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1-20_DER_Mittelstand_web

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1/<strong>20</strong><strong>20</strong> | Februar / März <strong>20</strong><strong>20</strong> | 4,90 Euro<br />

Schwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Finanzierung<br />

ERFOLG<br />

INVESTITION<br />

FINANZIERUNG<br />

ABER WIE?<br />

Mehrjähriges Investitionsprogramm<br />

ist nötig<br />

S. 16<br />

Unternehmensfinanzierung:<br />

Hausbank forever?<br />

S. 40


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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

3<br />

Mit Power für<br />

den <strong>Mittelstand</strong>!<br />

Mario Ohoven<br />

Präsident Bundesverband mittelständische<br />

Wirtschaft (BVMW) und Europäischer<br />

<strong>Mittelstand</strong>sdachverband European<br />

Entrepreneurs (CEA-PME), Herausgeber<br />

„<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.“<br />

Glaubt man der Bundesregierung, dann nimmt unsere Wirtschaft<br />

<strong>20</strong><strong>20</strong> „wieder Fahrt auf“. Doch da ist wohl mehr der<br />

Wunsch der Vater des Gedankens: Das Wachstum erlahmt<br />

und ist zudem zu einem erheblichen Teil auf die vergleichsweise<br />

hohe Zahl an Arbeitstagen in diesem Jahr zurückzuführen. Große<br />

Teile der Industrie sind von der Rezession erfasst, viele Unternehmen<br />

mussten bereits Kurzarbeit anmelden.<br />

Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung endlich aus<br />

ihrem wirtschaftspolitischen Dämmerschlaf aufwachen. Die Unternehmen<br />

brauchen eine spürbare Minderung der Abgabenlast,<br />

damit sie international wettbewerbsfähig bleiben. Momentan ergeht<br />

es ihnen wie einem Spitzenathleten, dem man Bleigewichte<br />

umhängt – und von dem man trotzdem verlangt, dass er Weltrekord<br />

läuft.<br />

Andere wichtige Industriestaaten wissen, was die Stunde geschlagen<br />

hat, und haben ihre Unternehmen steuerlich entlastet.<br />

Beispiele sind Großbritannien mit 19 Prozent, die USA mit rund<br />

26 Prozent oder Österreich mit 25 Prozent, während unsere Betriebe<br />

rund 30 Prozent schultern müssen. Deshalb müssen die<br />

Unternehmenssteuern auf 25 Prozent, besser noch <strong>20</strong> Prozent<br />

gesenkt werden. Denn mit der Wettbewerbsfähigkeit stehen<br />

Wachstum und Wohlstand auf dem Spiel.<br />

Doch es sind nicht die mittelständischen Unternehmer allein, die<br />

als angebliche Spitzenverdiener dem Würgegriff des Fiskus ausgesetzt<br />

sind. Der Steuerhammer trifft längst die Mitte der Gesellschaft.<br />

Inzwischen zahlen vier Millionen Deutsche den Spitzensteuersatz.<br />

Noch 1965 wurde der Spitzensteuersatz erst beim<br />

15-fachen des Durchschnittslohns fällig, heute reicht es, wenn<br />

ein Arbeitnehmer den 1,5-fachen Durchschnittslohn verdient, um<br />

unter den Spitzensteuersatz zu fallen.<br />

ritätszuschlags zum 1. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> und für alle gewesen – also<br />

für weite Teile des <strong>Mittelstand</strong>s, viele Selbstständige, aber auch<br />

die Kapitalgesellschaften.<br />

Dass die GroKo diese Entlastung bis heute verweigert, kommt in<br />

meinen Augen einem moralischen Steuerbetrug an <strong>Mittelstand</strong><br />

und Mittelschicht gleich. Wir reden hier von zehn Milliarden Euro<br />

– bei einem Einnahmenplus des Bundes von 17,1 Milliarden Euro<br />

allein für <strong>20</strong>19. Die Soli-Abschaffung ist aber nicht nur ökonomisch<br />

und moralisch geboten, dafür sprechen auch starke verfassungsrechtliche<br />

Gründe.<br />

Der Fortbestand des Soli nach Auslaufen des Solidarpakts II zum<br />

31. Dezember <strong>20</strong>19 ist schlicht verfassungswidrig. Zudem verstößt<br />

die Benachteiligung ganzer Steuerzahler-Gruppen klar gegen<br />

das Grundgesetz. Aus diesem Grund hat der BVMW am<br />

27. Januar beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine<br />

Verfassungsbeschwerde gegen das Soli-Gesetz eingereicht.<br />

Wenn die Politik dem <strong>Mittelstand</strong> nicht die Rahmenbedingungen<br />

gibt, die er braucht und auch verdient, dann müssen wir dafür<br />

kämpfen. „Auf die Dauer hilft nur Power“, lautet ein bekannter<br />

Sponti-Spruch. Wir als BVMW haben diese Power, und wir werden<br />

diese Power einsetzen. Damit <strong>20</strong><strong>20</strong> am Ende kein verlorenes,<br />

sondern ein erfolgreiches Jahr für den deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />

wird.<br />

Mario Ohoven<br />

Foto: © Thomas Imo<br />

Union und SPD haben im Vorjahr eine Riesenchance vertan, den<br />

unternehmerischen <strong>Mittelstand</strong> schnell und nachhaltig zu entlasten<br />

und ihm so Luft für zusätzliche Investitionen zu verschaffen.<br />

Diese Chance wäre die vollständige Abschaffung des Solida-


4<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

IN DIESER AUSGABE<br />

10<br />

DEUTSCHLAND<br />

6 News: <strong>20</strong><strong>20</strong>: Das ändert sich für Ihr Unternehmen<br />

8 Wirtschaft: Wie wird <strong>20</strong><strong>20</strong>?<br />

10 Glanzvoller Jahresempfang mit Top Referenten<br />

15 Mietendeckel – ein Gesetz, das nur Verlierer schafft<br />

16 „Mehrjähriges Investitionsprogramm ist nötig“<br />

18 Wirtschaft, viel zahlen bitte!<br />

<strong>20</strong> Grundsteuerreform: Sorgen und Hoffnungen<br />

des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

22 <strong>Mittelstand</strong>spräsident im Dialog<br />

23 Marktwirtschaft, Unternehmertum und Freiheit<br />

gehören zusammen<br />

EUROPA<br />

BVMW Jahresempfang<br />

24 News<br />

26 Start mit Tusch – und was kommt danach?<br />

26<br />

INTERNATIONAL<br />

28 Zukunftsmarkt Afrika<br />

Start mit Tusch – und was kommt danach?<br />

52<br />

SCHWERPUNKT<br />

32 Finanzierungsklima trotzt Konjunkturflaute<br />

34 Liquiditätsspritze mit Nebenwirkungen<br />

36 Ein Kapital-Fehler<br />

38 Venture Capital für junge Unternehmen<br />

40 Unternehmensfinanzierung: Hausbank forever?<br />

42 Digital finanziert – mehr Liquidität für Ihr Unternehmen<br />

44 Neue Wachstumsimpulse durch Factoring<br />

46 Working Capital für KMU<br />

48 Erfolgreich durch die Rezession<br />

50 Finanzierungsmix auf den Prüfstand<br />

52 BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für den <strong>Mittelstand</strong><br />

54 Bares Geld für Innovation<br />

55 Finanztipp: Schwindende Sicherheiten<br />

56 Bargeldlos in die Zukunft?<br />

58 Kryptowährungen: Der Markt wächst weiter<br />

60 So meistern Sie Krisen<br />

62 Steuern auf den Punkt: Private Darlehen im Steuerrecht<br />

63 Klartext: Finanzierung: Wie Erfolg nicht zu verhindern ist<br />

64 Finanzierung in Zahlen<br />

BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für<br />

den <strong>Mittelstand</strong><br />

BUNDESWIRTSCHAFTSSENAT<br />

67 „Das Steuerrecht müsste vereinfacht werden“<br />

71 „Informatik müsste viel stärker in die Lehrpläne<br />

Einzug halten“<br />

74 Bundeswirtschaftssenat in Berlin: Diplomatie, Kultur und<br />

Medien auf höchstem Niveau


FEBRUAR | MÄRZ <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> 5<br />

SERVICE<br />

78 News<br />

80 Outplacement statt Kündigung<br />

81 Impressum<br />

82 Deepfakes – die neue Form der Manipulation im Netz<br />

83 Nachhaltiges Wirtschaften im <strong>Mittelstand</strong><br />

84 Wie Sie KI erfolgreich in Ihrem Unternehmen einsetzen<br />

85 Stiftungen – ein internationales Modell auch für Mittelständler<br />

86 KMU digitalisieren und konkurrenzfähig bleiben<br />

87 Wie Soft Skills Ihre Zukunft retten<br />

88 Rechtshotline: Achtung bei Arbeit auf Abruf!<br />

90 Strengere Compliance-Regeln auch für KMU<br />

90<br />

BVMW<br />

92 News<br />

96 Nachhaltig haften bleiben<br />

98 Visionen für den <strong>Mittelstand</strong><br />

100 Wie der Nutzen ins Fahrzeug kommt<br />

102 Elektromobilität als Chance<br />

103 Und ewig blühen die Rosen …<br />

104 IT-Aufbauarbeit für den <strong>Mittelstand</strong><br />

105 Die Denkfabriken des BVMW<br />

105 Wissenschaftlicher Beirat des BVMW<br />

Strengere Compliance-Regeln auch für KMU<br />

103<br />

KULTUR<br />

106 Filmtipp: Das perfekte Geheimnis<br />

108 Exklusive Fotoausstellung – Architektur der Weißen<br />

Stadt Tel Aviv<br />

109 Meinung: Eine nachhaltige(re) Generation<br />

111 „Ich bin eine Rampensau“<br />

112 BuchTipps<br />

113 AppTipps<br />

114 Geistesblitze<br />

Und ewig blühen die Rosen ...<br />

01|<strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Veranstaltungstermine des BVMW<br />

n MITTELSTANDS-<br />

ALLIANZ AFRIKA<br />

S. 17<br />

n TWENTY2X<br />

S. 18<br />

Dieser Ausgabe liegt die Broschüre<br />

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6 DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Deutschland<br />

News<br />

<strong>20</strong><strong>20</strong>: Das ändert sich<br />

für Ihr Unternehmen<br />

Ein höherer Mindestlohn, Entlastungen bei der Arbeitslosenversicherung und die Rückkehr zur<br />

Meisterpflicht – <strong>20</strong><strong>20</strong> bringt zahlreiche Änderungen für mittelständische Betriebe mit sich.<br />

Höherer Mindestlohn<br />

<strong>20</strong><strong>20</strong> steigt der gesetzliche Mindestlohn. Seit dem 01. Januar<br />

müssen Arbeitgeber mindestens 9,35 Euro brutto pro Stunde<br />

bezahlen – statt wie bisher 9,19 Euro. Auch viele Branchenmindestlöhne<br />

steigen, zum Beispiel im Elektrohandwerk, im Dachdeckerhandwerk<br />

oder in der Pflegebranche. Die Änderung betrifft<br />

auch studentisch Beschäftigte. Der Mindestlohn für Zeitarbeiter<br />

war bereits im Oktober <strong>20</strong>19 gestiegen – auf 9,96 Euro (West)<br />

und 9,66 Euro (Ost).<br />

Neue Kleinunternehmergrenze<br />

Bislang galt als Kleinunternehmer, wer im Vorjahr nicht mehr als<br />

17.500 Umsatz gemacht hat. Diese Grenze wurde laut dem Bürokratieentlastungsgesetz<br />

III zum 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> auf 22.000 Euro<br />

erhöht.<br />

Geringerer Beitrag zur<br />

Arbeitslosenversicherung<br />

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sank zum 01. Januar<br />

um 0,1 Punkte auf 2,4 Prozent. Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

leisten diese Abgabe zu gleichen Teilen. Die Beitragssenkung ist<br />

bis 31. Dezember <strong>20</strong>22 befristet.<br />

Kurzfristig Beschäftigte:<br />

Höhere Grenze für<br />

Pauschalbesteuerung<br />

Bislang durften Arbeitgeber bei kurzfristig Beschäftigten immer<br />

dann eine pauschale Lohnsteuer von 25 Prozent ansetzen, wenn<br />

der durchschnittliche Arbeitslohn pro Arbeitstag 72 Euro nicht<br />

überstieg. Dieser Grenzbetrag erhöht sich auf 1<strong>20</strong> Euro.<br />

Job-Ticket: Pauschalbesteuerung<br />

immer möglich<br />

Arbeitgeber dürfen ab diesem Jahr die Kosten für ein Jobticket<br />

ihrer Angestellten immer pauschal mit 25 Prozent versteuern.<br />

Diese Regelung gilt für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

im Linienverkehr zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte<br />

sowie für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.<br />

Verschärfte Meldepflichten<br />

im Transparenzregister<br />

Seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> müssen Unternehmen nicht mehr nur die wirtschaftlich<br />

Berechtigten im Transparenzregister benennen sowie die<br />

Art und den Umfang des wirtschaftlichen Interesses – sondern beispielsweise<br />

auch die Staatsangehörigkeit. Zudem erhält nicht mehr<br />

nur ein kleiner Kreis interessierter Dritter Einsicht in das Register –<br />

es ist seit Jahresbeginn öffentlich einsehbar.<br />

Höherer Zusatzbeitrag zur<br />

Krankenversicherung<br />

Der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den alle gesetzlichen Krankenkassen<br />

zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent erheben,<br />

stieg zum 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> von 0,9 auf 1,1 Prozent. Die Kosten dieses<br />

Zusatzbeitrages teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer.<br />

Mindestgehalt für Azubis<br />

Auszubildende erhalten seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> eine Mindestvergütung.<br />

Arbeitgeber müssen ihnen im ersten Ausbildungsjahr mindestens<br />

515 Euro pro Monat zahlen, <strong>20</strong>21 steigt dieser Betrag<br />

auf 550 Euro, <strong>20</strong>22 auf 585 Euro und <strong>20</strong>23 auf 6<strong>20</strong> Euro. Zudem<br />

erhöht sich die Mindestvergütung im zweiten Ausbildungsjahr<br />

um 18 Prozent, im dritten um 35 Prozent und im vierten um<br />

40 Prozent. Eine Ausnahme gilt, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften<br />

für einzelne Branchen eigene Vereinbarungen treffen.<br />

Foto: © Lothar Drechsel von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND<br />

7<br />

Rückkehr zur Meisterpflicht<br />

Seit dem 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> gilt für insgesamt zwölf Gewerke wieder<br />

die Meisterpflicht. Durch eine Änderung der Handwerksordnung<br />

dürfen beispielsweise Fliesenleger oder Raumausstatter nur mit<br />

einem Meistertitel ihr Handwerk selbstständig ausüben. Bestehende<br />

Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, dürfen auch<br />

weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben und sollen einen Bestandsschutz<br />

erhalten.<br />

Vereinheitlichte Titel für<br />

berufliche Fortbildung<br />

Aktuell gibt es in der beruflichen Fortbildung unzählige Abschlüsse<br />

mit Bezeichnungen wie „Servicetechniker/in“, „Fachwirt/in“<br />

oder „Fachkauffrau/-mann“. Um die internationale Vergleichbarkeit<br />

zu verbessern, werden diese nun vereinfacht. Künftig gibt es<br />

die Stufen „Geprüfte Berufsspezialistin“ bzw. „Geprüfter Berufsspezialist“,<br />

„Bachelor Professional“ und „Master Professional“.<br />

Alle anderen Bezeichnungen entfallen. Ein Meister im Handwerk<br />

kann sich künftig auch „Bachelor Professional“ nennen.<br />

Anstieg der EEG-Umlage<br />

Stromkunden in Deutschland müssen sich auf höhere Energiekosten<br />

einstellen. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG) soll <strong>20</strong><strong>20</strong> um 5,5 Prozent auf 6,756 Cent je<br />

Kilowattstunde steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit<br />

vier Personen und 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch dürften<br />

die Stromkosten damit um knapp 13 Euro im Jahr steigen.<br />

Mehr Fachkräfte<br />

dürfen einwandern<br />

Bislang durften Fachkräfte ohne Hochschulabschluss, die aus<br />

Drittstaaten stammen, nur in Deutschland arbeiten, wenn sie in<br />

einem sogenannten Engpassberuf tätig werden – etwa in der<br />

Altenpflege. Ab März <strong>20</strong><strong>20</strong> dürfen das alle Fachkräfte – egal,<br />

welchen Beruf sie ausüben. Vorausgesetzt, sie haben eine Jobzusage,<br />

einen dafür anerkannten Berufsabschluss und Sprachkenntnisse.<br />

Weitere Änderung laut Fachkräfteeinwanderungsgesetz:<br />

Nicht mehr nur Akademiker dürfen ohne Jobzusage<br />

nach Deutschland einreisen, sondern auch Fachkräfte mit einer<br />

abgeschlossenen Berufsausbildung.<br />

Neue Rechengrößen der<br />

Sozialversicherung<br />

Fotos: © fotografixx von www.istockphoto.com; © Moyo Studio von www.istockphoto.com<br />

Neue Kassenpflichten<br />

Unternehmer, die eine technisch nachrüstbare Registrierkasse besitzen,<br />

sind verpflichtet, diese bis 30. September <strong>20</strong><strong>20</strong> nachzurüsten.<br />

Nicht nachrüstbare Kassen müssen bis Ende <strong>20</strong>22 ersetzt werden.<br />

Registrierkassen müssen dann fälschungssichere Speicher und<br />

Sicherheitsmodule aufweisen, die vom Bundesamt für Sicherheit in<br />

der Informationstechnik (BSI) zertifiziert sind. Offene Ladenkassen,<br />

die ohne technische Unterstützung auskommen, dürfen Unternehmer<br />

auch über das Jahr <strong>20</strong>22 hinaus benutzen.<br />

Seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> gilt für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung eine neue Einkommensgrenze. Der Beitrag<br />

bemisst sich dann bis zu einem Höchstbetrag von 6.900 Euro im<br />

Monat in den alten und 6.450 Euro in den neuen Bundesländern. In<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze<br />

ab <strong>20</strong><strong>20</strong> auf jährlich 56.250 Euro (4.687,50 Euro im<br />

Monat). Die Versicherungspflichtgrenze steigt auf jährlich 62.550<br />

Euro (5.212,50 Euro im Monat).<br />

Freibetrag bei Betriebsrenten<br />

Seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> soll ein Freibetrag von 159,25 Euro für<br />

die Krankenkassenbeiträge gelten. Erst ab dieser Höhe werden<br />

dann überhaupt Beiträge auf die Betriebsrente fällig, wie es in<br />

Regierungskreisen hieß. Da bei 60 Prozent der Betriebsrentner<br />

die Bezüge unter 318 Euro liegen, sollen diese künftig faktisch<br />

nur noch maximal den halben Beitragssatz zahlen müssen. Die<br />

weiteren 40 Prozent sollen durch den Freibetrag spürbar entlastet<br />

werden.


8 DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Wirtschaft: Wie wird <strong>20</strong><strong>20</strong>?<br />

„Deutschland bewegt sich<br />

konjunkturell auf dünnem Eis“<br />

Der <strong>Mittelstand</strong> geht trotz der Industrierezession optimistisch in das Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong>. Deutschland bewegt<br />

sich aber nach den Worten von Mario Ohoven konjunkturell auf dünnem Eis. Die Ergebnisse<br />

einer topaktuellen Unternehmerumfrage des BVMW präsentierte Mario Ohoven auf einer Pressekonferenz<br />

in Berlin.<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven (Mitte) stellte die Ergebnisse der Unternehmerumfrage auf der Pressekonferenz in Berlin vor.<br />

ist, dass die Bundesregierung endlich ihre wirtschaftspolitische<br />

Passivität aufgibt, um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

des Standorts Deutschland zu sichern“, erklärte Mit-<br />

„Entscheidend<br />

telstandspräsident Mario Ohoven bei der Vorstellung der Ergebnisse<br />

der Unternehmerumfrage des BVMW zum Jahreswechsel.<br />

Der aktuellen Umfrage zufolge sind die Unternehmer zuversichtlich,<br />

wenn es um das eigene Unternehmen geht. So schätzt ein Drittel die<br />

gegenwärtige Geschäftslage als befriedigend ein, 47 Prozent als gut,<br />

12 Prozent sogar als sehr gut. Fast 80 Prozent erwarten, dass sich<br />

ihre Geschäftslage in den nächsten 12 Monaten vorteilhaft oder zumindest<br />

stabil entwickelt.<br />

Dagegen sind die Mittelständler überaus pessimistisch hinsichtlich<br />

der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in <strong>20</strong><strong>20</strong>. Über<br />

70 Prozent befürchten ein Abgleiten unserer Volkswirtschaft in einen<br />

Abschwung. Schlecht fällt das Zeugnis für die GroKo aus: Nur 9 Prozent<br />

bewerten die bisherige Arbeit mit gut oder sehr gut.<br />

Zu den vorrangigen Aufgaben der Politik gehört aus Sicht der Unternehmer<br />

neben dem Bürokratieabbau vor allem eine Senkung<br />

der Steuerbelastung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Als erster<br />

Schritt muss der Solidaritätszuschlag vollständig und für alle abgeschafft<br />

werden“, betonte Ohoven. Einen beschleunigten Breitbandausbau<br />

fordern 67 Prozent.<br />

Der <strong>Mittelstand</strong> leidet besonders unter dem akuten Fachkräftemangel:<br />

Mehr als 90 Prozent der Unternehmer haben Schwierigkeiten,<br />

offene Stellen zu besetzen. Zugleich beklagen drei Viertel das abnehmende<br />

Bildungsniveau der Bewerber. Über 90 Prozent der Mittelständler<br />

fordern deshalb eine Stärkung des Real- und des Hauptschulabschlusses.<br />

Es gehe jetzt darum, Deutschland fit für die Zukunft zu machen, betonte<br />

Ohoven. „Die GroKo muss in der Haushaltspolitik umsteuern,<br />

Zukunftsinvestitionen müssen Vorrang vor Sozialkonsum bekommen.“<br />

Dazu müsse der Anstieg der Sozialausgaben, die heute schon<br />

über 57 Prozent des Bundeshaushalts ausmachen, begrenzt werden.<br />

Umso erfreulicher ist es, dass drei Viertel der Unternehmer in <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

ebenso viel wie <strong>20</strong>19 oder sogar mehr investieren wollen. Zudem erwägt<br />

trotz der wachsenden weltwirtschaftlichen Risiken nur eine<br />

kleine Minderheit eine Verlagerung ins Ausland.<br />

Bei der Sonntagsfrage kommen Union mit gut 31 Prozent und FDP<br />

mit 29 Prozent zusammen auf eine satte Mehrheit. Es folgen die Grünen<br />

mit 15 Prozent und die AfD mit 10 Prozent. Klare Verlierer sind die<br />

SPD mit 3 Prozent und die Linke mit 2,5 Prozent. „Die Unternehmer<br />

weisen offenbar der SPD die Verantwortung für die mittelstandsfeindliche<br />

Politik der GroKo zu“, resümiert <strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario<br />

Ohoven.<br />

Fotos: © Christian Kruppa


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

UNTERNEHMERUMFRAGE<br />

Die Ergebnisse <strong>20</strong>19/<strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND 9<br />

h Ihr Umsatz <strong>20</strong>19<br />

um Vorjahr?<br />

Wie wird sich Ihre Geschäftslage in den<br />

kommenden 12 Monaten entwickeln?<br />

Welche gesamtwirtschaftliche<br />

Entwicklung erwarten Sie in den kommenden<br />

12 Monaten in Deutschland?<br />

Wie bewert<br />

MFRAGE<br />

48,74%<br />

31,72%<br />

19,54%<br />

günstiger 31,63%<br />

gleich 46,84%<br />

ungünstiger 21,53%<br />

Aufschwung (Expansion) 17,66%<br />

Hochkonjunktur (Boom) 10,95%<br />

Abschwung (Rezession) 68,62%<br />

Tiefphase (Depression) 2,78%<br />

sehr sch<br />

schlech<br />

befriedig<br />

gut<br />

sehr gut<br />

Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit der<br />

Wie beurteilen<br />

Großen<br />

Sie die<br />

Koalition?<br />

aktuelle Finanzierungssituation<br />

Ihres Unternehmens?<br />

Welche wirtschaftspolitischen Aufgaben sollte die Bundesregierung<br />

Legislaturperiode vorrangig anpacken? (Mehrfachnennung möglich)<br />

Bürokratieabbau 84,76%<br />

Unternehmenssteuern senken 54,68%<br />

Die GroKo Sozialabgaben muss in senken der 42,77%<br />

Fachkräftemangel bekämpfen 45,86%<br />

Massive EU-Schuldenkrise bekämpfen 21,35%<br />

Verkehrsinfrastruktur verbessern 56,54%<br />

Vorrang vor Sozialkonsum<br />

Breitbandausbau beschleunigen 66,98%<br />

bekommen.<br />

Cybersicherheit verbessern 31,79%<br />

Mario Ohoven<br />

Haushaltspolitik umsteuern,<br />

Zukunftsinvestitionen müssen<br />

17,66%<br />

10,95%<br />

31,73%<br />

68,62%<br />

41,71%<br />

2,78%<br />

26,56%<br />

sehr schlecht<br />

sehr gut 17,40%<br />

17,31%<br />

schlecht<br />

gut 40,96%<br />

35,25%<br />

befriedigend<br />

befriedigend 32,71%<br />

38,28%<br />

gut<br />

schlecht 7,73%<br />

8,70%<br />

sehr gut<br />

sehr schlecht 1,<strong>20</strong>%<br />

0,47%<br />

Sollte der BVMW gegen die Weitererhebung<br />

des Solidaritätszuschlags, der<br />

laut Gesetz zum 31.12.<strong>20</strong>19 ausläuft, beim<br />

Bundesverfassungsgericht klagen?<br />

Soll<br />

auch<br />

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gaben sollte die Bundesregierung in der zweiten Hälfte der<br />

en? (Mehrfachnennung möglich)<br />

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10 DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Mehr als 3.000 Gäste kamen zum Jahresempfang des BVMW.<br />

Glanzvoller Jahresempfang<br />

mit Top Referenten<br />

Verfassungsklage gegen Soli-Gesetz<br />

eingereicht<br />

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hatte zum traditionellen Jahresempfang in der<br />

Bundeshauptstadt geladen. Mehr als 3.000 Unternehmer, Spitzenpolitiker, Parlamentarier, darunter<br />

80 Abgeordnete, 80 Botschafter sowie weitere hochrangige Gäste, wie der Außenminister der<br />

Republik Usbekistan, Abdulaziz Komilov, und der Alt-Präsident Kroatiens, Stjepan Mesić, folgten<br />

der Einladung von Deutschlands größtem, freiwillig organisierten <strong>Mittelstand</strong>sverband.<br />

Angesichts der herrschenden Industrierezession forderte <strong>Mittelstand</strong>spräsident<br />

Mario Ohoven Entlastungen für die Wirtschaft<br />

durch eine Unternehmenssteuerreform: „Die Unternehmenssteuern<br />

müssen runter auf 25 Prozent, besser noch<br />

<strong>20</strong> Prozent.“ Die deutsche Wirtschaft brauche optimale Wettbewerbsbedingungen,<br />

wenn unser Land seinen ökonomischen Spitzenplatz<br />

halten wolle.<br />

Unter großem Beifall präsentierte Ohoven die vom BVMW beim Bundesverfassungsgericht<br />

eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen<br />

das Soli-Gesetz. „Der Fortbestand des Soli nach Auslaufen des Solidarpakts<br />

II zum 31. Dezember <strong>20</strong>19 ist verfassungswidrig. Wird der<br />

Soli nicht sofort für alle abgeschafft, kommt das einem moralischen<br />

Steuerbetrug an <strong>Mittelstand</strong> und Mittelschicht gleich.“<br />

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte in seiner Keynote<br />

Verständnis für die Verfassungsbeschwerde des BVMW gegen das<br />

Soli-Gesetz der Großen Koalition: „Ich selbst habe im letzten Jahr<br />

meine Überlegungen zur verfassungsrechtlichen Problematik dargelegt.“<br />

Der CDU-Spitzenpolitiker sprach sich zugleich für einen Steuerdeckel<br />

für alle aus, die ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Wohl dieses<br />

Landes leisten.<br />

Noch nie gab es so eine prominente<br />

Riege an Rednern.<br />

Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie<br />

Der Staatspräsident des Senegal, S. E. Macky Sall, unterstrich in seiner<br />

Festrede das starke Wachstumspotenzial Afrikas. Jede Investition<br />

im Chancenkontinent Afrika bringe mehr Wohlstand, Arbeitsplätze,<br />

weniger Jugendarbeitslosigkeit und weniger Gründe zur illegalen<br />

Migration. Dem stimmte auch Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND<br />

11<br />

S. E. Macky Sall, Präsident der Republik Senegal.<br />

Dr. Markus Söder, Ministerpräsident<br />

des Freistaates Bayern und CSU-<br />

Parteivorsitzender.<br />

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.<br />

Müller zu. Er bezeichnete Afrika als einen Markt der Zukunft mit gewaltigen<br />

Entfaltungsmöglichkeiten gerade für deutsche Mittelständler.<br />

Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder forderte vergleichbare<br />

Steuersätze wie in anderen Ländern. Deutschland dürfe<br />

nicht die höchsten Steuern erheben, die die Wirtschaft behindern<br />

und Investitionen erschweren. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska<br />

Giffey kritisierte den massiven Fachkräftemangel hierzulande,<br />

der ein Wachstumshemmnis unserer Wirtschaft sei. Sie lud die Mittelständler<br />

zur Teilnahme am Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor<br />

Familie“ ein.<br />

Lobende Worte für den deutschen <strong>Mittelstand</strong> fand der Vorstandsvorsitzende<br />

der Siemens AG, Joe Kaeser, in seinem Redebeitrag. Er<br />

sagte, der <strong>Mittelstand</strong> sei eine Kultur und eine Geisteshaltung. Genau<br />

dies mache das weltweit anerkannte Siegel „Made in Germany“ aus.<br />

Dem Empfang voraus ging erstmals ein Internationales Wirtschafts-<br />

Ich möchte Ihnen ein Kompliment<br />

machen. Diese Veranstaltung ist eine<br />

der wichtigsten Veranstaltungen, die<br />

es in Deutschland gibt und auch in<br />

Berlin.<br />

Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern<br />

und CSU-Parteivorsitzender<br />

forum des BVMW. Mehr als 700 Unternehmer erhielten aus erster<br />

Hand von den Botschaftern und anderen hochrangigen Vertretern<br />

aus 60 Ländern exklusive Informationen zu Geschäftsmöglichkeiten<br />

in den Zielländern.<br />

Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller.<br />

Familienministerin Dr. Franziska Giffey.


12 DEUTSCHLAND<br />

Zum Jahresempfang begrüßte der BVMW hochrangige<br />

Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur.<br />

BVMW hat Verfassungs-<br />

<strong>Mittelstand</strong>, das ist eine<br />

Kultur, das ist eine Geisteshaltung.<br />

Das ist es,<br />

was Made in Germany<br />

ausmacht.<br />

Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender<br />

Siemens AG<br />

M. Ilker Ayci, Chairman of de Board & the<br />

Executive Committee of Turkish Airlines.<br />

Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender<br />

der Siemens AG.<br />

Afrika ist der Markt der<br />

Zukunft. Gewaltige Märkte<br />

entfalten sich dort.<br />

Dr. Gerd Müller, Bundesminister für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung<br />

Großer Andrang beim Wirtschaftsforum, auf dem sich 60 Botschaften mit ihren Ländern präsentieren.<br />

Leon Löwentraut (Künstler), Claudia Jerger und<br />

Dr. h.c. Ute-Henriette Ohoven (You-Stiftung).<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven.


DEUTSCHLAND<br />

13<br />

Wird der Soli nicht sofort<br />

für alle abgeschafft,<br />

kommt das einem<br />

moralischen Steuerbetrug<br />

an <strong>Mittelstand</strong> und<br />

Mittelschicht gleich.<br />

Mario Ohoven, BVMW Präsident<br />

beschwerde gegen Soli-Gesetz eingereicht<br />

Kontakte, Kontakte, Kontakte ...<br />

Der japanische Botschafter S. E. Takeshi Yagi und<br />

Bundesgeschäftsführer Markus Jerger.<br />

Nach den Reden nutzten die Gäste den Abend zum Netzwerken.<br />

Fotos: © Christian Kruppa, BILDSCHÖN/Tom Malesa, BVMW/Annemarie Thiede<br />

V. li.: Patrick Meinhardt (BVMW Generalsekretär Bildungsallianz),<br />

Prof. Martin Neumann, MdB, und Physiker Prof. Eicke Weber.<br />

V. li.: BVMW Vorstand Arthur Zimmermann, Ramona Lehmann (BVMW)<br />

und Dr. Andreas Wierse (Geschäftsführer Sicos BW GmbH).


14 DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong>


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND<br />

15<br />

Mietendeckel – ein Gesetz,<br />

das nur Verlierer schafft<br />

Mit dem Mietendeckel setzt Rot-Rot-Grün in Berlin die Instrumente der Sozialen Marktwirtschaft<br />

außer Kraft und lässt einen Testballon für die gesamte Republik steigen. Was auf den ersten<br />

Blick für Mieter verheißungsvoll klingt, schadet in Wirklichkeit allen.<br />

Foto: © Terroa von www.istockphoto.com<br />

Kerninhalt des Gesetzes ist ein vollständiger Mietenstopp für<br />

die kommenden fünf Jahre. In vielen Fällen sollen Bestandsmieten<br />

sogar abgesenkt werden. Klingt gut – ist es aber nicht.<br />

Denn die eigentliche Misere beginnt damit, dass der Mietendeckel die<br />

Instrumente des Bundes zum Mieterschutz, darunter auch die <strong>20</strong>15<br />

eingeführte Mietpreisbremse, abräumt. Hinzu kommt, dass Modernisierungen<br />

künftig nur noch bis zur Höhe von einem Euro pro Quadratmeter<br />

umgelegt werden dürfen. Das hat einen absehbaren Verfall<br />

des Berliner Wohnbestandes zur Folge, denn Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten<br />

werden sich für Eigentümer nicht mehr rechnen.<br />

Frisch sanierter Altbau adé<br />

Wenn sich solche Arbeiten nicht mehr lohnen, steht auch der klima-<br />

und altersgerechte Umbau des Berliner Wohnungsbestandes in<br />

den Sternen.<br />

Laut Branchenumfrage erwägen 90 Prozent der Unternehmen der<br />

Wohnungswirtschaft, im nächsten Jahr die Ausgaben für Sanierung<br />

und Modernisierung zu stoppen. Macht nur die Hälfte der Unternehmen<br />

dies wahr, ergäbe sich im Modernisierungsbereich ein Auftragseinbruch<br />

von rund 40 Prozent. Die Folgen: massive Arbeitsplatzverluste<br />

und Steuerausfälle, dazu höhere Sozialkosten für den Staat.<br />

Auswirkungen sind ab sofort spürbar<br />

Erste Folgen des Mietendeckels sind schon jetzt greifbar. Allein aufgrund<br />

der Diskussion über das Gesetz hat die Berliner Volksbank<br />

– ihr gehören 2.000 Wohnungen in Berlin – Modernisierungs- und<br />

Sanierungsinvestitionen in Millionenhöhe zurückgestellt. Auch die<br />

Bauwirtschaft und das mittelständische Handwerk leiden schon<br />

jetzt darunter, dass Aufträge storniert werden.<br />

Zudem wird ein „Grauer Markt“ für Mietwohnungen entstehen. Denn<br />

wenn ein staatliches Preisdiktat die Miethöhe künstlich begrenzt,<br />

sich aber viele zahlungswillige Bewerber um wenige Wohnungen bemühen,<br />

werden die Preise an anderer Stelle gezahlt. Alternativ geht<br />

die Wohnung per Vetternwirtschaft an den Mieter, der über die besten<br />

Verbindungen zum Wohnungsunternehmen verfügt.<br />

Der Mietendeckel bedroht zudem massiv die Altersvorsorge privater<br />

Wohnungseigentümer. Und wenn Immobilienbesitzer ihre Miet- in<br />

Eigentumswohnungen umwandeln, um sich den massiven Eingriffen<br />

in ihr Eigentum zu entziehen, wird das die Lage für Wohnungssuchende<br />

nur weiter verschärfen.<br />

Altbekanntes Problem<br />

Dabei ist die Berliner Wohnungsnot bereits in aller Munde. In der<br />

Hauptstadt fehlen derzeit mehr als 100.000 Wohnungen. Mit dem<br />

Mietendeckel wird besonders dem Neubau ein vernichtender Schlag<br />

versetzt. Dass Bauherren und Investoren massiv verunsichert sind,<br />

zeigt sich an der Zahl der in Berlin genehmigten Wohnungen im September<br />

dieses Jahres. Im Vergleich zum Vorjahresmonat hat sich die<br />

Anzahl der genehmigten Wohnungen halbiert. Auch die Genossenschaften<br />

sind betroffen. Sie wollen in den nächsten fünf Jahren statt<br />

6.000 lediglich 2.000 neue Wohnungen errichten.<br />

Verfassungswidrigkeit<br />

Was bei all den Diskussionen abermals außer Acht gelassen wird,<br />

ist die Tatsache, dass der Mietendeckel ein verfassungswidriges<br />

Konzept ist. Das Land Berlin darf aufgrund der grundgesetzlichen<br />

Kompetenzordnung keine Gesetze zur Mietenbegrenzung erlassen.<br />

Selbst wenn der Mietendeckel in absehbarer Zeit vor Gericht gekippt<br />

wird, kann es Jahre dauern, bis Berlin wieder einen rechtssicheren<br />

Mietspiegel erhält. Vermieter, die es darauf anlegen, könnten dann<br />

über Vergleichswohnungen Mieten drastisch erhöhen.<br />

Wohnen als soziales Gut<br />

Bezahlbares Wohnen ist und bleibt eine zentrale soziale Herausforderung.<br />

Diese Herausforderung ist nur gemeinsam mit allen Akteuren<br />

am Wohnungsmarkt zu meistern, idealerweise in einem Bündnis<br />

für bezahlbares Wohnen und Bauen in Berlin. Auf die Agenda gehören<br />

mehr Bauland und Dachgeschossausbau, schnellere Genehmigungsprozesse<br />

und weniger Bürokratie. Es gilt, die <strong>20</strong>15 eingeführte<br />

Mietpreisbremse des Bundes in Berlin wirksam durchzusetzen und<br />

zu kontrollieren.<br />

Stattdessen beschreitet Rot-Rot-Grün mit dem Mietendeckel einen<br />

Irrweg und schadet dem Wohn-, Wirtschafts- und Arbeitsstandort<br />

Berlin gleich in mehrfacher Hinsicht. Egal ob Bestandsmieter, Wohnungssuchender,<br />

Wohnungsgesellschaft, privater Wohnungseigentümer,<br />

Handwerker, Bauunternehmer oder gar Mieter: Der Mietendeckel<br />

kennt am Ende nur Verlierer.<br />

Kai Wegner, MdB<br />

Baupolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion<br />

und Landesvorsitzender der CDU Berlin<br />

www.kai-wegner.de


16 DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

„Mehrjähriges Investitionsprogramm<br />

ist nötig“<br />

Das Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> ist zugleich der Beginn eines neuen Jahrzehnts. Und so geht der<br />

Blick nicht nur auf das neue Jahr, sondern auch auf die Entwicklungen und Herausforderungen<br />

des kommenden Jahrzehnts.<br />

Die <strong>20</strong>er Jahre sind zurück. Die Welt wird im Jahr <strong>20</strong>30 vermutlich<br />

sehr anders sein als heute. Wie genau sie aussehen wird,<br />

wissen wir heute nicht. Wir wissen aber, dass wir mehr denn<br />

je die Weichen stellen und unsere Verantwortung für die Zukunft erkennen<br />

müssen, denn die Zeiten sind kritisch. Die Vergangenheit hat<br />

einiges unbestellt zurückgelassen, und die Zukunft stellt gewaltige<br />

Anforderungen. Im Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> wird sich einiges entscheiden: Wie<br />

wird der Brexit aussehen, wird Donald Trump wiedergewählt, und<br />

schafft es die Große Koalition in Deutschland ins Jahr <strong>20</strong>21?<br />

Abschwächende Weltkonjunktur<br />

Die konjunkturellen Aussichten verheißen nichts Gutes. Nach zehn<br />

Jahren Daueraufschwung nimmt die wirtschaftliche Dynamik spürbar<br />

ab. Dringend nötige öffentliche Investitionen müssen getätigt<br />

werden. Denn der alte industrielle und fossile Kapitalstock muss<br />

durch eine digitale und klimaneutrale Produktion erneuert werden.<br />

Je eher die Transformation gelingt, desto größer wird der Wettbewerbsvorteil<br />

daraus. Eine alternde Gesellschaft macht es indes nicht<br />

leichter, den Strukturwandel einzuleiten, Innovationen zu erzeugen<br />

und durchzusetzen. Überall wird der Status quo verteidigt, von dem<br />

wir wissen, dass er keinen Bestand haben wird. Die Gefahr einer säkularen<br />

Stagnation, einer langen Phase niedrigen Wachstums, ist<br />

sehr real. Das japanische Szenario aus geringem Produktivitätsfortschritt<br />

und deflationären Tendenzen, das einhergeht mit niedrigen<br />

Zinsen und steigender Staatsverschuldung, droht.<br />

Die sich abschwächende Weltkonjunktur interagiert zunehmend mit<br />

den geopolitischen Risiken. Lange war die Konjunktur robust gegenüber<br />

diesen Risiken. Nun aber dämpft die Mischung aus Abschwung<br />

und Unsicherheit die Investitionsgüternachfrage spürbar, was gerade<br />

in Deutschland deutliche Bremsspuren in der Konjunktur hinterlässt.<br />

Der um sich greifende ökonomische Nationalismus mit protektionistischen<br />

Maßnahmen verschärft die Lage. Ein gleichzeitiger<br />

Abschwung fast aller wichtigen Volkswirtschaften und Währungsräume<br />

ist aber besonders für die Geld- und Fiskalpolitik gefährlich.<br />

Denn es gibt kaum noch Spielraum, einer erneuten Rezession entgegenzuwirken.<br />

Die Kombination aus Schuldenüberhang – die Staatsschuldenquoten<br />

sind mit Ausnahme Deutschlands in den letzten<br />

zehn Jahren stark gestiegen – und Negativzinspolitik hat eine Falle<br />

geschaffen, aus der es ohne Wachstum kaum ein Entrinnen gibt.<br />

Auch wenn die medial immer lauter werdenden Crash-Prophezeiungen<br />

überzeichnet sind, so gibt es doch Verzerrungen auf dem Markt,


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND<br />

17<br />

die eine zunehmend unwirksame Geldpolitik als Kollateralschaden<br />

erzeugen. Wachstum scheint in weiter Ferne.<br />

Foto: © Leontura von www.istockphoto.com<br />

Ein Abschwung fast aller wichtigen<br />

Volkswirtschaften und Währungsräume<br />

ist aber besonders für die<br />

Geld- und Fiskalpolitik gefährlich.<br />

Rendite durch ökologischen Umbau<br />

Dabei liegt ein neues Zeitalter des Fortschritts vor uns. Die Zukunft<br />

hat sehr wohl eine Rendite und die Welt eine Zukunft. Es ist keine höhere<br />

Rendite vorstellbar, als Verfahren und Produkte zu entwickeln,<br />

die die Welt vor ihrem ökologischen Untergang retten. Digitale Innovationen<br />

können ebenso die Produktivität unserer<br />

Ressourcen enorm erhöhen und sie dadurch<br />

schonen: Ernteerträge und medizinische Versorgung<br />

können durch den Einsatz von Daten<br />

und Künstlicher Intelligenz deutlich erhöht und<br />

verbessert werden.<br />

Die deutsche Wirtschaft steht vor einem dreifachen<br />

Strukturwandel: Erstens steht die globale Weltordnung vor tiefgreifenden<br />

Verschiebungen, zweitens disruptiert die digitale Transformation<br />

ganze Branchen und Wertschöpfungsketten, darunter die<br />

für Deutschland so wichtige Automobilindustrie, und drittens entwertet<br />

die Dekarbonisierung den fossilen Kapitalstock. Öffentliche<br />

Investitionen sind notwendig, nicht aus konjunkturellen, aber aus<br />

strukturellen Gründen, um Infrastruktur, Bildung und Forschung voranzubringen.<br />

Ein mehrjähriges Investitionsprogramm ist möglich<br />

und nötig. Die schwarze Null ist nicht sakrosankt, sondern eine wichtige<br />

konjunkturpolitische Größe. Die Schuldenbremse ist gut, sollte<br />

aber modifiziert werden, denn sie ist ein strukturpolitisch wichtiger<br />

Hebel. Momentan sind die Grenzen zu eng gesetzt. Denn es geht darum,<br />

das langfristige Potenzialwachstum zu stärken. Nur eine starke<br />

Wirtschaft kann die Folgen von Strukturwandel und Demographie<br />

bewältigen, ohne sie zu einem gesellschaftlichen Verteilungskonflikt<br />

werden zu lassen. Generationengerechtigkeit bedeutet insbesondere<br />

in Zeiten des Wandels, der Umbrüche und Umwertungen, der nächsten<br />

Generation einen modernen, nachhaltigen und produktiven Kapitalstock<br />

zu überlassen.<br />

Kreative Unternehmer sind die Wachstumstreiber<br />

Doch statt neues Wachstum durch klare und verlässliche Regulierung<br />

sowie Investitions- und Innovationsanreize zum Gegenstand<br />

unternehmerischer Aktivität zu machen, wird der Status quo politisch<br />

verteidigt. Es ist keinesfalls allein die Geldpolitik, die mit niedrigen<br />

Zinsen die Wirtschaft und die Gesellschaft in den Erhalt des<br />

Alten zwingt. Es ist der Mut der Politik und der Aufbruch der Gesellschaft,<br />

die neue Rendite schaffen. Der Ökonom Joseph A. Schumpeter<br />

wusste, wer Träger von Fortschritt ist: der kreative Unternehmer.<br />

Wachstum ist die Folge von Fortschritt.<br />

Wer kein Wachstum will, verhindert Fortschritt.<br />

Wer heute Wachstum und Marktwirtschaft<br />

für unvereinbar mit Klimaschutz und<br />

Gerechtigkeit hält, hat beide Konzepte nicht<br />

verstanden.<br />

Insbesondere die Politik kann im Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

die Weichen für ein Jahrzehnt des Fortschritts<br />

stellen. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt<br />

dafür, als jetzt damit zu beginnen.<br />

Prof. Dr. Henning<br />

Vöpel<br />

Geschäftsführer<br />

Hamburgisches<br />

WeltWirtschaftsInstitut<br />

gemeinnützige<br />

GmbH (HWWI)<br />

www.hwwi.org


18 DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Wirtschaft, viel zahlen bitte!<br />

Der Strompreis in Deutschland jagt von einem Rekord zum nächsten. Während Verbraucher<br />

hierzulande im Schnitt rund 50 Prozent mehr als noch <strong>20</strong>07 zahlen, ächzt insbesondere der<br />

deutsche <strong>Mittelstand</strong> unter der Kostenlast. Für den Standort Deutschland ist das fatal.<br />

