff nach Libyen<br />

erreichen. Bereits um 15.20 Uhr habe Koole Contractors<br />

am Tag der Anfrage das Angebot von Jebens mit einer<br />

Lieferzeit von vier Tagen vorgelegen, so Jebens. Um 16<br />

Uhr habe der Brennschneidspezialist den Auftrag erhalten<br />

und ihn am Freitagmorgen um 8 Uhr mit Bereitstellung<br />

der Bleche am späten Montagnachmittag bestätigt. Fristgerecht<br />

habe der Spediteur die fertig bearbeiteten Bleche<br />

zum Transport nach Malta übernommen. •<br />

häufig anschließend direkt in seine Einzelteile zerlegt. So<br />

können die Fragmente des Stück für Stück auseinandergeschnittenen<br />

Kolosses einzeln gehoben und abtransportiert<br />

werden. Eine Herkulesaufgabe, die entsprechend<br />

hohe Anforderungen an die Spezialisten und ihre Ausrüstung<br />

stellt. Als Schneidwerkzeug dient ein möglichst<br />

großes und schweres Blech, das an einem Spezialkran<br />

hochgezogen und in großer Höhe ausgeklinkt wird. Durch<br />

die Fallhöhe – im libyschen Hafen auf acht Meter Wassertiefe<br />

– und das Eigengewicht verwandelt sich das Blech in<br />

ein hocheffektives Trennwerkzeug. Die dabei einwirkenden<br />

Kräfte setzen ihm ebenso wie die Wassertiefe und<br />

der Salzgehalt im Wasser langsam aber stetig zu, sodass<br />

es am Lebenszyklusende unvermutet brechen kann. Ein<br />

solcher Spontanbruch passierte bei dem Einsatz von Koole<br />

Contractors im lybischen Hafen. Um dennoch weiterarbeiten<br />

zu können, schnitt der Bergungsspezialist das Blech<br />

an der Bruchstelle ab – mit der Folge, dass es für die benötigte<br />

Durchschlagkraft nicht mehr das erforderliche<br />

Gewicht hatte. Da alle anderen Bleche bei Parallelprojekten<br />

von Koole Contractors in Norwegen, in den Niederlanden<br />

und bei den amerikanischen Jungferninseln östlich<br />

von Puerto Rico in der Karibik im Einsatz waren, musste<br />

dringend Ersatz beschafft werden.<br />

www.jebens.de<br />

Verkürzte Lieferzeiten durch klare Prozessabläufe<br />

Eine Lösung bot Jebens mit dem Instrument der Speed-Aufträge.<br />

Für ausgewählte Aufträge – in begrenzter Anzahl<br />

und mit geringer Komplexität – bietet der Brennschneidspezialist<br />

extrem verkürzte Lieferzeiten. Basis<br />

dafür sind nach Unternehmensangaben ein klar definierter<br />

Prozessablauf von der Auftragsannahme bis zur Warenübergabe<br />

und eines der größten Lager in Europa an<br />

großen und 150 oder mehr Millimeter dicken Blechen. An<br />

einem Donnerstagmittag ging bei Jebens um 14 Uhr die<br />

Anfrage von Koole Contractors ein. Sie umfasste zwei<br />

Bleche mit einem Gewicht von 18 Tonnen, Brennschnitt<br />

inklusive Lochanfertigung für die Aufhängung der Bleche<br />

Das Blech dient als Schneidwerkzeug zur Zerlegung des<br />

Havaristen.<br />

Foto: Watse Roorda<br />

04 | <strong>2020</strong> 21


Industrie & Technologie<br />

International<br />

188 Bleche für die Tho<br />

Innovative Schweißnahtvorbereitung für Stahlbogenbrücke im Rotterdamer Hafen<br />

22 04 | <strong>2020</strong>


International<br />

Industrie & Technologie<br />

massentunnelbrücke<br />

Das 3-D-Modell der Thomassentunnelbrücke<br />

am finalen Standort<br />

Dillingen/Saar. Die Thomassentunnelbrücke<br />

im Rotterdamer Hafen ist mit 4 200 Tonnen<br />

verbautem Grobblech zugleich die größte<br />

Brücke in der Unternehmensgeschichte<br />

der Hollandia B.V., einer führenden niederländischen<br />

Stahlbaugruppe für Infrastrukturprojekte.<br />

Gemeinsam mit der Dillinger<br />

Weiterverarbeitung entwickelte die Unternehmenstochter<br />

Hollandia Infra ein neues<br />

Design für die Schweißnahtvorbereitung für<br />

den Stahlbau. Das ermöglichte die Lieferung<br />

von 188 Blechen – bis zu 120 Millimeter dick<br />

und 17 Meter lang.<br />

Bilder: Hollandia Infra (5)<br />

04 | <strong>2020</strong> 23


Industrie & Technologie<br />

International<br />

Die 1928 gegründete Hollandia B.V mit Hauptsitz in<br />

Krimpen aan den IJssel und mehr als 350 Mitarbeitern<br />

ist spezialisiert auf Entwicklung und Bau von<br />

komplexen Stahlkonstruktionen wie Brücken, Schleusen<br />

oder Hochwasserschutzanlagen. Auch Bauwerke wie das<br />

London Eye, das Wembley Stadion, der 162 Meter hohe<br />

Aussichtsturm British Airways i360 in Brighton oder die<br />

Renovierung der Wuppertaler Schwebebahn zählen zu<br />

den Referenzen des Unternehmens. Mehr als 500 in den<br />

vergangenen Jahrzehnten gebaute Brücken in Nordwesteuropa<br />

– ein Viertel davon für den Eisenbahnverkehr –<br />

unterstreichen die Expertise im Brückenbau. Seit rund<br />

zehn Jahren ist die Hollandia Infra mit 100 Mitarbeitern<br />

verantwortlich für diese Art von Projekten. Mit dem Bau<br />

der Thomassentunnelbrücke ist sie an einem Infrastrukturprojekt<br />

im Rotterdamer Hafen beteiligt. Ein Konsortium<br />

aus fünf Bauunternehmen – darunter auch Hollandia<br />

Infra – wurde mit dem Unterbau der sogenannten<br />

Theemswegtrasse für den Eisenbahnverkehr beauftragt.<br />

Die Verlegung des Schienenverkehrs auf diese Trasse soll<br />

den zunehmenden Güterverkehr zwischen dem westlichen<br />

Hafengebiet und der Betuweroute nach Deutschland<br />

verbessern. Bisher führte die Strecke über die Calandbrücke<br />

bei Rozenburg – eine Hubbrücke für Bahn- und Straßenverkehr<br />

–, die derzeit regelmäßig für den Schiffsverkehr<br />

vom und zum Brittanniëhaven geöffnet wird. Künftig<br />

nutzt der Schienenverkehr die neue Trasse mit zwei<br />

Foto: Dillinger Weiterverarbeitung<br />

Die Schweißnahtvorbereitung der Dillinger Weiterverarbeitung<br />

kombiniert eine sehr flache Verjüngung und eine Tulpenformkante<br />

bei sehr dicken und langen Blechen.<br />

Brücken. Eine davon ist die zweigleisige Thomassentunnelbrücke,<br />

die über den gleichnamigen Autotunnel führt.<br />

Herausfordernde Konstruktion<br />

Das mit dem Bau dieser Stahlbogenbrücke für Hollandia<br />

verbundene Aufgabenspektrum war komplex: So reichte<br />

es von der Detailplanung über Materialbeschaffung, Produktion<br />

der Brückenkomponenten und abschnittsweise<br />

Montage der Bogenbrücke auf der unmittelbar an den<br />

Vier Mobilkrane hoben die Bogenabschnitte auf das jeweilige Deckelement, um die Komponenten zu verschweißen.<br />

24 04 | <strong>2020</strong>


International<br />

Industrie & Technologie<br />

Die Kombisektion aus dem mittlerem Brückendeck und Bogen wurde für den Transport zur Montagefläche vorbereitet.<br />

finalen Standort angrenzenden Montagefläche bis hin zur<br />

Installation der kompletten Brücke am endgültigen Platz.<br />

Die eigentliche Herausforderung dabei war jedoch aus<br />

Sicht des verantwortlichen Projektmanagers bei Hollandia,<br />

Guus Olierook, die Ausarbeitung der Montagepläne: »Die<br />

Frage war: Wie kommt diese große Brücke zum Montageplatz<br />

direkt neben dem Tunnel und von dort an ihren<br />

finalen Standort?« Die Montage musste zudem inmitten<br />

eines dicht bebauten Industriegebietes mit einer Vielzahl<br />

an Unternehmen erfolgen – darunter auch petrochemische<br />

Betriebe mit entsprechend sensibler unterirdischer<br />

Kabel- und Rohrleitungsinfrastruktur. Hollandia entschied<br />

sich für einen maximalen Vorfertigungsgrad in der eigenen<br />

Werft, um so die Transporte zum Montageort zu<br />

minimieren. So unterteilte der Stahlbauer die Brückenkonstruktion<br />

in fünf Sektionen, die erst nach ihrem Transport<br />

am Montageplatz miteinander verbunden wurden.<br />

Die komplett zusammengebaute Brücke wird im Mai <strong>2020</strong><br />

mit einem einzigen großen Transportvorgang mit speziellen<br />

Schwerlastmodulen – sogenannten Selbstfahrern<br />

oder SPMT – an ihrem endgültigen Platz installiert. Bei<br />

der Dimensionierung der Sektionen galt es für den Stahlbauer<br />

auch, die Größe seiner Lackiererei zu beachten: Kein<br />

Bauteil durfte länger als 60 Meter sein. Hollandia Infra<br />

konzipierte drei der fünf Sektionen als Kombinationen<br />

aus je einem Brückendeck- und Bogenabschnitt. In der<br />

Fertigung entstand zunächst jeweils das Bogenteil, unter<br />

dem anschließend der Bau des Brückendecks erfolgte.<br />

Zum Verschweißen der Komponenten hoben vier Mobilkrane<br />

den Bogenabschnitt auf das Deckelement. Danach<br />

wurde die fertig gebaute und lackierte Sektion zum Montageplatz<br />

transportiert. Zunächst baute Hollandia allerdings<br />

die westliche Vorbrücke, erst dann wurden die drei<br />

Kombisektionen aus Teilen vom Brückendeck und Bogen<br />

gefertigt. Den Abschluss des Produktionsprozesses markierte<br />

die Vorbrücke an der Ostseite. Parallel produzierte<br />

Hollandia 22 Hänger für die Thomassentunnelbrücke. Sie<br />

ist insgesamt 269 Meter lang – inklusive der 52 beziehungsweise<br />

56 Meter langen Vorbrücken für Auf- und<br />

Abfahrt. Die Gesamthöhe von über 28 Metern ergibt sich<br />

aus dem 23 Meter hohen Bogen und dem Hauptgurt.<br />

Inklusive Bogen hat die 14 Meter breite Brücke eine<br />

Spannweite von 157 Metern. Entsprechend groß ist die<br />

Belastung der Stahlkonstruktion, die auf eine maximale<br />

Tragkraft von 12 750 Tonnen ausgelegt ist: Allein 4 200<br />

Tonnen Grobblech wurden hier verarbeitet. Hinzu kommen<br />

3 550 Tonnen für die Betondecke, 4 250 Tonnen an<br />

Ballast und Schienen sowie eine maximale, variable Last<br />

der Züge in Höhe von 850 Tonnen. Um dieses enorme<br />

Gewicht zu tragen und Vibrationen weitestgehend zu<br />

vermeiden, war eine sehr starke und steife Stahlkonstruktion<br />

erforderlich. Deshalb wurden vier sogenannte Kreuz-<br />

04 | <strong>2020</strong> 25


Industrie & Technologie<br />

International<br />

Der Zusammenbau der verschiedenen Sektionen erfolgte auf der unmittelbar an den finalen Standort angrenzenden<br />

