Stahlmarkt 12/2020
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<strong>12</strong> | Dezember <strong>2020</strong><br />
HANDEL & SERVICE<br />
thyssenkrupp kämpft<br />
mit Corona-Folgen I <strong>12</strong><br />
Flachstahl: Positive<br />
Wirtschaftsdaten<br />
unterstützen Preise I 16<br />
HANDEL • INDUSTRIE • MENSCHEN<br />
ANWENDER<br />
Automotives: Druck<br />
durch Verschärfung der<br />
Klimaziele I 58
2 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Editorial<br />
»Dass der thyssenkrupp-Vorstand in der<br />
<br />
jetzigen Situation eine Sondervergütung<br />
bekommt, dürfte nicht nur bei den<br />
<br />
Aktionären für Kopfschütteln sorgen!«<br />
Liebe Leserinnen & Leser,<br />
zwei Themen haben die Stahlbranche in den vergangenen Tagen dominiert:<br />
die vorhersehbare Fortsetzung des freien Falls des Industrieriesen<br />
thyssenkrupp (S. <strong>12</strong>) und der unverhoffte Führungswechsel in der Saar-<br />
Stahlindustrie (S. 63). Die Tatsache, dass die Stahlsparte von thyssenkrupp<br />
immer tiefer in den roten Zahlen versinkt und das einstige Flaggschiff der<br />
deutschen Industrie vollends mitzureißen droht, ist in doppeltem Sinne tragisch:<br />
Zum einen, weil dadurch Tausende Arbeitsplätze verschwinden, hinter<br />
denen Existenzen stehen. Zum anderen, weil sich die schmerzliche Entwicklung des<br />
einstigen Weltkonzerns nicht allein auf hausgemachte Fehler reduzieren lässt. Die Corona-<br />
Pandemie ist ein klares Beispiel dafür. Dass der thyssenkrupp-Vorstand in der jetzigen<br />
Situation eine Sondervergütung bekommt, dürfte jedoch nicht nur bei den Aktionären für<br />
Kopfschütteln sorgen!<br />
Auch bei thyssenkrupp herrscht Klarheit darüber, dass allein ein staatlicher Rettungsring<br />
die hochdefizitäre Stahlsparte nicht auf Dauer über Wasser halten wird. Die Verschmelzung<br />
der beiden größten deutschen Stahlhersteller thyssenkrupp und Salzgitter zu einer Deutschen<br />
Stahl AG ist bislang zumindest keine Option für die Stahlkocher aus Nieder sachsen.<br />
Unter diesen Umständen scheint der britische Interessent Liberty Steel noch der größte<br />
Hoffnungsträger für die Stahlsparte von thyssenkrupp zu sein.<br />
Abzuwarten bleibt auch, ob der wesentlich branchenerfahrenere und als empathischer<br />
geltende Stahlmanager Karl-Ulrich Köhler den wirtschaftlichen Hüttenbrand an der Saar<br />
erfolgreicher bekämpfen wird als sein Vorgänger, Tim Hartmann. Daran war der vorige<br />
SHS-Chef trotz härtester Sparprogramme gescheitert. Hoffen wir, dass Köhler der Stahl-<br />
Holding-Saar eine dauerhafte Perspektive geben kann.<br />
Äußerst spannend sind die Preisentwicklungen für Flach- und Langstahl im kommenden<br />
Jahr. Eine erste Prognose finden Sie in unserem Marktbericht ab S. 16. Besonders zu empfehlen<br />
ist auch unser Exklusivinterview mit Gerrit Nawracala von der Messe Düsseldorf<br />
(S. 64). Darin verrät der neue Projektleiter Metallurgy & Foundry Technologies einiges über<br />
seine Pläne mit der »Bright World of Metals«. Auch sonst finden Sie viel Interessantes und<br />
Aktuelles, was die Branche bewegt – sowohl in dieser Ausgabe als auch auf Twitter unter<br />
@stahleisen_de.<br />
Ich wünsche Ihnen gesunde Festtage und einen entspannten Jahreswechsel<br />
Chefredakteur<br />
Philipp Isenbart<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 3
INHALT <strong>12</strong>.<strong>2020</strong><br />
HANDEL & SERVICE<br />
News<br />
7 EuroBLECH erneut verschoben<br />
8 Deutschland: Erste Zunahme der<br />
Rohstahlproduktion seit Monaten<br />
8 Zweiter Sächsischer Stahlgipfel: Gespräche<br />
über Weg in klimaneutrale Wirtschaft<br />
8 KNAUF INTERFER bündelt Aktivitäten<br />
8 Wirtschaftsweise heben BIP für <strong>2020</strong> an<br />
9 ArcelorMittal: Logistiklösung für Standort<br />
Eisenhüttenstadt<br />
9 Reaktionen auf neuen Handelspakt RCEP<br />
10 EUROFER begrüßt Registrierung türkischer<br />
Einfuhren von warmgewalztem Flachstahl<br />
10 Corona: Unternehmen verzeichnen<br />
Digitalisierungsschub<br />
10 WTO meldet weltweit mehr Wirtschaftshilfen<br />
Deutschland<br />
<strong>12</strong> thyssenkrupp leidet an Corona-Auswirkungen<br />
und Krise im Stahlbereich<br />
15 Seppeler Gruppe übernimmt Müritz-Zink<br />
Marktbericht<br />
16 Höhere Preise bei Flachstahl erwartet<br />
International<br />
18 US-Stahlbranche erwartet produktive<br />
Zusammenarbeit mit Biden<br />
20 Swiss Steel mit belasteten Umsatzmengen und<br />
Absatz<br />
21 voestalpine: Gesunkener Umsatz in schwierigem<br />
Jahresverlauf<br />
Know-how<br />
22 AGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />
schaffen mehr Sicherheit und Transparenz<br />
INDUSTRIE & TECHNOLOGIE<br />
Deutschland<br />
24 Just in sequence vom Blech zum<br />
Maschinenkörper<br />
Branche im Fokus<br />
28 EU-Safeguards: Zwiespalt in der Stahlbranche<br />
ANWENDER<br />
Baubranche<br />
57 Bauwerke dauerhaft schützen<br />
SPECIALS<br />
Steel art<br />
30 Der ArcelorMittal-Orbit in London<br />
32 Tetraeder auf der Bottroper Halde Beckstraße<br />
Markieren & Kennzeichnen<br />
34 Neues Akku-Handmarkiersystem aus dem Hause<br />
MARKATOR<br />
35 XXL-Box mit besonders großem Markierfeld<br />
36 Faserlaser für kleinformatige und<br />
anpassungsfähige Beschriftungslösungen<br />
Weihnachts-Special<br />
38 Edelstahl ist ein Allrounder im Tankschiffbau<br />
46 Bronzenfarbene Membran für Hermès-<br />
Flagship-Store<br />
50 Laser messen vollständige Geometrie von<br />
Rohrenden<br />
52 Tube End Check auf einen Blick: Die Technik im<br />
Detail erklärt<br />
54 Lagertechnik: Intralogistik erfolgreich erweitert<br />
55 Klingspor-Händlerportal: Service-Plattform mit<br />
vielen Funktionen<br />
Automotives<br />
58 Verschärfung der Klimaziele erzeugt Druck<br />
MENSCHEN & EVENTS<br />
Seitenblick<br />
60 Unternehmensnachfolge: Corona erschwert<br />
Staffelübergabe<br />
Events<br />
62 Termine<br />
VIP<br />
63 Personen<br />
64 Gerrit Nawracala im Exklusivinterview<br />
STANDARDS<br />
3 Editorial<br />
6 Stahlerzeugung<br />
62 Inserentenverzeichnis<br />
66 Vorschau/Impressum<br />
4 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Inhalt<br />
Foto: thyssenkrupp AG<br />
Foto: ShutterstockH<br />
<strong>12</strong><br />
thyssenkrupp kämpft mit Corona-Folgen<br />
und Stahlkrise<br />
Düstere Aussichten für thyssenkrupp: Beim Essener<br />
Industriekonzern sollen insgesamt 11 000 Arbeitsplätze<br />
wegfallen. »Die nächsten Schritte können schmerzhafter<br />
werden als die bisherigen. Wir werden sie dennoch gehen<br />
müssen«, unterstrich thyssenkrupp-Chefin Martina<br />
Merz auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz.<br />
SPECIAL 38<br />
Auf Nummer sicher bei extremen<br />
Transportbelastungen<br />
Tankschiffe haben im globalen Handel eine Schlüsselrolle:<br />
Sie befördern flüssige Güter über die Weltmeere.<br />
Ob Rohöl, verflüssigte Gase oder Saftkonzentrate –<br />
alle diese Waren erfordern eine spezielle Auslegung<br />
der Tanks, die während des Transports extremen<br />
Belastungen ausgesetzt sind. Ob für Tanks, Schotten,<br />
Rohrleitungen, Pumpen, Armaturen, Kühlsysteme<br />
oder Tanklagerbälge - ohne den leicht zu verarbeitenden<br />
und extrem haltbaren Werkstoff Edelstahl<br />
geht hier gar nichts.<br />
58<br />
Autobranche spürt Druck durch<br />
Verschärfung der Klimaziele<br />
Die ehrgeizigen EU-Klimaziele können nur zu<br />
erreicht werden, wenn EU und Mitgliedsstaaten<br />
für die entsprechenden Voraussetzungen für den<br />
Hochlauf alternativer Antriebe und Kraftstoffe<br />
sorgen. Darauf verweist der Verband der Automobilindustrie<br />
(VDA). Es sei wichtig, die Konsequenzen<br />
für Wachstum und Beschäftigung zu<br />
bedenken und offen für neue Technologien zu<br />
sein.<br />
Foto: Outokumpu<br />
64<br />
Nawracala: »Wir decken die gesamte<br />
Wertschöpfungskette ab.«<br />
Gerrit Nawracala ist neuer Projektleiter Metallurgy &<br />
Foundry Technologies bei der Messe Düsseldorf und<br />
verantwortet damit auch die »Bright World of Metals.<br />
Im Exklusivinterview mit »stahlmarkt« gab Nawracala<br />
Einblick in seine Pläne bezüglich der Fachmessen<br />
GIFA, METEC, Thermprocess und Newcast und in die<br />
Zukunft der »Bright World of Metals«.<br />
Foto: Messe Düsseldorf<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 5
Stahlerzeugung<br />
Oktober Oktober % Veränd. 10 Monate Veränderung<br />
<strong>2020</strong> 2019 Okt. 20/19 <strong>2020</strong> 2019 in %<br />
Belgien 550 e 705 -22,0 5 425 6 626 -18,1<br />
Deutschland 3 417 3 315 3,1 29 144 33 851 -13,9<br />
Finnland 362 316 14,8 2 826 3 030 -6,7<br />
Frankreich 1 065 1 181 -9,9 9 292 <strong>12</strong> 424 -25,2<br />
Großbritannien 565 e 610 -7,4 5 750 6 <strong>12</strong>6 -6,1<br />
Italien 2 119 2222 -4,6 16 669 19 801 -15,8<br />
Luxemburg 180 e 178 0,9 1 596 1 844 -13,5<br />
Niederlande 551 574 -4,0 4 959 5 591 -11,3<br />
Österreich 480 e 609 -21,2 5 198 6 341 -18,0<br />
Polen 620 e 756 -18,0 6 468 7 670 -15,7<br />
Schweden 414 330 25,4 3 578 4 036 -11,3<br />
Spanien 1 113 1 206 -7,7 8 933 11 803 -24,3<br />
Tschechien 359 268 33,8 3 617 3 843 -5,9<br />
Ungarn <strong>12</strong>0 e 141 -14,6 1 307 1 442 -9,4<br />
Weitere EU-Länder (e) 695 e 944 -139,7 7 255 9 972 -159,4<br />
Europäische Union (28) <strong>12</strong> 610 13 356 -5,6 1<strong>12</strong> 017 134 400 -16,7<br />
Bosnien-Herzegowina 40 e 55 -27,3 425 662 -35,8<br />
Mazedonien 25 e 21 21,5 150 194 -22,6<br />
Norwegen 65 e 63 3,7 527 528 -0,2<br />
Serbien <strong>12</strong>4 160 -22,5 1 216 1 618 -24,9<br />
Türkei 3 208 2 687 19,4 29 140 27 964 4,2<br />
Europa außer EU 3 462 2 985 16,0 31 459 30 967 1,6<br />
Kasachstan 340 e 351 -3,1 3 095 3 397 -8,9<br />
Moldawien 40 e 25 60,0 361 316 14,3<br />
Russland 6 050 e 5 798 4,3 59 327 59 824 -0,8<br />
Ukraine 1 653 1 561 5,9 16 977 17 963 -5,5<br />
Usbekistan 80 e 47 70,2 786 530 48,3<br />
Weißrussland 230 e 232 -0,8 2 138 2222 -3,8<br />
C.I.S. 8 393 8 015 4,7 82 684 84 252 -1,9<br />
Kanada 850 e 1 030 -17,5 8 911 10 851 -17,9<br />
Mexiko 1 470 e 1 454 1,1 13 713 15 600 -<strong>12</strong>,1<br />
USA 6 143 7 250 -15,3 59 872 73 382 -18,4<br />
Weitere Länder (3) (e) 42 e 54 -64,7 384 522 -79,3<br />
Nordamerika 8 505 9 788 -13,1 82 879 100 355 -17,4<br />
Argentinien 382 382 0,1 2 872 3 961 -27,5<br />
Brasilien 2 784 2 690 3,5 25 131 27 450 -8,5<br />
Chile 105 e 1<strong>12</strong> -6,2 950 9<strong>12</strong> 4,2<br />
Kolumbien 110 e <strong>12</strong>4 -11,0 927 1 150 -19,4<br />
Weitere Länder (5) (e) 98 e 157 -45,8 888 1 663 -188,9<br />
Südamerika 3 479 3 466 0,4 30 767 35 136 -<strong>12</strong>,4<br />
Ägypten 670 552 21,5 6 563 6 078 8,0<br />
Libyen 50 68 -26,7 351 478 -26,4<br />
Südafrika 380 e 546 -30,4 3 259 5 424 -39,9<br />
Afrika 1 100 1 166 -5,6 10 173 11 980 -15,1<br />
Iran 2 660 e 2080 27,9 23 794 21 <strong>12</strong>9 <strong>12</strong>,6<br />
Katar 48 228 -79,0 1 052 2 198 -52,1<br />
Saudi Arabien 748 532 40,6 6 164 6 886 -10,5<br />
Vereinigte Arabische Emirate 192 285 -32,7 2 203 2 741 -19,6<br />
Mittlerer Osten 3 648 3 <strong>12</strong>4 16,8 33 214 32 954 0,8<br />
China 92 202 81781 <strong>12</strong>,7 873 933 828 752 5,5<br />
Indien 9 058 8 981 0,9 79 684 93 038 -14,4<br />
Japan 7 200 8 150 -11,7 68 407 83 782 -18,4<br />
Pakistan 375 e 265 41,5 2 974 2 783 6,9<br />
Südkorea 5 859 5 964 -1,8 55 039 59 628 -7,7<br />
Taiwan, China 1 660 e 1 713 -3,1 17 325 18 611 -6,9<br />
Thailand 390 e 361 7,9 3 539 3 556 -0,5<br />
Vietnam 3 372 1 594 111,5 21 898 16 999 28,8<br />
Asien <strong>12</strong>0 116 108 809 10,4 1 <strong>12</strong>2 798 1 107 148 1,4<br />
Australien 518 488 6,2 4 568 4 596 -0,6<br />
Neuseeland 59 51 15,3 484 551 -<strong>12</strong>,1<br />
Ozeanien 578 540 7,0 5 052 5 146 -1,8<br />
Gesamt 64 Länder (1) 161 890 151 248 7,0 1 511 043 1 542 339 -2,0<br />
1)<br />
Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltrohstahlproduktion 2018 in 1.000 t.<br />
e – geschätzt<br />
6 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
News<br />
Handel & Service<br />
EuroBLECH erneut verschoben<br />
Hannover. Erneut hat Mack-Brooks Exhibitions die<br />
Fachmesse EuroBLECH verschoben: Die Organisatoren<br />
teilten mit, die nächste Ausgabe der »Technologiemesse<br />
der Blechbearbeitung« erst wieder vom 25. bis<br />
28. Oktober 2022 in Hannover auszurichten. Zuvor<br />
sollte die Veranstaltung vom 9. bis <strong>12</strong>. März 2021 auf<br />
dem Messegelände in Hannover stattfinden.<br />
»Nach ausführlichen Gesprächen mit allen Teilnehmern<br />
sind wir zu der Entscheidung gekommen, in<br />
unseren gewöhnlichen Messerhythmus zurückzukehren<br />
und die nächste Messe zum ursprünglich geplanten<br />
Termin abzuhalten«, erklärt Nicola Hamann,<br />
Geschäftsführerin von Mack Brooks Exhibitions. Ihr<br />
zufolge sei es aufgrund der weiterhin unsicheren Lage<br />
mit Blick auf die Corona-Pandemie »die beste Entscheidung,<br />
die Messe zu verschieben«.<br />
In den Messekalender hat es die EuroBLECH in diesem<br />
Jahr dennoch geschafft – wenn auch nur rein virtuell.<br />
»Mit der jüngsten Einführung des EuroBLECH Digital<br />
Innovation Summit haben wir den Grundstein für einen<br />
hybriden Messeansatz für die EuroBLECH gelegt«,<br />
sagt Hamann. Dieser ermögliche es somit, auch im<br />
Die nächste EuroBLECH soll vom 25. bis 28. Oktober 2022 in<br />
Hannover stattfinden.<br />
Jahr 2021 eine Reihe von digitalen Events für die<br />
Blechbearbeitungsindustrie zu veranstalten. »Es war<br />
sehr offensichtlich auf der EuroBLECH Digital, dass<br />
derzeit ein großer Bedarf in der Industrie besteht, sich<br />
zu treffen und Innovationen zu entdecken, um Geschäfte<br />
wieder anzutreiben«, so Hamann. Weitere Informationen<br />
der digitalen Events wollen die Veranstalter<br />
in Kürze bekannt geben.<br />
Foto: Mack Brooks Exhibitions<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 7
Handel & Service<br />
News<br />
Deutschland: Erste Zunahme der Rohstahlproduktion<br />
seit Monaten<br />
Düsseldorf. In Deutschland wurden im Oktober<br />
3,4 Millionen Tonnen Rohstahl (Oxygen- und Elektrostahl)<br />
hergestellt. Damit lag die Erzeugung zum ersten<br />
Mal seit Februar wieder über dem entsprechenden<br />
Vorjahresmonat (+3,1 Prozent), berichtet die Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahl. Die Menge an produziertem<br />
Roheisen betrug in dem Berichtszeitraum 2,1 Millionen<br />
Tonnen (-1 Prozent). Warmgewalzte Stahlerzeugnisse<br />
(+4,1 Prozent) wurden in einer Menge von rund<br />
3,1 Millionen Tonnen hergestellt.<br />
Stahlerzeugung im Elektroofen<br />
Foto: Shutterstock<br />
Zweiter Sächsischer Stahlgipfel: Gespräche über<br />
Weg in klimaneutrale Wirtschaft<br />
Vor Kurzem fand der zweite Sächsische<br />
Stahlgipfel als Videokonferenz<br />
statt. Beteiligt waren die BGH<br />
Edelstahl Freital GmbH, die<br />
Schmiedewerke Gröditz GmbH,<br />
die ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi<br />
GmbH (Riesa), die Mannesmannröhren-Werk<br />
GmbH (Zeithain), die<br />
IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen<br />
sowie die Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahl. Wie das<br />
Internetportal »stahl-online.de«<br />
berichtet, sagte der sächsische<br />
Wirtschaftsminister Martin Dulig,<br />
die Transformation hin zu einer<br />
klimafreundlichen, CO 2 -neutralen<br />
Wirtschaft gelinge nur mit der<br />
Stahlindustrie. Sachsen begrüße<br />
daher das »Handlungskonzept<br />
Stahl« der Bundesregierung und<br />
fordere eine zügige Umsetzung<br />
der dort genannten Maßnahmen.<br />
Als Elektrostahlland könne Sachsen<br />
relativ schnell ein Standort für<br />
grüne und nachhaltige Stahlproduktion<br />
werden, erklärte Dulig.<br />
Die schrottbasierte Elektrostahlproduktion<br />
sei für den Weg in die<br />
klimaneutrale Wirtschaft ein wichtiger<br />
Baustein, erläuterte Hans<br />
Jürgen Kerkhoff, Präsident der<br />
WV Stahl. Ihre nachhaltigen Produkte<br />
und eine gut funktionierende<br />
Kreislaufwirtschaft würden<br />
bereits heute einen wichtigen Beitrag<br />
zum Klimaschutz leisten. Damit<br />
dies so bleibe, sei es für die<br />
Elektrostahlunternehmen besonders<br />
wichtig, dass politische Rahmenbedingungen<br />
auf den Weg<br />
gebracht würden, die international<br />
wettbewerbsfähige Stromund<br />
Energiepreise sicherten. Zudem<br />
müssten alle Potenziale für<br />
die Kreislaufwirtschaft ausgenutzt<br />
werden. Die Teilnehmer des zweiten<br />
Sächsischen Stahlgipfels verabschiedeten<br />
das Positionspapier<br />
»Sachsen will Standort für klimaneutrale<br />
Stahlproduktion werden«,<br />
welches das im August 2019<br />
beim ersten Sächsischen Stahlgipfel<br />
verabschiedete Positionspapier<br />
fortführe.<br />
KNAUF INTERFER bündelt<br />
Aktivitäten<br />
Essen. Knauf Interfer konzentriert seine Aktivitäten in<br />
Benelux, Großbritannien und Irland an seinem Standort<br />
Eindhoven in den Niederlanden. Somit haben<br />
künftig Kunden aus fünf Ländern ein Büro, das sich<br />
um ihre Anfragen kümmert. Die Neuorganisation<br />
gehe mit einer erheblichen Ausweitung des Produktportfolios<br />
einher, betont das Unternehmen. Dazu gehören<br />
unter anderem streckgerichtete Bleche, hochfeste<br />
Güten sowie Kaltband, Fein- und Feinstblech.<br />
Wirtschaftsweise heben BIP<br />
für <strong>2020</strong> an<br />
Wiesbaden. Wie verschiedene Medien berichten, erwarten<br />
die fünf Wirtschaftsweisen aufgrund der Konjunkturerholung<br />
im Sommer für das Gesamtjahr nur<br />
noch einen Einbruch des BIP um 5,1 Prozent. Im Juni<br />
waren sie noch von 6,5 Prozent ausgegegangen. Für<br />
2021 rechnen sie mit einem Wachstum von 3,7 Prozent.<br />
Sie loben die staatlichen Rettungsmaßnahmen<br />
und das Konjunkturpaket von 130 Milliarden Euro.<br />
Zusammen würden diese die Wirtschaftsleistung der<br />
kommenden Jahre um 1,1 bis 2 Prozent steigern.<br />
8 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
News<br />
Handel & Service<br />
ArcelorMittal: Logistiklösung für Standort Eisenhüttenstadt<br />
Eisenhüttenstadt. ArcelorMittal<br />
und DB Cargo haben einen Zehnjahresvertrag<br />
über den Transport<br />
und den Umschlag von Rohstoffen<br />
am Standort Eisenhüttenstadt<br />
geschlossen. Wie ArcelorMittal<br />
mitteilt, will DB Cargo zu diesem<br />
Zweck in mehr als 350 neue Waggons<br />
und 1 400 Spezialbehälter<br />
investieren. Als weitere Neuerung<br />
beabsichtigt das Unternehmen,<br />
in Eisenhüttenstadt<br />
zwei teilautomatisierte Entladeanlagen<br />
inklusive Entstaubung<br />
zu errichten und selbst<br />
zu betreiben. Das soll in Zusammenarbeit<br />
mit der Firma<br />
Innofreight geschehen. Fertigstellung<br />
und Inbetriebnahme<br />
sollen im Sommer 2021 erfolgen.<br />
Infolgedessen plant ArcelorMittal,<br />
am Standort Eisenhüttenstadt<br />
den Aufbau einer der modernsten<br />
Rohstofflogistiken Europas. »Mit<br />
dem Einsatz spezieller, auf die<br />
unterschiedlichen Eigenschaften<br />
von Erz, Koks und Kalkstein optimierten<br />
Behältertypen können<br />
wir die Nettozuladung je Zug um<br />
Die Bahn ist für ArcelorMittal nach eigenen Angaben<br />
der wichtigste Verkehrsträger.<br />
rund 20 Prozent steigern und benötigen<br />
dadurch deutlich weniger<br />
Züge«, so Sybille Klipstein, Lead<br />
Buyer Rail bei ArcelorMittal. Das<br />
schone die Umwelt und reduziere<br />
den Rangieraufwand im Werk.<br />
Zudem biete die automatisierte<br />
Entladung den Mitarbeitern einen<br />
staubarmen und lärmgeschützten<br />
Arbeitsplatz.<br />
Die Bahn gilt für Arcelor-<br />
Mittal als der wichtigste<br />
Verkehrsträger. Konzernangaben<br />
zufolge werden gegenwärtig<br />
95 Prozent der<br />
Rohstofftransporte zum<br />
Standort über die Schiene<br />
Foto: Shutterstock<br />
realisiert. Täglich seien dies<br />
sechs Züge mit etwa 200<br />
Waggons.<br />
Reaktionen auf neuen<br />
Handelspakt RCEP<br />
Kiel. Die deutsche Wirtschaft befürchtet<br />
durch das weltgrößte Freihandelsabkommen<br />
»Regional Comprehensive Economic Partnership«<br />
(RCEP), das China mit 14 anderen Asien-Pazifik-Staaten<br />
abgeschlossen hat, schlechtere<br />
Absatzmöglichkeiten. Das meldete das<br />
Internetportal »stahl-online.de« unter Verweis<br />
auf verschiedene Me dien. Europa habe<br />
bereits bilaterale Handelsabkommen mit einigen<br />
RCEP-Partnern wie zum Beispiel Japan,<br />
Korea, Singapur und Vietnam, so Gabriel Felbermayr,<br />
Präsident des Instituts für Weltwirtschaft<br />
in Kiel (IfW). Mit den anderen ASE-<br />
AN-Ländern sowie mit Australien und Neuseeland<br />
sollten Abschlüsse erzielt werden. Sonst<br />
drohe Europa aus diesen Märkten gedrängt<br />
zu werden. Laut Michael Hüther, Direktor des<br />
Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln<br />
(IW), müssten die USA und Europa nun ein<br />
neues TTIP-Abkommen anstreben. Auf dieser<br />
Basis würden sich dann auch verbesserte<br />
Chancen ergeben, die WTO zu reformieren.<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 9
Handel & Service<br />
News<br />
EUROFER begrüßt Registrierung türkischer Einfuhren von<br />
warmgewalztem Flachstahl<br />
EUROFER: Die Registrierung ist ein<br />
wichtiges Instrument, um die Wirksamkeit<br />
der EU-Handelsschutzinstrumente<br />
sicherzustellen.<br />
Foto: Shutterstock<br />
Brüssel. EUROFER hat den Beginn<br />
der Registrierung türkischer<br />
warmgewalzter Stahlimporte begrüßt.<br />
Dies könnte möglicherweise<br />
zur rückwirkenden Anwendung<br />
von Antidumpingzöllen führen,<br />
die normalerweise für Januar 2021<br />
geplant sind, teilte die Europäische<br />
Stahlvereinigung mit. In Anbetracht<br />
der in der grundlegenden<br />
Handelsverteidigungsverordnung<br />
festgelegten Regeln sei die<br />
Registrierung von Einfuhren eine<br />
Voraussetzung für die rückwirkende<br />
Anwendung des Antidumpings<br />
möglicher vorläufiger Zölle im<br />
Januar. Die Registrierung trage<br />
dazu bei, opportunistische Importschübe<br />
vor der Einführung<br />
späterer Zölle zu vermeiden. Praktisch<br />
alle Einfuhren aus der Türkei<br />
in die EU ab dem 14. November<br />
<strong>2020</strong> könnten künftig Antidumpingzöllen<br />
unterliegen. »Die Bereitstellung<br />
von Antidumpingverfahren<br />