Alle Jahre wieder: Der Jahreswechsel ist stets auch die Zeit<br />

der Preiserhöhungen. Während die Fahrgäste der Deutschen<br />

Bahn diesmal nach Jahren erstmalig ungeschoren davonkommen,<br />

erwischt es einmal mehr die Stromkunden: Knapp 180<br />

Stromversorger haben bereits höhere Preise angekündigt.<br />

Damit wird sich auch im nächsten Jahr ein Trend fortsetzen, der<br />

längst Anlass zur Sorge gibt: Deutschland ist und bleibt Europameister<br />

der Stromrechnungen. Nicht nur private Verbraucher ächzen,<br />

auch viele Unternehmen trifft die anscheinend nicht enden wollende<br />

Aufwärts-Preisspirale hart.<br />

Erneuerbare Energieträger sind wirtschaftlich<br />

Gravierende Fehler der Bundesregierung bei der Umsetzung der<br />

Energiewende, insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG), sorgt für eben jene steigenden Umlagen und Netzgebühren,<br />

die die Stromversorger nun auch als Grund für ihre Preiserhöhungen<br />

nennen. Die EEG-Umlage war ursprünglich eingeführt worden, um<br />

den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu finanzieren.<br />

Doch inzwischen sind erneuerbare Energieträger längst auch ohne<br />

Subventionen wirtschaftlich. Soll die Energiewende erfolgreich sein,<br />

müssen wir weg von Planwirtschaft und Dauersubvention, die sich<br />

aus den staatlichen Aufschlägen wie etwa der EEG-Umlage speisen<br />

– und zugleich die Strompreise Jahr für Jahr weiter steigen lassen.<br />

Neben der EEG-Umlage werden zudem die Gebühren für die Stromnetze<br />

im kommenden Jahr weiter steigen – um mehrheitlich rund<br />

sechs Prozent. Bei den Industriestrompreisen liegt Deutschland im<br />

internationalen Vergleich mit 19 Cent pro Kilowattstunde ohnehin<br />

schon auf den vorderen Plätzen.<br />

Belastung für Unternehmen<br />

Entsprechend schlecht ist inzwischen die Stimmung in vielen Betrieben.<br />

Dort macht sich vielerorts Alarm-Stimmung breit. Laut einer<br />

aktuellen Studie schätzen nur noch 22 Prozent der befragten Mittelständler<br />

ihre Situation als „gut“ oder „besser“ ein. Das ist ein drastischer<br />

Rückgang innerhalb von nur sechs Monaten: Im Frühjahr <strong>20</strong>19<br />

waren es noch 71 Prozent.<br />

Im Gegensatz zu vielen energieintensiven Betrieben, die über die<br />

EEG-Ausnahmetatbestände befreit sind, treffen die hohen Strompreise<br />

die meisten Mittelständler mit voller Wucht. Nicht nur für sie<br />

ist der kontinuierliche Anstieg der Energiekosten der letzten Jahre<br />

fatal – sondern auch und besonders für den Standort Deutschland.<br />

Der <strong>Mittelstand</strong> ist und bleibt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.<br />

Geht es ihm schlecht, hat dies auch Auswirkungen auf den<br />

Wirtschaftsstandort Deutschland. Immerhin stellen die kleinen und<br />

mittleren Unternehmen 99,4 Prozent aller deutschen Unternehmen<br />

und stehen gleichzeitig für 52 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigten in Deutschland. Die meisten dieser Betriebe<br />

können im Gegensatz zu großen Konzernen nicht kurzerhand ihren<br />

Sitz ins Ausland verlegen.<br />

Politik muss handeln<br />

Und was tut die Bundesregierung? Die längst überfällige EEG-Novelle<br />

schiebt sie immer wieder aufs Neue hinaus, und auch weitere wesentliche<br />

Kostentreiber nimmt sie nicht ins Visier.<br />

Sorgenkind bleibt etwa auch das knappe Stromnetz. Wenn etwa<br />

im Jahr <strong>20</strong>22 das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht und zusätzlich<br />

sukzessive Deutschlands Kohlekraftwerke abgeschaltet<br />

werden, steigt bei sinkendem Anteil grundlastfähiger Energieträger<br />

somit auch die Notwendigkeit für Redispatch-Maßnahmen zur<br />

Stabilisierung des Stromnetzes. Aktuell schlagen diese mit jährlich<br />

1,5 Milliarden Euro zu Buche. Das sind Kosten, die wiederum auf die<br />

Netzentgelte umgelegt werden und die Strompreise zusätzlich zur<br />

EEG-Umlage weiter verteuern.<br />

Foto: © Mike_Kiev von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND<br />

19<br />

Bedrohung für kleine und<br />

mittlere Unternehmen<br />

Als energieintensives Unternehmen der Druckindustrie stellt die Entwicklung<br />

der Energiekosten eine sehr besorgniserregende Situation für<br />

uns dar. Unsere Stromkosten stiegen von <strong>20</strong>15 bis heute um 25 Prozent.<br />

Mit einem Anteil von 10 Prozent unserer Gesamtkosten gehören sie nach<br />

den Personalkosten zu einem unserer größten Kostenblöcke. Bei der<br />

Marktlage in der Branche werden diese rasanten Energiekostensteigerungen<br />

für viele mittelständische Unternehmen zu einer ernsten Bedrohung.<br />

Aufgrund der weiter sinkenden Nachfrage an Druckprodukten ist<br />

eine Umlage der Kosten auf die Verkaufspreise kaum noch möglich, was<br />

mittelfristig zu Stellenabbau und Schließungen im <strong>Mittelstand</strong> führen<br />

wird. In den vergangenen beiden Jahren war diese Entwicklung schon<br />

erkennbar.<br />

Zugleich kommt Deutschland beim Netzausbau noch immer nicht<br />

voran. Von den erforderlichen 7.700 Kilometern im deutschen Übertragungsnetz<br />

sind aktuell lediglich 1.100 Kilometer gebaut.<br />

Bei den Industriestrompreisen liegt<br />

Deutschland im internationalen Vergleich<br />

mit 19 Cent pro Kilowattstunde<br />

auf den vorderen Plätzen.<br />

Stromspeicher, die in dieser Engpass-Situation für eine wichtige Entlastung<br />

des Netzes sorgen könnten, unterliegen immer noch einer<br />

steuerlichen Doppelbelastung. Zwar gibt es die EU-Strommarktrichtlinie,<br />

die eine Beendigung dieser steuerlichen Doppelbelastung<br />

vorsieht, aber die Bundesregierung scheint eine zügige Umsetzung<br />

in nationales Recht nicht für nötig zu halten. Auch dies ist eine weitere<br />

verpasste Chance, um durch Speicher die knappen Stromnetze zu<br />

entlasten und somit den Strompreis zu senken.<br />

Gut zu wissen<br />

Steffen Seifert<br />

Geschäftsführer Möller Druck und Verlag<br />

GmbH<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.moeller-mediengruppe.de<br />

Statt die Diskussion um Erneuerbare Energien lediglich auf Wind und<br />

Sonne zu verengen, fordere ich einen Wettbewerb emissionsarmer<br />

Energieträger. Denn Energiewende funktioniert nur nach ganzheitlichem<br />

Ansatz, der eben auch beinhaltet, Strom nicht nur umzuwandeln,<br />

sondern ihn auch von A nach B zu transportieren.<br />

Bleibt die gesellschaftliche Debatte jedoch dermaßen emotional und<br />

aufgeheizt, ohne dass genau diese Fakten endlich eine größere Rolle<br />

spielen, wird Deutschland nicht nur weiter seine Klimaziele verfehlen,<br />

sondern zugleich auch mit dem <strong>Mittelstand</strong> den Standort Deutschland<br />

abwürgen.<br />

Doch soweit muss es nicht kommen. Dafür kämpfe ich!<br />

Foto: © Achim Melde<br />

Neben dem politischen Willen, nun endlich das Richtige zu tun, um<br />

insbesondere Deutschlands <strong>Mittelstand</strong> von explodierenden Stromkosten<br />

zu entlasten, brauchen wir vor allem den Mut zu Innovationen.<br />

Wettbewerb emissionsarmer Energieträger<br />

Neben verstärkten Anstrengungen für Forschung und Entwicklung<br />

moderner Technologien muss der Fokus künftig noch viel stärker<br />

auf intelligenten Netzen und dezentralen Lösungen liegen. Zudem<br />

muss endlich Schluss sein mit unsinnigen Forderungen, weiter ungebremst<br />

Wind und Solar zuzubauen. Stattdessen muss das Prinzip<br />

der Technologieoffenheit gelten. Nur so können sich auf marktwirtschaftlicher<br />

Basis die besten Ideen und Innovationen durchsetzen.<br />

n 180 Stromversorger haben höhere Preise<br />

angekündigt<br />

n Neben der EEG-Umlage werden die Gebühren<br />

für Stromnetze um mehrheitlich<br />

sechs Prozent steigen<br />

n Von den erforderlichen 7.700 Kilometern<br />

im deutschen Übertragungsnetz sind<br />

aktuell lediglich 1.100 Kilometer gebaut<br />

n Fokus muss künftig noch stärker auf<br />

intelligenten Netzen und dezentralen<br />

Lösungen liegen<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Martin Neumann,<br />

MdB<br />

Sprecher für<br />

Energiepolitik der<br />

FDP-Bundestagsfraktion<br />

www.bundestag.de


<strong>20</strong> DEUTSCHLAND<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Grundsteuerreform:<br />

Sorgen und Hoffnungen<br />

des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

Nach monatelangen Verhandlungen hat der Bundesrat im November <strong>20</strong>19 die umstrittene Reform<br />

der Grundsteuer angenommen. Damit tritt das Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung<br />

und Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts wie geplant in Kraft: Ab <strong>20</strong>25 berechnen<br />

die Bundesländer die Grundsteuer nach neuem System.<br />

Es war eine lange Hängepartie – doch nun kommt die Reform<br />

der Grundsteuer. Entgegen allen Bedenken aus Wirtschaft<br />

und Wissenschaft hat der Bundesrat den Plänen von Bundesfinanzminister<br />

Olav Scholz zugestimmt. Mit Einnahmen von rund<br />

14 Milliarden Euro jährlich gehört die Grundsteuer zu den wichtigsten<br />

kommunalen Steuereinnahmequellen. Hintergrund der Änderungen<br />

ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April <strong>20</strong>18,<br />

das die bisherige Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig<br />

erklärt. Diese orientierte sich bisher an veralteten Einheitswerten<br />

von 1935 für Ostdeutschland und von 1964 für Westdeutschland. Die<br />

Verfassungsrichter verlangten vom Gesetzgeber deshalb, bis zum<br />

31. Dezember <strong>20</strong>19 eine Neuregelung zu treffen. Bis die Länder das<br />

neue System anwenden müssen, besteht jedoch bis zum 31. Dezember<br />

<strong>20</strong>24 eine Übergangsfrist.<br />

Auch kleine und mittlere Unternehmen<br />

müssen im Bundesmodell ihre<br />

Immobilien aufwendig neu bewerten.<br />

zum Teil bereits angekündigt, ein wertunabhängiges Modell vorzuziehen.<br />

So hat Bayern von Anfang an betont, die Grundstücksfläche<br />

als entscheidenden Faktor zur Berechnung der Grundsteuer heranzuziehen.<br />

Nun liegt es an den Ländern, für Bürger und Unternehmen<br />

ein bürokratiearmes System zu schaffen, das zu keinen höheren Belastungen<br />

führt.<br />

Wertabhängiges Scholz-Modell:<br />

Chance auf Bürokratieabbau vertan<br />

Die Grundsteuer wird sich weiterhin am Wert eines Grundstücks orientieren.<br />

Das von Scholz eingebrachte Modell sieht jedoch nicht nur<br />

vor, künftig aktuellere Daten heranzuziehen. Darüber hinaus sollen<br />

Werte wie die Nettokaltmiete, das Baujahr, die Wohnfläche, der Bodenrichtwert<br />

und die Grundstücksfläche als Berechnungsgrundlage<br />

dienen. Heißt: Etwa 36 Millionen Grundstücke und Häuser müssen<br />

neu bewertet werden.<br />

Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC), der<br />

sich als Gründungsmitglied gemeinsam mit 34 Partnerverbänden in<br />

der <strong>Mittelstand</strong>sallianz für eine mittelstandsfreundliche Gesetzgebung<br />

engagiert, sieht in der Reform eine vertane Chance, Bürokratie<br />

abzubauen. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen im Bundesmodell<br />

ihre Immobilien aufwendig neu bewerten. Aber nicht nur<br />

für diese bedeutet die Reform ein Plus an Kosten und Aufwand. Der<br />

administrative Aufwand wird ebenso in den Finanzämtern zu einem<br />

deutlich gesteigerten Personalaufwand führen.<br />

Öffnungsklausel für Bundesländer<br />

Mit einer zusätzlichen Änderung des Grundgesetzes hat die große<br />

Koalition eine Grundlage geschaffen, die es den Bundesländern ermöglicht,<br />

ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Diese haben<br />

Gut zu wissen<br />

Übergangsfrist: Die neuen Regelungen gelten ab dem 1. Januar <strong>20</strong>25<br />

Wertabhängiges Modell: Die Berechnungsmethode von Wert x<br />

Steuermesszahl x Hebesatz bleibt. Neben dem Bodenrichtwert zählen<br />

künftig u. a. aber auch Nettokaltmiete, Baujahr und Fläche<br />

„Grundsteuer C“ wieder eingeführt: Gemeinden können einen erhöhten<br />

Hebesatz für unbebaute, baureife Grundstücke festlegen. Ziel: weniger<br />

Spekulation, mehr Wohnraum<br />

Öffnungsklausel: Die Bundesländer können abweichende Regelungen<br />

einführen<br />

Aufkommensneutralität: Das Volumen der Grundsteuer soll nicht steigen<br />

Kenan Häberle<br />

Stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbands<br />

der Bilanzbuchhalter und Controller<br />

www.bvbc.de<br />

Foto: © ephyr18 von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

DEUTSCHLAND<br />

21


22 DEUTSCHLAND<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident im Dialog<br />

Als gefragter Keynote-Speaker, mit der Teilnahme an zahlreichen<br />

Veranstaltungen und in Gesprächen mit hochkarätigen Persönlichkeiten<br />

aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

öffnet Mario Ohoven im In- und Ausland Türen für den unternehmerischen<br />

<strong>Mittelstand</strong>. Hier eine kleine Auswahl hochrangiger<br />

Treffen:<br />

Mit Partnern der <strong>Mittelstand</strong>sallianz im Gespräch mit Dr. Carsten Linnemann,<br />

Vorsitzender der <strong>Mittelstand</strong>s- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU.<br />

Politik trifft Praxis<br />

In der Bundeszentrale des BVMW sprachen Mario Ohoven und<br />

Partner der <strong>Mittelstand</strong>sallianz mit Dr. Carsten Linnemann, stellvertretender<br />

Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und<br />

Vorsitzender der <strong>Mittelstand</strong>s- und Wirtschaftsunion der CDU/<br />

CSU. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen aktuelle Herausforderungen<br />

des <strong>Mittelstand</strong>s sowie die Forderungen der Allianz an<br />

die Politik.<br />

Ein Arbeitstag von Mario Ohoven:<br />

Antrittsbesuch der<br />

Botschafterin Serbiens<br />

Mario Ohoven begrüßte die neue Botschafterin Serbiens, I.E. Dr.<br />

Snežana Janković, in Berlin. Die 49-Jährige vertritt seit Ende <strong>20</strong>19<br />

den mitteleuropäischen Staat in der Bundesrepublik. Janković<br />

leitete zuvor die Botschaft Serbiens in der Schweiz und war unter<br />

anderem in Japan im Einsatz. Seit Jahren zählt Deutschland zu<br />

den wichtigsten Handelspartnern Serbiens.<br />

So betrug das Handelsvolumen<br />

<strong>20</strong>18 rund 4,7 Milliarden Euro – ein<br />

Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum<br />

um fast zehn Prozent.<br />

Mario Ohoven begrüßte die Botschafterin<br />

Serbiens in Deutschland,<br />

I. E. Dr. Snežana Janković ...<br />

Handel mit der Türkei<br />

Deutschland ist mit seinem starken <strong>Mittelstand</strong> der wichtigste<br />

Handelspartner der Türkei. Zudem investieren deutsche Unternehmen<br />

rund 12,9 Milliarden Euro in der Türkei; die Investitionen<br />

türkischer Unternehmen<br />

in Deutschland belaufen<br />

sich auf rund 1,8 Milliarden<br />

Euro. Vor dem Hintergrund<br />

dieser wichtigen<br />

Wirtschaftsbeziehungen<br />

sprach Mario Ohoven mit<br />

dem türkischen Botschafter,<br />

S. E. Ali Kemal Aydın.<br />

… und den Botschafter der<br />

Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın.<br />

Einsatz für die Bildung<br />

Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend, empfing die Bildungsallianz des Mittel stands<br />

zu einem Austausch über frühkindliche Bildung, Stärkung der beruflichen<br />

Bildung und Ganztagsbetreuung. Mario Ohoven machte<br />

dabei deutlich: „Drei Millionen junge Menschen studieren, aber<br />

nur rund 1,1 Millionen befinden sich in einer Ausbildung.“ Eine<br />

Stärkung der mittleren Schulabschlüsse sei deshalb essenziell,<br />

um dem Fachkräfteman gel im <strong>Mittelstand</strong> zu begegnen.<br />

Die Bildungsallianz des <strong>Mittelstand</strong>s mit Bundesministerin Dr. Franziska Giffey<br />

(5. v. re.).


EKT EKP<br />

ECB EZB EKT EKP<br />

ECB<br />

EKT<br />

EZB<br />

EKT<br />

EKP<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

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DEUTSCHLAND<br />

23<br />

Das Unternehmermagazin des BVMW.<br />

GE<br />

3/<strong>20</strong>19 | Juni / Juli <strong>20</strong>19 | 4,90 Euro<br />

STAL<br />

TER<br />

<strong>DER</strong> AN<strong>DER</strong>E GEDANKE<br />

Marktwirtschaft,<br />

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3/<strong>20</strong>19 | Juni / Juli <strong>20</strong>19 Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Steuern<br />

Der gierige Steuerstaat<br />

Berufliche Bildung<br />

wieder stärken<br />

S. 14<br />

10 Punkte gegen<br />

den Abschwung<br />

S. 32<br />

1/<strong>20</strong>18 | Februar / März <strong>20</strong>18 | 4,90 Euro<br />

Die Parteien – vor allem die der Gro-<br />

Ko – haben den Jahresbeginn für ein<br />

wahres Feuerwerk an Forderungen<br />

genutzt. So kam aus der neuen SPD-Führung<br />

die Forderung nach einer Bodenwertzusatzsteuer,<br />

nach Erhöhung der Rentenbeiträge<br />

für Gutverdienende und nach einer<br />

kräftigen Erhöhung des Mindestlohns. Die<br />

CSU wiederum brachte einen Altersvorsorgefonds<br />

ins Spiel, in den für jedes Kind bis<br />

zum 18. Lebensjahr jeden Monat 100 Euro<br />

eingezahlt werden. Vor allem aber erregte<br />

Markus Söder Aufsehen mit seiner Forderung<br />

nach einer Kabinettsumbildung<br />

– die die Kanzlerin prompt ablehnte, für die<br />

er jedoch vorsichtige Unterstützung von<br />

der CDU-Chefin bekam. Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer wiederum setzte sich für die<br />

Einrichtung eines Digitalministeriums und<br />

der CDU-Wirtschaftsrat für die weitere Senkung<br />

des Arbeitslosenbeitrags ein.<br />

Man gewinnt den Eindruck, in der GroKo fordert<br />

fast jeder, was ihm gerade in den Sinn<br />

kommt, zum Beispiel die Absage des Dschungel-Camps<br />

wegen der Brände in Australien.<br />

Den Bürgern aber wird ganz schwindelig angesichts<br />

des sich immer schneller drehenden<br />

Forderungs-Karussells. Wer was und<br />

wann genau gefordert hat – selbst professionelle<br />

Beobachter des Politikbetriebs verlieren<br />

den Überblick. Das macht aber nichts,<br />

denn mehrheitsfähig ist ohnehin so gut wie<br />

nichts in der GroKo, da Union und SPD sich<br />

gegenseitig keine Erfolge gönnen – je näher<br />

der Wahltermin rückt, um so weniger.<br />

Der Unsinn hat mehr Methode als man zunächst<br />

denkt. Die steilen Ideen und spektakulären<br />

Forderungen zum Jahreswechsel<br />

lenken vortrefflich davon ab, dass sich in der<br />

Realität so gut wie nichts mehr bewegt (von<br />

der Klimapolitik einmal abgesehen). Der politische<br />

Betrieb rast, doch in der politischen<br />

Wirklichkeit herrscht weitgehend Stillstand.<br />

Nur ein Beispiel: Von einer Unternehmenssteuerreform<br />

wird seit langem geredet, aber<br />

es liegt nicht einmal in Ansätzen ein Konzept<br />

auf dem Tisch.<br />

Der <strong>Mittelstand</strong> und die Wirtschaft generell<br />

haben in der Politik schon seit langem nur einen<br />

geringen Stellenwert. Sie haben in den<br />

Augen der Mehrheit der Politiker lediglich die<br />

Funktion, ausreichend Steuern abzuliefern,<br />

die dann an das jeweilige Klientel verteilt werden<br />

können. Denn je mehr Geld verteilt wird,<br />

um so mächtiger fühlt sich die Politik. Dass<br />

Marktwirtschaft, Unternehmertum und Freiheit<br />

untrennbar miteinander verbunden sind,<br />

wollen viele nicht wahrhaben. Die Kosten<br />

dieses politischen Versagens sind hoch und<br />

werden jeden Tag höher.<br />

Michael Backhaus<br />

Journalist<br />

BVMW Berater Medien<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Innovationen<br />

5/<strong>20</strong>18 | Oktober / November <strong>20</strong>18 Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Personal<br />

<strong>20</strong> Jahre<br />

BVMW-Präsident<br />

Mario Ohoven<br />

S. 10<br />

Chancenkontinent<br />

Afrika<br />

S. 8<br />

Mit neuen<br />

Ideen in die<br />

Zukunft<br />

BVMW Unternehmerumfrage:<br />

<strong>Mittelstand</strong> optimistisch<br />

S. 8<br />

Fachkräftesicherung<br />

im Fokus<br />

S. 28<br />

Nachhaltig zum<br />

Arbeitsplatz<br />

S. 34<br />

Wie pflegende Mitarbeiter<br />

gehalten werden<br />

S. 50<br />

Innovationskraft<br />

stärken<br />

S. 38<br />

Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Personal<br />

5/<strong>20</strong>18 | Oktober / November <strong>20</strong>18 | 4,90 Euro<br />

Stellen. Erfolgreich. Besetzen.<br />

Was Unternehmen<br />

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24 EUROPA<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Europa<br />

News<br />

Klimaschutz:<br />

Chance für Bauwirtschaft<br />

Schon im Frühjahr will die EU ein Gesetzespaket zum Klimaschutz<br />

vorlegen. Für die Wirtschaft in Europa und Deutschland sei das eine<br />

Chance, neue Schlüsseltechnologien für den Klimaschutz zu entwickeln<br />

und sich weltweit eine Führungsposition zu sichern, meint der<br />

grüne Europaparlamentarier Sven Giegold. Eine Schärfung der Klimaschutzziele<br />

bedeute, dass völlig neue Herausforderungen auf die<br />

Bauwirtschaft und den Wohnungsbau zukämen. Giegold prognostiziert:<br />

„Wir werden mit Sicherheit eine große Diskussion bekommen,<br />

um so etwas wie eine Bauwende einzuleiten.“ Immerhin gehe es um<br />

den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes, bei dem der Aufwand<br />

der Herstellung, die Entsorgung, die Recyclingfähigkeit und<br />

der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen eine Rolle spielten. Es sei<br />

Zeit für ein Investitionsprogramm, weil die Zinsen niedrig seien und<br />

sich die Konjunktur abkühle, so der Europaabgeordnete.<br />

www.sven-giegold.de<br />

Bankkunden werden belastet<br />

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich in einem Gastbeitrag<br />

für die „Financial Times“ für eine europäische Einlagen-Rückversicherung<br />

ausgesprochen, sie „würde die Widerstandsfähigkeit<br />

nationaler Einlagensicherungen bedeutend stärken“. Sparkassen<br />

und Volksbanken wehren sich seit Jahren gegen einen<br />

solchen Mechanismus. Einmal, weil nach ihrer Meinung die nationalen<br />

Sicherungssysteme völlig ausreichen, und vor allem,<br />

weil sie nicht wollen, dass sie und ihre Kunden im Zweifel für<br />

europäische Krisenbanken haften. Es wird daran erinnert, dass<br />

die Finanzkrise, die der Anlass für die Bankenunion war, nicht<br />

von Sparkassen und Volksbanken ausgelöst worden sei. Kritik<br />

zum Vorschlag kommt auch von der FPD. Der Scholz-Plan zur<br />

Einlagensicherung sei ein neuer Umverteilungstopf. „Egal, wie<br />

man ihn nennt und ausgestaltet, er mündet in zusätzliche Belastungen<br />

für die Bankkunden“, sagt MdB Florian Toncar,<br />

Finanzexperte der Liberalen.<br />

www.bvr.de oder www.dsgv.de<br />

Riegel gegen Steuerbetrug<br />

Eine umfassende Reform des Mehrwertsteuersystems soll<br />

EU-weiten Betrügereien ein Ende bereiten. Künftig fordert das<br />

Umsatzsteuergesetz unmissverständlich eine dem Lieferanten<br />

vom Abnehmer mitgeteilte und im Zeitpunkt der Lieferung gültige<br />

Identifikationsnummer des anderen Mitgliedstaates. Organisierte<br />

Verbrecher prellen europäische Steuerbehörden jährlich<br />

um rund 50 Milliarden Euro, wobei die Täter Umsatz- oder<br />

Mehrwertsteuerkarusselle nutzen, bei denen sie die Besteuerung<br />

umgehen oder unrechtmäßig Vorsteuer geltend machen.<br />

Um das europäische Mehrwertsteuersystem weniger betrugsanfällig<br />

zu machen, verlagert sich ab Mitte <strong>20</strong>22 der für die Besteuerung<br />

maßgebliche Ort einer innergemeinschaftlichen Lieferung<br />

in das Bestimmungsland.<br />

www.roedl.de<br />

Auslandspraktika haben Sinn<br />

Immer mehr ausbildende Unternehmen<br />

erkennen die vielfältigen Vorteile eines<br />

Auslandspraktikums. Der Europäische<br />

Bildungsverbund vermittelt Praktikumsbetriebe<br />

im EU-Ausland und ist auch bei der<br />

Suche nach Unterkünften in Gastfamilien<br />

behilflich. Interessenten müssen 18 Jahre<br />

alt sein, sich in einer dualen Berufsausbildung<br />

befinden und als EU-Staatsbürger gemeldet sein. Erfahrungsgemäß<br />

wählen die meisten Teilnehmer einen Praktikumszeitraum<br />

von zwei bis sechs Wochen. Danach haben sie ihre Fremdsprachenkenntnisse<br />

verbessert, neue Arbeitserfahrungen gesammelt<br />

und eventuell eine ausländische Niederlassung oder eine Partnerfirma<br />

kennengelernt. Eine Eigenbeteiligung in Höhe von 300 bis<br />

650 Euro (abhängig vom gewählten Zielland) ist von jedem Teilnehmer<br />

zu erbringen.<br />

www.auslandspraktikum-europa.de<br />

Unternehmen<br />

Fotos: © archideaphoto von www.istockphoto.com; © Andrey Popov von www.stock.adobe.com; © Eva-Katalin von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> EUROPA 25<br />

Onlinekredite für <strong>Mittelstand</strong><br />

Der Europäische Investitionsfonds (EIF) investiert in Deutschland<br />

30 Millionen Euro in kleine und mittlere Unternehmen und beteiligt<br />

sich damit als Ankerinvestor an einem neuen Kreditfonds, der<br />

creditshelf Aktiengesellschaft, einem Vorreiter der Onlinefinanzierung<br />

mittelständischer Unternehmen hierzulande. „Kleine und mittlere<br />

Unternehmen sind die wichtigsten Motoren für die Wirtschaft<br />

der EU. Dank der Investition des EIF im Rahmen des Juncker-Plans<br />

können 150 deutsche KMU Wachstumsfinanzierungen beantragen“,<br />

sagte der zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis.<br />

Insgesamt sollen bis zu 150 Millionen Euro zusammenkommen.<br />

Die Investition des EIF ist durch den Europäischen Fonds für strategische<br />

Investitionen (EFSI) besichert.<br />

Etikettenschwindel<br />

Nach fast zehnjähriger Diskussion einer Finanztransaktionssteuer<br />

wird der konkrete Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz<br />

heftig kritisiert. Optionsscheinhandel, Hebelgeschäfte oder Derivate,<br />

alle riskanten Finanzgeschäfte bleiben außen vor. Von Linkspartei<br />

bis FDP ist die Kritik einhellig: Etikettenschwindel. Zehn EU-Länder<br />

wollen sich nun auf diese neue Steuer verständigen, das sind neben<br />

Deutschland auch Belgien, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien,<br />

Griechenland, Portugal, Slowakei und Slowenien. Bei jedem Aktienkauf<br />

soll ab <strong>20</strong>21 eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen, wenn es sich<br />

um Aktien von Unternehmen mit Sitz im jeweiligen Land handelt und<br />

sie einen Marktwert von über einer Milliarde Euro haben. Mit den Einnahmen<br />

will Scholz die beschlossene Grundrente finanzieren.<br />

www.creditshelf.de oder www.eif.org<br />

www.finanztransaktionssteuer.de<br />

Fotos: © weyo von www.stock.adobe.com; © Rallef von www.istockphoto.com; © BillionPhotos.com von www.stock.adobe.com<br />

PKM Europe: Führung bestätigt<br />

Der Parlamentskreis<br />

<strong>Mittelstand</strong> Europe<br />

der CDU/CSU-Gruppe<br />

im Europäischen<br />

Parlament (PKM Europe)<br />

hat sich für<br />

die neue Legislaturperiode<br />

konstituiert.<br />

Die Europaabgeordneten<br />

Markus<br />

Pieper (Münsterland)<br />

und Markus<br />

Ferber (Augsburg) wurden als Sprecher wiedergewählt. Die<br />

PKM-Sprecher sagten: „Ein zentrales Anliegen des PKM Europe<br />

ist es, den <strong>Mittelstand</strong> von Bürokratie und Berichtspflichten zu<br />

entlasten. Das angekündigte Bürokratieabbau-Werkzeug, „One<br />

in, one out“, und der KMU-Filter sind vielversprechende Kommissionsvorschläge,<br />

die wir mit konkreten Entlastungen für<br />

Mittelständler füllen müssen“. Siehe Seite 27.<br />

www.markus-pieper.eu<br />

Warnung vor Plagiatoren<br />

Jedes zehnte Unternehmen ist in den letzten fünf Jahren mindestens<br />

einmal Opfer von Produkt- und Markenpiraterie geworden.<br />

Den dadurch entstandenen Schaden beziffert das Institut<br />

der deutschen Wirtschaft in einem aktuellen Gutachten auf<br />

54,5 Milliarden Euro. Ursache für diese Entwicklung ist nicht<br />

zuletzt die Digitalisierung: Für Plagiatoren ist es einfacher denn<br />

je, ihre Ware auch in Deutschland zu vertreiben. Umso wichtiger<br />

ist es, dass Hersteller ihre Produkte gegen Raubkopierer<br />

schützen und dazu die Instrumente des gewerblichen Rechtsschutzes<br />

– u. a. Marken-, Design-, und Patentrechte – nutzen.<br />

Eine Patentanmeldung kann mitunter teuer werden, aber ein<br />

Markenschutz ist schon für kleines Geld zu haben. „Ab 850 Euro<br />

lässt sich eine Marke zehn Jahre lang europaweit schützen“,<br />

sagt Alexander Dröge, Geschäftsführer des Markenverbandes.<br />

Diese Summe könnten auch kleinere Unternehmen investieren.<br />

Präventiv ist ein Grenzbeschlagnahmeantrag beim Zoll wichtig.<br />

Nur so kann verdächtigte Ware aus dem Verkehr gezogen und<br />

gegebenenfalls vernichtet werden.<br />

www.markenverband.de


26 EUROPA<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Start mit Tusch –<br />

und was kommt danach?


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

EUROPA<br />

27<br />

Die neue EU-Kommissionschefin hat eine Reihe vollmundiger Versprechen abgegeben. Vielleicht<br />

auch zu viele. Einige ihrer Versprechen irritieren.<br />

Foto: © European Union, <strong>20</strong>19 von EC - Audiovisual Service; Etienne Ansotte<br />

Von den Startproblemen der neuen EU-Kommission war plötzlich<br />

keine Rede mehr. Eine Ursula von der Leyen ist Meisterin<br />

darin, jedes Malheur (wie die Ablehnung von drei Kommissar-Anwärtern)<br />

wegzulächeln. Anfang Dezember <strong>20</strong>19 trat sie vor<br />

die Kameras, flankiert von Parlamentspräsident David Mario Sassoli,<br />

dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und der<br />

EZB-Präsidentin Christine Lagarde, um ein mediales Zeichen zu setzen:<br />

Das sind Europas neue Schwergewichte! Es war ein Auftritt, mit<br />

dem die deutsche Langzeitministerin (14 Amtsjahre in drei Ressorts)<br />

ihre Unerfahrenheit auf EU-Ebene trefflich überspielte und zugleich<br />

unterstrich, dass es ihr an Selbstvertrauen nicht mangelt, wie Zitate<br />

aus ihrer ersten präsidialen Rede belegen: „Die Welt braucht unsere<br />

Führung mehr denn je. Meine Kommission wird sich nicht scheuen,<br />

selbstbewusst und bestimmt aufzutreten. Doch werden wir es auf<br />

unsere, die europäische Art tun. Dies ist eine geopolitische Kommission,<br />

die ich im Sinn habe und die Europa dringend braucht.“<br />

Konflikte programmiert<br />

Niemand bezweifelt, dass die auf dem Tisch liegenden Probleme wie<br />

Klimawandel, Zollstreit, Migrationspakt, Afrikapolitik oder Digitales<br />

eine erhebliche geopolitische Dimension haben. Aber bei all diesen<br />

Themen muss erst bewiesen werden, ob die EU so handlungsfähig<br />

ist, wie sie sein sollte. Und die neuen Brüsseler Machtverhältnisse<br />

machen die Suche nach tragfähigen Kompromissen nicht gerade<br />

leichter. Eine wichtige Scharnierfunktion kommt dabei den drei<br />

exekutiven Vizepräsidenten zu, die in ihren verschiedenen Parteifamilien<br />

das Machbare ausloten sollen. Der Sozialdemokrat Frans<br />

Timmermans, die Liberale Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis<br />

aus der Europäischen Volkspartei sind nicht nur als Fachpolitiker<br />

(Green Deal, Digitales und Wirtschaft) gefordert, sondern vor<br />

allem als Mediatoren und Vermittler zwischen parteipolitischen Fronten.<br />

Auf deren Kreativität und Können ist die neue Kommissionspräsidentin<br />

angewiesen. Zusätzlich wächst die Phalanx unberechenbarer<br />

Staatschefs wie aus Ungarn und Polen. Und auch Macron hat bei<br />

der Mazedonien-Abstimmung bewiesen, wie sehr er sich an nationalen<br />

Interessen orientiert. Die Konflikte sind hier programmiert.<br />

Werden rote Linien überschritten?<br />

Es liegt auf der Hand, dass die neue Kommission sich mit voller Kraft<br />

dem Klimaschutz zuwendet. Abgesehen von der Dringlichkeit erkennen<br />

viele darin eine Chance zur medienwirksamen Profilierung. Das<br />

Ziel, Europa im Jahr <strong>20</strong>50 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu<br />

machen, liegt ja in weiter Ferne. Aber Achtung, schon im Frühjahr<br />

wird dazu ein Gesetzespaket aus Brüssel erwartet. Kritische Stimmen<br />

aus der Wirtschaft sind noch überraschend leise. Erheblich lauter<br />

ist der Protest, wenn es um sozial- oder finanzpolitische Themen<br />

geht, bei denen von der Leyen gewillt scheint, rote Linien – wie sie<br />

besonders von deutscher Seite gezogen werden – zu überschreiten.<br />

Mit ihren Forderungen nach Flexibilität in der Finanzpolitik und<br />

bei der Verschuldung, für eine Bankenunion mit Einlagensicherung,<br />

für eine europäische Arbeitslosenversicherung und für europäische<br />

Mindestlöhne hat sie sich weit von den marktwirtschaftlichen Positionen<br />

ihrer eigenen Partei entfernt.<br />

Hoffnungsträger Breton<br />

Vorbeugend setzen mittelstandsorientierte Europaabgeordnete der<br />

EVP auf die Unterstützung eines liberalen Kommissars, um Schlimmeres<br />

zu verhindern. Es ist der Franzose Thierry Breton, der jetzt für<br />

das Herzstück der EU, den Binnenmarkt, zuständig ist und zugleich<br />

als KMU-Beauftragter agiert. Der 64-jährige Politiker, der als durchsetzungsstark<br />

gilt, hat bereits Gespräche mit dem Parlamentskreis<br />

<strong>Mittelstand</strong> (PKM Europe) geführt. Dabei war man sich einig, dass<br />

zentralistische Maßnahmen wie etwa ein EU-Mindestlohn die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der EU schwächen würden. Breton will den Bürokratieabbau<br />

und die Ausrichtung der Binnenmarktregeln auf kleine<br />

und mittlere Unternehmen vorantreiben. Die Arbeit des neuen<br />

KMU-Beauftragten<br />

soll von einer Task-<br />

Force, bestehend<br />

aus den Teams von<br />

drei Generaldirektionen,<br />

unterstützt werden.<br />

MdEP Dr. Markus<br />

Pieper, Sprecher<br />

des Parlamentskreises,<br />

lobt den Querschnittsansatz:<br />

„Wir<br />

setzen große Hoffnungen<br />

in die Strategie<br />

des neuen Kommissars,<br />

denn die Anliegen des <strong>Mittelstand</strong>es ziehen sich durch<br />

die gesamte EU-Gesetzgebung.“ Außerdem ist Breton für eines der<br />

wichtigsten Gesetzesvorhaben der neuen Kommission verantwortlich:<br />

das Gesetz für die Digitalwirtschaft. Dabei geht es darum, Europa<br />

in diesen Branchen voranzubringen und den Traum von der „europäischen<br />

Wolke“ Realität werden zu lassen. Ganz oben steht der<br />

Wunsch nach mehr Unabhängigkeit. Die vorhandenen Cloudnetze<br />

gehören fast alle zu US-amerikanischen Konzernen, Google & Co dominieren<br />

75 Prozent des Marktes. Auch hier muss Europa wettbewerbsfähiger<br />

werden – eine Leitlinie, von der die gesamte Kommissionspolitik<br />

dominiert werden sollte.<br />

Gut zu wissen<br />

Die politische Ämterverteilung:<br />

Zehn der 27 EU-Kommissare kommen aus<br />

der Europäischen Volkspartei, neun aus der<br />

Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)<br />

und sechs aus der ALDE, Allianz der Liberalen<br />

und Demokraten für Europa. Der Kommissar<br />

aus Litauen gehört zu den Europäischen Grünen<br />

und der aus Polen zu den Europäischen<br />

Konservativen und Reformern (EKR). Es gibt<br />

drei exekutive Vizepräsidenten (s. o.) und<br />

fünf weitere Vizepräsidenten.<br />

EU-Kommissar Thierry Breton kümmert sich auch<br />

um KMU und soll sozialpolitischen Dirigismus verhindern.<br />

Rotger<br />

Kindermann<br />

Journalist<br />

mittelstand@<br />

bvmw.de


28 INTERNATIONAL<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Zukunftsmarkt Afrika<br />

Zwölf Staats- und Regierungschefs der afrikanischen Partnerländer der G<strong>20</strong>-Initiative „Compact<br />

with Africa“ (CwA) trafen sich zum zweiten Mal im Ende <strong>20</strong>19 in Berlin. Die <strong>Mittelstand</strong>sallianz<br />

Afrika (MAA) des BVMW nutzte dieses Zusammentreffen und organisierte exklusive Treffen.<br />

Die Staats- und Regierungschefs der weltweit bedeutendsten<br />

Industrie- und Schwellenländer der G<strong>20</strong> haben sich im September<br />

<strong>20</strong>09 in Pittsburgh über den „Framework for Strong,<br />

Sustainable and Balanced Growth“ dazu verpflichtet, sich durch internationale<br />

wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenarbeit für<br />

ein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstum der Weltwirtschaft<br />

einzusetzen. Der Einsatz der Bundesregierung trug dazu<br />

bei, die Entwicklungspolitik in die Tätigkeitsschwerpunkte der G<strong>20</strong><br />

zu verankern. Im Jahr <strong>20</strong>17 war unter der deutschen G<strong>20</strong>-Präsidentschaft<br />

die Initiative „Compact with Africa“ ins Leben gerufen worden.<br />

Ziel der Initiative ist, die Bedingungen für private Investitionen<br />

und Beschäftigungsmöglichkeiten der teilnehmenden afrikanischen<br />

Länder zu verbessern.<br />

Dem „Compact Monitoring Report“ zufolge, der die Fortschritte<br />

der CwA-Länder bewertet und im April <strong>20</strong>19 veröffentlicht wurde,<br />

sind bereits zwei Muster zu erkennen. Zum einen übertreffen<br />

die CwA-Länder die globalen und regionalen Wachstumsprognosen<br />

deutlich, zum anderen zeigen die Ergebnisse des „Doing Business“,<br />

dass diese Länder sich weiter sehr stark auf die Fortsetzung<br />

der relevanten unternehmensbezogenen Reformen konzentrieren.<br />

In den letzten Jahren waren fast alle CwA-Länder in der Gruppe der<br />

Top-Ten-Reformer vertreten.<br />

Gemeinsam für Afrika<br />

Im Rahmen des G<strong>20</strong>-CwA-Gipfels konnte die MAA exklusiv sieben<br />

Staats- und Regierungschefs unter anderem der Länder Burkina Faso,<br />

Elfenbeinküste, Senegal und Togo treffen, um die weitere Zusammenarbeit<br />

zu intensivieren. Auch organisierte die MAA eine exklusive<br />

Abendveranstaltung, die gemeinsam mit wichtigen Vertretern der togolesischen<br />

Regierung und der Wirtschaft Geschäftsmöglichkeiten<br />

für Mittelständler in Togo präsentierte. Die Treffen boten MAA-Mitgliedern<br />

die Chance, mit den richtigen Ansprechpartnern persönlich<br />

in Kontakt zu treten. Dieser Austausch soll dazu dienen, die<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven hat im<br />

Rahmen des G<strong>20</strong>-CwA-Gipfels exklusiv sieben<br />

afrikanische Staats- und Regierungschefs getroffen.<br />

Den ausführlichen Bericht zu den Treffen<br />

finden Sie (in Deutsch und Englisch) unter:<br />

https://bvmw.info/maa-bericht<br />

Geschäfte der Mitglieder in den jeweiligen Zielländern zu erleichtern<br />

und zu beschleunigen und einen schnelleren Markteintritt zu ermöglichen.<br />

Seit Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> unterstützt Dr. Katharina Spethmann im Auftrag<br />

des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />

Entwicklung (BMZ) die MAA als EZ-Scout in Machbarkeitsstudien,<br />

Markterschließungen und Förderprogrammen und berät bei der Entwicklung<br />

der im November <strong>20</strong>19 gegründeten „Task Force Senegal“<br />

zwischen der GIZ, dem BVMW und der nationalen Agentur für die<br />

Förderung von Investitionen und Großprojekten Senegals (APIX).<br />

Gut zu wissen<br />

n Aktuelle 12 CwA-Länder: Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso,<br />

Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo<br />

und Tunesien<br />

n Jedes afrikanische Land, das an einer nachhaltigen Verbesserung der<br />

Rahmenbedingungen für private Investitionen durch grundlegende<br />

Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen, unternehmerischen und<br />

finanzmarktpolitischen Rahmenbedingungen interessiert ist, kann<br />

Teil der Initiative werden<br />

n Durch eine kritische Selbstselektion, die durch Dialoge mit der Weltbank,<br />

IWF und der Afrikanischen Entwicklungsbank und durch die<br />

Verpflichtung zum Aufbau einer Compact-bezogenen Infrastruktur<br />

unterstützt wird, können afrikanische Länder über eine Investitionsvereinbarung<br />

„Compact“ der Initiative beitreten<br />

Auch Sie wollen sich in Afrika engagieren?<br />

Nehmen Sie Kontakt mit der MAA auf:<br />

Bienvenue Angui, Geschäftsführerin der MAA,<br />

bienvenue.angui@bvmw.de, www.maa-bvmw.de<br />

Elif Mandal<br />

BVMW Junior Projektmanagerin<br />

Außenwirtschaft<br />

elif.mandal@bvmw.de<br />

Foto: © di matti


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

INTERNATIONAL<br />

29<br />

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27. März <strong>20</strong><strong>20</strong> / Airport Club Frankfurt/ M.<br />

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General Director<br />

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Director<br />

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KW 46 / 14. November <strong>20</strong>19<br />

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30 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong>