Montagefläche.<br />

gurte zwischen den Flanken des 5,5 Meter hohen und 1,6<br />

Meter breiten Hauptträgers zur Versteifung eingeschweißt.<br />

Sie leiten die vertikale Krafteinwirkung durch<br />

den Gurt direkt in den Beton.<br />

Kombination komplexer Bearbeitungsverfahren<br />

Für dieses Projekt orderte Hollandia 4 200 Tonnen Bleche<br />

der Stahlgüte S355 in den Varianten S355J2+N, S355K2+N<br />

und S355NL. Erstmals wurden 2 500 Tonnen davon direkt<br />

ab Werk durch die Dillinger Weiterverarbeitung als brenngeschnittene<br />

und kantenbearbeitete Bauteile geliefert.<br />

Ausschlaggebend für diesen Auftrag war eine für den<br />

Stahlbau innovative Technologie zur Schweißnahtvorbereitung.<br />

Gefragt war eine maschinell gefertigte Kombination<br />

aus einer sehr flachen Verjüngung und einer Tulpenformkante<br />

für sehr dicke und sehr lange Bleche. Für<br />

den Bau der Thomassentunnelbrücke versprach sich Hollandia<br />

von diesem Verfahren der Dillinger Weiterverarbeitung<br />

einen maßgeblichen Beitrag zur wirtschaftlichen<br />

Fertigung und besseren Einhaltung enger Toleranzen und<br />

Zeitschienen. Normalerweise werden die Konturen von<br />

Gurtblechen mit notwendiger Nahtvorbereitung brenngeschnitten.<br />

Neben zusätzlichem Handlings- und Prüfaufwand<br />

sind dabei jedes Mal auch kleine Abweichungen bei<br />

den Abmessungen unvermeidbar: Je nach Dicke und<br />

Länge der Bauteile können Toleranzen von drei bis fünf<br />

Millimetern auftreten. Die Spezifikation der Rotterdamer<br />

Hafenbehörde duldet jedoch nur eine maximale Toleranz<br />

von ± 1 Millimeter. Die Dillinger Weiterverarbeitung bietet<br />

eigenen Angaben zufolge neben direktem Zugriff auf<br />

die Rohbleche vom Walzwerk beide Prozesse aus einer<br />

Hand an, sodass kein Zwischentransport anfällt. Durch die<br />

Vorfertigung von Bauteilen für die stark automatisierten<br />

Prozesse der Offshore-Wind- und Öl-/Gas-Industrie bringt<br />

sie zudem große Erfahrung in komplexen Brennzuschnitten<br />

und hochpräzisen Schweißnahtvorbereitungen mit.<br />

Im Brückenbau gelten jedoch bei den Projekten andere<br />

Parameter. Patrick Regnery, Leiter der Dillinger Weiterverarbeitung,<br />

sieht angesichts zunehmender Automatisierung<br />

in der Schweißtechnik steigende Anforderungen für<br />

eine integrierte, höchst projektspezifische Bauteil- und<br />

Schweißnahtvorbearbeitung. Deshalb begann sein Betrieb<br />

nach Unternehmensinformationen schon frühzeitig mit<br />

der Entwicklung eines entsprechenden Verfahrens und<br />

investierte dafür auch in neue Maschinentechnologie.<br />

Schulterschluss zwischen Stahlbau und<br />

Weiterbearbeitung<br />

Im Austausch mit Hollandia wurden die Detailwünsche<br />

der Designer und die technische Machbarkeit bei der<br />

Dillinger Weiterverarbeitung diskutiert – mit dem Ergebnis,<br />

dass dieses Verfahren zur Nahtvorbereitung für den<br />

gesamten Hauptträger eingesetzt werden konnte. Zoltan<br />

Szabo, Leiter des niederländischen Vertriebsbüros von<br />

Dillinger, war in diesen Diskussionsprozess eng eingebunden.<br />

Er erinnert sich: »Im Vergleich zu den Anforderungen<br />

26 04 | <strong>2020</strong>


International<br />

Industrie & Technologie<br />

Stahl ∙ Edelstahl ∙ Anschlagrohre ∙ Bauelemente<br />

bei der Monopile-Herstellung für Offshore-Anwendungen war die von<br />

Hollandia gewünschte Nahtvorbereitung eine neue Herausforderung.<br />

Die Dillinger Weiterverarbeitung entwickelte deshalb für diese Anwendung<br />

eine individuelle Nahtgeometrie, die die spezifischen Anforderungen<br />

erfüllte.« Projektleiter Olierook erklärt diese Vorgabe beispielhaft<br />

mit der Notwendigkeit zur exakten Positionierung eines 120 Millimeter<br />

dicken Blechs in über fünf Metern Höhe auf dem Hauptträger.<br />

»Da muss sichergestellt sein, dass alle gelieferten Teile exakt die richtige<br />

Größe und Bearbeitung haben.« Er ergänzt: »Vor diesem Hintergrund<br />

war die Vorfertigung der Dillinger Weiterverarbeitung für unser<br />

Montagesystem perfekt.« Die Anlage in Dillingen ist auf schnellen<br />

Durchlauf ausgelegt, sodass ein Blech ohne zwischenzeitliches Drehen<br />

an allen vier Kanten gleichzeitig mit unterschiedlicher Formgebung und<br />

in den gewünschten Abmessungen bearbeitet werden kann. So konnte<br />

Hollandia bei der Produktion der 20 Abschnitte des circa 27 Meter<br />

langen Hauptgurts für die Gesamtträgerlänge von 2 x 269 Metern<br />

erstmals alle Bauteile – von einem Anbieter in einer Maschine rundum<br />

bearbeitet sowie exakt auf Länge und Breite geschnitten – direkt einbauen.<br />

Eine Nachbearbeitung der gelieferten Bauteile entfiel, und dank<br />

der Schweißnahtvorbereitung habe der Schweißprozess deutlich weniger<br />

Zeit eingenommen als bei den bisher im Stahlbau üblichen Nahtgeometrien,<br />

heißt es. Obendrein habe es weder zeitaufwendige Zwischentransporte<br />

noch toleranzkritische Wechsel zwischen den üblicherweise<br />

unterschiedlichen Bearbeitungsbetrieben in der Lieferkette<br />

gegeben. »Mit der herkömmlichen Lösung hätten wir sicherlich vier bis<br />

sechs Wochen Zeit verloren«, schätzt Guus Olierook. Zudem sei Dillinger<br />

in der Lage, die Bauteilfertigung an die individuellen Kundenbedürfnisse<br />

anzupassen, so Hollandia. Dillinger habe nicht nur die termingerechte<br />

Lieferung der richtigen Bauteile zur richtigen Zeit gesichert,<br />

sondern Hollandia auch mehr Flexibilität in der Produktion erschlossen.<br />

Dazu habe auch die Möglichkeit beigetragen, bis zuletzt Anpassungen<br />

in der laufenden Auftragsabwicklung zu berücksichtigen. Durch Übernahme<br />

der Zwischenlagerung habe die Lieferung bei leichten Verspätungen<br />

verschoben werden können, bei vorzeitigem Bedarf seien die<br />

fertig bearbeiteten Bleche ebenfalls just-in-time verfügbar gewesen.<br />

So produzierte Hollandia binnen neun Monaten alle Komponenten für<br />

die Thomassentunnelbrücke und transportierte sie zum Montageplatz.<br />

Nach dem letzten Lift – dem Mittelteil der Brücke Anfang Dezember<br />

2019 – wurden die Aufhängungen bis Anfang <strong>2020</strong> installiert. Im Mai<br />

erfolgt dann der Transport der gesamten Stahlkonstruktion auf ihren<br />

endgültigen Standplatz. •<br />

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über Pakete bis hin zur<br />

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Hollandia unterteilte die Brückenkostruktion in fünf Sektionen, die nach ihrem<br />

Transport zum Montageplatz miteinander verbunden wurden.<br />

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04 | <strong>2020</strong> 27


Industrie & Technologie<br />

Branche im Fokus<br />

Corona & Co: Werkzeugmaschinenbauer<br />

stecken in der Krise<br />

Gebeutelte Branche hofft auf neue Möglichkeiten durch digitale Trends<br />

Frankfurt am Main. Das Coronavirus lässt die bereits kränkelnde Branche der Werkzeugmaschinenbauer<br />

noch stärker schwächeln. Der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW)<br />

hat bereits im Februar – ohne vollumfänglichen Einfluss der Corona-Krise – mit einem herausfordernden<br />

Jahresverlauf gerechnet.<br />

Von unserem Redakteur Niklas Reiprich<br />

Bereits auf der Jahrespressekonferenz<br />

des VDW am 13. Februar<br />

dieses Jahres sagte der Vorsitzende<br />

des VDW, Heinz-Jürgen Prokop,<br />

dass er einen Produktionsrückgang<br />

von 18 Prozent für die Branche<br />

in diesem Jahr erwarte. Eine Erklärung<br />

für die schwachen Zahlen lieferte<br />

Prokop mit dem Nachfragerückgang,<br />

der bereits im zweiten Halbjahr<br />

2018 eingesetzt und 2019<br />

»richtig Fahrt aufgenommen« habe.<br />

Das zweistellige Minus von mehr als<br />

einem Fünftel habe den Auftragsbestand<br />

abgeschmolzen und bestimme<br />

nun die Entwicklung des laufenden<br />

Jahres. Auch VDW-Geschäftsführer<br />

Wilfried Schäfer kommentierte: »Die<br />

Nachfrage nach Werkzeugmaschinen<br />

verlief im vergangenen Jahr enttäuschend.«<br />

Er rechne nicht damit, dass<br />

es wirtschaftlich schnell wieder aufwärts<br />

gehe.<br />

Auch wenn Bundeswirtschaftsminister<br />

Peter Altmaier die<br />

deutsche Wirtschaftskrise<br />

unlängst<br />

für beendet<br />

erklärt<br />

habe, gelte dies<br />

nicht für weite<br />

Teile der Industrie,<br />

betonte Prokop.<br />

Die Industrieproduktion<br />

werde nach<br />

»Schwierige<br />

Zeiten bieten auch<br />

Prognosen des Marktforschungsunternehmens<br />

Oxford Economics<br />

nochmals sinken. Und tatsächlich<br />

hatten sich die Ökonomen<br />

von der<br />

Analyse- und Prognosefirma<br />

zuletzt beunruhigt<br />

über die wirtschaftliche<br />

Situation<br />

Deutschlands und somit<br />

auch über dessen Industrie<br />

geäußert: »Der<br />

schockierende Absturz<br />

des deutschen Produktionsindex<br />

auf den<br />

niedrigsten Stand seit<br />

2012 erinnert deutlich<br />

daran, dass die Aussichten<br />

für den Industriesektor<br />

weiterhin von Unsicherheit<br />

geprägt sind«, sagte Ángel Talavera<br />

von Oxford Economics.<br />

die Chance, sich neu<br />

zu erfinden.«<br />

Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender<br />

des Vereins Deutscher Werkzeug-<br />

maschinenfabriken (VDW)<br />

Schwerer Produktionsrückgang<br />

Heinz-Jürgen Prokop,<br />

Erster Vorsitzender des<br />

VDW<br />

Doch trotz des eher negativen Stimmungsbildes<br />

ist das vergangene<br />

Jahr laut VDW viel besser<br />

gelaufen als erwartet.<br />

Mit einem Rückgang<br />

von einem<br />

Prozent habe<br />

das Produktionsergebnis<br />

in<br />

der deutschen<br />

Werkzeugmaschinenindustrie<br />

mit fast 17 Milliarden<br />

Euro nahezu<br />

auf dem Rekordniveau<br />

von 2018 gelegen. Hingegen<br />

sei der Export um neun Prozent<br />

gesunken, was vor allem auf den<br />

Foto: VDW<br />

Rückgang der Lieferungen<br />

nach Asien um elf<br />

Prozent und nach Amerika<br />

um 16 Prozent zurückzuführen<br />

sei. Das<br />

regionale Ergebnis dominierten<br />

jeweils die<br />

beiden größten Märkte<br />

China (minus 13 Prozent)<br />

und die USA (minus<br />

15 Prozent). Europa,<br />

die größte Absatzregion,<br />

die mehr als die<br />

Hälfte der deutschen<br />

Exporte aufnehme,<br />

habe sich mit minus<br />

fünf Prozent noch vergleichsweise<br />

gut gehalten. Tragende Säule sei der<br />

Inlandsabsatz gewesen, der um 16<br />

Prozent gestiegen sei.<br />

Vom guten Abschneiden des Inlandsmarktes<br />

habe der Import nicht<br />

profitieren können, so der VDW. Der<br />

Import sei um ein Zehntel gesunken,<br />

weshalb die Beschäftigung zum Jahresende<br />

2019 um drei Prozent zurückgegangen<br />

war. Zudem meldete das<br />

Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(ifo) eine Zunahme der Kurzarbeit<br />

auf mehr als 18 Prozent der<br />

Unternehmen. Doppelt so viele Firmen<br />

erwarten dies nach Angaben des<br />

VDW für die kommenden Monate.<br />

Prokop bekräftigte: »Der Erhalt von<br />

Arbeitsplätzen genießt bei uns höchste<br />

Priorität.« Um weiteren Personalabbau<br />

zu vermeiden, sollte die Kurzarbeit<br />

von zwölf auf 24 Monate zügig<br />

verlängert werden, forderte er.<br />

28 04 | <strong>2020</strong>


Branche im Fokus<br />

Industrie & Technologie<br />

Foto: Shutterstock<br />

Die Automobilbranche gilt als Hauptabnehmer der Werkzeugmaschinenindustrie. Doch Anlageninvestitionen bleiben derzeit<br />

