HORNER Magazin | Januar-Februar 2020
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JAZZ & FILM – ERNST STEINHOFF<br />
Musik bis in die<br />
Fußspitzen<br />
Wie viele Interessen kann man haben? Nach dem Gespräch mit Ernst<br />
Steinhoff steht fest, es können viele sein. Manche entwickeln sich bereits<br />
früh, andere kommen nach und nach dazu. Der Vater war ein begeisterter<br />
Sportler und von der Mutter kam die musikalische Seite. Und<br />
dann war da noch die große Schwester, deren Leidenschaft schon früh<br />
der Film war. Im Laufe seines Lebens kamen weitere Interessen hinzu.<br />
Zunächst war es der Lehrerberuf mit einem besonderen Einsatz für den<br />
Schulsport, seit 25 Jahren ist er Sprecher des Runden Tisches Schulsport.<br />
Ein beachtliches Engagement galt der Politik, 12 Jahre war er Mitglied im<br />
Beirat Horn-Lehe. Später dann kam die Mitarbeit im Freundeskreis Schulmuseum<br />
Bremen e.V. dazu, sowie die Jazzkurse „Jazz hören und verstehen“<br />
in der Volkshochschule Lilienthal. Seit 2012 nun kuratiert er<br />
zusammen mit Karl-Heinz Schmid vom City46 im Kommunalen Kino die<br />
Reihe „Jazz n the Movies“, die der Messe „jazzahead“ vorausgeht. Auch<br />
für <strong>2020</strong> hat er schon einige spannende Vorschläge bereit.<br />
Musik, Musik, Musik<br />
„1948 war ein entscheidende Jahr für mich: Ich hatte mit dem Fußball<br />
spielen begonnen und bekam gleichzeitig Klavierunterricht. 1949 bekam<br />
ich von meiner Großmutter ein Klavier geschenkt – es ist mit mir 1966<br />
in dieses Haus eingezogen und steht seitdem immer noch am selben<br />
Platz.“ Der Wunsch der Mutter, der Sohn möge sich für die klassische<br />
Musik entscheiden, wurde nicht erfüllt. „Schon 1955 in der Oberschule<br />
in Diepholz wurde ich Mitglied der dortigen Schülerband „STO“ (Schüler-Tanzorchester).<br />
Wir spielten nicht nur Tanzmusik, sondern auch Rock<br />
´n Roll. Deswegen musste ich 1957 nach der 10. Klasse die Schule verlassen,<br />
denn der Direktor der Schule meinte, an einer deutschen Schule<br />
dürfe es keine „Hottentottenmusik“ geben. Obwohl mir bereits eine Lehrstelle<br />
in einer Bank sicher war, überredete mich meine Schwester, in Bremen<br />
eine Schule zu suchen, in der ich Abitur machen könnte. Nach<br />
langem Suchen konnte ich in der Wirtschaftsoberschule einen Platz bekommen.<br />
Aber ich machte weiter Musik in verschiedenen Bands, spielte<br />
in der „Lila Eule“, aber auch mal im „Golden City“. Das Ergebnis: Ich<br />
musste die 12. Klasse wiederholen. Ein Glück für mich, denn mein neuer<br />
Klassenlehrer Dr. Ramseger nahm sich meiner an und mit seiner Unterstützung<br />
baute ich ein anständiges Abitur. Er war es auch, der mir empfahl,<br />
Lehrer zu werden. Obwohl ich nur schlechte Erfahrungen mit<br />
meinen Lehrern gemacht hatte, folgte ich seinem Rat mit der festen Absicht,<br />
es besser zu machen. Ob mir das gelungen ist, können eigentlich nur<br />
meine ehemaligen Schüler*innen beurteilen.“<br />
Jazz und Film<br />
„Zum Jazz kam ich bereits im Jahr 1956, als ich die All-Star-Band von<br />
Louis Armstrong in der Glocke hörte. Mein Idol wurde dann aber der Pianist<br />
Oscar Peterson, den ich zwei Jahre später ebenfalls in der Glocke erleben<br />
durfte. Wie er spielte, so wollte auch ich spielen. Und ich schaffte<br />
es sogar, ihn bei seinem letzten Konzert im Jahr 2000 in Lübeck zu sprechen<br />
und ein Foto zu machen.“ War es zuvor Rock ´n Roll und Tanzmusik,<br />
so war es jetzt die Jazzmusik, die ihn begeisterte. „Mit unserer<br />
neuen Band „earldom jazz group“ in der Besetzung Tenorsaxophon,<br />
Piano, Bass und Schlagzeug versuchten wir im Stil des Dave Brubeck<br />
Quartetts zu spielen.“ Mit Freunden gründete Ernst Steinhoff 1959 sogar<br />
einen Jazzclub, die „Interessengemeinschaft Jazz“. Neben dem Jazz begleitete<br />
auch der Film schon früh Ernst Steinhoffs Leben. In den 1950er<br />
Jahren verzeichnet sein Kalender jährlich um die 100 Filme, bei Besuchen<br />
bei Verwandten in Göttingen konnte er bei Filmaufnahmen in den<br />
dortigen Studios zusehen und erste Autogramme sammeln. Als seine<br />
Schwester Erika zusammen mit ihrem Mann, dem Filmhistoriker Ulrich<br />
Gregor 1970 das „Internationale Forum des Jungen Films“ gründete und<br />
leitete, das seitdem fester Bestandteil der Berlinale ist, war er dort ständiger<br />
Besucher. Nach seiner Pensionierung vor 20 Jahren arbeitet Ernst<br />
Steinhoff nun selbst als Kinobetreuer für das Forum und freut sich, dort<br />
immer die neuen Filme zu sehen.<br />
<strong>HORNER</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>Januar</strong> - <strong>Februar</strong> <strong>2020</strong> 35