1-20_DER_Mittelstand_web
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1/<strong>20</strong><strong>20</strong> | Februar / März <strong>20</strong><strong>20</strong> | 4,90 Euro<br />
Schwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Finanzierung<br />
ERFOLG<br />
INVESTITION<br />
FINANZIERUNG<br />
ABER WIE?<br />
Mehrjähriges Investitionsprogramm<br />
ist nötig<br />
S. 16<br />
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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
3<br />
Mit Power für<br />
den <strong>Mittelstand</strong>!<br />
Mario Ohoven<br />
Präsident Bundesverband mittelständische<br />
Wirtschaft (BVMW) und Europäischer<br />
<strong>Mittelstand</strong>sdachverband European<br />
Entrepreneurs (CEA-PME), Herausgeber<br />
„<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.“<br />
Glaubt man der Bundesregierung, dann nimmt unsere Wirtschaft<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> „wieder Fahrt auf“. Doch da ist wohl mehr der<br />
Wunsch der Vater des Gedankens: Das Wachstum erlahmt<br />
und ist zudem zu einem erheblichen Teil auf die vergleichsweise<br />
hohe Zahl an Arbeitstagen in diesem Jahr zurückzuführen. Große<br />
Teile der Industrie sind von der Rezession erfasst, viele Unternehmen<br />
mussten bereits Kurzarbeit anmelden.<br />
Vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung endlich aus<br />
ihrem wirtschaftspolitischen Dämmerschlaf aufwachen. Die Unternehmen<br />
brauchen eine spürbare Minderung der Abgabenlast,<br />
damit sie international wettbewerbsfähig bleiben. Momentan ergeht<br />
es ihnen wie einem Spitzenathleten, dem man Bleigewichte<br />
umhängt – und von dem man trotzdem verlangt, dass er Weltrekord<br />
läuft.<br />
Andere wichtige Industriestaaten wissen, was die Stunde geschlagen<br />
hat, und haben ihre Unternehmen steuerlich entlastet.<br />
Beispiele sind Großbritannien mit 19 Prozent, die USA mit rund<br />
26 Prozent oder Österreich mit 25 Prozent, während unsere Betriebe<br />
rund 30 Prozent schultern müssen. Deshalb müssen die<br />
Unternehmenssteuern auf 25 Prozent, besser noch <strong>20</strong> Prozent<br />
gesenkt werden. Denn mit der Wettbewerbsfähigkeit stehen<br />
Wachstum und Wohlstand auf dem Spiel.<br />
Doch es sind nicht die mittelständischen Unternehmer allein, die<br />
als angebliche Spitzenverdiener dem Würgegriff des Fiskus ausgesetzt<br />
sind. Der Steuerhammer trifft längst die Mitte der Gesellschaft.<br />
Inzwischen zahlen vier Millionen Deutsche den Spitzensteuersatz.<br />
Noch 1965 wurde der Spitzensteuersatz erst beim<br />
15-fachen des Durchschnittslohns fällig, heute reicht es, wenn<br />
ein Arbeitnehmer den 1,5-fachen Durchschnittslohn verdient, um<br />
unter den Spitzensteuersatz zu fallen.<br />
ritätszuschlags zum 1. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> und für alle gewesen – also<br />
für weite Teile des <strong>Mittelstand</strong>s, viele Selbstständige, aber auch<br />
die Kapitalgesellschaften.<br />
Dass die GroKo diese Entlastung bis heute verweigert, kommt in<br />
meinen Augen einem moralischen Steuerbetrug an <strong>Mittelstand</strong><br />
und Mittelschicht gleich. Wir reden hier von zehn Milliarden Euro<br />
– bei einem Einnahmenplus des Bundes von 17,1 Milliarden Euro<br />
allein für <strong>20</strong>19. Die Soli-Abschaffung ist aber nicht nur ökonomisch<br />
und moralisch geboten, dafür sprechen auch starke verfassungsrechtliche<br />
Gründe.<br />
Der Fortbestand des Soli nach Auslaufen des Solidarpakts II zum<br />
31. Dezember <strong>20</strong>19 ist schlicht verfassungswidrig. Zudem verstößt<br />
die Benachteiligung ganzer Steuerzahler-Gruppen klar gegen<br />
das Grundgesetz. Aus diesem Grund hat der BVMW am<br />
27. Januar beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe seine<br />
Verfassungsbeschwerde gegen das Soli-Gesetz eingereicht.<br />
Wenn die Politik dem <strong>Mittelstand</strong> nicht die Rahmenbedingungen<br />
gibt, die er braucht und auch verdient, dann müssen wir dafür<br />
kämpfen. „Auf die Dauer hilft nur Power“, lautet ein bekannter<br />
Sponti-Spruch. Wir als BVMW haben diese Power, und wir werden<br />
diese Power einsetzen. Damit <strong>20</strong><strong>20</strong> am Ende kein verlorenes,<br />