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

31<br />

Schwerpunkt<br />

Finanzierung im<br />

<strong>Mittelstand</strong><br />

In Zeiten schwächelnder Konjunktur und Null- und Negativzinsen<br />

ist das Thema Finanzierung immer komplexer<br />

geworden. In unserem Themenschwerpunkt geben wir<br />

Antwort auf die Frage nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten<br />

für Mittelständler, und wie die Firmen die<br />

Bedingungen und den Zugang zu Bankkrediten beurteilen.<br />

Wir erläutern, warum jeder vierte deutsche Gründer den<br />

Umzug ins Ausland erwägt, welche Fördermittel es für den<br />

<strong>Mittelstand</strong> gibt, und was für oder gegen die Abschaffung<br />

des Bargeldes spricht.<br />

Illustration: © alexsl von www.istockphoto.com


32 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Finanzierungsklima<br />

trotzt Konjunkturflaute<br />

Die Bedingungen und der Zugang zu Bankkrediten sind maßgeblich<br />

für das Finanzierungsklima der Unternehmen. Wie die Firmen ihren<br />

Zugang zu Krediten beurteilen, hat die KfW nun in Zusammenarbeit<br />

mit 17 Wirtschaftsverbänden, darunter der BVMW, untersucht.<br />

Das Finanzierungsklima ist aus Sicht der Unternehmen nach<br />

wie vor ausgesprochen positiv. Mit 60,6 Prozent gibt der<br />

Großteil der Unternehmen an, dass der Kreditzugang aktuell<br />

leicht sei. Demgegenüber beurteilen nur 8,9 Prozent der Unternehmen<br />

den Kreditzugang als schwierig. Knapp ein Drittel der Befragten<br />

schätzt den Kreditzugang als weder leicht noch schwierig ein. Gegenüber<br />

der Vorjahresbefragung bedeutet dies im Saldo eine nahezu<br />

unveränderte Beurteilung des Kreditklimas.<br />

Andere aktuelle Erhebungen bestätigen dieses Ergebnis. So melden<br />

die im EZB „Bank Lending Survey“ befragten Kreditinstitute für die<br />

zurückliegenden zwölf Monate überwiegend Lockerungen der Kreditstandards<br />

für Deutschland. Auch das KfW-<strong>Mittelstand</strong>spanel ermittelt<br />

einen Rückgang des Scheiterns von Kreditverhandlungen<br />

gegenüber dem Vorjahr, wobei sich dieser Wert noch auf das Jahr<br />

<strong>20</strong>17 bezieht.<br />

Die aktuell gedämpften<br />

konjunkturellen Aussichten<br />

schlagen sich bislang somit<br />

noch nicht negativ auf das<br />

Finanzierungsklima nieder.<br />

Kleine Unternehmen mit größeren Schwierigkeiten<br />

beim Kreditzugang<br />

Zwischen kleinen und großen Unternehmen bestehen starke Unterschiede<br />

beim Kreditzugang: Zwar liegen die Salden („leicht“- abzüglich<br />

„schwierig“-Meldungen) in allen Unternehmensgrößenklassen<br />

deutlich im positiven Bereich. Dennoch beurteilen kleine Unternehmen<br />

das Finanzierungsklima negativer als große. Von den Unternehmen<br />

mit bis zu einer Million Euro Jahresumsatz schätzt knapp<br />

ein Fünftel den Kreditzugang als „schwierig“ ein. Dieser Anteil liegt<br />

bei den Unternehmen mit über 50 Millionen Euro Jahresumsatz bei<br />

lediglich 6,4 Prozent. Bei den Unternehmen<br />

mit zehn bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz<br />

liegt dieser Anteil mit 4,5 Prozent sogar noch<br />

etwas niedriger. Dies bedeutet, dass kleine<br />

Unternehmen drei- bis viermal häufiger von<br />

Schwierigkeiten beim Kreditzugang berichten<br />

als große Unternehmen.<br />

Der Grund hierfür ist, dass kleine Unternehmen<br />

– ähnlich wie junge Unternehmen – per se ein höheres Risiko<br />

für externe Geldgeber darstellen. Hinzu kommt, dass sie aus Sicht<br />

der Geldgeber häufig eher geringe Finanzierungsvolumina nachfragen,<br />

sodass für einen potenziellen Geldgeber ein eher ungünstiges<br />

Verhältnis aus Transaktionskosten zum Ertrag entsteht. Darüber hinaus<br />

verfügen kleine Unternehmen lediglich über begrenzte materielle<br />

Vermögenswerte, die sie zur Besicherung von Krediten einsetzen<br />

können. Als Konsequenz fällt ihnen der Kreditzugang schwerer als<br />

anderen Unternehmen.<br />

Deutliche Verbesserung des Kreditzugangs<br />

gegenüber <strong>20</strong>12<br />

Die langfristige Auswertung der Befragungsergebnisse bestätigt die<br />

dargelegte aktuelle Situation. Seit <strong>20</strong>12 sind vor allem die Meldungen<br />

von Schwierigkeiten beim Kreditzugang nahezu kontinuierlich gesunken.<br />

Sie nahmen im genannten Zeitraum um rund ein Drittel ab. Im<br />

Gegenzug sind die Meldungen über einen leichten Kreditzugang um<br />

17 Prozent gestiegen. Insbesondere hinsichtlich der „schwierig“-Meldungen<br />

stellt sich das Kreditklima somit aktuell mit am günstigsten im<br />

untersuchten Jahreszeitraum dar.<br />

Positives Kreditklima hält an<br />

Aktuell hält das Allzeithoch bei der Finanzierungssituation der Unternehmen<br />

in Deutschland an. In der diesjährigen Erhebung stufen ähnlich<br />

wenige Unternehmen wie im letzten Jahr den Kreditzugang als<br />

„schwierig“ ein. Auch der Anteil der Unternehmen, die den Kreditzugang<br />

als „leicht“ beurteilen, hat sich gegenüber dem Vorjahr nahezu<br />

Foto: © Thomas Faull von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> SCHWERPUNKT 33<br />

nicht verändert. Im Vergleich zur Befragung im Jahr <strong>20</strong>12 stellt sich<br />

die Situation deutlich günstiger dar. Zum guten Finanzierungsklima<br />

haben die hohe Innenfinanzierungskraft der Unternehmen, niedrige<br />

Zinsen und die gelockerten Kreditrichtlinien der deutschen Banken<br />

und Sparkassen beigetragen.<br />

Allerdings sind nach wie vor kleine Unternehmen deutlich häufiger<br />

von Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme betroffen als große Unternehmen.<br />

Strukturell bedingt konzentrieren sich niedrigere Bonitäten<br />

und Probleme, ausreichend Sicherheiten zu stellen, nach wie vor<br />

auf diese Unternehmen. Daraus resultieren Kreditablehnungen und<br />

unvorteilhafte Konditionen für die betroffenen Unternehmen.<br />

Die aktuell gedämpften konjunkturellen Aussichten<br />

schlagen sich bislang somit noch<br />

nicht negativ auf das Finanzierungsklima<br />

nieder. Sollte sich die Konjunktur aufgrund<br />

der geopolitischen Risiken stärker eintrüben,<br />

ist jedoch zu befürchten, dass sich dies negativ<br />

auf die Entwicklung der Ratingnoten<br />

und in der Folge auch auf den Kreditzugang<br />

auswirkt.<br />

Dr. Volker<br />

Zimmermann<br />

Volkswirtschaftliche<br />

Abteilung<br />

der KfW Bankengruppe<br />

www.kfw.de<br />

Gut zu wissen<br />

n Bankkredite sind nach wie vor die wichtigste externe Finanzierungsquelle von Unternehmen: 53,9 Prozent der Unternehmen haben im vergangenen<br />

Jahr Kreditverhandlungen geführt<br />

n Langfristige Kredite werden am häufigsten nachgefragt: 54,9 Prozent der kreditnachfragenden Unternehmen führen hierüber Kreditverhandlungen.<br />

Mittel- und kurzfristige Kredite rangieren mit 51,6 bzw. 51,1 Prozent jedoch nur knapp dahinter<br />

n Die Bonitätseinstufungen der Unternehmen haben sich erneut<br />

auf breiter Front verbessert: 34,5 Prozent der Unternehmen melden Verbesserungen der Ratingnote. Dem stehen 8,1 Prozent mit<br />

Verschlechterungsmeldungen gegenüber<br />

n https://bvmw.info/kfw-unternehmensbefragung


34 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Liquiditätsspritze mit<br />

Nebenwirkungen<br />

Die Konjunktur schwächelt, die Politik will helfen – durch radikale<br />

Niedrig- und Nullzinspolitik. Das hält Unternehmen am Leben, die<br />

eigentlich schon tot sind: Zombiefirmen.<br />

Gefahr für die deutsche Wirtschaft droht aus vielen Richtungen:<br />

Zollstreitigkeiten verunsichern den Welthandel, der Brexit<br />

bedroht die Binnenwirtschaft der EU, Mobilitätswende und<br />

Dieseldrama sorgen für Entlassungen und Kurzarbeit bei Autobauern<br />

und den mittelständisch geprägten Zulieferern. Die Europäische<br />

Zentralbank reagiert wie alle Notenbanken zu allen Krisenzeiten mit<br />

einem eigentlich probaten Mittel: Liquiditätsspritzen, Fiat-Geld und<br />

radikale Zinssenkungen. Alles in der Hoffnung, Investitionen und<br />

Konjunktur anzukurbeln.<br />

Die Schuldeneuphorie breitet sich<br />

vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft<br />

aus, Zombieunternehmen<br />

halten ihre Arbeitskräfte und Marktanteile,<br />

was zu einer Überlastung des<br />

jeweiligen Branchensektors führt.<br />

Zinssenkungen sind keine Lösung<br />

Doch die angestrebte Lösung des Problems kann selbst zu einem<br />

Problem werden. Schon seit der großen Krise <strong>20</strong>08 pflegt die EZB<br />

eine Politik der Null- und Negativzinsen. Was unter Draghi begann,<br />

wird sich wohl unter Christine Lagarde fortsetzen. Auch in der Phase<br />

wirtschaftlicher Erholung nach <strong>20</strong>08 klammerte man sich an Niedrigzinsen,<br />

und nun, angesichts neuer Krisen, sieht man sich in seinem<br />

Kurs bestätigt.<br />

Unternehmen, Investoren und Banken verzichten auf Eigenkapital<br />

und machen stattdessen mit Freuden Schulden – es kostet ja kaum<br />

etwas. Eine gefährliche negative Rückkopplung: Die Schuldeneuphorie<br />

breitet sich vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft aus, die Krisenanfälligkeit<br />

der deutschen (und europäischen) Volkswirtschaft<br />

steigt, die EZB muss weiter intervenieren – wieder mit Zinssenkungen,<br />

um Gläubiger und Schuldner zu schützen.<br />

Doch dieser Schutz ist keiner. Dass einige Unternehmen am Markt verbleiben,<br />

verdanken sie eben nicht ihrer Konkurrenzfähigkeit, sondern<br />

billigen Schulden, die ihre faktische Insolvenz vertuschen. Es sind klassische<br />

Zombieunternehmen, die lediglich das Geld für die (niedrigen)<br />

Zinszahlungen erwirtschaften, jedoch nur geringen Umsatz und keinen<br />

Profit. Das birgt Gefahren für die gesamte Wirtschaft, denn der Kreditfluss<br />

zu eigentlich zahlungsunfähigen Kreditnehmern unterdrückt den<br />

marktwirtschaftlichen Selektionsprozess: Insolvenz wird verhindert,<br />

Zombieunternehmen halten ihre Arbeitskräfte und Marktanteile, was<br />

zu einer Überlastung des jeweiligen Branchensektors führt. Die dort<br />

heimischen gesunden Unternehmen leiden unter der Dominanz der<br />

unproduktiven Konkurrenz; ihre Gewinne, Arbeitsplätze und ihr Marktzugang<br />

sind bedroht. Der Markt wird verzerrt, sinkende Produktivität<br />

und ein verlangsamtes Wirtschaftswachstum sind die Folgen.<br />

Nullzinspolitik verunsichert Unternehmen<br />

Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes<br />

(DSGV), betonte anlässlich der Vorstellung des S-<strong>Mittelstand</strong>s-Fitnessindex‘<br />

im September <strong>20</strong>19, dass deutsche Mittelständler<br />

aufgrund ihres Eigenkapitals investierten – nicht wegen,<br />

sondern trotz der lockeren Geldpolitik: „Die Nullzinspolitik der EZB<br />

führt zu keinen zusätzlichen Investitionen. Diese Geldpolitik führt zu<br />

mehr Unsicherheit in den Unternehmen, und Unsicherheit ist und<br />

bleibt für den <strong>Mittelstand</strong> das größte Investitionshemmnis.“ Zugleich<br />

macht er Hoffnung: „Im deutschen <strong>Mittelstand</strong> gibt es keine bedeutende<br />

Zahl von Zombieunternehmen.”<br />

Foto: © Gina Sanders von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

35<br />

Man kann nur hoffen, dass Schleweis Recht hat. Eine Erhebung der<br />

Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank of International<br />

Settlement, BIS) verzeichnet in Europa neun Prozent größerer Unternehmen,<br />

die Zombiekriterien erfüllen. Das erscheint wenig, doch die<br />

BIS erfasst nur börsennotierte Unternehmen. Im gesamten OECD-<br />

Raum jedoch wird die Wirtschaft, ähnlich wie in Deutschland, von 90<br />

Prozent KMU getragen. Die EZB schätzt, dass im Euroraum 30 Prozent<br />

der KMU defizitär wirtschaften.<br />

Eine Zinserhöhung würde den Markt natürlich bereinigen, doch auch<br />

Staaten profitieren ja von Nullzinsen. Schon ein stabiles Zinsniveau<br />

wird zum Problem für die Staatsverschuldung, ganz zu schweigen<br />

von regulären Zinsen. Auf lange Sicht werden Notenbanken die Zinsen<br />

auf Null halten, weil sie sie schlicht nicht erhöhen können. So<br />

wird der Anschein von Solvenz aufrechterhalten, auf wirtschaftlicher<br />

wie auf nationalstaatlicher Ebene. Platzt diese Blase, dürften die Folgen<br />

dramatisch sein.<br />

Bernd Ratmeyer<br />

Journalist<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

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36 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Von der FDP kritisiert: Peter Altmaier und sein Modell eines Zukunftsfonds‘.<br />

Ein Kapital-Fehler<br />

Jeder vierte deutsche Gründer erwägt<br />

den Umzug ins Ausland, weil in wichtigen<br />

Wachstumsphasen Kapital fehlt. Dies bremst<br />

Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wohlstand.<br />

Der <strong>Mittelstand</strong> wartet noch immer auf ein<br />

Wagniskapitalgesetz.<br />

Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schaffen<br />

Deutschland mangelt es an Venture Capital (VC). Milliarden Euro<br />

ziehen an Deutschland vorbei und stärken die globale Konkurrenz.<br />

Seit langem fordern Stakeholder international wettbewerbsfähige<br />

Rahmenbedingungen.<br />

Dringend nötig wäre der Abbau von Substanzbesteuerung – etwa bei<br />

den Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente<br />

Besteuerung für VC-Gesellschaften, eine faire Besteuerung<br />

von Investoren, die sich von ihrer Beteiligung trennen, ein Ende der<br />

(steuerlichen) Diskriminierung von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital,<br />

die steuerliche Anrechenbarkeit von Investitionen in Unternehmen,<br />

eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

mindestens in der EU, keine Einschränkungen bei Verlustvorträgen,


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

37<br />

Vorbild Vækstfonden<br />

Gemeinsam mit institutionellen Investoren würde ein solcher Dachfonds<br />

hauptsächlich in inländische VC-Fonds und Private Equity (PE)<br />

investieren sowie in ausländische Pendants mit starkem Investitionsfokus<br />

auf Deutschland. So diversifiziert sich das Anlageportfolio<br />

und zöge zusätzliches Know-how nach Deutschland.<br />

Unser Modell richtet sich in erster Linie an institutionelle Investoren,<br />

stünde aber auch privaten Großanlegern offen. Es erlaubt Direktinvestitionen<br />

in den Dachfonds. Durch Risikostreuung kann VC an junge,<br />

innovative Unternehmen fließen, die für einzelne Assetmanager<br />

oder Versicherungen zu riskant wären.<br />

Wieso übertrifft das von Vækstfonden gemanagte Modell den verzagten<br />

Wasserfall? Es ist in Dänemark bereits erfolgreich markterprobt<br />

und für Primärinvestoren attraktiver, da die Mischung aus PE<br />

und VC für stabilere Renditen sorgt als die Altmaier-Lösung, die PE<br />

aus Furcht vor Sozialneid feige ausklammert. Und das ist Altmaiers<br />

Fehler. Denn PE lockt große Versicherungen und Pensionseinrichtungen<br />

an, die viel Erfahrung mit PE-Investments haben und sich<br />

zieren, in reine VC-Instrumente zu investieren. Und PE finanziert Innovations-<br />

und Digitalisierungsstrategien im deutschen <strong>Mittelstand</strong>.<br />

Eine verpasste Chance für Deutschland.<br />

Gut zu wissen<br />

Foto: © picture alliance/Wolfgang Kumm/dpa<br />

die Bilanzierbarkeit von Investitionen in eigene Intellectual Property<br />

und die Liberalisierung bei Kapitalsammelstellen, damit privates Anlagekapital<br />

stärker genutzt werden kann.<br />

Zukunftsfonds ohne das nötige Potenzial<br />

Aber die GroKo verweigert den großen Wurf und setzt auf Stückwerk.<br />

Peter Altmaiers neueste Idee: ein sogenannter Wasserfall-Dachfonds,<br />

feilgeboten als „Zukunftsfonds“. Das klingt verlockend – und<br />

verschleiert die Tatsache, dass die Koalition viele Jahre die Hände in<br />

den Schoß gelegt hat und nun nicht weit genug springt.<br />

Die GroKo verweigert den großen<br />

Wurf und setzt auf Stückwerk.<br />

Es steckt zu wenig Zukunft in Altmaiers Wasserfall, dessen ungleiche<br />

Verteilung von Risiken und Chancen ist sogar ein Rückschritt.<br />

Die Bundestags-FDP hat <strong>20</strong>19 eine bessere Lösung vorgeschlagen:<br />

einen Dachfonds nach dem Vorbild des dänischen Vækstfonden.<br />

n Nötig wäre der Abbau von Substanzbesteuerung bei den<br />

Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente<br />

Besteuerung für VC-Gesellschaften, eine faire Besteuerung von<br />

Investoren<br />

n Vorschlag der Bundestags-FDP: ein Dachfonds nach dem Vorbild<br />

des dänischen Vækstfonden<br />

n Gemeinsam mit institutionellen Investoren würde ein solcher<br />

Dachfonds hauptsächlich in inländische VC-Fonds und Private<br />

Equity investieren sowie in ausländische Pendants mit starkem<br />

Investitionsfokus auf Deutschland<br />

n Vækstfonden ist in Dänemark bereits erfolgreich markterprobt und<br />

für Primärinvestoren attraktiver als die Lösung von Minister Altmaier<br />

Dr. h.c. Thomas Sattelberger, MdB<br />

Sprecher für Innovation, Bildung und Forschung<br />

Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen<br />

Bundestag<br />

www.thomas-sattelberger.de


38 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Venture<br />

Capital für<br />

junge Unternehmen


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

39<br />

Wer mit seinem Unternehmen noch am Anfang steht, kämpft an vielen Fronten gleichzeitig.<br />

Aber vor allem muss erst die Frage nach einer soliden Finanzierung geklärt werden.<br />

Junge Mittelständler bauen häufig noch auf langfristige Kredite<br />

oder Eigenkapital, um die ersten Schritte zu finanzieren. Viele<br />

Unternehmer bevorzugen diesen Weg, um unternehmerisch<br />

unabhängig zu bleiben. Doch ein solcher Finanzierungsmix passt<br />

nach Angaben der Wirtschaftsberatung Deloitte nicht immer zu den<br />

strategischen Unternehmenszielen. Auch Fördermittel und Anleihen<br />

können geeignete Instrumente für eine solide Finanzierungspolitik<br />

sein.<br />

Den Zugang zu Fördermitteln so unbürokratisch und einfach wie<br />

möglich zu machen, das gehört zu den Hauptforderungen des Jungen<br />

<strong>Mittelstand</strong>s. Selbstständigkeit und Eigenverantwortung müssen<br />

gefördert werden, nur so kann Deutschland im globalen Wettbewerb<br />

mithalten.<br />

gegründeten Firmen in Deutschland eine Finanzierungslücke von<br />

600 Millionen Euro. Es lohnt sich, auch andere Geldgeber neben der<br />

Hausbank in Erwägung zu ziehen. Ein Ende des Hausbankprinzips –<br />

wie der Junge <strong>Mittelstand</strong> es fordert – bedeutet, dass junge Unternehmer<br />

sich breiter aufstellen und die Kosten senken können. Der<br />

schnell wachsende Markt der Fintechs kann hier interessante Alternativen<br />

zur klassischen Hausbankfinanzierung bieten.<br />

Die richtige Finanzierung ist auch in den Junger <strong>Mittelstand</strong> Clubs<br />

im ganzen Land ein heiß diskutiertes Thema. Gerade weil viele interessante<br />

Förderprogramme auch regional angeboten werden, ist die<br />

Vernetzung auf lokaler Ebene für junge Unternehmer wichtig.<br />

Fotos: © Dmytro Lastovych von www.istockphoto.com; © Oliver Rösler<br />

Wagniskapitalgesetz<br />

Der Junge <strong>Mittelstand</strong> schlägt dabei die steuerliche Bevorzugung von<br />

Risikokapital vor. Hier hinkt Deutschland im internationalen Vergleich<br />

noch hinterher. Das Start-up-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Ernst & Young zeigt: Berlin hat als Gründermetropole nachgelassen<br />

und liegt in Europa nur noch auf Platz drei hinter London<br />

und Paris. „Ein umfassendes Wagniskapitalgesetz würde der Gründerkultur<br />

in Deutschland einen Schub verleihen“, sagt Jan Schurkus,<br />

Geschäftsführer der Freiraum GmbH und im Vorstand des Jungen<br />

<strong>Mittelstand</strong>s. Das Ziel: besserer Zugang zu Kapital für junge Unternehmer<br />

und Steuererleichterungen für Geldgeber, die investieren<br />

möchten. „Ein guter Investor kann nicht nur mit einer Finanzspritze<br />

helfen, sondern den jungen Unternehmern auch mit seinen Kontakten<br />

und Erfahrungen unterstützend zur Seite stehen“, so Schurkus.<br />

Fintechs als Alternative<br />

Gerade in der Anfangsphase fehlt jungen Unternehmen oft wichtiges<br />

Kapital. Laut der staatlichen Förderbank KfW gibt es bei frisch<br />

Gut zu wissen<br />

n Der Junge <strong>Mittelstand</strong> (JM) fordert einfachen, unbürokratischen<br />

und direkten Zugang zu Fördermitteln für junge und innovative<br />

Unternehmen<br />

n Es muss ein Ministerium für Digitalisierung geschaffen werden<br />

mit einem „Digital Native“ als Ministerin oder Minister<br />

n Mehr Informationen zu den JM-Clubs unter: www.junger-mittelstand.de<br />

und auf den Social Media Kanälen des Jungen <strong>Mittelstand</strong>s<br />

Lencke Wischhusen<br />

Generalbevollmächtigte/Generalsekretärin<br />

des Jungen <strong>Mittelstand</strong>s<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

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40 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Unternehmensfinanzierung:<br />

Hausbank forever?<br />

Nichts gegen das gewachsene Vertrauensverhältnis zur Bank. Aber gerade heute sollten<br />

Mittelständler sich auch nach digitalen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Und die gibt es,<br />

wie zwei Beispiele aus dem BVMW zeigen.<br />

Bei der Kreditvergabe an KMU verhalten sich Banken zunehmend<br />

defensiv. Das trifft finanzierungsbedürftige Mittelständler<br />

besonders – zumal der deutsche Kleinunternehmer<br />

ein traditionell inniges Verhältnis zu seiner Hausbank pflegt. Doch<br />

es gibt Alternativen zum klassischen Bankkredit: Die Digitalisierung<br />

hat die Finanzbranche erreicht; viele neue Player tummeln sich auf<br />

dem hart umkämpften Markt. Hier hat das Berliner Fintech Kapilendo<br />

(Mitglied im BVMW) seinen Ursprung. <strong>20</strong>15 haben ehemalige Banker<br />

um Christopher Grätz als Plattform für Crowdlending begonnen.<br />

Investoren und Kreditnehmer zusammenbringen<br />

<strong>20</strong>19 kam es zum Kauf des digitalen Vermögensverwalters Wevest.<br />

Damit erweiterte Kapilendo sein Portfolio um den lizensierten Kauf<br />

digitaler Wertpapiere: „Dies ermöglicht uns eine breitere Aufstellung<br />

durch die ganzheitliche Vermögensverwaltung und den effizienten<br />

Kapitalmarktzugang zur Finanzierung unserer Kunden“, sagt<br />

Digitale Finanzmarktplätze müssen<br />

die vertraute Hausbank nicht ersetzen<br />

– sie können wertvolle und zeitsparende<br />

Ergänzungen im Finanzierungsmix<br />

sein.<br />

CEO Grätz. Damit bespielt das Unternehmen zwar den klassischen<br />

Bankensektor, „aber besser“: Unabhängig von Öffnungszeiten und<br />

der Verfügbarkeit von Sachbearbeitern nutzt Kapilendo digitale Infrastrukturen,<br />

um Kreditanträge innerhalb von 48 Stunden zu bearbeiten<br />

und zu entscheiden. Investoren – institutionelle wie private –<br />

werden auf der Plattform regelmäßig über neue Kreditnehmer und<br />

damit Investmentmöglichkeiten informiert, Risikokalkulation und daraus<br />

folgende Verzinsung inklusive.<br />

Strenges Rating<br />

Ein Filmteam erstellt einen informativen Beitrag über das Unternehmen<br />

im Rahmen einer werbewirksamen Marketingkampagne. Natürlich<br />

werden auch Anträge abgelehnt: „Unsere Ratingprozesse<br />

agieren auf Bankenniveau und haben die gleichen professionellen<br />

Mechanismen und Ausschlusskriterien“, betont Marco Rautenberg,<br />

Head of Credit & Risk. Bislang hat Kapilendo 190 Projekte finanziert<br />

und dafür über 70 Millionen Euro Euro eingesammelt. Dabei geht es<br />

nicht darum, die Hausbank der Unternehmen komplett abzulösen,<br />

vielmehr sieht sich Kapilendo als ein komplementäres Produkt im Finanzierungsmix.<br />

Auch der Finanzdienstleister Creditshelf (ebenfalls BVMW-Mitglied)<br />

versteht sich nicht als Konkurrenz zur Bank, sondern als ergänzender<br />

<strong>Mittelstand</strong>sfinanzierer. Die Frankfurter bieten Kredite von 100.000<br />

bis fünf Millionen Euro über eine Laufzeit von bis zu acht Jahren an.<br />

Creditshelf will sich durch zügige Bearbeitung und eine digitale Plattform,<br />

auf der Investoren zeitnah über neue Kreditnehmer informiert<br />

werden, vom klassischen Bankengeschäft abheben.<br />

Moderne Kreditkonditionen<br />

Dabei liegt der Fokus auf größere Mittelständler, häufig aus dem<br />

produzierenden Gewerbe, etwa dem Maschinenbau. Creditshelf finanziert<br />

vorrangig Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens<br />

2,5 Millionen Euro und drei Jahren Marktpräsenz. Auch hier<br />

sind die Ratingprozesse streng, doch Vorstand und Gründungsmitglied<br />

Dr. Daniel Bartsch verweist auf die rasanten Veränderungen in<br />

Foto: Foto: © © NN tostphoto von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

41<br />

Gut zu wissen<br />

Internet-Plattformen wie Kapilendo oder Creditshelf bieten individuelle<br />

Kreditlösungen für KMU. Mehr darüber, welche innovativen Produkte<br />

und Services für die Unternehmensfinanzierung im <strong>Mittelstand</strong> aktuell<br />

relevant werden, erfahren Sie im Rahmen der Fintech Roadshow von<br />

_Gemeinsam digital.<br />

Alle Termine unter https://gemeinsam-digital.de/veranstaltungen<br />

Siehe auch Bericht auf Seite 42<br />

Markus Jerger<br />

BVMW Bundesgeschäftsführer<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

der Industrie 4.0: „KMU profitieren von vernetzten<br />

Produktionsanlagen, die in Echtzeit Daten<br />

zur Auslastung und Rentabilität liefern. Daher<br />

machen wir unsere Kreditkonditionen nicht nur<br />

von historischen Finanzkennzahlen und dinglichen<br />

Sicherheiten abhängig, sondern von Daten,<br />

die die Performance der Investition belegen<br />

und jederzeit überprüfbar machen.“<br />

Nachfolge zügig finanzieren<br />

Creditshelf spezialisiert sich auch auf Nachfolgefinanzierung:<br />

„Viele Finanzentscheider glauben,<br />

dass fast 50 Prozent der geplanten Nachfolgeregelungen<br />

nicht erfolgreich umgesetzt<br />

werden“, resümiert Bartsch. Ereignisse wie<br />

Krankheit oder Unfall erzwingen bei fehlender<br />

Vorsorge zügige Liquidität. Dem kommen Banken<br />

ungern nach. Bartsch will alternative Finanzierungsmodelle<br />

anbieten, „die in der Lage<br />

sind, Nachfolgeregelungen sehr kurzfristig mit<br />

Krediten zu unterfüttern.“<br />

Der Mix macht´s<br />

Mittelständler müssen zügig in die Digitalisierung<br />

investieren, während die Digitalisierung<br />

die gesamte Finanzbranche umkrempelt. Das<br />

bietet Chancen. Digitale Finanzmarktplätze<br />

müssen die vertraute Hausbank nicht ersetzen<br />

– sie können wertvolle und zeitsparende Ergänzungen<br />

im Finanzierungsmix sein.<br />

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FOTO: RETO KLAR


42 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Digital finanziert – mehr<br />

Liquidität für Ihr Unternehmen<br />

Schnelle Kapitalspritzen, verkürzte Bilanzen und langfristige Kredite über die Crowd – alternative<br />

Wege zur Finanzierung werden für den <strong>Mittelstand</strong> immer attraktiver. Einige der besten Produkte<br />

beruhen auf digitalen Geschäftsmodellen.<br />

Die Digitalisierung bestimmt als Triebfeder für mittelständische<br />

Unternehmen in Deutschland zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Bevor neue Lösungen eingesetzt werden können,<br />

stehen viele kleine und mittlere Betriebe jedoch vor einer großen<br />

Hürde: Digitalisierung kostet Geld – manchmal sogar viel Geld.<br />

Vom klassischen Kredit zum zeitgemäßen Modell<br />

Im Gegensatz zu Großunternehmen sind im <strong>Mittelstand</strong> hohe Kapitaleinlagen<br />

eher selten verfügbar. Seit der letzten Finanzkrise erschweren<br />

zudem verschärfte Vorschriften den unkomplizierten Zugang<br />

zu Bankkrediten. Der wachsende globale Wettbewerb fordert<br />

jedoch schnelle Reaktionen und Flexibilität bei Investitionen. Diese<br />

Marktlücke begünstigt alternative Finanzierungsmodelle, die seit einigen<br />

Jahren auf dem Vormarsch sind. Auch hier ist die Digitalisierung<br />

die treibende Kraft. So sind es in der Regel Onlineplattformen,<br />

die etablierten Kreditinstituten Konkurrenz machen.<br />

Die Crowd und der <strong>Mittelstand</strong><br />

Anstatt an Privatinvestoren und Kreditinstitute wenden sich heute<br />

schon viele Mittelständler mit ihrem Anliegen an die Crowd. Der<br />

„Schwarm“, also eine Gruppe aus investierenden Einzelpersonen, finanziert<br />

neben erfolgsversprechenden Gründungsideen und nützlichen<br />

Produkten zunehmend auch Wachstumsprojekte in etablierten<br />

Unternehmen. Dafür legen alle, die sich beteiligen wollen, an digitalen<br />

Marktplätzen Geld an. Auch kleine Beträge können in der Summe<br />

große Projekte stemmen. Mit bisher rund 40 Millionen Euro pro Jahr<br />

wächst das Finanzierungsvolumen kleiner und mittlerer Unternehmen<br />

weiter – und beweist das Interesse der Crowd am <strong>Mittelstand</strong>.<br />

Je nachdem, ob es sich um Crowdfunding oder -investing handelt,<br />

erhalten die Kapitalgeber für ihre Beiträge verschiedene Gegenleistungen.<br />

Wer sich ausreichend am projektgebundenen Funding beteiligt,<br />

bekommt beispielsweise das geförderte Produkt ins Haus<br />

geliefert. Bei einem kollektiven Investment hingegen werden, ganz<br />

klassisch, Unternehmensanteile und somit Gewinnansprüche vergeben.<br />

Das Verlustrisiko tragen alle Beteiligten gemeinsam. Wichtig:<br />

Mitspracherecht in der unternehmerischen Entscheidungsfindung<br />

haben Investoren nicht.<br />

Lenden, leasen oder einfach nur nutzen?<br />

Auch klassische Kredite vergibt der Schwarm mittlerweile. Beim<br />

Crowdlending gibt es für Kreditoren keine Anteile am Unternehmen.<br />

Auch müssen Schuldner keine dinglichen Sicherheiten aufweisen –<br />

einige betriebswirtschaftlich aussagekräftige Dokumente und eine<br />

Bürgschaft reichen in der Regel aus. Für das Unternehmen wird eine<br />

Risikoprüfung fällig, die über den Zugang zum Crowdlending-Verfahren<br />

und die Höhe des Zinssatzes bestimmt.<br />

Anstatt Geld für die Anschaffung von Software, Geräten oder Maschinen<br />

zu leihen, ist es oft sinnvoller, diese testweise oder längerfristig<br />

zu mieten. Die meisten Mittelständler sind mit verschiedenen<br />

Leasingverfahren, beispielsweise Sale-and-lease-back, wohlvertraut.<br />

Eine weniger bekannte Variante ist das „As-a-Service“-Modell.<br />

Foto: © NicoElNino von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

43<br />

Mit Hilfe externer digitaler Dienstleistungen können von der Vernetzung<br />

über die Wartung bis hin zur Motorisierung innovative Technologien<br />

bedarfsweise integriert werden. So bietet Software-as-a-Service<br />

eine ideale Lösung für mittelständische Fertigungsbetriebe, die<br />

smarte Sensorik nutzen und die dabei entstehenden Daten effizient<br />

verwalten müssen. Ein großer Vorteil des Modells: Was sich nicht<br />

lohnt, wird wieder abbestellt.<br />

Bessere Bilanzen durch digitales Factoring<br />

Besteht öfter kurzfristiger Bedarf an Liquidität, um beispielsweise<br />

Leasingkosten zu bezahlen, bietet Factoring eine effektive Lösung.<br />

Durch den Verkauf von Forderungen – also Rechnungen, die an Kunden<br />

gestellt werden – können eigene Verbindlichkeiten beglichen<br />

werden. So spart man sich nicht nur Mahnungen, sondern erhöht<br />

außerdem die bilanzielle Eigenkapitalquote und somit die Chance auf<br />

längerfristige Kredite. Während klassische Factoring-Deals aufgrund<br />

hoher administrativer Auflagen bisher für mittelständische Unternehmen<br />

kaum nutzbar waren, bietet die digitale Variante wesentlich<br />

zugänglichere, schnellere und kostengünstigere Finanzprodukte.<br />

Auch der Anleihenmarkt und die Investitionskultur sind durch digitale<br />

Transformation dynamischer geworden und haben ein stetig wachsendes<br />

Angebot flexibler Produkte hervorgebracht. Als Fintechs bezeichnet<br />

man die Technologien und Anbieter für die modernen Finanzdienstleistungen,<br />

von denen hier eine kleine Auswahl vorgestellt<br />

wurde. Wie aber orientieren sich Unternehmerinnen und Unternehmer<br />

auf dem Markt? Wo findet man die richtigen Ansprechpartner?<br />

Mittlerweile gibt es zahlreiche Onlineplattformen, die nicht nur genau<br />

informieren, sondern einen Vorabcheck anbieten oder sogar den<br />

Kontakt zu Investoren herstellen.<br />

Gut zu wissen<br />

Mit der Fintech-Roadshow gibt _Gemeinsam digital von März<br />

bis November <strong>20</strong><strong>20</strong> einen praxisnahen Überblick zu modernen,<br />

mittelstandsrelevanten Finanzprodukten.<br />

Alle Termine finden Sie unter:<br />

www.gemeinsam-digital.de/veranstaltungen<br />

Julian Koller<br />

BVMW Referent Förderprojekte<br />

julian.koller@bvmw.de


44 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Neue Wachstumsimpulse<br />

durch Factoring<br />

Wachsende Unternehmen im <strong>Mittelstand</strong> brauchen einen schnellen<br />

und unbürokratischen Zugang zu Finanzmitteln – eine Anforderung,<br />

der das Instrument Factoring in hohem Maße entspricht.<br />

18 Prozent der Entscheider in kleinen<br />

und mittleren Unternehmen<br />

erwägen, ihre Liquidität in Zukunft<br />

durch Factoring zu erhöhen. Zwei Jahre<br />

zuvor waren es 14 Prozent, wie eine<br />

repräsentative Studie des Bundesverbands<br />

Factoring für den <strong>Mittelstand</strong><br />

(BFM) ergab.<br />

Weil mit steigendem Umsatz auch das<br />

Volumen der Finanzierung wächst,<br />

lässt sich Factoring besonders effizient<br />

in Wachstumsphasen einsetzen. Das<br />

umsatzkongruente Prinzip ist für 55<br />

Prozent der Entscheider im <strong>Mittelstand</strong><br />

interessant, so der BFM, vor allem in<br />

den Branchen In- und Export (78 Prozent),<br />

im verarbeitenden Gewerbe (69<br />

Prozent) und im Handel (58 Prozent).<br />

Unternehmen, die einen hohen Liquiditätsbedarf<br />

haben, nutzen oftmals in<br />

Kombination mit Kreditlinien die Flexibilität<br />

von Factoring. Als zentralen Vorteil<br />

bewerten Finanzentscheider auch<br />

den regresslosen Schutz vor Zahlungsausfall,<br />

der mit der Abtretung beim Forderungsverkauf verbunden ist<br />

(56 Prozent).<br />

Geringe Factoring-Quote in Deutschland<br />

Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn ist Factoring hierzulande<br />

noch wenig verbreitet. Zwar stieg seit <strong>20</strong>09 die Factoring-Quote<br />

in Deutschland von 4 Prozent auf 7,3 Prozent an. Sie liegt aber<br />

immer noch deutlich unter dem Durchschnittswert in der EU, der<br />

10,9 Prozent beträgt. Die Factoring-Quote stellt die Relation von Factoring-Umsatz<br />

und Bruttoinlandsprodukt dar. In Europa liegt Großbritannien<br />

mit einer Quote von 13,9 Prozent vor Italien (13,1 Prozent),<br />

Spanien (12,4 Prozent) und Frankreich (12,3 Prozent). Kennzeichnend<br />

für den deutschen Markt ist der hohe Zuwachs im Segment <strong>Mittelstand</strong>.<br />

Der Vorstand des BFM erwartet, dass sich die Aufwärtsbewegung<br />

der letzten Jahre fortsetzt. Das gilt trotz der abgeschwächten<br />

Wirtschaftsleistung in Deutschland. Zuletzt gingen 75 Prozent der<br />

BFM-Verbandsmitglieder von einer guten Entwicklung beim Neukundengeschäft<br />

aus.<br />

Eine Finanzierung, die automatisch mit dem Umsatz wächst,<br />

wäre interessant für mein / unser Unternehmen.<br />

Branchen<br />

Alle/gesamt:<br />

Bis 2,5 Mio:<br />

2,5-50 Mio:<br />

Verarb. Gewerbe:<br />

Baugewerbe:<br />

Handel:<br />

Dienstleistungen:<br />

Freiberufler:<br />

Im-/Export:<br />

über 10% Geschäftsanteil<br />

Zustimmungen* in Prozent<br />

Gut zu wissen<br />

45<br />

n Interesse an Liquidität, die mit dem Umsatz wächst (55 Prozent)<br />

n Forderungsverkauf in KMU zunehmend geplant (plus 4 Prozent)<br />

Michael Ritter<br />

Vorstandsvorsitzender Bundesverband<br />

Factoring für den <strong>Mittelstand</strong> (BFM)<br />

www.bundesverband-factoring.de<br />

53<br />

53<br />

55<br />

55<br />

58<br />

69<br />

Bundesverband Factoring<br />

für den <strong>Mittelstand</strong><br />

Quelle: BFM Bundesverband Factoring für den <strong>Mittelstand</strong> / Kantar TNS. Repräsentative Befragung kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland<br />

mit einem Jahresumsatz von unter 50 Mio. Euro. Die Untersuchung auf Basis von 1.653 Interviews wurde im Oktober <strong>20</strong>18 durchgeführt.<br />

*Zustimmungen auf der Skala 1-3: stimme voll und ganz zu / stimme zu / stimme zum Teil zu<br />

Die Mitglieder des BFM bieten bankenunabhängige Finanzierungen an,<br />

die klassische Kreditlinien ergänzen oder ersetzen können. Sie sind<br />

qualitätsorientierte, oft inhabergeführte Factoring-Gesellschaften, die<br />

sich auf die Umsatzfinanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen<br />

spezialisiert haben. Zum Thema Factoring lässt der Verband regelmäßig<br />

eine repräsentative Studie erheben.<br />

71<br />

78<br />

Foto: © NN


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

ADVERTORIAL<br />

45<br />

Wirtschaften mit Weitblick<br />

Familienunternehmen und ihre finanziellen Herausforderungen – und wie sie diese meistern können.<br />

Familienunternehmen und ihre finanziellen Herausforderungen – und wie sie diese meistern können.<br />

Foto: © NN<br />

Familienunternehmen gelten als das Rückgrat der deutschen Finanzierung streuen<br />

Familienunternehmen<br />

Wirtschaft. Je nachdem,<br />

gelten<br />

welcher<br />

als das<br />

Studie<br />

Rückgrat<br />

man Glauben<br />

der deutschen<br />

schenkt, Finanzierung Ebenfalls ratsam streuen ist es, die Finanzierung über mehrere Finanzierungspartner<br />

Wirtschaft.<br />

repräsentieren<br />

Je nachdem,<br />

sie 87 %<br />

welcher<br />

bis 94 %<br />

Studie<br />

aller deutschen<br />

man Glauben<br />

Unternehmen<br />

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und<br />

ist<br />

-produkte<br />

es, die Finanzierung<br />

zu streuen. Neben<br />

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der<br />

mehrere<br />

klassischen<br />

Finanzierungspartner<br />

Bankenfinanzierung<br />

und<br />

repräsentieren<br />

stellen ca. 57<br />

sie<br />

% aller<br />

87 %<br />

Arbeitsplätze.<br />

bis 94 % aller<br />

Sie<br />

deutschen<br />

erwirtschaften<br />

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über die<br />

und -produkte<br />

sollten daher<br />

zu streuen.<br />

auch alternative<br />

Neben der<br />

Instrumente<br />

klassischen<br />

wie<br />

Bankenfinanzierung<br />

Leasing,<br />

Factoring,<br />

und<br />

Hälfte<br />

stellen<br />

des<br />

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deutschen<br />

57 % aller<br />

Bruttoinlandproduktes<br />

Arbeitsplätze. Sie erwirtschaften<br />

und sind somit<br />

über<br />

absolut<br />

die<br />

sollten<br />

Asset<br />

daher<br />

Backed<br />

auch<br />

Securities,<br />

alternative<br />

Debt<br />

Instrumente<br />

Crowdfunding<br />

wie Leasing,<br />

oder<br />

Hälfte<br />

systemrelevant<br />

des deutschen<br />

für die<br />

Bruttoinlandproduktes<br />

deutsche Wirtschaft.<br />

und sind somit absolut<br />

Schuldscheine<br />

Factoring, Asset<br />

genutzt<br />

Backed<br />

werden.<br />

Securities,<br />

Eine weitere<br />

Debt<br />

wertvolle<br />

Crowdfunding<br />

Möglichkeit:<br />

oder<br />

systemrelevant für die deutsche Wirtschaft.<br />

Schuldscheine<br />

Anzahlungen<br />

genutzt<br />

des Kunden<br />

werden.<br />

für<br />

Eine<br />

zu erbringende<br />

weitere wertvolle<br />

Leistungen<br />

Möglichkeit:<br />

oder zu<br />

Besonders wichtig für Familienunternehmen ist ihre Strategie in Sachen<br />

Finanzierung.<br />

Anzahlungen<br />

liefernde Waren<br />

des<br />

und<br />

Kunden<br />

Güter.<br />

für<br />

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zu erbringende<br />

Anzahlungen<br />

Leistungen<br />

können in<br />

oder<br />

der<br />

zu<br />

Regel<br />

durch<br />

Besonders wichtig für Familienunternehmen<br />

Mangelnde Liquidität<br />

ist<br />

kann<br />

ihre<br />

ein<br />

Strategie<br />

Unternehmen<br />

in Sachen<br />

liefernde Waren<br />

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und Güter.<br />

und<br />

Solche<br />

Garantien<br />

Anzahlungen<br />

(sogenannte<br />

können<br />

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in der<br />

abgesichert<br />

Regel<br />

schnell<br />

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in die Insolvenz<br />

Mangelnde<br />

stürzen.<br />

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Zwar sind<br />

kann<br />

sich<br />

ein<br />

viele<br />

Unternehmen<br />

Unternehmen<br />

durch<br />

werden<br />

Bürgschaften<br />

und sind<br />

und<br />

daher<br />

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genau so<br />

(sogenannte<br />

viel wert wie<br />

Avale)<br />

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abgesichert<br />

Geld. Neben<br />

schnell<br />

darüber<br />

in die<br />

bewusst,<br />

Insolvenz<br />

dass<br />

stürzen.<br />

sie ihr Risiko<br />

Zwar<br />

in<br />

sind<br />

punkto<br />

sich<br />

Investitionen,<br />

viele Unternehmen<br />

Kunden<br />

werden<br />

Banken<br />

und<br />

stellen<br />

sind<br />

auch<br />

daher<br />

B2B-Versicherer<br />

genau so viel wert<br />

wie Euler<br />

wie bares<br />

Hermes<br />

Geld.<br />

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Neben<br />

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darüber<br />

und Lieferanten<br />

bewusst, dass<br />

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sie ihr<br />

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Bezug<br />

punkto<br />

auf<br />

Investitionen,<br />

Finanzierungspartner<br />

Kunden<br />

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auch<br />

Das<br />

B2B-Versicherer<br />

entlastet gleichzeitig<br />

wie Euler<br />

die<br />

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Kreditlinie<br />

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bei<br />

für<br />

der<br />

und<br />

vernachlässigen<br />

Lieferanten streuen<br />

sie eine<br />

sollten.<br />

Risikodiversifizierung<br />

In Bezug auf Finanzierungspartner<br />

jedoch häufig. Dabei<br />

Unternehmen<br />

Hausbank.<br />

bereit. Das entlastet gleichzeitig die Kreditlinie bei der<br />

vernachlässigen<br />

ist gerade hier Wirtschaften<br />

sie eine Risikodiversifizierung<br />

mit Weitblick gefragt!<br />

jedoch häufig. Dabei Hausbank.<br />

ist gerade hier Wirtschaften mit Weitblick gefragt!<br />

Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich so auch in unsicheren Zeiten<br />

Eine gemeinsame Studie von Euler Hermes und Roland Berger zeigt,<br />

Mit den<br />

viel<br />

richtigen<br />

erreichen:<br />

Maßnahmen<br />

Mehr Flexibilität<br />

lässt sich<br />

in<br />

so<br />

den<br />

auch<br />

Entscheidungen,<br />

in unsicheren Zeiten<br />

mehr<br />

Eine<br />

dass<br />

gemeinsame<br />

der Investitionsbedarf<br />

Studie von Euler<br />

von<br />

Hermes<br />

Familienunternehmen<br />

und Roland Berger<br />

hinsichtlich<br />

zeigt,<br />

Spielräume<br />

viel erreichen:<br />

in Sachen<br />

Mehr<br />

Liquidität<br />

Flexibilität<br />

und<br />

in<br />

vor<br />

den<br />

allem<br />

Entscheidungen,<br />

eine stabile Finanzierung<br />

des eigenen<br />

mehr<br />

dass<br />

Innovationen<br />

der Investitionsbedarf<br />

und Digitalisierung<br />

von Familienunternehmen<br />

in den nächsten Jahren<br />

hinsichtlich<br />

rasant steigen<br />

wird. Wie<br />

Spielräume in Sachen<br />

Unternehmens.<br />

Liquidität und vor allem eine stabile Finanzierung<br />

des eigenen Unternehmens.<br />

Innovationen und<br />

sollten<br />

Digitalisierung<br />

Familienunternehmen<br />

in den nächsten<br />

darauf<br />

Jahren<br />

und<br />

rasant<br />

auf die<br />

steigen<br />

sich<br />

verändernden<br />

wird. Wie sollten<br />

Refinanzierungsbedingungen<br />

Familienunternehmen darauf<br />

reagieren?<br />

und auf die sich<br />

verändernden Refinanzierungsbedingungen reagieren?<br />

Investitionen gehören in jede Finanzierungsplanung<br />

Investitionen Generell gilt: gehören Investitionen in jede gehören Finanzierungsplanung<br />

in jede Finanzierungsplanung<br />

Generell<br />

und sollten<br />

gilt: Investitionen<br />

nicht zu Gunsten<br />

gehören<br />

konservativer<br />

in jede Finanzierungsplanung<br />

Finanzierungspräferenzen<br />

und sollten<br />

oder aus<br />

nicht<br />

einem<br />

zu Gunsten<br />

Stabilitätsdenken<br />

konservativer<br />

heraus<br />

Finanzierungspräferenzen<br />

ausgesetzt werden –<br />

sonst<br />

oder<br />

leidet<br />

aus einem<br />

die Wettbewerbsfähigkeit<br />

Stabilitätsdenken heraus<br />

unweigerlich.<br />

ausgesetzt<br />

Außerdem<br />

werden<br />

ist<br />

–<br />

eine<br />

proaktive<br />

sonst leidet die Wettbewerbsfähigkeit<br />

und vor allem transparente<br />

unweigerlich.<br />

Finanzkommunikation<br />

Außerdem ist eine<br />

zu<br />

allen<br />

proaktive<br />

Stakeholdern<br />

und vor<br />

ratsam.<br />

allem transparente<br />

Auch wenn<br />

Finanzkommunikation<br />

sich niemand gerne in<br />

zu<br />

die Zur Studie von Euler Hermes: www.eulerhermes.de/fu-studie<br />

allen<br />

Karten<br />

Stakeholdern<br />

schauen lässt:<br />

ratsam.<br />

Transparenz<br />

Auch wenn<br />

schafft<br />

sich<br />

Vertrauen,<br />

niemand gerne<br />

gerade<br />

in<br />

in<br />

die<br />

wirtschaftlich<br />

Zur<br />

Beratung<br />

Studie von<br />

und<br />

Euler<br />

Lösungen<br />

Hermes:<br />

von<br />

www.eulerhermes.de/fu-studie<br />

Euler Hermes: www.eulerhermes.de<br />

Karten schauen<br />

herausfordernden<br />

lässt: Transparenz<br />

Zeiten!<br />

schafft Vertrauen, gerade in wirtschaftlich<br />

herausfordernden<br />

Beratung und Lösungen von Euler Hermes: www.eulerhermes.de<br />

Zeiten!