ist langsam und zeitaufwändig«,<br />
sagte Axel Eggert,<br />
Generaldirektor von EUROFER.<br />
»Während der vierzehnmonatigen<br />
Untersuchung werden die Importe<br />
volatil bleiben und den EU-Markt<br />
schnell stören. Die Registrierung<br />
ist daher ein wichtiges Instrument,<br />
um die Wirksamkeit der EU-Handelsschutzinstrumente<br />
sicherzustellen.«<br />
Der Antrag auf Registrierung wurde<br />
von EUROFER im September<br />
<strong>2020</strong> nach einer im Mai <strong>2020</strong> eingereichten<br />
Antidumpingbeschwerde<br />
gestellt.<br />
Corona: Unternehmen verzeichnen Digitalisierungsschub<br />
Mannheim. Im Zuge der Corona-Pandemie machen<br />
viele Unternehmen Fortschritte bei der Digitalisierung<br />
ihres Angebots, ihrer Geschäftsprozesse und der Arbeit<br />
ihrer Beschäftigten. Das teilt das Leibniz-Zentrum<br />
für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mit. Im<br />
unternehmensnahen Dienstleistungsbereich berichten<br />
demnach etwa 40 Prozent und im Verarbeitenden Gewerbe<br />
etwa 25 Prozent der Unternehmen von einem<br />
solchen Digitalisierungsschub. Derweil lägen die Umsätze<br />
der Unternehmen häufig noch unterhalb des<br />
Vorkrisen-Niveaus – und das teilweise sehr deutlich. Zu<br />
diesen Ergebnissen komme eine repräsentative Umfrage<br />
unter rund 1 400 Unternehmen der Informationswirtschaft<br />
und des Verarbeitenden Gewerbes, die das<br />
ZEW Mannheim im September <strong>2020</strong> durchgeführt hat.<br />
»Vor allem die Arbeit der Beschäftigten gestaltet sich<br />
in vielen Unternehmen sichtbar digitaler als vor der<br />
Krise. Rund jedes dritte Unternehmen in der Informationswirtschaft<br />
und jedes vierte Unternehmen im Verarbeitenden<br />
Gewerbe hat hier den eigenen Digitalisierungsgrad<br />
erhöhen können«, sagt Dr. Daniel Erdsiek,<br />
Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich Digitale<br />
Ökonomie. Nicht nur bei der Arbeit der Beschäftigten<br />
seien die Unternehmen seit Krisenbeginn digitaler<br />
geworden, sondern häufig auch bei der Angebotspalette<br />
und den Geschäftsprozessen. Größere Unternehmen<br />
verzeichneten deutlich häufiger digitale Fortschritte.<br />
WTO meldet weltweit mehr Wirtschaftshilfen<br />
Genf. Wie die Börsen-Zeitung berichtet, gibt es der Welthandelsorganisation (WTO) zufolge aufgrund des<br />
technologischen Wandels mehr Staatshilfen für die Wirtschaft in weiten Teilen der Welt. Im Jahresbericht<br />
zur Lage von Welthandel und Weltwirtschaft nannte die WTO 115 Länder, die eine oder mehrere Formen<br />
aktiver Industriepolitik betrieben. Auch die »Industriestrategie 2030« Deutschlands sei erwähnt worden,<br />
mit der die Bundesregierung als kritisch erachtete Technologien schützen und den kontinuierlich sinkenden<br />
Anteil der Industrie an der Wertschöpfung steigern will.<br />
10 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Handel & Service<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 11
Handel & Service<br />
Deutschland<br />
Fotos (4): thyssenkrupp AG<br />
Vorerst keine Sonne in Sicht: Konzernzentrale von thyssenkrupp in Essen<br />
thyssenkrupp leidet an Corona-<br />
Auswirkungen und Stahlkrise<br />
Prioritäten für <strong>2020</strong>/2021: Bessere Performance, Stahllösung,<br />
Richtungsentscheidungen für Multi Tracks<br />
Essen. »Von allen unseren Geschäften liegen die mit Abstand größten Herausforderungen beim<br />
Stahl«, brachte es thyssenkrupp-Finanzvorstand Klaus Keysberg auf der Bilanzpressekonferenz<br />
<strong>2020</strong> im November in Essen auf den Punkt. Die Entwicklung des einstigen Stahlriesen war im Geschäftsjahr<br />
2019/<strong>2020</strong> maßgeblich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie beeinträchtigt.<br />
Insbesondere die Werkstoff- und Komponentengeschäfte mussten den Nachfrageeinbruch der<br />
Automobilindustrie und weiterer Sektoren hinnehmen.<br />
Für das Geschäftsjahr 2019/<strong>2020</strong>,<br />
das am 30. September endete,<br />
weist thyssenkrupp einen Auftragseingang<br />
von 28,2 Milliarden<br />
Euro aus, 17 Prozent weniger als im<br />
Vorjahr. Der Umsatz verringerte sich<br />
um 15 Prozent auf 28,9 Milliarden<br />
Euro. Der bereinigte operative Gewinn<br />
(EBIT) lag mit -1,6 Milliarden<br />
Euro erwartungsgemäß unter dem<br />
Vorjahreswert (-110 Millionen Euro).<br />
Abbau von insgesamt<br />
11 000 Arbeitsplätzen<br />
»Die Corona-Pandemie ist eine gewaltige<br />
Belastungsprobe für thyssenkrupp«,<br />
betonte Vorstandschefin Martina<br />
Merz und kündigte an: »Wir werden<br />
noch weiter in den roten Bereich<br />
gehen müssen, ehe wir thyssenkrupp<br />
zukunftsfähig aufgestellt haben.«<br />
Das Unternehmen hatte im Mai<br />
2019 den Wegfall von 6 000 Stellen<br />
innerhalb von drei Jahren angekündigt.<br />
Davon wurden nach Unternehmensinformationen<br />
bereits etwa 3600<br />
Arbeitsplätze abgebaut. »Um den<br />
langfristigen Marktentwicklungen und<br />
den Auswirkungen von Corona gerecht<br />
zu werden, sieht thyssenkrupp<br />
momentan weiteren Abbaubedarf von<br />
– gemessen an der Ausgangssituation<br />
– insgesamt 11000 Stellen«, teilt der<br />
Konzern mit. Diese zusätzlichen 7400<br />
<strong>12</strong> <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Handel & Service<br />
Jobs sollen in den kommenden<br />
drei Jahren gestrichen<br />
werden.<br />
»Wir werden noch<br />
weiter in den roten Bereich<br />
gehen müssen, ehe wir<br />
thyssenkrupp zukunftsfähig<br />
aufgestellt haben.«<br />
Martina Merz, Vorstandsvorsitzende,<br />
thyssenkrupp AG<br />
Übernahmeangebot von<br />
Liberty Steel wird geprüft<br />
»Wir befinden uns mitten im größten<br />
Restrukturierungsprozess und Stellenabbau<br />
in der Geschichte von<br />
thyssenkrupp«, gestand thyssenkrupp-Personalvorstand<br />
Oliver Burkhard<br />
auf der Bilanzpressekonferenz.<br />
Betriebsbedingte Kündigungen könnten<br />
nicht ausgeschlossen werden.<br />
Um die strukturellen Herausforderungen<br />
im Stahlgeschäft anzugehen<br />
und die Transformation zu grünem<br />
Stahl voranzubringen, sondiere man<br />
verschiedene Optionen, heißt es vonseiten<br />
des Konzerns. Eine Grundsatzentscheidung<br />
für den Stahlbereich<br />
werde voraussichtlich im Frühjahr<br />
2021 getroffen. Ein Übernahmeangebot<br />
des britischen Konkurrenten Liberty<br />
Steel werde zurzeit »eingehend<br />
geprüft«, erwähnte Keysberg. »Unser<br />
Ziel bleibt, den Stahl in einem äußerst<br />
herausfordernden Wettbewerbsumfeld<br />
nachhaltig zukunftsfähig aufzustellen.«<br />
Die Herausforderungen<br />
beim Stahl ließen sich nicht allein mit<br />
Staatshilfen bewältigen, räumte der<br />
Finanzvorstand ein.<br />
Steel Europe: Umsatz<br />
20 Prozent unter Vorjahr<br />
Die Geschäftsentwicklung bei »Steel<br />
Europe« war nach Unternehmensangaben<br />
weiterhin durch die äußerst<br />
problematische Lage im <strong>Stahlmarkt</strong><br />
gekennzeichnet. Nach einer bereits<br />
spürbar gesunkenen Nachfrage aus<br />
der Automobilindustrie zu Beginn des<br />
Geschäftsjahres seien im Verlauf des<br />
dritten Quartals zunehmend die Auswirkungen<br />
der Corona-Pandemie hinzugekommen.<br />
In der Summe hätten<br />
Auftragseingang und Umsatz im Gesamtjahr<br />
um 17 beziehungsweise 20<br />
Prozent unter Vorjahr gelegen.<br />
Die Werkstoffsparte<br />
»Materials Services« bekam<br />
thyssenkrupp zufolge<br />
die schwache Nachfrageentwicklung<br />
und Preisrückgänge<br />
in nahezu allen Produktsegmenten<br />
mit einer<br />
pandemiebedingt verstärkten negativen<br />
Entwicklung ab der zweiten<br />
Märzhälfte zu spüren. Negative Effekte<br />
seien auch durch die pandemiebedingte<br />
temporäre Schließung des italienischen<br />
Edelstahlwerkes AST gekommen.<br />
Auftragseingang und<br />
Umsatz hätten sich mit 18 beziehungsweise<br />
19 Prozent deutlich rückläufig<br />
entwickelt.<br />
Starke Nachfragerückgänge<br />
Mit Ausnahme des Lenkungstechnologiebereichs<br />
Steering – der vom<br />
Hochlauf neuer Werke und Projekte<br />
profitiert habe – habe »Automotive<br />
Technology« pandemiebedingt deutliche<br />
Nachfragerückgänge hinnehmen,<br />
so thyssenkrupp. Auftragseingang<br />
und Umsatz seien um <strong>12</strong> beziehungsweise<br />
13 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr zurückgegangen.<br />
Bei »Industrial Components« hätten<br />
sich die Großwälzlager insbesondere<br />
aufgrund der guten Auftragslage<br />
in Deutschland und China im Bereich<br />
Windenergie weiterhin stark<br />
gezeigt. »Beim Schmiedegeschäft<br />
belasteten – in einem ohnehin schwachen<br />
Markt für Lkw- und Baumaschinen-Komponenten<br />
– das temporäre<br />
Herunterfahren beziehungsweise der<br />
stark eingeschränkte Betrieb aller wesentlichen<br />
Werke in Folge der Corona-Pandemie<br />
das Geschäft«, heißt es<br />
in einer Unternehmensmitteilung.<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 13
Handel & Service<br />
Deutschland<br />
Insgesamt hätten sich Auftragseingang<br />
und Umsatz um 21 beziehungsweise<br />
17 Prozent verringert.<br />
Chemieanlagenbau:<br />
Positive Entwicklung<br />
Die Anlagenbausparte<br />
»Plant Technology« konnte<br />
nach Unternehmensangaben<br />
ihren Umsatz nahezu<br />
auf dem Niveau des Vorjahres<br />
halten. Der Chemieanlagenbau<br />
entwickelte<br />
sich demnach deutlich positiv,<br />
während der Zementanlagenbau<br />
unter Vorjahr abgeschlossen<br />
habe. Die Bereiche Mining<br />
und Service hätten sich stabil entwickelt.<br />
Gegenüber dem durch Großaufträge<br />
im Mining- und Düngemittelgeschäft<br />
geprägten Vorjahr sei der<br />
Auftragseingang insbesondere durch<br />
die zurückhaltende Vergabe von<br />
Großprojekten um 41 Prozent zurückgegangen.<br />
Dennoch habe der<br />
Chemieanlagenbau ein steigendes<br />
Interesse nach Elektrolyseanlagen<br />
und -ausrüstung verzeichnet. Der<br />
Zementanlagenbau habe Aufträge in<br />
den USA sowie einer Anlage zur<br />
CO 2 -armen Zementproduktion in<br />
Kamerun gewonnen.<br />
Der Auftragseingang bei »Marine<br />
Systems« sei im Berichtsjahr auf Vorjahresniveau<br />
geblieben, während der<br />
Umsatz um 3 Prozent leicht zurückgegangen<br />
sei. Negativ habe sich dort ein<br />
temporär verlangsamter Fortschritt<br />
bei Projekten im Unterwasserbereich<br />
ausgewirkt, so thyssenkrupp.<br />
Bilanzstärkung durch<br />
Elevator-Verkauf<br />
»Das als nicht fortgeführte Aktivität<br />
ausgewiesene Aufzuggeschäft verzeichnete<br />
bis zur Entkonsolidierung<br />
zum 31. Juli <strong>2020</strong> einen Auftragseingang<br />
von 6,7 Milliarden Euro, der<br />
damit leicht unter dem vergleichbaren<br />
Vorjahreszeitraum lag«, teilt der<br />
Konzern mit. Während sich das Neuanlagen-<br />
und Servicegeschäft in den<br />
USA positiv entwickelt habe, habe<br />
»Wir befinden uns<br />
mitten im größten Restrukturierungsprozess<br />
und Stellenabbau<br />
in der Geschichte<br />
von thyssenkrupp.«<br />
Oliver Burkhard,<br />
Personalvorstand,<br />
thyssenkrupp AG<br />
»Elevator Technology« in<br />
Asien und Europa aufgrund<br />
der Corona-Pandemie<br />
Rückgänge verzeichnet.<br />
Für das Geschäftsjahr 2019/<strong>2020</strong><br />
weist thyssenkrupp eigenen Informationen<br />
zufolge (inklusive nicht fortgeführter<br />
Aktivitäten) einen Jahresüberschuss<br />
von 9,6 Milliarden Euro auf<br />
(Vorjahr: -260 Millionen Euro). Darin<br />
enthalten sei der erzielte Gewinn aus<br />
dem Verkauf des Aufzuggeschäfts von<br />
rund 15 Milliarden Euro.<br />
Multi Tracks: Kaufangebote<br />
werden geprüft<br />
Bezüglich des Segments »Multi<br />
Tracks« teilt der Industriekonzern mit,<br />
dass er für unterschiedliche Konstellationen<br />
im Anlagenbau und für das<br />
Edelstahlwerk im italienischen Terni<br />
(AST) indikative Angebote beziehungsweise<br />
eine Reihe von Interessensbekundungen<br />
erhalten habe.<br />
Diese würden derzeit<br />
eingehend geprüft. In<br />
den Bereichen Federn<br />
& Stabilisatoren und<br />
System Engineering<br />
»Die Herausforderungen<br />
beim Stahl lassen sich<br />
nicht allein mit Staatshilfen<br />
bewältigen.«<br />
Klaus Keysberg, Finanzvorstand,<br />
thyssenkrupp AG<br />
treibe der Industriekonzern die angestoßenen<br />
Restrukturierungen konsequent<br />
voran. Für Infrastructure werde<br />
derzeit ein Verkaufsprozess vorbereitet.<br />
Bei Grobblech steige die Wahrscheinlichkeit<br />
für die vereinbarte<br />
Schließung, da sich kein Interessent<br />
mehr im Bieterprozess befinde. Im<br />
Bereich Chemical Process Technologies<br />
(CPT) verzeichnet thyssenkrupp<br />
eigenen Angaben zufolge aktuell<br />
eine enorm gestiegene Nachfrage<br />
und zahlreiche Projektankündigungen.<br />
Die Einheit profitiere von der<br />
stark wachsenden Nachfrage nach<br />
Wasserstofftechnologien.<br />
Erwartung: Deutliche Verbesserung<br />
des Bereinigten EBIT<br />
Beim Umsatz für das laufende Geschäftsjahr<br />
<strong>2020</strong>/2021 rechnet der<br />
Vorstand in Abhängigkeit der Erholung<br />
des weltweiten Automobilmarktes<br />
mit einem Wachstum im niedrigen<br />
bis mittleren einstelligen Prozentbereich<br />
(Vorjahr: 28,9 Milliarden Euro).<br />
Vor diesem Hintergrund erwartet<br />
thyssenkrupp für das Bereinigte EBIT<br />
eine signifikante Verbesserung gegenüber<br />
dem Vorjahr auf einen Verlust<br />
im mittleren dreistelligen<br />
Millionen- Euro-Bereich (Vorjahr: pro<br />
forma -1,8 Milliarden Euro). »Bei<br />
deutlichen Fortschritten über alle Geschäfte<br />
wird das Segment Multi<br />
Tracks das Ergebnis mit einem Verlust<br />
im niedrigen bis mittleren<br />
dreistelligen Millionen-Euro-Bereich<br />
und Steel Europe<br />
mit einem negativen Betrag<br />
im niedrigen dreistelligen<br />
Millionen- Euro-Bereich belasten«,<br />
teilt thyssenkrupp mit.<br />
Trotz der »deutlichen operativen<br />
Verbesserungen« sowie<br />
dem Entfall der Wertberichtungen<br />
auf langfristige Vermögenswerte<br />
aus dem Vorjahr erwartet thyssenkrupp<br />
einen Jahresfehlbetrag von<br />
mehr als -1 Milliarde Euro.<br />
thyssenkrupp, phi<br />
www.thyssenkrupp.com<br />
•<br />
14 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Handel & Service<br />
Seppeler Gruppe übernimmt<br />
Müritz-Zink<br />
Kauf erfolgt rückwirkend zum 1. Januar <strong>2020</strong><br />
Rietberg / Waren (Müritz). Die Seppeler Gruppe gibt bekannt, dass sie die Müritz-Zink GmbH zu<br />
100 Prozent übernommen hat. Demnach wollen die Geschäftsführer beider Familienunternehmen<br />
die Müritz-Zink GmbH gemeinsam führen und damit das Leistungsspektrum der Seppeler<br />
Gruppe in den Regionen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erweitern.<br />
Die Müritz-Zink GmbH blickt auf<br />
eine mehr als 20-jährige Firmengeschichte<br />
zurück. Zu dem<br />
Familienunternehmen zählen eine<br />
Verzinkerei sowie eine Pulverbeschichtung.<br />
Bereits 1998 erfolgte der Start<br />
mit dem Bau einer Feuerverzinkungsanlage.<br />
Seit September 2000 ergänzt<br />
die Pulverbeschichtung das Leistungsspektrum<br />
des Unternehmens. »Mit<br />
ihren Pulver- und Duplexbeschichtungen<br />
bietet Müritz-Zink Korrosionsschutzsysteme<br />
mit Langzeitschutz«,<br />
teilt die Seppeler Gruppe mit.<br />
Das Unternehmen erklärt, mit diesem<br />
Zukauf seine Präsenz in der Region<br />
Mecklenburg-Vorpommern und<br />
Brandenburg zu stärken und sich als<br />
neuer strategischer Partner der<br />
Müritz-Zink GmbH zu verstehen.<br />
Gleichzeitig wächst die Seppeler Gruppe<br />
mit dem Erwerb eigenen Angaben<br />
zufolge auf mittlerweile 16 Standorte<br />
in Deutschland und Polen an.<br />
»Wie bei anderen Unternehmenskäufen<br />
in der Vergangenheit auch,<br />
wird die Seppeler Gruppe den Standort<br />
weiterentwickeln und ihre dortige<br />
Marktpräsenz damit erweitern«, erklärt<br />
die Gruppe. Andrea Gralak wird<br />
weiter Geschäftsführerin der<br />
Müritz-Zink GmbH bleiben. Verstärkt<br />
nächsten Wochen und Monaten stehe<br />
eine schrittweise Integration in die<br />
Seppeler Gruppe auf dem Programm,<br />
so der Feuerverzinkungsspezialist mit<br />
Hauptsitz im nordrhein-westfälischen<br />
wird die Geschäftsführung durch die Rietberg.<br />
•<br />
Seppeler-Geschäftsführer Stefan<br />
Neese und Thomas Weise. In den www.seppeler.de<br />
Hintergrund<br />
Seppeler – das Unternehmen<br />
Seit mehr als 100 Jahren steht Seppeler für Dienstleistung rund um das<br />
Feuerverzinken. Heute beschäftigt die Gruppe eigenen Angaben zufolge<br />
an 16 Standorten in Deutschland und Polen rund 1600 Mitarbeiter.<br />
Neben der Verzinkung zählen die Behältertechnik, Gitterroste und Beschichtung<br />
zu den Kernbereichen der Seppeler Gruppe. Durch die enge<br />
Zusammenarbeit und Kooperation zwischen allen Standorten sollen<br />
sämtliche Kundenanforderungen innerhalb des Unternehmensverbundes<br />
bedient werden. Bei allen Leistungen legt das Unternehmen nach<br />
eigenen Informationen besonderen Wert auf Umwelt-, Arbeits- und<br />
Gesundheitsschutz, Energieeffizienz und optimierte Prozesse, die vielfach<br />
zertifiziert worden seien. Die 2003 gegründete Dr. Klaus Seppeler<br />
Stiftung fördere die unternehmensbezogene Forschung und Entwicklung<br />
und trage auf diese Weise nachhaltig zur Unternehmensentwicklung<br />
bei, heißt es.<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 15
Handel & Service<br />
Marktbericht<br />
Flachstahl: Höhere Preise werden<br />
zu Jahresbeginn 2021 erwartet<br />
Prognose: Auch Langstahl könnte von Wirtschaftsdaten profitieren<br />
Die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes signalisieren auch im November Wachstum im verarbeitenden<br />
Gewerbe. Die Industrieproduktion übertraf ebenfalls die Erwartungen. Somit dürften die<br />
Stahlpreise weiterhin von den guten Wirtschaftsdaten im Industriebereich unterstützt werden.<br />
Von Peter Fertig*<br />
Im Vergleich zu vor vier Wochen sind<br />
die jüngsten Prognosen der quantitativen<br />
Modelle von MBI Research<br />
für die Preise von Flachstahlprodukten<br />
wieder etwas optimistischer geworden.<br />
Anstatt der Erwartung eines marginalen<br />
Rückgangs für Warmbreitband<br />
sagen sie jetzt einen Anstieg von<br />
1 Prozent voraus. Bei Feinblechen<br />
sollte die Preissteigerung mit 3 Prozent<br />
allerdings etwas geringer ausfallen.<br />
In den vergangenen vier Wochen<br />
legte Warmbreitband (ex Werk) um<br />
5,7 Prozent auf 523 Euro pro Tonne zu,<br />
während sich Feinblech (ex Werk) nur<br />
um 4,6 Prozent verteuerte und mit<br />
593 Euro pro Tonne gehandelt wurde.<br />
Der Hauptgrund für diese Prognose ist<br />
ein Anstieg des Index von MBI<br />
Research für die Produktionskosten.<br />
Allerdings ist das wirtschaftliche Umfeld<br />
für die Stahlproduzenten nach<br />
wie vor günstig, um höhere Preise<br />
durchzusetzen und so die Rentabilität<br />
zu verbessern. Darüber hinaus ist der<br />
Preis für Importmaterial aus China erheblich<br />
gestiegen, was ebenfalls Spielraum<br />
für die Forderung höherer Preise<br />
von den Stahlverbrauchern lässt.<br />
Starker Anstieg der<br />
Produktionskosten<br />
Auch für das Segment der Langstahlprodukte<br />
haben sich die Preisaussichten<br />
nach den quantitativen Modellen<br />
erheblich verbessert. Vor vier Wochen<br />
waren sie noch pessimistisch und gingen<br />
von einem Rückgang um bis zu<br />
vier Prozent aus. Jetzt stellen sie jedoch<br />
einen Anstieg um 5 Prozent in<br />
den nächsten vier Wochen für Betonstahl<br />
beziehungsweise Walzdraht in<br />
Aussicht. In den vergangen vier Wochen<br />
entwickelte sich der Betonstahl<br />
bereits besser als erwartet, da er mit<br />
462 Euro pro Tonne um 0,2 Prozent<br />
höher handelte, während Walzdraht<br />
per Saldo um 0,4 Prozent auf 521 Euro<br />
pro Tonne nachgab, was deutlich besser<br />
als die Modellprognose ausfiel. Der<br />
Hauptgrund für die optimistische<br />
Prognose für Langstahlprodukte in<br />
den letzten Wochen des Jahres <strong>2020</strong><br />
ist ein starker Anstieg der Produktionskosten<br />
aufgrund der Stahlschrottpreise.<br />
Aber auch hier haben sich die<br />
Preise für Importmaterial aus China<br />
erheblich verteuert, sodass die heimischen<br />
Stahlproduzenten höhere Preise<br />
verlangen konnten.<br />
Weiter Wachstum im<br />
verarbeitenden Gewerbe<br />
Die Stahlverbraucher sollten den Fehler<br />
vermeiden, den ifo-Index für das<br />
deutsche Geschäftsklima als Maßstab<br />
für den Stahlsektor zu verwenden.<br />
Der Gesamtindex, der seit einigen<br />
Jahren auch den Dienstleistungssektor<br />
umfasst, sank im November<br />
von 92,5 auf 90,7 Punkte. Während<br />
die Bewertung der aktuellen Lage<br />
nur leicht von 90,4 auf 90,0 Punkte<br />
zurückging, verschlechterten sich die<br />
Geschäftserwartungen für die<br />
nächsten sechs Monate von 94,7 auf<br />
91,5 Punkte. Im September lagen die<br />
Geschäftserwartungen noch bei<br />
97,3 Punkten. Dieser Rückgang ist<br />
zweifellos eine Folge der zunehmenden<br />
neuen Corona-Infektionen in<br />
Europa. Der verarbeitende Sektor ist<br />
jedoch kein Opfer. Dies kann durch<br />
16 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Marktbericht<br />
Handel & Service<br />
einen Blick auf den ursprünglichen<br />
ifo-Index ohne den Dienstleistungssektor<br />
gezeigt werden, der unverändert<br />
bei 95,7 Punkten blieb. Die aktuelle<br />
Geschäftslage verbesserte sich<br />
um 2,1 auf 94,9 Punkte, aber die<br />
Geschäftserwartungen sanken ebenfalls<br />
von 98,7 auf 96,6 Punkte.<br />
Seit Ende September betonte MBI<br />
Research, dass die zweite Welle steigender<br />
neuer Corona-Infektionen<br />
negative Auswirkungen auf den<br />
Dienstleistungssektor haben würde,<br />
nicht aber auf den Fertigungssektor.<br />
Die vorläufigen Zahlen für die Indizes<br />
der Einkaufsmanager (PMI) stützen<br />
diese Einschätzung. Der PMI des Verarbeitenden<br />
Gewerbes für Deutschland<br />
hielt sich deutlich besser als der<br />
von den Bankenökonomen vorhergesagte<br />
Konsens. Statt von 58,2 auf<br />
56,0 Punkte fiel der Index nur leicht<br />
auf 57,9 Punkte zurück. Der PMI für<br />
den Dienstleistungssektor ging hingegen<br />
von 49,5 auf 46,2 Punkte zurück,<br />
was den Konsenserwartungen entsprach.<br />
Für die Eurozone fiel der PMI<br />