aus – viele Autobauer haben die Produktion gestoppt.<br />

»Die<br />

Erhalt der Arbeitsplätze<br />

im Fokus<br />

Dennoch zeigt sich der VDW optimistisch:<br />

»Schwierige Zeiten bieten auch<br />

die Chance, sich neu zu erfinden«, ist<br />

sich Prokop sicher. Den größten Hebel<br />

erwartet er weiterhin in der digitalen<br />

Vernetzung, mithilfe derer der Verein<br />

neue Geschäftsmodelle erschließen<br />

will. Entsprechende Technologien<br />

stellen nach Prokop ein Terrain dar,<br />

»auf dem mit Kreativität noch viel zu<br />

erreichen ist«. Auch die Themen<br />

Komplettbearbeitung beziehungsweise<br />

Prozesskettenverkürzung stehen<br />

auf der Agenda, ebenso wie die<br />

Elektromobilität und die additive<br />

Fertigung.<br />

Zudem sei die Werkzeugmaschinenindustrie<br />

nach Angaben des Vereins<br />

in Sachen Nachhaltigkeit eine<br />

»wahre Vorzeigebranche«. Werkzeugmaschinen<br />

würden beispielsweise<br />

eher generalüberholt und als Gebrauchtmaschinen<br />

wiederverkauft,<br />

als dass sie ausrangiert würden. Das<br />

wiederum führe zu einem zweiten<br />

und teilweise dritten Maschinenleben.<br />

Würden sie am Lebensende<br />

dann doch verschrottet, ließen sich<br />

fast alle, zum Teil hochwertigen Materialien<br />

re- oder upcyceln. Schließlich<br />

sei die Produktivität der Maschinen<br />

extrem hoch, wodurch<br />

jedes einzelne<br />

Bauteil<br />

energie- und<br />

ressourceneffizient<br />

hergestellt<br />

werden könne.<br />

Verunsicherung<br />

bleibt bestehen<br />

Neben der Optimierung<br />

von Maschinenkomponenten widmen<br />

sich die Hersteller dem Energieeinsatz<br />

während der Nutzungsphase.<br />

Denn: Das eingesetzte Rohmaterial<br />

und die Strom- und Medienverbräuche<br />

bestimmen die CO2-Bilanz der<br />

Produktion mit. Deshalb arbeiten Unternehmen<br />

derzeit unter anderem an<br />

Software, mit der Verschnitt und Abfall<br />

weiter reduziert werden können.<br />

»Die genannten Beispiele zeigen,<br />

dass an sehr vielen Stellschrauben gedreht<br />

werden muss, um neue Umsatzträger<br />

zu entwickeln und den Wandel<br />

zu mehr Nachhaltigkeit hinzubekommen.<br />

Das gilt auch für die Strukturveränderungen<br />

in der Automobilindustrie,<br />

die noch längst nicht abgeschlossen<br />

sind«, teilt der VDW mit.<br />

Unklar sei insbesondere, welche Antriebstechnologien<br />

in welchem Umfang<br />

bis wann eingesetzt werden und<br />

Nachfrage nach<br />

Werkzeugmaschinen<br />

verlief im vergangenen<br />

Jahr enttäuschend.«<br />

Wilfried Schäfer, Geschäftsführer des<br />

Vereins Deutscher Werkzeug-<br />

maschinenfabriken (VDW)<br />

den höchsten Beitrag<br />

zur CO 2<br />

-Reduzierung<br />

leisten.<br />

»Wir sind<br />

fest davon<br />

überzeugt, dass<br />

es differenzierte<br />

Lösung für unterschiedliche<br />

Anforderungen<br />

geben<br />

muss«, sagt der VDW-Vorsitzende<br />

Prokop.<br />

Dennoch: »Für weite Teile der Industrie<br />

wird sich in Deutschland die<br />

Durststrecke länger fortsetzen«, prognostiziert<br />

er und geht davon aus,<br />

dass die Anlageinvestitionen in den<br />

Hauptabnehmerindustrien nur marginal<br />

steigen werden. Wie eine Studie<br />

der Landesbank Baden-Württemberg<br />

feststellte, entfiel rund die Hälfte der<br />

produzierten Maschinen des Sektors<br />

auf die Automobil- und Zuliefererbranche.<br />

Doch nachdem zahlreiche<br />

Autobauer bereits unter der sinkenden<br />

Nachfrage durch handelsstrategisch<br />

motivierte Turbulenzen litten,<br />

wurden zahlreiche Werke aufgrund<br />

der Ausbreitung des Coronavirus geschlossen,<br />

darunter jene von VW,<br />

Audi, BMW und Daimler. •<br />

www.vdw.de<br />

04 | <strong>2020</strong> 29


Special<br />

Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

Herausforderungen<br />

für die Stahlrohr- und<br />

Flanschenindustrie<br />

Branchenkenner Frank Harms im Interview<br />

Düsseldorf. Die deutschen Hersteller von Stahlrohren und Flanschen<br />

sind weltweit auf den Märkten der Öl-und Gasindustrie, im<br />

Maschinen- und Anlagenbau, der Automobilindustrie, der<br />

chemischen- und Elektroindustrie sowie im Kraftwerksbau aktiv.<br />

Konjunkturelle Rahmenbedingungen, Veränderungen der<br />

Rohstoffmärkte sowie handels- und geopolitische Entwicklungen<br />

beeinflussen die Geschäftslage der Industrie. Im Gespräch mit<br />

»stahlmarkt« äußert sich Frank Harms, Geschäftsführer der<br />

Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre und der Fachvereinigung<br />

Stahlflanschen, zur Lage der Stahlrohr- und Flanschenindustrie.<br />

Flanschen und Rohre im Einsatz:<br />

Ein Mechaniker zieht die Schrauben<br />

an einer Flanschverbindung fest.<br />

30 04 | <strong>2020</strong>


Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

Special<br />

Foto: Shutterstock<br />

04 | <strong>2020</strong> 31


Special<br />

Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

Herr Harms, wie ist das Jahr 2019<br />

aus Sicht der Stahlrohr- und<br />

Stahlflanschenindustrie gelaufen?<br />

Frank Harms: Schauen wir zunächst<br />

auf die Input-Seite: Das Jahr 2019 hat<br />

sich insgesamt schwächer entwickelt<br />

als erwartet. Die Rohstoffpreisentwicklung<br />

hat sich im Jahresverlauf<br />

nicht als Stütze erwiesen. Die Eisenerzpreise<br />

sind bis zur Jahresmitte<br />

zwar recht deutlich gestiegen, haben<br />

bis zum Jahresende aber wieder stark<br />

nachgegeben. Noch schwächer haben<br />

sich die Notierungen für Kokskohle<br />

und Stahlschrott gezeigt, hier ging es<br />

auf den Weltmärkten im Jahresver-<br />

»Das Jahr 2019 hat<br />

sich insgesamt schwächer<br />

entwickelt als erwartet.<br />

Die Rohstoffpreisentwicklung<br />

hat sich im Jahresverlauf<br />

nicht als Stütze<br />

erwiesen.«<br />

Frank Harms, Geschäftsführer der<br />

Wirtschafts vereinigung Stahlrohre<br />

lauf hauptsächlich bergab. Die Bewertungen<br />

der wesentlichen Legierungselemente<br />

für rostfreie Stähle an<br />

der Londoner Metallbörse (LME) haben<br />

sich besonders volatil gezeigt<br />

und eine Berg- und Talfahrt hingelegt.<br />

Als Beispiel seien hier nur die<br />

Notierungen für Nickel an der LME<br />

genannt. Diese lagen im Januar bei<br />

umgerechnet unter zehn Euro pro<br />

Kilogramm, stiegen bis zum September<br />

auf 16 Euro pro Kilogramm und<br />

pendelten zum Jahresende um zwölf<br />

Euro pro Kilogramm. Solche Entwicklungen<br />

sind nicht planbar, da die<br />

Preisbildung auf dem Weltmarkt passiert<br />

und von konjunkturellen und<br />

handelspolitischen Einflüssen geprägt<br />

wird.<br />

Die Rohölpreise pendelten im Jahresverlauf<br />

um die Marke von 55<br />

US-Dollar pro Barrel, dies mit im Vergleich<br />

zu den Vorjahren relativ geringen<br />

Ausschlägen. Niedrige Ölpreise<br />

wie zuletzt zu Beginn des Jahres 2016<br />

führen zu einer Investitionszurückhaltung<br />

der Energieindustrie. Daraus<br />

folgen geringere Explorations- und<br />

Bohraktivitäten insbesondere der Frackingindustrie<br />

in Nordamerika mit<br />

entsprechend schwacher Stahlrohr-<br />

und Flanschennachfrage. Die Effizienz<br />

der Frackingindustrie in Nordamerika<br />

hat jedoch deutlich zugenommen,<br />

sodass aus dem in 2019<br />

erreichten Preisniveau eine relativ<br />

stabile Nachfrage der Öl- und Gasindustrie<br />

resultierte.<br />

Die Energiepreisentwicklung in<br />

Deutschland hat die Industrie kaum<br />

entlasten können. Zwar hat der<br />

Preisentwicklung<br />

130,0<br />

Indizes Preisentwicklung nach amtlichen Erhebungen, Inland, 2015=100:<br />

Präzisionsstahlrohre, nahtlos und geschweißt; nahtlose warm gewalzte Stahlrohre;<br />

geschweißte Großrohre über 16“; geschweißte runde Edelstahlrohre;<br />

geschweißte runde Stahlrohre bis 16“<br />

120,0<br />

110,0<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

Mrz 15<br />

Jun 15<br />

Sep 15<br />

Dez 15<br />

Mrz 16<br />

Jun 16<br />

Sep 16<br />

Dez 16<br />

Mrz 17<br />

Jun 17<br />

Sep 17<br />

Dez 17<br />

Mrz 18<br />

Jun 18<br />

Sep 18<br />

Präzisionsstahlrohre nl + g<br />

nahtl. warmgew. Rohre<br />

geschweißte Großrohre über 16“<br />

geschweißte runde Edelstahlrohre<br />

geschw. runde Stahlrohre bis 16“<br />

Dez 18<br />

Mrz 19<br />

Jun 19<br />

Sep 19<br />

Dez 19<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt; Stand: 25.10.2019<br />