46 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Working Capital für KMU<br />

Unternehmen auf Wachstumskurs haben ein Luxusproblem: Sie haben so viele Aufträge, dass<br />

ihnen teilweise die finanziellen Kapazitäten zur Erfüllung fehlen. Clevere Alternativen in der<br />

Finanzierung des Working Capital schaffen hier Abhilfe.<br />

Der Bedarf finanzieller Mittel ist insbesondere in Wachstumsphasen<br />

vielfältig – eine neue Maschine, Ausweitung<br />

des Lagers oder die Beschaffung von Produktionsmaterial.<br />

Schwierig ist dabei häufig die Frage, woher die benötigten Mittel zur<br />

Vorfinanzierung dieses Wachstums kommen sollen.<br />

Sofern Banklinien nicht schon frühzeitig ausgeweitet werden können,<br />

liegt der Fokus zur Finanzierung des Wachstuns notwendigerweise<br />

im Bereich des Working Capitals. Gerade hier lohnt ein Blick über<br />

den Tellerrand, um mit neuen Alternativen sein Unternehmen auf<br />

Wachstumskurs zu schicken. Zwei von ihnen werden im Folgenden<br />

näher beleuchtet.<br />

Einkaufsfinanzierung<br />

ist eine der neuesten Alternativen im Bereich der Working Capital Finanzierung.<br />

Hierbei werden Waren und Vorleistungen vom Einkaufsfinanzierer<br />

erworben und an das wachsende Unternehmen weiterveräußert.<br />

Der Trick dabei: Der Weiterverkauf geschieht mit einem deutlich<br />

verlängerten Zahlungsziel von zumeist vier Monaten. Somit bleibt<br />

in der Regel genug Zeit, mit den finanzierten Einkäufen zuerst seine eigene<br />

Wertschöpfung zu betreiben, um mit den hieraus generierten Erlösen<br />

nach vier Monaten den Einkaufsfinanzierer zu bezahlen.<br />

Was vordergründig als einfache Warenfinanzierung daherkommt,<br />

bietet auch auf den zweiten Blick erhebliche Vorteile für Unternehmen.<br />

Eine immer wieder aufkommende Diskussion über Zahlungsziele<br />

gegenüber dem Lieferanten entfällt komplett, da der Einkaufsfinanzierer<br />

diesen umgehend bei Warenlieferung bezahlt. Kenner<br />

nutzen diese Finanzierungsalternative somit auch zur Verbesserung<br />

ihrer Lieferantenbeziehungen. Zudem entfällt in der Regel auch<br />

das Stellen von unternehmerischen oder privaten Sicherheiten, denn<br />

hierzu dient die gehandelte Ware selbst, die beim Einkaufsfinanzierer<br />

bis zur Bezahlung unter Eigentumsvorbehalt steht.<br />

Factoring<br />

dürfte vielen Unternehmen bereits bekannt sein – wie bei der Einkaufsfinanzierung<br />

handelt es sich um eine alternative Finanzierungsform<br />

des Working Capitals, die jedoch in Deutschland schon deutlich<br />

länger vertreten ist. Grundsätzlich werden beim Factoring die Ausgangsrechnungen<br />

eines Unternehmens an seine Kunden durch den<br />

Factor angekauft und durch Auszahlung des Rechnungsbetrages –<br />

abzüglich eines Sicherheitseinbehaltes in der Größenordnung von<br />

üblicherweise zehn Prozent – finanziert. Letzterer Betrag fließt dem<br />

Unternehmen dann zu, wenn auch sein Kunde gezahlt hat.


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

47<br />

Foto: © AndreyPopov von www.istockphoto.com<br />

Neben dem sofortigen Zufluss des (fast kompletten) Gegenwertes<br />

der finanzierten Ausgangsrechnungen übernimmt der Factor häufig<br />

auch das Delkredererisiko und schützt das Unternehmen somit vor<br />

Forderungsausfall. Darüber hinaus werden teilweise auch buchhalterische<br />

Aufgaben sowie das Mahn- und Inkassowesen übernommen.<br />

Da Factoring eindeutig auf die Verkaufsseite abstellt, bietet es nur<br />

dem verkaufenden Unternehmen Vorteile zur Optimierung des Working<br />

Capitals. Zwar gibt es mit dem sog. „Reverse Factoring“ auch<br />

Gut zu wissen<br />

n Während Factoring nur dem verkaufenden Unternehmen Vorteile<br />

bietet, ist die Einkaufsfinanzierung für beide Unternehmen attraktiv.<br />

Das einkaufende Unternehmen hat vier Monate Zeit, seine Produkte<br />

zu fertigen und zu verkaufen; das verkaufende Unternehmen<br />

bekommt sein Geld sofort<br />

n Die Einkaufsfinanzierung wirkt für das verkaufende Unternehmen<br />

daher genauso wie ein eigenes Factoring und bietet zusätzlich die<br />

beschriebenen Vorteile für den Abnehmer, die das verkaufende<br />

Unternehmen absatzfördernd einsetzen kann<br />

eine Spielart, bei dem die Wareneinkäufe durch die umgehende Bezahlung<br />

der Lieferantenrechnungen finanziert werden; dieses Konzept<br />

– im Ergebnis ähnlich zur Einkaufsfinanzierung – hat sich bis<br />

dato aber aufgrund des komplexen vertraglichen Zusammenspiels<br />

zwischen dem Factor und den einzelnen Lieferanten nicht richtig<br />

durchsetzen können.<br />

Fazit<br />

Beide vorgestellten Alternativen zur Optimierung des Working Capitals<br />

bieten eindeutige Vorteile für Unternehmen in Wachstumsphasen.<br />

Clever eingesetzt schaffen sie – einzeln oder aber sogar in<br />

Kombination – erhöhte Liquiditätsspielräume, um Wachstumsphasen<br />

zu finanzieren.<br />

Dr. Stefan Fenner<br />

Geschäftsführer entrafin GmbH<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.entrafin.de<br />

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48 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Erfolgreich durch<br />

die Rezession<br />

Deutschland steht vor einem Konjunkturrückgang.<br />

Um die Krise unbeschadet zu überstehen, müssen<br />

mittelständische Unternehmen ihre Abhängigkeit<br />

von der Hausbank reduzieren.<br />

Eskalierende Handelskonflikte, Brexit, zunehmende Spannungen<br />

im Nahen Osten: Es sind turbulente Zeiten, die wir gerade<br />

erleben. Die komplizierte Weltlage bleibt nicht ohne Auswirkungen:<br />

Im zweiten Quartal <strong>20</strong>19 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt<br />

um 0,2 Prozent. Deutschland befindet sich seit 15 Monaten in einer<br />

Industrierezession.<br />

Finanzierungsmix erweitern<br />

Während eines Abschwungs steigt die Zahl der Insolvenzen, und<br />

Kredite können nicht mehr gezahlt werden. Für die Banken bedeutet<br />

dies Verluste. Sie werden darum ihre Kreditvergabe straffen.<br />

Kleine und mittlere Unternehmen geraten schnell in eine Abwärtsspirale<br />

und stellen wichtige Investitionen zurück. In der Folge verlieren<br />

sie an Wettbewerbsfähigkeit, der Gewinn sinkt. Entsprechend<br />

nimmt auch die Bonität ab, was die Kreditaufnahme wiederum<br />

zusätzlich erschwert.<br />

Um einer solchen Abwärtsspirale zu entgehen, müssen KMU ihre Finanzierungsstruktur<br />

rechtzeitig analysieren und, falls nötig, anpassen.<br />

Derzeit sind die Zinsen so tief wie nie zuvor, und die Banken<br />

vergeben noch bereitwillig Kredite. Es lohnt sich also, Darlehen mit<br />

langfristiger Zinsbindung aufzunehmen und sich damit gegen steigende<br />

Zinsen abzusichern. Um sich vor den Folgen einer künftigen<br />

Kreditklemme zu schützen, ist es jedoch entscheidend, nicht ausschließlich<br />

auf die Hausbank zu vertrauen, sondern den Finanzierungsmix<br />

zu erweitern.<br />

Liquiditätsengpässe vermeiden<br />

Die größte Herausforderung während wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />

ist das Liquiditätsmanagement: Der Umsatz bricht ein, Kunden<br />

lassen sich mehr Zeit mit ihren Zahlungen, und die Bank kürzt bestehende<br />

Kreditlinien. Sinnvoll sind deshalb vor allem Asset-basierte<br />

Finanzierungsvarianten wie Factoring, Warenfinanzierung und Saleand-lease-back,<br />

die den Liquiditätsverlauf glätten. Werden die erwähnten<br />

Finanzierungsmethoden dazu verwendet, Verbindlichkeiten<br />

abzubauen, verbessern sie zudem die Eigenkapitalquote und damit<br />

die Bonität.<br />

Gut zu wissen<br />

Wenn Sie neue Kredite abschließen, achten Sie darauf, dass die Bank<br />

nicht zu hohe Sicherheiten verlangt. Über die als Sicherheit hinterlegten<br />

Vermögenswerte kann Ihr Unternehmen nicht mehr frei verfügen. In<br />

Krisenzeiten ist aber maximale Flexibilität gefragt.<br />

Joachim Haedke<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

Finanzierung.com GmbH<br />

BVMW-Mitglied<br />

https://finanzierung.com<br />

Foto: Foto: © NN © sorbetto von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

ADVERTORIAL<br />

49<br />

„ Ich liebe es, Metall und meiner Firma<br />

eine besondere Form zu geben.“<br />

Fördern, was NRW bewegt.<br />

Melanie Baum, Geschäftsführerin Baum Zerspanungstechnik,<br />

fertigt anspruchsvolle Dreh- und Frästeile nach Kundenwunsch –<br />

mit zufriedenen Mitarbeitern und modernen Maschinen. Die nötige<br />

Finanzierung ermöglichte ihr die NRW.BANK.<br />

Foto: © NN<br />

Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/baum


50 SCHWERPUNKT<br />

Finanzierungsmix auf<br />

den Prüfstand<br />

Handelskonflikte, politische Unsicherheiten, die Transformation der<br />

Automobilindustrie, der Brexit: Der Druck auf die deutsche Wirtschaft<br />

hat zuletzt deutlich zugenommen. Auch die Aussichten für <strong>20</strong><strong>20</strong> sind<br />

nicht ungetrübt. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen ihren<br />

Finanzierungsmix wetterfest machen.<br />

Die Wachstumslokomotive Deutschland ist <strong>20</strong>19 spürbar ins<br />

Stocken gekommen. Im dritten Quartal schrammte die deutsche<br />

Wirtschaft nur knapp an einer technischen Rezession<br />

vorbei. Von einer technischen Rezession sprechen Volkswirte, wenn<br />

die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge schrumpft. Zwar<br />

hat sich die Lage seitdem wieder etwas entspannt, doch von einer<br />

Trendwende kann nicht die Rede sein. Für <strong>20</strong><strong>20</strong> wird zwar eine leichte<br />

Wachstumsbeschleunigung erwartet. Diese dürfte aber vor allem<br />

den vier zusätzlichen Arbeitstagen des Jahres geschuldet sein.<br />

Gedrückte Stimmung in vielen Führungsetagen<br />

Entsprechend mau ist die Stimmung in vielen Führungsetagen deutscher<br />

Unternehmen. In seiner Konjunkturumfrage unter 28.000 Unternehmen<br />

hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag seit<br />

der Finanzkrise <strong>20</strong>08/<strong>20</strong>09 nicht mehr so pessimistische Antworten<br />

zur Geschäftsentwicklung erhalten wie im Herbst <strong>20</strong>19.<br />

Basel IV erhöht Kreditkosten<br />

Weiteres Ungemach droht Unternehmen über das Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> hinaus<br />

zudem durch die neuen Baseler Eigenkapitalregeln für Kreditinstitute,<br />

kurz Basel IV genannt. Sie sollen in den kommenden zwei Jahren<br />

in nationales Recht umgesetzt werden. Nach aktuellen Berechnungen<br />

des Beratungsunternehmens Copenhagen Economics dürften<br />

durch die höheren Eigenkapitalkosten der Banken die Kreditkosten<br />

für ein typisches mittelständisches Unternehmen um bis zu 12.500<br />

Euro jährlich steigen, für größere Unternehmen könnte die jährliche<br />

Mehrbelastung sogar in Millionenhöhe liegen.<br />

Wie Unternehmen jetzt für Finanzierungssicherheit sorgen<br />

Zwar waren die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen in<br />

Deutschland zuletzt noch vergleichsweise gut. Aber laut der Bundesbank<br />

haben die Banken die Kreditbedingungen im dritten Quartal<br />

<strong>20</strong>19 bereits zum dritten Mal in Folge verschärft. Die Anpassung war<br />

im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich nach Einschätzung<br />

der Banken die branchen- oder firmenspezifische Lage und die<br />

Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmer verschlechterten.<br />

Angesichts der unsicheren Aussichten tun<br />

Unternehmen gut daran, sich jetzt in Sachen<br />

Finanzierung für die Zukunft sicher<br />

aufzustellen. Unternehmen aller Größenordnungen<br />

steht dafür eine Vielzahl von Finanzierungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung.<br />

Neben klassischen <strong>Mittelstand</strong>skrediten<br />

können das zum Beispiel bilanzschonende<br />

Finanzierungsalternativen Leasing und<br />

Factoring sein.<br />

Mit Factoring lassen sich Forderungen direkt<br />

in Liquidität umwandeln. Zudem bietet<br />

der Forderungsverkauf Sicherheit, denn die<br />

Factoringgesellschaft übernimmt in der Regel das volle Ausfallrisiko.<br />

Leasing verbessert durch seine Bilanzneutralität die Eigenkapitalquote<br />

und damit das Rating. Dies erleichtert in wirtschaftlich unsicheren<br />

Zeiten die Kreditaufnahme für wichtige Investitionen.<br />

Sicherheit durch syndizierte Finanzierungen<br />

Mehr Finanzierungssicherheit erzielen Unternehmen nicht zuletzt<br />

durch eine Neustrukturierung ihrer Passivseite. Vor allem wachstumsstarke<br />

Unternehmen haben, historisch gewachsen, häufig eine<br />

Vielzahl von Kreditgebern mit unterschiedlichen Konditionen und Besicherungen.<br />

Durch die Neustrukturierung ihrer Verbindlichkeiten im<br />

Rahmen eines Konsortialkredits können sie sich transparentere und<br />

langfristige sichere Finanzierungsstrukturen aufbauen. Bei einem<br />

Konsortialkredit wird vom Unternehmen eine Bank als Lead Arranger<br />

für die Bildung des Konsortiums mandatiert und fungiert nach dem<br />

Kreditabschluss als Verwaltungsstelle. Der Kreditnehmer bekommt<br />

also eine umfassende Finanzierung mit nur einem Ansprechpartner.<br />

Das Gespräch mit der Bank suchen<br />

Gerade bei komplexeren Fragen zur Finanzierung sollten sich Unternehmen<br />

deshalb nicht scheuen, ihre Bank anzusprechen – und das<br />

besser früher als später. Manche Kunden kommen erst zu uns, wenn<br />

sie kaum noch Luft bei der Liquidität haben. Besser und viel stress-<br />

Foto: © Worawee Meepian von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

51<br />

freier ist es, wenn die Finanzen des Unternehmens dann neu strukturiert<br />

werden, wenn die Bonität noch gut ist.<br />

Ein Beispiel dafür, wie das Gespräch mit der Bank zu neuen Perspektiven<br />

für die eigene Finanzierungssituation verhelfen kann: Einer<br />

unserer Kunden, die Berliner Biosupermarktkette LPG, finanzierte ihr<br />

Wachstum ausschließlich aus Eigenmitteln. Als eine besonders attraktive<br />

Filialfläche statt zur Miete zum Kauf angeboten wurde, empfahlen<br />

wir den Kauf. Um dabei dem Wunsch des Kunden nach hoher<br />

Flexibilität nachzukommen, wurde eine variable Finanzierung auf Basis<br />

des 3-Monats-Euribors mit Zinssicherung vorgeschlagen. Damit<br />

sicherten sich die Gründer der Biosupermarktkette ein attraktives<br />

Zinsniveau und gleichzeitig die Möglichkeit, nach jeder Zinsperiode<br />

Neben klassischen <strong>Mittelstand</strong>skrediten<br />

können zum Beispiel bilanzschonende<br />

Finanzierungsalternativen<br />

Leasing und Factoring sein.<br />

die Finanzierung ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen zu<br />

können. Durch den Erwerb der Immobilie hat sich das Unternehmen<br />

nicht nur vom Vermieter und möglicherweise steigenden Mietkosten<br />

unabhängig gemacht, es hat auch seine Sicherheiten für weiteres<br />

Wachstum ausgebaut.<br />

Gut zu wissen<br />

n Basel IV soll in den kommenden zwei Jahren in nationales Recht<br />

umgesetzt werden<br />

n Laut Bundesbank haben die Banken die Kreditbedingungen im<br />

dritten Quartal <strong>20</strong>19 bereits zum dritten Mal in Folge verschärft<br />

n Finanzen eines Unternehmens neu strukturieren, wenn die Bonität<br />

noch gut ist<br />

Katharina Brunke<br />

Bereichsleiterin Region Ost, Geschäfts- und<br />

Firmenkundenbetreuung Postbank<br />

www.postbank.de


52 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW-Erfolg:<br />

Steuerliche Förderung<br />

für den <strong>Mittelstand</strong>


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

53<br />

Deutschland gehörte bisher zu den fünf Ländern innerhalb der OECD, die Forschung und<br />

Entwicklung nicht steuerlich förderten. Nachdem das Thema über mehrere Legislaturperioden<br />

getragen, pausiert und verschoben wurde, trat die Forschungszulage zum Jahresanfang <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

nun endlich in Kraft. Auch mittelständische Auftraggeber werden gefördert – ein doppelter Erfolg<br />

des beharrlichen Einsatzes unseres Verbandes.<br />

Foto: © sanjeri von www.istockphoto.com<br />

Viele andere große Industriestaaten, darunter die USA, China,<br />

Japan, Frankreich und Großbritannien, unterstützen Unternehmen<br />

bereits seit Jahren mit steuerlichen Anreizen für Investitionen<br />

in Forschung und Entwicklung (FuE). Mit diesen Ländern<br />

möchte die Bundesregierung jetzt gleichziehen. Die Förderungslandschaft,<br />

die zuvor ausschließlich aus der direkten Projektförderung<br />

bestand, wird mit dem Forschungszulagengesetz sinnvollerweise<br />

ergänzt. Die steuerliche Forschungsförderung rechnet sich laut<br />

ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung auch<br />

für den Staat: Für jeden Förder-Euro wird bei den Betrieben zusätzlicher<br />

FuE-Aufwand von 1,33 Euro mobilisiert.<br />

Wer wird gefördert?<br />

Die Forschungszulage unterstützt großflächig alle Branchen und Unternehmensgrößen<br />

und sieht neben der Steuerpflicht in Deutschland<br />

keine weiteren Einschränkungen vor. Statt die Förderung für kleine<br />

und mittlere Unternehmen zu beschränken, setzt das Bundesministerium<br />

der Finanzen durch die Deckelung des Fördersatzes und der<br />

Bemessungsgrundlage den Fokus auf den <strong>Mittelstand</strong> und junge<br />

Unternehmen sowie Start-ups.<br />

Nach langer Diskussion ist nun auch die Auftragsförderung Teil des<br />

Forschungszulagengesetzes. Bundesfinanzminister Scholz wollte<br />

ursprünglich nur die Auftragnehmer steuerlich fördern. Dies lehnten<br />

nicht nur der BVMW, sondern auch die EU-Kommission und selbst<br />

große staatliche Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft<br />

ab. Viele Auftragnehmer seien oft nicht steuerpflichtig,<br />

und daher würde eine steuerliche Förderung verpuffen. Zudem<br />

kommt das Geld bei einer Förderung des Auftraggebers auch den<br />

kleinen und mittleren Unternehmen zugute. Diese verfügen häufig<br />

über keine eigene Forschungsabteilung im Unternehmen und müssen<br />

daher Forschungsaufträge an externe Einrichtungen vergeben.<br />

Beim Auftraggeber werden nun 60 Prozent des an den Auftragnehmer<br />

gezahlten Entgeltes gefördert. Deutsche Unternehmen können<br />

zukünftig auch einen Forschungsauftrag EU-weit an eine ausländische<br />

Einrichtung vergeben.<br />

Gut zu wissen<br />

n Ergänzung zur bestehender Projektförderung –<br />

Doppelförderung ausgeschlossen<br />

n Antragsberechtigt sind branchen- und größenunabhängig<br />

alle Unternehmen<br />

n Beantragung beim Finanzamt, welches das Forschungsvorhaben<br />

bei einer externen Zertifizierungsstelle prüft<br />

n Steuergutschrift wird auch im Verlustfall ausbezahlt<br />

n Maximale Fördersumme 500.000 Euro pro Unternehmen und Jahr<br />

n 25 Prozent auf FuE-Personalkosten<br />

n Auftragsforschung berücksichtigt<br />

Wie wird gefördert?<br />

In einem Unternehmen werden über die Personalkosten, also die dem<br />

Lohnsteuerabzug unterliegenden Löhne und Gehälter der forschenden<br />

Beschäftigten, bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr gefördert. Bei<br />

einer Förderquote von 25 Prozent entspricht dies einem Steuererlass<br />

von 500.000 Euro. Pro Unternehmen und Forschungsprojekt dürfen<br />

insgesamt 15 Millionen Euro inklusive aller über die gesamte Laufzeit<br />

gewährten staatlichen Beihilfe einschließlich der Forschungszulagen<br />

nicht überschritten werden.<br />

Die Förderung ist bewusst als Zulage gewährt, sodass auch eine<br />

Auszahlung im Verlustfall garantiert ist. Lediglich die drei Kategorien<br />

Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle<br />

Forschung müssen erfüllt sein. Begünstigt werden außerdem<br />

Kooperationen mit anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen<br />

oder Hochschulen. Sogar forschende Einzelunternehmerinnen und<br />

-unternehmer oder Gesellschafter können pro Stunde 40 Euro bei<br />

maximal 40 Wochenstunden als förderfähige Aufwendungen ansetzen.<br />

Bund, Länder und Gemeinden rechnen mit Kosten von 1,4 Milliarden<br />

Euro jährlich für die Forschungszulage.<br />

Deutsche Unternehmen können zukünftig<br />

auch einen Forschungsauftrag<br />

EU-weit an eine ausländische<br />

Einrichtung vergeben.<br />

Der Antrag auf Förderung kann beim zuständigen Finanzamt nach<br />

Ablauf des Wirtschaftsjahres elektronisch gestellt werden. Das Forschungsvorhaben<br />

muss zuvor jedoch separat bei einer noch zu bestimmenden<br />

Zertifizierungsstelle geprüft werden. Hierdurch erhält<br />

das Unternehmen eine rechtsverbindliche Bescheinigung, die<br />

die Planbarkeit erhöht und das Verfahren in der Finanzverwaltung<br />

beschleunigt. Inwieweit diese zweistufige Lösung zu einer unnötigen<br />

Bürokratiehürde oder mehr Rechtssicherheit führen wird, wird<br />

sich zeigen.<br />

Der BVMW begrüßt die Einführung der Forschungszulage sowie die<br />

Einbeziehung der Auftraggeber. Nur so haben die vielen kleinen und<br />

mittleren Unternehmen auch etwas von der Förderung. Positiv ist<br />

außerdem, dass das Gesetz evaluiert werden soll. So kann der Gesetzgeber<br />

feststellen, ob es nicht nur für den <strong>Mittelstand</strong> gedacht,<br />

sondern auch gemacht ist.<br />

Liz Becker<br />

BVMW Referentin Steuern und Finanzen<br />

politik@bvmw.de


54 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Bares Geld für Innovation<br />

Die Welt schaut anerkennend auf den deutschen <strong>Mittelstand</strong>. Ein Grund für seinen Erfolg sind<br />

die wirkungsvollen direkten Fördermöglichkeiten für Forschung und Entwicklung. Eines dieser<br />

Förderprogramme ist das Zentrale Innovationsprogramm <strong>Mittelstand</strong> (ZIM).<br />

ZIM ist ein branchen- und technologieoffenes Förderprogramm<br />

des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) für kleine<br />

und mittlere Unternehmen. Ab diesem Jahr wird die Förderung<br />

in der dritten Förderperiode bis <strong>20</strong>25 fortgeführt. Der Fokus<br />

liegt vor allem auf kleinen Unternehmen. Es werden sowohl Einzelprojekte<br />

als auch Kooperationsprojekte mit anderen Unternehmen<br />

oder Forschungseinrichtungen berücksichtigt. Außerdem fördert<br />

ZIM Kooperationsnetzwerke, in denen ein bestimmtes Themengebiet<br />

im Konsortium bearbeitet wird, woraus neue Kooperationsprojekte<br />

entstehen.<br />

Ein großer Vorteil dieser Kooperationen ist der Wissenstransfer zwischen<br />

den Partnern. Ein kleines Unternehmen hat vielleicht eine brillante<br />

Idee, aber es fehlt an entsprechenden Forschungsressourcen.<br />

Diese kann eine Forschungseinrichtung zur Verfügung stellen.<br />

78 Prozent der rund 17.000 bewilligten ZIM-Projekte der vergangenen<br />

Förderperiode sind Kooperationsprojekte,<br />

auch das zeigt den großen Mehrwert von<br />

gemeinsamer Forschung und Entwicklung.<br />

Wer profitiert von ZIM?<br />

In der letzten Förderperiode wurden bundesweit<br />

rund 2,6 Milliarden Euro an Fördergeldern<br />

ausgeschüttet. Vor allem für KMU ist das<br />

Programm somit eine sehr profitable Möglichkeit,<br />

Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />

zu finanzieren. Oftmals sind es eben<br />

die kleinen Unternehmen, die echte „Game-<br />

Changer“-Ideen hervorbringen, denen es aber<br />

an entsprechenden Mitteln fehlt, um die Entwicklung<br />

zu finanzieren. Förderprogramme<br />

wie ZIM reduzieren die technologischen und<br />

wirtschaftlichen Risiken, die Innovationen mit<br />

sich bringen. Sie fördern zudem den Wissenstransfer<br />

und die Synergieeffekte zwischen<br />

Forschung und Wirtschaft. Das bewährte<br />

System der direkten Förderprogramme wie ZIM bietet dem Wirtschaftsstandort<br />

Deutschland ein echtes Alleinstellungsmerkmal und<br />

einen Standortvorteil im Vergleich zu anderen Wirtschaftsnationen.<br />

Indirekte Gefährdung<br />

Die Wirksamkeit der direkten Förderung wurde durch eine ausführliche<br />

unabhängige Studie belegt. Die ZIM-Richtlinie wird bis <strong>20</strong>25 verlängert.<br />

Zugleich zieht Deutschland als eines der letzten Länder nun<br />

mit der indirekten Förderung in Form der steuerlichen Forschungszulage<br />

nach. Falls sich diese mittelfristig nachteilig auf die direkten<br />

Förderprogramme wie ZIM auswirken würde, käme es dadurch nicht<br />

nur zu einer Abwertung des Wirtschaftsstandorts, sondern auch zur<br />

Schwächung innovativer KMU.<br />

Gut zu wissen<br />

n Die Zuschüsse, die mit dem ZIM-Programm bewilligt wurden, müssen nicht zurückgezahlt werden<br />

n Bezüglich der eingesetzten Technologie eines ZIM-Projekts gibt es keine Vorgaben. Wichtig ist nur, dass das Vorhaben<br />

technologisch innovativ und riskant ist<br />

n DORUCON – Dr. Rupp Consulting GmbH betreut bundesweit Mandanten aus verschiedenen Industriebereichen, unterstützt<br />

sowohl bei direkten Zuschüssen wie ZIM als auch bei der steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung<br />

www.dorucon.de<br />

Weitere infos unter: https://bvmw.info/zim-info<br />

Dr. Jörg Rupp<br />

Geschäftsführer<br />

DORUCON –<br />

Dr. Rupp Consulting<br />

GmbH<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.dorucon.de<br />

Foto: Foto: © © NN dorian<strong>20</strong>13 von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

55<br />

FINANZTIPP<br />

Schwindende Sicherheiten<br />

Dass Geld, das Sie auf Ihr Bankkonto einzahlen, nicht mehr Ihnen<br />

gehört, sondern der Bank, hat sich mittlerweile herumgesprochen.<br />

Und dass die Bank mit „Ihrem“ Geld letztlich<br />

machen kann, was sie will, ebenso. Jedes Mal, wenn dieses Thema<br />

publikumswirksam behandelt wird, sind in der Nacht die Bankautomaten<br />

leer.<br />

Ist denn die Angst der Sparer so groß, dass sie ihr Geld nicht mehr<br />

zurückbekommen könnten? Ja, denn bei einem Bankrun könnten die<br />

Einleger nicht sofort ausbezahlt werden. Ein Sturm auf die Banken<br />

ist bei uns jedoch unwahrscheinlich. Wie schon gehabt: Ein Wort aus<br />

der Regierung wie „Ihr Geld in der Bank ist sicher“ genügt wohl auch<br />

in der nächsten Krise – obwohl wir doch genau wissen, dass „Ihr“<br />

Geld schon längst das Geld der jeweiligen Bank ist.<br />

Sicher bei der Bank ist nur das Geld, das Sie dort in einem Safe aufbewahrt<br />

haben – jedenfalls weitgehend. Doch das ist ein anderes<br />

Thema. „Sicher“ sind nicht die (Rück-)Zahlungsversprechen, sondern<br />

nur die Wertpapiere, die Sie in den (ausgesonderten) Depots bei<br />

den Banken halten, aber über die Sie im Falle eines Falles nicht immer<br />

sofort verfügen können. Außerdem gibt es ja noch Frankfurt: Die<br />

Notenbanken werden in einer Notsituation den Banken frisches Geld<br />

zur Verfügung stellen, damit jeder sehen kann, dass genügend Geld<br />

vorhanden ist. Nur böse Zungen behaupten da, unsere Geldscheine<br />

seien Scheingeld.<br />

Dann gab es doch noch eine „Sicherungsgrenze“ von <strong>20</strong> Prozent der<br />

„maßgeblichen Eigenmittel“… Per 1.1.<strong>20</strong><strong>20</strong> ist diese ohne großes Aufsehen<br />

auf 15 Prozent gesenkt worden. So einfach und schnell geht<br />

das für die Bankenlobby.<br />

Die Älteren, die noch in eine Bankfiliale gehen, sterben aus. Und immer<br />

mehr erledigen ihre Bankgeschäfte online – und das noch zu<br />

viel günstigeren Gebühren. Über kurz oder lang braucht kein Mensch<br />

mehr die klassischen Banken. Eine Idee zum Nachdenken: Die Finanzämter<br />

besorgen sich eine Banklizenz und führen die Konten für<br />

alle Einwohner per Internet, Steuern werden dann gleich ab- und umgebucht.<br />

Und bei der „Finanzamtsbank“ braucht man kein Insolvenzrisiko<br />

zu befürchten …<br />

Aber nicht nur Banken haben es schwer zu überleben, auch klassische<br />

Lebens- und Rentenversicherungen. Diese sind ja gesetzlich<br />

gezwungen, das Geld festverzinslich anzulegen. Doch statt Zinsen<br />

gibt es Negativzinsen. Hier rächt sich, dass der Gesetzgeber angebliche<br />

Sicherheit überbewertet hat – wohl mit dem Hintergedanken,<br />

dass die Versicherer die (eigenen) Staatsanleihen kaufen müssen.<br />

Und was heißt das für uns Anleger? Wir müssen uns selbst um unser<br />

Geld kümmern. Klassische Lebensversicherungen sind in fondsgebundene<br />

Versicherungen zu tauschen, und für die Fondsauswahl<br />

bedarf es eines externen Beraters.<br />

Foto: © NN<br />

Mein alter Freund Herbert Pohl, ein Banker der alten Schule, meinte,<br />

die Deutsche Bank werde nicht untergehen. Die Politik werde nicht<br />

zulassen, dass der Name „Deutsche“ zerstört würde. Aber das war zu<br />

den Tagen von Hermann Josef Abs. Aber was, wenn doch? Die Einlagensicherung<br />

beträgt nur 100.000 Euro im Falle eines Bankenkonkurses.<br />

Das deckt die meisten Bankkunden ab. Aber ist diese Grenze<br />

sicher? Zudem wird die Höhe der Einlagensicherung wahrscheinlich<br />

gesenkt. Das kann mit einem Federstrich geschehen, vielleicht auf<br />

30.000 Euro. Motto: Der Kleinanleger soll geschützt werden.<br />

Hans-Peter Holbach<br />

Herausgeber des Informationsdienstes<br />

Geld (erscheint im 47. Jahrgang)<br />

www.geldbrief.com<br />

Chefredakteur beim Vertraulichen<br />

Schweizer Brief<br />

www.vertraulicher.com


56 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Bargeldlos in die Zukunft?<br />

Die Politik möchte den Abschied vom Bargeld. Doch die Deutschen tun sich schwer, von Münze,<br />

Schein und Portemonnaie zu lassen. In anderen Ländern hat man weniger Bedenken.<br />

Deutschland ist ein Paradies für Bargeldzahler. Nirgendwo wird die<br />

Brieftasche öfter gezückt als im einstigen Land der harten D-Mark:<br />

58.000 Geldautomaten stehen zur Verfügung, die Banken halten<br />

mittlerweile 37,4 Milliarden Euro Bargeld vor. <strong>20</strong>19 ist das im Umlauf<br />

befindliche Bargeld auf einen Rekordbetrag von 247 Milliarden Euro<br />

angewachsen.<br />

Die Diskussion um das Bargeld<br />

Doch seit April <strong>20</strong>19 wird der 500-Euro-Schein nicht mehr gedruckt.<br />

Die Politik fürchtet das Bargeld, schließlich können Transaktionen in<br />

cash der Schattenwirtschaft, der Geldwäsche oder dem Drogen- und<br />

Waffenhandel dienen. Dagegen hoffen die Anbieter von Kreditkarten,<br />

Bezahl-Apps und Internet-Bezahldienstleistungen auf Gewinne und<br />

Kundendaten, während die Europäische Zentralbank und der Internationale<br />

Währungsfonds ihre Null- und Negativzinspolitik fortsetzen<br />

möchten. Doch kostet das Geld auf der Bank Geld, werden Kunden<br />

ihre Konten leerräumen. Deshalb misstrauen die Währungshüter<br />

der klingenden Münze. Schlussendlich sind zahlreiche Verbraucher<br />

vom bargeldlosen Zahlen schlicht überzeugt: Es ist schnell, bequem<br />

und übersichtlich. Aber es formiert sich Widerstand: Bargeld sei geprägte<br />

Freiheit, hört man von den Gegnern, und „Was passiert mit<br />

meinen Daten?“<br />

Ein Blick auf die anderen<br />

In anderen Ländern sind die Verbraucher entspannter. Vor allem die<br />

nördlichen Nachbarn sind neuen Technologien zugeneigt. Die Norweger<br />

bezahlen ihre Lachsschnitte in der Regel mit Karte oder per<br />

App. Bei nur elf Prozent aller Zahlungen geht Bargeld über den Tisch.<br />

In dünn besiedelten Regionen wie Lappland gibt es kaum Geldautomaten,<br />

die Netzabdeckung indes ist flächendeckend gut. Die Bezahl-App<br />

„Vipps“ erlaubt mobiles Bezahlen auch dort, wo keine Kartenlesegeräte<br />

vorhanden sind. 3,2 von 5,3 Millionen Bürgern haben<br />

sich die App geladen, über hundert Banken akzeptieren das System.<br />

Ähnlich Schweden: Von den 1.500 Bankfilialen halten 900 kein Bargeld<br />

vor, in vielen sucht man einen Automaten vergebens. Stockholms<br />

Metro und Busse akzeptieren gar kein Bargeld mehr. Dort und<br />

in den meisten Geschäften zahlt man mit der App „Swish“, die schon<br />

<strong>20</strong>12 von sechs schwedischen Banken entwickelt wurde.<br />

Norwegen: Keine Geldautomaten,<br />

dafür perfekte Netzabdeckung auch<br />

im hintersten Lappland.<br />

Unter komplett anderen Vorzeichen entwickelt sich der Zahlungsverkehr<br />

in Kenia: Wie viele strukturschwache Länder in Afrika hat Kenia<br />

einen Technologieschritt übersprungen: Bankhäuser gibt es kaum,<br />

da die Infrastruktur nie entwickelt genug war. Stattdessen greift die<br />

Bevölkerung gleich zum Handy und nutzt M-Pesa, eine Art Agentur,<br />

die Bezahlvorgänge und Geldsendungen organisiert. Pro Jahr verwaltet<br />

M-Pesa knappe zwei Milliarden Transaktionen. 49 Prozent<br />

des Bruttoinlandproduktes werden über das Handy umgesetzt, 93<br />

Prozent der knapp 50 Millionen Einwohner nutzen den mobilen Zahlungsverkehr.<br />

Anzahl der Geldautomaten in Kenia: 2.000, Tendenz<br />

sinkend.


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

57<br />

Geld stinkt nicht, ist aber dreckig<br />

Davon ist Deutschland noch weit entfernt, genauso wie von der kompletten<br />

Abschaffung des Bargeldes. Und das ist gut so, denn nur<br />

die Barzahlung hinterlässt keine Spuren. Doch wer deshalb konsequent<br />

auf Kreditkarte und mobiles Bezahlen verzichtet, sollte genau<br />

so konsequent die Hände waschen: Auf 80 untersuchten Banknoten<br />

fanden Forscher pro Schein 3.000 verschiedene Bakterientypen.<br />

Bernd Ratmeyer<br />

Journalist<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

Gefahren für Volkswirtschaft und Privatsphäre<br />

Doch Bargeldrestriktionen, vor allem staatlich durchgesetzte, können<br />

auf Widerstand treffen. Indiens Präsident Narendra Modi erklärte<br />

<strong>20</strong>16 alle 500- und 1000-Rupien-Scheine für ungültig. Lange<br />

Schlangen bildeten sich vor den Geldautomaten, denn Indiens<br />

Binnenwirtschaft beruht wesentlich auf Bargeld. Aus diesen beiden<br />

Banknoten bestehen 86 Prozent des Bargeldumlaufes. Chaos war<br />

die Folge, denn Kartenzahlung oder Bezahl-Apps sind in Indien unüblich;<br />

in den abgelegenen ländlichen Regionen gibt es keine Lesegeräte.<br />

Da helfen auch die 300 Millionen kostenlose Konten, die Modi<br />

eigens für seine Bürger einrichten ließ, nichts: Nur die Hälfte wird genutzt.<br />

Indien ist ein Bargeldland.<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

Anzahl<br />

Bargeldloser<br />

Transaktionen<br />

pro Kopf in <strong>20</strong>18<br />

Die Kritiker der Bargeldabschaffung beobachten auch die Entwicklung<br />

in China sehr genau. Bezahldienstleister wie Alipay oder Wechat<br />

Pay treiben mobiles Zahlen aggressiv voran. Mit Erfolg: Auch in der<br />

entferntesten Provinz wird auf dem Dorfmarkt mobil bezahlt, Bettler<br />

bitten nicht per Pappschild um eine Gabe, sondern halten ihr Handy<br />

mit dem QR-Code hoch. Mobile Transaktionen erreichten <strong>20</strong>18 ein<br />

Volumen von 41,3 Milliarden Dollar. 525,1 Millionen Chinesen nutzen<br />

dafür ihr Handy. Immer populärer wird „Smile to pay“, hier erfasst eine<br />

3-D-Kamera die biometrischen Daten des Kunden, das Geld wird<br />

abgebucht. Das Gesicht ersetzt immer öfter auch die Bordkarte für<br />

das Flugzeug, den Zimmerschlüssel im Hotel, das U-Bahn Ticket<br />

und natürlich die Kreditkarte. Ein Albtraum für Datenschützer und<br />

Menschenrechtler, in China kommen auf 1.000 Einwohner mehr als<br />

100 Überwachungskameras.<br />

<strong>20</strong>0<br />

100<br />

Norwegen<br />

Schweden<br />

Spanien<br />

Deutschland<br />

Schweiz<br />

Luxemburg<br />

Frankreich<br />

Estland<br />

Niederlande<br />

Großbritannien<br />

Irland<br />

Finnland<br />

Dänemark<br />

Quelle: BCG-Ranking (Studie der Boston Consulting Group)<br />

Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel


58 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Kryptowährungen:<br />

Der Markt wächst weiter<br />

Mit ihrer Blockchain-Strategie erteilt die Bundesregierung Facebooks Kryptowährung Libra eine<br />

deutliche Absage. Welches Potenzial hat die Währung, und wie sollen Unternehmer reagieren?<br />

Seit <strong>20</strong>17 hat sich weltweit ein regelrechter Hype um Kryptowährungen<br />

entwickelt. Allen voran steht Bitcoin, der auf einen<br />

Wert von über <strong>20</strong>.000 Euro anstieg, ehe dann kurz vor Weihnachten<br />

<strong>20</strong>17 die Blase platzte. Seitdem schwankt die mit Abstand<br />

bekannteste Kryptowährung zwischen einer Bewertung von 2.500<br />

und 10.000 Euro. Die goldenen Zeiten von <strong>20</strong>17 sind also in weiter<br />

Ferne. Der gesamte Kryptomarkt hingegen wächst seit <strong>20</strong>17 kontinuierlich<br />

weiter, zwar nicht mehr in Form großer öffentlicher Aufmerksamkeit,<br />

sondern mit Investitionen und Engagement der ganz<br />

großen Player. Den größten Wurf plante die Libra Association, ein<br />

ursprünglich 28-köpfiges Konsortium, das von Facebook angeführt<br />

wird. Libra ist ein sogenannter Stablecoin, der <strong>20</strong><strong>20</strong> auf den<br />

Markt kommen soll. Stablecoins haben zu anderen Währungen feste<br />

Wechselkurse und werden durch werthaltige Anlagen der Anbieter<br />

gedeckt. Neben Facebook waren bei Libra zahlreiche andere große<br />

Player wie Vodafone, Uber, eBay und Mastercard mit an Bord.<br />

Absage an Stablecoins<br />

Mitte September <strong>20</strong>19 ging dann ein Ruck durch die deutsche Blockchain-Community.<br />

Das Bundeskabinett veröffentlichte seine Blockchain-Strategie<br />

und erteilte Stablecoins eine deutliche Absage. Obwohl<br />

Libra nicht namentlich genannt wird, ist klar, wer gemeint ist.<br />

„Die Bundesregierung wird sich auf europäischer und internationaler<br />

Ebene dafür einsetzen, dass Stablecoins keine Alternative zu staatlichen<br />

Währungen werden“, so das Bundeskabinett. In Anbetracht<br />

der bereits bestehenden Marktmacht der großen Tech-Konzerne befürchtet<br />

die Politik, dass private Stablecoins es schaffen könnten,<br />

Staaten und insbesondere Notenbanken den Rang abzulaufen. Nicht<br />

nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in den USA ist Libra<br />

den Notenbanken ein Dorn im Auge. Und die Befürchtungen sind<br />

nicht unberechtigt: Wenn alleine bei Facebook weit über zwei Milliarden<br />

Menschen registriert sind, und all diese Menschen mit der Währung<br />

in Kontakt kommen werden, kann diese das bestehende System<br />

revolutionieren.<br />

Wie geht es nun weiter?<br />

Mittlerweile haben einige bekannte Namen wie VISA, Mastercard und<br />

Paypal das Konsortium wieder verlassen. Facebook hingegen gibt<br />

sich weiterhin optimistisch, dass Libra <strong>20</strong><strong>20</strong> auf den Markt kommt.<br />

Aufgrund der Erfolgsgeschichte und der Marktdominanz von Facebook,<br />

Apple und Co. müssen Vorstöße, wie bei Libra, genauestens<br />

beobachtet werden. Für den <strong>Mittelstand</strong> hingegen gilt: Statt mit Kryptowährungen<br />

zu spekulieren, sollte lieber überprüft werden, ob die<br />

Anwendung von Blockchain im Geschäftsmodell sinnvoll ist. Denn<br />

Blockchain ist mehr als nur Kryptowährung. Ein Blick in die Blockchain-Strategie<br />

der Bundesregierung wird sich lohnen.<br />

Gut zu wissen<br />

Unterschied zwischen Bitcoin und Libra:<br />

n Bitcoin ist dezentral, öffentlich und kann im Grunde genommen von<br />

keiner Person kontrolliert werden<br />

n Der Wert von Bitcoin setzt sich alleine aus Angebot und Nachfrage<br />

zusammen, weshalb hohe Schwankungen eher die Regel als die Ausnahme<br />

sind<br />

n Libra hingegen wird der Kontrolle der Konsortiummitglieder unterliegen,<br />

die mit ihren eigenen Anlagen dafür sorgen, dass die Kryptowährung<br />

wesentlich stabiler bleibt<br />

Luke Voutta<br />

BVMW Referent für Digitales<br />

luke.voutta@bvmw.de<br />

Foto: © Khunatorn von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

59


60 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

So meistern Sie Krisen<br />

Nach Jahren starker Konjunktur verdichten<br />

sich die Anzeichen eines wirtschaftlichen<br />

Abschwungs. Wie soll man mit Krisen<br />

umgehen? Und wie geht es weiter, wenn sich<br />

eine Insolvenz nicht vermeiden lässt?<br />

Nach Zeiten des erfolgreichen Wachstums und guter Gewinne<br />

zeigen sich für viele Unternehmen dunkle Wolken am Horizont.<br />

War es <strong>20</strong>07/8 die Subprime- und Bankenkrise in den<br />

USA, können es heute Handelskriege und die Umwälzungen in der<br />

Automobilindustrie sein, die den Ausschlag geben. Manche Unternehmen<br />

sind schon mittendrin im Sturm, je nach Branche stellt sich<br />

das Bild zurzeit sehr unterschiedlich dar.<br />

Im Prinzip nichts Neues. Auf Wachstums- und Boomphasen folgen<br />

stets Phasen des wirtschaftlichen Rückgangs, auf die dann wieder<br />

Wachstumsphasen folgen. Immer wieder das Gleiche, und doch immer<br />

wieder neu. Wie sonst kann man sich die steigenden Insolvenzen<br />

in einer Rezession erklären. Eigentlich müsste es den Unternehmen<br />

doch leichtfallen, Krisenanzeichen zu erkennen und rechtzeitig<br />

zu reagieren.<br />

Gründe für Insolvenzen<br />

Zu den Hauptursachen von Insolvenzen zählen ein unzureichendes<br />

Controlling und Liquiditätsmanagement, ein falscher Führungsstil<br />

und Fehler bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens.<br />

Darüber hinaus entstehen viele Unternehmenskrisen und Insolvenzen<br />

durch unerwartete Ereignisse, plötzliche Marktveränderungen,<br />

Zahlungsschwierigkeiten von Kunden oder Versorgungsprobleme<br />

bei Lieferanten. Natürlich kann man sich nicht auf alle Eventualitäten<br />

vorbereiten oder sich gegen diese versichern.<br />

Es gibt aber noch eine weitere Ursache, mit der Unternehmer unbewusst<br />

zur Verschärfung von Krisen beitragen: Sie wollen die Zeichen<br />

nicht erkennen, sie glauben, alles alleine besser zu können, sie haben<br />

nicht den Mut, unangenehme Wahrheiten anzuerkennen und sich<br />

professionelle Unterstützung zu holen. Viele glauben, dass sich mit<br />

Willen, Durchhalteparolen und Hoffnung schwierige Zeiten durchstehen<br />

lassen. Das mag manchmal richtig sein. Aber der Hauptgrund<br />

für Unternehmensinsolvenzen ist diese abwartende Haltung. Rechtzeitig<br />

erkannt und angepackt, lassen sich viele Probleme proaktiv lösen.<br />

Oft kommen Unternehmen aber erst dann zur Beratung, wenn<br />

es schon zu spät ist.<br />

Woran kann man Krisen erkennen?<br />

Rückläufige Umsätze und Absätze, sinkende Erträge oder Verluste<br />

Foto: Foto: © © NN nehopelon von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