des Verarbeitenden Gewerbes etwas<br />
stärker von 54,8 auf 53,6 Punkte, was<br />
aber über den Erwartungen der Analysten<br />
liegt. Wichtiger ist, dass der PMI<br />
für die Eurozone nach wie vor auf ein<br />
Wachstum im Industriesektor hinweist,<br />
der für die Stahlnachfrage relevant<br />
ist. Der PMI für den Dienstleistungssektor<br />
in der Eurozone fiel von<br />
46,9 auf 41,3 Punkte, was weit unter<br />
dem Konsens lag und auch den Anstieg<br />
neuer Corona-Infektionen in der<br />
Eurozone widerspiegelt.<br />
Die wichtigste Botschaft aus den<br />
Wirtschaftsdaten ist, dass die Indikatoren<br />
für die gesamte Wirtschaft ein<br />
irreführendes Bild zeichnen. Der Industriesektor<br />
befindet sich nach wie vor in<br />
einer robusten Erholung. Die Stahlnachfrage<br />
in den letzten Wochen des<br />
Jahres <strong>2020</strong> und in den ersten Wochen<br />
des Jahres 2021 dürfte weiterhin stark<br />
bleiben. Daher könnten es die Beschaffungsmanager<br />
der Stahlverbraucher<br />
schwer haben, günstige Preise für die<br />
Lieferung im nächsten Jahr auszuhandeln.<br />
Robuste Stahlproduktion im<br />
Oktober<br />
Unterstützt wird die Ansicht, dass die<br />
Stahlnachfrage auch für den Rest des<br />
Jahres <strong>2020</strong> robust bleiben dürfte,<br />
durch die Entwicklung der globalen<br />
Stahlproduktion im Oktober. Nach<br />
jüngsten Zahlen der World Steel<br />
Association ragt China mit einem Anstieg<br />
der Rohstahlproduktion auf<br />
92,2 Millionen Tonnen immer noch heraus,<br />
was einem Anstieg von <strong>12</strong>,7 Prozent<br />
im Jahresvergleich entspricht. China<br />
ist jedoch nicht mehr das einzige<br />
Land mit einer höheren Stahlproduktion<br />
im Vergleich zum gleichen Monat<br />
im Jahr 2019. Deutschland produzierte<br />
mit 3,4 Millionen Tonnen 3,1 Prozent<br />
mehr Rohstahl als im Vorjahr, nach einem<br />
Minus von 9,7 Prozent im September<br />
<strong>2020</strong>. Auch Indien produzierte im<br />
Oktober dieses Jahres 0,9 Prozent mehr<br />
Stahl, während die Produktion im September<br />
noch um 2,9 Prozent fiel. Insgesamt<br />
stieg die weltweite Stahlproduktion<br />
im Oktober <strong>2020</strong> im Vergleich zum<br />
Vorjahresmonat um 7,7 Prozent.<br />
Noch vor wenigen Wochen war die<br />
Stimmung für die Stahlnachfrage in<br />
China etwas pessimistisch. Die jetzt<br />
veröffentlichten Wirtschaftsdaten für<br />
Oktober <strong>2020</strong> trugen jedoch zu einer<br />
optimistischeren Einschätzung bei. Die<br />
Industrieproduktion stieg im Vergleich<br />
zum Oktober 2019 um 6,9 Prozent, was<br />
einem unveränderten Anstieg gegenüber<br />
dem Vormonat September entspricht.<br />
Die Industrieproduktion übertraf<br />
jedoch die Konsensprognosen.<br />
Dies führte zu steigenden Preisen bei<br />
Stahl und Eisenerz.<br />
*Der Autor ist Senior Analyst beim<br />
Informationsdienstleister MBI.<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 17
Handel & Service<br />
International<br />
Foto:Shutterstock<br />
New York, USA: Fußgänger mit Masken spazieren durch einen fast leeren Times Square.<br />
Stahlbranche erwartet produktive<br />
Zusammenarbeit mit Biden<br />
AISI hofft auf Verwirklichung eines massiven Infrastrukturplans und<br />
Beibehaltung der Stahlimportzölle<br />
New York. Kein anderer Interessensverband fordert so deutlich wie das American Iron and Steel<br />
Institute (AISI) die Erwartungen eines Industriesektors von der bevorstehenden Regierung unter<br />
Joe Biden. Neuigkeiten gibt es auch von Big River Steel, US Steel und ArcelorMittal in Indiana.<br />
Von unserer New Yorker Korrespondentin Brigitte Nacos<br />
Zum ersten Mal in der mehr als 230-jährigen Geschichte<br />
der USA weigert sich ein Präsident wochenlang,<br />
den Wahlsieg seines politischen Gegners anzuerkennen.<br />
Doch während Donald Trump noch immer<br />
seine unbewiesenen Behauptungen zum angeblichen<br />
Wahlbetrug wiederholt, haben viele Manager der größten<br />
US-Unternehmen den Wahlsieg Joe Bidens anerkannt und<br />
eine friedliche und effiziente Übergabe der Regierungsgeschäfte<br />
von der alten an die neue Administration verlangt.<br />
Der Stahlsektor war keine Ausnahme. Während die<br />
CEOs einzelner Stahlunternehmen schwiegen, drückte der<br />
amtierende CEO ihres Dachverbandes AISI, Kevin Dempsey,<br />
öffentlich die Erwartung für eine »produktive Zusammenarbeit<br />
mit der Biden-Administration« aus. Dempsey<br />
nannte Biden den »gewählten Präsidenten«.<br />
Verbände fordern Trump zur Machtübergabe auf<br />
Die Wirtschaft bevorzugt stabile Zeiten – nicht die Unbestimmtheit,<br />
die Trump seit vielen Monaten mit seiner nicht<br />
existierenden Covid-19-Politik und der damit verbundenen<br />
Rezession verursachte. Seit der Wahlnacht verschärfte der<br />
Präsident diese Ungewissheit, indem er sich trotz der<br />
gegenteiligen Ergebnisse zum Sieger erklärte. Seitdem<br />
waren drastische Auf- und Ab-Bewegungen an der Wall<br />
Street ein Barometer für die Ungewissheit in der Privatwirtschaft.<br />
18 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
International<br />
Handel & Service<br />
In dieser Situation forderten zahlreiche Lobby-Verbände<br />
Trump und seine Administration auf, mit der sofortigen<br />
Vorbereitung der Machtübergabe in Washington in guter<br />
Zusammenarbeit mit dem Biden-Team zu beginnen. Der<br />
CEO der US-Handelskammer, Tom Donahue, der zuvor eng<br />
mit Trump und seinen republikanischen Vorgängern im<br />
Weißen Haus zusammenarbeitete, verlangte eine effiziente<br />
Kooperation der beiden Seiten im Interesse von<br />
»Sicherheit und Wohlbefinden« aller Amerikaner. Die<br />
National Association of Manufacturers, die 1 400 stahlverarbeitende<br />
und andere Unternehmen der herstellenden<br />
Industrie vertritt, gratulierte dem künftigen Präsidenten<br />
Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris und sprach einer<br />
Kooperation der alten und neuen Administration das<br />
Wort. Das gleiche galt für den Business Roundtable, der<br />
große und viele multinationale Unternehmen vertritt.<br />
United Steelworkers und AISI: Multilaterale<br />
Handelsmaßnahmen bevorzugt<br />
Doch kein anderer Interessensverband artikulierte so<br />
nachdrücklich und detailliert wie das AISI die Erwartungen<br />
eines Industriesektors von der künftigen Biden-<br />
Administration. Die Website der Stahllobby zitierte<br />
Dempseys beide Prioritäten: Die Beibehaltung der Zölle<br />
auf Stahlimporte – basierend auf der Sektion 232 – und<br />
die prompte Realisierung eines umfassenden Infrastrukturplans,<br />
den Joe Biden im Wahlkampf versprach. Obwohl<br />
es während der Covid-19-Krise keine höheren Stahleinfuhren<br />
gab, warnte Dempsey vor einer Aufhebung der<br />
Schutzzölle in Höhe von 25 Prozent, weil ein solcher<br />
Schritt katastrophale Folgen für Stahlunternehmen und<br />
ihre Belegschaften hätte. Im Wahlkampf hatte Biden der<br />
Gewerkschaft United Steelworkers (USW), die ihn unterstützte,<br />
nicht die Erhaltung der umstrittenen Stahlimportzölle<br />
versprochen. Stattdessen kündigte er an, dass er als<br />
Präsident alle von Trump verhängten Importzölle prüfen<br />
und dann seine Entscheidung fällen werde. Biden kritisierte<br />
auch, dass die von der Trump-Administration verhängten<br />
Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren den<br />
einschlägigen Industriezweigen lediglich kurzfristig helfen<br />
würden. Er kündigte an, dass er als Präsident mit<br />
internationalen Alliierten über kollektive Lösungen zur<br />
Bekämpfung unfairer Handelsgebaren verhandeln werde.<br />
Die Stahlarbeitergewerkschaft und AISI-Chef Dempsey<br />
erklärten vor und nach den Wahlen, dass auch sie multilaterale<br />
Maßnahmen in Bezug auf Fairness im internationalen<br />
Handel bevorzugten.<br />
Nachdem er Biden und Harris zum Wahlsieg gratulierte,<br />
unterstrich USW-Präsident Tom Convey, dass seine Organisation<br />
eine gute Zusammenarbeit mit ihrer Regierung<br />
erwartet. Er applaudierte Bidens Zehnjahresplan für eine<br />
Investition in Höhe von umgerechnet gut einer Milliarde<br />
Euro für den Wiederaufbau und die Modernisierung der<br />
verfallenen und veralteten Infrastruktur. Ein solches Mammutprojekt<br />
sei gut für die Gesamtwirtschaft, nicht nur für<br />
den Stahlsektor. Was Convey in seiner öffentlichen Erklärung<br />
nach dem Wahltag nicht erwähnte, unterstrich Dempsey<br />
für die AISI-Mitgliedsunternehmen: Er appellierte an<br />
den Kongress, unverzüglich einschlägige Gesetze zu verabschieden,<br />
die finanzielle Resourcen für die Überholung<br />
der Infrastruktur freizumachen. Das war wichtig. Denn als<br />
Präsident braucht Biden die Kooperation beider Kongresskammern,<br />
um diesen Plan zu verwirklichen. Über die parteiliche<br />
Mehrheit im US-Senat werden zwei Stichwahlen<br />
im Bundesstaat Georgia Anfang Januar entscheiden. Falls,<br />
wie erwartet, die Republikanische Partei die Senatsmehrheit<br />
behält, hängt das Schicksal des Infrastrukturplans nicht<br />
von Biden und der Demokraten-Mehrheit im Repräsentantenhaus,<br />
sondern von den Republikanern im Senat ab. Ob<br />
es dann zu einer überparteilichen Zusammenarbeit kommen<br />
wird, ist bislang ein großes Fragezeichen.<br />
Hoffnung auf Wirtschaftsbelebung<br />
Obwohl die Zahl der Covid-19-Infektionen und Todesopfer<br />
im ganzen Land weiter drastisch anstieg, hat die Aussicht<br />
auf den baldigen Beginn von Impfungen gegen das Coronavirus<br />
Hoffnungen auf eine Belebung der Wirtschaft<br />
innerhalb der nächsten Monate ausgelöst. Für die Stahlindustrie<br />
bedeutet das zum Jahresende ansteigende Bestellungen<br />
und höhere Stahl- und Aktienpreise.<br />
Im Burns-Harbor-Werk von ArcelorMittal im Bundesstaat<br />
Indiana gab es einen Covid-19-Ausbruch unter der Belegschaft,<br />
der die Produktion drosselte. Das Unternehmen<br />
informierte Kunden, dass für Januar 2021 geplante Auslieferungen<br />
erst im Februar verfügbar und weitere Verspätungen<br />
für Lieferungen im Februar möglich seien. US Steel<br />
startete die Wiederanheizung eines stillgelegten Hochofens<br />
im integrierten Gary-Works-Komplex in Indiana. Das<br />
Mini-Mill-Unternehmen Big River Steel in Arkansas überraschte<br />
mit der Inbetriebnahme des zweiten Elektrolichtbogenofens,<br />
der die Jahreskapazität des Werks auf 3,3 Millionen<br />
Tonnen erhöhen soll. Die zweite Konstruktionsphase,<br />
die umgerechnet knapp 600 Millionen Euro<br />
kostete und die Produktionskapazität verdoppeln soll,<br />
wurde zwei Monate früher als erwartet abgeschlossen.<br />
US Steel investierte im vergangenen Jahr gut 580 Millionen<br />
Euro für einen 49,9-prozentigen Unternehmensanteil mit<br />
der Option, Alleineigentümer von Big River Steel zu werden.<br />
Während das Management des Mini-Mill-Unternehmens<br />
bezweifelte, dass US Steel die restlichen 50,1 Prozent<br />
in Kürze erwerben wird, erwarten einige Wall-Street-<br />
Analysten eine solche Transaktion in naher Zukunft.<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 19
Handel & Service<br />
International<br />
Swiss Steel kämpft mit belasteten<br />
Umsatzmengen und Absatz<br />
Einzig in China verzeichnet Schweizer Stahlkonzern positives Wachstum<br />
Emmenbrücke. Für die Swiss Steel Group – ehemals Schmolz + Bickenbach – waren die Finanzzahlen<br />
im dritten Quartal sowohl von der saisonal tieferen Nachfrage in den Sommermonaten als<br />
auch den nach wie vor spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie gezeichnet. Während sich<br />
gegen Ende des dritten Quartals eine Erholung der Nachfrage abzeichnete, blieben Absatzmengen,<br />
Umsatz und bereinigtes EBITDA auf niedrigem Niveau.<br />
Foto: Shutterstock<br />
Im dritten Quartal <strong>2020</strong> hat die<br />
Schweizer Unternehmensgruppe<br />
mit 332 Kilotonnen um 18 Prozent<br />
weniger Stahl abgesetzt als im Vorjahresquartal<br />
(Q3 2019: 405 Kilotonnen).<br />
Der Rückgang, so Swiss Steel,<br />
zeigt sich über alle Produktkategorien<br />
hinweg, wobei der Rückgang der<br />
Absatzmenge bei Qualitäts- und Edelbaustahl<br />
mit 19,8 Prozent am stärksten<br />
ausgefallen sei. Der Grund dafür<br />
sei die verzögerte Auswirkung der<br />
sich erholenden Nachfrage aus der<br />
Automobilindustrie auf das Absatzvolumen.<br />
Außerdem habe der Nachfragerückgang<br />
im Maschinen- und<br />
Anlagenbau auch im dritten Quartal<br />
<strong>2020</strong> angehalten.<br />
Anhaltend hoher Preisdruck<br />
Auch in den beiden Produktgruppen<br />
RSH-Stahl (rost-, säure-und hitzebeständiger<br />
Stahl) und Werkzeugstahl<br />
hat der Konzern geringere Mengen<br />
verkauft als im gleichen Quartal des<br />
Vorjahres, allerdings mit weniger<br />
starken Rückgängen von 13,9 beziehungsweise<br />
<strong>12</strong>,5 Prozent.<br />
Der durchschnittliche Verkaufspreis<br />
je Tonne Stahl lag im dritten Quartal<br />
<strong>2020</strong> bei 1 534,30 Euro, berichtet Swiss<br />
Steel – und damit um 7,3 Prozent tiefer<br />
als im Vorjahresquartal (Q3 2019:<br />
1 654,60 Euro je Tonne). Dies, obwohl<br />
sich die Preise für Schrott- und Legierungszuschläge<br />
leicht positiv entwickelt<br />
hätten. Der Rückgang sei auf<br />
den anhaltend hohen Preisdruck zurückzuführen,<br />
welcher sich insbesondere<br />
auf die Produktgruppe RSH-Stahl<br />
ausgewirkt habe.<br />
Umsatzeinbruch um knapp ein<br />
Viertel<br />
Die negative Preisentwicklung sowie<br />
die gesunkene Absatzmenge führten<br />
unter dem Strich zu einem Umsatz von<br />
509,4 Millionen Euro, der um knapp<br />
ein Viertel (24 Prozent) geringer sei als<br />
im Vorjahresquartal. Auch hier sei der<br />
Rückgang bei der Produktgruppe<br />
Qualitäts- und Edelbaustahl mit<br />
Die Corona-Pandemie hinterließ deutliche Spuren im Quartalsergebnis der Swiss<br />
Steel Group.<br />
27,5 Prozent am stärksten ausgefallen.<br />
Der Umsatz mit RSH-Stahl sei um<br />
21,3 Prozent, jener mit Werkzeugstahl<br />
um 19,9 Prozent gesunken.<br />
Geografisch betrachtet verzeichnete<br />
Swiss Steel einzig in China ein positives<br />
Wachstum von 10,6 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahresquartal. Das habe vor<br />
allem an der Erholung der chinesischen<br />
Automobilindustrie gelegen. In allen<br />
anderen Regionen der Welt musste indes<br />
ein nach eigenen Angaben<br />
»zweistelliger Umsatzrückgang« hingenommen<br />
werden.<br />
Automobil: Erholung erwartet<br />
Das um Einmaleffekte bereinigte<br />
operative Ergebnis (EBITDA) hingegen<br />
fiel mit minus 21,1 Millionen Euro<br />
weniger negativ aus als noch im Vorjahresquartal<br />
(Q3 2019: minus<br />
32,9 Millionen Euro). Die Einmal<br />
effekte beliefen sich auf 7,7 Millionen<br />
Euro und sind Konzernangaben zufolge<br />
auf Beratungsleistungen, Restrukturierungsmaßnahmen<br />
sowie<br />
die Beschaffung von Covid-19-Schutzmaterialien<br />
zurückzuführen.<br />
Der Fokus liege auch für das vierte<br />
Quartal <strong>2020</strong> »weiter auf der Optimierung<br />
der Liquidität sowie der Umsetzung<br />
des Transformationsprogramms«,<br />
heißt es bei Swiss Steel. Für<br />
den Bereich Automobil sei eine weitere<br />
Erholung zu erwarten. Im Maschinen-<br />
und Anlagenbau verzögere sich<br />
die Entwicklung jedoch.<br />
www.swiss-steel.com<br />
•<br />
20 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
International<br />
Handel & Service<br />
voestalpine: Gesunkener Umsatz in<br />
schwierigem Jahresverlauf<br />
Österreicher zeigen Optimismus für das zweite Halbjahr<br />
Linz/Österreich. Auch vor dem stahlbasierten Technologie- und Industriegüterkonzern voestalpine<br />
machte der bisher schwierige Jahresverlauf keinen Halt. Dessen Umsatz ist eigenen Angaben zufolge<br />
im ersten Halbjahr im direkten Jahresvergleich um 21,9 Prozent gesunken – von 6,5 auf 5,1 Milliarden<br />
Euro.<br />
Der unlängst veröffentlichten<br />
Bilanz zufolge hat die voestalpine<br />
ein operatives Ergebnis<br />
(EBITDA) von 395 Millionen Euro erzielt.<br />
Für den Vorstandsvorsitzenden<br />
Herbert Eibensteiner zeigt dies, »dass<br />
unsere konsequenten Kostensenkungsund<br />
Effizienzsteigerungsprogramme<br />
gegriffen haben«. Das Betriebsergebnis<br />
(EBIT) war hingegen aufgrund von<br />
Sonderabschreibungen und wirtschaftlicher<br />
Entwicklung mit -215 Millionen<br />
Euro negativ. Das Ergebnis vor Steuern<br />
sank von 163 auf -268 Millionen Euro.<br />
Ähnlich verhielt es sich um das Ergebnis<br />
nach Steuern von 115 Millionen<br />
Euro, aus dem ein Nettoverlust von 276<br />
Millionen Euro wurde.<br />
Massiver Nachfrageeinbruch<br />
Während das erste Quartal von einem<br />
massiven Nachfrageeinbruch in beinahe<br />
allen Kundensegmenten und<br />
Regionen geprägt war, berichtet die<br />
voestalpine im zweiten Quartal von<br />
»einer spürbaren Erholung in wesentlichen<br />
Branchen«. Insbesondere die<br />
europäische und amerikanische Automobil-,<br />
aber auch die Konsumgüterund<br />
Bauindustrie hätten nach den<br />
Lockdown-Maßnahmen im Frühjahr<br />
rasch wieder an Dynamik gewonnen.<br />
Aufgrund der steigenden Nachfrage<br />
im September habe der Konzern somit<br />
den vorübergehend stillgelegten kleinen<br />
Hochofen im österreichischen Linz<br />
wieder hochgefahren.<br />
Regional betrachtet erreichten laut<br />
voestalpine die Werke in China am<br />
schnellsten, also bereits im ersten<br />
Für den Vorstandsvorsitzenden Herbert<br />
Eibensteiner (Bild) zeigt das EBITDA<br />
von 395 Millionen Euro, »dass unsere<br />
konsequenten Kostensenkungs- und<br />
Effizienzsteigerungsprogramme gegriffen<br />
haben«.<br />
Quartal des Geschäftsjahres, wieder<br />
eine Produktionsauslastung auf Vorkrisenniveau.<br />
Unverändert schwierig<br />
sei indes die Situation in den Segmenten<br />
Luftfahrt sowie Öl und Gas geblieben,<br />
die besonders hart von den Folgen<br />
der Pandemie betroffen seien.<br />
Die Technologiesegmente Bahninfrastruktur<br />
und Lagersysteme hätten sich<br />
in dem herausfordernden Umfeld<br />
weiterhin stabil entwickelt.<br />
Konsequenzen auf weitere<br />
Entwicklung nicht abschätzbar<br />
Trotz positiver Marktsignale bleibe<br />
jedoch abzuwarten, wie sich die neuerlichen<br />
Lockdown-Maßnahmen in<br />
Europa auf die Wirtschaft auswirkten,<br />
betont Eibensteiner. So seien auch die<br />
Konsequenzen auf die weitere Wirtschaftsentwicklung<br />
des Konzerns<br />
»zum Zeitpunkt der Berichtslegung<br />
noch nicht im Detail abschätzbar«.<br />
Fest stehe jedoch, dass die Unsicherheit<br />
bei Prognosen über zukünftige<br />
Foto: voestalpine AG<br />
Entwicklungen «deutlich gestiegen<br />
ist«.<br />
Vor diesem Hintergrund will die<br />
voestalpine weiterhin Kostenmangement<br />
und Ergebnisstabilisierung fokussieren.<br />
Gleichzeitig blieben die<br />
Anstrengungen im Bereich Working<br />
Capital Management hoch und Ausgaben<br />
für Investitionen niedrig. Durch<br />
diese Maßnahme sollen sowohl der<br />
Cashflow als auch die Bilanzstruktur<br />
weiter gestärkt werden.<br />
EBITDA zwischen 800 Millionen<br />
und 1 Milliarde Euro erwartet<br />
Trotz der jüngsten Verschärfungen<br />
erwartet der Konzern jedoch, dass die<br />
schrittweise wirtschaftliche Verbesserung<br />
zum Ende des ersten Halbjahres<br />
im weiteren Verlauf des Geschäftsjahres<br />
<strong>2020</strong>/21 anhält. Mit Ausnahme des<br />
Öl- und Gasbereichs sowie der Luftfahrtindustrie<br />
»sollte sich der positive<br />
Nachfragetrend nach Produkten des<br />
Konzerns in allen wesentlichen<br />
Marktsegmenten auch im zweiten<br />
Halbjahr <strong>2020</strong>/21 fortsetzen«, teilt die<br />
voestalpine mit.<br />
Eibensteiner: »Deshalb erwartet<br />
der Vorstand aktuell unter Annahme<br />
keiner neuerlichen wesentlichen Einschränkungen<br />
durch die Covid-19-Pandemie<br />
wie beispielsweise behördlich<br />
verordnete Maßnahmen in diesem<br />
Zusammenhang für das gesamte<br />
Geschäftsjahr <strong>2020</strong>/21 ein EBITDA in<br />
einer Bandbreite von 800 Millionen<br />
bis 1 Milliarde Euro.«<br />
www.voestalpine.com<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 21
Handel & Service<br />
Know-how<br />
AGB schaffen mehr Sicherheit und<br />
Transparenz<br />
BREMER INKASSO GmbH: Allgemeine Geschäfsbedingungen sind<br />
unverzichtbare Absicherung für Unternehmer<br />
Bremen. So manchen graust es vor dem »Kleingedruckten«, wie die Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />
(AGB) auch gern genannt werden, denn die drei Buchstaben stehen bei der Allgemeinheit<br />
für viel Text, juristischen »Fachkram« und endlos viele Paragrafen. Und gerade auch mit Transparenz<br />
würden wohl die wenigsten die AGB in Verbindung bringen, dabei dienen die dort getroffenen<br />
Regelungen genau diesem Zweck. Sie sollen beiden Vertragspartnern Sicherheit darüber<br />
geben, zu welchen Bedingungen, für beide Seiten gleichermaßen bindend, sie einen Vertrag<br />
miteinander eingehen.<br />
Von Bernd Drumann*<br />
Nicht jeder mag Regeln, Bedingungen<br />
oder Vorschriften,<br />
weil sie vielleicht einengen<br />
oder zu bevormunden scheinen. Im<br />
gesellschaftlichen Miteinander, im<br />
Straßenverkehr oder aber auch im<br />
Geschäftsleben geht es aber nicht<br />
ohne Vereinbarungen, an die sich alle<br />
zu halten haben, damit möglichst niemand<br />
zu Schaden kommt. Regelungen,<br />
die in den AGB getroffen werden,<br />
sind ebenfalls dazu da, die Geschäftspartner<br />
vor Schaden zu<br />
schützen und Geschäftsabschlüsse zu<br />
vereinfachen. Sind die Bedingungen<br />
eines Geschäftsabschlusses für beide<br />
Seiten klar und eindeutig definiert<br />
und auch gleichermaßen für beide<br />
Seiten bindend, weiß jeder, worauf er<br />
sich gegebenenfalls mit seiner Unterschrift einlässt. AGB<br />
vereinfachen und regeln darüber hinaus immer wiederkehrende<br />
Abläufe im unternehmerischen Alltag, damit<br />
diese nicht bei jedem Geschäftsabschluss aufs Neue verhandelt<br />
und schriftlich festgehalten werden müssen.<br />
Klare Ansage des Unternehmers<br />
Bernd Drumann, Geschäftsführer der<br />
Bremer Inkasso GmbH<br />
Der Unternehmer kann im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen<br />
mit den eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