32 04 | <strong>2020</strong>


Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

Special<br />

»Bei einer wie im Jahr<br />

2019 nachlassenden Marktdynamik<br />

machten sich<br />

die weltweit vorhandenen<br />

Überkapazitäten in der<br />

Preisbildung deutlich<br />

bemerkbar.«<br />

Strompreis sich nach Erhebungen des<br />

Statistischen Bundesamtes im Jahr<br />

2019 abwärts entwickelt, der VIK Basisindex<br />

ging auf 170 Punkte zurück.<br />

Dies muss jedoch vor dem Hintergrund<br />

gesehen werden, dass dieser<br />

Index Anfang 2016 noch bei deutlich<br />

unter 120 Punkten lag und im Jahr<br />

2018 einen Spitzenwert von 190<br />

Punkten erreichte. Im europäischen<br />

Vergleich muss die deutsche Industrie<br />

überproportional hohe Energiepreise<br />

verkraften, die durch Ausgleichszahlungen<br />

wie die Strompreiskompensation<br />

nur teilweise ausgeglichen worden<br />

sind.<br />

Auf der Kostenseite hat es aber<br />

demnach doch Vorteile für die Hersteller<br />

gegeben?<br />

Harms: Das stimmt, aber die Märkte<br />

sind inzwischen so transparent, dass<br />

derartige Entwicklungen oftmals zeitnah<br />

auch auf der Vertriebsseite umgesetzt<br />

werden, zumindest im Tagesgeschäft.<br />

Bei einer wie im Jahr 2019<br />

nachlassenden Marktdynamik machten<br />

sich zudem die weltweit vorhandenen<br />

Überkapazitäten in der Preisbildung<br />

deutlich bemerkbar. Gedämpft<br />

wird diese Entwicklung wie<br />

üblich durch mittel- und langfristig<br />

wirkende Abschlüsse. An der vom<br />

Statistischen Bundesamt veröffentlichten<br />

Darstellung der Marktpreise<br />

ist deutlich zu erkennen, dass<br />

insbesondere die Preisentwicklung<br />

nahtloser Stahlrohre im<br />

vergangenen Jahr deutlich<br />

nach unten gerichtet war, zumal<br />

angesichts der Entwicklung<br />

von Vormaterial, Energieund<br />

Personalkosten in den letzten<br />

Jahren. Wie sehr der Markt<br />

die Hersteller hier herausfordert,<br />

wurde mit Presseberichten über Kurzarbeit<br />

und sogar Werksstillstände<br />

deutlich.<br />

Zu den eher belastenden Faktoren<br />

auf der Einkaufsseite kam somit der<br />

Umstand, dass aufgrund von handelspolitischen<br />

Unsicherheiten und einer<br />

konjunkturellen Abkühlung die zu<br />

Jahresbeginn recht dynamische Nachfrage<br />

im Jahresverlauf schwächer<br />

wurde. Zudem fielen Großprojekte<br />

aus oder wurden verzögert, sodass<br />

sich zum Beispiel im Pipelinegeschäft,<br />

vor allem im Vergleich zum starken<br />

Vorjahr, deutliche Einschnitte zeigten.<br />

»Die Stahlrohrindustrie<br />

wurde insgesamt von<br />

heftigem internationalen<br />

Wettbewerb geprägt.<br />

Die Flanschenindustrie hat<br />

vor allem im Geschäft mit<br />

Kohlenstoffflanschen<br />

weniger als im Vorjahr<br />

umgesetzt.«<br />

Weltstahlrohrproduktion 2008–2019<br />

Mio. t<br />

200<br />

180<br />

168,5<br />

169,2<br />

165,9<br />

168,1<br />

171,3<br />

172,6<br />

160<br />

140<br />

126,0<br />

126,7<br />

140,8<br />

152,0<br />

45,0<br />

155,1<br />

46,0<br />

48,6<br />

41,4<br />

38,9<br />

41,9<br />

43,6<br />

43,9<br />

120<br />

109,6<br />

43,0<br />

100<br />

39,0<br />

32,9<br />

40,2<br />

80<br />

60<br />

40<br />

65,6<br />

57,3<br />

65,7<br />

75,4<br />

84,0<br />

87,4<br />

97,2<br />

104,1<br />

104,7<br />

103,3<br />

106,2<br />

107,0<br />

Uhlig April 2019<br />

20<br />

0<br />

21,4 19,4 20,8 22,4 23,0 21,7 22,7 23,7 22,3 22,9 21,5 21,7<br />

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />

Großrohre Geschweißt


Special<br />

Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

»Ob die Weltwirtschaft<br />

auf moderatem Wachstumskurs<br />

bleiben wird, ist fraglich.<br />

Kurzfristig werden wir sicher<br />

deutliche Einbrüche<br />

erleben.«<br />

Die Nachfrage nach Stahlrohren<br />

und Flanschen war also insgesamt<br />

schwächer als im Vorjahr?<br />

Harms: Weltweit gesehen hat sich an<br />

der Marktversorgung nicht viel getan.<br />

Die weltweite Stahlrohrproduktion<br />

lag im Jahr 2019 fast unverändert bei<br />

173 Millionen Tonnen, der Anteil<br />

nahtloser Stahlrohre ebenfalls wenig<br />

verändert bei 25 Prozent. Der Ausbau<br />

der Infrastrukturen und der zunehmende<br />

industrielle Bedarf in Schwellenländern<br />

generierte eine weiter<br />

steigende Nachfrage, aus Sicht unserer<br />

Hintergrund<br />

Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre<br />

Die Wirtschaftsvereinigung (WV) Stahlrohre vertritt die Interessen der<br />

deutschen Stahlrohrindustrie. Internationale Interessen werden über<br />

die Mitgliedschaft im europäischen Dachverband der Stahlrohrindustrie,<br />

European Steel Tube Association (ESTA), abgedeckt. Gegründet<br />

wurde die Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre im Jahr 2009 im Rahmen<br />

einer Fusion von Stahlrohrverband, Fachvereinigung Präzisionsrohrwerke<br />

und Mitgliedern des Verbandes der freien Rohrwerke. Vorsitzender<br />

des Vorstandes der WV Stahlrohre ist Dr. Dirk Bissel, Vallourec Deutschland.<br />

Geschäftsführer des Verbands ist Frank Harms.<br />

Industrie allerdings vor allem bei Produkten,<br />

die besonders in Deutschland<br />

kaum noch zu international wettbewerbsfähigen<br />

Kosten herzustellen<br />

sind. Die Stahlrohrindustrie wurde<br />

insgesamt von heftigem internationalen<br />

Wettbewerb geprägt. Dies verspürten<br />

die Hersteller nahtloser Stahlrohre<br />

und geschweißter Leitungsrohre<br />

ebenso wie die Großrohrindustrie. Die<br />

Hersteller von Präzisionsstahlrohren<br />

konnten ihre Produktionsmengen<br />

noch vergleichsweise stabil halten,<br />

verzeichneten aber insbesondere aufgrund<br />

einer sich zurückhaltend entwickelnden<br />

Nachfrage aus der Automobilindustrie<br />

ebenfalls Absatzverluste.<br />

Die Flanschenindustrie hat vor allem<br />

im Geschäft mit Kohlenstoffflanschen<br />

weniger als im Vorjahr umgesetzt, vor<br />

allem im zuvor allerdings außergewöhnlich<br />

starken Export. Der Bedarf<br />

an Flanschen aus Edelstahl blieb konstanter,<br />

hier stützte besonders eine<br />

robuste Nachfrage aus der chemischen<br />

Industrie.<br />

Die deutschen Hersteller beider<br />

Branchen konzentrieren ihre Produktion<br />

stärker auf qualitativ hochwertige<br />

Produkte mit so hoher Wertschöp-<br />

Kapazitätsentwicklung<br />

Mio. t<br />

140<br />

Kapazität Welt: 306 Mio. t<br />

120<br />

100<br />

EU<br />

GUS<br />

Fernost o. China<br />

China<br />

Nordamerika<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018<br />

34 04 | <strong>2020</strong>


Rohre, Profile, Flansche & Co<br />

Special<br />

fung, dass die dabei anfallenden Kosten<br />

für Energie, Umweltauflagen und<br />

Personal gedeckt werden können.<br />

Insgesamt spürten beide Industrien,<br />

dass frühere Zielmärkte in Drittländern<br />

sich zunehmend selbst versorgen<br />

und darüber hinaus auf dem Weltmarkt<br />

inzwischen auch als Wettbewerber<br />

auftreten. Der Handelskrieg<br />

zwischen den USA und China hat die<br />

Nachfrage zusätzlich gedämpft.<br />

Wie ist der Ausblick für die Stahlrohr-<br />

und Flanschenindustrie?<br />

Harms: In Zeiten von Corona trübt<br />

sich der Ausblick leider deutlich. Allgemein<br />

können wir sagen: Die Entwicklung<br />

der Stahlrohr- und Flanschenindustrie<br />

wird weiterhin von der<br />

weltweiten Konjunkturentwicklung<br />

und besonders von den Entwicklungen<br />

auf den Rohstoffmärkten, insbesondere<br />

auf dem Öl- und Gassektor,<br />

beeinflusst. Kommt es in der globalen<br />

Konjunkturentwicklung zu einem Abschwung<br />

– wie gerade aufgrund der<br />

Corona-Pandemie – spürt auch unsere<br />

Industrie das entsprechend. Längerfristige<br />

Verwerfungen können wir<br />

nicht ausschließen. Ob die Weltwirtschaft<br />

auf moderatem Wachstumskurs<br />

bleiben wird, ist fraglich. Kurzfristig<br />

werden wir sicher deutliche<br />

Einbrüche erleben. Immerhin: Auch<br />

die Wirtschaft in China ist zunächst<br />

eingebrochen, doch scheint sie sich<br />

allmählich wieder zu normalisieren.<br />

Die weltweit vorhandenen Überkapazitäten<br />

besonders in der Stahlrohrindustrie<br />

führen nach wie vor zu<br />

strukturellen Veränderungen. In der<br />

EU wurden bereits Kapazitätsreduzierungen<br />

vorgenommen, weitere sind<br />

absehbar. In China muss wohl noch<br />

länger mit bestehenden Überkapazitäten<br />

gerechnet werden. Hier können<br />

die Marktmechanismen aufgrund<br />

nach wie vor dominanter staatlicher<br />

Einflussnahme nicht regulierend<br />

wirksam werden.<br />

Im laufenden Jahr werden in Europa<br />

die Richtlinien zum Ausgleich der<br />

hier durch den CO 2<br />

-Emissionshandel<br />

im internationalen Vergleich höheren<br />

Energiekosten für energie- und handelsintensive<br />

Unternehmen neu geregelt.<br />

Sollte es dabei zur Beschneidung<br />

der bisherigen Ausgleichsregelungen<br />

Hintergrund<br />

Fachvereinigung Stahlflanschen<br />

In der Fachvereinigung<br />

Stahlflanschen sind Unternehmen<br />

organisiert, deren Produktionsprogramm<br />

Herstellung<br />

oder Verarbeitung von<br />

Stahlflanschen und Ringen umfasst.<br />

Die Fachvereinigung wurde<br />

im Jahr 1926 gegründet. Bisher<br />

sind nur deutsche Unternehmen<br />

vertreten, die<br />

Mitgliedschaft in der Fachvereinigung<br />

steht jedoch grundsätzlich<br />

allen Herstellern in der EU<br />

offen. Vorsitzender des Vorstandes<br />

ist Dr. Oliver Schellberg,<br />

Flanschenwerk Bebitz.<br />

Geschäftsführer der Fachvereinigung<br />

ist Frank Harms.<br />

kommen, droht insbesondere in<br />

Deutschland aufgrund der hohen<br />

Energiepreise ein Wettbewerbsfähigkeitsverlust.<br />

Die Politik hat dies jedoch<br />

erkannt und ist bemüht, hier für weiter<br />

fairen Wettbewerb zu sorgen. •<br />

Stahlrohrmarkt Deutschland<br />

Marktversorgung BRD – Stahlrohre gesamt<br />

in 1.000 t 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />

Produktion 2.603 2.709 2.403 2.536 3.287 3.084 2.346<br />

Export 2.719 2.444 2.366 2.563 2.880 2.866 2.239<br />

Import 1.995 2.038 2.009 2.132 2.164 2.082 2.120<br />

Marktversorgung 1.879 2.303 2.046 2.105 2.571 2.300 2.227<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Produktion Exporte Importe Marktversorgung<br />

0<br />

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />

04 | <strong>2020</strong> 35


Special<br />

Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

Inline-Konturmessung beim<br />

Walzen von Langprodukten<br />

LAP richtet seine Messsysteme auf die Erfordernisse vernetzter<br />

Prozesse in digitalisierten Automatisierungsumgebungen aus<br />

Lüneburg. Auf der Tube <strong>2020</strong> in Düsseldorf will der Hersteller von Laserprojektions- und Messsystemen,<br />

LAP, die neue Smart Core Pro-Software für die Konturmessung von Langprodukten vorstellen.<br />

Sie ermöglicht laut Hersteller die tiefe Integration der Geometriedaten in die zunehmend<br />

vernetzte Produktionsumgebung der Walzwerke und macht sie so für die prozessübergreifende<br />