sondern ein erfolgreiches Jahr für den deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />
wird.<br />
Mario Ohoven<br />
Foto: © Thomas Imo<br />
Union und SPD haben im Vorjahr eine Riesenchance vertan, den<br />
unternehmerischen <strong>Mittelstand</strong> schnell und nachhaltig zu entlasten<br />
und ihm so Luft für zusätzliche Investitionen zu verschaffen.<br />
Diese Chance wäre die vollständige Abschaffung des Solida-
4<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
IN DIESER AUSGABE<br />
10<br />
DEUTSCHLAND<br />
6 News: <strong>20</strong><strong>20</strong>: Das ändert sich für Ihr Unternehmen<br />
8 Wirtschaft: Wie wird <strong>20</strong><strong>20</strong>?<br />
10 Glanzvoller Jahresempfang mit Top Referenten<br />
15 Mietendeckel – ein Gesetz, das nur Verlierer schafft<br />
16 „Mehrjähriges Investitionsprogramm ist nötig“<br />
18 Wirtschaft, viel zahlen bitte!<br />
<strong>20</strong> Grundsteuerreform: Sorgen und Hoffnungen<br />
des <strong>Mittelstand</strong>s<br />
22 <strong>Mittelstand</strong>spräsident im Dialog<br />
23 Marktwirtschaft, Unternehmertum und Freiheit<br />
gehören zusammen<br />
EUROPA<br />
BVMW Jahresempfang<br />
24 News<br />
26 Start mit Tusch – und was kommt danach?<br />
26<br />
INTERNATIONAL<br />
28 Zukunftsmarkt Afrika<br />
Start mit Tusch – und was kommt danach?<br />
52<br />
SCHWERPUNKT<br />
32 Finanzierungsklima trotzt Konjunkturflaute<br />
34 Liquiditätsspritze mit Nebenwirkungen<br />
36 Ein Kapital-Fehler<br />
38 Venture Capital für junge Unternehmen<br />
40 Unternehmensfinanzierung: Hausbank forever?<br />
42 Digital finanziert – mehr Liquidität für Ihr Unternehmen<br />
44 Neue Wachstumsimpulse durch Factoring<br />
46 Working Capital für KMU<br />
48 Erfolgreich durch die Rezession<br />
50 Finanzierungsmix auf den Prüfstand<br />
52 BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für den <strong>Mittelstand</strong><br />
54 Bares Geld für Innovation<br />
55 Finanztipp: Schwindende Sicherheiten<br />
56 Bargeldlos in die Zukunft?<br />
58 Kryptowährungen: Der Markt wächst weiter<br />
60 So meistern Sie Krisen<br />
62 Steuern auf den Punkt: Private Darlehen im Steuerrecht<br />
63 Klartext: Finanzierung: Wie Erfolg nicht zu verhindern ist<br />
64 Finanzierung in Zahlen<br />
BVMW-Erfolg: Steuerliche Förderung für<br />
den <strong>Mittelstand</strong><br />
BUNDESWIRTSCHAFTSSENAT<br />
67 „Das Steuerrecht müsste vereinfacht werden“<br />
71 „Informatik müsste viel stärker in die Lehrpläne<br />
Einzug halten“<br />
74 Bundeswirtschaftssenat in Berlin: Diplomatie, Kultur und<br />
Medien auf höchstem Niveau
FEBRUAR | MÄRZ <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> 5<br />
SERVICE<br />
78 News<br />
80 Outplacement statt Kündigung<br />
81 Impressum<br />
82 Deepfakes – die neue Form der Manipulation im Netz<br />
83 Nachhaltiges Wirtschaften im <strong>Mittelstand</strong><br />
84 Wie Sie KI erfolgreich in Ihrem Unternehmen einsetzen<br />
85 Stiftungen – ein internationales Modell auch für Mittelständler<br />
86 KMU digitalisieren und konkurrenzfähig bleiben<br />
87 Wie Soft Skills Ihre Zukunft retten<br />
88 Rechtshotline: Achtung bei Arbeit auf Abruf!<br />
90 Strengere Compliance-Regeln auch für KMU<br />
90<br />
BVMW<br />
92 News<br />
96 Nachhaltig haften bleiben<br />
98 Visionen für den <strong>Mittelstand</strong><br />
100 Wie der Nutzen ins Fahrzeug kommt<br />
102 Elektromobilität als Chance<br />
103 Und ewig blühen die Rosen …<br />
104 IT-Aufbauarbeit für den <strong>Mittelstand</strong><br />
105 Die Denkfabriken des BVMW<br />
105 Wissenschaftlicher Beirat des BVMW<br />
Strengere Compliance-Regeln auch für KMU<br />
103<br />
KULTUR<br />
106 Filmtipp: Das perfekte Geheimnis<br />
108 Exklusive Fotoausstellung – Architektur der Weißen<br />
Stadt Tel Aviv<br />
109 Meinung: Eine nachhaltige(re) Generation<br />
111 „Ich bin eine Rampensau“<br />
112 BuchTipps<br />
113 AppTipps<br />
114 Geistesblitze<br />
Und ewig blühen die Rosen ...<br />
01|<strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Veranstaltungstermine des BVMW<br />
n MITTELSTANDS-<br />
ALLIANZ AFRIKA<br />
S. 17<br />
n TWENTY2X<br />
S. 18<br />
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6 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Deutschland<br />