festlegen, wie er die Geschäftsabwicklung<br />
gerne hätte und was etwa für die Zahlungsmodalitäten,<br />
Foto: Bremer Inkasso GmbH<br />
die Lieferzeit, die Versicherung oder<br />
den Leistungsumfang bei zum Beispiel<br />
der Verpackung oder dem Transport<br />
gelten soll. Auf die Vorgabe solcher<br />
klaren »Ansagen« sollte kein<br />
Unternehmer verzichten, nicht nur<br />
seinen Kunden, sondern auch sich<br />
selbst zuliebe. Klarheit schafft Sicherheit<br />
auf beiden Seiten. Das Bürgerliche<br />
Gesetzbuch (BGB) regelt in den<br />
Paragrafen 305 ff. das Recht der AGB.<br />
Sorgfältig formulieren<br />
Heutzutage wird für alle möglichen<br />
Fragen das Internet bemüht. Dort<br />
gibt es auch unzählige AGB, die man<br />
sich herunterladen könnte. Davon ist<br />
aber dringend abzuraten, denn kaum<br />
ein Geschäft gleicht dem anderen.<br />
Eine Schreinerei zum Beispiel hat mit Sicherheit andere<br />
Geschäftsabläufe als eine Brauerei oder gar ein Zahnlabor.<br />
Auch von freundlich gemeinten Angeboten der Unternehmerkollegen,<br />
doch deren AGB einfach zu übernehmen,<br />
sollte man (selbst abgesehen von möglichen Urheberrechtsverletzungen)<br />
Abstand nehmen. Wohl jeder<br />
Unternehmer ist stolz auf ein Alleinstellungsmerkmal<br />
seines Unternehmens am Markt, und dem sollte durch<br />
eigene, individuelle AGB Rechnung getragen werden.<br />
Das eigene Unternehmen sollte es einem wert sein, sich<br />
einmalig von einem Anwalt speziell darauf zugeschnittene<br />
22 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Know-how<br />
Handel & Service<br />
AGB formulieren zu lassen. Die Kosten dafür können im<br />
Vorfeld erfragt werden, bewegen sich aber in der Regel<br />
noch im dreistelligen Euro(netto)-Bereich. Für die von ihm<br />
erstellten Klauseln haftet ein Anwalt zudem in Bezug auf<br />
Wirksamkeit und Abmahnsicherheit. Hat man bereits eigene<br />
individuelle AGB, kann eine gelegentliche Überprüfung<br />
in Hinblick auf eine eventuell nötige Aktualisierung<br />
nicht schaden.<br />
AGB müssen präsent sein<br />
Noch immer gibt es Betriebe, die zwar über eigene AGB<br />
verfügen, bei denen sie aber im Geschäftsalltag nicht<br />
wirklich eine Rolle spielen und auch keiner weiß, wo sie<br />
sind und beziehungsweise oder was darinsteht. Gut ist es,<br />
wenn alle Mitarbeiter (und die Geschäftsleitung) die Geschäftsbedingungen<br />
kennen und auch verstehen und<br />
somit erkennen können, auf welcher Basis Verträge im<br />
Unternehmen zustande kommen. Geschäftsabschlüsse<br />
müssen unter Einbeziehung der eigenen Geschäftsbedingungen<br />
getätigt werden. Sind sie nicht klarer Bestandteil<br />
der abgeschlossenen Verträge, nützen alle noch so sorgfältigen<br />
Formulierungen nichts. Deshalb sollten die AGB<br />
als Anlage zu jedem Vertragsangebot, jeder »Auftragsbestätigung«<br />
(also Annahme) und jedem kaufmännischen<br />
Bestätigungsschreiben genommen werden (oder gar auf<br />
deren Rückseite abgedruckt sein) – einschließlich eines<br />
Hinweises auf ihre Geltung im Angebots- oder Bestätigungstext.<br />
Was AGB können<br />
Eigene Geschäftsbedingungen vereinfachen die Abläufe<br />
im Geschäftsalltag, geben allen Seiten Klarheit über die<br />
Bedingungen eines Geschäftsabschlusses und können einen<br />
Unternehmer unter Umständen sogar vor einem Totalverlust<br />
seiner Forderungen bewahren, wenn die richtigen<br />
und wichtigsten Regelungen enthalten sind. Diese<br />
sind unter anderem: Regelungen zum Eigentumsvorbehalt<br />
(bei Warenlieferungen). Der normale Eigentumsvorbehalt<br />
sichert einem Unternehmer bis zu deren vollständiger<br />
Bezahlung das Eigentum an einer Sache, auch dann, wenn<br />
sie sich schon im Besitz des Käufers befindet. Bei einer<br />
Insolvenz des Kunden hat der Unternehmer dann, wenn<br />
der Insolvenzverwalter nicht bezahlen will, die Möglichkeit,<br />
vom Vertrag zurückzutreten und ein sogenanntes<br />
Aussonderungsrecht geltend zu machen. Das heißt, als<br />
Eigentümer der Sache kann er die Herausgabe der Sache<br />
vom Insolvenzverwalter verlangen und muss nicht am<br />
Insolvenzverfahren teilnehmen.<br />
Die Erweiterung des normalen Eigentumsvorbehalts ist<br />
der verlängerte Eigentumsvorbehalt, was bedeutet, der<br />
Kunde kann, was ja durchaus üblich ist im Geschäftsleben,<br />
die Ware schon verarbeiten oder weiterveräußern, und<br />
zwar auch dann, wenn sie noch gar nicht vollständig bezahlt<br />
ist. Bis das der Fall ist, erwirbt der Lieferant hier<br />
(unter Umständen anteilig) das Eigentum an der neu<br />
hergestellten Sache. Bei einem Weiterverkauf der gelieferten<br />
Ware oder der aus dieser Ware hergestellten Sache<br />
gibt er zwar das Eigentum daran auf, erwirbt stattdessen<br />
aber (unter Umständen anteilig) die Forderung des Kunden<br />
gegen den Käufer. Auf eine solche (mehr oder weniger<br />
gute) Absicherung sollte kein Lieferant verzichten.<br />
Auf Geschäftsbedingungen Bauen<br />
Welcher Bauherr würde nicht beim Hausbau gerade dem<br />
Fundament ganz besondere Aufmerksamkeit schenken,<br />
steht und fällt damit im wahrsten Sinne des Wortes doch<br />
gegebenenfalls das ganze Gebäude. Ebenso wäre jedem<br />
Unternehmer nur dringend zu raten, auf individuelle, für<br />
sein Unternehmen formulierte Geschäftsbedingungen »zu<br />
bauen« und alle Geschäftsabschlüsse auf der Grundlage<br />
und unter Einbeziehung eben dieser zu tätigen. Auch<br />
wenn eigene Geschäftsbedingungen keinen hundertprozentigen<br />
Schutz vor Verlusten darstellen, sind sie doch<br />
eine gute Absicherung, um im Falle einer Kundeninsolvenz<br />
Forderungen nicht vollständig »in den Wind schreiben<br />
zu müssen«.<br />
Laut einer Auswertung des Gesamtverbands der Deutschen<br />
Versicherungswirtschaft (GDV) aus dem Jahr 2017<br />
hat bei 428 Millionen Policen jeder Deutsche mehr als fünf<br />
Versicherungsverträge, was auf ein gewisses Maß an Sicherheitsbedürfnis<br />
schließen lässt. Eigene Geschäftsbedingungen<br />
sind auch als eine Art Versicherungspolice zu sehen.<br />
Unternehmer, die solch eine »Versicherung« nicht<br />
abschließen, handeln in meinen Augen schon fast grob<br />
fahrlässig.<br />
www.bremer-inkasso.de<br />
*Der Autor ist Geschäftsführer der BREMER INKASSO<br />
GmbH.<br />
Hintergrund<br />
BREMER INKASSO<br />
Die BREMER INKASSO GmbH bietet ihren Kunden<br />
Beratung und juristische Unterstützung im Bereich<br />
des Forderungseinzugs – bundesweit und international.<br />
Das 1984 von Bernd Drumann gegründete<br />
Unternehmen ist seit 1996 unter dem Namen<br />
BREMER INKASSO GmbH tätig und beschäftigt eigenen<br />
Angaben zufolge rund 20 Mitarbeiter in der<br />
Firmenzentrale, die Sachbearbeitung erfolgt überwiegend<br />
durch speziell ausgebildete Volljuristen.<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 23
Industrie & Technologie<br />
Deutschland<br />
Fotos (3): Jebens GmbH<br />
Jebens liefert gebrannte, gerichtete und mechanisch bearbeitete Großbauteile an TRUMPF Machines als Hauptkomponenten<br />
der dort gebauten Maschinenkörper.<br />
Just in sequence vom Blech<br />
zum Maschinenkörper<br />
Jebens liefert im Wochentakt Kits für Maschinenkörper von<br />
Werkzeugmaschinen an TRUMPF<br />
Korntal-Münchingen/Haguenau. Die Jebens GmbH, ein Spezialist für große, schwere Brennzuschnitte<br />
und montagefertige Schweißbaugruppen, fertigt und liefert im Wochentakt just in sequence<br />
komplette Kits für Maschinenkörper von Werkzeugmaschinen an die TRUMPF Machines<br />
SARL nach Haguenau. Dort werden sie zu fertigen Hauptkomponenten verarbeitet und an die<br />
europaweiten Montagewerke geliefert. Eine Verzögerung oder ein Ausfall in diesem ersten Glied<br />
der Prozesskette würde bei TRUMPF gruppenweit den Fertigungsprozess aus dem Takt bringen.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
Die TRUMPF Gruppe gehört zu<br />
den weltweit größten Anbietern<br />
von Werkzeugmaschinen<br />
und Lasersystemen für die flexible<br />
Blech- und Rohrbearbeitung. Mit<br />
rund 70 Standorten ist das 1923 gegründete<br />
Familienunternehmen<br />
heute in Europa, Amerika und Asien<br />
an allen wichtigen Märkten vertreten.<br />
Das Portfolio der Werkzeugmaschinen<br />
beinhaltet Anlagen für die<br />
Blechbearbeitung sowie Software<br />
und Service. Es umfasst Lösungen für<br />
die vernetzte Fertigung, Anlagen<br />
und Systeme zum Biegen und Stan-<br />
24 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Industrie & Technologie<br />
Tomas Wolf, Geschäftsführer<br />
TRUMPF Machines<br />
in Haguenau<br />
Foto: Jebens GmbH / TRUMPF Machines SARL<br />
zen, für kombinierte Stanz-Laser-<br />
Prozesse, 2-D- und 3-D-Schneidanwendungen<br />
sowie für alle relevanten<br />
Lasertechnologien. Kunden sind<br />
beispielsweise Zulieferer und blechbearbeitende<br />
Unternehmen für die<br />
Automobilindus trie oder auch Lohnfertiger,<br />
die Gebrauchsgüterhersteller<br />
beliefern. Mit rund 14 300 Mitarbeitern,<br />
davon 7 400 in Deutschland<br />
und 140 in Haguenau, erzielte die<br />
TRUMPF Gruppe im Geschäftsjahr<br />
Carsten Schmickler, Geschäftsführer<br />
Jebens GmbH,<br />
Korntal- Münchingen<br />
2019/20 einen Umsatz von 3,5 Milliarden<br />
Euro.<br />
Das Produktionsnetzwerk der<br />
Gruppe setzt auf das Prinzip der sogenannten<br />
Komponentenzulieferung,<br />
bei der jedes Werk ein bestimmtes<br />
Endprodukt liefert. So produziert das<br />
1985 in Haguenau im Elsass gegründete<br />
Tochterunternehmen TRUMPF<br />
Machines in getakteter Fließfertigung<br />
die Maschinenkörper für alle Laserflachbett-<br />
und Stanzmaschinen, kombinierten<br />
Stanz-Laser-Maschinen, Lasersysteme<br />
und 3-D-Drucker. Rund<br />
1 700 Maschinenkörper verlassen hier<br />
im Jahr das Werk, am häufigsten für<br />
Laserflachbettmaschinen mit drei Metern<br />
Arbeitsbreite. Als Kompetenzcenter<br />
für Großbearbeitung unterstützt<br />
der Betrieb im Elsass zudem die<br />
anderen Standorte der Gruppe mit<br />
technischem Support, Schulungen<br />
und Audits.<br />
Genau im Takt<br />
Seit 2004 wird in Haguenau an sechs<br />
aufeinander folgenden Stationen in<br />
getakteten Linien gearbeitet. Den<br />
Anfang der Produktionskette bilden<br />
vier Schweißlinien - jede davon hat<br />
wiederum vier bis acht Stationen.<br />
Zwei dieser Schweißlinien sind mit je<br />
zwei Schweißrobotern ausgestattet,<br />
die die Körper der Flachbett- und<br />
Stanzmaschinen automatisiert<br />
schweißen. Hier werden die Maschinenkörper,<br />
bestehend aus den beiden<br />
Seitenteilen, die durch Mittelstücke<br />
verbunden sind, komplett gehef-<br />
Als Schneidspezialist für Maßarbeit in Stahl erfüllt Jebens die strengen Vorgaben an die geforderte Ebenheit der Brennteile von<br />
einem Millimeter von TRUMPF Machines.<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 25
Industrie & Technologie<br />
Deutschland<br />
Foto: Jebens GmbH / TRUMPF Machines SARL<br />
Seit 2004 verarbeitet TRUMPF Machines in Haguenau an sechs aufeinander folgenden Stationen in getakteten Linien die<br />
gelieferten Brennteile.<br />
tet. In der folgenden Station werden<br />
die Längsnähte der Grundplatten an<br />
der Außenseite automatisiert geschweißt.<br />
Die Stationen drei und vier<br />
sind identisch ausgestattet, um den<br />
Takt der doppelt so schnell arbeitenden<br />
Station zwei zu halten. Auf großen<br />
Hebebühnen werden hier die<br />
Peripherieteile für den sogenannten<br />
C-Rahmen aufgelegt und gepunktet,<br />
bevor anschließend seine inneren<br />
Längsnähte ebenfalls automatisiert<br />
geschweißt werden. In Station fünf<br />
schweißt ein Roboter alle Nähte des<br />
Maschinenkörpers fertig – bis zu 20<br />
Schweißlagen sind hierbei keine Seltenheit.<br />
An der sechsten und letzten<br />
Station werden Außenschienen angeschweißt<br />
und die Körper gerichtet<br />
und verputzt. Kernkompetenz des<br />
Werks in Haguenau ist allerdings die<br />
hochpräzise mechanische Bearbeitung<br />
mit neun Großbearbeitungsfräsen:<br />
0,03 Millimeter Abweichung bei<br />
einem Bauteil mit einer bearbeiteten<br />
Fläche von zwölf Metern Länge und<br />
drei Metern Breite sprechen für sich.<br />
Vier Lackierkabinen, eine davon mit<br />
zwei Lackierrobotern automatisiert,<br />
sind die letzte Station, bevor die Maschinenkörper<br />
mit Schienen versehen<br />
und anschließend zum jeweiligen<br />
Montagewerk transportiert werden.<br />
Abhängig vom Maschinentyp beträgt<br />
die Durchlaufzeit pro Rahmen zwischen<br />
zehn und 20 Tagen. Das dabei<br />
in Haguenau verarbeitete Stahlvolumen<br />
entspricht - umgelegt auf die<br />
Arbeitsplätze – einem täglichen Output<br />
von 52 PKW vom Typ VW Golf.<br />
Präzision als oberstes Gebot<br />
»Die Taktung der Montagewerke erfolgt<br />
durch den Kunden«, erklärt<br />
Tomas Wolf, seit 2015 Geschäftsführer<br />
von TRUMPF Machines in Haguenau.<br />
Nach dieser Taktung müssen sich<br />
sein Werk und damit auch Zulieferer<br />
wie Jebens richten. Da die Kundenaufträge<br />
sehr kurzfristig umgesetzt<br />
werden, fertigt TRUMPF Machines<br />
fast in Losgröße eins. Das ist auch der<br />
Grund, weshalb das Rohmaterial<br />
nicht in Losen, sondern in Kits bestellt<br />
wird und auch kein Lager in<br />
Haguenau vorhanden ist. Als Lieferant<br />
der gebrannten, gerichteten<br />
und mechanisch bearbeiteten Großteile,<br />
die die Hauptkomponenten der<br />
Maschinenkörper bilden, liefert Jebens<br />
just in sequence Kits an die Sta-<br />
26 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Deutschland<br />
Industrie & Technologie<br />
tionen eins und zwei – nur einen Tag,<br />
bevor der Rahmen gebaut wird, und<br />
innerhalb eines zum Abladen vorgegebenen<br />
Fensters von eineinhalb<br />
Stunden. Diese Kits bestehen aus<br />
sechs bis acht Teilen in sehr unterschiedlichen<br />
Formaten, Dicken und<br />
Gewichten für die Seitenständer, Mittelteile<br />
oder den Stanzkopf. Die –<br />
immer in engmaschiger Abstimmung<br />
mit dem Kunden – wöchentliche Lieferung<br />
von variablen Abrufmengen<br />
an Kits für unterschiedliche Maschinentypen<br />
erfordert von Jebens hohe<br />
Flexibilität und perfekte Vorbereitung.<br />
»Das funktioniert nur, wenn<br />
die Teile praktisch fertig sind«, sagt<br />
Carsten Schmickler, Geschäftsführer<br />
des Brennteilspezialisten. Er ergänzt:<br />
»Wir agieren mit dieser Make-to-Stock-Fertigung<br />
wie ein Systemlieferant<br />
der Automobilindustrie.<br />
Das ist somit eine Kernaufgabe unserer<br />
Fertigungssteuerung.« Auf der<br />
Basis von historischen Abrufwerten<br />
plant sie den Umlaufbestand von<br />
Brennteilen und mechanisch fertig<br />
bearbeiteten Teilen der Komponenten<br />
für TRUMPF und steuert ihn auf<br />
Kundennachschub. Dafür muss auch<br />
die gesamte Produktionskette entsprechend<br />
abgesichert sein. So hat<br />
Jebens – anders als sonst üblich – von<br />
dem von TRUMPF benötigten spezifischen<br />
Vormaterial stets zwischen<br />
500 und 1 000 Tonnen auf Lager. Außerdem<br />
sind, trotz begrenzter interner<br />
Lagerflächen, spezifische Bleche,<br />
fertig gebrannte sowie bearbeitete<br />
Teile immer vorrätig. Neben dieser<br />
vorausschauenden Fertigung gilt es,<br />
strenge Vorgaben von TRUMPF an<br />
die geforderte Ebenheit der Brennteile<br />
zu erfüllen: Für das automatisierte<br />
Schweißen in Linie darf auf der<br />
gesamten Fläche kein Maß um einen<br />
Millimeter abweichen. Ȇbliche<br />
Spaltbreiten beim Schweißen von<br />
drei Millimetern oder manuelle<br />
Nachbearbeitung sind bei unserer<br />
Linienführung nicht möglich«, erklärt<br />
Wolf die hohen Genauig keits anforderun<br />
gen an Jebens. Für den Brennteilspezialisten<br />
bedeutet dies eine<br />
echte Herausforderung, denn durch<br />
den starken Wärmeverzug können<br />
sich die bis zu acht Meter langen Bauteile<br />
beim Brennen gegenläufig verziehen.<br />
Jebens löst diese Aufgabe<br />
brenntechnisch, indem durch eine<br />
spezielle Art der Verschachtelung der<br />
Wärmeeinfluss minimiert wird. •<br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin<br />
von impetus.PR, Agentur für Corporate<br />
Communications GmbH.<br />
Foto: Jebens GmbH / TRUMPF Machines SARL<br />
Als Kompetenzcenter für Großbearbeitung unterstützt TRUMPF Machines mit Sitz in Haguenau alle anderen Standorte der<br />
TRUMPF-Gruppe mit technischem Support, Schulungen und Audits<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 27
Industrie & Technologie<br />
Branche im Fokus<br />
Foto: Shutterstock<br />
Für die Einfuhr von Stahlprodukten nach Europa hat die EU-Kommission die Bedingungen angepasst – und spaltet Produzenten<br />
und Verarbeiter damit weiterhin in zwei Lager.<br />
EU-Safeguards: Zwiespalt in der<br />
Stahlbranche<br />
Die Positionen von Produzenten und Verbrauchern prallen aufeinander<br />
Brüssel. Im Juli dieses Jahres sind die Regelungen für die EU-Schutzmaßnahmen für Stahlimporte<br />
angepasst worden. Für die Stahlindustrie steht nach wie vor fest: Die derzeit konjunkturell schwierige<br />
Lage des Wirtschaftszweiges berücksichtigt die Neuregelung nur unzureichend. Die Verarbeiter<br />
zeigen sich teilweise erleichtert.<br />
Bereits im Juni hatten<br />
die EU-Mitgliedsstaaten<br />
einem Vorschlag<br />
der EU-Kommission zugestimmt,<br />
die »EU-Safeguards«<br />
anzupassen. Dem<br />
zentralen Anliegen der<br />
Stahlindustrie sei man dabei<br />
nicht nachgekommen,<br />
teilt die Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahl (WV Stahl) mit.<br />
Diese forderte zuvor, die<br />
Kontingentmenge für<br />
Stahleinfuhren zu reduzieren, um<br />
eine Stahl-Importkrise zu verhindern.<br />
Das Brüsseler Gremium hatte stattdessen<br />
bekanntgegeben, die Vergabe<br />
von Stahlkontingenten zwar zu verschärfen<br />
und nunmehr quartalsweise<br />
Hans Jürgen Kerkhoff,<br />
Präsident der<br />
Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahl (WV Stahl)<br />
Foto: WV Stahl<br />
statt halbjährlich abzuhalten.<br />
Grundsätzlich<br />
sollen die Einfuhren<br />
aber konstant gehalten<br />
werden. »Die EU-Kommission<br />
hat bei der Anpassung<br />
der Schutzmaßnahmen<br />
im Außenhandel<br />
nicht im<br />
erforderlichen<br />
Maß die konjunkturelle<br />
Situation in<br />
der Folge der<br />
Corona- Pandemie berücksichtigt«,<br />
so Hans Jürgen Kerkhoff,<br />
Präsident der WV Stahl. Ihm zufolge<br />
verfehlen die Safeguards in dieser<br />
Form ihr angedachtes Ziel, die Stahlindustrie<br />
in Europa und die damit<br />
verbundenen Wertschöpfungsketten<br />
vor gravierenden Schäden zu bewahren.<br />
»Die EU-Kommission<br />
hat bei der Anpassung der<br />
Schutzmaßnahmen im Außenhandel<br />
nicht im erforderlichen<br />
Maß die konjunkturelle Situation<br />
in der Folge der Corona-Pandemie<br />
berücksichtigt.«<br />
Hans Jürgen Kerkhoff,<br />
Präsident der Wirtschaftsvereinigung<br />
Stahl (WV Stahl)<br />
28 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Branche im Fokus<br />
Industrie & Technologie<br />
»Niedrigere<br />
Importquoten träfen<br />
nur die Stahlverarbeiter,<br />
die deutlich mehr Arbeitsplätze<br />
stellen als die<br />
Stahl industrie.«<br />
Martin Kunkel, Geschäftsführer<br />
der Fachvereinigung<br />
Kaltwalzwerke (FVK)<br />
Kerkhoff: Safeguards<br />
verfehlen ihr Ziel<br />
Die Corona-Pandemie hat<br />
die Stahlnachfrage in<br />
Deutschland und der Welt<br />
einbrechen lassen. Während<br />
die Stahlunternehmen<br />
in Europa ihre Produktion<br />
krisenbedingt<br />
angepasst haben, wird in<br />
anderen Regionen – allen<br />
voran in China – weiter produziert<br />
oder die Stahlerzeugung teilweise<br />
noch weiter ausgebaut. Die WV<br />
Stahl befürchtet, dass diese Mengen<br />
den europäischen Markt überschwemmen.<br />
Eine enge Überwachung<br />
der Stahlindustrie sei notwendig,<br />
meinte Kerkhoff, sodass »bei<br />
ersten Anzeichen einer Verschärfung<br />
der Importsituation« Maßnahmen<br />
Martin Kunkel,<br />
Geschäftsführer der<br />
Fachvereinigung<br />
Kaltwalzwerke (FVK)<br />
ergriffen werden können.<br />
Auch der europäische Stahlverband<br />
Eurofer hatte den Schutzvorschlag<br />
der EU-Kommission als<br />
»wenig hilfreich« bezeichnet. In<br />
einem offenen Brief wiesen die<br />
Mitgliedsunternehmen auf den<br />
Umstand hin, dass die Stahlnachfrage<br />
seit März um 50 Prozent gesunken<br />
sei. Der Vorschlag könnte<br />
»den Marktanteil der<br />
Importe massiv erhöhen,<br />
während ein großer<br />
Teil der Produktionskapazität<br />
der EU<br />
ungenutzt bleibt«, befürchtet<br />
Eurofer.<br />
Foto: FVK<br />
Schutzvorschlag<br />
»wenig hilfreich«<br />
Erleichtert haben hingegen<br />
die Stahlverarbeiter<br />
registriert, dass<br />
die aktualisierten<br />
EU-Schutzmaßnahmen keine Kürzung<br />
der zollfreien Importkontingente<br />
vorgesehen haben. Der Industrieverband<br />
Blechumformung (IBU)<br />
und die Fachvereinigung Kaltwalzwerke<br />
(FVK) hatten sich im Mai<br />
gegen eine Herabsetzung der Einfuhrquote<br />
ausgesprochen. »Niedrigere<br />
Importquoten träfen nur die<br />
Stahlverarbeiter, die deutlich mehr<br />
Arbeitsplätze stellen als die Stahlindustrie.<br />
Wir freuen uns daher, dass<br />
die EU-Kommission offenbar unserer<br />
Argumentation zu fehlenden<br />
rechtlichen Voraussetzungen gefolgt<br />
ist«, betont FVK-Geschäftsführer<br />
Martin Kunkel.<br />
Grund zur Sorge ergibt sich für<br />
die Verbände hingegen durch die<br />
verschärften Bedingungen der Kontingentvergabe.<br />
Dies gelte nach deren<br />
Angaben unter anderem für<br />
warmgewalzte Bleche, eine für die<br />
Verbandsmitglieder wichtige Warenkategorie.<br />
Teilweises Aufatmen bei<br />
Stahlverarbeitern<br />
IBU und FVK befürchten, dass die<br />
Schutzmaßnahmen zunehmend zu<br />
einem Instrument werden könnten,<br />
das die Marktanteile einzelner<br />
Liefer länder steuert. »Wir werden<br />
wachsam sein und gegen diese protektionistische<br />
Abschottung des<br />
EU-<strong>Stahlmarkt</strong>es auch künftig vorgehen.<br />
Unsere Aufgabe ist es, die<br />
Interessen der Stahlverarbeiter kontinuierlich<br />
in die Diskussion einzubringen«,<br />
teilen die beiden Verbände<br />
in einer gemeinsamen Presseerklärung<br />
mit.<br />
<br />
<br />
nr, phi<br />
Hintergrund<br />
