FINDORFF Magazin | Januar-Februar 2020
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VORLESETAG MIT ANNA RIBEAU<br />
Was für Bewegungen in Wörtern stecken und was passiert, wenn man sie zerlegt, zeigte Dichterin Anna Ribeau plakativ und anschaulich den Kinder der Schule am<br />
Weidedamm beim Vorlesetag<br />
verträumt. Keiner kümmerte sich anscheinend darum oder fühlte sich<br />
verantwortlich sich zu kümmern. Aber warum hielt man es zum Scheine<br />
aufrecht?“ Da sie die einzige war, der diese Unordnung im Schloss gegen<br />
den Strich ging, ließ sie das elterliche Anwesen schließlich hinter sich.<br />
Obgleich der Roman schon vor einigen Jahren verfasst worden war, stellte<br />
ich für mich plötzlich fest, dass das Thema doch ziemlich aktuell ist, da<br />
mich das aufmüpfige junge Mädchen, dass die Eltern mit Dingen konfrontiert,<br />
vor denen sie die Augen schließen und wofür irgendwie keiner<br />
so richtig Verantwortung übernehmen wollte, mich an ein anderes junges<br />
Mädchen erinnerte, die sich derzeit in Bewegung setzt und für viel Bewegung<br />
und Diskussionen sorgt. Auch die kleine Prinzessin legt in der<br />
Geschichte den Finger in eine Wunde, indem sie selbst sich über Zustände<br />
wunderte. Diesen Aspekt diskutierte ich allerdings nicht mit den Kindern,<br />
da es hier einfach um Sprache und Bewegung gehen sollte.<br />
Gemeinsam im WOrt<br />
Nach der Lesung machten wir uns dann auf den Weg zum WortOrt, meinem<br />
vorübergehenden Atelier in der Nähe der Schule. Dort zeigte ich<br />
weitere meiner GehDichte und WortWandLungen und ermutigte die<br />
Schülerinnen und Schüler schließlich selbst tätig zu werden und die<br />
Wände, die Fensterbänke, die Fensterscheiben und den Boden mit Buchstabenkonstruktionen<br />
zu füllen. Sogleich entdeckten sie, was sich alles<br />
machen lässt. So wurde beispielsweise von einer Schülergruppe aus l-o-b<br />
(Lob) in einer Spiegelung und mit nur einer kleinen Drehung der p-o-l<br />
(Pol) gezaubert. Die Kinder hatten viel Freude und ich war begeistert, mit<br />
wie viel Eifer, Leidenschaft, Ernst und Spielfreude die Kindern sich ans<br />
Werk machten. Es fielen zauberhafte Feststellungen wie: „Das „E“ ist der<br />
größte Königsbuchstabe, denn den braucht man am meisten!“ Oder eine<br />
Schülerin rief aus, „Ha, ich bin auch eine Künstlerin.“, nachdem sie eine<br />
Metamorphose entknobelt hatte, in der ich die Worte Mut und Wut ineinander<br />
versteckt hatte.<br />
Ausblick<br />
Während meiner letzten Ausstellungseröffnung hatte sich eine 94- jährige<br />
Dame an mich gewendet, die Lehrerin in Jena gewesen war. Die alte<br />
Dame hatte mir eindringlich ans Herz gelegt, meine Sprachspiele an Schulen<br />
zu bringen. Ich habe mir ihre Worte zu Herzen genommen und hiermit<br />
einen Anfang gemacht.<br />
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<strong>FINDORFF</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>Januar</strong> - <strong>Februar</strong> <strong>2020</strong>