Nutzung der Daten in der Smart Factory verfügbar.<br />

Mit dem neuen Softwarepaket<br />

Smart Core Pro stellt<br />

LAP ein System vor, das die<br />

intensive, werksweite Nutzung der<br />

Konturdaten von Langprodukten ermöglichen<br />

soll – sowohl direkt an der<br />

Prozesslinie als auch in den Datenstrukturen<br />

einer vernetzten »Industrie<br />

4.0«-Produktionsumgebung. »Mit<br />

hoher Konnektivität macht sie den<br />

Weg frei für den Austausch von Daten<br />

zwischen Menschen, Maschinen<br />

und Prozessen sowie für die Nutzung<br />

umfangreicher Kontur-Messdaten«,<br />

teilt LAP mit.<br />

Geometriedaten werksweit<br />

vernetzt<br />

Demnach können mit Smart Core Pro<br />

die Ergebnisse der »Contour Check<br />

Shape«-Kontur-Messsysteme nicht<br />

nur unmittelbar für die Regelung des<br />

Walzprozesses verwendet werden,<br />

sondern auch für die weitergehende<br />

Analyse in der prozessübergreifenden<br />

Steuerung der Produktion oder der<br />

Qualitätssicherung. Darüber hinaus<br />

sind die Daten nach Informationen<br />

von LAP für die Einbindung in MESoder<br />

ERP-Systeme verfügbar und sollen<br />

umfangreichen Input für die weitere<br />

Nutzung mit der Big-Data-Analyse<br />

oder für künftige Anwendungen<br />

in der Supply-Chain-Optimierung<br />

liefern.<br />

Martin Pabst, Leiter der Business Unit<br />

»Industry Systems« bei LAP, sieht hohen<br />

Bedarf für die tiefe Integration<br />

der Geometriedaten in übergreifende<br />

Strukturen: »In der digitalen Fabrik<br />

organisieren Maschinen die Produktion<br />

autark, sie tauschen autonom<br />

Informationen aus, veranlassen Aktionen<br />

und steuern sich gegenseitig.<br />

Industrie 4.0 im Walzwerk setzt für<br />

uns dort an, wo Daten, die von Messsystemen<br />

ermittelt werden, intelligent<br />

mit übergreifenden Systemen<br />

verknüpft werden. Smart Core Pro<br />

macht die Geometriedaten des Walzgutes<br />

in hochvernetzten Fertigungsprozessen<br />

werksweit verfügbar. Mit<br />

ihnen kann der Anwender Prozesse<br />

auf einer übergeordneten Ebene op-<br />

Die Software Smart Core Pro ermöglicht<br />

laut Hersteller die tiefe Integration<br />

der Geometriedaten in die zunehmend<br />

vernetzte Produktionsumgebung der<br />

Walzwerke.<br />

timieren und Qualität sowie Ausbringung<br />

exakt bewerten.«<br />

Technik im Detail: Konturmessung<br />

mit Contour Check Shape<br />

Die Systeme der »Contour Check Shape«-Serie<br />

vermessen inline die Kontur<br />

von Rundmaterial wie von Stäben,<br />

Rohren und Rippenstahl sowie von<br />

Flach-, Sechs- und Achtkantprofilen<br />

auf Basis der Laser-Lichtschnitttechnologie.<br />

Dabei sollen sie Formabweichungen<br />

wie zum Beispiel ein- oder<br />

beidseitige Über- oder Unterfüllungen,<br />

Oberflächendefekte sowie Walzenversatz<br />

und -verschleiß erfassen.<br />

»Einzigartig an Smart Core Pro ist<br />

die eindeutige, automatische Detektion<br />

und Klassifikation von Profilabweichungen<br />

und Oberflächenfehlern,<br />

mit der deren Ursachen gezielt behoben<br />

werden können: Die Software<br />

unterscheidet verschiedene konvexe<br />

oder konkave Konturabweichungen,<br />

die entsprechend ihrer Länge in fünf<br />

Klassen eingeordnet werden«, betont<br />

LAP.<br />

Automatische Detektion<br />

von Profil abweichungen und<br />

Oberflächenfehlern<br />

Damit soll die Einstellung des Walzgerüstes<br />

nicht mehr von subjektiven<br />

Einschätzungen abhängen: »Die Software<br />

gibt gezielt Hinweise, wie das<br />

36 04 | <strong>2020</strong>


Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

Special<br />

Fotos (2): LAP GmbH Laser Applikationen<br />

Die Systeme der Serie »Contour Check Shape« vermessen inline die Kontur von Rundmaterial wie von Stäben, Rohren und<br />

Rippenstahl sowie von Flach-, Sechs- und Achtkantprofilen auf Basis der Laser-Lichtschnitttechnologie.<br />

Gerüst zu verstellen ist. Bei einem<br />

Walzenversatz zum Beispiel können<br />

die Messergebnisse direkt in den Sollwert<br />

für die Verstellung der Walzen<br />

einfließen. So wird das Walzgerüst<br />

nach Produktwechseln schneller und<br />

mit höherer Genauigkeit als bisher<br />

getrimmt. Die Sicherheit, nach kurzer<br />

Zeit wieder innerhalb des vorgegebenen<br />

Toleranzbandes zu produzieren,<br />

nimmt zu – die Ausbringung der<br />

Walzstraße steigt«, so der Hersteller.<br />

Für Zwei- und Dreiwalzen-Gerüste sei<br />

es dabei wichtig, die Orientierung des<br />

Profils zuverlässig zu erkennen. Ein<br />

speziell für Smart Core Pro entwickelter<br />

Algorithmus kompensiere eine<br />

eventuelle Drehbewegung des Walzgutes<br />

zwischen Walzgerüst und Messort.<br />

Das Ergebnis: Die Kontur werde<br />

immer lagerichtig erfasst und dargestellt.<br />

LAP: »Dies ermöglicht es, Kerndimensionen<br />

wie zum Beispiel die Abmessungen<br />

des Kalibergrundes und -spaltes,<br />

der Schultermaße und der Nahtgröße<br />

der Einstellung des Gerüstes<br />

und den sie verursachenden Walzen<br />

eindeutig zuzuordnen – Grundvoraussetzung<br />

für die automatische Regelung<br />

des Walzprozesses.« •<br />

www.lap-laser.com<br />

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04 | <strong>2020</strong> 37


Special<br />

Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

Schweißzangenkühlung fit für<br />

Industrie 4.0<br />

Kompakte Systemlösung für Luft- und Wassereinspeisung bei<br />

Schweißrobotern<br />

Bei Punktschweißrobotern<br />

in der Automobilindustrie<br />

ist eine möglichst genaue<br />

Überwachung und Regelung<br />

der Kühlwassermenge zu den<br />

einzelnen Schweißzangen<br />

notwendig.<br />

Ingelfingen. Schweißprozesse in der Automobilindustrie<br />

müssen zuverlässig laufen,<br />

um eine reibungslose Fertigung<br />

zu gewährleisten. Die<br />

Punktschweißroboter<br />

stehen in den hoch automatisierten<br />

Produktionsanlagen<br />

der Automobilindustrie<br />

und ihrer Zulieferer mitunter zu<br />

hunderten in einer Montagehalle. Dabei spielt<br />

die optimale Kühlung der Schweißkappen eine<br />

entscheidende Rolle.<br />

Von Hartmuth Lotha*<br />

Bei Punktschweißrobotern in der Automobilindustrie<br />

ist eine möglichst genaue Überwachung und Regelung<br />

der Kühlwassermenge (siehe Hintergrund:<br />

Richtig kühlen ist nicht einfach) zu den einzelnen Schweißzangen<br />

gleich aus mehreren Gründen sinnvoll, um die<br />

Kosten- und Energieeffizienz im Karosseriebau zu steigern:<br />

Die Durchflussmenge wird immer dem Bedarf angepasst,<br />

nicht nur im normalen Betrieb, sondern<br />

auch im Teilsystembetrieb sowie bei Anlagenerweiterungen.<br />

Man benötigt weniger<br />

Kühlwasser, ohne auf optimale Kühlbedingungen<br />

zu verzichten. Dadurch wird die<br />

Pumpwerksleistung bestmöglich ausgenutzt<br />

und bei Neuanlagen der tatsächliche<br />

Bedarf planbar. Durch geregelte Durchflüsse<br />

gehören zudem Schließschläge im Kühlwasserkreis,<br />

die zu Druckstößen im System und<br />

einem Fehlalarm bei den aktuellen Minimalflussüberwachungen<br />

führen können, der<br />

Vergangenheit an.<br />

Platzsparende Montage auf der<br />

Roboterbefestigungsplatte<br />

Für eine geregelte Schweißzangenkühlung hat Bürkert<br />

Fluid Control Systems deshalb schon vor einigen Jahren<br />

mit der Systemlösung Typ 8821 eine praxisgerechte Lö-<br />

38 04 | <strong>2020</strong>


Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

Special<br />

sung entwickelt, die so kompakt ist, dass sie direkt neben<br />

der Versorgungsplattform des Roboters an der Bodenplatte<br />

Platz findet. Beim Schweißen wird der Roboter dann<br />

nicht durch das Kühlsystem in seinem Arbeitsbereich<br />

eingeschränkt, weshalb konventionelle Systeme oft anderorts<br />

untergebracht werden. Damit unterscheidet das<br />

System sich deutlich von den herkömmlichen, meist kühlschrankgroßen<br />

Lösungen. Die Anordnung an der Roboterbefestigungsplatte<br />

verkürzt zudem die wasserführenden<br />

Kühlschläuche zum Punktschweißwerkzeug beachtlich.<br />

Die Regelung und Abschaltungsüberwachung<br />

arbeiten dadurch wesentlich schneller als bei einer Anordnung<br />

weiter entfernt am Schutzzaun des Roboters. Eine<br />

manuelle Bedienung oder visuelle Überwachung des<br />

Kühlsystems entfällt, da alle Regelmerkmale und Überwachungsdaten<br />

per Feldbus am Bediengerät des Roboters<br />

oder der SPS eingestellt oder visualisiert werden können.<br />

Die kompakte Systemeinheit, die das Resultat jahrzehntelanger<br />

Erfahrung ist, besteht aus Pneumatikmodul,<br />

Steuermodul mit integriertem Prozessregler und Kühlmittelmodul,<br />

die platzsparend, quasi »Huckepack« aufeinander<br />

montiert sind. Die komplette Messtechnik ist im Steuermodul<br />

integriert, das gut zugänglich ist. Meist bleibt<br />

jedoch bei der Inbetriebnahme hier nicht viel zu tun, denn<br />

das System ist bereits werksseitig auf die gängigen Zweikreiszangen<br />

mit 16-Millimeter-Kappen voreingestellt.<br />

Maximalbegrenzung und Sollwert sind bereits hinterlegt.<br />

Nur in Sonderfällen werden andere Werte am Controller<br />

menügeführt manuell angepasst.<br />

Zukunftsweisendes Konzept<br />

Der im System eingesetzte Durchflusssensor arbeitet unter<br />

Referenzbedingungen mit einer Wiederholgenauigkeit<br />

von ± 0,4 Prozent vom Messwert bei einer Fließgeschwindigkeit<br />

zwischen 0,3 und 10 Metern pro Sekunde. Neben<br />

dem Durchflusssensor sind weitere Sensoren zur Druckund<br />

Temperaturerfassung integriert. Das Steuermodul<br />

kommuniziert direkt mit der übergeordneten Robotersteuerung<br />

oder SPS. Bei der neuesten Variante der Systemlösung<br />

zur Schweißkappenkühlung ist dies nun auch<br />

über Profinet (ein Ethernet-basierter, herstellerunabhängiger<br />

und offener Feldbusstandard, Anm. d. Red.) möglich.<br />

Dadurch wird die Lösung zu einem zukunftsweisenden<br />

Konzept: Nicht nur die Offenheit für TCP/IP, sondern auch<br />

die auf Standard-Ethernet basierte Technik machen Profinet<br />

zu einer zukunftssicheren Architektur, die eine Basis<br />

für Industrie-4.0-Konzepte schafft. So lässt sich zum Bei-<br />

Die Schweißzangenkühlung Master Jet System findet direkt<br />

neben der Versorgungsplattform des Roboters an der Fundamentbefestigung<br />

Platz.<br />

Beim Schweißen wird der Roboter nicht durch das Kühlsystem<br />

in seinem Arbeitsbereich eingeschränkt, heißt es.<br />

spiel die Anlagenverfügbarkeit steigern, indem die Prozessdaten<br />

nicht nur in der lokalen Steuerung verarbeitet<br />

werden, sondern auch in Cloud-Anwendungen für die<br />

Ferndiagnose sowie für Optimierungen zur Verfügung<br />

stehen. Die Systemlösung stellt dafür nicht nur die Profinet-Schnittstelle,<br />