Safeguards<br />
Safeguards sind Schutzmaßnahmen, mit denen eine ernsthafte Schädigung eines Wirtschaftszweiges durch einen<br />
plötzlichen und massiven Importanstieg verhindert werden soll. Für die Ausgestaltung der Maßnahmen sind verschiedenen<br />
Optionen denkbar. Bei den aktuell laufenden Maßnahmen im Bereich der Stahlindustrie wurde der folgende<br />
Ansatz gewählt: Überschreitet die Menge an Importgütern bestimmte produkt- und gegebenenfalls auch<br />
länderspezifische Kontingente, wird ein sogenannter Wertzoll fällig. Im Fall der EU-Stahlindustrie liegen die Zölle,<br />
die mit dem Ziel eingeführt wurden, Handelsumlenkungen in Folge der US-Stahlzölle zu begegnen, derzeit bei 25<br />
Prozent. Die Kontingente gelten für einzelne Produktgruppen sowie Länder und wurden auf Basis durchschnittlicher<br />
EU-Einfuhren der Jahre 2015 bis 2017 festgelegt. Die »traditionellen« Importmengen bleiben somit zollfrei.<br />
Hinzu kommt, dass diese Zollkontingente, ab denen die Zölle greifen, jährlich um drei Prozent erhöht werden.<br />
Am 19. Juli 2018 wurden die Safeguards der Europäischen Union im Stahlbereich zunächst vorläufig eingeführt. Die<br />
endgültigen Schutzmaßnahmen traten im Februar 2019 in Kraft, im Juli <strong>2020</strong> wurden sie zuletzt angepasst. Sie haben<br />
eine Laufzeit bis Juli 2021, können jedoch gegebenenfalls verlängert werden.<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 29
Special<br />
Steel art<br />
Foto: Shutterstock<br />
30 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Steel art<br />
Special<br />
Der ArcelorMittal-<br />
Orbit in London<br />
Eine atemberaubende Aussicht und haarsträubende Geschwindigkeit:<br />
Der ArcelorMittal-Orbit ist mit seinen knapp 115 Metern<br />
die höchste Skulptur Großbritanniens und eröffnet Besuchern<br />
einen einmalige Blick über den Londoner Olympiapark und die<br />
Skyline der Weltmetropole. Der kreativ gestaltete Turm des<br />
Bauwerks besteht aus einer endlos anmutenden Schlaufe von<br />
Stahlprofilen, in der nach Angaben des Hauptsponsors, Arcelor-<br />
Mittal, insgesamt 2 000 Tonnen des Werkstoffs verarbeitet sind.<br />
Der Aufstieg zur Spitze verläuft über eine Wendeltreppe mit 455<br />
Stufen. Der Abstieg geht wesentlich schneller: Eine integrierte<br />
Tunnelrutsche befördert die Besucher mit Nervenkitzel wieder<br />
hinunter. nr<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 31
Special<br />
Steel art<br />
Tetraeder auf der<br />
Bottroper Halde<br />
Beckstraße<br />
Foto: Shutterstock<br />
32 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Steel art<br />
Special<br />
Als Pionier unter den Landmarken auf ausgedienten Berghalden gilt das »Tetraeder«,<br />
das im nordrhein-westfälischen Bottrop bestaunt werden kann.<br />
Seit 1994 steht die originelle Stahlskulptur auf der sogenannten Halde<br />
Beckstraße, die von 1969 bis 1993 von der nahegelegenen Zeche Prosper<br />
mit »taubem Gestein« aufgeschüttet wurde. Der Begriff hat seinen<br />
Ursprung in der Bergmannssprache und bezeichnet nicht<br />
verwertbares Gestein, das während des Vordringens zu<br />
den Erzadern der Region anfiel. Heute ist davon nicht<br />
mehr viel zu erkennen. Durch Gebüsch und Bäume<br />
bewachsen gleicht die Halde eher einem<br />
Tafelberg, der nun auf seinem terrassierten<br />
Gipfel zahlreiche Besucher empfängt<br />
- und durch das stählerne<br />
Tetraeder das Bewusstsein<br />
für die reiche Industriegeschichte<br />
der Region<br />
stärkt. nr<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 33
Special<br />
Markieren & Kennzeichnen<br />
Akku-Handmarkiersystem aus<br />
dem Hause MARKATOR<br />
FlyMarker mini 85/45 plus: Vielseitigkeit, Kompaktheit und Schlagkraft<br />
Ludwigsburg. Die MARKATOR Manfred Borries GmbH präsentiert ein Akku-Handmarkiersystem.<br />
Der mobile Nadelpräger FlyMarker mini 85/45 plus überzeugt laut Hersteller durch seine Vielseitigkeit<br />
und Schlagkraft als auch durch sein geringes Gewicht von 3,1 Kilogramm und seine kompakte<br />
Bauweise.<br />
Der Akku-Handmarkierer ist mit<br />
einem Markierfeld von 85 x<br />
45 Millimetern ausgestattet.<br />
Er soll die Stärken der bereits vorhandenen<br />
Modelle FlyMarker mini 65/30<br />
und FlyMarker mini <strong>12</strong>0/45 plus –<br />
Kompaktheit und Handlichkeit bei<br />
gleichzeitig hoher Vielseitigkeit und<br />
Funktionalität – in einem Gerät kombinieren.<br />
Der FlyMarker mini 85/45<br />
plus werde dadurch »zum perfekten<br />
Partner für dauerhafte und fälschungssichere<br />
Kennzeichnungen in<br />
der Industrie«, teilt MARKATOR Manfred<br />
Borries mit. Durch die Neuentwicklung<br />
werde das bisherige<br />
Portfolio im Bereich Akku-Handmarkierer<br />
perfekt ergänzt.<br />
Starker Schlagmagnet<br />
Ein Highlight sei der Schlagmagnet,<br />
der durch sein innovatives »Plug &<br />
Play«-System sehr leicht und schnell<br />
austauschbar sei. Mit Hilfe des starken<br />
Schlagmagneten sei es möglich,<br />
sehr tiefe Markierungen zu prägen,<br />
die auch nach nachträglichen Bearbeitungsschritten,<br />
wie zum Beispiel<br />
Sandstrahlen oder Lackieren, sichtbar<br />
blieben. »Zusätzlich lässt sich die<br />
Schlagstärke des Schlagmagneten individuell<br />
auf das zu markierende Material<br />
und auf die gewünschte Markiertiefe<br />
anpassen. Nahezu alle Materialien,<br />
von Kunststoff bis hin zu<br />
gehärtetem Stahl lassen sich mit dem<br />
FlyMarker mini 85/45 plus schnell und<br />
zuverlässig markieren«, so der Hersteller.<br />
Markiert werden können<br />
demnach neben Schriftzeichen<br />
und Zahlen optional auch individuelle<br />
Firmenlogos,<br />
Prüfzeichen oder Data<br />
Matrix Codes. Mit Hilfe<br />
von zwei Prismen am<br />
Aufstellfuß des FlyMarker<br />
mini 85/45 plus gerate<br />
eine einfache Markierung<br />
von Rundteilen<br />
(radial und axial) leicht.<br />
Durch seinen Höhentoleranzausgleich<br />
von bis zu<br />
fünf Millimetern gewährleiste<br />
das Markiergerät auch<br />
auf unebenen Bauteilen ein<br />
konstantes und gleichbleibend gutes<br />
Markierbild.<br />
»Das äußerst stabile Führungssystem<br />
und die stabile und langlebige<br />
Mechanik des FlyMarker mini 85/45<br />
plus garantieren ein Markierbild von<br />
höchster Qualität. Das hochwertige<br />
Führungssystem besteht aus doppelt-geführten<br />
Linearführungen in<br />
X- und Y-Richtung, welches bei konstanter<br />
Markiertiefe über das gesamte<br />
Markierfeld hinweg, mehrzeilige Markierungen<br />
präzise und verzugsfrei<br />
durchführt«, erläutert MARKATOR<br />
Manfred Borries. Bei vergleichbaren<br />
Systemen mit einer Pendelachse sei<br />
dies nicht immer gewährleistet. Durch<br />
seinen robusten Grundträger mit integriertem<br />
Stellwinkel werde zusätzlich<br />
eine hohe Steifigkeit der Mechanik<br />
erreicht. Optional lasse sich der<br />
Foto: MARKATOR Manfred Borries GmbH<br />
Das neue Modell aus<br />
der FlyMarker-Serie<br />
integrierte Stellwinkel durch einen<br />
verstellbaren Aluminium-Stellwinkel<br />
austauschen. Durch diesen Stellwinkel<br />
könne der FlyMarker mini 85/45 plus<br />
einfach und flexibel auf kundenspezifische<br />
Anforderungen und Vorrichtungen<br />
angepasst werden. Ebenso<br />
lassen sich dem Hersteller zufolge<br />
heiße Materialen markieren und es<br />
werde das Eintauchen der Markiernadel<br />
in das Werkstück ermöglicht.<br />
Darüber hinaus garantiere die stabile<br />
Ausführung des Aluminium-Stellwinkels<br />
ein optimales Positionieren und<br />
präzise Markierergebnisse.<br />
Kompakt und bruchsicher<br />
Die kompakte und bruchsichere Bauweise<br />
ermögliche es, den batteriebe-<br />
34 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Markieren & Kennzeichnen<br />
Special<br />
triebenen FlyMarker mini 85/45 plus<br />
wie einen herkömmlicher Akkuschrauber<br />
von A nach B zu transportieren.<br />
Dies sei vor allem bei der<br />
Kennzeichnung von großen und unbeweglichen<br />
Werkstücken von großem<br />
Nutzen. »Der Akku-Handmarkierer<br />
liegt dank seiner Ergonomie perfekt<br />
in der Hand und kann von jeder<br />
Position aus kraftsparend eingesetzt<br />
werden«, betont MARKATOR Manfred<br />
Borries. Ein zusätzlicher montierter<br />
Handgriff ermögliche eine ergonomische<br />
Ein- oder Zwei-Hand-Bedienung,<br />
wodurch ein Abrutschen<br />
während des Markiervorgangs vermieden<br />
werde. Zum Lieferumfang<br />
gehören nach Herstellerangaben<br />
zwei leistungsstarke 18V-Lithium-Ionen-Akkus,<br />
mit denen ein komplett<br />
autarkes Arbeiten ermöglicht werde<br />
und auch lange Markieraufgaben<br />
ohne Unterbrechung abgearbeitet<br />
werden könnten.<br />
»Die Gerätesoftware ist selbsterklärend<br />
und intuitiv zu bedienen und<br />
vereinfacht die Programmierung der<br />
Markierdateien. Zusätzlich ist die Bediener-Software<br />
in zahlreichen<br />
Sprachversionen verfügbar, welche<br />
die Bedienung des FlyMarker mini<br />
85/45 plus für Anwender aus aller<br />
Welt erleichtert«, so MARKATOR<br />
Manfred Borries. •<br />
www.markator.de<br />
XXL-Box mit großem Markierfeld<br />
Lasermarkierstation verfügt über modularen Aufbau<br />
Remscheid. Die Lasermarkierstation XXL-Box des Unternehmens SIC MARKING ist in drei Grundgrößen<br />
erhältlich. Damit stellt das Gerät Herstellerangaben zufolge eine ideale Ergänzung des<br />
bestehenden Angebots an Lasermarkierstationen des Unternehmens dar.<br />
Die XXL-BOX überzeugt nach Informationen von SIC<br />
MARKING durch einen besonders großes Markierfeld<br />
mit bis zu 520 Millimetern Höhe. Ein weiterer<br />
Pluspunkt sei der modulare Aufbau: Es stehen drei Standardmodelle<br />
mit einer Breite von 800, <strong>12</strong>00 und 1600<br />
Millimetern zur Verfügung. Außerdem gibt es ein großes<br />
Angebot an passendem Zubehör. Dadurch soll das Produkt<br />
genau an die jeweiligen Kundenanforderungen angepasst<br />
werden.<br />
Maßgeschneiderte Lösungen für komplexere<br />
Markieraufgaben<br />
»Die XXL-BOX ist gerade dann eine ideale Lösung, wenn<br />
große Teile zu beschriften sind. Doch das ist noch nicht<br />
alles. Darüber hinaus lassen sich mit dem neuen Produkt<br />
auch maßgeschneiderte Lösungen für komplexere Markieraufgaben<br />
bei großen Teilen realisieren«, teilt SIC<br />
MARKING mit. Die Flexibilität sei vor allem auf das große<br />
Angebot an Zubehörteilen zurückzuführen. »So können<br />
unsere Techniker von Fall zu Fall beispielsweise den Einsatz<br />
einer automatischen dreidimensionalen Positionierachse,<br />
eines automatischen Ladesystems, eines Lademagazins<br />
und eines Drehtisches vorschlagen, um die<br />
Markierstation optimal an die besonderen Anforderungen<br />
des Kunden anzupassen«, heißt es in der Mitteilung. •<br />
www.sic-marking.de<br />
Die Lasermarkierstation XXL-Box gibt es in drei Grundgrößen.<br />
Foto: SIC MARKING<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 35
Special<br />
Markieren & Kennzeichnen<br />
Faserlaser für kleinformatige und<br />
anpassungsfähige Markierungen<br />
FOBA hat Portfolio mit Faserlaserbeschriftungssystem erweitert<br />
Selmsdorf. FOBA Laser Marking + Engraving, Spezialist für industrielle Teilebeschriftung und<br />
-gravur, hat ein weiteres Markiersystem für die Linienintegration eingeführt: Das Faserlasersystem<br />
FOBA Y.0200-S ergänzt die Reihe der besonders kleinformatigen und anpassungsfähigen<br />
Beschriftungslösungen. »Der leistungsstarke Markierlaser zeichnet sich durch seine kompakte<br />
Bauform und Vielseitigkeit in Einbau und Anwendung aus«, teilt FOBA mit.<br />
Mit dem Faserlaser Y.0200-S<br />
will FOBA viele der besonderen<br />
Anforderungen an<br />
die Teile-Identifikation lösen. »Das<br />
System ist ideal für anspruchsvolle<br />
Projekte in der Elektronik- und Automobilzulieferindustrie<br />
oder in der<br />
Metall- und Kunststoffverarbeitung.<br />
FOBAs Y.0200-S hält mit den gesetzlichen<br />
Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit<br />
Schritt und erstellt<br />
Codes von hoher Kontrastschärfe und<br />
langer Haltbarkeit, auch auf stark beanspruchten<br />
Produkten«, so FOBA.<br />
Kompakte Bauform<br />
Demnach ermöglicht der 20-Watt-<br />
Faserlaser eine variable Anpassung an<br />
verschiedene Produktionserfordernisse.<br />
Zur Auswahl stehen ein<br />
Sechs-Millimeter-Markierkopf für die<br />
Hochgeschwindigkeitsproduktion<br />
oder ein Zehn-Millimeter-Markierkopf<br />
für die präzise und detailreiche<br />
Teilekennzeichnung.<br />
Die optimale Datenverarbeitung<br />
und hohe Markiergeschwindigkeit<br />
sollen für hohe Produktivität sorgen.<br />
Nach Herstellerangaben können bis<br />
zu 1 300 Zeichen pro Sekunde mit dem<br />
Das FOBA-Y.0200-S-Markiersystem kann laut Hersteller über einen nach<br />
IP65-Standard geschützten 10.1-Zoll Farb-Touchscreen gesteuert werden.<br />
Sechs-Millimeter-Markierkopf oder bis<br />
zu 1 000 Zeichen pro Sekunde mit dem<br />
Zehn-Millimeter-Markierkopf erreicht<br />
werden, abhängig von der Art der<br />
Anwendung.<br />
Vielseitigkeit in Einbau und<br />
Anwendung<br />
Der Markierlaser lässt sich FOBA zufolge<br />
problemlos in unterschiedliche<br />
Produktionslinien einbauen, und Anwender<br />
können den Markiervorgang<br />
Markiereinheit und<br />
Markierköpfe des<br />
FOBA-Y.0200-S-<br />
Faserlasersystems,<br />
das sowohl mit null<br />
oder mit 90 Grad<br />
Laserstrahl-Ausfallwinkel<br />
verfügbar<br />
ist.<br />
über FOBAs Touch Control Software<br />
FOBA Go auf dem eigens für die Produktionsumgebung<br />
nach IP65-<br />
Standard geschützten Zehn-Zoll-<br />
Farbtouchscreen FOBA Touch steuern,<br />
ebenso wie über alle gängigen browserbasierten<br />
Benutzeroberflächen.<br />
»Unsere Kunden haben dieses<br />
leichte, kompakte und flexible Faserlaser-Markiersystem<br />
bereits sehr gut<br />
angenommen«, sagt Wen Xiao,<br />
FOBAs Regional Manager in der<br />
APAC-Region. »Sie profitieren von der<br />
Flexibilität eines Laserkopfes mit<br />
wahlweise null oder 90 Grad<br />
Strahlaustritt und schätzen die einfache<br />
Montage eines der kleinsten auf<br />
dem Markt verfügbaren Markierköpfe.«<br />
www.fobalaser.com<br />
•<br />
36 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 37
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Foto: Outokumpu<br />
Öl-, Gas- und Chemikalientanker haben im globalen Handel eine Schlüsselrolle und müssen neben mechanischer Beanspruchung<br />
durch Wellen und Strömung chemischen Substanzen, hohen Drücken sowie herausfordernden Temperaturen dauerhaft<br />
standhalten.<br />
Auf Nummer sicher bei extremen<br />
Transportbelastungen<br />
Der Werkstoff Edelstahl ist ein Allrounder im Tankschiffbau<br />
Düsseldorf. Tankschiffe transportieren flüssige Güter über die Weltmeere – vom Rohöl über Chemikalien,<br />
Melasse, Pflanzenöl und Saftkonzentrate bis hin zu verflüssigten Gasen. Neben mechanischer<br />
Beanspruchung durch Wellen und Strömung müssen die Tanks chemischen Substanzen,<br />
hohen Drücken sowie Temperaturen von minus 160 bis plus 50 Grad Celsius dauerhaft standhalten.<br />
Entscheidende Kriterien für die Werkstoffauswahl beim Tankbau sind deshalb Streckgrenze,<br />
Korrosionsbeständigkeit, Umform- und Reinigungseigenschaften – durchweg Paradedisziplinen<br />
von Edelstahl Rostfrei, dessen Einsatz im Tankschiffbau entsprechend vielfältig ist.<br />
Von Dr. Hans-Peter Wilbert*<br />
Laut Umweltbundesamt waren<br />
2019 über 90 000 Schiffe unterschiedlicher<br />
Größen und Typen<br />
auf den Weltmeeren unterwegs – neben<br />
Containerschiffen vor allem Öl-,<br />
Gas- und Chemikalientanker. Rund 90<br />
Prozent des weltweiten Warenverkehrs<br />
werden durch diese schwimmenden<br />
Giganten transportiert. Die<br />
größten unter den Tankschiff-Riesen<br />
sind Öltanker – sowohl in der Länge<br />
als auch in der Transportkapazität:<br />
38 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 39
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Mit bis zu 380 Metern Länge, 68 Metern<br />
Breite, 34 Metern Seitenhöhe<br />
und über 500 000 Tonnen Transportvolumen<br />
führen sie die Tankerriege<br />
an. Ihre Größe ist jedoch zugleich<br />
auch ihre Schwäche: Mit diesen Dimensionen<br />
können sie enge oder in<br />
ihrer Tiefe begrenzte Routen wie den<br />
Panamakanal oder den Suezkanal<br />
nicht befahren. Um im harten internationalen<br />
Markt bestehen zu können,<br />
setzen Reedereien für den Transport<br />
flüssiger Güter deshalb vermehrt<br />
auf kleinere, dafür aber flexibel nutzbare<br />
Tanker mit mehreren Tanks. Sie<br />
ermöglichen bei Bedarf den gleichzeitigen<br />
Transport unterschiedlicher<br />
Flüssigkeiten. Angesichts der sensiblen<br />
und potenziell umweltgefährdenden<br />
Ladung gelten für Tankschiffe<br />
höchste Sicherheitsstandards. Für<br />
Tanker mit mehr als 5 000 Tonnen Zuladung<br />
schreibt die Internationale<br />
Seeschifffahrtsorganisation der Vereinten<br />
Nationen (IMO) weltweit eine<br />
Doppelhülle vor. Diese zweite Haut<br />
verhindert bei einer Havarie, dass Ladung<br />
austreten oder Wasser in den<br />
Schiffskörper eindringen kann. Stützelemente<br />
im Hohlraum zwischen Außen-<br />
und Innenhülle ermöglichen<br />
zudem durch eine gezielte Perforation,<br />
dass sich die innere Stahlhülle<br />
von ihnen – ohne zu reißen – lösen<br />
und frei verformen kann. Dadurch<br />
bleibt der im mittleren Schiffsbereich<br />
liegende Laderaum bei einem Crash<br />
unversehrt. Er wird zusätzlich durch<br />
wasser- und gasdichte Doppelschotts<br />
aus profilierten Edelstahlblechen zu<br />
den angrenzenden Bereichen im<br />
Schiff abgetrennt. Diese gewellten<br />
Bleche aus nichtrostendem austenitischem<br />
oder Duplex-Stahl erhöhen die<br />
Steifigkeit der lastbeanspruchten<br />
Bauteile und erleichtern durch ihre<br />
vertikale Wellung auch die Reinigung<br />
nach jeder Ladung. Mit Innenwänden,<br />
im Fachjargon Schotten, aus solchen<br />
Wellblechen werden auch mehrere<br />
aneinander gereihte Laderäume<br />
getrennt, die typisch für Chemietanker<br />
sind.<br />
Breites Güterspektrum auf<br />
Chemietankern<br />
Nach Rohöltankern sind Chemietanker<br />
in der Welthandelsflotte am häufigsten<br />
vertreten. 5 734 Schiffe dieser<br />
Kategorie transportierten im Jahr<br />
2019 (Quelle: Statista) chemische und<br />
petrochemische Produkte sowie flüssige<br />
Lebensmittel wie Pflanzenöle<br />
oder Melasse über die Ozeane. Mit<br />
separaten, mehrschaligen Tanks – in<br />
der Regel zehn Meter breit, zwölf<br />
Meter lang, 11,5 Meter hoch und mit<br />
einem Fassungsvermögen von<br />
1 400 Kubikmetern – ermöglichen sie<br />
das unabhängige Be- und Entladen<br />
sowie den gleichzeitigen Transport<br />
verschiedener Chemikalien. Die Konstruktion<br />
dieser Tanks unterliegt<br />
strengen gesetzlichen Bestimmungen,<br />
zu deren Einhaltung maximale<br />
Korrosionsbeständigkeit der Tankwände<br />
und eine möglichst hohe<br />
Streckgrenze des für die Schotten<br />
eingesetzten Werkstoffs maßgeblich<br />
beitragen. Werkstoff der Wahl ist hier<br />
Edelstahl Rostfrei mit Qualitätssiegel<br />
in anwendungsspezifischer Legierung.<br />
Parallel zur Korrosionsbeständigkeit<br />
von höher legierten Edelstählen<br />
steigen auch die Bandbreite der<br />
Ladung und damit der potenzielle<br />
Kundenkreis. Die Streckgrenze des<br />
gewählten nichtrostenden Stahls definiert<br />
die Belastungsgrenzen der<br />
Tankwände, um mechanisches Versagen<br />
zu verhindern. Lange Zeit kamen<br />
vor allem austenitische Sorten wie<br />
1.4406 und 1.4434 oder der hoch legierte<br />
1.4439 zum Einsatz, sodass<br />
heute noch in vielen Chemietankern<br />
Behälter aus diesen Güten anzutreffen<br />
sind. Verstärkt an Bedeutung als<br />
Standard-Edelstahl für Chemietanks<br />
gewinnt jedoch Duplex-Stahl der<br />
Güte 1.4462. Verglichen mit den austenitischen<br />
Sorten spricht für ihn,<br />
dass er durch dünnere Querschnitte<br />
Gewichtseinsparungen bei gleicher<br />
Steifigkeit ermöglicht. Damit steigt<br />
auch die zulässige Gesamtfracht. Zudem<br />
ist dieser austenitisch-ferritische<br />
Stahl hoch widerstandsfähig gegen<br />
Loch- und Spaltkorrosion, was ihm<br />
eine besondere Beständigkeit gegen<br />
aggressive Flüssigkeiten wie<br />
Phosphor säure oder organische Säuren<br />
verleiht.<br />
Hygiene als oberstes Gebot<br />
Ein weiteres großes Einsatzfeld für<br />
Tankschiffe ist der Transport von frischen<br />
Fruchtsäften oder Fruchtsaftkonzentraten.<br />
In der Regel kombinieren<br />
Safttanker mehrere Solo- oder<br />
Doppelfunktionstanks für Direktsaft<br />
Entscheidende Kriterien für die Wahl von Edelstahl Rostfrei beim Tankbau sind<br />
Streckgrenze, Korrosionsbeständigkeit, Umform- und Reinigungseigenschaften.<br />
Foto: ZIEMANN HOLVRIEKA<br />
40 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Sonderstrecke<br />
Weihnachts-Special<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 41
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Foto: ZIEMANN HOLVRIEKA<br />
(Not From Concentrate, NFC) und<br />
Orangensaftkonzentrat (Frozen Concentrated<br />
Orange Juice, FCOJ), um<br />
beide Güter flexibel transportieren zu<br />
können. Diese meist zylinderförmigen<br />
Tanks aus hochwertigem Edelstahl<br />
Rostfrei stehen in isolierten Laderäumen.<br />
Sie verfügen über eine<br />
ausgeklügelte aseptische Tanktechnik,<br />
die auch alle Rohre, Ventile, Flansche<br />
und Armaturen umfasst. Lebensmittelkonforme,<br />
hochglatt polierte<br />
porenfreie Innenflächen der Tanks<br />
sowie Schweißnähte, die mit Rauheitswerten<br />
kleiner als 0,8 Mikrometer<br />
angefertigt werden, verhindern<br />
die Ansiedlung von Bakterien und<br />
Keimen. Eine weitere Besonderheit<br />
der Tanks für NFC und FCOJ ist ihr<br />
kegelförmiger Boden. An seinem<br />
tiefsten Punkt sind die Rohrleitungen<br />
angeschlossen, um eine vollständige<br />
Entleerung zu ermöglichen. Während<br />
des Transports von Direktsaft gewährleisten<br />
Propeller-Rührwerke aus<br />
nichtrostendem Stahl, dass der Tankinhalt<br />
immer in Bewegung bleibt.<br />
Außerdem überwachen Füllstandsanzeigen<br />
und Temperatursensoren aus<br />
Edelstahl das Transportgut permanent.<br />
Sobald der Füllstand in den<br />
Tanks oder Rohrleitungen auf hoher<br />
See oder auch beim Löschen des Safts<br />