61<br />

Gut zu wissen<br />

Das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg hat ein Pilotprojekt<br />

gestartet, das ein Konzept der zweiten Chance zur Unterstützung von<br />

Unternehmern entwickelt. In Kooperation mit TEAM U-Restart gGmbH<br />

werden im Rahmen von zehn Pilotworkshops von März bis Mai <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

erstmals Re-Starter-Trainings stattfinden. Dabei wird erarbeitet, welche<br />

Unterstützung für Re-Starter wichtig ist, und wie sich diese in die Gründerförderung<br />

in Baden-Württemberg integrieren lässt. Ziel ist es, das<br />

Potenzial zu nutzen, das in der zweiten Chance steckt.<br />

und Liquiditätsengpässe sind objektive Hinweise darauf, dass Handlungsbedarf<br />

besteht. Neben diesen objektiven gibt es auch subjektive<br />

Kriterien. Hierzu zählen die Meinungen anderer Marktteilnehmer,<br />

eventuelle Sorgen und Bedenken der Mitarbeiter und natürlich das<br />

eigene Bauchgefühl. Es lohnt sich, bei allen Kriterien genau hinzuschauen<br />

und darauf zu achten, sich selbst nichts vorzumachen.<br />

Ungeachtet möglicher Ursachen ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit<br />

den Indikatoren und Handlungsspielräumen zu beschäftigen und<br />

sich mit einer möglichen Krise auseinanderzusetzen. Es empfiehlt<br />

sich, schon in guten Zeiten einen Notfallplan zu erarbeiten.<br />

Die Herausforderung in der Krise ist, dass neben dem erforderlichen<br />

Mehreinsatz auf der Marktseite auch das Thema Krisenbewältigung,<br />

Kosteneinsparung, Restrukturierung hinzukommt und zusätzlich<br />

Stress verursacht und Zeit und Energie bindet. Und das in einer Phase,<br />

in der man schnell reagieren und möglichst kreativ und lösungsorientiert<br />

denken können sollte.<br />

FUCKUP<br />

Das Scheitern von heute sind<br />

die Erfolge von morgen<br />

Bert Overlack<br />

Verlag Wiley<br />

255 Seiten<br />

19,99 €<br />

Im Fall einer Insolvenz<br />

Wenn das eigene Unternehmen in seiner Existenz bedroht wird, dann<br />

ist das für fast alle Unternehmer und ihre Familien eine sehr belastende<br />

emotionale Situation. Der Verlust eines Unternehmens ist oft ein<br />

traumatisches Erlebnis und muss verarbeitet werden. Das braucht<br />

Zeit und eine professionelle Begleitung. Alle Unternehmer und Unternehmerinnen<br />

hatten irgendwann in ihrem Leben eine Krise. Mit kompetenter<br />

Begleitung, Mut und oft auch etwas Glück konnten sie eine<br />

Insolvenz vermeiden.<br />

In einer erfolgsorientierten Gesellschaft besteht die Tendenz, sich nur<br />

an erfolgreichen Menschen zu orientieren. Dabei wird die andere Seite<br />

der Medaille des Erfolgs ignoriert. Es täte gut, die Erfahrungen und<br />

wertvollen Erkenntnisse dieser Seite in Lernprozesse einzubeziehen.<br />

Gut zu wissen<br />

Es gibt umfangreiche Möglichkeiten der<br />

Unterstützung vor, während und nach einer<br />

Krise oder Insolvenz:<br />

n Infos zu den Start-up BW Re-Starter<br />

Trainings gibt es unter https://<br />

www.startupbw.de/themen/re-starter/<br />

n Infos zu TEAM U Restart gGmbH und<br />

seinem Unterstützungsangebot unter<br />

www.team-u.de<br />

n Info zum DanubeChance 2.0 Projekt unter<br />

https://bvmw.info/danube-chance<br />

n Das BAFA fördert die Beratung von<br />

Unternehmen in Schwierigkeiten<br />

https://bvmw.info/bafa-foerderung<br />

Bert Overlack<br />

Geschäftsführer<br />

bert.overlack GmbH<br />

Mitglied im<br />

Bundeswirtschaftssenat<br />

www.bertoverlack.de


62 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

STEUERN AUF DEN PUNKT<br />

Private Darlehen im Steuerrecht<br />

Viele Unternehmen können sich nicht allein aus dem laufenden<br />

Cashflow finanzieren. Regelmäßig springen die Gesellschafter<br />

in die Bresche. Schließlich verspricht ein Gesellschafterdarlehen<br />

eine höhere Rendite als die Geldanlage am Markt. Was tun, wenn<br />

die Forderung uneinbringlich wird?<br />

In der jüngeren Vergangenheit wurde über die Frage, ob und unter<br />

welchen Voraussetzungen private Darlehensausfälle steuerlich zu<br />

berücksichtigen sind, trefflich gestritten. Der Bundesfinanzhof fuhr<br />

mit zwei Urteilen aus dem Jahr <strong>20</strong>17 sowohl der Finanzverwaltung<br />

als auch dem Gesetzgeber in die Parade und urteilte, dass Verluste<br />

aus dem Untergang von Gesellschafterdarlehen, die einer Kapitalgesellschaft<br />

gewährt wurden, sowie sonstige privaten Darlehen bei<br />

den Verlusten aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden können.<br />

Die neue Rechtsprechung war insbesondere für Gesellschafter<br />

von Kapitalgesellschaften von Vorteil, weil nunmehr der Darlehensverlust<br />

in voller Höhe steuermindernd berücksichtigt werden konnte.<br />

War der Gesellschafter zu mindestens zehn Prozent an der Kapitalgesellschaft<br />

beteiligt, war der Verlust mit dem tariflichen Einkommensteuersatz<br />

zu berücksichtigen und konnte mit Einnahmen aus<br />

anderen Einkunftsarten verrechnet werden.<br />

Gut zu wissen<br />

n Die neue Rechtslage für Gesellschafterdarlehen gilt für<br />

Verluste, die nach dem 31. Juli <strong>20</strong>19 realisiert werden. Die<br />

steuerliche Behandlung von Darlehensverlusten vor diesem<br />

Zeitpunkt sollte aufgrund der kontroversen Rechtslage mit<br />

einem Steuerberater erörtert werden.<br />

n Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht klar ersichtlich,<br />

ob der Höchstbetrag von 10.000 Euro pro Jahr bei Ausfall<br />

mehrerer privater Darlehen auch mehrfach genutzt werden<br />

kann. Bis zur Klärung dieser Rechtsfrage ist zu erwägen, anstelle<br />

eines großen mehrere kleinere Darlehen zu vergeben.<br />

Gesellschafterdarlehen<br />

Mit dem Jahressteuergesetz <strong>20</strong>19 reagiert der Gesetzgeber nun auf<br />

die unliebsame Rechtsprechung. Für Gesellschafter, die zu mehr als<br />

einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt sind, wird der<br />

ausbleibende Rückzahlungsanspruch nicht mehr als Verlust bei den<br />

Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Stattdessen erhöht<br />

die Darlehensvaluta die Anschaffungskosten des Gesellschafters auf<br />

seine Beteiligung. Ein Verlust realisiert sich somit erst beim Verkauf<br />

oder insolvenzbedingten Untergang der Anteile. Aufgrund der steuerlichen<br />

Sonderregelung für Erlöse aus Beteiligungsveräußerungen<br />

– dem Teileinkünfteverfahren – schlägt der Darlehensausfall nur zu<br />

60 Prozent durch. Eine klare Schlechterstellung im Vergleich zu der<br />

vom Bundesfinanzhof vertretenen Gesetzesauslegung.<br />

Private Darlehen<br />

Auch die Möglichkeit, Verluste aus einem privaten Darlehen steuerlich<br />

geltend zu machen, wird eingeschränkt. Nämliche Verluste, die<br />

ab dem 1. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> realisiert werden, können im Steuerjahr der<br />

Entstehung nicht mehr unbeschränkt, sondern nur noch bis zum<br />

Höchstbetrag von 10.000 Euro mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen<br />

verrechnet werden. Ein Verlustüberhang ist in das nächste<br />

Jahr vorzutragen. Hiervon erfasst werden ebenfalls Darlehen eines<br />

Gesellschafters, der zu weniger als einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft<br />

beteiligt ist. Der Verlust wird im Regime der Abgeltungsteuer<br />

zu 25 Prozent steuerwirksam.<br />

Dr. Sebastian Krauß<br />

Steuerberater, Fachberater für<br />

Internationales Steuerrecht,<br />

SteuerbüroKrauß<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.steuerbuero-krauss.de


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

63<br />

KLARTEXT: FINANZIERUNG<br />

Wie Erfolg nicht zu verhindern ist<br />

Einer meiner Lieblingssätze stammt von Professor Hardy Wagner,<br />

Gründer des Gabal-Verlages. Er beschäftigt sich viel mit<br />

Persönlichkeitsmodellen und predigt, dass Verhaltensmuster<br />

und Persönlichkeitsstile zueinander passen müssen. Denn – und<br />

jetzt kommt mein Lieblingssatz – „dann lässt sich der Erfolg nicht<br />

mehr verhindern“.<br />

Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann gar nichts mehr schiefgehen,<br />

auch wenn ich mich dann noch so blöd anstelle. Eigentlich sehr<br />

einfach. Doch dieses „eigentlich“ ist für viele eine schier unüberwindliche<br />

Steilwand, an die sie sich gar nicht erst wagen, weil sie so furchterregend<br />

hoch, gefährlich und vor allem fremd erscheint. Es mag ein<br />

wenig mühsam erscheinen, sich mit solchen weichen Faktoren auseinanderzusetzen,<br />

Persönlichkeiten als solche zu sehen und zu erkennen<br />

– sowohl im Unternehmen als auch beim Kunden. Beides ist<br />

wichtig und erleichtert danach so vieles – den Erfolg zum Beispiel.<br />

Stattdessen setzen viele auf die Karte Geld und Finanzierung. Nun<br />

leben wir in einem kapitalistischen System, in dem der Faktor Geld<br />

eine große Rolle spielt. Es ist also eine gute Idee, Geld zu haben oder<br />

zu bekommen. Doch wer glaubt, mit Geld für Geld durch Geld alles<br />

erreichen zu können, irrt gewaltig.<br />

Unternehmenskultur kann ich nicht kaufen. Gesunde und motivierte<br />

Mitarbeiter kann ich nicht kaufen. Emotional an mich gebundene<br />

Kunden kann ich nicht kaufen. Wertvolle Empfehlungen aus einem<br />

stabilen Netzwerk kann ich nicht kaufen. All das sind Themen,<br />

die wesentlich über Wohl und Weh eines Unternehmens entscheiden.<br />

All das sind aber auch Themen, die nicht umsonst zu haben sind, die<br />

Ressourcen fordern: eigene Zeit, jene der Mitarbeiter und auch Geld.<br />

Das Schöne am Unternehmertum ist ja, gestalten zu können. Freiheitsgrade,<br />

die auch Bürokratie, Kammern und die EU nicht kaputt<br />

bekommen, wenn wir zu uns selbst im Guten ehrlich sind. Deswegen<br />

ist es unsere höchste Aufgabe, die Voraussetzungen zu schaffen,<br />

dass es läuft: sich zu positionieren, sich persönlich zu entwickeln<br />

und dann in die Belegschaft und das Umfeld zu wirken.<br />

Warum sage ich das alles? Nun, in dieser Ausgabe von „<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.“<br />

geht es um Finanzierung. Deswegen nehme ich mir an dieser<br />

prominenten Stelle die Freiheit, darauf hinzuweisen, dass Bankmitarbeiter,<br />

Berater und Förderer wichtig sind. Doch viel wichtiger bin<br />

ich als Unternehmer: Meine Kraft, meine Begeisterung, mein unbändiger<br />

Wille schlägt in der Wirkung jede Finanzierungsrunde um Längen.<br />

Oder, um es mit Professor Hardy Wagner zu sagen, dann lässt<br />

sich der Erfolg nicht mehr verhindern.<br />

Guido Augustin<br />

BVMW Pressesprecher<br />

Rheinhessen<br />

Kommunikationsberater<br />

ga@guidoaugustin.com<br />

Foto: © Heike Rost


64 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

FINANZIERUNG IN ZAHLEN<br />

DREIUNDFÜNFZIGKOMMANEUN PROZENT<br />

der Unternehmen haben im vergangenen Jahr Kreditverhandlungen geführt. Somit bleiben Bankkredite eine wichtige Finanzierungsquelle<br />

für Unternehmer.<br />

Quelle: KfW-Studie „Unternehmensbefragung <strong>20</strong>19“<br />

19,4<br />

45<br />

Prozent der kleinen Unternehmen (bis eine Million Euro Umsatz)<br />

melden Schwierigkeiten beim Kreditzugang. Für sie ist der<br />

Zugang zu Krediten dreimal so schwierig wie für Unternehmen<br />

mit über 50 Millionen Euro Umsatz.<br />

Quelle: KfW-Studie „Unternehmensbefragung <strong>20</strong>19“<br />

Prozent Eigenmittel steckten mittelständische Unternehmer <strong>20</strong>18<br />

bei Investitionen in ihr Unternehmen. Die Eigenmittel stellen damit<br />

seit <strong>20</strong>06 die größte Finanzierungsquelle für den deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />

bei Investitionen dar.<br />

Quelle: KfW<br />

48,6<br />

Prozent betrug der Anteil durch Kartenzahlung<br />

im vergangenen Jahr im deutschen Einzelhandel.<br />

Damit verzeichnete der Einzelhandel<br />

erstmals einen höheren Umsatz durch<br />

Kartenzahlungen als durch Zahlungen mit<br />

Bargeld (48,3 Prozent).<br />

Quelle: Bitkom Studie<br />

Prozent der mittelständischen Unternehmen<br />

sind bereit, mit Fintechs zusammenzuarbeiten.<br />

Fintechs bieten mittlerweile eine<br />

solide Alternative für die Finanzierung der<br />

Unternehmen. Der Vorteil der neuen Finanzierungsformen<br />

liegt meist in den geringeren<br />

bürokratischen Anforderungen an die<br />

Unternehmen.<br />

Quelle: BVMW-Unternehmerumfrage<br />

85<br />

44<br />

Prozent der Unternehmer bewerteten ihre Finanzierungssituation<br />

im Jahr <strong>20</strong>18 mit gut, <strong>20</strong> Prozent sogar mit sehr gut.<br />

Quelle: BVMW-Unternehmerumfrage<br />

Eigenkapital waren <strong>20</strong>17<br />

im <strong>Mittelstand</strong> vorhanden. Damit<br />

ist die Quote in den vergangenen<br />

zehn Jahren um 6,6 Prozentpunkte<br />

gewachsen. Der Anstieg der<br />

Eigenkapitalquote ist vor allem<br />

31,2Prozent<br />

durch die positive wirtschaftliche<br />

Entwicklung zu erklären.<br />

Quelle: Statista<br />

80<br />

Prozent des Kreditvolumens im <strong>Mittelstand</strong><br />

entfällt auf Hausbanken. Vor allem kleine Unternehmen<br />

sind eng mit ihrer Hausbank verknüpft.<br />

Größere Mittelständler diversifizieren<br />

ihre Geschäftsbeziehungen zu Kreditinstituten<br />

und sind häufig breiter aufgestellt.<br />

Quelle: BVMW


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BWS<br />

65<br />

Bundeswirtschaftssenat<br />

Bundeswirtschaftssenat<br />

Der Bundeswirtschaftssenat ist das Spitzengremium<br />

des BVMW. Ihm gehören 230 herausragende<br />

Der Bundeswirtschaftssenat ist das Spitzengremium des BVMW.<br />

Ihm gehören 230 herausragende Unternehmerpersönlichkeiten an,<br />

Unternehmerpersönlichkeiten darunter vier deutsche Nobelpreisträger an, darunter und zahlreiche vier deutsche<br />

Nobelpreisträger und zahlreiche Marktführer.<br />

Die inhabergeführten Unternehmen stehen für einen<br />

Marktführer. Die inhabergeführten Unternehmen stehen für einen<br />

Jahresumsatz von circa 100 Milliarden Euro und rund 1 Million<br />

Jahresumsatz von circa Arbeitsplätze. 100 Milliarden Euro und rund<br />

eine Million Arbeitsplätze.<br />

In dieser Ausgabe von „Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“<br />

In dieser Ausgabe von<br />

„Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“:<br />

erzählt Martin Billhardt, Vorstandvorsitzender der Pfisterer Holding AG,<br />

wie die traditionsreiche Firma mit dem steten Wandel in der<br />

Energiebranche umgeht.<br />

Jörg Burmistrak, Geschäftsführer der Burmistrak &<br />

Partner Stephan Steuerberatungsgesellschaft Frigge, Geschäftsführer von Phoenix Contact, mbB, fordert erläutert, eine<br />

vor Vereinfachung welchen Herausforderungen des Steuerrechts der Weltmarktführer und steuerliche<br />

im Bereich der<br />

Entlastung für Unternehmen.<br />

Elektrotechnik steht und stellt die Arbeitskultur in seinem<br />

Unternehmen vor.<br />

Bernhard Oberschmidt, Vorstandsvorsitzender der USU<br />

Software AG, erzählt die Geschichte des Fortschritts und<br />

der Digitalisierung anhand des eigenen Unternehmens.


66 BWS<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

JÖRG BURMISTRAK<br />

Burmistrak & Partner<br />

Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />

Foto: © NN


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BWS<br />

67<br />

„Das Steuerrecht müsste<br />

vereinfacht werden“<br />

Burmistrak und Partner haben sich seit ihrer Gründung 1992 von einer klassischen Steuerberatungsgesellschaft<br />

zu einer Kanzlei entwickelt, die ihren Mandanten durch einen ganzheitlichen<br />

Beratungsansatz zur Seite steht.<br />

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Burmistrak, Sie bieten nicht nur Hilfe bei<br />

den großen Herausforderungen, sondern auch bei den notwendigen<br />

Routineservices, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, der Digitalisierung<br />

und ähnlichem.<br />

wenn man Steuergeschenke bis hin zu unsinnigen Zuwendungen<br />

einbezieht. Eines von vielen ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von<br />

sieben Prozent für Übernachtungen. Für mich ein Klassiker eines politischen<br />

Geschenkes. Vieles davon ist einfach absurd.<br />

Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />

Jörg Burmistrak: Als Partner des <strong>Mittelstand</strong>s definieren wir uns auch<br />

immer als diejenigen, die von Anfang an dabei sind und beratend begleiten.<br />

Zu unseren Schwerpunktbranchen gehören Unternehmen des<br />

Maschinenbaus, der Automobilindustrie sowie größere Handwerksbetriebe.<br />

Nicht zuletzt durch unsere eher ländliche Lage im Südwesten<br />

gehören auch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zu unserem<br />

Mandantenkreis. Mehr denn je sind wir auch strategische Berater.<br />

Ein weiteres Expertisenfeld unserer Kanzlei sind Neugründungen und<br />

Umstrukturierungen. Das breite Feld der betriebswirtschaftlichen Beratung,<br />

wenn es beispielweise um Finanzierungsfragen, Wirtschaftsfördermaßnahmen<br />

oder der Erstellung von Betriebsentwicklungsprognosen<br />

geht, rundet unser Dienstleistungsangebot ab.<br />

Erzählen Sie etwas zum Hintergrund Ihrer Kanzlei.<br />

Ich habe in Pforzheim BWL studiert und wollte schon immer eigenverantwortlicher<br />

Unternehmer sein. Nach meinem Examen 1992 wurde<br />

sofort die Kanzlei auf der „grünen Wiese“ gegründet, buchstäblich aus<br />

dem Nichts. Von da an kamen kontinuierlich neue Mitarbeiter hinzu.<br />

Mittlerweile arbeiten bei uns, verteilt über verschiedene Standorte, 24<br />

Mitarbeiter. Und ich kann mich über die Entwicklung nicht beklagen:<br />

Unsere Umsatzrendite liegt derzeit bei circa 40 Prozent.<br />

Was ist am heutigen deutschen Steuersystem schlecht für den <strong>Mittelstand</strong>?<br />

Oder anders formuliert: Was würden Sie als Finanzminister<br />

anders machen?<br />

Da stellen Sie mir gleich die richtigen Fragen. Also, vor allem müsste<br />

das Steuerrecht wesentlich vereinfacht werden. Man versucht bislang,<br />

alle möglichen vielschichtigen Lebensverhältnisse genauestens<br />

abzubilden, um nur ja immer den Anschein der Steuergerechtigkeit<br />

zu wahren. All das aber um den Preis einer riesigen Bürokratie und<br />

immer größerer Verkomplizierung. Als Finanzminister würde ich die<br />

Bürokratie grundlegend vereinfachen. Die vermeintliche Gerechtigkeit<br />

schafft ein völliges Missverhältnis zwischen Aufwand und Resultat.<br />

Man kann gar nicht sämtliche Winkel und alle denkbaren Optionen<br />

auch nur annähernd korrekt erfassen. Allerdings ist die Möglichkeit<br />

der Steuererklärung auf einem Bierdeckel auch eine Mär. Selbst zu<br />

einer weniger extremen, notwendigen Vereinfachung fehlt aber schon<br />

die politische Kraft. Bei den vielfachen Subventionen reden wir durchaus<br />

über ein Einsparpotenzial im zweistelligen Milliardenbereich,<br />

Stichwort Pendlerpauschale im Rahmen der Debatte über den Klimawandel<br />

…<br />

Natürlich benötigen wir ein Adressieren des Klimaproblems. Die<br />

Pendlerpauschale ist allerdings schon ohne die geplante Erhöhung<br />

ein fragwürdiges Instrument. Sie belohnt diejenigen, die weit vom Arbeitsplatz<br />

entfernt wohnen und viel mit dem Auto fahren. Die zugrundeliegende<br />

Frage dabei ist, ob das Steuerrecht eine Lenkungsfunktion<br />

ausüben soll oder nicht. Falls ja, schafft die Pendlerpauschale einen<br />

Anreiz, der dem Klimaschutz entgegenwirkt. Es sollte ein anderes<br />

Instrument gewählt werden, um einen Ausgleich für Arbeitnehmer zu<br />

schaffen.<br />

Sie sind international tätig. Was ist im Vergleich zu anderen Ländern<br />

besonders gut am deutschen Steuersystem? Oder gibt es nichts<br />

Gutes?<br />

Nicht gut ist eine Steuerlast von bis zu fünfzig Prozent und mehr, wie<br />

sie auch wieder ganz aktuell von frisch gekürten Parteichefs ins Feld<br />

gebracht wird. Wir sind sehr wohl im Steuerwettbewerb mit anderen<br />

Ländern. Da dürfen wir den Anschluss nicht verlieren. Unsere Aufgabe<br />

ist es hierbei, für unsere Klienten unter den gegebenen Umständen<br />

das Optimale im Steuerdschungel zu erreichen. Allerdings haben unsere<br />

Unternehmen bei der Standortwahl nicht nur das Besteuerungsund<br />

Abgabenniveau zu berücksichtigen. Entscheidende Größen sind<br />

daneben die Infrastruktur, die Qualifikation der Fachkräfte und eine<br />

unbürokratische, effiziente Verwaltung. Unter all diesen Prämissen<br />

unterstützen wir unsere Mandanten auf ihrem Weg der Internationalisierung.<br />

Aus rein steuerlichen Gründen muss aber niemand in ein<br />

anderes Land auswandern.<br />

Apropos Steuergerechtigkeit: Ist das ein Punkt beim deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />

im Vergleich zu internationalen Großkonzernen zum Beispiel<br />

der Digitalbranche?<br />

Dies ist eine echte Herausforderung. Der klassische <strong>Mittelstand</strong> hat<br />

schlicht nicht die Möglichkeit wie Großkonzerne mit ihren international<br />

agierenden Beraterstäben, die jeweils optimale globale Positionierung<br />

zur Steuerminimierung vorzunehmen. Es kann und darf nicht<br />

sein, dass nur der deutsche <strong>Mittelstand</strong> seinen gerechten Beitrag<br />

für die Gesellschaft leistet. Der BVMW kann sich hier gegenüber der<br />

Politik deutlich positionieren und die Steuergerechtigkeit einfordern,


68 BWS<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

was er auch tut. So wie die Dinge derzeit liegen, bleibt das wohl weiterhin<br />

eine große Aufgabe für den Verband.<br />

In dem Zusammenhang: Was zählen Sie zu weiteren zentralen Aufgaben<br />

für den BVMW? Sie sind ja selbst ein wichtiger Repräsentant<br />

des Senats.<br />

In der Tat engagiere ich mich seit sehr vielen Jahren beim BVMW. Es<br />

geschieht eine ganze Menge, und die vielfältigen Leistungen des Verbandes<br />

für den <strong>Mittelstand</strong> sind nicht hoch genug zu bewerten. Damit<br />

der Verband seine einflussreiche Position insbesondere gegenüber<br />

der Politik weiter aufrecht erhalten kann, wäre es wichtig, dass<br />

sich noch mehr Mitglieder noch aktiver einbringen. An Möglichkeiten<br />

und Kompetenzen hapert es nicht. Hier gibt es auch eine gewisse<br />

Bringschuld, um die Schlagkraft noch weiter zu erhöhen. Wenn einige<br />

schon mal kritisch sind, kann ich nur sagen, dass sie selbst mehr machen<br />

sollen. Bei aller Selbstkritik versuche ich, meine Kenntnisse im<br />

Expertenkreis Unternehmensnachfolge in den BVMW einzubringen.<br />

Umgekehrt profitiere ich dann wieder von den Fähigkeiten anderer.<br />

Dazu gibt es die zahlreichen Expertenkreise, von denen dann wieder<br />

unsere eigenen Mandanten und Kunden profitieren.<br />

Zu Ihren Schwerpunkten zählt der Bereich Nachfolgeregelung. Was<br />

heißt das in Bezug auf Steuern für Ihre Mandanten? Stichwort Erbschaftsteuer<br />

…<br />

Eine Nachfolgeregelung ist zunächst eigentlich keine Frage des Alters.<br />

Wir sprechen allerdings jeden Mandanten spätestens ab 50 aktiv<br />

an, damit er sich rechtzeitig um diese Fragen zu kümmert. Nachfolge<br />

muss geregelt werden, um auch steuerlich optimal gestaltet werden<br />

zu können. Eine mittel- und langfristige strategische Planung ist hilfreich<br />

für eine optimale Ausgestaltung. Und natürlich ist das Thema<br />

sehr sensibel, und es kommt viel Psychologie ins Spiel. Wer denkt<br />

schon gerne über das „Was kommt nach mir“ nach. Das Thema behandeln<br />

wir in persönlichen Gesprächen, und dabei kommt uns zu<br />

Gute, dass wir mit den meisten unserer Mandaten ein freundschaftlich-partnerschaftliches<br />

Verhältnis pflegen. Die Umsetzung erfolgt<br />

dann in Kooperation mit Anwälten aus unserem Netzwerk.<br />

Nur noch höchstens 50 Prozent der Mittelständler übergeben ihr<br />

Unternehmen an die nächste Generation. Gibt es Ihrer Meinung<br />

nach Prinzipien, wie dennoch die Kontinuität der Firma gewährleistet<br />

bleiben kann?<br />

Ein gutes Modell ist beispielsweise die Familienstiftung. Um die optimale<br />

Lösung zu finden, führen wir – zum Teil mit weiteren Fachberatern<br />

– bereits Gespräche im Vorfeld über Ziele und Vorstellungen.<br />

Dann können wir ein steuerlich und betriebswirtschaftlich richtiges<br />

Paket schnüren.<br />

Wie ist Ihr Standpunkt hinsichtlich Erbschaftsteuer und Vermögenssteuer?<br />

Von der Politik erhoffe ich mir bestenfalls, dass nichts eingeführt wird,<br />

was Arbeitsplätze und Unternehmen gefährdet. Aber ich bin recht optimistisch,<br />

dass wir in jedem Fall mit unserer eigenen Expertise unseren<br />

Mandanten erfolgreich durch alle aktuellen und künftigen Klippen<br />

helfen können.<br />

VITA<br />

Jörg Burmistrak, Jahrgang 1963, studierte nach seiner Ausbildung<br />

Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Steuerrecht und<br />

Revision an der Fachhochschule für Wirtschaft in Pforzheim.<br />

Nach erfolgreichem Examen erfolgte 1992 die Bestellung<br />

zum Steuerberater und die Gründung der eigenen Kanzlei.<br />

Aus der Einzelpraxis entwickelte er im Laufe der Jahre eine<br />

mittelständische Steuerberatungsgesellschaft. Seit <strong>20</strong>00 ist<br />

Burmistrak geschäftsführender Gesellschafter der Burmistrak<br />

und Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB. Neben seiner<br />

Tätigkeit als Steuerberater ist Burmistrak im Vorstand und im<br />

Beirat verschiedener gemeinnütziger Stiftungen aktiv. Soziales<br />

Engagement erfolgt über die Mitgliedschaft im Lions-Club,<br />

politisch bringt er sich durch seine Tätigkeit als Stadtrat seiner<br />

Heimatgemeinde ein. Die Freizeit nutzt Burmistrak für vielfältige<br />

sportliche Aktivitäten. Er ist verheiratet und hat zwei<br />

erwachsene Kinder.<br />

Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB; © Zerbor von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> BWS 69<br />

Was ist Ihre Meinung zur schwarzen Null?<br />

Die löst bei mir sofort Reflexe aus. In der Vergangenheit hat sie durchaus<br />

Sinn gehabt. Jetzt müsste so massiv in Infrastruktur, Digitalisierung,<br />

Bildung investiert werden, dass sie obsolet ist. Vor allem auch<br />

in Zeiten einer etwas schwächelnden Konjunktur. Es geht darum, in<br />

unsere Zukunft zu investieren und den Standort Deutschland wettbewerbsfähig<br />

zu halten.<br />

Viele Bürger fühlen sich ungerecht behandelt, wenn zweistellige<br />

Milliardenbeträge durch die Steuertricks großer Multinationaler fehlen.<br />

Ist diese Ungerechtigkeit ein Thema bei Ihren Mandanten?<br />

Ein großes Thema! Hier fühlen sich sehr viele zum Beispiel in Steuerprüfungen<br />

buchstäblich auch bei Kleinigkeiten ausgequetscht wie<br />

eine Zitrone. Gleichzeitig müssen sie miterleben, wie die Großen mit<br />

Hilfe ganzer Heerscharen von Beratern ihre Steuerlast minimieren<br />

oder auf Null setzen können. Von Tricks wie Cum-Ex etc. ganz zu<br />

schweigen. Das führt häufig zu ausgeprägter Verbitterung und dem<br />

Gefühl einer nicht vorhandenen Steuergerechtigkeit.<br />

Führt das manchmal zum Ansinnen Ihrer Mandanten, weit in gesetzliche<br />

Grauzonen hineinzugehen?<br />

Zunächst gilt es, alle Möglichkeiten zur Optimierung der Steuerlast<br />

auszureizen. Illegalität kommt für uns nicht in Frage. Aber natürlich<br />

begleiten wir unsere Mandanten unter Hinweis auf das Risiko von Erfolglosigkeit<br />

auch durch schwierige Fälle, die unterschiedlich ausgelegt<br />

werden können. Dabei nehmen wir unsere Mandanten an die Hand und<br />

sprechen mit ihnen jeweils die unterschiedlichen Optionen durch.<br />

Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />

Welche Rolle spielt das Finanzamt in der Region?<br />

Insofern besteht für uns eine sachliche Arbeitsatmosphäre. Hier und<br />

da ist es natürlich von Vorteil, dass man sich kennt. Gerade auch bei<br />

Betriebsprüfungen streben wir eine sachliche Auseinandersetzung an<br />

und versuchen, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Das schließt<br />

den punktuellen Konflikt nicht aus, und wir gehen, falls notwendig,<br />

keinem Streit aus dem Weg.<br />

Wie gestalten Sie Ihre Ausbildung in der Kanzlei?<br />

Zunächst ist der Fachkräftemangel auch in unserem Berufsstand ein<br />

großes Problem. Wir versuchen, über die hiesigen Schulen und die<br />

Zurverfügungstellung von Praktikumsplätzen sowie durch Kooperation<br />

mit Hochschulen in der Region junge Menschen für einen krisensicheren<br />

Job in der Steuerberatung zu begeistern. Als Praxispartner<br />

regionaler Hochschulen sind wir Ausbildungsbetrieb für junge Menschen<br />

im Rahmen ihres dualen Studiums.<br />

Die beschauliche Stadt Knittlingen liegt am Rande eines Naherholungsgebietes.<br />

Ein guter Ort für Freizeitaktivitäten jeder Art …<br />

Unbedingt. Die Fauststadt Knittlingen am Rande des Kraichgaus gehört<br />

zur Region Nordschwarzwald und bietet eine Fülle von Freizeitmöglichkeiten<br />

und ist bekannt für ihre ausgezeichnete Gastronomie.<br />

Zusammen mit meiner Frau genieße ich die Spaziergänge durch unsere<br />

Weinberge, bleibe sportlich aktiv. Sofern zeitlich möglich, spiele<br />

ich noch Fußball, Tennis, und auch das Golfspiel gehört zu meinen<br />

Präferenzen.<br />

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.<br />

Burmistrak & Partner-Standort im baden-württembergischen Bretten.<br />

Das Gespräch führte der Medienexperte<br />

Prof. Dr. Jo Groebel<br />

Burmistrak & Partner<br />

Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />

Rechtsform: Partnerschaftsgesellschaft mbB<br />

Gründung: 1992<br />

Sitz: Knittlingen (Baden-Württemberg)<br />

Geschäftsführer: Dipl.-Betriebswirt (FH) Jörg Burmistrak,<br />

Steuerberater<br />

Mitarbeiter: 4 Berufsträger, 25 Mitarbeiter<br />

Umsatz: k. A.<br />

Branche: Steuerberatung<br />

Webseite: www.burmistrak-partner.de


70 BWS<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BERNHARD OBERSCHMIDT<br />

USU Software AG<br />

Foto: © NN


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BWS<br />

71<br />

„Informatik müsste viel<br />

stärker in die Lehrpläne<br />

Einzug halten“<br />

Die Arbeitswelt befindet sich im steten Wandel und verlangt den Unternehmen immer wieder<br />

neue Lösungsansätze ab. Als Vorstandsvorsitzender der USU Software AG knüpft Bernhard<br />

Oberschmidt genau hier an. Und das mit Erfolg: Heute ist das Unternehmen Europas größter<br />

Anbieter für IT- & Knowledge-Management-Software.<br />

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Oberschmidt, Sie leiten als Vorstandsvorsitzender<br />

der USU Software AG Europas führenden Anbieter für<br />

IT- und Knowledge Software. Wie würden Sie Ihr Leistungsspektrum<br />

beschreiben?<br />

Bei aller Bandbreite: Wie definieren Sie die KI?<br />

Für uns heißt das unter anderem, extrem große Datenmengen mithilfe<br />

intelligenter Algorithmen analysieren zu können und daraus neue<br />

Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu gewinnen.<br />

Foto: © USU Software AG<br />

Bernhard Oberschmidt: Ich würde es unter dem Sammelbegriff Servicemanagement<br />

zusammenfassen. Immer mehr Produkte rücken in<br />

der Herstellungsqualität zusammen. Da macht ein möglichst perfekter<br />

Service gegenüber dem Endkunden den entscheidenden Unterschied.<br />

Das heißt, wir unterstützen unsere Businesspartner dabei,<br />

eine möglichst effiziente, reibungslose und hochwertige Dienstleistung<br />

aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Das kann ein IT-Service<br />

sein, zum Beispiel, wenn in der Unternehmensorganisation jemand<br />

ein Ablaufproblem hat und nach der besten IT-Lösung dafür sucht.<br />

Oder ein HR-Service, zum Beispiel zur Unterstützung des Prozesses<br />

„Neuer Mitarbeiter kommt“. All dies bezieht sich nicht nur auf den direkten<br />

informationstechnologischen Bereich, sondern schließt auch<br />

all die Prozessfelder eines Unternehmens ein, in denen überhaupt<br />

Software zum Tragen kommt. Auch Künstliche Intelligenz (KI) spielt<br />

dabei eine immer größere Rolle.<br />

Das heißt, auf der Basis einer schon vorhandenen digitalen Infrastruktur<br />

wird für die Entscheidungs- und Arbeitsabläufe noch mal<br />

eine übergreifende Optimierungsmöglichkeit geboten.<br />

So könnte man das sagen. Wir nutzen mit unserer Software die verschiedenen<br />

digitalen Plattformen und führen sie, verkürzt formuliert,<br />

zu einem neuen Wissens- und Prozessbestand zusammen.<br />

Setzt das voraus, dass Sie auch immer die neuesten digitalen Entwicklungen<br />

beherrschen und einsetzen müssen, seien es Cloudoder<br />

Social-Media-Komponenten?<br />

Wir sind mit Fortschritten vertraut. In der Tat hat die Cloud-Technologie<br />

dazu beigetragen, flexibler auch extern auf Lösungen zurückgreifen<br />

zu können. Entsprechend entwickeln wir nicht mehr nur firmenspezifische<br />

Software, sondern bieten anpassungsfähige und flexible<br />

Cloud-Services. Ein Teil unserer Unternehmensphilosophie ist es, mit<br />

jungen, besonders innovationsfreudigen Mitarbeitern hier internationale<br />

Trends aufzugreifen und auch selbst zu setzen. Dazu gehört<br />

auch die schon erwähnte KI, für uns nicht nur ein Buzzword, sondern<br />

relevant in der praktischen Anwendung.<br />

Bedeutet das, dass Sie komplexe Datenbestände zu Fakten, aber<br />

auch Betriebsabläufen nutzbar machen, die bislang noch nicht maximal<br />

verarbeitet werden konnten?<br />

Das ist nicht nur eine Frage der Prozessverbesserung, es kann auch<br />

zur Generierung neuer service-basierter Geschäftsfelder beitragen.<br />

Hier unterstützen wir Industrie-Unternehmen, beispielsweise Maschinendaten<br />

auszulesen und Wartungszustände vorherzusagen, um<br />

entsprechend frühzeitig planen zu können.<br />

Für Notwendigkeit und Erfolg Ihrer Services spricht auch, dass Sie<br />

rund die Hälfte der deutschen DAX-Unternehmen zu Ihren Kunden<br />

zählen. Können Sie stellvertretend für viele einige der von Ihnen betreuten<br />

Branchen nennen?<br />

Die Grundprozesse unserer Lösungsangebote sind natürlich zunächst<br />

nicht branchenspezifisch. Dennoch gibt es gewisse Affinitäten,<br />

so im IT-Umfeld und in der Versicherungsbranche. Aktuell wird<br />

durch die zunehmende Digitalisierung auch der Automotive-Sektor<br />

immer wichtiger.<br />

Wer genau sind in den Unternehmen Ihre direkten Ansprechpartner?<br />

Früher waren die IT-Fachkräfte eine eigene, eingeschworene Gemeinschaft.<br />

Das hat sich geändert. Ein Vertriebler zum Beispiel kommt<br />

nicht ohne eigene IT-Kompetenz aus. Das Cloud-Zeitalter hat zur Verbreiterung<br />

des entsprechenden Wissens sehr beigetragen. Technik<br />

und Anwendung gehen viel integrierter ineinander über. Daher reden<br />

wir nicht nur mit der IT, sondern häufig auch mit den Service-Verantwortlichen<br />

aus den Fachbereichen.<br />

Ist der <strong>Mittelstand</strong> dabei auf der Höhe der Zeit?<br />

Grosso modo auf jeden Fall. Durch kurze Entscheidungswege kommt<br />

es zum Beispiel mit Hilfe von Cloud-Lösungen gerade bei Mittelständlern<br />

inzwischen zu sehr guten Strategien und Strukturen.<br />

Inwiefern bietet Social Media auch nutzbare Informationen?<br />

Zunächst handelt es sich dabei selbstverständlich primär um Kommunikationsplattformen.<br />

Sobald diese aber dem Erfahrungs- und<br />

Informationsaustausch mit Partnern und Kunden oder zwischen


72 BWS<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Software-Entwickler bei der USU.<br />

diesen dienen, werden sie für ein Unternehmen und eben auch für uns<br />

interessant. Sie sind daher, wenn professionell eingesetzt, zu einem<br />

durchaus wichtigen Bestandteil unserer Servicestrategie geworden.<br />

Wieviel Prozent Ihres Umsatzes geht in Entwicklung und Innovation?<br />

Da investieren wir rund 16 Prozent. Strukturell haben wir innerhalb des<br />

Unternehmens Entwicklungs- und Innovationsinseln, die bei schnellen<br />

Produktzyklen immer wieder neue und aktuelle Angebote hervorbringen.<br />

Den meisten Umsatz machen wir entsprechend mit so entstandenen<br />

Produkten.<br />

Dazu passt, dass unter Ihrem AG-Dach sehr unterschiedliche Unternehmen<br />

aktiv sind.<br />

Ja, aber vermutlich ist es statt der Benennung der einzelnen Module<br />

wichtiger, dass wir jeweils einzelne Kompetenzen bündeln, letztlich<br />

aber mit dem ganzheitlich funktionierenden Gesamtangebot an Intelligenz<br />

und Service im Markt sind.<br />

Kommen wir zu Ihrer Einschätzung des Fortschritts bei der digitalen<br />

Transformation innerhalb des <strong>Mittelstand</strong>s. Mir scheint er<br />

inzwischen doch recht hoch zu sein.<br />

Verstanden als zunehmende Digitalisierung und Automatisierung<br />

über die bisherigen manuellen Aktivitäten und Themen hinweg sind<br />

technisch die Möglichkeiten weitgehend gegeben. In der Umsetzung<br />

liegt immer noch eine recht große Bandbreite vor, aber hier bieten<br />

wir eben passende Lösungen. Selbst das Kostenargument kleinerer<br />

Firmen trifft nur noch begrenzt zu. Besonders der BVMW unterstützt<br />

mit exzellenter Beratung gerade auch die, die zunächst zurückhaltend<br />

sind oder die Investitionen scheuen.<br />

Im Grunde adressieren wir in vielen Punkten schon die Industrie 4.0.<br />

Ganz recht. Dabei ändern sich nicht nur Fertigungs- und Serviceprozesse,<br />

wie wir sie beschrieben haben, sondern nicht zuletzt auch die<br />

Arbeit selbst, Stichwort Arbeit 4.0. Sie wird flexibler und zunehmend<br />

ortsunabhängiger. Trotzdem wird ein menschenunabhängiger, automatisierter<br />

Arbeitsplatz in sämtlichen Funktionen nicht realistisch sein.<br />

Teamprozesse vor Ort bleiben unabdingbar. Hilfreich sind allerdings die<br />

Möglichkeiten, hohe Expertise auch von außerhalb des eigenen Standorts<br />

jederzeit per temporärer Telearbeit schnell einholen zu können.<br />

Als Ausgangspunkt ist Ihnen die Region aber immer noch wichtig.<br />

Absolut. Beim Fachkräftemangel müssen wir allerdings gerade bei<br />

IT-Spezialisten flexibel agieren und können nicht vor Ort sofort jede<br />

neue Stelle nach Wunsch besetzen. Hier kommt die Option des Home<br />

Office zum Tragen. Von unseren 700 Mitarbeitern wirken rund 160 am<br />

Stammsitz in Möglingen, der Rest verteilt sich über viele Regionen,<br />

teils in Home Offices, hinweg.<br />

Wie schätzen Sie die Situation des Fachkräftemangels in Deutschland<br />

ein?<br />

Besonders im IT-Bereich ist die Not an Fachleuten wirklich enorm.<br />

Früher suchten nur unmittelbare IT-Unternehmen diese Kräfte. Inzwischen<br />

gilt das für fast alle Branchen. Die Kluft zwischen Angebot und<br />

Nachfrage nimmt also noch zu. Es bedarf immer größerer Attraktivitätsangebote,<br />

um Fachleute zu gewinnen und zu halten. Eine Antwort<br />

heißt für uns, eigene Leute auszubilden und heranzuziehen. Ebenso<br />

hilft frühzeitiger Kontakt zu Hochschulen, um potenzielle Mitarbeiter<br />

ansprechen und binden zu können.<br />

VITA<br />

Bernhard Oberschmidt, Jahrgang 1970, kam 1996 nach dem<br />

Studium der Wirtschaftswissenschaften zur USU AG, der heutigen<br />

Konzerntochter der USU Software AG. Nach Tätigkeiten im<br />

Bereich Finanzen und Qualitätsmanagement übernahm er 1998<br />

die Leitung für die Bereiche Rechnungswesen und Controlling.<br />

Im Jahr <strong>20</strong>00 begleitete er in dieser Verantwortung den Börsengang<br />

der USU AG. Im Rahmen des Zusammenschlusses der<br />

Openshop Holding AG und der USU AG zur heutigen USU-Gruppe<br />

wurde Bernhard Oberschmidt im Jahr <strong>20</strong>02 zum Chief<br />

Financial Officer ernannt. Heute agiert er als Vorstandsvorsitzender<br />

und verantwortet die Konzernstrategie sowie die Ressorts<br />

Finanzen, Investor Relations und zentrale Administration. Er ist<br />

verheiratet und hat eine Tochter.<br />

Foto: © USU Software AG


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BWS<br />

73<br />

Welche Aufgaben hat die Politik, um die Lage strukturell in Deutschland<br />

zu verbessern?<br />

Gerade Informatik müsste endlich viel stärker in die Lehrpläne Einzug<br />

halten. Ich verstehe schon, dass das nicht zuletzt für die Lehrer und deren<br />

eigene Ausbildung eine große Herausforderung darstellt. IT im Unterricht<br />

fällt heutzutage viel zu gering aus, wir müssen sogar bei neuen<br />

Mitarbeitern meist noch ordentlich in der Weiterbildung nachlegen.<br />

Inwieweit betrachten Sie das Unternehmen als Familienbetrieb?<br />

Die Familie Strehl und auch der Gründer Udo Strehl sind immer noch<br />

in unterschiedlichen Verantwortungsfunktionen aktiv, wir können zu<br />

Recht als Familienunternehmen bezeichnet werden. Die Familie ist<br />

der zentrale Anker. Ich selbst bin von außen gekommen, stehe aber<br />

selbstverständlich für die Werte der Familie. Ein Sohn des Gründers<br />

ist mein Vorstandskollege, die Zukunft ist auf sehr hohem Niveau<br />

auch durch die Familie abgesichert.<br />

Im Bereich digitaler B2C-Unternehmen spielt Deutschland so gut<br />

wie keine Rolle. Anders bei B2B, zum Beispiel mit dem Flaggschiff<br />

SAP. Wie beurteilen Sie hier unser Land?<br />

Wir haben den genannten Branchenriesen, dann kommt aber lange<br />

nichts. Auf der Skala rangieren wir selbst immerhin ganz oben. Als<br />

Spezial- und Nischenanbieter können wir und ähnliche deutsche Firmen<br />

sehr wohl große Erfolge vorzeigen. B2B ist nicht zuletzt durch<br />

den starken <strong>Mittelstand</strong> auch bei IT-Unternehmen besser machbar.<br />