sondern dank der zusätzlichen Sensorik<br />

auch die entsprechenden Signale zur Verfügung, die der<br />

Anwender auch auf seinem Weg in Richtung Industrie 4.0<br />

nutzen kann.<br />

Einfache Inbetriebnahme<br />

Die Inbetriebnahme des Systems zur Schweißzangenkühlung<br />

ist simpel. Codierte Anschlusstechnik und farbige<br />

Schläuche erleichtern die Inbetriebnahme von Pneumatikund<br />

Kühlmitteleinheit. Bodenanker sind für die Befestigung<br />

nicht notwendig. Zur Inbetriebnahme müssen nur<br />

die Luftversorgungsleitung an der Eingangsseite der Pneumatikeinheit<br />

mittels Absperrhahn geöffnet und die Druck-<br />

Fotos (3): Kuka Deutschland GmbH<br />

04 | <strong>2020</strong> 39


Special<br />

Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

luftverbindungen geprüft werden. Ist das System<br />

dicht und mit ausreichend Druck versorgt<br />

(Eingangsdruckmessung), kann die Kühlmitteleinheit<br />

in Betrieb genommen werden.<br />

Während des Betriebs lassen sich vier<br />

Systemmodi unterschieden. Im Inbetriebnahmemodus<br />

sind alle Komponenten in der<br />

Stellung »Hilfsenergieausfall«; die Prozesseingangswerte<br />

stehen über Profinet zur Verfügung.<br />

Durch das Signal »System Run« von der<br />

Robotersteuerung oder SPS wird nun der<br />

Schweißkappenkühlprozess in Gang gesetzt und<br />

betrieben. Der Controller im Steuerungsmodul regelt<br />

den voreingestellten Sollwert aus. Mit Überschreiten des<br />

unteren Grenzwertes und Nichtüberschreiten des oberen<br />

Grenzwertes wird ein Signal (Wasserfluss in Ordnung)<br />

generiert und eine LED zeigt den regulären Kühlbetrieb<br />

an. Im Hand- und Wartungsmodus können Einstellungen<br />

auch direkt vor Ort vorgenommen werden.<br />

Regeln rechnet sich<br />

Einmal in Betrieb genommen, kann das Kühlsystem<br />

dann seine Vorteile so richtig ausspielen:<br />

Durch die direkte Anbindung des sensiblen<br />

Durchflusssensors und des Prozessreglers<br />

an die übergeordnete Robotersteuerung<br />

oder SPS ist der Kühlwasserdurchfluss jederzeit<br />

regelbar und wird an den tatsächlichen<br />

Bedarf angepasst. Die Schweißkappen werden<br />

von Anfang an ausreichend gekühlt und<br />

ein Kappenkleben wird zuverlässig reduziert. Außerdem<br />

gleicht das System die Wasserwiderstände unterschiedlicher<br />

Kühlungsleitungen durch die Regelung aus oder<br />

Hartmuth Lotha<br />

Im Prozessregler sind werksseitig<br />

Regelparameter, der K-Faktor für den<br />

Durchflusssensor und die Grenzwerte<br />

der erlaubten Durchflussmenge voreingestellt.<br />

erkennt sie – wenn ungeeignet – sofort als fehlerhaft.<br />

Die werksseitigen Voreinstellungen sorgen<br />

zudem für eine Vereinheitlichung der Kühlwasserkreise,<br />

was letztendlich den Service deutlich erleichtert.<br />

Der geregelte Kühlwasserdurchfluss<br />

macht darüber hinaus eine nachträgliche manuelle<br />

Kalibrierung nach Veränderungen oder Erweiterungen<br />

überflüssig. Die Kühlmittelmenge ist reproduzierbar,<br />

Fehler werden schnell erkannt. Letztendlich verbessert<br />

sich dadurch die Schweißqualität und Prozesszuverlässigkeit.<br />

Zusätzlich ergeben sich Einsparungen in den Betriebskosten,<br />

denn die bedarfsgerechte Regelung senkt<br />

den Energieverbrauch. Pumpen müssen außerdem<br />

nicht mehr überdimensioniert werden,<br />

um genug Reserven zu haben. Die<br />

Kühlmittelkreisläufe in Schweißapplikationen<br />

zu regeln, rechnet sich dadurch innerhalb<br />

kurzer Zeit, und dank Profinet-Schnittstelle<br />

sowie der Bereitstellung zusätzlicher<br />

Sensorsignale steht zudem neuen Indus trie-<br />

4.0-Konzepten nichts mehr im Weg. •<br />

Foto: Bürkert Fluid Control Systems<br />

Grafik: Bürkert Fluid<br />

Control Systems<br />

www.buerkert.de<br />

*Der Autor ist Diplomingenieur und tätig im Bereich Field<br />

Segment Management Automotive Systems bei Bürkert<br />

Fluid Control Systems.<br />

Gewusst wie<br />

Richtig kühlen ist nicht einfach<br />

Beim Punktschweißen ist die Kühlung der Roboterschweißzangen beziehungsweise des vordersten Teils, der<br />

Schweißkappen, absolut zwingend, um die durch die hohen Ströme hervorgerufene Wärmelast gezielt abzuführen.<br />

Die verwendeten Kappen sind bei diesem Verfahren zwar von vornherein als Verschleißteile ausgelegt,<br />

die regelmäßig getauscht werden müssen, aber führt man die Wärme nicht oder nur unzureichend ab, erhöht<br />

sich der Verschleiß, und die Wechselintervalle verkürzen sich extrem. Dadurch entstehen nicht nur höhere Kosten,<br />

sondern es kommt zu zusätzlichem Produktionsausfall durch wartungsbedingte Anlagenstillstände. Um<br />

dies zu verhindern, strömen an die Schweißkappen der Punktschweißroboter je nach Werkstoff und Ausführung<br />

zwischen vier und acht Liter Kühlwasser pro Minute und Kappe. Das Kühlwasser hat dabei im Nennbetrieb<br />

eine Temperatur zwischen +20 und +40 Grad Celsius und wird mit einem Druck von bis zu circa 8 bar beaufschlagt.<br />

Nur wenn die Mengen überwacht werden, kann man jedoch sicher sein, dass die Kühlung im laufenden<br />

Betrieb auch ordnungsgemäß gewährleistet ist. Da sich die Schweißkappen trotz der Kühlung abnutzen, können<br />

beispielsweise Leckagen entstehen. Werden sie nicht rechtzeitig erkannt, kann austretendes Kühlwasser zu<br />

Anlagenstillständen führen und sogar zu einer Beschädigung anderer empfindlicher Anlagenkomponenten.<br />

Außerdem besteht für den Bediener das Risiko, durch Kühlwasseraustritt oder durch Flüssigkeiten auf dem Boden<br />

gefährdet zu werden. Die Kühlsysteme müssen also Leckagen oder Kappenverluste sehr schnell erkennen<br />

und im Fall der Fälle den Kühlmittelfluss sofort unterbrechen und absperren.<br />

Grafik: Bürkert Fluid Control Systems<br />

40 04 | <strong>2020</strong>


Qualität, Messen, Prüfen, Inspizieren<br />

Special<br />

GTM erhält Patent für<br />

Kraft-Beschleunigungsaufnehmer<br />

Mit flexiblem Einsatz dynamische Prüfstände zukunftssicher gestalten<br />

Bickenbach. Die GTM Testing and Metrology GmbH, ein Anbieter im Bereich Messtechnik, präsentiert<br />

eine neue, nun patentierte Erfindung: Es handelt sich um einen kombinierten Kraft-Beschleunigungsaufnehmer,<br />

der die Korrektur der Beschleunigungskräfte bei dynamischen Messungen in<br />

Prüfständen ermöglichen soll.<br />

Unsere Innovation schafft mehr<br />

Flexibilität, weil sie für wechselnde<br />

Prüfaufgaben nutzbar<br />

ist«, sagt Christoph Seipel, bei GTM<br />

zuständig für die Entwicklung dynamischer<br />

Kraftaufnehmer und Erfinder<br />

der Lösung. Wie GTM miteilt, erteilte<br />

das Europäische Patentamt am<br />

20.11.2019 Patentschutz »für diese<br />

Erfindung, von der Anbieter und Betreiber<br />

von Prüfständen profitieren<br />

werden«.<br />

Ein Kraft-Beschleunigungsaufnehmer<br />

erlaubt die Kompensation des<br />

Messfehlers, der durch die Beschleunigung<br />

der Massen zwischen der<br />

Kraftmessstelle und der Probe entsteht.<br />

Das geschieht nach Angaben<br />

von GTM üblicherweise durch nur<br />

einen Beschleunigungssensor, der am<br />

Kraftaufnehmer, an der Adaption<br />

oder an der Probe montiert ist.<br />

Mehrere Beschleunigungssensoren<br />

Der patentierte Kraft-Beschleunigungsaufnehmer<br />

hingegen kombiniert<br />

den Kraftaufnehmer und zwei<br />

oder mehrere MEMS-Beschleunigungssensoren<br />

mit verschiedenen<br />

Empfindlichkeitskennlinien. »Einer<br />

der Sensoren weist eine hohe Empfindlichkeit<br />

bei niedrigen Beschleunigungen<br />

und im niedrigen Frequenzbereich<br />

auf. Ein zweiter Sensor misst<br />

bei höheren Beschleunigungen bis in<br />

den Kilohertz-Bereich. Um den Anwendungsbereich<br />

zu vergrößern, ist<br />

das Anbringen weiterer Sensoren<br />

möglich«, erklärt GTM. Je nach An-<br />

Foto: GTM<br />

Dynamischer Kraftaufnehmer für<br />

Prüfanwendungen<br />

forderung an die Messung könne der<br />

Anwender den am besten passenden<br />

Beschleunigungssensor auswählen<br />

und ihn anschließen.<br />

Prüfstandsbauer und deren Kunden<br />

profitieren Anbieterinformationen<br />

zufolge in vielfältiger Weise vom Einsatz<br />

des patentierten Kraft-Beschleunigungsaufnehmers:<br />

»Da er einen sehr<br />

breiten Frequenzbereich abdeckt,<br />

kann der Aufnehmer in Maschinen für<br />

die verschiedensten industriellen Prüfaufgaben<br />

eingebaut werden. Wenn<br />

Prüfstandsbauer einheitliche, in Serie<br />

gefertigte Kraftaufnehmer mit verschiedenen<br />

Sensoren anstatt mehrerer,<br />

anforderungsbezogener Kraftaufnehmer<br />

beziehen, entstehen ihnen<br />

Kostenvorteile. Bei dynamischen Messungen<br />

ist es nicht einfach, im Vorfeld<br />

die Anforderungen hundertprozentig<br />

festzulegen. So kann es passieren, dass<br />

mit einem nicht exakt passenden Sensor<br />

gemessen wird oder der Prüfstand<br />

nochmals umgebaut werden muss«,<br />

betont GTM. Prüfstände mit einer<br />

Messtechnik, die einen breiten Anforderungsbereich<br />

abdecke, lieferten<br />

präzise Messergebnisse. Die Frage eines<br />

eventuellen Umbaus mit entsprechendem<br />

Mehraufwand werde sich<br />

dank des breiten Anwendungsbereichs<br />

der Erfindung nicht stellen.<br />

Betreiber und Anbieter von<br />

Prüfstandstechnik sollen<br />

profitieren<br />

»In der Praxis besteht heute das Problem,<br />

dass die Anforderungen an<br />

eine dynamische Messung genau bekannt<br />

sein müssen«, so GTM. Der jeweilige<br />

Kraftaufnehmer werde dann<br />

mit dem geeigneten Beschleunigungssensor<br />

kombiniert. Oftmals sei<br />

es nicht möglich, diese Kombination<br />

in Prüfständen auch für andere Anwendungen<br />

einzusetzen. Und im Fall<br />

einer Verwendung für andere Prüfaufgaben<br />

als ursprünglich vorgesehen<br />

leide die Qualität der Messung,<br />

da der verbaute Beschleunigungssensor<br />

nicht exakt passe. So werde die<br />

beschriebene Ungenauigkeit bei dynamischen<br />

Messungen nicht wie gewünscht<br />

kompensiert. Die Erfindung<br />

löse GTM zufolge das Problem dadurch,<br />

dass sie flexibel einsetzbar sei.<br />

Nach Angaben des Messtechnikanbieters<br />

benötigen alle technischen<br />

Industriezweige, in denen beispielsweise<br />

aus Festigkeitsgründen Bauteile<br />

mit dynamischen Kräften geprüft<br />

werden müssen, Prüfstände mit der<br />

entsprechenden Messtechnik. Zu den<br />

Anwendern zählen demnach etwa die<br />

Automobil-, Luftfahrt-, Raumfahrt-<br />

und Energiebranche sowie der Bahn-<br />

und Schienenverkehr.<br />

www.gtm-gmbh.com<br />

•<br />

04 | <strong>2020</strong> 41


Menschen & Events<br />

Seitenblick<br />

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

weitet die Möglichkeit, aus Erwerbsgründen<br />

nach Deutschland einzureisen,<br />

auf alle Berufe aus. Asiatischer<br />

Maschinenbauingenieur mit industrieller<br />

Drehmaschine<br />

Foto: Shutterstock<br />

Nur ein kleiner Schritt<br />

Was bringt das Einwanderungsgesetz gegen den Fachkräftemangel?<br />

Ein neues Gesetz soll die Einwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern erleichtern und<br />

helfen, den Personalmangel zu beheben. Wird das gelingen? Sicher ist nur eins: Der bürokratische<br />