sinkt, wird der entstehende Luftraum<br />
mit Stickstoff aus separaten Stickstofftanks<br />
aufgefüllt, um die Saftqualität<br />
zu sichern. Da bei naturbelassenen<br />
Direktsäften und Saftkonzentraten<br />
auf den Einsatz von<br />
Konservierungsmitteln und hohe<br />
Temperaturen zur Haltbarmachung<br />
verzichtet wird, sind auch bei den<br />
Ventilen und Flanschen auf den Tankschiffen<br />
höchste hygienische Standards<br />
unverzichtbar. Aseptische Ventile<br />
mit Gehäusen aus Edelstahl Rostfrei<br />
der Güte 1.4408, speziellen<br />
Membranen und Dichtungen sowie<br />
totraumfreie Flansche aus 1.4404<br />
oder höherlegierten Edelstahlausführungen<br />
verhindern die Kontaminierung<br />
des fruchtigen Transportgutes<br />
durch Keime oder Bakterien. Auch<br />
bei den Ladesystemen mit integrierten<br />
Systemen zur Reinigung und Sterilisation<br />
vertrauen die Reedereien<br />
bei Rohren und Rohrverteilern auf<br />
den in Hygienefragen ungeschlagenen<br />
Werkstoff Edelstahl Rostfrei. Da<br />
große Tankschiffe wegen ihres Tiefgangs<br />
nicht bis ans Ufer fahren können,<br />
werden kilometerlange Ladeund<br />
Löschleitungen aus mit Beton<br />
ummanteltem Stahlrohr aufs Meer<br />
hinausgelegt, die die Exportterminals<br />
auf dem Festland mit den Ladesystemen<br />
an Bord verbinden. Den eigentlichen<br />
Transport der empfindlichen<br />
Für den gleichzeitigen Transport unterschiedlicher Güter werden vermehrt Tankschiffe<br />
mit mehreren Tanks eingesetzt.<br />
Ladung leisten in ihrem Inneren<br />
längsnahtgeschweißte Edelstahlrohre.<br />
Nach dem Löschen der Fruchtsaftladung<br />
kommen auf den Schiffen<br />
kundenspezifisch ausgelegte Tankreinigungssysteme<br />
zum Einsatz. Das dafür<br />
benötigte Frischwasser wird aus<br />
separaten Edelstahltanks bereitgestellt.<br />
Dank der guten Reinigungseigenschaften<br />
der eingesetzten<br />
nichtrostenden Stähle ist die gebotene<br />
Hygiene jahrzehntelang gewährleistet.<br />
Nach der Säuberung werden<br />
die leeren Tanks sofort mit Stickstoff<br />
gefüllt, um bis zur nächsten Beladung<br />
die nötige Sterilität der Behälter zu<br />
bewahren.<br />
Wachsende Bedeutung der<br />
Gastanker<br />
Zahlenmäßig sind Gastankschiffe<br />
noch die kleinste Gruppe unter den<br />
Tankschiffen: Im Jahr 2019 waren<br />
1 980 Gastanker (Quelle: Statista) auf<br />
den Weltmeeren unterwegs. Der<br />
Transport von Flüssigerdgas (Liquefied<br />
Natural Gas, LNG), Flüssiggas (Liquefied<br />
Petroleum Gas, LPG) oder<br />
auch Wasserstoff ist jedoch ein Industriezweig,<br />
der nach Expertenmeinung<br />
stark an Bedeutung gewinnen wird.<br />
Gastankschiffe unterscheiden sich allerdings<br />
durch die Vielfalt der Ladungen<br />
stark in Design, Konstruktion und<br />
Betrieb. Allen gemeinsam ist, dass sie<br />
die Ladung unter Überdruck halten<br />
müssen, um das Eindringen von Luft<br />
in die Ladetanks oder ein Entweichen<br />
der Gase zu verhindern. Tiefkühltanker<br />
transportieren bis zu 140 000 Kubikmeter<br />
Flüssiggas und sogar bis<br />
260 000 Kubikmeter Flüssigerdgas.<br />
Drei verschiedene selbsttragende<br />
Tanktypen – und davon abhängige<br />
Ladungsbehältersysteme – sind auf<br />
ihnen anzutreffen: Der Tanktyp A ist<br />
ein Zylindertank mit konventioneller<br />
Innenversteifung und Schaumisolierung.<br />
Er benötigt eine komplette<br />
zweite Barriere um den Einzeltank<br />
oder die Gesamtvorrichtung zur Ladungslagerung<br />
herum. Diese zweite<br />
Barriere muss eine ausgelaufene<br />
42 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Sonderstrecke<br />
Weihnachts-Special<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 43
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Foto: WZV / AdobeStock Jürgen Fälchle<br />
Rohrleitungen aus Edelstahl sorgen auf Tankschiffen für die nötige Sicherheit.<br />
Tank ladung für 15 Tage leckagefrei<br />
aufnehmen können. Gefertigt wird<br />
sie deshalb aus Edelstahl, da dieser<br />
Werkstoff auch den hier herrschenden<br />
Tieftemperaturen zuverlässig<br />
standhält. Der Tanktyp B ist kugelförmig<br />
und wird nahezu ausschließlich<br />
auf LNG-Tankern eingesetzt. Die Außenwand<br />
dieser Tanks ist isoliert. Als<br />
zweite Barriere benötigen sie lediglich<br />
eine Auffangschale. Tanktyp C ist<br />
ein Tiefkühldrucktank, der die Ladung<br />
bei Umgebungstemperatur und<br />
einem Arbeitsdruck von Tanks und<br />
Anlagen von 18 bar befördert. Seine<br />
kugel- oder zylinderförmigen Druckbehälter<br />
werden nach den entsprechenden<br />
Vorschriften ausgelegt und<br />
benötigen keine zweite Barriere. Allerdings<br />
sind sie nur auf Gastankschiffen<br />
anzutreffen, deren Doppelhüllenrumpf<br />
gleichzeitig die Tanks bildet –<br />
sogenannte Glattdecker mit<br />
außenliegenden Verstärkungen des<br />
Decks. In jedem der genannten<br />
Druckbehältertypen befinden sich<br />
zwei Hauptpumpen zum Entladen<br />
und vier Sprühpumpen. LNG entsteht,<br />
wenn Erdgas durch Hauptverdampfer<br />
auf dem Schiff auf minus 162 Grad<br />
Celsius gekühlt wird und dadurch auf<br />
ein Sechshundertstel des Ausgangsvolumens<br />
schrumpft. Über die Edelstahl-Sprühköpfe<br />
an der Tankoberseite<br />
wird das auf seinen Siedepunkt<br />
gebrachte Gas zunächst in die mit<br />
Luft gefüllten Tanks gesprüht. Dort<br />
verdampft es und kühlt die Behälter<br />
ab. Sobald die Tanks die Temperatur<br />
von minus 140 Grad Celsius erreicht<br />
haben, wird die restliche Menge an<br />
LNG hineingepumpt. Am Zielort verdampft<br />
das Flüssiggas an speziellen<br />
LNG-Entladeterminals wieder und<br />
wird ins Netz eingespeist. Der Markt<br />
für Flüssigerdgas ist international<br />
durch eine stark steigende Nachfrage<br />
gekennzeichnet. So wird LNG heute<br />
vermehrt auch als alternativer Schiffstreibstoff<br />
eingesetzt, um das bisher<br />
eingesetzte Schweröl oder Marinediesel<br />
zu ersetzen. Beide Treibstoffe<br />
emittieren in hohem Maße Luftschadstoffe.<br />
Um die Klimaziele zu erreichen,<br />
gilt jedoch langfristig mit regenerativen<br />
Energien erzeugter grüner<br />
Wasserstoff als favorisierter Energieträger<br />
– für Verkehrswesen und Industrie<br />
gleichermaßen. Er entsteht<br />
durch Elektrolyse, die Wasser mit riesigen<br />
Mengen an erneuerbarem<br />
Strom zu Wasser- und Sauerstoff zerlegt.<br />
Da in vielen Ländern Wind und<br />
Sonne nicht genügend Energie liefern,<br />
um den künftig enormen Bedarf<br />
an grünem Wasserstoff zu decken,<br />
soll er in wind- und sonnenreichen<br />
Ländern wie Afrika produziert werden.<br />
Von dort wird er entweder durch<br />
Pipelines oder auf weiteren Distanzen<br />
per Flüssiggastanker über die<br />
Weltmeere transportiert. Wasserstoff<br />
ist jedoch ein hoch flüchtiges Gas, das<br />
bei minus 253 Grad Celsius verflüssigt<br />
wird. Entsprechend hoch sind die Anforderungen<br />
an die Dichtigkeit der<br />
Tanksysteme für den Transport auf<br />
hoher See. Hier kommen nahtlose<br />
Edelstahl-Druckbehälter sowie Rohre<br />
und Ventile aus nichtrostendem Stahl<br />
der Güten 1.4306, 1.4541, 1.4571,<br />
1.4429 und 1.4404 zum Einsatz. Noch<br />
ist die regenerative Wasserstoffproduktion<br />
extrem teuer. Weltweit sind<br />
Experten aber überzeugt, dass er –<br />
sobald die Kosten sinken – eine zentrale<br />
Rolle bei der Energiewende<br />
übernehmen wird. Dann soll er in<br />
gewaltigen Mengen mit Flüssiggastankern<br />
nach Asien und Europa<br />
verschifft werden, um den Energiehunger<br />
auf diesen Kontinenten zu<br />
beantworten.<br />
Ob Gas-, Saft- oder Chemietanker:<br />
Tanklagerbälge brauchen sie alle. Diese<br />
flexiblen Verbindungen zwischen<br />
Lagertanks und Verteilern nehmen<br />
während der Fahrt sowie bei der Be-<br />
und Entladung Setzbewegungen der<br />
Behälter auf und vermeiden so unerwünschte<br />
Leckagen. Individuell gefertigt<br />
aus Edelstahl Rostfrei, sind diese<br />
Kompensatoren während der gesamten<br />
Tanklebensdauer die Gewähr für<br />
einen sicheren Stand der Tanks. Heute<br />
schon sind Tankschiffe aller Art im<br />
internationalen Warenverkehr nicht<br />
mehr wegzudenken. Ihre Bedeutung<br />
und Anzahl werden bald nochmals<br />
deutlich steigen. Mit Edelstahl Rostfrei<br />
an Bord sind Tanker eine sichere<br />
Sache für Reedereien, Mannschaft,<br />
Produkte und Umwelt.<br />
www.edelstahl-rostfrei.de<br />
*Der Autor ist Geschäftsführer der<br />
Informationsstelle Edelstahl Rostfrei<br />
(ISER).<br />
•<br />
44 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Foto: GKD<br />
815 Quadratmeter Edelstahlgewebe vom Typ Sambesi von GKD kamen für die Innenfassade des Hermès-Stores zum Einsatz.<br />
Bronzenfarbene Membran für<br />
Hermès-Store in Bangkok<br />
Bogenförmige Innenfassade aus Metallgewebe für Einkaufzentrum<br />
Bangkok/Thailand. Sein unverwechselbares Gesicht erhielt das Einkaufszentrum ICONSIAM durch<br />
ein über drei Geschosse reichendes, 300 Meter langes und bis zu 24 Meter hohes Schaufenster<br />
aus großformatigen, zweifach geneigten Glasfinnen und -scheiben. Für die Gestaltung des zweigeschossigen<br />
Hermès-Flagship-Stores am Haupteingang der Mall lud das französische Architekturbüro<br />
RDAI das markante Erscheinungsbild noch weiter auf: Eine im gleichen Winkel geneigte,<br />
durchgehende Innenfassade aus bronzefarben lackiertem Metallgewebe verleiht dem Luxus<br />
besonderen Glanz.<br />
Von Ursula Herrling-Tusch*<br />
Mit 23 Millionen Touristen pro<br />
Jahr ist Bangkok eines der<br />
beliebtesten Reise- und<br />
Shoppingziele weltweit. Gigantische<br />
Einkaufszentren buhlen im rasant gewachsenen<br />
Zentrum der thailändischen<br />
Hauptstadt auf der Ostseite des Chao<br />
Phraya um die Gunst der Gäste. Auf<br />
dem gegenüberliegenden West ufer<br />
des Flusses, im historischen Herzen der<br />
Stadt, öffnete mit dem ICONSIAM ein<br />
spektakulärer Gegenpol seine Pforten.<br />
Für 1,65 Milliarden US-Dollar entstand<br />
nach dem Entwurf von Urban Architects<br />
ein 750 000 Quadratmeter großer,<br />
multifunktionaler Komplex. Eine sich<br />
über acht Stockwerke erstreckende<br />
Megamall und zwei Hochhäuser mit<br />
Luxuswohnungen lassen hier quasi keinen<br />
Wunsch offen.<br />
Transparenz und Opazität<br />
Der Megakomplex verbindet auf<br />
525 000 Quadratmetern Verkaufsfläche<br />
Shopping-Vergnügen mit einem<br />
beeindruckenden Angebotsumfang<br />
an Kunst-, Kultur-, Gastronomie- und<br />
Lifestyle-Attraktionen. Ein Konzept,<br />
das auch den Luxusgüter-Anbieter<br />
Hermès zur Eröffnung eines neuen<br />
Flagship-Stores im ICONSIAM veran-<br />
46 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Sonderstrecke<br />
Weihnachts-Special<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 47
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Die frei hängende Innenfassade aus Metallgewebe verbindet<br />
die beiden Store-Ebenen optisch miteinander und folgt wie<br />
ein Vorhang der dynamischen Linienführung der Fassade.<br />
Insgesamt 56 Paneele aus Metallgewebe wurden oben rechtwinkelig<br />
und unten individuell auf Maß schräg zugeschnitten<br />
und zur Befestigung mit Flachprofilen versehen.<br />
lasste. Seit 21 Jahren ist das traditionsreiche<br />
französische Unternehmen<br />
mit eigenen Stores in Thailand<br />
vertreten. Mit 368 Quadratmetern<br />
Verkaufsfläche entstand in dem Iconluxe<br />
genannten Luxusflügel der Edel-<br />
Mall nun die dritte und zugleich<br />
größte Dependance. Auf zwei Etagen<br />
wird dort das gesamte Sortimentsspektrum<br />
an Mode, Accessoires und<br />
Möbeln angeboten. Die Außenhaut<br />
des Hermès-Stores ist die hängende<br />
Ganzglas-Fassade, die weltweit zu<br />
den größten ihrer Art gehört. Ihre<br />
großformatigen Glasscheiben in<br />
Zick-Zack-Anordnung öffnen das Geschäft<br />
zum Fluss hin. Diese visuelle<br />
Eine im gleichen Winkel geneigte,<br />
durchgehende Innenfassade aus bronzen<br />
lackiertem Metallgewebe verleiht<br />
dem Hermès-Flagship-Store in Bangkok<br />
besonderen Glanz.<br />
Verbundenheit entspricht den architektonischen<br />
Leitmotiven von Transparenz<br />
und Opazität, die RDAI-Architekten<br />
weltweit bei der Gestaltung<br />
aller Hermès-Stores zugrunde legen.<br />
Maß und Winkeligkeit als<br />
Herausforderung<br />
Um den ungehinderten Blick nach<br />
außen ebenso wie die Ungestörtheit<br />
des Einkaufserlebnisses zu bewahren,<br />
entschieden sie sich im ICONSIAM für<br />
eine frei hängende Innenfassade aus<br />
Metallgewebe. Sie sollte nicht nur die<br />
beiden Store-Ebenen optisch miteinander<br />
verbinden, sondern auch wie<br />
ein Vorhang der dynamischen Linienführung<br />
der Fassade folgen. Angesichts<br />
der bogenförmigen und zugleich<br />
geneigten Fassade musste die<br />
gewebte Membran Höhenunterschiede<br />
von bis zu zwölf Zentimetern kompensieren.<br />
Um die dadurch bedingte<br />
Maßhaltigkeit und Winkeligkeit der<br />
aus Metall gewebten Fassadenelemente<br />
exakt einzuhalten, waren innovative<br />
Lösungen für Zuschnitt und<br />
Konfektionierung gefordert: Die Spezialisten<br />
der technischen Weberei<br />
GKD – Gebr. Kufferath AG entwickelten<br />
für Hermès ein Verfahren, das es<br />
ermöglichte, die riesigen Paneele<br />
bogenförmig – in exakt abgestimmten<br />
Längen und Breiten – anzubringen.<br />
Die auf dieser Basis in dem<br />
Dürener Stammwerk von GKD angefertigten<br />
Prototypen überzeugten die<br />
RDAI-Architekten. 815 Quadratmeter<br />
bronze lackiertes Edelstahlgewebe<br />
vom Typ Sambesi kamen für die Innenfassade<br />
des Hermès-Stores zum<br />
Einsatz. Insgesamt 56 Paneele –<br />
jeweils 7 000 Millimeter lang und zwischen<br />
1 200 und 2 500 Millimeter<br />
breit – wurden oben rechtwinkelig<br />
und unten individuell auf Maß schräg<br />
zugeschnitten und zur Befestigung<br />
mit Flachprofilen versehen. Vor Ort<br />
wurden die deckenhohen Bahnen<br />
überlappend montiert, indem sie auf<br />
beiden Etagen in 50 Zentimeter Abstand<br />
zur Fassade an der Decke eingehängt<br />
und am Boden ohne Spannung<br />
befestigt wurden. So entstand<br />
eine schimmernde Membran, deren<br />
textile Anmutung das edle Ambiente<br />
des Stores mit seinem Terrazzoboden,<br />
bernsteinfarbigem Glas und<br />
warmen Hölzern unterstreicht. Zugleich<br />
erlaubt die materialtypische<br />
Transparenz des Gewebes den freien<br />
Ausblick auf den Fluss und verleiht so<br />
dem Store eine einzigartig luftige<br />
Atmosphäre.<br />
•<br />
www.gkd-group.com<br />
*Die Autorin ist Geschäftsführerin<br />
von impetus.PR, Agentur für Corporate<br />
Communications GmbH.<br />
48 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Sonderstrecke<br />
Weihnachts-Special<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 49
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Laser messen vollständige<br />
Geometrie von Rohrenden<br />
Die Inline-Lasermessung erfasst die Kontur über den gesamten<br />
Querschnitt sowie die Ausprägung der Rohrenden<br />
Lüneburg. Das Unternehmen LAP hat ein laserbasiertes Messsystem für die Erfassung der Geometrie<br />
von Rohrenden entwickelt: Mit Sensoren, die an einem Roboterarm montiert sind, misst »Tube<br />
End Check« nach Herstellerinformationen inline und im Takt der Produktion die gesamte Geometrie<br />
jedes Rohrendes und soll so die Kontrolle jedes einzelnen Rohres möglich machen.<br />
Tube End Check« ist ein modulares<br />
System, das den Anforderungen<br />
des Anwenders entsprechend<br />
konfiguriert wird. Je nach Ausstattung<br />
misst es den Innen- sowie den<br />
Außendurchmesser, die Wanddicke<br />
und die Ovalität, außerdem die Ausprägung<br />
der angearbeiteten Fasen<br />
und die Rechtwinkligkeit des Sägeschnittes.<br />
LAP hat es eigenen Angaben<br />
zufolge für den Einsatz in der Adjustage<br />
und bei der Endkontrolle nahtloser<br />
oder geschweißter Rohre mit<br />
einem Außendurchmesser von bis zu<br />
1 500 Millimetern und mehr entwickelt.<br />
100-Prozent-Kontrolle<br />
»Da das System vollständig in den Produktionsablauf<br />
integriert ist, können<br />
die Enden jedes einzelnen Rohres präzise<br />
vermessen werden. So macht die<br />
Inline-Messung die bisher üblichen<br />
manuellen Offline-Stichprobenkontrollen<br />
überflüssig, die oft nur an einem<br />
geringen Prozentsatz der Rohre<br />
durchgeführt werden konnten. Mit<br />
Hintergrund<br />
Über LAP<br />
der 100-Prozent-Kontrolle kann die<br />
Qualität der Rohre – beispielsweise den<br />
Normen des American Petroleum Institute<br />
(API) entsprechend – eindeutig<br />
dokumentiert werden«, teilt LAP mit.<br />
Demnach identifiziert das System darüber<br />
hinaus inline alle Rohre, die nicht<br />
die Spezifikationen erfüllen. So soll es<br />
hohe Kosten für den Hin- und Rücktransport<br />
vermeiden, die entstehen<br />
könnten, wenn Abweichungen erst<br />
beim Endkunden festgestellt<br />
würden.<br />
Der seitlich zum Rollgang<br />
platzierte Roboter fährt<br />
den Arm, an dem die unterschiedlichen<br />
Sensoren<br />
angebracht sind, aus einer<br />
geschützten Parkposition<br />
in das Rohrende ein und<br />
scannt den gesamten<br />
Rohrumfang über 360<br />
Grad.<br />
LAP ist ein Hersteller von Laserprojektions- und Messsystemen. Jährlich<br />
liefert das Unternehmen eigenen Angaben zufolge 15 000 Einheiten an<br />
Kunden unter anderem aus den Branchen Strahlentherapie, Stahlerzeugung<br />
und Composite-Verarbeitung. 350 Mitarbeiter sind an acht Standorten<br />
in Europa, Amerika und Asien tätig und erwirtschaften nach Unternehmensinformationen<br />
einen Umsatz von 60 Millionen Euro (Stand 2018).<br />
»Außerdem erlauben die Ergebnisse<br />
Rückschlüsse auf wichtige Prozessparameter<br />
im Produktionsablauf. So<br />
kann zum Beispiel die Einstellung des<br />
Walzgerüstes beim Walzen nahtloser<br />
Rohre optimiert werden«, erklärt LAP.<br />
Speziell beim Bau von Pipelines, die<br />
hohen Drücken ausgesetzt sind, ist es<br />
wichtig, dass die Enden der aneinandergeschweißten<br />
Rohre perfekt zueinander<br />
ausgerichtet sind. Hier spielen<br />
die perfekte Rundheit sowie das präzise<br />
Einhalten des spezifizierten Umfangs<br />
und der Wanddicke eine entscheidende<br />
Rolle. »Tube End Check<br />
liefert alle dafür erforderlichen Messwerte<br />
aus einem einzigen Umlauf des<br />
Messkopfes«, betont LAP.<br />
•<br />
Foto: LAP GmbH Laser Applikationen<br />
50 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Abbildung: LAP GmbH Laser Applikationen<br />
Mit einem optionalen Lichtschnittsensor<br />
kann gleichzeitig die<br />
Rechtwinkligkeit des Rohrendes<br />
und die Kontur der angearbeiteten<br />
Rohrfasen gemessen werden.<br />
Tube End Check auf einen Blick:<br />
Die Technik im Detail erklärt<br />
Zeitgleiche Vermessung des vorderen und hinteren Rohrendes<br />
Die Innen- und die Außenkontur werden mit Laser-Triangulationssensoren gemessen, die Wanddicke<br />
ermittelt das System aus dem Vergleich des Innen- und des Außenprofils. Die für den Messzyklus<br />
an beiden Rohrenden benötigte Zeit soll deutlich unter der Rohr-zu-Rohr-Folgezeit der<br />
Produktionslinie liegen.<br />
Lüneburg. Für die Messung wird<br />
das Rohr an der Messposition angehalten.<br />
Der seitlich zum Rollgang<br />
platzierte Roboter fährt den<br />
Arm, an dem die unterschiedlichen<br />
Sensoren angebracht sind, aus einer<br />
geschützten Parkposition in das Rohrende<br />
ein und scannt den gesamten<br />
Rohrumfang über 360 Grad. Nach<br />
Abschluss der Messung kehrt der Roboter<br />
in seine Parkposition zurück.<br />
Daraufhin wird das Rohr weitertransportiert,<br />
bis das zweite Rohrende die<br />
Messposition erreicht hat, sodann<br />
wiederholt sich der Vorgang.<br />
Die Innen- und die Außenkontur<br />
werden mit Laser-Triangulationssensoren<br />
gemessen, die Wanddicke ermittelt<br />
das System aus dem Vergleich<br />
des Innen- und des Außenprofils. Mit<br />
einem optionalen Lichtschnittsensor<br />
können gleichzeitig die Rechtwinkligkeit<br />
des Rohrendes und die Kontur<br />
der angearbeiteten Rohrfasen gemessen<br />
werden.<br />
Da der Roboter in mehreren Achsen<br />
beweglich und frei programmierbar<br />
ist, kann das System sowohl beim<br />
Längs- als auch beim Quertransport<br />
von Rohren genutzt werden. Wenn<br />
beim Quertransport zwei Roboter verwendet<br />
werden, können das vordere<br />
und das hintere Rohrende zeitgleich<br />
vermessen werden.<br />
Die für den Messzyklus an beiden<br />
Rohrenden benötigte Zeit liegt LAP<br />
betrage: Die Messung behindere<br />
den Produktionsfluss in keiner<br />
Weise.<br />
Die Messergebnisse werden grafisch<br />
auf dem Steuerstand angezeigt.<br />
So kann das Bedienpersonal bei Erreichen<br />
vorgegebener Toleranzschwellen<br />
unmittelbar eingreifen und beispielsweise<br />
eine Nachbearbeitung der<br />
zufolge deutlich unter der Rohr-zu- Rohrenden veranlassen. •<br />
Rohr-Folgezeit der Produktionslinie,<br />
die typisch etwa 0,5 bis 2,5 Minuten www.lap-laser.com<br />
Hintergrund<br />
Lasermessung in der Stahlindustrie<br />
Berührungslose Qualitätsprüfung in Walzwerken: LAPs Lasersysteme<br />
messen Kontur, Dicke und Geradheit von Stahlprodukten wie Draht,<br />
Rohr, Stab, Profil und Bandstahl während des Walzprozesses.<br />
Integriert in die Walzstraße erfassen sie im laufenden Betrieb die korrekten<br />
Maße und geben Handlungsempfehlungen zur optimalen Einstellung<br />
der Walzgerüste. Somit ermöglichen sie laut Hersteller die Qualitätskontrolle<br />
in Echtzeit und sorgen für Produktionssicherheit. Der Anwender<br />
könne bei Abweichungen sofort reagieren und dadurch Zeit- und Materialeinsparungen<br />
erzielen, heißt es. Die Lasermesssysteme verringern LAP<br />
zufolge die Standzeiten und steigern die Produktivität.<br />
52 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Weihnachts-Special<br />
Sonderstrecke<br />
Intralogistik erfolgreich erweitert<br />
Lagertechnik Hahn & Groh optimiert Kommissionierung für<br />
Trensco in Uelzen<br />
Winsen/Luhe. Eine große Produktvielfalt,<br />
ein knapp bemessener<br />
Zeitrahmen und komplexe<br />
bauliche Vorgaben: Für<br />
den Uelzener Online-Händler<br />
Trensco GmbH realisierte<br />
Lagertechnik Hahn & Groh ein<br />