Es hapert übrigens nicht zuletzt daran, die für B2C notwendigen Milliardeninvestitionen<br />

in Deutschland zu akquirieren. In den USA ist dies<br />

nicht selbstverständlich, aber wesentlich einfacher. Das hängt auch<br />

mit unterschiedlichen Mentalitäten zusammen. Risiko wird in unserem<br />

Land weniger geschätzt. Dafür ist aber unsere Stärke die Betonung<br />

von Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit.<br />

Nachhaltigkeit gilt inzwischen natürlich auch als unverzichtbar.<br />

Inwieweit spielt sie bei Ihnen, einem Softwareanbieter, überhaupt<br />

eine Rolle?<br />

Jeder denkt an Umweltschutz und Energieeinsparung, darauf achten<br />

wir selbstverständlich auch. Für uns liegt aber der Akzent bei der<br />

Nachhaltigkeit vor allem in unserer Unternehmenskultur und bei der<br />

mittel- und langfristigen Produktgestaltung bzw. Geschäftsstrategie.<br />

Quartalsdenken bringt uns dabei nicht weiter. Wir denken traditionell<br />

in langen Zeiträumen. Unser Businessmodell ist so ausgelegt, dass<br />

wir auch Krisen gut überstehen. So konnten wir <strong>20</strong>09 trotz der Wirtschaftskrise<br />

sogar eine Umsatzsteigerung verzeichnen. Auch wir<br />

kennen natürlich schwierige Zeiten, in der Summe aber hat sich unser<br />

Ansatz bewährt.<br />

Was erwarten Sie für den <strong>Mittelstand</strong> von der Politik?<br />

Vor allem eine massive Beschleunigung des Breitbandausbaus.<br />

Unverzichtbar für eine tragfähige Infrastruktur. Dann aber auch eine<br />

viel höhere Anerkennung des <strong>Mittelstand</strong>s innerhalb der Wirtschaftspolitik.<br />

Man hat den Eindruck, dass sie deutlicher von Großunternehmen<br />

geprägt wird als vom <strong>Mittelstand</strong>, der aber in Deutschland in<br />

Umsatz, Arbeitskraft und Anerkennung viel höher wiegt.<br />

USU-Mitarbeiter am Stammsitz in Möglingen (Baden-Württemberg).<br />

Wie verbringen Sie Ihre Zeit außerhalb der Arbeit?<br />

Hier gilt meine Energie der Familie mit einer Tochter. Leider kommt sie<br />

oft zu kurz. Außerdem liebe ich klassische Automobile und unternehme<br />

ab und zu mal eine Ausfahrt damit, es darf dabei mein klassischer<br />

911er, der 928er oder ein Unimog sein.<br />

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.<br />

Das Gespräch führte der Medienexperte<br />

Prof. Dr. Jo Groebel<br />

USU Software AG<br />

Rechtsform: Aktiengesellschaft<br />

Gründung: 1977<br />

Sitz: 71696 Möglingen (Baden-Württemberg)<br />

Geschäftsführer: Bernhard Oberschmidt (Vorsitzender),<br />

Dr. Benjamin Strehl<br />

Mitarbeiter: rund 700<br />

Umsatz: über 90 Millionen Euro<br />

Branche: ITK<br />

Foto: © USU Software AG<br />

Der BVMW ist ja hier sehr aktiv.<br />

Absolut. Ich bin von dessen Einsatz wirklich begeistert. Also weiter so!<br />

Zugleich wünsche ich mir von den Mitgliedern noch mehr Engagement,<br />

mich selbst eingeschlossen. Gemeinsamkeit macht auch hier stärker.<br />

Produkte: Softwarelösungen zur Digitalisierung von<br />

Service-Prozessen<br />

Webseite: www.usu.com


74 BWS<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Bundeswirtschaftssenat in<br />

Berlin: Diplomatie, Kultur und<br />

Medien auf höchstem Niveau<br />

Wie schon in den Vorjahren traf sich der Bundeswirtschaftssenat zum Jahresausklang in Berlin.<br />

Im Herzen der Hauptstadt bekamen die Spitzenunternehmerinnen und Spitzenunternehmer ein<br />

exklusives Programm geboten, das keine Wünsche offenließ. Einer der Höhepunkte:<br />

DIE VERLEIHUNG DES BEGEHRTEN DEUTSCHEN MITTELSTAND MEDIA AWARD <strong>20</strong>19.<br />

Mario Ohoven eröffnete mit einer inspirierenden Rede die Adventsgala im Ballsaal des Hotels Titanic.<br />

Anlässlich der traditionellen Adventsgala des Bundeswirtschaftssenates<br />

trafen sich die Senatorinnen und Senatoren<br />

in der Bundeshauptstadt. Hier erlebten sie ein Programm der<br />

Extraklasse. Noch vor dem offiziellen Auftakt des Tages konnte der<br />

Senat den Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın, zu einem interessanten<br />

Austausch über die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen<br />

in der Bundeszentrale des BVMW begrüßen. Hier besuchten<br />

die Spitzenunternehmer anschließend auch die Vernissage einer<br />

Fotoausstellung von Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer, die<br />

einen persönlichen Blick auf die Bauhaus-Architektur der „Weißen<br />

Stadt“ Tel Aviv gewährten (siehe Bericht Seite 108). Eröffnet wurde<br />

die Ausstellung vom Botschafter Israels, S. E. Jeremy Issacharoff,<br />

der sich für eine Vertiefung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />

aussprach. Anschließend kam der Bundeswirtschaftssenat in den<br />

Genuss einer exklusiven Tour durch das Berliner Stadtschloss. Wilhelm<br />

von Boddien, Initiator des Wiederaufbaus, sprach zu den Senatorinnen<br />

und Senatoren, übernahm die Führung und gewährte Einblicke<br />

in Bereiche, die der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben.<br />

In einer Aktuellen Stunde hatten die Unternehmerinnen und Unternehmer<br />

danach die Möglichkeit, mit dem chinesischen Botschafter,<br />

S. E. Wu Ken, und dem Leiter der Stabsstelle <strong>Mittelstand</strong>sstrategie<br />

im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Philipp Birkenmaier, ins Gespräch<br />

zu kommen.<br />

Im Ballsaal des Hotels Titanic am Gendarmenmarkt fand der Tag mit<br />

der traditionellen Adventsgala seinen krönenden Abschluss. Die musikalische<br />

Begleitung boten die international bekannte Sopranistin<br />

Julia Novikova mit ihrem Pianisten Matthias Samuil sowie die Starpianistin<br />

Anastassiya Dranchuk.<br />

Wilhelm von Boddien (li.) führte den Bundeswirtschaftssenat exklusiv durch das<br />

Berliner Stadtschloss.<br />

Höhepunkt des Abends war die feierliche Verleihung des Deutschen<br />

<strong>Mittelstand</strong> Media Award <strong>20</strong>19 an Beat Balzli, Chefredakteur<br />

der WirtschaftsWoche.<br />

Mario Ohoven würdigte die exzellente journalistische Arbeit des Preisträgers.<br />

„Mit Beat Balzli ehren wir einen der profiliertesten Journalisten<br />

unseres Landes, der insbesondere <strong>Mittelstand</strong>sthemen in den Mittelpunkt<br />

seiner crossmedialen Berichterstattung stellt.“ In seiner Laudatio<br />

hob Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, die<br />

ordnungspolitisch klare Haltung des Preisträgers hervor. Ausgewählt<br />

wurde der Preisträger durch eine prominent besetzte Jury um Kulturstaatsminister<br />

a. D. Prof. Dr. h.c. Bernd Neumann. Zur Jury zählten<br />

Klaus Bresser (Chefredakteur a. D. ZDF), Hans Demmel (Vorstandsvorsitzender<br />

Privatrundfunkverband VAUNET), Prof. Dr. Jo Groebel<br />

(Medienexperte), Helmut Markwort (Gründer FOCUS), Tatjana Ohm<br />

(Chefmoderatorin WELT), Mario Ohoven, Jörg Quoos und Robert<br />

Schneider (Chefredakteur FOCUS).


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BWS<br />

75<br />

Beat Balzli, Chefredakteur der WirtschaftsWoche, wurde mit dem Deutschen<br />

<strong>Mittelstand</strong> Media Award <strong>20</strong>19 ausgezeichnet.<br />

Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, hielt die Laudatio auf<br />

Beat Balzli.<br />

Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede<br />

S. E. Jeremy Issacharoff, Botschafter Israels, sprach<br />

zu den Senatoren.<br />

Der Botschafter der Volksrepublik China, S. E. Wu Ken,<br />

diskutierte mit den Senatoren.<br />

Der Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın,<br />

stand zu den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />

Rede und Antwort.


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78 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Service<br />

UNTERNEHMERPREISE<br />

Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Unternehmen in einem<br />

Wettbewerb zu messen: gute Presse, individuelle Förderung,<br />

Kontakte knüpfen und, nicht zu vergessen, das Preisgeld. Hier<br />

stellen wir Ihnen drei der aktuellen Unternehmerpreise vor.<br />

Start me Up! <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Der Gründerpreis des Wirtschaftsmagazins BILANZ richtet sich<br />

an Start-ups und Jungunternehmen mit innovativen Geschäftsideen<br />

aus allen Bereichen der Wirtschaft. Teilnehmen können<br />

bundesweit Einzelpersonen sowie Gruppen oder Gesellschaften,<br />

die kurz vor der Gründung stehen oder deren Unternehmen nicht<br />

älter als drei Jahre alt ist.<br />

Die Bewerbungsfrist endet am 31. März <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

https://bvmw.info/start-me-up-<strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Fintech Germany Award<br />

Der Fintech Germany Award zeichnet herausragende Fintech-Unternehmen<br />

in verschiedenen Wachstumsphasen<br />

aus. Die Jury bewertet und vergleicht die Teilnehmer in ihren<br />

individuellen Unternehmensphasen unabhängig vom jeweiligen<br />

FinTech-Subsektor. Mitmachen können erfolgversprechende<br />

FinTechs aus Deutschland.<br />

Die Bewerbungsfrist endet am 31. März <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Neuer Kreditfonds für<br />

KMU-Finanzierungen<br />

Die creditshelf Aktiengesellschaft legt einen diversifizierten Kreditfonds<br />

auf, über den institutionelle Anleger kleine und mittlere<br />

Unternehmen in Deutschland fördern können. Der Europäische<br />

Investitionsfonds (EIF) bringt sich mit einer Ankerinvestition von<br />

30 Millionen Euro am creditshelf-Kreditfonds ein, die durch den<br />

Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) – das<br />

Kernstück der Investitionsoffensive für Europa („Juncker-Plan“) –<br />

besichert sind. Bei dem Fonds handelt es sich um einen geschlossenen<br />

Private-Debt-Fonds für qualifizierte Investoren, die sich für<br />

diese Anlageklasse interessieren. Sein Zielvolumen beträgt bis zu<br />

150 Millionen Euro, die in über 150 Kredite an deutsche KMU investiert<br />

werden sollen.<br />

www.creditshelf.com<br />

Teams richtig zusammenstellen<br />

Bei individuellen Kundenanfragen sollten Projektteams so<br />

zusammengestellt werden, dass die Anforderungen mit den<br />

Expertisen übereinstimmen. Dafür braucht es einen effizienten<br />

Planungsprozess, um aus dem Mitarbeiterpool passende<br />

Experten für die einzelnen Projektrollen zu identifizieren. Die<br />

Softwarelösung iCombine ermöglicht es Unternehmen und<br />

Organisationen, die Fähigkeiten, Erfahrungen, Interessen<br />

und Verfügbarkeiten aller Mitarbeiter strukturiert sichtbar zu<br />

machen. Die Anforderungen an jede Projektrolle können mit<br />

wenigen Klicks definiert und sofort passende Experten gefunden<br />

werden. Unternehmen behalten damit einen Überblick<br />

über den Besetzungsstatus ihrer Projekte und erkennen, wo es<br />

Planungsbedarf gibt.<br />

www.icombine.net/de<br />

www.fintechgermanyaward.de<br />

WECONOMY <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Der WECONOMY Award ist auf der Suche nach Machern, Denkern<br />

und Lenkern von morgen. Angesprochen fühlen sollten sich<br />

technologieorientierte Start-ups mit herausragenden Businessideen.<br />

Während des Wettbewerbes steht vor allem der Austausch<br />

zwischen etablierten Unternehmen und jungen Start-ups<br />

im Mittelpunkt. Deutschlandweit teilnehmen können Start-ups<br />

aus allen Wirtschaftsbereichen.<br />

Die Bewerbungsfrist endet am 01. Juli <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

www.weconomy.de<br />

iCombine ist die Softwarelösung zur effizienten Zusammenstellung<br />

von Projektteams.


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

79<br />

Familienfreundlichkeit<br />

jetzt messbar<br />

Der Fortschrittsindex Vereinbarkeit wurde vom Bundesfamilienministerium<br />

entwickelt und ist ein Online-Tool, mit dem<br />

Unternehmen anhand weniger Kennzahlen die Familienfreundlichkeit<br />

ihrer Unternehmenskultur messen können. Der Index<br />

ist kostenlos und unterstützt Unternehmen bei der Erfassung<br />

von Fortschritten sowie der transparenten Kommunikation<br />

nach innen und außen. Unternehmen, die an der Datenerhebung<br />

teilnehmen, erhalten jedes Jahr eine passgenaue Auswertung<br />

sowie das aktuelle Teilnahmesiegel „Fortschrittsindex<br />

Vereinbarkeit”.<br />

www.fortschrittsindex.erfolgsfaktor-familie.de<br />

Rabatt für BVMW-Mitglieder<br />

Die Superfly Air Sports Holding GmbH ist ein deutsches Unternehmen<br />

mit Wurzeln in den USA. Als Tochtergesellschaft der amerikanischen<br />

Circus Trix bringt die Firma das Original des Indoor-Trampolin-Sports<br />

nach Deutschland und Europa. Mit über 3<strong>20</strong> Anlagen<br />

ist Circus Trix der größte Betreiber von Indoor-Trampolin-Parks<br />

weltweit und seit <strong>20</strong>15 in Deutschland tätig. BVMW-Mitglieder erhalten<br />

eine Ermäßigung von <strong>20</strong> Prozent auf die Sprungzeiten im Open<br />

Flight von 90 und 1<strong>20</strong> Minuten.<br />

www.superfly.de<br />

Veränderungen sichtbar machen<br />

Xeller Training praktiziert den Ansatz der Kairologie, der vom<br />

BVMW-Mitglied Dr. Karl Hofmann entwickelt wurde. Der Ansatz<br />

orientiert sich am Verlauf des Menschenlebens, seiner Entwicklung<br />

und deren Zusammenhänge und beschreibt, in welcher Weise sich<br />

Bedeutung und Sinnhaftigkeit für einen Menschen, ein Team und ein<br />

Unternehmen verändern. Dahinter stehen Fragen, wie es gelingen<br />

kann, Teams langfristig erfolgreich zu entwickeln, oder was die Lebensphasenstruktur<br />

eines Menschen sagt. Diese und andere Fragen<br />

können durch Xeller Training beantwortet werden.<br />

https://xeller.info/<br />

Einbruchschutz durch<br />

Fernüberwachung<br />

Einbrüche und Überfälle im Unternehmen verursachen nicht<br />

nur materielle Schäden – sie ziehen auch einen enormen Verwaltungsaufwand<br />

nach sich. Damit es erst gar nicht so weit<br />

kommt, bietet Protection One Einbruchschutz als Komplettservice<br />

an: Die 24/7-Fernüberwachung mit Live-Täteransprache<br />

erzielt eine unabhängig auditierte Schadenverhinderungsquote<br />

von 96,7 Prozent. Ob Einbruch, Diebstahl, Vandalismus oder<br />

Überfall: Täter verlassen bei dieser kosteneffizienten Methode<br />

das Gebäude fluchtartig, ohne nennenswerte Schäden anzurichten.<br />

www.protectionone.de<br />

Foto: © Superfly Air Spots Parks; © stone010 von www.stock.adobe.com<br />

Die Superfly Air Sports Holding GmbH bringt Indoor-Trampolin-Sport<br />

nach Deutschland.<br />

Lernplattform für Führungskräfte<br />

Das BVMW-Mitglied sanosense AG hat eine Lernplattform für Führungskräfte<br />

entwickelt. In der Plattform sind 75 Anwendungsfälle aus<br />

dem beruflichen Alltag enthalten, die von Demotivation über Angst<br />

vor Veränderungen bis zu schlechten Ergebnissen alle Aspekte der<br />

Führungsarbeit enthalten. Aus über 400.000 Datensätzen von Analysen<br />

hat die sanosense AG die 75 häufigsten Praxisfälle per Videoszenen<br />

nachgestellt, die sich anfühlen, als würden sie im eigenen Unternehmen<br />

passieren. Führungskräfte können sich ihre Trainingsfälle<br />

aussuchen und bekommen dann konkrete Aufgaben<br />

gestellt, um die Situationen nachhaltig zu lösen.<br />

https://bvmw.info/sanosense-coaching


80 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Outplacement<br />

statt Kündigung


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

81<br />

Angesichts einer sich eintrübenden Konjunktur und sich deutlich verschlechternden<br />

Geschäftserwartungen gerät eine Dienstleistung immer mehr in den Fokus, die bisher<br />

nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit des deutschen <strong>Mittelstand</strong>s stand:<br />

Die Rede ist vom Outplacement.<br />

Foto: © ShutterWorx von www.istockphoto.com<br />

Beim Outplacement geht es – vereinfacht gesagt – darum, in<br />

einem Prozess der Restrukturierung und des damit einhergehenden<br />

Personalabbaus den betroffenen Mitarbeitern neue<br />

Perspektiven aufzuzeigen. Entweder durch Vermittlung in ein neues<br />

Arbeitsverhältnis oder durch Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit.<br />

Während die Vorzüge eines gelungenen Outplacements<br />

in Großkonzernen durchaus bekannt sind, gibt es im <strong>Mittelstand</strong> vielfach<br />

nur eine sehr verschwommene Vorstellung über das Outplacement.<br />

Zum Nachteil des Unternehmens. Denn ein gelungenes Outplacement<br />

kann gerade für ein mittelständisches Unternehmen in<br />

Zeiten des Umbruchs eine große Hilfe sein.<br />

Auseinandersetzungen vermeiden<br />

Grundsätzlich liegen die Vorteile eines Outplacements klar auf der<br />

Hand: Jedes Unternehmen, das Bereiche schließen und sich infolgedessen<br />

von Mitarbeitern trennen wird, muss ein Interesse daran<br />

haben, dass solche Prozesse möglichst schnell und ohne langwierige<br />

Auseinandersetzungen gestaltet werden. Outplacement sichert<br />

langfristig die berufliche Existenz durch die Vermittlung in ein neues<br />

Arbeitsverhältnis. Dies ist vielen betroffenen Mitarbeitern wichtiger<br />

als die Zahlung einer Abfindung. Dabei ist für knapp die Hälfte<br />

der Kandidaten in einem Outplacement-Prozess hier die Möglichkeit<br />

gegeben, durch professionelle Hilfe in eine höhere Position zu<br />

gelangen und damit der beruflichen Laufbahn einen neuen Schub<br />

zu geben. Schon diese beiden Faktoren allein sind dazu geeignet,<br />

den Trennungsprozess deutlich friktionsärmer und damit auch erheblich<br />

kürzer zu gestalten, was in einem erheblichen Maße Kosten<br />

sparen kann.<br />

Outplacement im <strong>Mittelstand</strong><br />

In vielen mittelständischen Unternehmen, oft genug inhabergeführten,<br />

besteht ein vertrauensvolles, partnerschaftliches Verhältnis zwischen<br />

der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern. Wird dieses<br />

Verhältnis im Zuge einer Restrukturierung beschädigt, besteht die<br />

Gefahr, dass schlechte Mundpropaganda dem Unternehmen bei der<br />

neuen Personalsuche Probleme bescheren wird. Zumal dann, wenn<br />

dieses Unternehmen auf dem Land angesiedelt ist, da dort die Auswahl<br />

geeigneter Mitarbeiter begrenzt ist, und die vorangegangenen<br />

Auseinandersetzungen in der Region wohl bekannt sind. Zudem<br />

müssen sich Unternehmer und Geschäftsführer eines solchen Unternehmens<br />

bewusst sein, dass sie in ländlichen Regionen mit ihren<br />

Mitarbeitern viel enger verbunden sind als vergleichbare Manager in<br />

den Metropolen: Die eigene Familie und die der Mitarbeiter sind in<br />

den gleichen Sportvereinen und dem Kirchenchor aktiv und teilen die<br />

Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr. Das heißt: Ein Vertrauensverlust<br />

betrifft alle Ebenen des sozialen Miteinanders.<br />

Vor dem Hintergrund einer unsicheren konjunkturellen Zukunft ist es<br />

für jeden Inhaber oder Geschäftsführer eines Unternehmens in hohem<br />

Maße ratsam, sich mit den Möglichkeiten und den Vorzügen eines<br />

professionellen Outplacement zu beschäftigen.<br />

Benjamin Scholz und Erich Wulff<br />

Geschäftsführer und Partner EL-NET GROUP<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.elnet.group<br />

Impressum<br />

<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.<br />

Unternehmermagazin des BVMW<br />

Herausgeber<br />

BVMW – Bundesverband<br />

mittelständische Wirtschaft,<br />

Unternehmerverband<br />

Deutschlands e. V.<br />

Mario Ohoven<br />

Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz<br />

10785 Berlin<br />

www.bvmw.de<br />

Titelbild:<br />

© Deminos von<br />

www.stock.adobe.com<br />

Redaktion<br />

Tel.: 030 / 53 32 06-16<br />

Fax: 030 / 53 32 06-50<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

Eberhard Vogt (Chefredakteur)<br />

Melanie Müller (Head of Content)<br />

Chiara Ohoven (Art Director)<br />

Felicia Fullbrecht<br />

Anna Lorenz<br />

Friederike Pfann<br />

Tim Schöllmann<br />

Rotger H. Kindermann (Korrespondent)<br />

Verlag<br />

mattheis. werbeagentur gmbh<br />

Kastanienallee 4<br />

10435 Berlin<br />

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Layout und Gestaltung, Mediadaten,<br />

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Rechnungsstelle<br />

BVMW Servicegesellschaft mbH<br />

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Druckerei<br />

Möller Druck und Verlag GmbH<br />

Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde<br />

Das Magazin „<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.“ ist das<br />

offizielle Organ des BVMW. Mitglieder<br />

des Verbandes erhalten das Magazin<br />

im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Die<br />

Redaktion übernimmt keine Haftung für<br />

unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Fotos und Illustrationen. Namentlich<br />

gekennzeichnete Beiträge sowie Selbstdarstellungen<br />

von Unternehmen müssen<br />

nicht der Meinung der Redaktion<br />

entsprechen.<br />

ISSN: 2510-425X<br />

Druckauflage: 33.000<br />

4/<strong>20</strong>19


82 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Deepfakes – die neue Form<br />

der Manipulation im Netz<br />

Im digitalen Zeitalter gehören alternative Fakten im Netz, die die Realität verbiegen, zur Tagesordnung.<br />

Doch was, wenn Fake-News vor Ihrem Unternehmen keinen Halt mehr machen? Deepfakes<br />

verlangen von Unternehmen eine neue Strategie von Reputationsmanagement im Internet.<br />

In der Politik sind sie bereits häufiges Mittel zur Diffamierung: real<br />

wirkende Bilder, Videos oder Tonaufnahmen, die bei erstem Betrachten<br />

oft nicht als Fälschung identifiziert werden können. Solche<br />

Deepfakes werden mithilfe von Künstlicher Intelligenz kreiert und<br />

häufig gezielt rufschädigend eingesetzt. Das Fatale: Auch Unternehmen<br />

sind zunehmend betroffen.<br />

Stellen Sie sich vor, ein Shitstorm aus negativen Reaktionen prasselt<br />

im Fall eines Deepfake-Angriffs auf Ihr Unternehmen ein. Der öffentliche<br />

Druck verlangt, Stellung zu beziehen und im Idealfall natürlich zu<br />

dementieren. Wie will man beweisen, dass es sich bei dem rufschädigenden<br />

Material um Deepfakes handelt? Wie geht man mit dem Shitstorm<br />

um? Was kann man tun, um den Ruf wiederherzustellen?<br />

Je nach Größe oder Reichweite eines Unternehmens stehen Sie bis<br />

zu einem gewissen Grad in der Öffentlichkeit. Nachrichten im Internet<br />

verbreiten sich in Sekundenschnelle. Oft bleibt keine Zeit, um<br />

noch rechtzeitig einzugreifen. Doch so weit muss es gar nicht erst<br />

kommen.<br />

Prävention statt Schadensbegrenzung<br />

Die klassische PR scheint heutzutage nicht das geeignete Gegenmittel<br />

zu sein, zumindest dann, wenn kaum digitale Wege in Public<br />

Relations einfließen. Was wirklich hilft, scheint recht einfach: Vor allem<br />

auf die Online-Präsenz des Unternehmens kommt es an. Diese<br />

sollte ansprechend und darüber hinaus positiv sein. Eine Schlag-<br />

worteingabe in einer beliebigen Online-Suchmaschine reicht schon,<br />

um sich ein Bild über das Unternehmen zu machen und zu erkennen,<br />

was gemacht werden muss. Wer sich vor rufschädigenden Angriffen<br />

im Internet schützen will, sollte selbst Einfluss auf das digitale<br />

Image nehmen und es im eigenen Sinne verändern. Ein umfassendes,<br />

zeitgemäßes und individuelles Reputationsmanagement kann<br />

helfen, den Ruf zu schützen.<br />

Langfristig wird die Außenwirkung eines Unternehmens durch ein<br />

strategisches Reputationsmanagement bestimmt. Dabei werden<br />

Online-Pfade beschritten, die zum Schutz der Unternehmensreputation<br />

angelegt wurden. Immer in individueller Ausrichtung. So rückt<br />

die generelle Bedeutung der Reputation – vor allem im World Wide<br />

Web – in unmittelbare Sichtweite. Entdecken Sie digitales Neuland.<br />

Schützen Sie Ihre Reputation.<br />

Gut zu wissen<br />

Ein Deepfake ist ein mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erstelltes Bild oder<br />

Video, das authentisch wirkt, es aber nicht ist. Auch die Methoden und<br />

Techniken in diesem Zusammenhang werden mit dem Begriff bezeichnet.<br />

jaco/edo media group<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.jacoedo.de<br />

Foto: © Photoboyko von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

83<br />

Nachhaltiges Wirtschaften<br />

im <strong>Mittelstand</strong><br />

Die Auseinandersetzung mit sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit steht immer<br />

häufiger auf der Agenda mittelständischer Unternehmen. Doch können Unternehmen davon<br />

auch profitieren?<br />

Foto: © Pekic von www.istockphoto.com<br />

Die Verschärfungen der politischen Rahmenbedingungen im<br />

Bereich Nachhaltigkeit sind branchenübergreifend und größenunabhängig<br />

ein Treiber. Insbesondere KMU sind meist<br />

fest in ihrem regionalen und sozialen Umfeld verwurzelt und spüren<br />

eine besondere Verantwortung gegenüber ihrer Region.<br />

Nachhaltigkeit als Chance<br />

Unternehmen können aber auch wirtschaftlich profitieren: Mit einem<br />

optimierten Materialeinsatz und Energieeffizienzmaßnahmen lassen<br />

sich langfristig Kosten reduzieren. Zudem verbessert nachhaltiges<br />

Wirtschaften die Arbeitgeberattraktivität im Fachkräftewettbewerb<br />

und eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten.<br />

Die Event- und Strategie-Agentur Planworx aus München befasste<br />

sich zunächst vor allem intern mit Nachhaltigkeit.<br />

„Mit dem Umzug unserer Büroräume sind wir Ende <strong>20</strong>16 auf<br />

Arbeit 4.0 und papierloses Büro umgestiegen. Dank komplett neuer<br />

IT und Tools wie Microsoft Teams liegen wir heute bei einer Home-<br />

Office-Quote von um die 30 Prozent. Damit reduzierten sich ganz<br />

automatisch die Treibhausgasemissionen durch den Pendelverkehr“,<br />

so Barbara Negele, Copy + Concept bei der Planworx AG. Zudem hat<br />

das Unternehmen seit Anfang <strong>20</strong><strong>20</strong> die firmeneigenen Parkplätze<br />

gekündigt, um den Fokus auf ÖPNV oder Fahrradfahren zu setzen.<br />

Nachhaltigkeit wird nicht nur nach innen, sondern auch nach außen<br />

gelebt, und so werden den Kunden ressourcenschonende Lösungen<br />

für ihre Projekte vorgeschlagen. Demnächst strebt Planworx die ISO<br />

Zertifizierung Nachhaltiges Eventmanagement an.<br />

Nachhaltigkeit als strategische Aufgabe<br />

Auch andere Unternehmen fordern häufiger Nachhaltigkeitsberichte,<br />

die in der Auswahl ihrer Zulieferer eine zunehmende Rolle spielen.<br />

„Aufgrund der gestiegenen Anforderungen unserer großen Kunden<br />

an die Berichterstattung und unseres eigenen Qualitätsanspruchs<br />

haben wir nicht mehr nur auf unsere bestehende ISO 14001 Zertifizierung<br />

gesetzt, sondern uns zusätzlich für eine Berichterstattung<br />

über die Plattformen Ecovadis und CPD entschieden“, berichtet Elke<br />

Haverich vom IT-Dienstleister SPIRIT/21 (BVMW-Mitglied). „Für uns<br />

ist es erfolgsentscheidend, Kundenanforderungen im Blick zu behalten.<br />

Aufgrund der Vielfalt der am Markt existierenden Standards sind<br />

Unterstützungsangebote interessant, die beim Monitoring diese Anforderungen<br />

unterstützen.“<br />

Unterstützung für mittelständische Unternehmen<br />

Der BVMW und das Fraunhofer IPK bieten mit dem von der Deutschen<br />

Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt „<strong>Mittelstand</strong>.Ressource<br />

– Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische Unternehmen“<br />

kleinen und mittleren Unternehmen einen Einstieg in ein<br />

strategisches Nachhaltigkeitsmanagement. Unternehmen analysieren<br />

mit Hilfe eines im Projekt ausgearbeiteten Kriterienkatalogs ihre<br />

Stärken und Schwächen, vergleichen ihre Nachhaltigkeitsleistung<br />

und erkennen dadurch individuelle Potenziale.<br />

Gut zu wissen<br />

<strong>Mittelstand</strong>.Ressource – Nachhaltigkeitsbenchmarking für<br />

mittelständische Unternehmen:<br />

Unternehmen haben während des bis Ende <strong>20</strong><strong>20</strong> laufenden Projekts die<br />

Möglichkeit, die Kennzahlen im eigenen Betrieb zu erheben und kostenfrei<br />

einen Benchmarkingbericht zu erhalten.<br />

Anmeldung unter: www.mittelstand-nachhaltig.de<br />

Julia Martius<br />

BVMW Referentin Förderprojekte<br />

julia.martius@bvmw.de


84 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Wie Sie KI erfolgreich in Ihrem<br />

Unternehmen einsetzen<br />

Künstlicher Intelligenz (KI) wird enorme wirtschaftliche und wissenschaftliche Relevanz<br />

zugeschrieben. Wenn man KI im Unternehmen erfolgreich einsetzen will, ergeben sich jedoch<br />

einige Herausforderungen.<br />

Als Unternehmen investiert man nicht in reine KI. Man investiert<br />

immer in die Lösung von Problemen oder das Ausschöpfen<br />

von Geschäftspotenzialen, wofür KI lediglich ein Werkzeug<br />

darstellt.<br />

Technische Herausforderungen<br />

Technisch gesehen basiert KI auf statistischer Modellierung. Unter<br />

der Annahme mathematischer Prämissen wird versucht, ein generalisierendes<br />

Modell zu erstellen. Um diese Modelle zu definieren und<br />

zu implementieren, benötigt man fachliche Experten, die die besagten<br />

Systeme, ihre Anforderungen und Limitationen im Detail kennen.<br />

Strategische Herausforderungen<br />

Daneben muss man sich auch den strategischen Herausforderungen<br />

stellen. Wie sehr darf man der Aussage einer KI vertrauen und daraus<br />

Entscheidungen ableiten? Gerade im Bereich des Deep Learning<br />

können die Modelle so komplex sein, dass man die Entscheidungsfindung<br />

des Systems kaum nachvollziehen kann. Dies birgt einige Risiken.<br />

Beispielsweise würde eine Recruiting-KI weniger Frauen einstellen,<br />

wenn sie auf einem Datensatz trainiert wurde, in dem Männer<br />

systematisch bevorzugt wurden. Selbst wenn solche Fehler entdeckt<br />

werden, sind sie meist nur schwer zu korrigieren. Daher sollte man<br />

den zugrunde liegenden Datensatz sowie die Limitationen des verwendeten<br />

Algorithmus‘ kennen und bei der strategischen Entscheidungsfindung<br />

berücksichtigen.<br />

Organisatorische Herausforderungen<br />

Unternehmen ohne interne KI-Expertise haben oftmals Schwierigkeiten,<br />

geeignete Anwendungsfälle für KI zu identifizieren. Hierfür<br />

fehlen im Alltagsgeschäft häufig die notwendigen Kapazitäten. Unternehmen<br />

mit mittlerer KI-Adoption stehen<br />

stattdessen eher vor der Herausforderung,<br />

zwischen verschiedenen Anwendungsfällen<br />

die vielversprechendsten herauszufinden<br />

und zu implementieren. In diesem Fall können<br />

fundierte Business Cases dabei helfen,<br />

die Investitionsmöglichkeiten zu priorisieren.<br />

Für Unternehmen mit hoher KI-Adoption<br />

stellt der KI-Fachkräftemangel die größte<br />

Herausforderung dar. Gerade erfahrene<br />

KI-Entwickler und Datenwissenschaftler<br />

sind rar, begehrt und dadurch sehr teuer.<br />

Gut zu wissen<br />

Drei Bereiche, in denen KI eingesetzt werden<br />

kann:<br />

n Automatisierung von Geschäftsprozessen<br />

n Unterstützung bei der Entscheidungsfindung<br />

durch Erkenntnisgewinn aus Daten<br />

n Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen<br />

und Geschäftsmodelle<br />

Unternehmen müssen in jedem Fall ein intuitives Verständnis von KI<br />

entwickeln und die Unternehmenskultur im Kontext der KI hinterfragen.<br />

Falls sie das nicht tun, besteht die Gefahr, dass sich der KI-affine<br />

Wettbewerber dadurch abhebt.<br />

Frederik Mattwich und Keesiu Wong<br />

Geschäftsführer Design AI<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.design-ai.de<br />

Foto: © vegefox.com von www.stock.adobe.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

85<br />

Stiftungen– ein internationales<br />

Modell auch für<br />

Mittelständler<br />

Stiftungen sind in der Gesellschaft mit positiven Eigenschaften besetzt. Meist überwiegen<br />

altruistische Motive bei einer Stiftungsgründung: Eine Legaldefinition gibt es nicht.<br />

nicht in das Unternehmen einsteigen wollen, so kann ein enormer<br />

volkswirtschaftlicher Schaden entstehen. Gelöst werden kann dieses<br />

Dilemma, indem eine Stiftung gegründet wird und dadurch das<br />

Betriebsvermögen nicht zerfällt. Hierzu gibt es unterschiedliche Stiftungsmodelle,<br />

die je nach Vorgaben der Unternehmensinhaber umgesetzt<br />

werden können.<br />

Foto: © Riccardo Lennart Niels Mayer von www.istockphoto.com<br />

Das Bürgerliche Gesetzbuch definiert eine Stiftung wie folgt:<br />

„Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden<br />

und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen<br />

Zwecks ausgestattete mitgliederlose juristische Person.“ Die breite<br />

Bevölkerung ist der Ansicht, dass Stiftungen nur von superreichen<br />

Mäzenen gegründet werden können. Allerdings werden die meisten<br />

Stiftungen im Durchschnitt mit der Höhe von 250.000 Euro gegründet.<br />

Viele Stiftungen übernehmen Verantwortung in Erziehung, Bildung,<br />

Forschung und Integration. Und der Gesetzgeber fördert seit<br />

<strong>20</strong>07 die Gründung von gemeinnützigen Stiftungen mit einem Sonderausgabenabzug<br />

bis zu einer Million Euro für Ledige und zwei Millionen<br />

Euro für Verheiratete.<br />

Demografische Entwicklung fördert Stiftungsgründungen<br />

Fast 50 Prozent der Stiftungsgründer haben keine Kinder und stellen<br />

sich die Frage, was mit dem Vermögen geschehen soll. Hierzu<br />

zählt nicht nur das liquide Vermögen, sondern auch das Betriebsvermögen.<br />

Die Unternehmensnachfolge gehört in den nächsten Jahren<br />

zu den größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. 3,5 Millionen<br />

mittelständische Unternehmen sind aktiv. Hiervon werden<br />

jährlich 60.000 Unternehmen auf die nächste Generation übertragen.<br />

Wenn es nicht genügend Nachfolger gibt, oder auch die Kinder<br />

Die Welt ein wenig gerechter machen<br />

Wie gemeinnützige Zwecke effektiv und sinnvoll umgesetzt werden<br />

können, zeigt die Neven Subotic Stiftung. Der Stifter Neven<br />

Subotic, ein erfolgreicher Profifußballer, wollte mit seinem Tun die<br />

Welt ein wenig gerechter machen. Aus einer kleinen Idee wurde eine<br />

Stiftung, die seit der Gründung <strong>20</strong>12 durch die Unterstützung von<br />

9.763 Spendern circa sieben Millionen Euro an Spenden erhalten<br />

hat. Mit dem Geld konnten 132 Brunnen und 80 sanitäre Anlagen<br />

an Schulen in Äthiopien gebaut werden. 151 weitere Projekte sind in<br />

Planung und sollen bis <strong>20</strong>21 fertiggestellt werden. Insgesamt haben<br />

127.669 Menschen Zugang zu sauberem Wasser erhalten, und Kinder<br />

können Schulen mit sanitären Anlagen besuchen, um durch Bildung<br />

eine bessere Perspektive zu erhalten. Dadurch wird die Welt<br />

ein wenig gerechter, und Menschen übernehmen in der Mitte unserer<br />

Gesellschaft Verantwortung. Sinnstiftende Maßnahmen bereichern<br />

uns alle und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt.<br />

Gut zu wissen<br />

n Die meisten Stiftungen in Deutschland werden im Durchschnitt mit<br />

250.000 Euro gegründet<br />

n Die Gründung einer Stiftung bietet sich an, wenn es keinen Nachfolger<br />

für das Unternehmen gibt<br />

n Es gibt unterschiedliche Stiftungsmodelle, die je nach Vorgaben der<br />

Unternehmensinhaber umgesetzt werden können<br />

Dr. Alexander Milicevic<br />

Geschäftsführer Estate Planning GmbH<br />

BVMW-Mitglied und Mitglied Expertenkreis<br />

Nachfolge<br />

www.estate-planning-gmbh.com


86 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

KMU digitalisieren und<br />

konkurrenzfähig bleiben<br />

Der <strong>Mittelstand</strong> ist noch immer zu wenig digitalisiert. Allerdings hat die Bereitschaft zu modernen<br />

Produktionsprozessen zugenommen, und das Verständnis für das Thema ist gewachsen.<br />

Treiber in Richtung vernetzte Produktion sind in erster Linie<br />

die technologischen Veränderungen sowie die Bedürfnisse<br />

des Marktes und der Kunden. Trotzdem sind bislang 29 Prozent<br />

der in Deutschland ansässigen Produktionsbetriebe noch gar<br />

nicht vernetzt. Gründe dafür sind das fehlende Know-how im IT- beziehungsweise<br />

Datenschutzbereich sowie die fehlende Netzwerkfähigkeit<br />

der bestehenden Maschinenparks. Für Mittelständler scheint<br />

das Thema Datenschutz und -sicherheit eine zentrale Rolle zu spielen,<br />

da ohne Expertise und Manpower in diesem Bereich die Vernetzung<br />

nur langsam vorangetrieben werden kann.<br />

Hemmschwellen in Richtung Industrie 4.0 überwinden<br />

Einen weiteren kritischen Faktor bilden die anfallenden Kosten. Viele<br />

kleine und mittelständische Betriebe sehen sich bislang gehemmt,<br />

da moderne Software für die Produktion gewöhnlich hohe Kosten<br />

mit sich bringt. Jedoch gibt es Softwarehäuser, die spezielle Lösungen<br />

für KMU entwickelt haben. Diese punkten mit den geringen Investitionskosten<br />

und der schnellen Implementierung in den laufenden<br />

Betrieb, da sie als eine Art Plug-and-Play-Lösung eingesetzt<br />

werden können.<br />

Innovationswille macht zukunftsfähig<br />

Das einfache Setup der Produktionssteuerung für den <strong>Mittelstand</strong><br />

liegt mitunter auch an den überschaubaren Produktionssystemen<br />

und -zyklen. Die Einführung solcher Systeme gestaltet sich somit<br />

deutlich einfacher als bei größeren Unternehmen. Dadurch lassen<br />

sich auch im <strong>Mittelstand</strong> die Vorteile und Potenziale der Digitalisierung<br />

und Vernetzung der Produktion nutzen, indem man<br />

eine sichere Datengrundlage zur Aufstellung von Optimierungsmöglichkeiten<br />

erhält.<br />

Gut zu wissen<br />

n Die Digitalisierung in den Bereichen Datenschutz und Human<br />

Resources gewinnt zunehmend an Bedeutung<br />

n Softwarehäuser haben spezielle Lösungen für KMU entwickelt<br />

Mischa Wittek<br />

Mitglied der Geschäftsleitung und<br />

Vertriebsleiter GFOS mbH<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.gfos.com<br />

Foto: © GFOS/Catrin Moritz; © mediaphotos von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

87<br />

Wie Soft Skills Ihre<br />

Zukunft retten<br />

Online Marketing ist für den <strong>Mittelstand</strong> eine gute Chance, um lokal, national und international<br />

neue Kunden zu gewinnen. Dafür müssen besonders digitale Marketingkompetenzen gefördert<br />

werden. Doch auf welche Fähigkeiten kommt es in Zukunft an?<br />

Nicht immer schaffen es kleine und mittlere Unternehmen, im<br />

Wettbewerb um engagierte und gut ausgebildete Online-Marketing-Fachkräfte<br />

mitzuhalten. Dazu kommt der fortschreitende<br />

Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung, der<br />

die Unternehmen vor weitere Herausforderungen stellt. Bei Mitarbeitern<br />

des Online-Marketings sollte daher, neben den fachlichen Skills,<br />

besonders auf drei persönliche Fähigkei ten geachtet werden.<br />

Empathie<br />

Unsere Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, unterscheidet<br />

uns von Maschinen. Übersetzt ins Online Marketing ist damit die<br />

Fähigkeit gemeint, Kollegen, Chefs oder Kunden besser zu verstehen<br />

und ihre emotionale Reaktion zu antizipieren. In Zeiten<br />

der Reizüberflutung wollen Kunden von einer Marke oder<br />

einem Produkt berührt und emotional begeistert werden. Im<br />

Online Marketing hilft Empathie, diese Kundenwünsche auf Marketing-Maßnahmen<br />

zu übertragen.<br />

Foto: © Mykyta Dolmatov von www.istockphoto.com<br />

Funktionsübergreifende Kompetenz<br />

In Zukunft wird die funktionsübergreifende Kompetenz eine der<br />

Schlüsselkompetenzen sein. Vereinfacht versteht man darunter die<br />

Fähigkeit, über den eigenen beruflichen Tellerrand hinauszublicken.<br />

Zusammenhänge zu erkennen und sie in Handeln umzusetzen. Neben<br />

den Kunden profitieren auch Mitarbeiter davon, denn nachweislich<br />

steigt die innere Zufriedenheit, wenn berufliche Freiräume den<br />

Platz für persönliche Entfaltung eröffnen.<br />

Neugier und Lebenslanges Lernen<br />

Beides stellt sicher, dass Menschen stets über das aktuellste Wissen<br />

verfügen, um in ihrem Job die notwendigen Schlüsse ziehen<br />

und passende Strategien entwickeln zu können. Neugierige und sich<br />

weiterbildende Mitarbeiter sind der Motor innovativer Marketingstrategien.<br />

Weitere positive Effekte sind eine höhere Zufriedenheit<br />

am Arbeitsplatz durch das gute Gefühl, immer mehr zu wissen und<br />

zu können.<br />

Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig auszubauen, sollte<br />

nicht nur auf hohe Online-Marketing-Kompetenzen gesetzt werden,<br />

sondern auch den Mitarbeitern Weiterbildungsmaßnahmen in<br />

diesen Bereich angeboten werden. Gerade mittelständische Arbeitgeber<br />

können nämlich im Bereich Lebenslanges Lernen punkten. Sie<br />

sind erfahrungsgemäß flexibel, innovativ und entscheidungsstark<br />

und können so ein passendes Lern-Ökosystem zügig im Unternehmen<br />

etablieren. Es gilt: Lernen am Arbeitsplatz muss sich wandeln,<br />

um mit den Erfordernissen einer radikal veränderten Umwelt mithalten<br />

zu können. Mitarbeiter und Chefs müssen Lebenslanges Lernen<br />

als wichtigste Investition, in die Zukunft zu blicken, begreifen. Nur so<br />

können sie leistungsstark in die digitale Zukunft starten. Denn eines<br />

ist klar: Ausruhen auf dem Wissensstand von heute geht nicht mehr.<br />

Gut zu wissen<br />

Mehr zu den gefragten Online-Marketing-Skills von morgen im Buch:<br />

„Erfolgreich als Online-Marketing-Manager. Auf diese Soft Skills kommt<br />

es an – heute und in Zukunft“<br />

Markus Bockhorni, Claudia Beauchamp<br />

Verlag Springer Gabler, 29,99 €<br />

Markus Bockhorni<br />

Gründer und Geschäftsführer eMBIS Akademie<br />

für Online Marketing<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.embis.de