Aufwand wird so rasch nicht kleiner.<br />

Von unserem Autor Stefan Weber<br />

Sind es 600 000, 700 000 oder gar<br />

800 000? Wenn es darum geht,<br />

den Bedarf deutscher Unternehmen<br />

an Fachkräften zu ermitteln, kursieren<br />

viele Schätzungen. In einem<br />

Punkt aber besteht Einigkeit: Personalmangel<br />

herrscht in nahezu allen<br />

Branchen. Ob Industrie, Handwerk,<br />

Bauwirtschaft – überall gibt es freie<br />

Stellen. Besserung erhofft sich die<br />

Bundesregierung von einem zum<br />

1. März in Kraft getretenen Gesetz,<br />

das die Zuwanderung aus Nicht-EU-<br />

Ländern neu regelt: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

weitet die Möglichkeit,<br />

aus Erwerbsgründen nach<br />

Deutschland einzureisen, auf alle Berufe<br />

aus. Bisher war das nur in sogenannten<br />

Engpassberufen möglich,<br />

also dort, wo der Mangel an qualifizierten<br />

Bewerbern besonders groß ist.<br />

Auch eine weitere Hürde fällt nun<br />

weg: die Vorrangprüfung. Seit dem<br />

»Die Diskussion um eine<br />

erleichterte Rekrutierung<br />

von Fachkräften im Ausland<br />

lässt außer Acht, ob qualifizierte<br />

Arbeitnehmer ihre<br />

berufliche Zukunft überhaupt<br />

in Deutschland<br />

sehen.«<br />

1. März werden deutsche und EU-Bürger<br />

bei gleicher Qualifikation nicht<br />

mehr gegenüber Bewerbern aus<br />

Drittstaaten bevorzugt. Für niedrigqualifizierte<br />

Kräfte aus Nicht-EU-Ländern<br />

bleibt das Tor zum deutschen<br />

Arbeitsmarkt jedoch weiterhin geschlossen.<br />

Denn vor der Einreise werden<br />

Schul- und/oder Berufsabschluss<br />

des Bewerbers im so genannten Anerkennungsverfahren<br />

auf ihre Gleichwertigkeit<br />

geprüft. Eine Ausnahme<br />

gibt es nur für IT-Spezialisten mit mindestens<br />

drei Jahren Berufserfahrung<br />

und einem Gehalt von derzeit mindestens<br />

4 140 Euro im Monat.<br />

Werden die erleichterten Zuzugmöglichkeiten<br />

dazu führen, dass sich<br />

42 04 | <strong>2020</strong>


Seitenblick<br />

Menschen & Events<br />

die Situation auf dem Arbeitsmarkt<br />

schon bald nachhaltig entspannt? Daran<br />

gibt es erhebliche Zweifel. Die<br />

Bundesregierung erwartet künftig<br />

mindestens 25 000 zusätzliche Zuwanderer<br />

aus Drittstaaten. Das wäre<br />

nahezu eine Verdopplung gegenüber<br />

den bisherigen Zahlen, aber immer<br />

noch deutlich zu wenig, um den aktuellen<br />

Fachkräftebedarf langfristig<br />

zu decken. Das Deutsche Institut für<br />

Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin<br />

verweist auf Studien, wonach netto<br />

rund 250 000 zusätzliche Erwerbspersonen<br />

einwandern müssten, um das<br />

Arbeitskräftepotential zumindest<br />

konstant zu halten. Schließlich, so die<br />

Forscher, gehe es nicht nur um Spezialisten<br />

insbesondere aus dem IT-Bereich,<br />

die schon länger fehlen, sondern<br />

immer häufiger auch um Fachkräfte<br />

in Dienstleistungen und<br />

Verwaltungen.<br />

Bremsende Qualifikationsäquivalenz<br />

Fachleute nennen vor allem zwei<br />

Gründe, warum das Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

nach ihrer Einschätzung<br />

nicht für einen stärkeren<br />

Zuzug sorgen wird. Zum einen enthält<br />

die neue Regelung eine Klausel,<br />

wonach die nun gekappte Vorrangprüfung<br />

bei einer veränderten Situation<br />

auf dem Arbeitsmarkt sehr<br />

schnell wiederbelebt werden kann.<br />

Klare Kriterien dafür werden nicht<br />

genannt. Möglicherweise reicht ein<br />

wirtschaftlicher Abschwung mit steigender<br />

konjunktureller Arbeitslosigkeit<br />

aus, um deutsche und europäische<br />

Bewerber in einem Auswahlverfahren<br />

wieder zu bevorzugen. Diese<br />

Unklarheit dürfte potenzielle Zuwanderer<br />

abschrecken.<br />

Bremsend wirkt auch, was Juristen<br />

»Qualifikationsäquivalenz« nennen,<br />

also der Nachweis, dass potenzielle<br />

Zuwanderer eine berufliche Qualifikation<br />

besitzen, die einer deutschen<br />

Berufsausbildung gleichwertig ist,<br />

oder einen ausländischen Hochschulabschluss,<br />

der einem deutschen Hochschulabschluss<br />

vergleichbar ist.<br />

»Durch das spezielle Ausbildungssystem<br />

in Deutschland für Ausbildungsberufe<br />

ist eine eindeutige Nachweisregelung<br />

nur schwer möglich«, meint<br />

Marius Clemens, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter des DIW. Prüfung und<br />

Anerkennung ausländischer Berufs-<br />

und Schulabschlüsse erfordern einen<br />

hohen bürokratischen Aufwand – das<br />

zeigen die Erfahrungen mit Bewerbern<br />

aus Drittstaaten um einen Arbeitsplatz<br />

in Mangelberufen. Unternehmen,<br />

die außerhalb der EU neue<br />

Mitarbeiter suchen, klagen häufig<br />

über lästige Papierkriege und lange<br />

Bearbeitungszeiten.<br />

Wichtige Normen und Standards<br />

Richtig ist aber auch: Normen und<br />

Standards im Anerkennungsverfahren<br />

sind wichtig. Die Qualifikationen<br />

müssen streng und intensiv geprüft<br />

werden. Denn niedrigere Anforderungen<br />

würden zu ungewollt hohen<br />

Zuwanderungszahlen führen. Kanada<br />

hat nach Meinung vieler Beobachter<br />

eine vorbildliche Lösung gefunden.<br />

Dort werden in diesem Jahr 340 000<br />

Zuwanderer erwartet, so viele wie<br />

seit mehr als 100 Jahren nicht. Darunter<br />

sind viele Fachkräfte, die auf<br />

Grundlage eines Punktesystems gezielt<br />

ausgewählt werden, nach Alter,<br />

Ausbildung, Sprachkenntnissen und<br />

Berufserfahrung. Um jahrelange Wartezeiten<br />

und komplizierte Bürokratie<br />

zu vermeiden, wurde 2015 ein sogenanntes<br />

»Express Entry«-Verfahren<br />

eingeführt, eine Art Überholspur für<br />

Hochqualifizierte. Bewerber mit einem<br />

konkreten Jobangebot eines<br />

kanadischen Arbeitgebers ziehen an<br />

allen anderen vorbei und dürfen innerhalb<br />

weniger Wochen nach Kanada<br />

einwandern.<br />

Könnte ein solches System Vorbild<br />

für Deutschland sein? Das Bundesministerium<br />

des Inneren, für Bau und<br />

Heimat hält davon wenig: »Ein Punktesystem<br />

bedeutet lange Auswahlprozesse<br />

und neue Bürokratie; es ist<br />

das Gegenteil von Vereinfachung. Für<br />

eine tatsächliche Steigerung der Fachkräfteeinwanderung<br />

kommt es viel-<br />

»Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

ist allenfalls ein kleiner<br />

erster Schritt getan, um den<br />

Fachkräfte mangel zu beheben.<br />

Um die Personal lücke<br />

zu schließen, sind jedoch<br />

weitere Maßnahmen<br />

notwendig.«<br />

mehr auf eine gezielte Vermittlung<br />

in den hiesigen Arbeitsmarkt und<br />

eine verstärkte Sprachförderung im<br />

Ausland an.«<br />

Die Diskussion um eine erleichterte<br />

Rekrutierung von Fachkräften im<br />

Ausland lässt außer Acht, ob qualifizierte<br />

Arbeitnehmer ihre berufliche<br />

Zukunft überhaupt in Deutschland<br />

sehen. Nach einer Untersuchung der<br />

Bertelsmann Stiftung ist das zumindest<br />

bei vielen Akademikern nicht der<br />

Fall. Im persönlichen Ranking der Absolventen<br />

landete Deutschland unter<br />

30 OECD-Ländern lediglich auf Platz<br />

zwölf. Aber auch wenn der neue Kollege<br />

aus Venezuela oder die neue<br />

Kollegin aus Indien tatsächlich da<br />

sind, ist nicht alles direkt gut. Personalexperten<br />

erzählen von Fällen, in<br />

denen die angeworbene ausländische<br />

Fachkraft nach vier oder sechs Monaten<br />

wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt<br />

ist – meist aus Enttäuschung<br />

oder weil sie sich in der neuen Umgebung<br />

nicht zurechtgefunden hat. Das<br />

zeigt: Auch nach einer erfolgreichen<br />

Rekrutierung muss ein Arbeitgeber<br />

Neuankömmlingen intensiv helfen,<br />

sich in den deutschen Arbeits- und<br />

Lebensalltag zu integrieren. Dazu gehört<br />

auch Unterstützung bei vermeintlich<br />

banalen Dingen wie der<br />

Eröffnung eines Bankkontos oder<br />

dem Abschluss eines Handyvertrags.<br />

All das zeigt: Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />

ist allenfalls ein<br />

kleiner erster Schritt getan, um den<br />

Fachkräftemangel zu beheben. Um die<br />

Personallücke zu schließen, sind jedoch<br />

weitere Maßnahmen notwendig. •<br />

04 | <strong>2020</strong> 43


Menschen & Events<br />

Stahlkultur<br />

Volatilität in<br />

Edelstahl<br />

Corona-Krise, Handelskonflikte und eine angeschlagene Weltkonjunktur: Wir leben<br />

gerade in äußerst volatilen Zeiten. Beständigkeit mutet mitunter wie ein Fremdwort an.<br />

Anstelle klarer, konstanter Entwicklungen erleben wir Zickzackkurse – sowohl an der<br />

Börse als auch in geopolitischer Hinsicht. Aus diesem Grund zeigen wir an dieser Stelle<br />

die sogenannte »Hauser-Plastik«. So nennen die Mitarbeiter der Düsseldorfer Börse die<br />

dort stehende Skulptur des deutschen Bildhauers Erich Hauser. Der Künstler verewigte<br />

das Auf und Ab des Kursverlaufs in Edelstahl. Aufgestellt wurde die Skulptur vor dem<br />

Neubau der Düsseldorfer Börse im Jahr 2004 – dem Todesjahr Hausers. phi<br />

www.wikipedia.org/wiki/Erich_Hauser<br />

44 04 | <strong>2020</strong>


Stahlkultur<br />

Menschen & Events<br />

Foto: WZV<br />

04 | <strong>2020</strong> 45


Menschen & Events<br />

Termine<br />

Termin / Ort Thema Veranstalter Info / Kontakt<br />

8.–9.7.<strong>2020</strong><br />

Ulm<br />

Coiltech Deutschland <strong>2020</strong> QuickFairs +39 02 8723 4050<br />

www.quickfairs.net<br />

15.–19.9.<strong>2020</strong><br />

Stuttgart<br />

AMB <strong>2020</strong> – Internationale<br />

Ausstellung für<br />

Metallbearbeitung<br />

Landesmesse Stuttgart GmbH +49 711 185 600<br />

www.messe-stuttgart.de/amb/<br />

29.–30.9.<strong>2020</strong><br />

Düsseldorf<br />

Pit Furnace Symposium<br />

Friedr. Lohmann GmbH Werk<br />

für Spezial- und Edelstähle<br />

+49 2302 7014 0<br />

www.lohmann-conference.com<br />

30.9.–2.10.<strong>2020</strong><br />

Wien, AT<br />

Metal Additive Manufacturing<br />

Conference<br />

Austrian Society for Metallurgy<br />

and Materials (ASMET)<br />

+43 3842 402 2290<br />

www.mamc<strong>2020</strong>.org<br />

27.–30.10.<strong>2020</strong><br />

Hannover<br />

Euroblech <strong>2020</strong> Mack Brooks Exhibitions +44 1727 814 400<br />

www.euroblech.com/<strong>2020</strong>/deutsch/<br />

8.–12.11.<strong>2020</strong><br />

Wien, AT<br />

Galvatech <strong>2020</strong><br />

Austrian Society for Metallurgy<br />

and Materials (ASMET)<br />

+43 3842 402 2290<br />

www.galvatech<strong>2020</strong>.org<br />

18.–19.11.<strong>2020</strong><br />

Aachen<br />

Aachener Stahlkolloquium<br />

„steel and more“<br />

Institut für Eisenhüttenkunde,<br />

RWTH Aachen University<br />

+49 2418 095 809<br />

www.ask<strong>2020</strong>.de<br />

30.11.–2.12.<strong>2020</strong><br />

Antwerpen, BE<br />

ECHT <strong>2020</strong> – European<br />

Conference on Heat Treatment<br />

A3TS +33 145 2622 35<br />

www.a3ts.org<br />

7.–11.12.<strong>2020</strong><br />

Düsseldorf<br />

8.–11.12.<strong>2020</strong><br />

München<br />

wire - Tube <strong>2020</strong> Messe Düsseldorf GmbH +49 2114 560 01<br />

www.wire.de, www.tube.de<br />

automatica Messe München GmbH +49 8994 920 720<br />

www.automatica-munich.com/de/<br />

25.–28.1.2021<br />

Birmingham, UK<br />

MACH 2021<br />

The Manufacturing<br />

Technologies Association<br />

+44 020 7298 6402<br />

www.machexhibition.com<br />

21.–25.2.2021<br />

Seoul, KR<br />

11th International Conference<br />

on Molten Slags, Fluxes and<br />

Salts (MOLTEN 2021)<br />

The Korean Institute of Metals<br />

and Materials<br />

+82 2 565 3571<br />

www.molten<strong>2020</strong>.org/<br />

2.–5.3.2021<br />

Leipzig<br />

InTEC 2021 Leipziger Messe GmbH +49 341 678 0<br />

www.messe-intec.de<br />

18.–19.3.2021<br />

Aachen<br />

Die virtuelle Gießerei – Status<br />

und zukünftige Entwicklungen<br />

RWTH International Academy<br />

gGmbH<br />

+49 241 8097 861<br />

www.aachener-giessereikolloquium.de<br />

22.–24.3.2021<br />

Freiberg<br />

4. Freiberger-Feuerfest-<br />

Symposium<br />

Deutsche Keramische<br />

Gesellschaft e.V.<br />

+49 2203 989 8770<br />

www.ffs<strong>2020</strong>.dkg.de<br />

12.–15.4.2021<br />

Hannover<br />

8.–10.6.2021<br />

Stuttgart<br />

Hannover Messe 2021 Deutsche Messe +49 511 890<br />

www.hannovermesse.de<br />

CastForge 2021 Landesmesse Stuttgart GmbH +49 711 185 600<br />

www.messe-stuttgart.de/castforge/<br />

46 04 | <strong>2020</strong>


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oder per Mail an info@maenken.com | »stahlmarkt« ist eine Marke der Maenken Kommunikation GmbH