anspruchsvolles Projekt zur<br />
Erweiterung und Optimierung<br />
der Intralogistik.<br />
Dritter Bauabschnitt: Palettenregalanlage<br />
mit rund 430 Stellplätzen sowie<br />
einer dreigeschossigen Lagerbühne<br />
Foto: Lagertechnik Hahn & Groh GmbH<br />
Über den unternehmerischen<br />
Erfolg im Geschäft mit Tintenpatronen<br />
und Tonerkartuschen<br />
entscheidet in erster Linie die<br />
Lieferzeit. Je besser die Intralogistik<br />
organisiert ist, desto höher die Kundenbindung.<br />
Als Betreiber des Online-Shops<br />
HD-Toner ist die Trensco GmbH im<br />
niedersächsischen Uelzen ein Anbieter<br />
von Tintenpatronen und Tonerkartuschen<br />
für diverse Druckermodelle<br />
und -marken. Das Sortiment umfasst<br />
darüber hinaus eine breite Palette an<br />
Bürobedarfsartikeln sowie weitere<br />
Produkte, die nach Bestelleingang<br />
umgehend kommissioniert und über<br />
Paketdienste ausgeliefert werden.<br />
Knapper Zeitrahmen<br />
Während der vergangenen Jahre ist<br />
das Geschäftsvolumen von Trensco<br />
eigenen Angaben zufolge kontinuierlich<br />
gewachsen, sodass eine Erweiterung<br />
der Lager- und Bürokapazitäten<br />
unumgänglich wurde. Das Projekt<br />
wurde auf drei Bauabschnitte verteilt:<br />
Zunächst entstand im vergangenen<br />
Jahr auf dem vorhandenen Firmengelände<br />
ein Hallenneubau mit<br />
1 500 Quadratmetern Nutzfläche, danach<br />
wurden die Lagerkapazitäten in<br />
einer rund 1 000 Quadratmeter großen<br />
Bestandshalle erweitert. Schließlich<br />
wurde 2019 noch eine weitere,<br />
600 Quadratmeter Nutzfläche umfassende<br />
Lagerhalle fertiggestellt.<br />
Um die zusätzlichen Kapazitäten<br />
möglichst schnell nutzen zu können,<br />
wurde der Zeitraum für die Realisierung<br />
des Gesamtprojektes vergleichsweise<br />
knapp bemessen. Der Rahmen<br />
für die lagertechnischen Installationen<br />
war klar definiert: Schaffung einer<br />
möglichst großen und hochflexiblen<br />
Lagerkapazität für eine sehr<br />
heterogene Produktvielfalt, wobei<br />
besondere bauliche Auflagen und ein<br />
komplexes Brandschutzkonzept berücksichtigt<br />
werden mussten.<br />
Komplexe Vorgaben<br />
Die erste der neuen Trensco-Hallen<br />
wurde von Lagertechnik Hahn &<br />
Groh im Herbst 2018 mit einer<br />
722 Quadratmeter großen Regalanlage<br />
samt angeschlossener Systembühne<br />
ausgestattet, jeweils in dreigeschossiger<br />
Bauweise. Die mit 2 000<br />
Millimetern x 800 Millimetern extra<br />
groß gewählte Regalfeldbreite soll<br />
höchste Flexibilität bei der Handhabung<br />
unterschiedlicher Gebindeabmessungen<br />
erlauben. Außerdem<br />
verfügt die insgesamt 5 800 Millimeter<br />
hohe Bühnenkonstruktion<br />
über vier Büroräume, integriert im<br />
ersten Obergeschoss der Systembühne.<br />
Im zweiten Schritt konnten<br />
die Kapazitäten einer Bestandshalle<br />
über die Installation einer 490 Quadratmeter<br />
umfassenden Regalanlage<br />
in zweigeschossiger Bauweise deutlich<br />
erweitert werden. Darüber hinaus<br />
bietet auch der zweite Hallenneubau<br />
viel Raum für die erweiterte<br />
Produktpalette von Trensco. Dort<br />
wurden während der vergangenen<br />
Monate eine 275 Quadratmeter große,<br />
dreigeschossige Lagerbühne sowie<br />
eine Palettenregalanlage mit<br />
rund 430 Stellplätzen aufgebaut. •<br />
www.lagertechnik-hamburg.de<br />
54 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Sonderstrecke<br />
Weihnachts-Special<br />
Klingspor-Händlerportal:<br />
Service rund um die Uhr<br />
Digitale Service-Plattform bietet viele Funktionen<br />
Klingspor hat sein Angebot um eine<br />
digitale Service-Plattform, das<br />
»Klingspor-Händlerportal«, erweitert.<br />
Foto: KLINGSPOR Management GmbH & Co KG<br />
Haiger. Individuelle Preise prüfen, den Status von Bestellungen<br />
einsehen oder aktuelle Flyer und Broschüren herunterladen:<br />
Diese und viele weitere Funktionen bietet das Klingspor Händlerportal,<br />
das Klingspor-Kunden seit Kurzem kostenfrei zur<br />
Verfügung steht.<br />
Abstand halten« ist in der momentanen<br />
Situation das Gebot<br />
der Stunde. Damit Klingspor<br />
seine Kunden auch weiterhin in<br />
der gewohnten Qualität betreuen<br />
kann, hat das Unternehmen sein Angebot<br />
um die digitale Service-Plattform,<br />
das »Klingspor-Händlerportal«,<br />
erweitert. Kunden können sich unter<br />
www.klingspor.de/login registrieren.<br />
Ein Zugang – alle Infos<br />
Das Klingspor-Händlerportal ist die<br />
digitale Serviceplattform für Daten,<br />
Informationen und Dienstleistungen<br />
rund um das Geschäft. »Zentral, ortsunabhängig,<br />
immer auf dem aktuellsten<br />
Stand und rund um die Uhr verfügbar«,<br />
teilt der Schleiftechnologieexperte<br />
aus dem hessischen Haiger<br />
mit. »Schnell und einfach erhalten<br />
Kunden die aktuellen Preislisten, Kataloge<br />
sowie Produktbroschüren. Außerdem<br />
erfahren sie aus erster Hand<br />
das Neueste über geplante und laufende<br />
Promotions sowie die Klings-<br />
Hintergrund<br />
Das Unternehmen Klingspor<br />
Seit mehr als <strong>12</strong>5 Jahren gibt es das Schleiftechnologieunternehmen<br />
bereits. In seinen Fabrikationsstätten werden über 50 000 Artikel für die<br />
unterschiedlichsten Schleifanwendungen gefertigt – unter anderem aus<br />
den Produktgruppen Schleifmittel auf Unterlage, Trennscheiben,<br />
Schruppscheiben, Schleifmopteller, Schleifmopräder und Diamantwerkzeuge.<br />
Das Unternehmen verfügt eigenen Angaben zufolge über 36<br />
weltweit verteilte Fertigungs- und Vertriebsstandorte mit insgesamt<br />
mehr als 2 800 Mitarbeitern. Für die Beratungsleistung sorgen mehr als<br />
460 Außendienstmitarbeiter, Ingenieure und Techniker.<br />
por-Verkaufsunterstützung für das<br />
Ladengeschäft.« Darüber hinaus soll<br />
das Portal die Möglichkeit bieten, aktuelle<br />
Produktdaten für die Warenwirtschaftssysteme<br />
beziehungsweise<br />
Webshops herunterzuladen.<br />
Auftragsverwaltung –<br />
tagesaktuell und einfach<br />
Nach Unternehmensangaben ermöglicht<br />
das ins Händlerportal integrierte<br />
Bestellsystem darüber hinaus das einfache<br />
Planen, Verwalten und Kontrollieren<br />
von Aufträgen. »Dabei können<br />
Merklisten und Warenkörbe angelegt<br />
und verwaltet werden. Kunden sehen<br />
ihre individuellen Preise für alle<br />
Klingspor-Artikel sowie Informationen<br />
zur Lagerverfügbarkeit. Weiterhin<br />
können über das System Bestellungen<br />
platziert und Dank einer<br />
Live-Tracking-Funktion auch überwacht<br />
werden«, so Klingspor. •<br />
www.klingspor.de<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 55
Baubranche<br />
Anwender<br />
Fotos (2): Ugitech<br />
Ugitech, ein Unternehmen der Swiss Steel Group, hat eine<br />
Stahlgüte mit nach eigenen Angaben außergewöhnlich hoher<br />
Korrosionsbeständigkeit entwickelt.<br />
Der Betonstahl UGIGRIP soll über besondere mechanische<br />
Eigenschaften verfügen, wodurch Gebäudestrukturen<br />
über Jahrzehnte gesichert werden sollen.<br />
Bauwerke dauerhaft schützen<br />
Mit Betonstahl UGIGRIP Korrosionen verhindern<br />
Ugine/Frankreich. Rostfrei und langlebig – in der Bauindustrie sind die Anforderungen an<br />
Bewehrungen, Verankerungen und Befestigungen hoch. Die in Bauwerken verwendeten Stäbe<br />
aus konventionellem Betonstahl beginnen meist nach einigen Jahren zu korrodieren. Der<br />
Spezialstahl UGIGRIP soll diesen Prozess verhindern, teilt Ugitech, ein Unternehmen der Swiss<br />
Steel Group, mit.<br />
Ob für Parkhäuser, Bauwerke<br />
aus Betonfertigteilen oder<br />
Konstruktionen im maritimen<br />
Bereich: UGIGRIP Betonstahl eignet<br />
sich Ugitech zufolge aufgrund<br />
seiner besonderen Eigenschaften für<br />
viele Anwendungen in unterschiedlichen<br />
Branchen. Demnach haben Stäbe<br />
und Walzdrähte aus dem rostfreien<br />
Ugitech-Stahl eine hohe Streckgrenze<br />
von mehr als 500 Newton pro<br />
Quadratmillimeter und erfüllen die<br />
Anforderungen des Eurocode 8,<br />
Klasse M für erdbebensicheres Bauen.<br />
»Sie bieten eine verbesserte Feuerbeständigkeit<br />
im Vergleich zu konventionellen<br />
Stählen und sind damit auch<br />
bei hohen Temperaturen kriech- und<br />
zugfest. Eine niedrige Wärmeleitfähigkeit<br />
von 15 Watt pro Meter und<br />
Kelvin verhindert Wärmebrücken und<br />
minimiert Wärmeverluste. Die homogene<br />
Stahloberfläche und Bildung<br />
der Passivschicht zwischen Metall und<br />
umgebendem Medium führen zu einer<br />
maximalen Korrosionsbeständigkeit<br />
von UGIGRIP«, so Ugitech. Extreme<br />
Chloridbelastungen, beispielsweise<br />
durch Tausalze oder Kontakt mit<br />
Meerwasser, sollen dem rostfreien<br />
Bewehrungsstahl nichts anhaben<br />
können.<br />
Betonstahl bietet maximale<br />
Korrosions beständigkeit<br />
Kunden profitieren nach Angaben<br />
von Ugitech gleich mehrfach von<br />
der neuen Stahlgüte: »Sie können<br />
auf Korrosionsschutzmaßnahmen<br />
verzichten, Instandhaltungskosten<br />
minimieren und die Lebensdauer<br />
von Bauwerken erheblich verlängern.<br />
Darüber hinaus lassen sich<br />
durch die Einsparung von Beton und<br />
die Reduzierung der Betondeckung<br />
leichtere Konstruktionen realisieren«,<br />
betont der Hersteller von<br />
Langprodukten aus rostfreiem Edelstahl.<br />
Ugitech bietet UGIGRIP in unterschiedlichen<br />
Qualitäten an. Das Unternehmen<br />
der Swiss Steel Group<br />
empfiehlt die drei Varianten 1.4062,<br />
1.4362 und 1.4462 für den Einsatz in<br />
korro sionsgefährdeten Bauwerken.<br />
»Der rostfreie Bewehrungsstahl ist<br />
auch als nichtmagnetische Variante<br />
für Gebäude mit besonderen Anforderungen,<br />
wie Flughäfen oder Krankenhäuser,<br />
verfügbar«, heißt es vonseiten<br />
des Unternehmens.<br />
www.ugitech.com<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 57
Anwender<br />
Baubranche<br />
Produktionslinie für Automobile: Schweißen von Karosserien<br />
Automobilindustrie: Verschärfung<br />
der Klimaziele verstärkt Druck<br />
VDA: Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung mitbedenken<br />
Berlin. Ambitionierte EU-Klimaziele seien nur zu erreichen, wenn EU und Mitgliedsstaaten grundlegende<br />
Voraussetzungen für den Hochlauf alternativer Antriebe und Kraftstoffe schaffen, betont<br />
der Verband der Automobilindustrie (VDA). Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung<br />
müssen mitbedacht werden, Technologieoffenheit sei wichtig.<br />
Die deutsche Automobilindustrie<br />
steht laut VDA zu den Pariser<br />
Klimaschutzzielen und<br />
unterstützt das Ziel der EU, bis 2050<br />
der erste klimaneutrale Kontinent zu<br />
werden. »Der European Green Deal<br />
eröffnet daher grundsätzlich die<br />
Möglichkeit, Klimaschutzpolitik nicht<br />
nur ambitionierter, sondern auch effizienter,<br />
konsistenter und damit<br />
letztlich wirkungsvoller voranzutreiben«,<br />
sagt Hildegard Müller, Präsidentin<br />
des VDA. Der vorgelegte<br />
2030-Climate-Target-Plan der Kommission<br />
werfe aber eine ganze Reihe<br />
kritischer Fragen auf, so Müller: »Er<br />
kann, gerade vor dem Hintergrund<br />
der Corona-Krise, zu schwerwiegenden<br />
wirtschaftlichen Belastungen<br />
führen und in der Folge die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Europas gefährden.<br />
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise<br />
werden in den aktuellen Plänen<br />
zudem nicht berücksichtigt.«<br />
Corona-Folgen nicht<br />
berücksichtigt<br />
»Die Klimaziele sind<br />
äußerst dirigistisch und nur<br />
zu schaffen, wenn EU und<br />
Mitgliedsstaaten für grundlegende<br />
Voraussetzungen eines<br />
Hochlaufs alternativer Antriebe<br />
und Kraftstoffe sorgen.«<br />
Hildegard Müller, Präsidentin<br />
des Verbandes der Automobil-<br />
industrie (VDA)<br />
Der VDA weist darauf hin, dass<br />
die EU-Kommission die EU-weiten<br />
CO 2 -Emissionen bis 2030 anstatt<br />
wie bisher geplant um<br />
40 Prozent um mindestens 55 Prozent<br />
senken will. »Zugleich sollen<br />
die erst vor zwei Jahren verabschiedeten<br />
CO 2 -Flottengrenzwerte für Pkw<br />
bis 2030 von minus 37,5 Prozent auf<br />
minus 50 Prozent verschärft werden.<br />
Das bedeutet, dass die Neuwagenflotte<br />
dann einen Durchschnittsverbrauch<br />
von etwas mehr als zwei Liter<br />
Kraftstoff haben darf«, so der VDA.<br />
Erreichbar sei dieses Ziel nur, wenn<br />
der Anteil der Elektrofahrzeuge in<br />
zehn Jahren auf mindestens 60 Prozent<br />
der Neuwagen ansteige. »Damit<br />
das gelingt, müssen die erforderlichen<br />
Rahmenbedingungen geschaffen<br />
werden. Die Klimaziele sind jedoch<br />
äußerst dirigistisch und nur zu<br />
schaffen, wenn EU und Mitgliedsstaaten<br />
für grundlegende Voraussetzun-<br />
58 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Baubranche<br />
Anwender<br />
gen eines Hochlaufs alternativer Antriebe<br />
und Kraftstoffe sorgen«, sagt<br />
Müller.<br />
»Bei den dafür notwendigen Maßnahmen<br />
bleibt die Kommission allerdings<br />
weiterhin eher allgemein. Klare<br />
Aussagen zum verstärkten Ausbau der<br />
Ladeinfrastruktur fehlen ebenso wie<br />
Zielsetzungen für den Hochlauf alternativer<br />
Kraftstoffe oder für die Ausgestaltung<br />
von Fördersystemen. Das<br />
Eine-Million-Ladesäulen-Programm<br />
der Kommission ist für Europa bei<br />
weitem nicht ausreichend und müsste<br />
massiv aufgestockt werden, ebenso<br />
wie die Programme der Mitgliedstaaten«,<br />
so Müller. Während der Verkauf<br />
von elektrisch aufladbaren Fahrzeugen<br />
in der EU nach Angaben des<br />
VDA von 2017 bis 2019 um 110 Prozent<br />
gestiegen ist, habe die Zahl der<br />
Ladepunkte im selben Zeitraum nur<br />
um 58 Prozent zugelegt. Dazu komme,<br />
dass der notwendige synchrone<br />
Ausbau der Erzeugungskapazitäten<br />
für erneuerbaren Strom nicht gesichert<br />
sei, betont der VDA.<br />
»Klare Aussagen fehlen«<br />
Zu den Vorschlägen für die CO 2 -Flottengrenzwerte<br />
gibt es dem VDA zufolge<br />
zudem noch keine konkrete<br />
Abschätzung der Kosten und der Auswirkungen<br />
auf Unternehmen und auf<br />
die Wettbewerbsfähigkeit Europas.<br />
Foto: Shutterstock<br />
»Ehrgeiziger<br />
Klimaschutz ist richtig.<br />
Doch bevor die Kommission 2021<br />
einen konkreten Vorschlag vorlegt,<br />
sollte sie die Frage beantworten, zu<br />
welchen Kosten und mit welchen<br />
sozialen Folgen eine weitere Absenkung<br />
der CO 2 -Grenzwerte in zehn<br />
Dabei sei eine ehrliche<br />
Bewertung der Belastungen<br />
gerade für viele Zulieferer, die<br />
derzeit vor allem infolge der Corona-<br />
Krise mit gravierenden wirtschaftlichen<br />
Schwierigkeiten zu kämpfen<br />
haben, von größter Bedeutung. »Ehrgeiziger<br />
Klimaschutz ist richtig. Doch<br />
bevor die Kommission 2021 einen<br />
konkreten Vorschlag vorlegt, sollte<br />
sie die Frage beantworten, zu welchen<br />
Kosten und mit welchen sozialen<br />
Folgen eine weitere Absenkung<br />
der CO 2 -Grenzwerte in zehn Jahren<br />
machbar ist«, fordert Müller. »Klar ist<br />
auch, dass die neuen Klimaziele Auswirkungen<br />
auf die Wettbewerbsfähigkeit<br />
unserer Unternehmen, auf<br />
Europa als Industriestandort und damit<br />
auf Beschäftigung und Wachstum<br />
haben werden. Auch mit diesem Thema<br />
wird sich die Kommission in der<br />
konkreten Ausgestaltung intensiv<br />
auseinandersetzen müssen«, betont<br />
die VDA-Präsidentin.<br />
»Bis 2030 setzen wir natürlich<br />
schon jetzt den klaren Fokus auf den<br />
schnellen Hochlauf der Elektromobilität.<br />
Gerade mit Blick auf das Ziel eines<br />
klimaneutralen Verkehrs 2050<br />
werden wir aber alle Optionen brauchen,<br />
auch zum Beispiel E-Fuels und<br />
Wasserstoff. Diese benötigen wir zudem,<br />
um auch den Bestand zu adressieren.<br />
Die große Herausforderung,<br />
Jahren machbar ist.«<br />
Hildegard Müller, Präsidentin<br />
des Verbandes der Automobil-<br />
industrie (VDA)<br />
den Klimawandel zu<br />
bekämpfen, gelingt nur mit<br />
Offenheit für alle Technologien«,<br />
unterstreicht Müller.<br />
Verfrühter Abschied vom<br />
Verbrenner<br />
Eine Verschärfung der Klimaziele<br />
bedeute auch, dass Wasserstoff und<br />
regenerative Kraftstoffe in Zukunft<br />
weitaus stärker als bislang zum Einsatz<br />
kommen müssten, so der VDA.<br />
Und der moderne sowie hocheffiziente<br />
Verbrennungsmotor werde<br />
noch einige Zeit gebraucht. Mit<br />
E-Fuels könne er einen Beitrag zu klimaneutraler<br />
Mobilität leisten. Für<br />
einen Abschied vom Verbrenner, wie<br />
ihn die EU-Kommission internen<br />
Überlegungen zufolge bereits für<br />
2030 anvisiere, sei es daher zu früh.<br />
»Die EU-Kommission schlägt außerdem<br />
vor, den Straßenverkehr in den<br />
EU-Emissionshandel einzubeziehen.<br />
Dieser Vorschlag für einen Marktmechanismus<br />
ist zu begrüßen. Er sollte<br />
so ausgestaltet werden, dass er nicht<br />
nur als ein Instrument zur Verteuerung<br />
fossiler Kraftstoffe eingesetzt<br />
wird, sondern als wirkungsvolles und<br />
marktgerechtes System für eine Reduzierung<br />
der CO 2 -Emissionen im Verkehrssektor«,<br />
stellt der VDA fest. •<br />
www.vda.de<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 59
Menschen & Events<br />
Seitenblick<br />
Gebremster Generationswechsel<br />
Unternehmensnachfolge: Corona erschwert Staffelübergabe<br />
Die Stabübergabe in Familienunternehmen ist schon in Nicht-Corona-Zeiten eine heikle Sache.<br />
Nun wird es für viele Firmenlenker noch schwieriger, einen Nachfolger zu finden. Interessenten<br />
scheuen das Risiko, Finanzierungspläne geraten ins Wanken und Preisverhandlungen drohen<br />
schnell zu scheitern.<br />
Von unserem Autor Stefan Weber<br />
Foto: Shutterstock<br />
Die auf die Babyboomer folgende Generation ist deutlich kleiner als ihr Vorgänger. Somit gibt es vergleichsweise wenig<br />
potenzielle Kandidaten für eine Unternehmensnachfolge.<br />
Die Führungsriege in vielen<br />
deutschen Betrieben ergraut.<br />
Mehr als ein Viertel der aktuell<br />
tätigen Unternehmer ist bereits 60<br />
Jahre und älter, heißt es in einer Studie<br />
zum Nachfolgegeschehen in<br />
Deutschland, die der Verband Deutscher<br />
Bürgschaftsbanken, Creditreform<br />
Rating sowie die FOM Hochschule<br />
für Ökonomie & Management<br />
erstellt haben. Bis 2023 stünden etwa<br />
500 000 Unternehmen vor einem altersbedingten<br />
Führungswechsel, prognostizieren<br />
die Autoren. Die Chancen<br />
für einen gelingenden Stabwechsel<br />
stehen schon aus Gründen der<br />
Demografie nicht gut. Denn die auf<br />
die Babyboomer folgende Generation<br />
ist deutlich kleiner als ihr Vorgänger.<br />
Somit gibt es vergleichsweise<br />
wenig potenzielle Kandidaten für<br />
eine Nachfolge.<br />
Nun droht der ohnehin schleppend<br />
verlaufende Generationswechsel<br />
durch die Verwerfungen der Corona-Pandemie<br />
zusätzlich ins Stocken zu<br />
geraten. »Vor allem Seniorunternehmer,<br />
die einen Verkauf favorisieren,<br />
stehen vor neuen Hürden. Denn aufgrund<br />
der veränderten Risikosituation<br />
gibt es weniger Interessenten«, beobachtet<br />
Volker Riedel, Partner der auf<br />
die Beratung von Familienunternehmen<br />
spezialisierten Dr. Wieselhuber &<br />
Partner GmbH. Mancher potenzielle<br />
Käufer nehme Abstand, weil ihm ins-<br />
60 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Seitenblick<br />
Menschen & Events<br />
besondere in kriselnden Branchen<br />
wie etwa der Zulieferindustrie<br />
die Aussichten zu unsicher seien.<br />
Oder er bekomme die Finanzierung<br />
nicht gestemmt, weil Banken<br />
oder andere Geldgeber weniger<br />
stark ins Risiko gehen wollen.<br />
Die Zahl der Unternehmensverkäufe<br />
ist seit März deutlich zurückgegangen.<br />
Branchenkreise beziffern das<br />
Minus auf etwa 50 Prozent. Dieser<br />
starke Einbruch hängt jedoch auch<br />
damit zusammen, dass es aufgrund<br />
der Kontakteinschränkungen für viele<br />
Kauf interessenten lange Zeit kaum<br />
möglich war, sich ein genaueres Bild<br />
von ihrem Zielobjekt zu machen. Seit<br />
August aber, so berichten Experten<br />
für Unternehmenskäufe und -verkäufe,<br />
kommt es wieder zu deutlich mehr<br />
Transaktionen. Riedel zufolge gibt es<br />
durchaus einige finanzstarke Mittelständler,<br />
die die aktuelle Situation für<br />
Übernahmen nutzen könnten.<br />
Ergraute Führungsriege sucht<br />
händeringend Nachfolger<br />
Birgit Felden beschäftigt sich als Professorin<br />
an der Hochschule für Wirtschaft<br />
und Recht Berlin intensiv mit<br />
dem Thema Unternehmensnachfolge.<br />
Nach ihrer Einschätzung werden<br />
»Vor allem<br />
Seniorunternehmer, die einen<br />
Verkauf favorisieren, stehen<br />
vor neuen Hürden. Denn<br />
aufgrund der veränderten<br />
Risikosituation gibt es weniger<br />
Interessenten.«<br />
Volker Riedel, Dr. Wieselhuber & Partner<br />
GmbH<br />
»Der Generations-<br />
wechsel ist ein strategisches<br />
Thema, das Unternehmen von<br />
langer Hand angehen sollten.<br />
Wer unter dem Eindruck von Corona<br />
hektische Entscheidungen<br />
trifft, macht einen Fehler.«<br />
Gustl F. Thum, Dr. Wieselhuber & Partner<br />
GmbH<br />
Käufer und Verkäufer vorläufig auch<br />
deshalb seltener zusammenkommen,<br />
weil ihre Preisvorstellungen stärker<br />
auseinanderdriften: »Werte sind immer<br />
etwas Subjektives. Für einen<br />
Nachfolger sind das insbesondere die<br />
künftigen Gewinne eines Unternehmens,<br />
die im Ertragswert abgebildet<br />
werden. Wenn er das Unternehmen<br />
nicht kennt, wird er naturgemäß die<br />
Risiken höher einschätzen als ein Verkäufer,<br />
der den Laden sehr genau<br />
kennt. Die Corona-Krise hat Chancen<br />
und Risiken maßgeblich beeinflusst.<br />
Deshalb ist in der derzeitigen Situation<br />
eine valide Bewertung ausgesprochen<br />
schwierig.« Die Preisfindung<br />
wird zur Herausforderung. Seniorunternehmer,<br />
die nicht dringend verkaufen<br />
müssen, werden größere<br />
Preis abschläge für die Trennung von<br />
ihrem Lebenswerk kaum akzeptieren.<br />
Viel lieber machen sie zunächst einmal<br />
weiter. Schließlich verbinden sie<br />
mit der Firma viele Emotionen.<br />
Auch in Familienunternehmen, die<br />
einen internen Stabwechsel anstreben,<br />
wird die Corona-Pandemie<br />
den Generationswechsel mit hoher<br />