88 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

RECHTSHOTLINE<br />

Achtung bei Arbeit auf Abruf!<br />

Bei der sogenannten Arbeit auf Abruf hat der Arbeitnehmer seine<br />

Arbeitsleistung entsprechend dem betrieblichen Bedarf zu<br />

erbringen. Die Idee dahinter ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />

immer nur dann zur Arbeit heranzieht, wenn es einen betrieblichen<br />

Bedarf gibt.<br />

Festlegung von Mindeststunden<br />

Dieser Möglichkeit, die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern und damit<br />

auch die Lohnkosten an den tatsächlichen Arbeitsbedarf anzupassen,<br />

waren jedoch schon immer Grenzen gesetzt. Eine dieser Grenzen<br />

bestand von vornherein darin, dass im Arbeitsvertrag eine Mindestmenge<br />

an Arbeitsstunden pro Woche festgelegt sein musste.<br />

Gab es diese Festlegung nicht, so gilt eine gesetzliche Fiktion von<br />

derzeit <strong>20</strong> Arbeitsstunden pro Woche. Hieraus resultiert häufig das<br />

folgende Problem:<br />

Wenn die Anzahl an Stunden im Arbeitsvertrag nicht festgelegt wurde,<br />

und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer somit eine Mindestbeschäftigung<br />

von <strong>20</strong> Stunden pro Woche schuldet, muss der Arbeitgeber<br />

den Arbeitnehmer auch dann für die vollen <strong>20</strong> Stunden<br />

pro Woche vergüten, wenn er deutlich weniger oder sogar gar keine<br />

Arbeitsleistung abgerufen hat. Auch wenn Arbeitnehmer häufig<br />

aus Unkenntnis ihre Ansprüche nicht geltend machen, hat die fehlende<br />

Festlegung von Mindeststunden gravierende Folgen, die daraus<br />

resultieren, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht nur für<br />

die Stunden geschuldet werden, die ihm tatsächlich vergütet wurden,<br />

sondern für alle Stunden, die hätten vergütet werden müssen.<br />

450-Euro-Grenze<br />

Durch die Neuregelung der Mindeststundenanzahl durch die Heraufsetzung<br />

auf <strong>20</strong> Stunden pro Woche wird nun in Kombination mit dem<br />

geltenden Mindestlohn regelmäßig die 450-Euro-Grenze für eine geringfügige<br />

Beschäftigung überschritten. Das kann wiederum zur Folge<br />

haben, dass Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen<br />

Umfang nachgezahlt werden müssen, und zwar in voller Höhe durch<br />

Die BVMW-Rechtshotline erreichen Sie:<br />

Mo bis Fr 10.00 – 17.00 Uhr<br />

Tel.: 030 / 53 32 06-963 | Fax: 030 / 53 32 06-50<br />

rechtshotline@bvmw.de<br />

den Arbeitgeber. Hinzu kommt noch, dass das Nichtentrichten von<br />

Beiträgen zur Sozialversicherung als Vorenthalten von Arbeitsentgelt<br />

strafbar ist. Die Vereinbarung einer möglichst niedrigen Stundenzahl<br />

kann dies zwar verhindern, jedoch nur unter deutlicher Beschränkung<br />

der Flexibilität, denn der Arbeitgeber darf maximal 25 Prozent<br />

über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinaus abrufen.<br />

Das heißt nicht, dass es keine Möglichkeiten gibt, den Anfall von Arbeitsleistung<br />

und damit die Lohnkosten zu flexibilisieren. So können<br />

Regelungen zu Arbeitszeitkonten weiterhelfen, um zum Beispiel im<br />

Saisonbetrieb die notwendige Flexibilität zu schaffen. Hierbei sollte<br />

aber aus den oben genannten Gründen genau geprüft werden, dass<br />

die Regelungen rechtssicher sind.<br />

Gut zu wissen<br />

n Festlegung der Mindeststunden bei Arbeit auf Abruf vertraglich<br />

festhalten, um eine Mehrvergütung zu vermeiden<br />

n Ggf. müssen Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen<br />

Umfang nachgezahlt werden<br />

n Es gibt keine Möglichkeiten, den Anfall von Arbeitsleistung und<br />

damit die Lohnkosten zu flexibilisieren<br />

Dr. Jens Kaspers<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.zl-legal.de<br />

BVMW Rechtshotline<br />

Prof. Dr. Benjamin Weiler<br />

Rechtsanwalt<br />

ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

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www.zl-legal.de<br />

BVMW Rechtshotline


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

89<br />

„Wettbewerbsfähigkeit<br />

der<br />

Unter nehmen<br />

zu stärken ist<br />

mein tägliches<br />

Geschäft.<br />

Daniela Bessen<br />

<strong>Mittelstand</strong>snetzwerkerin des BVMW<br />

ICH BIN <strong>DER</strong> BVMW.<br />

GEMEINSAM<br />

FÜR EINEN STARKEN<br />

MITTELSTAND.<br />

www.mittelstandsjob.de


90 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Strengere Compliance-Regeln<br />

auch für KMU<br />

In jüngster Zeit mehren sich die gesetzgeberischen Initiativen, die Unternehmen<br />

jeder Größenordnung strengere Vorgaben in Bezug auf die Einhaltung von<br />

Compliance-Regelungen machen.<br />

Am 16. Dezember <strong>20</strong>19 ist die Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie<br />

zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht<br />

melden) in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten<br />

der EU sind dazu verpflichtet, deren Vorgaben bis zum 17. Dezember<br />

<strong>20</strong>21 in nationales Recht umzusetzen. Die Whistleblower-Richtlinie<br />

verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Erstens sollen Hinweisgeber<br />

(Whistleblower), die auf Verletzungen des EU-Rechts aufmerksam<br />

machen, besser geschützt werden. Zweitens soll durch vermehrte<br />

Hinweise auf Rechtsverletzungen für eine bessere Durchsetzung des<br />

EU-Rechts gesorgt werden.<br />

Die Whistleblower-Richtlinie gilt sowohl für Hinweisgeber in privaten<br />

als auch öffentlichen Organisationen. Sie bezieht sich auf Missstände<br />

im Zusammenhang mit EU-Recht. Das EU-Recht ist vor allem für<br />

die Bereiche öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen,<br />

Gesundheitswesen, Produkt- und Verkehrssicherheit und Verbraucher-<br />

und Datenschutz relevant. Die Mitgliedsstaaten können allerdings<br />

darüber hinausgehen und den Anwendungsbereich auf nationales<br />

Recht erweitern.<br />

Voraussetzung für den Schutz von Hinweisgebern ist allerdings,<br />

dass für den Hinweisgeber ein hinreichender Grund zu der Annahme<br />

bestand, dass die gemeldeten Informationen zum Zeitpunkt der Meldung<br />

der Wahrheit entsprachen. Damit soll die Gefahr von Denunziation<br />

ausgeschlossen werden.<br />

Interne Meldekanäle und -verfahren<br />

Die Mitgliedstaaten der EU werden verpflichtet sicherzustellen, dass<br />

Unternehmen und andere juristische Personen interne Kanäle und<br />

Verfahren für Meldungen von Hinweisgebern einrichten. Unternehmen<br />

müssen dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen,<br />

dass die Meldung eingegangen ist. Innerhalb von drei Monaten<br />

muss der Hinweisgeber über getroffene Maßnahmen und den Stand<br />

der Ermittlungen informiert werden. Die Meldekanäle sind so zu konzipieren,<br />

dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers gewahrt<br />

bleibt.<br />

Sanktionen<br />

Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, Sanktionen<br />

gegen Unternehmen zu verhängen, die das Melden von Missständen<br />

behindern. Die Mitgliedstaaten sollen ferner auch Sanktionen für den<br />

Fall vorsehen, dass Hinweise von Hinweisgebern von Unternehmen<br />

nicht vertraulich behandelt werden. Die genaue Ausgestaltung der<br />

Sanktionen ist jedoch den Mitgliedsstaaten überlassen.<br />

Interesse der Unternehmen<br />

Neben der Erfüllung einer Rechtspflicht gibt es für Unternehmen weitere<br />

Gründe, Mitarbeitern zu ermöglichen, Missstände im Unternehmen<br />

ungehindert zu melden. Dadurch kann eben auch verhindert<br />

werden, dass der Missstand externen Stellen bekannt wird. Wird ein<br />

Missstand öffentlich, kann eine negative Berichterstattung über das<br />

Unternehmen zu einem Imageschaden und sich daran anschließenden<br />

wirtschaftlichen Schäden führen. Außerdem können durch das<br />

Aufdecken von Missständen Haftungsfälle oder Sanktionen durch<br />

Behörden vermieden werden. Die internen Meldekanäle von Unter-<br />

Foto: © wildpixel von www.istockphoto.com


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SERVICE<br />

91<br />

nehmen sollten deshalb am besten im Rahmen eines umfassenden<br />

Compliance-Systems eingerichtet werden.<br />

Das Verbandssanktionengesetz – „Strafrecht“ für<br />

Unternehmen und Verbände<br />

Eine weitere kleine Revolution bahnt sich derzeit durch die geplante<br />

Einführung des Verbandssanktionengesetzes an. Diese im aktuellen<br />

Koalitionsvertrag vereinbarte Initiative bedeutet im Grundsatz nichts<br />

anderes als die Einführung einer Art „Unternehmensstrafrecht“. Die<br />

Sanktionierung von Unternehmen soll damit eine eigene gesetzliche<br />

Grundlage erhalten. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang<br />

die Einführung des sogenannten Legalitätsprinzips für Verstöße auf<br />

Unternehmensebene. Das Gesetz soll allerdings auch nicht nur für<br />

Unternehmen, sondern auch für sämtliche private und öffentlichrecht<br />

liche Verbände gelten. Betroffen sind damit nicht nur Konzerne,<br />

sondern auch Mittelständler und Kleinstbetriebe.<br />

Legalitätsprinzip<br />

Anders als bisher können Staatsanwaltschaften nun nicht mehr<br />

nach dem Opportunitätsprinzip entscheiden, ob sie ein Verfahren gegen<br />

den betroffenen Verband einleiten, sie sind durch das Legalitätsprinzip<br />

dazu verpflichtet.<br />

Hohe Strafen<br />

Als Sanktion ist bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes<br />

des Unternehmens vorgesehen. Dies trifft Unternehmen<br />

mit einem jährlichen Umsatz von über 100 Millionen Euro, eine<br />

Dimension, die auch der eine oder andere Mittelständler erreicht.<br />

Kleineren Unternehmen droht immerhin eine Geldbuße von bis zu<br />

zehn Millionen Euro.<br />

Für Unternehmen jeder Größenordnung,<br />

gerade auch für Mittelständler,<br />

kommen damit in den kommenden<br />

Jahren deutlich erhöhte regulatorische<br />

Anforderungen zu.<br />

Strafminderung<br />

Positiv hervorzuheben ist, dass der Gesetzesentwurf Anreize für die<br />

Einführung von Compliance-Maßnahmen und die Durchführung von<br />

eigenen internen Untersuchungen setzt. Unternehmen, die Compliance-Systeme<br />

zur Vermeidung von Rechtsverstößen einführen und<br />

an diesen beziehungsweise deren Aufklärung selbst mitarbeiten, sollen<br />

durch verminderte Strafen oder gar Absehen der Verfolgung honoriert<br />

werden. Für die Durchführung solcher internen Untersuchungen<br />

liefert der Entwurf zudem klare Kriterien.<br />

Schnell handeln<br />

Für Unternehmen jeder Größenordnung, gerade auch für Mittelständler,<br />

kommen damit in den kommenden Jahren deutlich erhöhte<br />

regulatorische Anforderungen zu. Es kann in diesem Zusammenhang<br />

nur dringend geraten werden, frühzeitig in die Einführung eines<br />

Compliance-Managementsystems zu investieren. Alles andere verspricht,<br />

vor dem Hintergrund der aktuellen gesetzgeberischen Bestrebungen,<br />

bestenfalls unabsehbare Folgen.<br />

Gut zu wissen<br />

n Das Problem für Hinweisgeber besteht in der Regel darin, dass sie große Hemmungen<br />

haben, ihnen bekannt gewordene Missstände in einem Unternehmen anzusprechen oder<br />

aufzudecken, weil sie berufliche Nachteile befürchten. Die Whistleblower-Richtlinie soll<br />

dem entgegenwirken<br />

n Es sind Sanktionen bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes des<br />

Unternehmens vorgesehen<br />

n Unternehmen, die Compliance-Systeme einführen und an deren Aufklärung selbst mitarbeiten,<br />

sollen durch verminderte Strafen oder Absehen der Verfolgung honoriert werden<br />

n Unternehmen sollten frühzeitig in die Einführung eines Compliance-Managementsystems<br />

investieren<br />

Prof. Dr. Benjamin Weiler<br />

Rechtsanwalt<br />

Dr. S. Dennis Engbrink<br />

Rechtsanwalt<br />

ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft<br />

mbB<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.zl-legal.de


92 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

V. li.: Professor Dr. Franco Rota (Jurymitglied) und Holger Oehrlich (Schwarz IT). V. li.: Jörg Bonkowski Geschäftsführer MEBO Sicherheit GmbH, Janique Jornitz,<br />

Personalreferentin & BGM Koordinatorin, Cornelia Gärtner, Leiterin BVMW in der<br />

Wirtschaftsregion Frankfurt Rhein Main.<br />

Bester Werbefilm in<br />

Baden-Württemberg<br />

Bereits zum zweiten Mal ist im Metropolkino in Stuttgart der<br />

Werbefilmpreis Baden-Württemberg, der vom BVMW Baden-<br />

Württemberg gesponsort wird, vergeben worden. Den Preis<br />

erhielt „Bist du bereit für Großes?“ von der Schwarz-IT, produziert<br />

von Silbersalz Film GmbH. Die 2.000 Euro Preisgeld<br />

stammen von den BVMW-Mitgliedern Medienfabrik Storz und<br />

Conducta/Endress und Hauser. Verliehen wird er vom Filmbüro<br />

(BVMW-Mitglied). Lobende Erwähnungen erhielten „Playmobil –<br />

Finya und Florin bei den Meerjungfrauen“, (Produktion Woodblock)<br />

und das Diakonische Werk (Produktion AV Medien).<br />

Verleihung des<br />

Corporate Health Award<br />

Beim diesjährigen Corporate Health Award in Frankfurt wurden drei<br />

mittelständische Unternehmen geehrt: MEBO Sicherheit GmbH<br />

in der Kategorie Handel, Volksbank Ulm-Biberach eG und Werner<br />

Gießler GmbH. Die jährliche Preisverleihung prämiert öffentlichkeitswirksam<br />

die besten Unternehmen Deutschlands in 15 Branchen-Kategorien.<br />

Neben den Klassen „Großunternehmen“ und „<strong>Mittelstand</strong>“<br />

werden weitere Sonderpreise für herausragende Unternehmen<br />

vergeben. Der BVMW ist hier langjähriger Sonderpreispartner.<br />

V. li.: Benjamin Langer, Geschäftsführer SWF; Werner Jüngst, Schulleitung<br />

Gesamtschule Eiserfeld; Uschi Zingler, Didaktische Leitung; Thomas Dilling,<br />

Vorstandsvorsitzender Förderverein Gesamtschule Eiserfeld, und<br />

Svend Schleidgen, Geschäftsführer SWF.<br />

Siegener Unternehmen feiert<br />

100-jähriges Bestehen<br />

Die Siegener Werkzeug- und Härtetechnik GmbH (SWF) kann<br />

auf ihr 100-jähriges Bestehen zurückblicken. Im Rahmen der<br />

Feierlichkeiten zum Jubiläum wurde unter dem Motto „Wir feilen<br />

an der Zukunft“ dazu aufgerufen, das Projekt „Digitalisierung<br />

und Technik“ einer ansässigen Gesamtschule mit einer Spende<br />

zu unterstützen. Ein Spendencheck in Höhe von 10.000 Euro<br />

wurde an Schulleiter Werner Jüngst überreicht.<br />

V. li.: Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und<br />

Sylvia Dommer-Kroneberg.<br />

Wirtschaftsmedaille für<br />

Sylvia Dommer-Kroneberg<br />

Für herausragende Leistungen um die baden-württembergische<br />

Wirtschaft hat Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut im Neuen<br />

Schloss in Stuttgart die Wirtschaftsmedaille des Landes an<br />

zwölf Persönlichkeiten und drei Unternehmen verliehen. Zu ihnen<br />

zählt auch Sylvia Dommer-Kroneberg von der Fahnenfabrik<br />

Dommer (BVMW-Mitglied), die seit 1852 existiert. Die Medaille<br />

erhalten seit 1987 Persönlichkeiten und Unternehmen, die sich<br />

in herausragender Weise um die Wirtschaft des Landes verdient<br />

gemacht haben.<br />

Foto: © Ulrich Köppen; EuPD/Handelsblatt/ Corporate Health Award; © Siegener Werkzeug- und Härtetechnik GmbH; © Ulrich Köppen


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

93<br />

<strong>20</strong> Jahre infinitum<br />

Die infinitum multimedia aus Herne hat ihr <strong>20</strong>-jähriges Jubiläum<br />

gefeiert. Vor <strong>20</strong> Jahren begann die Firma mit der Erstellung<br />

individueller Internetpräsenzen und entwickelt seitdem auch<br />

komplexere Web-Anwendungen. Gegründet wurde infinitum<br />

multimedia im Jahre 1999 von Werner Koch, der nach mehr als<br />

einem Jahrzehnt Beratungstätigkeit im Finanzsektor seine Passion<br />

für die neuen Medien zum Beruf machte. infinitum betreut<br />

heute mittelständische Kunden und steuert auch komplexere<br />

Projekte gemeinsam mit externen Partnern zum erfolgreichen<br />

Corporate-Design und zeitgemäßem Brand-Building.<br />

Leipziger Marketingpreis für<br />

BVMW-Mitglied<br />

Die Agentur 2 Lions Media Consult GmbH hat den Leipziger Marketingpreis<br />

<strong>20</strong>19 in der Kategorie „Bester Marketing Newcomer“<br />

gewonnen. Geehrt wurde das junge Unternehmen für eine Kampagne,<br />

die eine Reichweite von mehr als 30 Millionen Kontakten<br />

sowie eine Absatzsteigerung von 270 Prozent im Business-Ticketing<br />

erreichte. Hintergrund war eine Meldung von Charlie<br />

Sheens Unterstützung für einen Basketballclub aus Weißenfels.<br />

Die Berichterstattung darüber reichte von der BILD bis zum Stern,<br />

die Formate variierten über Tageszeitungen, Magazine, Basketball-Fachmedien<br />

bis hin zu Radio-, TV- und Podcast-Beiträgen.<br />

Besonders überzeugte die Jury die Idee, mit Filmstar Charlie<br />

Sheen ein Stück Hollywood in die Region zu holen.<br />

infinitum-Mitarbeiter<br />

Florian Grimm (li.) und<br />

Inhaber Werner Koch.<br />

www.2-lions.de<br />

www.infinitum.de<br />

Malaysia Informationsabend<br />

in Regensburg<br />

Die Preisträger von 2 Lions Media Consult: Jonathan Hexel (li.)<br />

und Steffen Schedler.<br />

Foto: © infinitum; 2-Lions; © WORDUP Public Relations<br />

Der BVMW Regensburg veranstaltete im Kolpinghaus ein Treffen<br />

zum Thema „Malaysia als Tor zu ASEAN“. Michael Fisahn-Reinhard,<br />

Managing Director des globalen Netzwerks von Expandeers in Hamburg,<br />

informierte über das Potenzial und die Perspektiven Malaysias<br />

und der südostasiatischen Gemeinschaft für europäische Unternehmen.<br />

ASEAN hat inzwischen mehrere Freihandelsabkommen<br />

mit China und Indien. Außerdem verhandelt die EU derzeit bilaterale<br />

Abkommen mit einzelnen Mitgliedstaaten.<br />

Bei Interesse und weiteren Fragen wenden Sie sich an:<br />

hartwig.brodtmann@bvmw<br />

Wachstumsstark:<br />

089 Immobilienmanagement<br />

In Kooperation mit Statista hat das Magazin FOCUS in einer<br />

branchenübergreifenden Erhebung die am stärksten wachsenden<br />

Unternehmen in Deutschland ermittelt. Das BVMW-Mitglied 089 Immobilienmanagement<br />

um den geschäftsführenden Gesellschafter<br />

Georg Angermeier gehört dazu.<br />

www.089immobilienmanagement.de<br />

<strong>Mittelstand</strong>sempfang<br />

im Münchner Rathaus<br />

Der bereits sechste<br />

Rathausempfang<br />

des BVMW in München<br />

bot erneut eine<br />

gute Gelegenheit,<br />

um gemeinsam auf<br />

die Ereignisse des<br />

Geschäftsjahres<br />

zurückzublicken. Der<br />

Oberbürgermeister<br />

Achim von Michel (BVMW München) und<br />

Katrin Habenschaden (Bündnis90/Die Grünen).<br />

der Landeshauptstadt München – vertreten durch Stadträtin Katrin<br />

Habenschaden (Bündnis90/Die Grünen) – hatte den BVMW zum<br />

jährlichen Empfang ins Münchner Rathaus eingeladen. Auf dem<br />

Empfang hob Habenschaden die große Bedeutung der kleinen und<br />

mittleren Unternehmen für die regionale Beschäftigung und das<br />

Steueraufkommen hervor.<br />

Rund 100 Gäste konnten mit Vertretern des Münchner Stadtrates<br />

persönlich ins Gespräch kommen, ausführliches Networking mit<br />

ihren Unternehmerkollegen im BVMW betreiben und ein Flying Buffet<br />

in der Ratstrinkstube genießen. Der BVMW war mit mehreren regionalen<br />

Beauftragten auf dem Empfang präsent.


94 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Vom Nordpol zum Südpol<br />

Der Abenteurer Robby Clemens war zu Gast beim BVMW Wirtschaftsregion<br />

Leipzig. Dort präsentierte er seinen Vortrag „Zu<br />

Fuß vom Nordpol Richtung Südpol“. Neben zahlreichen Bildern<br />

und einem Video konnten die BVMW-Mitglieder eine Vielzahl<br />

eindrucksvoller und berührender Geschichten über die Höhen<br />

und Tiefen seiner Reise erleben. Nach einer persönlichen<br />

Lebenskrise erfüllte sich Robby Clemens diesen Traum und<br />

startete im April <strong>20</strong>17 in der Arktis sein Abenteuer, das er nach<br />

22 Monaten glücklich in der Antarktis beenden konnte.<br />

Hans-Josef Helf vom BVMW-Wirtschaftsregion Dresden (re.) mit<br />

Kempinski-Manager Stephan Becker.<br />

BVMW Dresden eröffnet<br />

Eisbahn im Taschenbergpalais<br />

Zur Eröffnung der Wintersaison hat die BVMW Wirtschaftsregion<br />

Dresden erneut als exklusiver Partner von Kempinski-Hotel<br />

Taschenbergpalais die romantische Eisbahn im Innenhof des<br />

Hotels eröffnet. Bis März können hier täglich die Besucher<br />

ihre Runden auf Kunsteis drehen. Dazu gibt es Glühwein oder<br />

Bratwurst, und es können Schlittschuhe ausgeliehen werden.<br />

Zur Eröffnung kamen zahlreiche BVMW-Mitglieder, die sich den<br />

Spaß nicht nehmen ließen und selbst einige Runden auf dem Eis<br />

drehten.<br />

Abenteurer Robby Clemens.<br />

Schule trifft Unternehmen<br />

Journalist Uwe Knüpfer (li.) und Sebastian Hartmann (SPD) in Diskurs.<br />

NRW-SPD sucht neue Wege<br />

Im Dialog mit dem Journalisten Uwe Knüpfer hat der Vorsitzende der<br />

NRW-SPD Sebastian Hartmann vor den Mitgliedern des Landeswirtschaftssenats<br />

NRW seine Ansätze zur Erneuerung der kriselnden<br />

Sozialdemokraten dargelegt. In den Räumen des Mitglieds PubliCare<br />

GmbH in Köln zeigte sich, welchen Einfluss der größte Landesverband<br />

der Partei auf die Bundespolitik hat, und welche Rolle dabei die<br />

politische Entwicklung in NRW spielen kann. Der ehemalige Chefredakteur<br />

der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Uwe Knüpfer,<br />

führte durch das Symposium. Der Abend machte eines deutlich:<br />

Der spürbare Linksruck der Partei dürfte nicht nur in den Reihen des<br />

<strong>Mittelstand</strong>s für erheblichen Gesprächsbedarf sorgen.<br />

Beatrice Brenner (BVMW Bayerischer Untermain)<br />

präsentiert die Workshop-Ergebnisse.<br />

Lehrer haben zu<br />

wenig Informationen,<br />

welche Qualifikationen<br />

sich Unternehmen<br />

von zukünftigen<br />

Azubis wünschen<br />

Dieses Wissensdefizit<br />

führte zur Idee des<br />

BVMW Bayerischer<br />

Untermain, zum Forum<br />

(AUS)BILDUNG<br />

„Chancen für Ausbildungsbetriebe: Schule trifft Unternehmen“<br />

in das Gymnasium in Elsenfeld einzuladen. BVMW-Vorstandsmitglied<br />

Arthur Zimmermann von der BVMW Bildungsallianz<br />

beleuchtete vor über 50 Schulvertretern verschiedener Schulen<br />

und Ausbildungsverantwortlichen aus der Region die Bildungssituation<br />

in Deutschland, dann folgte ein Best Practice Beispiel.<br />

Anschließend konnten die Teilnehmer in einem Workshop Wünsche<br />

und Ideen zur Berufsorientierung zusammentragen.<br />

Foto: © BVMW Bayerischer Untermain (Beatrice Brenner)


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

95<br />

Neuer Expertenkreis<br />

Unternehmensnachfolge<br />

Im BVMW FrankfurtRheinMain hat sich der Expertenkreis Nachfolge<br />

gebildet. Die Mitglieder sind mittelständische Unternehmer, die<br />

Lösungsangebote für alle mit der Unternehmensnachfolge verbundenen<br />

Herausforderungen anbieten. Ob Unternehmensbewertung,<br />

juristische Begleitung, Veränderungskommunikation und -Management,<br />

Unterstützung bei der Käufer- und Investorensuche, Übergabevorbereitung<br />

oder Verkaufsberatung – die Nachfolgeexperten<br />

helfen mit Rat und Tat dem Unternehmer, damit die Weitergabe an<br />

eine neue Generation, ein MBO oder der Verkauf gelingt.<br />

www.dienachfolgeexperten.de<br />

Sprenger mal ganz anders<br />

Sich Zeit zu nehmen,<br />

besondere Momente zu<br />

erleben und zu genießen<br />

– dafür steht die<br />

Reihe „Augenblicke“.<br />

Rund <strong>20</strong>0 Gäste haben<br />

Deutschlands Management-Guru<br />

Dr. Reinhard<br />

K. Sprenger einmal ganz<br />

anders erlebt und waren<br />

begeistert. Er ist Gitarrist,<br />

Songschreiber und<br />

Texter, stand mit Tina<br />

Turner auf der Bühne,<br />

mit Mink DeVille und<br />

vielen anderen. Das Konzert<br />

in Münster war eine<br />

reizvolle Kombination<br />

aus Vortrag und Musik:<br />

chansonhafte Songs,<br />

gehaltvolle Liedtexte,<br />

Zwischenvorträge und<br />

Gedichte, angereichert<br />

mit Humor. Einen wunderschönen<br />

Rahmen<br />

Autor und Speaker Dr. Reinhard K. Sprenger<br />

mal ganz anders.<br />

für dieses exklusive Event lieferte der Gastgeber Sparkasse<br />

Münsterland Ost. In dem außergewöhnlichen Foyer der Zentrale<br />

in Münster sorgte ein stimmungsvolles Ambiente und tolles<br />

Catering für weitere Begeisterung bei den Gästen. Ein außergewöhnlicher<br />

Abend, der erst gegen Mitternacht sein Ende fand.<br />

2nd BVMW „Winery Slam“<br />

Foto: © Dietrich Skrock<br />

V. li.: Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht und Peter Martini<br />

(BVMW).<br />

Treffen mit Sachsen-Anhalts<br />

Innenminister<br />

In einer Gesprächsrunde mit Mitgliedern des BVMW in Magdeburg<br />

hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht<br />

(CDU) eine Verschiebung des Wertegerüsts in der deutschen<br />

Gesellschaft beklagt. Die Spannungen gerade zwischen den<br />

rechten und linken Flügeln hätten erheblich zugenommen. Der<br />

Politiker sprach sich dagegen aus, Menschen, die lediglich ihre<br />

Sorgen und Nöte über Migration oder soziale Probleme äußerten,<br />

„als Nazis zu beschimpfen“. Eine stabile Wirtschaft mit<br />

einem starken <strong>Mittelstand</strong> sei unverzichtbar für das Land. Daran<br />

solle sich die Politik bei ihren Entscheidungen orientieren.<br />

Der Kreisverband FrankfurtRheinMain des BVMW hat <strong>20</strong>19 einen<br />

literarischen Wettbewerb zum Thema Wein im Dolce by Wyndham<br />

Bad Nauheim veranstaltet. Nach dieser gelungenen Premiere folgt<br />

Ende Februar <strong>20</strong><strong>20</strong> die zweite Auflage dieses außergewöhnlichen<br />

Events – erneut im historischen Jugendstil-Theater des Vier-Sterne-Hotels.<br />

Acht passionierte Weinbaubetriebe und -händler präsentieren<br />

auf der Bühne ihre ausgewählten Weine aus verschiedenen<br />

Anbaugebieten – direkt, hautnah und zeitgemäß, nach dem Vorbild<br />

eines Poetry Slam.<br />

Der „Winery Slam“ im Dolce-Theater Bad Nauheim.


96 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Nachhaltig haften<br />

bleiben<br />

In jeder Ausgabe stellt <strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>. BVMW Mitgliedsunternehmen<br />

und deren Produkte vor. Diesmal Nopar International,<br />

die sich auf die Herstellung und den Vertrieb von hochwertigen<br />

Medien für die Druckindustrie, die Werbetechnik, den Moderations-<br />

und Präsentationsmarkt spezialisiert haben.<br />

Folien im Druckprozess.<br />

Bei Schulungen, Tagungen, Präsentationen,<br />

Workshops, Brainstorming<br />

oder im Privatleben werden sie eingesetzt:<br />

Elektrostatische Folien, die mit<br />

entsprechenden Whiteboard Markern oder<br />

auch Permanent-Markern beschreibbar<br />

sind und auf allen Oberflächen elektrostatisch<br />

haften. Die Folien haften, egal ob auf<br />

Holz, Beton Glas, Metall oder Tapete.<br />

Auch Papier und Metaplan-Karten haften auf Folio Contact<br />

ohne jegliche Hilfsmittel. Folio Contact bietet die<br />

Vorteile von Flipchart und Whiteboard, Metaplan und<br />

Pinnwand und gleichzeitig Mobilität. Aber auch einsetzbar<br />

als Schaufenster-Dekoration oder für Promotion-Aktionen.<br />

Die Folie gibt es in der Spenderbox, ist schnell zu<br />

verwenden und kann überall eingesetzt werden.<br />

Die Whiteboard-Folie ist gleich mehrfach wiederverwendbar.<br />

Sie ist trocken abwischbar, so kann jedes Blatt<br />

bis zu zehn Mal wiederverwendet werden.<br />

Für Kinder und Künstler gibt es das Produkt als Hybrid<br />

Medium mit einer Farbempfangsschicht, die es erlaubt,<br />

mit Finger- oder Wasserfarben darauf zu malen.


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

97<br />

Beispiel für den Einsatz<br />

von Etiketten in der<br />

Getränkeindustrie.<br />

Fotos: © NOPAR International GmbH<br />

Darüber hinaus befasst sich das Unternehmen mit der Herstellung<br />

von Spezialetiketten für die Getränkeindustrie und<br />

die Werbetechnik. Gefertigt werden ablösbare Etiketten für<br />

Getränkekisten für Brauereien, Softdrink- und Mineralwasserhersteller.<br />

Nopar fertigt zu 100 Prozent in Deutschland. Die Produkte<br />

werden nachhaltig produziert mit dem Fokus auf umweltverträglichen<br />

Einsatz und Recyclingfähigkeit.<br />

NOPAR International GmbH<br />

Gründung: <strong>20</strong>03<br />

Firmensitz: Freie Hansestadt Bremen<br />

Geschäftsführer: Stefan Schmitt<br />

Mitarbeiter: 8<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.nopar-international.com


98 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Visionen für den <strong>Mittelstand</strong><br />

Die erste Bundestagung <strong>20</strong><strong>20</strong> stand in Königswinter unter dem Motto „Gutes bewahren,<br />

Neues wagen“. In Zeiten von schwächelnder Konjunktur und Nullzinspolitik diskutierten<br />

rund 300 Verbandsrepräsentanten des BVMW aus dem In- und Ausland aktuelle Probleme und<br />

bekamen konkrete Lösungsvorschläge für die von ihnen betreuten Unternehmen geboten.<br />

Hingucker: Im Hotel Maritim in Königswinter begrüßte der BVMW rund 300 Verbandsrepräsentanten zur ersten Bundestagung <strong>20</strong><strong>20</strong>.<br />

Zum Auftakt gab <strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven in seiner<br />

motivierenden, substanzvollen Keynote einen Ausblick auf das<br />

Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong>. Unternehmen würden mit Sorge auf die US-Wahl,<br />

die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und die globalen Handelskonflikte<br />

blicken. In vielen Branchen sei die Konjunktur bereits eingebrochen.<br />

Die deutsche Autoindustrie hadere mit der Elektromobilität,<br />

und die Banken litten unter der Null-Zinspolitik der Europäischen<br />

Zentralbank. Deutliche Worte fand Ohoven zur Politik der Großen Koalition:<br />

„Es geht der deutschen Wirtschaft nicht wegen, sondern trotz<br />

der GroKo noch vergleichsweise gut.“<br />

Patrick Meinhardt, Generalsekretär der Bildungsallianz des <strong>Mittelstand</strong>s,<br />

zog eine positive Bilanz: Im Jahr <strong>20</strong>19 seien 300.000 neue Mitglieder<br />

der Bildungsallianz beigetreten. Beim Bildungs-Talk mit Jürgen<br />

Böhm, Bundesvorsitzender Verband deutscher Realschullehrer<br />

und Vizevorsitzender Deutscher Beamtenbund, Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender<br />

des Bundesverbands der Träger beruflicher Bildung,<br />

und Gerard Wolny, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands<br />

höherer Berufe der Technik, Wirtschaft und Gestaltung, war man sich<br />

einig, dass die Qualität der Bildungsabschlüsse wieder steigen müsse.<br />

Frank Schweikert, Vorstand und Stifter der Deutschen Meeresstiftung,<br />

referierte eindrucksvoll über die Bedeutung der Meere: Nicht<br />

etwa Wälder, sondern Algen würden einen Großteil des Atmosphärensauerstoffs<br />

produzieren. Zusätzlich nehmen die Meere riesige<br />

Mengen an CO 2<br />

-Emissionen und auch Wärme auf. Bereits heute seien<br />

aber die Hälfte aller Warmwasserkorallenriffe zerstört. Ein weiteres<br />

Problem mit unbekannten Folgen seien neben dem Klimawandel<br />

auch die Belastungen durch Kunststoffe.<br />

Frank Vogt, Coach und Geschäftsführer HPS Deutschland GmbH,<br />

zeigte in einem spannenden und humorvollen Vortrag verschiedene<br />

Strategien der Rhetorik und Kommunikation auf. Gerade bei Präsentationen<br />

bestehe großer Nachholbedarf, so könnten sich Menschen<br />

nur an 2,2 Prozent aller Präsentationen erinnern.<br />

Best Practice Beispiele rundeten das Angebot aus der Praxis für die<br />

Praxis ab. Der rege Austausch und die Experten-Workshops der ersten<br />

Bundestagung werden den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr<br />

<strong>20</strong><strong>20</strong> für den BVMW legen.<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven hielt die substanzvolle Eröffnungsrede,<br />

gab Prognosen und einen Ausblick auf die Herausforderungen des Jahres <strong>20</strong><strong>20</strong>.


BVMW<br />

99<br />

Frank Vogt, Coach und Geschäftsführer HPS<br />

Deutschland GmbH, referierte über Storytelling.<br />

Frank Schweikert, Vorstand und Stifter der Deutschen<br />

Meeresstiftung, beeindruckte mit seinem Vortrag über<br />

die Bedeutung der Meere.<br />

Kooperationspartner des BVMW: Mert Dorman, Senior Vice<br />

President, Corporate Marketing&Distribution Channels, Turkish<br />

Airlines.<br />

Bundesgeschäftsführer Markus Jerger bei seiner Eröffnungsrede.<br />

Bildungs-Talk mit BVMW-Vorstand Arthur Zimmermann, Gerard Wolny,<br />

Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der höheren Berufe der Technik, Wirtschaft<br />

und Gestaltung; Jürgen Böhm, Präsident des Verbandes deutscher Realschullehrer und<br />

Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des Internationalen Bunds (v. li.).<br />

Sehr erfolgreiche Repräsentanten des BVMW …<br />

Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede<br />

… wurden geehrt und ausgezeichnet.


100 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Wie der Nutzen ins Fahrzeug kommt<br />

Ob in Schönefeld oder in Sibirien – wo immer schwere Lasten transportiert oder gehoben werden<br />

müssen, ist die CTM Fahrzeugbau GmbH gefragt. Das Unternehmen rüstet Nutzfahrzeuge mit Aufbauten<br />

aus und hat unter anderem ein eigenes Fahrzeug entwickelt, das weltweit einzigartig ist.<br />

Seit mehr als <strong>20</strong> Jahren ist Dietmar<br />

Massino in der Automobilbranche zu<br />

Hause. Der 55-jährige Diplom-Ingenieur<br />

kennt sämtliche Entwicklungen des Geschäftszweigs,<br />

weiß um die Herausforderungen,<br />

aber auch die Potenziale der Branche.<br />

So auch, als er 1996 beschloss, einen Standort<br />

im brandenburgischen Bestensee aufzukaufen<br />

und sich mit der CTM Fahrzeugbau<br />

GmbH selbstständig zu machen. Das inhabergeführte<br />

Unternehmen hat sich auf die<br />

Herstellung von Fahrzeugaufbauten spezialisiert<br />

und versieht ab Werk gefertigte Fahrzeuge<br />

mit einem individuellen Nutzen, je<br />

nachdem, für welche Zwecke der Kunde die<br />

Aufbauten benötigt. Seien es Ladekräne,<br />

Kipper, Koffer oder Pritschen – der Betrieb<br />

um Geschäftsführer und Gründer Massino macht es möglich.<br />

In Zusammenarbeit mit namhaften Herstellern wie MAN oder Mercedes-Benz<br />

werden Lkw-Chassis in der Größe von 3,5 bis 32 Tonnen<br />

auf das rund 35.000 Quadratmeter große Areal des Unternehmens<br />

in Brandenburg geliefert. Ab hier übernimmt das Team von CTM und<br />

stattet die Kraftwagen mit den jeweiligen Aufbauten aus.<br />

Es ist eine Herausforderung, die Aufbauten<br />

immer wieder an die unterschiedlichen<br />

Varianten anzupassen.<br />

Bei mehreren Tausend Fahrzeugvarianten, die die großen Lkw-Hersteller<br />

im Portfolio haben, erfordert dies ein ständiges Umdenken.<br />

„Wir stehen unter einem Modellfeuerwerk. Es ist eine Herausforderung,<br />

die Aufbauten immer wieder an die unterschiedlichen Varianten<br />

anzupassen. Aber die Herausforderung begreifen wir als Chance“,<br />

sagt Massino.<br />

Erfolgreiches Geschäftsmodell<br />

Den Kern des Geschäfts auf die spezialisierte Sparte der Fahrzeugaufbauten<br />

zu legen, entpuppte sich in den Folgejahren nach<br />

der Gründung als die goldrichtige Entscheidung. Das Unternehmen<br />

konnte ein gesundes Wachstum verzeichnen und hat bis heute über<br />

6.500 Fahrzeuge für 750 Kunden in zwölf Ländern ausgerüstet. <strong>20</strong>14<br />

expandierte CTM und eröffnete einen weiteren Standort in Berlin, an<br />

dem insbesondere Serviceleistungen angeboten werden, während<br />

der Fahrzeugbau nach wie vor in erster Linie am brandenburgischen<br />

Standort stattfindet. Hinter dem Erfolg des mittelständischen Betriebes<br />

steht ein inzwischen über 60-köpfiges Team aus Ingenieuren,<br />

CTM Fahrzeugbau GmbH hat sich auf Aufbauten für Nutzfahrzeuge spezialisiert.<br />

Technikern, Verwaltungsmitarbeitern und Vertriebsprofis. „Unsere<br />

Mitarbeiter sind das Wichtigste überhaupt“, sagt Massino. Dennoch<br />

bekommt auch sein Unternehmen den Fachkräftemangel zu spüren,<br />

unter dem viele Mittelständler zu leiden haben. „Wir sprechen mittlerweile<br />

nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem<br />

Arbeitskräftemangel“, beschreibt er die Situation. Doch durch<br />

eine Kultur der Transparenz und der kurzen Wege schafft es der Geschäftsführer,<br />

den Großteil seiner Mitarbeiter im Betrieb zu halten.<br />

Außergewöhnliche Kundenstruktur<br />

Neben dem Wachstum des Unternehmens ist auch seine Kundenstruktur,<br />

wie sie deutschlandweit nur die wenigsten Unternehmen<br />

in der Branche aufweisen können, bemerkenswert. Denn CTM zählt<br />

nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen zu seinen Kunden, sondern<br />

erhält seine Aufträge zur Hälfte von der öffentlichen Hand.<br />

Bund, Länder und Kommunen und die dazugehörigen Behörden unterhalten<br />

mitunter beachtliche Fuhrparks. Stadtreinigungen, die Polizei<br />

oder das Technische Hilfswerk (THW) sind nur einige wenige<br />

Beispiele. Alleine das THW besitzt einen Fuhrpark von über 10.000<br />

Fahrzeugen und benötigt für die Einsätze im Rahmen des Katastrophenschutzes<br />

regelmäßig maßgefertigte Aufbauten. Den Katastrophenschutz,<br />

insbesondere im Hinblick auf Wassergefahren, sieht<br />

Dietmar Massino als eine der dringlichsten Aufgaben. „Wir sitzen<br />

nicht auf einer Insel der Seligen und sollten deshalb beim Schutz vor<br />

Naturkatastrophen nicht untätig bleiben“, sagt er.<br />

Eigenes Amphibienfahrzeug<br />

Vor diesem Hintergrund hat CTM ein eigenes Fahrzeug entwickelt,<br />

dass sich von Überschwemmungen oder anderen Unwegsamkeiten<br />

nicht aufhalten lässt: den CTM Pionier. Dabei handelt es sich um


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

101<br />

Mit dem CTM Pionier hat das Unternehmen ein eigenes Amphibienfahrzeug entwickelt, das in dieser Form einmalig ist.<br />

ein mit diesen technischen Spezifikationen einmaliges Amphibienfahrzeug<br />

mit bis zu 30 Tonnen Nutzlast. Nach einer vierjährigen Entwicklungsphase<br />

im eigenen Betrieb, wurde der CTM Pionier <strong>20</strong>19 auf<br />

dem Katastrophenschutzkongress, einer internationalen Fachmesse<br />

in Berlin, der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Ein Volltreffer. „Das Interesse<br />

war überaus positiv. Keiner der Messebesucher hatte so etwas<br />

je zuvor gesehen“, berichtet Geschäftsführer Massino. In kürzester<br />

Zeit konnten Interessenten in über zwölf Ländern für den CTM Pionier<br />

gewonnen werden. Das Fahrzeug eignet sich sowohl im Bereich<br />

des Katastrophenschutzes als auch im kommerziellen Bereich.<br />

So ist einer der zwei bereits ausgelieferten Pioniere in Sibirien beim<br />

Pipelinebau im Einsatz und überwindet dort jedes Hindernis.<br />

Doch der Pionier ist bei weitem nicht das einzige Beispiel für Fahrzeuge<br />

der Superlative, für die CTM verantwortlich ist. So hat das Un-<br />

ternehmen für die Feuerwehr an den Berliner Flughäfen Tegel und<br />

Schönefeld einen überdimensionalen Kran gebaut, der das bis zu<br />

fünf Tonnen schwere Feuerwehrequipment handhaben kann.<br />

Auch zukünftig will man an die bereits erreichten Erfolge anknüpfen<br />

und im nächsten Schritt die Internationalisierung der Geschäfte<br />

angehen. Diesen Weg beschreitet Dietmar Massino keineswegs<br />

alleine. Denn seit einigen Jahren arbeitet auch sein Sohn Marius im<br />

Familienbetrieb und ist inzwischen einer der beiden Geschäftsführer.<br />

Während sich der Sohn vor allem um die kaufmännischen Abläufe<br />

kümmert, ist Dietmar Massino vorrangig im technischen Bereich<br />

des Unternehmens tätig. Das Ziel der beiden sowie ihrer Mitarbeiter<br />

ist jedoch gleich: Es sollen echte Problemlöser für die Kunden geschaffen<br />

werden.<br />

CTM Fahrzeugbau GmbH<br />

Fotos: © CTM Fahrzeugbau GmbH<br />

Gründung: 1996<br />

Firmensitz: Bestensee, Berlin<br />

Geschäftsführer: Dietmar Massino, Marius Massino<br />

Mitarbeiter: 63<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.ctm-fahrzeugbau.de<br />

Tim Schöllmann<br />

BVMW<br />

Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

tim.schoellmann@bvmw.de


102 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Elektromobilität als Chance<br />

Neueste Technologien sichern dem Zulieferer Wiegand die Position eines gefragten Lieferanten<br />

der europäischen Automobilindustrie. Das Unternehmen hat sich von einem kleinen Maschinenund<br />