Menschen & Events<br />

Personen<br />

Dillinger/Saarstahl: Schweda geht, Disteldorf kommt<br />

Fotos (2): Dirk Martin/Saarstahl<br />

Joerg Disteldorf<br />

Peter Schweda<br />

Peter Schweda (62) wird sein Amt als Personalvorstand und Arbeitsdirektor<br />

der AG der Dillinger Hüttenwerke (Dillinger) und der Saarstahl<br />

AG sowie als Geschäftsführer der SHS – Stahl-Holding-Saar mit<br />

Wirkung vom 30. Juni <strong>2020</strong> niederlegen. Anschließend gehe er in<br />

den Ruhestand, teilt Dillinger mit. Als Nachfolger haben die Aufsichtsräte<br />

der Gesellschaften Jörg Disteldorf (42) mit Wirkung vom<br />

01. Juni <strong>2020</strong> für die Dauer von fünf Jahren ernannt. Disteldorf ist<br />

seit 2003 bei Dillinger in der Personalabteilung beschäftigt und seit<br />

2015 in Personalunion Leiter des Bereiches Personal und Soziales von<br />

Saarstahl und Dillinger. Seit 2019 ist er zudem Geschäftsführer und<br />

Arbeitsdirektor bei der Saarschmiede GmbH Freiformschmiede. Peter<br />

Schweda war seit 2011 Personalvorstand und Arbeitsdirektor von<br />

Dillinger und Saarstahl und seit 2016 Mitglied der Geschäftsführung<br />

der SHS – Stahl-Holding-Saar.<br />

Martina Merz bleibt Vorstandsvorsitzende bei Thyssenkrupp<br />

Martina Merz wird drei weitere Jahre den Vorstandsvorsitz bei der Thyssenkrupp AG<br />

übernehmen. Wie der Industriekonzern mitteilt, hat die Vertragslaufzeit am 1. April dieses<br />

Jahres begonnen. Zugleich ist damit ihre Entsendung aus dem Aufsichtsrat beendet, dessen<br />

Mandat sie entsprechend niedergelegt hat. »Für das Unternehmen ist das die beste<br />

denkbare Lösung. Martina Merz hat bewiesen, dass ihr Ansatz richtig ist und ihre Konsequenz<br />

Wirkung hat«, kommentiert Dr. Siegfried Russwurm, Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

von Thyssenkrupp die dauerhafte Übernahme der CEO-Rolle durch Merz. Johannes<br />

Dietsch, der zuvor als Finanzvorstand tätig war, hat sein Vorstandsmandat auf Vorschlag<br />

des Personalausschusses abgelegt. Sein Nachfolger ist Dr. Klaus Keysberg, der bereits seit<br />

Oktober des vergangenen Jahres Mitglied der Vorstands von Thyssenkrupp ist. Der promovierte<br />

Diplom-Kaufmann soll neben seiner Rolle als Finanzvorstand unverändert die<br />

Ressortzuständigkeit für die Werkstoffgeschäfte behalten.<br />

Martina Merz<br />

Foto: Thyssenkrupp<br />

AMEPA erweitert Geschäftsführung<br />

Foto: AMEPA<br />

Mit Armin Kempkes hat das Unternehmen AMEPA (Angewandte Messtechnik und<br />

Prozess automatisierung) sein Management um einen zweiten Geschäftsführer vervollständigt.<br />

Kempkes hat über 20 Jahre Erfahrung in Leitungsfunktionen bei einem Serviceprovider<br />

und Hersteller von Mess- und Diagnosesystemen – unter anderem für die vorausschauende<br />

Instandhaltung in der Stahlindustrie. Seine Aufgaben bei Amepa umfassen<br />

Produktion, Entwicklung und Finanzen, heißt es vonseiten des Unternehmens. Martin<br />

Fieweger verantworte weiterhin die Bereiche Vertrieb, Service und Engineering,<br />

Konstruktion sowie die Auftragsabwicklung.<br />

Armin Kempkes<br />

48 04 | <strong>2020</strong>


Personen<br />

Menschen & Events<br />

Inserentenverzeichnis<br />

Akcelik Blankstahl und Service Center GmbH 37<br />

BEPRO Blech und Profilstahl GmbH & Co. KG 1<br />

Business Control Software GmbH 49<br />

Coiltec Maschinenvertriebs GmbH 49<br />

IMS Messsysteme GmbH 13<br />

Marcegaglia Carbon Steel 52<br />

Peter Drösser GmbH 27<br />

Salzgitter AG 2<br />

Schages GmbH & Co. KG 49<br />

UnionStahl GmbH 51<br />

Universal Eisen und Stahl GmbH 7<br />

Voß Edelstahlhandel GmbH & CO. KG 9<br />

Walzstahlhandel Essen GmbH 17, 49<br />

Wanko Informationslogistik GmbH 49<br />

ZwickRoell GmbH & Co. KG 49<br />

04 | <strong>2020</strong> 49


Vorschau & Impressum<br />

Ausblick<br />

VORSCHAU 05.<strong>2020</strong><br />

Foto: Günther + Schramm<br />

Jubiläum im Stahlhandel: Günther + Schramm wird 90<br />

Vom reinen Stahlhändler zum führenden Systemdienstleister für Stahl, Edelstahl und<br />

Aluminium: Im Laufe seiner 90-jährigen Geschichte hat sich das Leistungsspektrum von<br />

Günther + Schramm stark weiterentwickelt. Mit seinem Full-Service-Konzept erwirtschaftete<br />

das Oberkochener Unternehmen 2019 einen Umsatz von 100 Millionen Euro –<br />

gute Vorzeichen für das Jubiläumsjahr.<br />

2019 hat das Unternehmen Günther<br />

+ Schramm stark investiert und<br />

unter anderem einen neuen Hochleistungsglühofen<br />

angeschafft.<br />

Effiziente Werkzeuge für harte Fälle<br />

Für die Hersteller von Zerspanungswerkzeugen ist der Werkzeug- und Formenbau ein<br />

wichtiges Marktsegment, in dem anspruchsvolle Bearbeitungen zum Tagesgeschäft<br />

gehören. ISCAR hat sein Portfolio für diesen Bereich kontinuierlich weiterentwickelt und<br />

bietet verschiedene Lösungen für die Fertigung der häufig komplexen Oberflächen. Dafür<br />

sorgen spezielle Werkzeug-Geometrien, hoch widerstandsfähige Schneidstoffe und<br />

Prozesse, die die digitalen Möglichkeiten von Industrie 4.0 ausschöpfen.<br />

Foto: Iscar<br />

Für die Fräser der »TOR 6 MILL«<br />

-Linie von ISCAR können Anwender<br />

vier verschiedene Wendeschneidplatten-Geometrien<br />

einsetzen.<br />

Foto: Schäfer Werke GmbH<br />

Erfreuter Stipendiat:<br />

Torben Kock (Links)<br />

Schäfer Container Systems stiftet Deutschlandstipendium<br />

Schäfer Container Systems stiftet erstmals ein Deutschlandstipendium im Studienfach<br />

Getränketechnologie. Freuen darf sich Torben Kock, ein gebürtiger Kieler und begeisterter<br />

Whiskey-Sammler. Er studiert Getränketechnologie im dritten Semester an der für Weinbau<br />

spezialisierten Hochschule Geisenheim University (HGU) am Rhein.<br />

Impressum<br />

Verlag:<br />

Maenken Kommunikation GmbH<br />

Von-der-Wettern-Str. 25 · 51149 Köln<br />

Tel. +49 2203 35 84-0<br />

info@maenken.com · www.maenken.com<br />

Herausgeber:<br />

Dr. Wieland Mänken (V.i.S.d.P.)<br />

Redaktion:<br />

Philipp Isenbart (Redaktionsleitung)<br />

Tel. +49 2203 3584-121<br />

E-Mail: philipp.isenbart@maenken.com<br />

Niklas Reiprich, niklas.reiprich@maenken.com<br />

Ständige Mitarbeiter in Berlin, Warschau, New York<br />

Objektleitung:<br />

Wolfgang Locker (verantwortlich)<br />

Tel. +49 2203 3584-182<br />

E-Mail: wolfgang.locker@maenken.com<br />

Anzeigen:<br />

Wolfgang Locker (verantwortlich)<br />

Tel. +49 2203 3584-182<br />

E-Mail: wolfgang.locker@maenken.com<br />

Susanne Kessler, Tel. +49 2203 3584-116<br />

E-Mail: susanne.kessler@maenken.com<br />

Redaktionsanschrift:<br />

»stahlmarkt«<br />

Maenken Kommunikation GmbH<br />

Von-der-Wettern-Str. 25, 51149 Köln<br />

E-Mail: stahlmarkt@maenken.com<br />

Druck:<br />

D+L Printpartner GmbH<br />

Schlavenhorst 10, 46395 Bocholt<br />

Erscheinungsweise: jeweils zum Monatsanfang.<br />

Bezugspreise: Einzelheft 15,– €, im Jahresabonnement<br />

(12 Ausgaben) 112,– € einschl. Zustellgebühr und<br />

Mehrwertsteuer. Ausland 126,– € einschl. Porto.<br />

Kündigungsfrist bis zum 15. November zum 31. Dezember<br />

des jeweiligen Jahres. Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste<br />

Nr. 67.<br />

Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />

Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Jede Verwertung außerhalb der durch das<br />

Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist ohne<br />

Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere<br />

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen<br />

und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen<br />

Systemen.<br />

Haftung: Für Leistungsminderungen durch höhere Gewalt<br />

und andere vom Verlag nicht verschuldete Umstände<br />

(z.B. Streik) können keine Entschädigungsansprüche von<br />

Abonnenten und/oder Inserenten geltend gemacht werden.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr.<br />

Warenzeichen: Die Wiedergabe von Warenbe zeichnungen,<br />

Handelsnamen oder sonstigen Kenn zeichnungen<br />

in dieser Zeitschrift berechtigt nicht zu der Annahme, dass<br />

diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr<br />

handelt es sich häufig um eingetragene Warenzeichen<br />

oder gesetzlich geschützte Kennzeichen, auch wenn sie als<br />

solche nicht eigens gekennzeichnet sind.<br />

Urheberrecht für Autoren: Mit Annahme des Manus<br />

kripts gehen das Recht zur Veröffentlichung sowie die<br />

Rechte zur Übersetzung, zur Vergabe von Nach druckrechten,<br />

zur elektronischen Speicherung in Datenbanken,<br />

zur Herstellung von Sonderdrucken, Fotokopien und<br />

Mikro kopien an den Verlag über. In der unaufgeforderten<br />

Zusendung von Beiträgen und Informationen an den<br />

Verlag liegt das jederzeit widerrufliche Einverständnis, die<br />

zugesandten Beiträge bzw. Informationen in Datenbanken<br />

einzustellen, die vom Verlag oder von mit diesem kooperierenden<br />

Dritten geführt werden.<br />

Erfüllungsort Köln<br />

© <strong>2020</strong> Maenken Kommunikation GmbH, Köln<br />

Printed in Germany · ISSN 0178-6571<br />

50 04 | <strong>2020</strong>


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