Wahrscheinlichkeit bremsen.<br />
»Viele Unternehmer fühlen sich<br />
in einer Krise besonders herausgefordert.<br />
Dann ziehen sie die<br />
Zügel straffer, um ihren Betrieb vor<br />
Schaden zu bewahren. In einer solchen<br />
Situation Verantwortung an<br />
Söhne oder Töchter abzugeben,<br />
kommt für sie nicht in Frage. Viel<br />
lieber möchten sie das Unternehmen<br />
in einer Schön-Wetter-Phase<br />
weiterreichen«, weiß Gustl F.<br />
Thum, ebenfalls Partner bei Dr.<br />
Wieselhuber & Partner.<br />
Firmenübergabe wird durch<br />
Corona zur Herkulesaufgabe<br />
Und mögliche Kaufinteressenten? Sie<br />
zögern. Wer möchte in der aktuellen<br />
Situation schon gerne unnötig stark<br />
ins Risiko gehen? Wo die Übernahme<br />
eines Unternehmens doch schon in<br />
Nicht-Corona-Zeiten eine Herkulesaufgabe<br />
ist. In einem Drittel der mehr<br />
als 6 400 Fälle aus den Jahren 2013<br />
bis 2018, die der Verband Deutscher<br />
Bürgschaftsbanken, Creditreform Rating<br />
und die FOM Hochschule für<br />
Ökonomie & Management untersucht<br />
haben, schaffte es die Nachfolgegeneration<br />
nicht, den Umsatz zu<br />
steigern. Noch düsterer ist die Bilanz<br />
mit Blick auf die Ertragsentwicklung.<br />
Bei mehr als jedem zweiten Betrieb<br />
war das operative Ergebnis zwei Jahre<br />
nach der Übernahme niedriger als<br />
zuvor. Ein Grund dafür könnte sein,<br />
dass neue Firmenlenker häufig zunächst<br />
einen Investitionsstau abzuarbeiten<br />
haben. Denn in Erwartung des<br />
bevorstehenden Wechsels schrauben<br />
viele Senior-Chefs die Ausgaben bereits<br />
Jahre zuvor zurück.<br />
Auch wenn die Corona-Pandemie<br />
die Nachfolge im Mittelstand voraussichtlich<br />
verzögern werden, so ändert<br />
sich nach Einschätzung von Gustl<br />
F. Thum an der grundsätzlichen Gemengelage<br />
nichts: »Der Generationswechsel<br />
ist ein strategisches Thema,<br />
das Unternehmen von langer Hand<br />
und mit Begleitung von Experten<br />
angehen sollten. Wer jetzt unter dem<br />
Eindruck von Corona hektische<br />
Entscheidungen trifft, macht einen<br />
Fehler.«<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 61
Menschen & Events<br />
Termine<br />
Termin / Ort Thema Veranstalter Info / Kontakt<br />
13.–15.1.2021<br />
Online<br />
BAU 2021 Messe München GmbH +49 89 949 2072 0<br />
https://bau-muenchen.com<br />
9.–10.2.2021<br />
Online<br />
SCHLEIFTAGUNG 2021<br />
Carl Hanser VerlagGmbH & Co.<br />
KG<br />
+49 89 99830 535<br />
www.hanser-tagungen.de<br />
21.–25.2.2021<br />
Online<br />
MOLTEN 2021<br />
The Korean Institute of Metals<br />
and Materials<br />
+82 2 565 3571<br />
www.molten<strong>2020</strong>.org/<br />
2.–4.3.2021<br />
Online<br />
InTEC & Z 2021 Leipziger Messe GmbH +49 341 6780<br />
www.messe-intec.de<br />
10.–11.3.2021<br />
Düsseldorf<br />
Jahrestagung Zukunft Stahl<br />
Handelsblatt Media Group<br />
GmbH & Co. KG<br />
+49 211 88743 3596<br />
https://veranstaltungen.handelsblatt.com<br />
17.–18.3.2021<br />
Ulm<br />
Coiltech Deutschland 2021 QuickFairs +39 02 8723 4050<br />
www.quickfairs.net<br />
23.–26.3.2021<br />
Düsseldorf<br />
METAV <strong>2020</strong> reloaded<br />
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />
e.V. (VDW)<br />
+49 69 756081 54<br />
www.metav.de<br />
<strong>12</strong>.–16.4.2021<br />
Hannover<br />
4.–6.5.2021<br />
Erfurt<br />
4.–6.5.2021<br />
Nürnberg<br />
4.–7.5.2021<br />
Stuttgart<br />
4.–7.5.2021<br />
München<br />
26.–28.5.2021<br />
Mailand, IT<br />
Hannover Messe 2021 Deutsche Messe +49 511 890<br />
www.hannovermesse.de<br />
Rapid.Tech 3D 2021 Messe Erfurt GmbH +49 361 4000<br />
www.rapidtech-3d.de<br />
SENSOR + TEST 2021 AMA Service GmbH +49 5033 9639 0<br />
www.sensor-test.de<br />
34. Control P. E. Schall GmbH & Co. KG +49 7025 9206 0<br />
www.control-messe.de<br />
transport logistic Messe München GmbH +49 89 949 2072 0<br />
www.transportlogistic.de<br />
Made in Steel 2021 Sider Web Spa +39 030 2548 520<br />
www.madeinsteel.it<br />
26.–29.5.2021<br />
Mailand, IT<br />
Lamiera 2021<br />
CEU-CENTRO ESPOSIZIONI<br />
UCIMU SPA<br />
+39 0226 255 225<br />
www.lamiera.net<br />
22.-24.6.<strong>2020</strong><br />
Stuttgart<br />
LogiMAT 2021<br />
EUROEXPO Messe- und<br />
Kongress-GmbH<br />
+49 89 32391-253<br />
www.logimat-messe.de<br />
Inserentenverzeichnis<br />
BEPRO Blech- und Profilstahl<br />
Handelsgesellschaft mbH & Co. KG 1<br />
Burghardt + Schmidt GmbH 39<br />
Business-Control Software GmbH 15<br />
Carl Spaeter GmbH 49<br />
Coiltec Maschinenvertriebs GmbH 9<br />
Egon Evertz KG (GmbH & Co.) 51<br />
Friedrich Kocks GmbH & Co. KG 67<br />
KOHLHAGE Fasteners GmbH & Co. KG 41<br />
LASERLINE GmbH 53<br />
markmann + müller<br />
datensysteme gmbh 68<br />
Peter Drösser GmbH 13<br />
Salzgitter AG 2<br />
SCHÄFER Werke GmbH 43<br />
Sebastian Gleissner 9<br />
Stahlwerk Annahütte Max Aicher<br />
GmbH & Co. KG 47<br />
TOTAL Deutschland GmbH 56<br />
Universal Eisen und Stahl GmbH 7<br />
Vereinigte Filzfabriken AG 45<br />
Walzstahlhandel Essen GmbH 9<br />
62 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Personen<br />
Menschen & Events<br />
Stahl-Holding-Saar: Hartmann geht, Köhler kommt<br />
Foto: Saarstahl<br />
Tim Hartmann<br />
Foto: Rittal<br />
Die Montan-Stiftung-Saar trennt sich von Tim Hartmann. Zuvor<br />
hatte der Manager das Amt des Geschäftsführers der Stahl-<br />
Holding-Saar (SHS) sowie des Vorstandsvorsitzenden der Saarstahl<br />
AG und der AG der Dillinger Hüttenwerke inne. Nachfolger<br />
wird Dr. Karl-Ulrich Köhler mit Wirkung zum 1. Januar 2021.<br />
In seiner Amtszeit hatte Hartmann einen umfassenden Strategieprozess<br />
unter der Überschrift »offensiv, CO 2 -frei, effizient« vorangetrieben.<br />
Dazu zählte es unter anderem, die SHS auf die Transformation<br />
hin zu grünem Stahl auszurichten. Die Trennung sei<br />
»im gegenseitigen Einvernehmen aufgrund unterschiedlicher<br />
Dr. Karl-Ulrich Köhler Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung des<br />
Unternehmens« geschehen, teilte die Montan-Stiftung-Saar mit.<br />
Köhler, der seit 2019 Mitglied des Kuratoriums der Montan-Stiftung-Saar ist, studierte<br />
Eisenhüttenkunde an der Technischen Universität Clausthal und war von 2001 bis 2009<br />
Vorstandsvorsitzender der Stahlsparte von thyssenkrupp. 2010 wechselte er dann in den<br />
Vorstand des ehemaligen Stahlkonzerns Corus, der seit 2007 zu Tata Steel gehört.<br />
Zuletzt, seit 2016, bekleidete er die Position des Vorsitzenden der Geschäftsführung der<br />
Rittal GmbH.<br />
VDMA Oberflächentechnik mit neuem Vorstandsvorsitzenden<br />
Sebastian Merz wurde einstimmig zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Fachabteilung<br />
Oberflächentechnik im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau (VDMA) gewählt.<br />
Bereits seit 2009 ist er Mitglied im Vorstand und hat dessen Vorsitz übernommen.<br />
Merz ist geschäftsführender Gesellschafter der b+m surface systems GmbH, einem<br />
Anbieter vollautomatischer Lackieranlagen und Lackauftragssysteme. Das Unternehmen<br />
ist seit über 20 Jahren im VDMA und bringt sich aktiv in die Gremienarbeit des Fachverbandes<br />
ein. Im Rahmen der Vorstandssitzung dankte Merz für das in ihn gesetzte Vertrauen.<br />
Er freue sich, »die Oberflächentechnik gemeinsam mit dem Vorstand und der<br />
Unterstützung des VDMA voranzubringen«.<br />
Foto: b+m surface systems<br />
Sebastian Merz<br />
Buehler: Neuer Business Unit Manager für Europa<br />
Foto: Buehler<br />
Dr. Lutz Werner<br />
Ab sofort übernimmt Dr. Lutz Werner die Position des Business Unit Managers für Europa<br />
bei dem Unternehmen Buehler – ITW Test & Measurement. Nach seinem Studium<br />
der Physik und Technoinformatik an der Universität Kaiserslautern promovierte Werner<br />
an der Universität Kassel im Fachbereich Physik. Im Rahmen seiner beruflichen Entwicklung<br />
war er in unterschiedlichen Funktionen im Projektmanagement und der Geschäftsentwicklung<br />
sowie in Führungspositionen bei Herstellern wissenschaftlicher Präzisionsinstrumente<br />
und in der industriellen Automatisierung tätig. Zu seinen wichtigsten<br />
Zielen in der neuen Funktion gehört nach eigenen Angaben »der Aufbau neuer Partnerschaften«.<br />
Buehler ist ein Hersteller von Geräten, Verbrauchsmaterial und Zubehör<br />
für die Materialographie und Materialanalyse. Darüber hinaus bietet das Unternehmen<br />
ein Programm an Härteprüfern und Härteprüfungssystemen. Es ist Teil des »Test and<br />
Measurement«-Segments der US-amerikanischen Illinois Tool Works (ITW) mit mehr als<br />
80 dezentralisierten Geschäftseinheiten in 52 Ländern und rund 45 000 Mitarbeitern.<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 63
Menschen & Events<br />
Personen<br />
»Wir decken die gesamte<br />
Wertschöpfungskette ab«<br />
exklusiv<br />
Gerrit Nawracala von der Messe Düsseldorf über seine Pläne mit der<br />
»Bright World of Metals«<br />
Düsseldorf. Gerrit Nawracala ist neuer Projektleiter Metallurgy & Foundry Technologies bei der<br />
Messe Düsseldorf. Der 46-Jährige verantwortet damit auch die »Bright World of Metals«, sprich<br />
das Messequartett GIFA, METEC, Thermprocess und Newcast (GMTN), das vom <strong>12</strong>. bis 16. Juni<br />
2023 in Düsseldorf stattfindet. Im Exklusivinterview mit »stahlmarkt« verriet Nawracala, welche<br />
Ziele er bezüglich des Messequartetts anstrebt und wo er die Zukunft der »Bright World of Metals«<br />
sieht.<br />
»stahlmarkt«: Was sind Ihre nächsten<br />
Ziele bezüglich des Projekts<br />
»Bright World of Metals«?<br />
Gerrit Nawracala: Zwei Ziele prägen<br />
im Wesentlichen unsere Strategie:<br />
Erstens die konsequente weitere Profilierung<br />
der »Bright World of<br />
Metals« als die No.-1-Plattform für<br />
die global agierende Industrie und<br />
zweitens der gleichzeitige Ausbau<br />
des Netzwerkes unserer internationalen<br />
Ableger. Hierbei entwickeln wir<br />
in enger Abstimmung mit der Industrie<br />
und unseren Partnern passende<br />
Konzepte für den Markt. Gute Beispiele<br />
hierfür sind die ecoMetals-<br />
Kampagne, die wir mittlerweile auch<br />
auf anderen Messen in unserem Programm<br />
umsetzen, oder das Nachwuchsprogramm<br />
»Metals4you«.<br />
Was zeichnet GMTN aus?<br />
Nawracala: Unsere rund 2 360 Aussteller<br />
aus der ganzen Welt haben<br />
2019 wieder einmal eindrucksvoll unter<br />
Beweis gestellt, dass GIFA, METEC,<br />
THERMPROCESS und NEWCAST weit<br />
über die Grenzen Europas hinaus ein<br />
wichtiger – wenn nicht der wichtigste<br />
– Impulsgeber für die gesamte Metallindustrie<br />
sind. Dabei ist das besondere<br />
Alleinstellungsmerkmal der »Bright<br />
World of Metals«, dass sie die gesamte<br />
Wertschöpfungskette abdeckt: von<br />
Gießereitechnik und Gussprodukten<br />
Gerrit Nawracala, Projektleiter Metallurgy<br />
& Foundry Technologies bei der<br />
Messe Düsseldorf<br />
bis hin zur gesamten Spannbreite der<br />
Metallurgie und Thermoprozesstechnik.<br />
Das ist das langjährige Erfolgsgeheimnis<br />
des Düsseldorfer Messequartetts.<br />
Das spiegelt sich auch in der<br />
Besucher-Struktur wider. So gehörten<br />
auf der letzten Messe 66 Prozent der<br />
über 72 000 Fachbesucher aus aller<br />
Welt dem oberen und mittleren Management<br />
an und waren damit direkt<br />
an Investitionsentscheidungen beteiligt.<br />
Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor<br />
des Messequartetts ist das<br />
fachliche Rahmenprogramm mit internationalen<br />
Kongressen und Branchentreffs<br />
der unterschiedlichen Industriebereiche.<br />
Foto: Messe Düsseldorf<br />
Welche internationalen Ableger<br />
der Messen gibt es?<br />
Nawracala: Die erste GIFA feierte im<br />
Jahr 1956 in Düsseldorf ihre Premiere.<br />
Inzwischen gibt es erfolgreiche<br />
Messe satelliten rund um die Industriebereiche<br />
Gießereitechnik, Metallurgie<br />
und Thermoprozesstechnik in<br />
China, Indien, Russland und ab dem<br />
kommenden Jahr auch in Thailand.<br />
Zu den bereits etablierten Veranstaltungen<br />
gehören die beiden Metallmessen<br />
Metallurgy Russia und Litmash<br />
Russia sowie die METEC India.<br />
Wir freuen uns schon sehr auf unseren<br />
Branchentreff auf dem Moskauer<br />
Messegelände Krasnaya Presnya vom<br />
8. bis 10. Juni 2021. Die beiden Metallmessen<br />
Metallurgy Russia und Litmash<br />
Russia sind für unsere Aussteller<br />
seit rund zehn Jahren ein wichtiges<br />
Tor zum russischen Markt. Die METEC<br />
India wird vom 25. bis 27. März 2021<br />
im Rahmen der Tube India und wire<br />
India stattfinden. Sie ist die internationale<br />
Fachmesse für die gesamte<br />
Wertschöpfungskette der Hüttentechnologie<br />
und den dazugehörigen<br />
Dienstleistungen in Mumbai. Neu im<br />
Portfolio ist die THERMPROCESS China,<br />
auf der im September rund zwanzig<br />
internationale Unternehmen ihre<br />
technologischen Innovationen in<br />
Shanghai präsentierten. 2021 – und<br />
zwar konkret vom 22. bis 24. Septem-<br />
64 <strong>12</strong> | <strong>2020</strong>
Personen<br />
Menschen & Events<br />
ber 2021 in Bangkok – werden wir<br />
unser Portfolio mit der GIFA und<br />
METEC Southeast Asia erweitern.<br />
Welche Themen sind aus Ihrer<br />
Sicht gerade die Highlights der<br />
Metallurgie- und Gießereitechnik?<br />
Nawracala: Ganz eindeutig die digitale<br />
Transformation beziehungsweise<br />
Industrie 4.0, die auch im Gießereisektor<br />
enorm Fahrt aufgenommen<br />
haben. Sie prägen mit der Vernetzung<br />
aller am Herstellungsprozess<br />
beteiligten Unternehmen mittlerweile<br />
zunehmend die Produktionsprozesse.<br />
So liefert beispielsweise eine<br />
immer raffinierter werdende Sensortechnik<br />
in Gießereien und Stahlwerken<br />
vermehrt Daten aus dem Produktionsprozess.<br />
Diese auszuwerten und<br />
zu verarbeiten bedarf einer Big- Data-<br />
Analyse und künstlicher Intelligenz.<br />
Effizientere Prozesse sind auch wegen<br />
des hohen Kostendrucks nötig.<br />
Die digitale Überwachung von Maschinen<br />
reduziert Instandhaltungskosten<br />
und hat das Potenzial, Prozesse<br />
und Produkte zu optimieren. Und<br />
hier knüpft schon das nächste<br />
Top-Thema der Metallurgietechnik<br />
an, das noch stärker präsent sein wird<br />
als schon in den Vorjahren: Nachhaltigkeit.<br />
Steigende Energiepreise, die<br />
globale Klimaerwärmung und Engpässe<br />
bei natürlichen Ressourcen haben<br />
das Thema Energieeffizienz und<br />
Ressourcenschonung auf die internationale<br />
Agenda gebracht. Ökologisch<br />
nachhaltige Produkte, innovative<br />
Verfahren und umweltschonende<br />
Technologien spielen in den energieaufwändigen<br />
Gießerei- und Metallurgiebranchen<br />
eine bedeutende Rolle<br />
– wie nicht zuletzt bei unseren eco-<br />
Metals-Trails zu verfolgen war. Die<br />
Gewinnung und Speicherung von<br />
erneuerbaren Energien sind auch ein<br />
»Inhaltlich werden<br />
Themen wie additive<br />
Herstellungsverfahren und<br />
Industrie 4.0 das<br />
Geschehen auf unseren<br />
Messen prägen.«<br />
Gerrit Nawracala,<br />
Messe Düsseldorf<br />
Thema, das die Industrie weltweit<br />
bewegt. Unsere Partnerschaft mit der<br />
Düsseldorfer Fachmesse ENERGY STO-<br />
RAGE EUROPE sorgt hier für wichtige<br />
Impulse. Was die Produktionstechnik<br />
betrifft, bleibt die Nachfrage nach<br />
additiver Herstellung. In vielen Industrien<br />
wie der Medizintechnik, der<br />
Automobilindustrie oder der Luftund<br />
Raumfahrt ist sie bereits erfolgreich<br />
im Einsatz. Auch die Gießereiindustrie,<br />
die Stahl- und Aluminiumbranche<br />
haben das Potenzial des<br />
3-D-Drucks erkannt. Schon zur letzten<br />
Veranstaltung hatten wir dem Thema<br />
»Additive Manufacturing« eine eigene<br />
Sonderschau gewidmet.<br />
Wie sehen Sie die Zukunft des<br />
Messequartetts?<br />
Nawracala: Inhaltlich werden Themen<br />
wie additive Herstellungsverfahren<br />
und Industrie 4.0 das Geschehen<br />
auf unseren Messen prägen. Vor allem<br />
die digitale Transformation<br />
macht Betriebe zukunftsfest. Neue<br />
Stahlwerkstoffe, NE-Metalle und Gießereiprodukte<br />
für Leichtbau und<br />
Elektromobilität, Energie und Maschinenbau<br />
verknüpfen schon heute Ressourcen-<br />
und Energieeffizienz in einer<br />
möglichst klimaschonenden Produktionskette.<br />
Die grüne Produktion<br />
der Stahlwerke und Gießereien – eine<br />
nachhaltige und umweltschonende<br />
Kreislaufwirtschaft vom Rohstoff zum<br />
Produkt – werden zukünftig eine<br />
noch größere Rolle spielen. Für den<br />
Austausch und Wissenstransfer bedarf<br />
es einer Networking-Plattform,<br />
die zugleich Tor zum Weltmarkt<br />
und Gradmesser für zukunftsweisende<br />
Innovationen ist. Insbesondere vor<br />
dem Hintergrund der wieder hochfahrenden<br />
Industrien werden viele<br />
Unternehmen auf einen starken<br />
Messeauftritt setzen. Das Metallurgie-Messequartett<br />
hat sich mit seinen<br />
Highlights und vielfältigem Rahmenprogramm<br />
als Treiber von Trends und<br />
Innovationen bewiesen. In Kombination<br />
mit erweiterten digitalen Formaten<br />
bieten wir unseren Kunden zukünftig<br />
einen noch höheren Mehrwert.<br />
Die Fragen stellte Philipp Isenbart.<br />
www.messe-duesseldorf.de<br />
Zur Person<br />
Gerrit Nawracala<br />
Nawracala begann 2008 seine<br />
berufliche Laufbahn bei der<br />
Messe Düsseldorf. Seitdem war<br />
er in verschiedenen Management-Positionen<br />
tätig, unter<br />
anderem für GIFA und Thermprocess.<br />
2015 übernahm er als<br />
Deputy Director an der Seite<br />
seines Vorgängers Friedrich-Georg<br />
Kehrer führende Aufgaben<br />
im Vertriebsteam. Dort verantwortete<br />
er auf operativer Ebene<br />
die Planung, Konzeption und<br />
Durchführung der GMTN, der<br />
Valve World Expo samt internationaler<br />
Satelliten, der ITPS sowie<br />
der Metallurgy/Litmash.<br />
•<br />
<strong>12</strong> | <strong>2020</strong> 65
Vorschau & Impressum<br />
Ausblick<br />
VORSCHAU 1.2021<br />
Foto: Shutterstock<br />
Hyperloops: Stahlkonzepte für Hochgeschwindigkeitsreisen der Zukunft<br />
Die Stahlhersteller Tata Steel in Europa und POSCO aus Südkorea werden zusammenarbeiten,<br />
um hochmoderne Stähle und Rohrkonstruktionen zu entwickeln und zu testen. Die<br />
innovativen Stahlkonzepte werden verwendet, um einen Hyperloop zu erstellen - eine Röhre,<br />
die groß genug ist, um einen Passagier oder eine Frachtkapsel zu befördern, die mit sehr<br />
wenig Energie mit mehr als 1000 Stundenkilometern fahren können soll.<br />
Prinzip Rohrpost: Beim Hyperloop bewegen sich Kapseln in einer weitgehend<br />
evakuierten Röhre durch magnetischen Antrieb. Das Bild zeigt den Prototypen des<br />
Unternehmens Virgin Hyperloop One auf der Dubai Motor Show 2019.<br />
Erster CO 2 -neutraler Bewehrungsstahlhändler in Deutschland<br />
Als nach eigenen Angaben erster Bewehrungsstahlhändler in Deutschland bietet die<br />
SÜLZLE Stahlpartner GmbH ihren Kunden die Möglichkeit, »grünen Stahl« zu beziehen. So<br />
können sich Bauherren bereits heute für Stahl mit neutraler Ökobilanz entscheiden. Für die<br />
modernen Erweiterungsbauten des Räder- und Rollenspezialisten Blickle aus Rosenfeld<br />
liefert SÜLZLE Stahlpartner erstmalig rund 4000 Tonnen CO 2 -neutralen Baustahl.<br />
Foto: SÜLZLE Gruppe<br />
Foto: Verband der Deutschen<br />
Drehteile-Industrie<br />
»Die Zulieferindustrie im historischen Konjunkturtief«<br />
Die Wirtschaftsforscher sind pessimistisch. Wegen der Krise im Automobilbereich und den<br />
Folgen der Corona-Pandemie schrumpft die Zulieferindustrie stärker als bisher prognostiziert<br />
und erholt sich nur schleppend. Der Verband der Deutschen Drehteile-Industrie (FMI)<br />
sieht Auswege.<br />
»Die Zulieferindustrie kann sich nicht aus eigener Kraft aus dem<br />
historischen Konjunkturtief befreien«, meint Hermann Rumpel,<br />
Vorsitzender des Verbands der Deutschen Drehteile-Industrie.<br />
Übergabe der Urkunde »CO 2 -neutraler Stahl« (v.l.n.r.): Heinrich<br />
und Andreas Sülzle (SÜLZLE Gruppe) sowie David Blickle und<br />
Dr. Sarah Blickle-Fenner, Walter Wager und Reinhold Blickle<br />
(Blickle Räder+Rollen GmbH u. Co. KG).<br />
Impressum<br />
Verlag:<br />
Maenken Kommunikation GmbH<br />
Von-der-Wettern-Str. 25 · 51149 Köln<br />
Tel. +49 2203 35 84-0<br />
info@maenken.com · www.maenken.com<br />
Herausgeber:<br />
Dr. Wieland Mänken (V.i.S.d.P.)<br />
Geschäftsführung:<br />
René Khestel, Dr. Wieland Mänken<br />
Redaktion:<br />
Philipp Isenbart (Redaktionsleitung)<br />
Tel. +49 2203 3584-<strong>12</strong>1<br />
E-Mail: philipp.isenbart@maenken.com<br />
Niklas Reiprich, niklas.reiprich@maenken.com<br />
Ständige Mitarbeiter in Berlin, Warschau, New York<br />
Objektleitung:<br />
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Anzeigen:<br />
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E-Mail: susanne.kessler@maenken.com<br />
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E-Mail: marie-kristin.janssen@maenken.com<br />
Redaktionsanschrift:<br />
»stahlmarkt«<br />
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E-Mail: stahlmarkt@maenken.com<br />
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Erscheinungsweise: jeweils zum Monatsanfang.<br />
Bezugspreise: Einzelheft 15,– €, im Jahresabonnement<br />
(<strong>12</strong> Ausgaben) 1<strong>12</strong>,– € einschl. Zustellgebühr und<br />
Mehrwertsteuer. Ausland <strong>12</strong>6,– € einschl. Porto.<br />
Kündigungsfrist bis zum 15. November zum<br />
31. Dezember des jeweiligen Jahres.<br />
Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 67.<br />
Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen<br />
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Jede Verwertung außerhalb der durch<br />
das Urheberrechtsgesetz festgelegten Grenzen ist<br />
ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt<br />
insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und<br />
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andere vom Verlag nicht verschuldete Umstände (z. B. Streik) können<br />
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Erfüllungsort Köln<br />
© <strong>2020</strong> Maenken Kommunikation GmbH, Köln<br />
Printed in Germany · ISSN 0178-6571<br />
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