Werkzeugproduzenten zu einem innovativen Technologieunternehmen entwickelt und feiert<br />

in diesem Jahr sein 30. Firmenjubiläum.<br />

Die mittelständische Familiengeschichte<br />

begann bereits 1850 mit<br />

der Herstellung von Netz- und Seilerwaren<br />

und Sportartikeln. Nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg verließ die Familie im Zuge<br />

der Enteignung den Heimatort im thüringischen<br />

Schlotheim. Gleich nach der Wiedervereinigung<br />

kehrte sie aus Baden-Württemberg<br />

zurück und gründete im Oktober 1990<br />

die Wiegand GmbH. In den zurückübertragenen<br />

Fabrikhallen begann nach erheblichen<br />

Umgestaltungen die Serienproduktion von<br />

gestanzten Metallteilen und -Leisten. Dabei<br />

nutzte der inzwischen verstorbene Inhaber<br />

Karl-Franz Wiegand seine technologischen<br />

Erfahrungen und persönlichen Kontakte zur<br />

Automobilindustrie.<br />

Auf Veränderungen reagieren<br />

In den Folgejahren gelang es, die Produktion<br />

aufgrund der gewaltigen Nachfrage rasant<br />

zu steigern. Heute produziert das Unternehmen an vier Standorten<br />

in der Stadt Schlotheim auf über 35.000 m². Im Jahr <strong>20</strong>00<br />

trat der Sohn des Firmengründers, Andreas Wiegand, mit neuen<br />

Ideen vor allem auf dem Gebiet der Automatisierung und Kunststofftechnik<br />

in das Familienunternehmen ein. Entscheidend für<br />

den geschäftlichen Erfolg bleibt die ständige Anpassung und Weiterentwicklung<br />

der Technik und der Produkte nach den Vorgaben<br />

und Anforderungen der Automobilbauer. Zur Gewährleistung des<br />

Managements und Qualitätssicherung stellt sich die Wiegand GmbH<br />

regelmäßiger Zertifizierung und Auditierung.<br />

Das Kerngeschäft besteht in der Metallumformung und Kunststofftechnik<br />

zur Herstellung von karosseriegebundenen Strukturteilen<br />

und dekorativen Außenanbauteilen für verschiedene Hersteller und<br />

Fahrzeuge.<br />

Betriebliche Ausbildung junger Werkzeugmechaniker bei der Wiegand GmbH.<br />

Digitalisierung erfasst Fahrzeugbau<br />

Der aktuelle tiefgreifende Wandel in der Automobilbranche erfordert<br />

eine ständige Änderung und Anpassung der betrieblichen Produktionsstruktur<br />

und schnelles Reagieren auf sich ständig wandelnde<br />

Kundenanforderungen. In enger Zusammenarbeit mit dem Thüringer<br />

Innovationszentrum für Mobilität an der Technischen Universität<br />

Ilmenau wird gegenwärtig ein integriertes Funksystem für den<br />

Mobilfunkstandard 5G entwickelt. Gemeinsam mit einem Unternehmen<br />

für Antennentechnik entsteht eine funktionelle Lösung der<br />

elektronischen Verbindung von Mobilität und Logistik. Ein weiteres<br />

Forschungs- und Entwicklungsprojekt befasst sich mit nachhaltiger<br />

intelligenter Mobilität. Die Digitalisierung erfasst zunehmend<br />

den modernen Fahrzeugbau und hält dadurch auch verstärkt Einzug<br />

in die Steuerung der betrieblichen Abläufe. Diese neue Technologie<br />

führt zwar zu elementaren Herausforderungen; aber auch zu neuen<br />

Chancen.<br />

Wiegand GmbH<br />

Gründung: 1990<br />

Firmensitz: Schlotheim (Thüringen)<br />

Geschäftsführer: Andres Wiegand<br />

Mitarbeiter: 570<br />

Mitglied im BVMW-Landeswirtschaftssenat<br />

www.wiegand-tec.de<br />

Günther Richter<br />

BVMW Thüringen<br />

guenther.richter@bvmw.de<br />

Foto: © Wiegand GmbH


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

103<br />

Und ewig blühen die Rosen …<br />

Rosenzauber für eine kleine Ewigkeit: Dieses Angebot macht die Rosenlieb GmbH ihren Kunden<br />

in Form von Flowerboxen mit haltbaren Infinity Rosen.<br />

Die Königin der Blumen gibt es bei Rosenlieb in vielen Variationen.<br />

Die Leidenschaft für Rosen ist die Basis des in der Grafschaft<br />

Bentheim an der niederländischen Grenze ansässigen Unternehmens<br />

Rosenlieb mit Lager, Produktionsstätten für Werbeboxen<br />

und einer eigenen Lieferflotte. Seine Gründer blicken auf eine<br />

40-jährige Rosentradition zurück. Fast täglich werden frische Blumen<br />

an der Blumenbörse im niederländischen Aalsmeer gekauft<br />

und millionenfach an Handel und Privatkunden verkauft. Diese bunte<br />

Pracht verblüht nur leider allzu schnell.<br />

Jahrelange Freude<br />

Daher hat Rosenlieb inzwischen auch haltbar gemachte, langlebige<br />

Rosen direkt aus Ecuador im Angebot. Dank eines speziellen Konservierungsverfahrens<br />

und sorgfältiger Auswahl können diese bis zu<br />

drei Jahren halten. Nach intensiver Vorbereitung ging Rosenlieb <strong>20</strong>18<br />

mit dieser Idee und einer speziell entwickelten Internetplattform an<br />

den Markt.<br />

Statt in herkömmlichen Sträußen liefert Rosenlieb die Rosen in allen<br />

erdenklichen Farben dekorativ verpackt in runden Boxen, die von ihren<br />

Businesskunden, mit eigenem Logo versehen, als außergewöhnliches<br />

Werbegeschenk geordert werden können. „Für uns ist die Rose<br />

die Königin der Blumen“, so Geschäftsführer Hermann Hölscher.<br />

„Darum werden alle Rosenboxen mit viel Liebe handgefertigt und individuell<br />

zusammengestellt. Geschäfts- und Privatkunden können<br />

über unseren Onlineshop direkt bestellen.“<br />

Ein Konzept, das aufgeht<br />

Ziel des Unternehmens ist es, das Angebot im Businessbereich auszuweiten<br />

und neue Märkte zu erschließen. „Mit unseren Rosenboxen<br />

kann jede Firma etwas wirklich Dauerhaftes mit Wert verschenken,<br />

das sowohl Emotionen als auch Qualität transportiert. Einzigartige<br />

Werbung und das Pflegen von Beziehungen ist gerade in dieser hektischen<br />

Zeit ein wertvolles Gut.“<br />

Rosenlieb GmbH<br />

Wie gut das Konzept ankommt, zeigt die rasante Entwicklung des<br />

Unternehmens. Inzwischen verkauft Rosenlieb etwa 25 Millionen<br />

Rosen in Boxen an etwa 250.000 neue Kunden, die es im Internet<br />

und über die sozialen Medien gewonnen hat.<br />

Foto: © Kai Steinkühler<br />

Gründung: <strong>20</strong>18<br />

Firmensitz: Nordhorn (Niedersachsen)<br />

Geschäftsführer: Hermann Hölscher<br />

Mitarbeiter: circa <strong>20</strong><br />

BVMW-Mitglied<br />

www.rosenlieb.de<br />

Ingrid Hausemann<br />

BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg,<br />

Niedersachsen, Schleswig-Holstein<br />

ingrid.hausemann@bvmw.de


104 BVMW<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

IT-Aufbauarbeit für den <strong>Mittelstand</strong><br />

IT steckt heute in allen Prozessen. Diese so produktiv wie möglich zu gestalten, ist das Kerngeschäft<br />

der datom GmbH in Dresden. Mit 30 Mitarbeitern ist das Unternehmen Dienstleister für<br />

den <strong>Mittelstand</strong>, wenn es darauf ankommt, IT-Infrastruktur zu etablieren und zu optimieren.<br />

Bei der datom GmbH im Dresdner Westen<br />

arbeiten nur wenige Frauen, eine<br />

davon ist Jana Brochlitz, die seit <strong>20</strong>16<br />

als geschäftsführende Gesellschafterin neben<br />

zwei weiteren Gesellschaftern das Unternehmen<br />

leitet. Dass sie sich dabei tagtäglich<br />

in einer Männerdomäne behaupten<br />

muss, ist für sie kein Problem, im Gegenteil:<br />

„Ich arbeite grundsätzlich lieber mit Männern<br />

zusammen,“ sagt die zweifache Mutter,<br />

die jetzt im Februar 40 Jahre alt wird. Als Betriebswirtin<br />

sorgt Jana Brochlitz dafür, dass<br />

die Bilanzen stimmen und nicht am Markt<br />

vorbei agiert wird. Diesen Markt jeden Tag<br />

aufs Neue im Auge zu behalten, gehört zur<br />

Grundlagenarbeit.<br />

Mit richtiger IT-Infrastruktur<br />

zum Erfolg<br />

Die datom-Experten installieren nicht einfach<br />

nur die IT-Infrastruktur und gehen dann<br />

wieder nach Hause. Danach beginnt die Arbeit<br />

erst richtig, denn die Prozesse müssen<br />

ständig überprüft, weiterentwickelt und effizient<br />

gemacht werden. Zu den Kunden gehören<br />

inhabergeführte Mittelständler mit 50 bis<br />

150 Mitarbeitern: Logistiker, Produktionsbetriebe, über Krankenhäuser<br />

bis hin zu Rechtsanwaltskanzleien. „Wir haben uns bewusst nicht<br />

auf Branchen festgelegt, weil wir keine Branchenlösungen anbieten,<br />

sondern der globale IT-Partner sind,“ sagt Brochlitz. Grundlage sei,<br />

dass die Unternehmen das Bewusstsein haben, dass effektive IT-Infrastruktur<br />

essentieller Bestandteil für den Geschäftserfolg ist.<br />

Wird von ihrem Führungsteam auf Händen getragen: Geschäftsführerin Jana Brochlitz.<br />

nen oder gar in Künstlicher Intelligenz.“ Nur langsam seien die Unternehmen<br />

zur Veränderung bereit: „Wir Deutschen sind zwar mit Ideen<br />

sehr gut, aber an der Umsetzung der Ideen scheitert es, weil oft zu<br />

kompliziert gedacht wird. Außerdem haben wir viele alt eingesessene<br />

Geschäftsführer, die den schnellen Wandel der IT nicht ohne weitere<br />

nachvollziehen und umsetzen können.“<br />

Digitaler Wandel ist nicht immer nachvollziehbar<br />

In den letzten zwölf Monaten habe sich zwar im digitalen Bewusstsein<br />

der Unternehmen viel getan, dennoch seien viele mit der Umsetzung<br />

überfordert. „Leider finden wir in vielen Unternehmen noch eine<br />

Zettelwirtschaft, wo die Zettel von A nach B getragen werden. Da<br />

ist viel Pionierarbeit nötig, bevor wir in Automatismen denken kön-<br />

Neben dem anspruchsvollen Tagesgeschäft bei der datom ist Jana<br />

Brochlitz seit <strong>20</strong>17 Vorstandsvorsitzende im „Jungen <strong>Mittelstand</strong>“<br />

Sachsen sowie in dessen Bundesvorstand. „Der BVMW ist für uns alle<br />

eine große Quelle für Informationen und Unterstützung.“<br />

datom GmbH<br />

Gründung: 1997<br />

Firmensitz: Dresden<br />

Geschäftsführer: Jana Brochlitz<br />

Mitarbeiter: 30<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.datom.de<br />

Uta Georgi<br />

BVMW Pressesprecherin Sachsen<br />

uta.georgi@bvmw.de<br />

Foto: © datom GmbH


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BVMW<br />

105<br />

Die Denkfabriken des BVMW<br />

Kommissionen des BVMW arbeiten zu allen relevanten mittelständischen Themen. Zwei dieser<br />

Kommissionen möchten wir Ihnen nachfolgend vorstellen.<br />

Kommission für Energie und nachhaltige Wirtschaft<br />

Als einer der ältesten Kommissionen des BVMW beschäftigt<br />

sich diese bereits seit <strong>20</strong>11 mit den Möglichkeiten einer dezentralen<br />

Energiewende und der Schaffung einer nachhaltigen<br />

Wirtschaftsweise. Die Themen sind dabei zahlreich und komplex.<br />

Deshalb ist die Mischung der Kommissionsmitglieder aus<br />

unterschiedlichen Fachbereichen, von der Eisenhütte über produzierendes<br />

Gewerbe, den klassischen Unternehmen aus der Erneuerbaren-Energien-Branche<br />

bis hin zum Verteilnetzbetreiber, für die<br />

Arbeit der Kommission essentiell und im politischen Berlin in dieser<br />

Form einzigartig. Dadurch agiert die Kommission interdisziplinär und<br />

verzahnt seit der Gründung die drei großen Energiesektoren Strom,<br />

Wärme und Verkehr.<br />

Kommission für Logistik und Mobilität<br />

Erst <strong>20</strong>18 gegründet, setzt die Kommission mit zahlreichen Unternehmen<br />

aus dem Logistik- und Mobilitätsbereich bereits Maßstäbe.<br />

So wurde beispielsweise in der dritten Sitzung im Oktober <strong>20</strong>19<br />

ein Positionspapier mit zehn verkehrspolitischen Forderungen des<br />

<strong>Mittelstand</strong>s zum Klimaschutz erstellt und veröffentlicht. Denn der<br />

Handlungsdruck in diesem Bereich nimmt aufgrund der Digitalisierung<br />

(autonomes Fahren), Klimaschutz (alternative Antriebe) sowie<br />

innovativer Mobilitätslösungen immer weiter zu. Gleichzeitig spielen<br />

Themen wie Fachkräftemangel und Fahrverbote eine große Rolle.<br />

Gut zu wissen<br />

Unsere Mitglieder sind eingeladen, teilzunehmen und ihre Expertise<br />

einzubringen.<br />

Kontakt: Chefvolkswirt Dr. Hans-Jürgen Völz,<br />

hans-juergen.voelz@bvmw.de<br />

Weitere Infos unter: www.bvmw.de/ueber-uns/gremien/kommissionen/<br />

Wissenschaftlicher Beirat des BVMW<br />

V. li.: Patrick Meinhardt, Direktor Politik Europa; Prof. Dr. Kilian Bizer, Universität Göttingen; Diana Scholl, Leiterin politische Netzwerke und Strategie; Dr. Hans-Jürgen<br />

Völz, Leiter Volkswirtschaft; Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer; Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Günther Stock, Vorstandsvorsitzender der Einstein Stiftung Berlin;<br />

Prof. Dr. Margit Enke, TU Freiberg; Mario Ohoven, Präsident BVMW; Willi Grothe, BVMW-Vorstand; Prof. Dr. Justus Haucap Universität Düsseldorf, und Andreas Jahn,<br />

Mitglied der Bundesgeschäftsleitung.<br />

Um die politische Arbeit des BVMW in Zukunft noch stärker als<br />

bisher durch wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu flankieren,<br />

hat der Verband im November <strong>20</strong>19 mit dem Wissenschaftlichen<br />

Beirat ein neues, hochkarätig besetztes Gremium innerhalb<br />

der Verbandsstruktur eingesetzt.<br />

Gemeinsam mit den Beiratsmitgliedern werden die zukünftigen nationalen<br />

und internationalen wirtschafts- sowie gesellschaftspolitischen<br />

Aufgaben identifiziert, denen sich kleine und mittlere Unternehmen<br />

in Deutschland als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft<br />

zu stellen haben.<br />

Das Spektrum der zu diskutierenden Themen in den Beiratssitzungen<br />

reicht von den Auswirkungen der Einwanderung auf den deutschen<br />

Arbeitsmarkt, der Digitalisierung des <strong>Mittelstand</strong>s, der Zukunft<br />

des Innovationsstandorts Deutschland bis hin zur zukünftigen<br />

Ausgestaltung des Sozialstaats. Die politische Positionierung unseres<br />

Verbandes wird so durch namhafte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft<br />

aktiv mitbegleitet.<br />

Gut zu wissen<br />

Der BVMW konnte die folgenden renommierten Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler als Mitglieder gewinnen:<br />

n Prof. Dr. rer. nat. Marcus Baumann (FH Aachen)<br />

n Prof. Dr. Kilian Bizer (Universität Göttingen)<br />

n Prof. Dr. Margit Enke (TU Freiberg)<br />

n Prof. Dr. Justus Haucap (Universität Düsseldorf)<br />

n Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg)<br />

n Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Günther Stock (Vorstandsvorsitzender<br />

der Einstein Stiftung Berlin)<br />

n Prof. Dr. Henning Vöpel (Direktor des Hamburgischen<br />

WeltWirtschaftslnstituts)<br />

n Prof. Dr. Eicke R. Weber (Institutsleiter Fraunhofer ISE a. D.)<br />

n Prof. Dr. Enzo Weber (Institut für Arbeitsmarkt- und<br />

Berufsforschung)


106 KULTUR<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Kultur<br />

Filmtipp:<br />

Das perfekte Geheimnis<br />

Alte Freunde in bester Laune.<br />

Bora Dagtekin exerziert am Beispiel moderner Kommunikation die Idee absoluter Offenheit bei<br />

Tisch durch. Diese Operation am offenen Herzen ohne Narkose samt guter Weinbegleitung ist<br />

manchmal schmerzhaft – aber immer komisch.<br />

„Wahrheit oder Pflicht“<br />

Die Männer kennen sich seit ihrer Kindheit,<br />

die Frauen sind in die Clique hineingewachsen,<br />

man mag sich (irgendwie);<br />

es ist jene Mischung aus echter<br />

Verbundenheit und langjähriger biographischer<br />

Bindung, die man zu lösen schlicht zu<br />

faul und ängstlich ist. In diesen leicht angestaubten<br />

Wohlfühlkosmos bricht die Therapeutin<br />

Eva mit dem Vorschlag, alle Handys<br />

auf den Tisch zu legen. Die Regeln dieses<br />

Spiels: Jeder Anruf wird angenommen und<br />

von allen mitgehört, jede Nachricht vorgelesen,<br />

jedes Foto herumgereicht. Denn, so Eva,<br />

das Handy sei ja der „Fahrtenschreiber“ unseres<br />

Lebens. Es kennt die Kontakte, die Orte<br />

– und die Geheimnisse eines jeden.<br />

Es ist in der Tat das Upgrade des alten Spiels<br />

„Wahrheit oder Pflicht“, und nicht nur das:<br />

Der Film selber ist ein Remake der italienischen<br />

Komödie „Perfetti Sconosciuti“ von<br />

Paolo Genovese, der schon <strong>20</strong>16 mit der Idee<br />

dieser modernen Selbstentblößung veritable<br />

Erfolge einfuhr. Seither ist daraus eine Art<br />

Beziehungskomödien-Franchise geworden.<br />

Inzwischen sind 18 Adaptionen entstanden,<br />

unter anderem in Mexiko und Südkorea. Die<br />

Idee, unter Freunden alles auf den Tisch zu<br />

legen, scheint einen globalisierten Nerv getroffen<br />

zu haben.<br />

Das deutsche Team von „Perfetti Sconosciuti“<br />

hält sich wacker, schließlich hat Dagtekin<br />

den zurzeit attraktivsten Cast des deutschen<br />

Films versammelt, davon einen Teil,<br />

der bereits in seinen erfolgreichen „Fack ju<br />

Göhte“-Filmen zu sehen war. Mit erstaunlichem<br />

Tempo und offensichtlicher Spielfreude<br />

arbeiten sich die sieben durch eine<br />

Tour de Force der Vertuschung und doppelten<br />

Spiele, der Peinlichkeiten, Gesichtsver-<br />

Fotos: © <strong>20</strong>19 Constantin Film Verleih GmbH / Lucia Faraig


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

KULTUR 107<br />

Hoffentlich wird es nicht peinlich: Leo (Elyas M‘Barek) und Carlotta (Karoline Herfurth) checken Nachrichten.<br />

luste und bösen Blicke. Wer will schon zugeben,<br />

dass nach acht Jahren der eheliche Sex<br />

kaum mehr existiert, oder bestimmte erotische<br />

Praktiken suboptimal durchgeführt<br />

werden? Gar die eigene Affäre preisgeben?<br />

Oder erfahren, dass die pubertierende Tochter<br />

ihre Mutter für ein eiskaltes Miststück<br />

hält, und en passant, dass Papa ihr Kondome<br />

schenkt?<br />

Zwischen Schadenfreude<br />

und Fremdschämen<br />

Regisseur Dagtekin lässt kaum etwas aus<br />

und exerziert das alles so erbarmungslos<br />

durch, dass den Voyeur in uns Zuschauern<br />

neben Amüsement und Schadenfreude<br />

auch jenes Fremdschämen befällt, das<br />

uns dezent an die eigenen, schambelasteten<br />

Geheimnisse erinnert. So sehen wir fasziniert<br />

zu, wie die Helden von veritablen Beziehungskrisen<br />

zu tatsächlichen Trennungen<br />

taumeln, von verzweifelten Lügen zu tränenreichen<br />

Geständnissen bis hin zum großen<br />

Coming-out: Lehrer Pepe ist schwul. Das allerdings<br />

ist ein kleiner Tiefpunkt im ansonsten<br />

pfiffigen Drehbuch, denn selbst in einer<br />

solchen sozialen Ausnahmesituation ist ein<br />

schwuler Lehrer im Jahr <strong>20</strong>19 wahrlich kein<br />

sozialer Sprengstoff mehr. Alle anderen Entblößungen<br />

sind indes so schmerzhaft wie<br />

lustig.<br />

Im Juni erscheint „Das perfekte Geheimnis“<br />

auf DVD und Blu-Ray. Wer immer das in<br />

trauter Zwei- oder Mehrsamkeit schauen will,<br />

sollte aber damit rechnen, dass danach die<br />

Idee des Films prompt umgesetzt wird. Man<br />

sollte dann keine Geheimnisse haben. Oder<br />

gut vorbereitet sein.<br />

„DAS PERFEKTE GEHEIMNIS“<br />

Komödie (D <strong>20</strong>19), FSK 12<br />

Buch und Regie Bora Dagtekin<br />

Simon (Frederick Lau) leidet sichtbar unter dem Spiel.<br />

Mit Elyas M‘ Barek, Karoline Herfurth,<br />

Florian David Fitz, Jella Hase, Frederick<br />

Lau, Jessica Schwarz, Wotan Wilke<br />

Möhring<br />

Ab 30.6.<strong>20</strong><strong>20</strong> erhältlich auf Blu-Ray,<br />

DVD und VoD<br />

Bernd Ratmeyer<br />

Journalist<br />

mittelstand@<br />

bvmw.de


108 KULTUR<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Exklusive Fotoausstellung –<br />

Architektur der Weißen Stadt<br />

Tel Aviv<br />

Viele Menschen jüdischen Glaubens, die in den 1930er Jahren Deutschland aufgrund von Terror<br />

und Verfolgung verlassen mussten, fanden in Tel Aviv ein neues Zuhause. Unter ihnen auch<br />

Architekten, die ihre Ausbildung am Bauhaus Dessau erhalten hatten. Sie errichteten mehr als<br />

4000 Gebäude im Bauhaus-Stil und trugen dazu bei, das Bild von Tel Aviv zu prägen. Heute zählt<br />

die Weiße Stadt zum UNESCO-Welterbe.<br />

Im Jahr des 100. Geburtstages der Design-Schule<br />

Bauhaus in Dessau zeigte die<br />

Deutsch-Israelische Gesellschaft exklusiv<br />

in der Bundeszentrale des BVMW in Berlin<br />

das Fotoprojekt „Between the Private and<br />

Public Domains in Bauhaus and International<br />

Style Buildings“. Die Fotografien der Künstler<br />

Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer<br />

zeugen von einem sehr persönlichen<br />

Blick auf die Bauhaus-Architektur der Weißen<br />

Stadt Tel Aviv. In der 1909 gegründeten<br />

Stadt verdichten sich nicht nur die formalen<br />

Einflüsse des Bauhauses in besonderer Weise,<br />

hier wurde der Baustil der Moderne weiterentwickelt<br />

und dem Mittelmeerklima angepasst.<br />

Impression aus dem Treppenhaus in der Gordonstreet 67 in Tel Aviv.<br />

Finissage (v. li.): Markus Jerger (Bundesgeschäftsführer), Mario Ohoven (BVMW Präsident), Michaela<br />

Engelmeier (Vizepräsidentin Deutsch-Israelische Gesellschaft), Alexander Graf Lambsdorff (MdB) und<br />

Patrick Meinhardt (Vorsitzender BVMW Stiftung).<br />

Wirtschaftsstandort Israel gewinnt<br />

an Bedeutung<br />

Die Ausstellung, die auf Anregung der<br />

BVMW-Stiftung in der Bundeszentrale am<br />

Potsdamer Platz stattfand, wurde vom Botschafter<br />

Israels, S. E. Jeremy Issacharoff, eröffnet.<br />

In seiner bewegenden Rede bekräftigte<br />

er die vielfältigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />

zwischen Israel und Deutschland<br />

in allen Wirtschaftsbereichen. Deutschland<br />

und Israel stünden nicht in Konkurrenz zueinander,<br />

sondern würden sich in vielen ökonomischen<br />

Zweigen an verschiedenen Stellen<br />

der Wertschöpfungskette ergänzen.<br />

Mario Ohoven betonte die Relevanz der starken<br />

Beziehungen zwischen Deutschland und<br />

Israel, so könne auch in Zukunft das Band<br />

der Freundschaft weiter geknüpft und Unternehmen<br />

aus beiden Ländern zusammengebracht<br />

werden. Der Standort Israel gewinne<br />

nicht nur für große Konzerne massiv<br />

an Bedeutung, sondern auch für den bislang<br />

eher zögerlichen <strong>Mittelstand</strong>. „Eigent-


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

KULTUR<br />

109<br />

Gut zu wissen<br />

Die Fotokünstler:<br />

n Michael Craig Palmer ist Architekturfotograf und Autor aus Tel Aviv<br />

n Ingrid Botschen ist Diplom-Ingenieurin für Innenarchitektur aus<br />

Konstanz<br />

Israels Botschafter S. E. Jeremy Issacharoff bei der Eröffnung der Ausstellung.<br />

lich kann sich niemand mehr leisten, nicht<br />

in Israel zu sein. Das Who is Who der deutschen<br />

Wirtschaft sucht in Israel nach neuen<br />

Technologien für die digitale Revolution,<br />

die Deutschland sträflich verschlafen hat“,<br />

so Bundesgeschäftsführer Markus Jerger in<br />

seinem Grußwort.<br />

Zeichen setzen in politisch<br />

unruhigen Zeiten<br />

Zur Finissage konnte der BVMW den Vorsitzenden<br />

der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe<br />

und Mitglied im Politischen<br />

Beirat des BVMW, Alexander Graf Lambsdorff,<br />

MdB, sowie die Vizepräsidentin der<br />

Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Michaela<br />

Engelmeier, begrüßen. Beide betonten<br />

in ihren Grußworten, wie wichtig es gerade<br />

in diesen politisch unruhigen Zeiten sei,<br />

ein Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus<br />

zu setzen und gemeinsam für die<br />

deutsch-israelische Partnerschaft zu kämpfen.<br />

„Der BVMW möchte eine deutsch-israelische<br />

Plattform bieten, um langfristige<br />

Kooperationen und Projekte anzustoßen“,<br />

so der Vorstandsvorsitzende der BVMW-<br />

Stiftung Patrick Meinhardt. „Wir danken der<br />

DIG für diese wunderbare Möglichkeit des<br />

Austausches und freuen uns auf weiterhin<br />

gute Zusammenarbeit für die deutsch-israelische<br />

Freundschaft.“<br />

Anika Stürcken<br />

BVMW Büroleitung<br />

Direktor Politik und<br />

Europa<br />

anika.stuercken@<br />

bvmw.de<br />

Meinung<br />

Eine nachhaltige(re) Generation<br />

Fotos: © BVMW; Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer; © Staatsbibliothek zu Berlin/Carola Seifert<br />

Ich bin Jahrgang 65 und muss mir heute<br />

anhören, wir ruinieren der Jugend das<br />

Leben. Ich muss Euch enttäuschen, denn<br />

in meiner Jugend wurde nachhaltig gelebt.<br />

Strümpfe und Strumpfhosen wurden gestopft.<br />

An Pullover wurden längere Bündchen<br />

gestrickt. Hosen wurden mit bunten Borten<br />

verlängert. Zum Einkaufen und zur Schule<br />

musste ich mehrere Kilometer zu Fuß laufen,<br />

transportiert wurden die Einkäufe in einem<br />

Netz.<br />

Wenn Kleidung nicht mehr brauchbar war,<br />

wurden alle noch verwertbaren Dinge wie<br />

Knöpfe oder Reißverschlüsse abgetrennt<br />

und der Rest für Flicken oder als Putzlappen<br />

genutzt. Geschenkpapier wurde vorsichtig<br />

geöffnet, um es wieder zu verwenden. Wir<br />

sammelten Altpapier und Flaschen mit der<br />

Schule und halfen bei der Kartoffelernte.<br />

Ich könnte noch mehr dieser Art der Nachhaltigkeit<br />

aufzählen. Stattdessen muss man<br />

sich von Rotzlöffeln, die sich mit dem SUV<br />

zur Schule kutschieren lassen, alleine wahrscheinlich<br />

einen <strong>20</strong> Mal höheren Stromverbrauch<br />

haben als wir in unserer gesamten<br />

Jugend, sagen lassen, wir ruinieren ihr Leben.<br />

Wir hatten keine elektronischen Spiele,<br />

unser WhatsApp waren Zettel unter der Bank<br />

in der Schule verteilt, wir verabredeten uns<br />

mündlich, Telefon gab es keins – das war für<br />

Notfälle gedacht.<br />

Diese dämlichen Gören wollen mir etwas<br />

über Umweltschutz erzählen, werfen ihre<br />

Kleidung nach zweimal Tragen weg, produzieren<br />

Müll ohne Ende, verbrauchen seltene<br />

Erden und müssen immer die neuesten Geräte<br />

besitzen.<br />

Auf Euren Demos lasst Ihr EUREN Müll von<br />

Euren erwachsenen Sklaven wegräumen,<br />

und am Wochenende geht es zum nächsten<br />

Open-Air-Konzert zum Koma-Saufen, auch<br />

Euer Koma-Saufen gab es früher nicht. So,<br />

und wenn Ihr dann einmal so nachhaltig lebt,<br />

wie meine Generation gelebt hat, dann dürft<br />

IHR gerne streiken.<br />

Georg Körner


110 KULTUR<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Der Titel Ihres neuen Buches impliziert,<br />

dass das Schreiben ein Grundbedürfnis<br />

ist. Könnten Sie leben, ohne<br />

etwas zu Papier zu bringen?<br />

Nein. Das ist tatsächlich ein existenzielles<br />

Grundbedürfnis, so wie das Lesen. Denn<br />

schreibend und lesend halte ich mich am Leben<br />

und überlebe. Jeden Tag wieder aufs<br />

Neue. Ich schreibe, um diese unglaubliche<br />

Gelegenheit, am Leben zu sein, ganz genau<br />

wahrzunehmen und zu feiern.<br />

Was genau passiert bei Ihnen in diesem<br />

Prozess?<br />

Das ist ein großes Abenteuer. Zu schreiben<br />

bedeutet, sich aus dem kleinen ordentlichen<br />

Garten mit gemähtem Rasen und Blumenrabatten<br />

herauszuwagen in den Dschungel.<br />

Ich gehe raus, beobachte, staune und erlebe,<br />

und notiere das. Indem ich meine Erlebnisse<br />

in Sprache fasse, verankere ich mich<br />

selbst mehr im Leben. Ich kann das nur jedem<br />

empfehlen: Wer schreibt, bekommt eine<br />

Ahnung von sich selbst. Und das ist wunderbar.<br />

In Ihrem Buch erzählen Sie, dass das Lesen<br />

und Geschichtenerzählen in Ihrem Elternhaus<br />

allgegenwärtig waren.<br />

Ich erinnere mich daran, dass meine Eltern<br />

ständig gelesen haben und dass wir alle<br />

sogar harmlos lügen durften, um eine<br />

bessere Geschichte zu erzählen. Das nannten<br />

wir „Tünen“. Mir und meinen Schwestern<br />

wurde sehr stark vermittelt, dass man<br />

ein großes Reich der Fantasie betritt, wenn<br />

man lesen kann und dass man nie auf diese<br />

Möglichkeit verzichten sollte. Auch meine<br />

Großeltern liebten Geschichten. „To tell a<br />

good story“ war immer die Prämisse bei uns<br />

am Esstisch.<br />

Wann und wo schreiben Sie am liebsten?<br />

Im Bett, gleich nach dem Aufwachen. Die<br />

Zähne habe ich dann schon geputzt, und<br />

einen Becher Kaffee neben mir. Der noch<br />

Foto: © Constantin Film Verleih GmbH / Dieter Mayr


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

KULTUR<br />

111<br />

„Ich bin eine Rampensau“<br />

Doris Dörrie über ihre Kindheit, ihre Berufung in die Oscar-Jury, ihren Bezug zu Japan und<br />

den USA sowie ihr Buch „Leben, schreiben, atmen“<br />

leicht somnambule Zustand hilft, Blödsinn<br />

zu schreiben, überhaupt zu schreiben. Wenn<br />

ich aufstehe, mich wasche und anziehe, ist<br />

es vorbei.<br />

Wann wird aus Ihren privaten Beobachtungen<br />

ein Film oder ein Buch?<br />

Die Übergänge sind fließend. Ich bin eine Flaneuse,<br />

die Lust am Aufsaugen der Welt und<br />

am Wiedergeben des Erlebten hat. Manche<br />

Figuren, die ich aufschreibe, wollen zum Film,<br />

manche nicht. Manchmal starte ich mit einer<br />

Prämisse, wie bei „Grüße aus Fukushima“ –<br />

den Ort wollte ich filmisch beschreiben, und<br />

die Figur der jungen Deutschen gab es schon<br />

in anderen Geschichten von mir als Vorstufe.<br />

Aber erst einmal lasse ich mich beim Schreiben<br />

von allem inspirieren, selbst von fremden<br />

Einkaufszetteln, die ich sammle.<br />

Es scheint, als seien Sie ein Mensch, der<br />

spontan auf Dinge stößt und sich auf neue<br />

Begegnungen einlässt.<br />

Da ist etwas dran. Ich versuche, immer wieder<br />

möglichst offen zu sein und Dinge an<br />

mich herankommen zu lassen. Wir haben<br />

viel zu oft den Impuls, uns zu verschließen,<br />

und das ist fatal, das verhindert Kommunikation<br />

und macht einsam.<br />

Haben Sie sich diese Grundeinstellung<br />

schon während Ihres Studiums in den USA<br />

angeeignet?<br />

Vielleicht ist dafür eher meine Neigung zu<br />

buddhistischen Sichtweisen verantwortlich.<br />

Aber die USA waren natürlich sehr entscheidend<br />

für mich; ich habe dort eine unglaubliche<br />

Freiheit empfunden. Vieles, was jetzt<br />

wieder ein großes gesellschaftliches Thema<br />

ist, wurde damals schon heiß diskutiert:<br />

Konsumkritik, ökologische Aspekte, das Hinterfragen<br />

von Machtstrukturen. Im Gegensatz<br />

zu Deutschland habe ich mich in den<br />

USA dauernd ermuntert gefühlt, auch beim<br />

Schreiben. „Just do it!“ war das Motto. Das<br />

war eine große Befreiung für mich. Diese<br />

prinzipielle Ermunterung versuche ich weiterzugeben.<br />

Später entdeckten Sie Japan für sich und<br />

waren inzwischen mehr als 30 Mal dort. Inwiefern<br />

hat dieses Land Sie geprägt?<br />

Für mich war der erste Besuch der wichtigste.<br />

Dieser Schock, mich nicht mehr über<br />

Sprache verständigen zu können, nichts<br />

mehr lesen zu können, auf einen Schlag völlig<br />

auf mich zurückgeworfen zu sein – das<br />

hatte eine euphorisierende Wirkung. Ich war<br />

dazu verdonnert, genau zu beobachten und<br />

zu registrieren, was vor sich geht. Diese Notwendigkeit<br />

hat mir viel gebracht und letztlich<br />

zu Filmen wie „Kirschblüten – Hanami“ geführt.<br />

Ab nächstem Jahr dürfen Sie über die Vergabe<br />

der Oscars mitbestimmen. Wie haben<br />

Sie von dieser Ehre erfahren – gab es einen<br />

Anruf der Academy of Motion Picture Arts<br />

and Sciences?<br />

Ganz im Gegenteil. Mein Mann hatte im<br />

SPIEGEL von meiner Berufung gelesen<br />

und es mir erzählt. Ich dachte, das wäre eine<br />

Falschmeldung oder ein Witz. Denn ich<br />

wusste von nichts. Wochen vergingen, auch<br />

andere Medien berichteten darüber, und so<br />

fragte ich nach. Dabei stellte sich heraus,<br />

dass die Academy meine Mailadresse falsch<br />

geschrieben hatte.<br />

Wie stehen Sie grundsätzlich zum Oscar?<br />

Ihre Filme scheiterten mehrmals in der<br />

Vorauswahl zum Auslandsoscar.<br />

Da ich kaum Nazis in meinen Filmen habe, ist<br />

das auch nicht verwunderlich. Aber im Ernst:<br />

Die Frage ist, ob man demokratisch über die<br />

Qualität eines Kunstwerks entscheiden kann.<br />

Meistens gibt es einen kommerziellen Kompromiss,<br />

und das bedeutet, dass so begeisternde<br />

Filme wie „Moonlight“ die Ausnahme<br />

bleiben. Man darf auch nicht vergessen, dass<br />

Hollywood eine Industrie ist. Dort werden<br />

Produkte hergestellt, reproduzierbare Waren.<br />

Für Kunst ist da nicht viel Platz.<br />

Das Interview führte Günter Keil.<br />

Gut zu wissen<br />

„Leben, schreiben, atmen“<br />

Wer einen Oscar bekommt, entscheidet in Zukunft auch Doris Dörrie mit. Die Filmemacherin und<br />

Autorin wurde von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences als Mitglied aufgenommen.<br />

Dörrie, geboren in Hannover, studierte Theater und Schauspiel in Kalifornien und in New York sowie<br />

später Regie an der Filmhochschule München. Dort unterrichtet sie seit <strong>20</strong> Jahren creative writing<br />

und gibt immer wieder Schreibworkshops. Mit Filmen wie „Männer“ und „Kirschblüten – Hanami“<br />

erreichte Doris Dörrie ein großes Publikum. Parallel zu ihrer Regiearbeit veröffentlicht sie Kurzgeschichten,<br />

Romane und Kinderbücher. Vor Kurzem ist ihr neues Buch „Leben, schreiben, atmen“<br />

(Diogenes) erschienen.<br />

Doris Dörrie<br />

Diogenes<br />

18,00 €


112 KULTUR<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

BuchTipps<br />

Die Wohlstandsvernichter<br />

Wie Sie trotz Nullzins, Geldentwertung und<br />

Staatspleiten Ihr Vermögen erhalten<br />

Persönliche Empfehlung<br />

von Mario Ohoven!<br />

Ihr Vermögen und Ihre Altersvorsorge sind<br />

in höchster Gefahr. Doch damit nicht genug,<br />

denn auch Demokratie und Freiheit<br />

stehen auf dem Spiel. In den vergangenen<br />

Jahren hat eine heimliche Machtübernahme<br />

durch die Zentralbanken stattgefunden: weg<br />

von demokratisch legitimierten Parlamenten,<br />

hin zu Zentralbankern, die zunehmend über<br />

dem Gesetz zu stehen scheinen.<br />

Tatsächlich haben die Zentralbankbürokraten<br />

eine Interventionsspirale angestoßen,<br />

deren innere Logik ihnen scheinbar keine andere<br />

Wahl lässt, als immer radikalere Markteingriffe<br />

vorzunehmen, um gegen die unerwünschten<br />

Nebenwirkungen ihrer eigenen<br />

Geldpolitik anzukämpfen. Dabei entstehen<br />

Kollateralschäden, die umso größer werden,<br />

je länger sich die Spirale dreht. So haben die<br />

Zentralbanken riesige Spekulationsblasen<br />

hervorgerufen, die verheerende Auswirkun-<br />

Plattform Europa:<br />

Warum wir schlecht über die EU reden<br />

und wie wir den Nationalismus mit<br />

einem neuen digitalen Netzwerk überwinden<br />

können<br />

Johannes Hillje<br />

gen auf die Finanzmärkte und die Realwirtschaft<br />

haben. Darüber hinaus haben sie einen<br />

Umverteilungsprozess in Gang gesetzt,<br />

der Europa spaltet und politischen Extremismus<br />

fördert. Die Schere zwischen Arm und<br />

Reich wird immer größer, während die Altersvorsorge<br />

der Bürger vernichtet wird.<br />

Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden.<br />

Denn am Ende dieser verantwortungslosen<br />

Politik steht entweder ein totalitärer<br />

Staat, der von einem Zentral(bank)komitee<br />

beherrscht wird, oder der Zusammenbruch<br />

des bestehenden Währungs- und Finanzsystems<br />

– mit all seinen Folgen.<br />

Claus Vogt und Roland Leuschel analysieren,<br />

welche Gefahren durch die heimliche Machtübernahme<br />

der Zentralbanken entstanden<br />

sind, und zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Vermögen<br />

trotz allem erhalten, schützen und vermehren<br />

können.<br />

Vertrauen entscheidet<br />

Die vergessene Basis der Führung<br />

Antje Heimsoeth<br />

Haufe<br />

248 Seiten<br />

Die Wohlstandsvernichter<br />

Wie Sie trotz Nullzins, Geldentwertung<br />

und Staatspleiten Ihr Vermögen erhalten<br />

Roland Leuschel, Claus Vogt<br />

272 Seiten<br />

19,99 €<br />

Future Fit Company<br />

Zukunftsfitness für Manager,<br />

Mitarbeiter und Unternehmen<br />

Florian Rustler, Nadine Krauss,<br />

Jens Springmann, Daniel Barth,<br />

Isabella Plambeck<br />

Dietz<br />

176 Seiten<br />

18,00 €<br />

24,95 €<br />

Murmann/HAUFE<br />

311 Seiten<br />

29,95 €<br />

Praxisbuch Reisesicherheit<br />

Schutz und Sicherheit bei Auslandsund<br />

Geschäftsreisen<br />

Martin Schmitt<br />

Erich Schmidt<br />

251 Seiten<br />

29,90 €<br />

Vom Kundenwunsch<br />

zum Wunschkunden<br />

Für Geschäftsbeziehungen mit Hirn,<br />

Herz und Know-how<br />

Matthias Kauf,<br />

Dr. Franz J. Sperlich<br />

SC Verlag<br />

192 Seiten<br />

29,80 €<br />

Blockchain 2.0<br />

Einfach erklärt – weitaus mehr als nur<br />

ein Bitcoin<br />

Dr. Julian Hosp<br />

FBV<br />

252 Seiten<br />

14,99 €<br />

Bitte richten Sie Ihre Bestellungen an: BVMW-Servicegesellschaft mbH, Berlin; servicegesellschaft@bvmw.de; Tel. 030 / 53 32 06-572<br />

Alle Preise ohne Gewähr. Sie erhalten alle Bücher versandkostenfrei.


<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

KULTUR<br />

113<br />

AppTipps<br />

Schüttflix:<br />

Die erste App für die<br />

Schüttgutbranche<br />

advocado:<br />

Eine App löst alltägliche<br />

Rechtsprobleme<br />

Nia:<br />

App hilft bei Neurodermitis<br />

Die Schüttflix GmbH verbindet Baustoffproduzenten<br />

und Spediteure auf einer digitalen<br />

Plattform mit Kunden aus dem Tief- sowie<br />

dem Garten- und Landschaftsbau. Mit der<br />

Schüttflix-App lassen sich alle gängigen<br />

Schüttgüter bestellen, binnen Stunden werden<br />

Sand, Schotter und Split auf den Punkt<br />

geliefert. Erzeuger und Spediteure profitieren<br />

ebenfalls: höhere Erlöse pro Lieferung und<br />

zusätzliches Kunden- bzw. Reichweitenpotenzial.<br />

Im Mittelpunkt des Geschäftsmodells<br />

steht die Schüttflix-App, die in<br />

Apple App Store und dem Google Play Store<br />

kostenlos verfügbar ist.<br />

Die Funktionen der App<br />

n Angebote und Bestellungen unabhängig<br />

von einzelnen Lieferanten<br />

n Produktherkunft und -qualität wählbar<br />

n Preise und Marken vollständig<br />

transparent<br />

n digitaler Dokumentenfluss ohne lästigen<br />

Papierkram<br />

n Anlieferung in präzisem Lieferfenster<br />

n GPS-Koordinaten und Fotofunktion<br />

n Live-Tracking der Lieferung.<br />

Minutenschnell einen Schufa-Eintrag anfordern,<br />

noch am Bahnsteig die Verspätung<br />

reklamieren, einen Busausfall beanstanden<br />

oder die Creditreform anschreiben: Mit der<br />

neuen advocado-App kümmern sich Verbraucher<br />

künftig selbst und kostenfrei um<br />

ihre alltäglichen Rechtssorgen. Per Smartphone<br />

erstellen sie umgehend anwaltlich<br />

geprüfte Dokumente und versenden ihre<br />

Anfragen und Ansprüche auf direktem Weg.<br />

Kostenerstattungen fließen vollständig an<br />

den Verbraucher, ohne Abzug von Gebühren<br />

oder Provisionen. Werden die Ansprüche<br />

abgewiesen, nicht fristgerecht beantwortet<br />

oder ignoriert, können Verbraucher per App<br />

einen spezialisierten advocado-Partneranwalt<br />

konsultieren, der bei der juristischen<br />

Problemlösung hilft. Um Fristen im Blick zu<br />

behalten, erinnert und benachrichtigt die<br />

App ihre Nutzer automatisch.<br />

Die App ist kostenlos im Google Play Store<br />

und im Apple App Store verfügbar.<br />

Nia bietet Neurodermitis-Betroffenen die<br />

erste vollumfängliche digitale Unterstützung.<br />

Die digitale Begleiterin entstand aus einem<br />

EXIST-Gründerstipendiumsprojekt an der<br />

Charité Berlin. Sie bietet Patienten und Angehörigen<br />

tägliche Unterstützung und verhilft<br />

mit personalisierten Inhalten und Funktionen<br />

zu einer erhöhten Lebensqualität. Patienten<br />

erhalten von Nia basierend auf ihren individuellen<br />

Gesundheitsdaten personalisierte,<br />

direkt umsetzbare und medizinisch validierte<br />

Empfehlungen. Ergänzend führt Nias ganzheitlicher<br />

Ansatz zu einer direkten Integration<br />

von Ärzten in teledermatologische<br />

Leistungen. Das Angebot setzt sich aus einer<br />

Dienstleistungs- und Produktinnovation<br />

zusammen. Unter Einsatz von Künstlicher<br />

Intelligenz wurden bestehende Offline-Services<br />

in die digitale Domäne überführt. Die<br />

App ist in der Basisversion kostenlos im<br />

Google Play Store und im Apple App Store<br />

verfügbar.<br />

www.schuettflix.de<br />

www.advocado.de<br />

www.nia-health.de


114 KULTUR<br />

Geistesblitze<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

„Dass uns eine Sache fehlt,<br />

sollte uns nicht davon<br />

abhalten, alles andere zu<br />

genießen.“<br />

Jane Austen<br />

„Es gibt keinen bequemen Weg, der<br />

von der Erde zu den Sternen führt.“<br />

Seneca<br />

„Man muss das Unmögliche versuchen,<br />

um das Mögliche zu erreichen.“<br />

Hermann Hesse<br />

„Der Mann mit einer neuen<br />

Idee ist ein Spinner, bis<br />

diese sich als erfolgreich<br />

erweist.“<br />

Mark Twain<br />

„Wir können den Wind nicht ändern,<br />

aber die Segel anders setzen.“<br />

Aristoteles<br />

„Aufhören können, das ist<br />

nicht eine Schwäche, das ist<br />

eine Stärke.“<br />

Ingeborg Bachmann<br />

„Freiheit ist immer<br />

Freiheit des anders<br />

Denkenden.“<br />

Rosa Luxemburg<br />

„Um unersetzbar zu sein, muss man<br />

stets anders sein.“<br />

Coco Chanel<br />

„Die größte Ehre, die man einem Menschen<br />

antun kann, ist die, dass man zu<br />

ihm Vertrauen hat.“<br />

Matthias Claudius<br />

Fotos: © www. wikipedia.org; Bundesarchiv; PD-old


1.000 Flyer<br />

ab<br />

19,90 € *<br />

* Preise inkl. Druck, Weiterverarbeitung, Versand<br />

und gesetzlicher MwSt. Anbieter: CEWE Stiftung<br />

& Co. KGaA, Meerweg 30 – 32, 26133 Oldenburg<br />

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mit Klammerheftung<br />

DIN A4 hoch<br />

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Weitere Infos erhalten Sie bei Ihrer Verbandshotline<br />

unter 0800 33 06009 oder per E-Mail<br />

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Alle Preise netto und zzgl. gesetzlicher USt. Angebot gilt für Berechtigte im Rahmenvertrag TM 195. 1) 10 % Verbandsvorteil gilt in Verbindung mit dem Neuabschluss eines 24-Monats-Vertrags in den Tarifen Business Mobil S bis L<br />

ohne und mit Smartphone sowie mit Top-Smartphone. Z. B. Business Mobil M: monatlicher Grundpreis (inkl. 10 % Verbandsvorteil) 40,06 € (ohne Smartphone), 47,61 € (mit Smartphone), 55,17 € (mit Top-Smartphone). Einmaliger<br />

Kaufpreis für das Endgerät – je nach gewähltem Endgerät und Tarif – fällt zzgl. an. Im monatlichen Grundpreis sind eine Telefon- und eine SMS-Flatrate in alle dt. Netze enthalten. Ab einem Datenvolumen von 12 GB wird die Bandbreite<br />

im jeweiligen Monat auf max. 64 KBit/s (Download) und 16 KBit/s (Upload) beschränkt. 2) Maximal verfügbare LTE-Geschwindigkeit von bis zu 300 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload ist u. a. abhängig vom Endgerätetyp<br />

und Netzausbaugebiet. 5G ist bereits an folgenden Standorten verfügbar: Berlin, Bonn, Darmstadt, Köln, München, Frankfurt a. M., Hamburg, Leipzig. Informationen zum Netzausbau und zur jeweiligen örtlich verfügbaren Mobilfunk-<br />

Technologie erhalten Sie unter telekom.de/netzausbau.

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