News<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong>: Das ändert sich<br />
für Ihr Unternehmen<br />
Ein höherer Mindestlohn, Entlastungen bei der Arbeitslosenversicherung und die Rückkehr zur<br />
Meisterpflicht – <strong>20</strong><strong>20</strong> bringt zahlreiche Änderungen für mittelständische Betriebe mit sich.<br />
Höherer Mindestlohn<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> steigt der gesetzliche Mindestlohn. Seit dem 01. Januar<br />
müssen Arbeitgeber mindestens 9,35 Euro brutto pro Stunde<br />
bezahlen – statt wie bisher 9,19 Euro. Auch viele Branchenmindestlöhne<br />
steigen, zum Beispiel im Elektrohandwerk, im Dachdeckerhandwerk<br />
oder in der Pflegebranche. Die Änderung betrifft<br />
auch studentisch Beschäftigte. Der Mindestlohn für Zeitarbeiter<br />
war bereits im Oktober <strong>20</strong>19 gestiegen – auf 9,96 Euro (West)<br />
und 9,66 Euro (Ost).<br />
Neue Kleinunternehmergrenze<br />
Bislang galt als Kleinunternehmer, wer im Vorjahr nicht mehr als<br />
17.500 Umsatz gemacht hat. Diese Grenze wurde laut dem Bürokratieentlastungsgesetz<br />
III zum 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> auf 22.000 Euro<br />
erhöht.<br />
Geringerer Beitrag zur<br />
Arbeitslosenversicherung<br />
Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sank zum 01. Januar<br />
um 0,1 Punkte auf 2,4 Prozent. Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
leisten diese Abgabe zu gleichen Teilen. Die Beitragssenkung ist<br />
bis 31. Dezember <strong>20</strong>22 befristet.<br />
Kurzfristig Beschäftigte:<br />
Höhere Grenze für<br />
Pauschalbesteuerung<br />
Bislang durften Arbeitgeber bei kurzfristig Beschäftigten immer<br />
dann eine pauschale Lohnsteuer von 25 Prozent ansetzen, wenn<br />
der durchschnittliche Arbeitslohn pro Arbeitstag 72 Euro nicht<br />
überstieg. Dieser Grenzbetrag erhöht sich auf 1<strong>20</strong> Euro.<br />
Job-Ticket: Pauschalbesteuerung<br />
immer möglich<br />
Arbeitgeber dürfen ab diesem Jahr die Kosten für ein Jobticket<br />
ihrer Angestellten immer pauschal mit 25 Prozent versteuern.<br />
Diese Regelung gilt für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
im Linienverkehr zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte<br />
sowie für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.<br />
Verschärfte Meldepflichten<br />
im Transparenzregister<br />
Seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> müssen Unternehmen nicht mehr nur die wirtschaftlich<br />
Berechtigten im Transparenzregister benennen sowie die<br />
Art und den Umfang des wirtschaftlichen Interesses – sondern beispielsweise<br />
auch die Staatsangehörigkeit. Zudem erhält nicht mehr<br />
nur ein kleiner Kreis interessierter Dritter Einsicht in das Register –<br />
es ist seit Jahresbeginn öffentlich einsehbar.<br />
Höherer Zusatzbeitrag zur<br />
Krankenversicherung<br />
Der durchschnittliche Zusatzbeitrag, den alle gesetzlichen Krankenkassen<br />
zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent erheben,<br />
stieg zum 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> von 0,9 auf 1,1 Prozent. Die Kosten dieses<br />
Zusatzbeitrages teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer.<br />
Mindestgehalt für Azubis<br />
Auszubildende erhalten seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> eine Mindestvergütung.<br />
Arbeitgeber müssen ihnen im ersten Ausbildungsjahr mindestens<br />
515 Euro pro Monat zahlen, <strong>20</strong>21 steigt dieser Betrag<br />
auf 550 Euro, <strong>20</strong>22 auf 585 Euro und <strong>20</strong>23 auf 6<strong>20</strong> Euro. Zudem<br />
erhöht sich die Mindestvergütung im zweiten Ausbildungsjahr<br />
um 18 Prozent, im dritten um 35 Prozent und im vierten um<br />
40 Prozent. Eine Ausnahme gilt, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften<br />
für einzelne Branchen eigene Vereinbarungen treffen.<br />
Foto: © Lothar Drechsel von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
7<br />
Rückkehr zur Meisterpflicht<br />
Seit dem 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> gilt für insgesamt zwölf Gewerke wieder<br />
die Meisterpflicht. Durch eine Änderung der Handwerksordnung<br />
dürfen beispielsweise Fliesenleger oder Raumausstatter nur mit<br />
einem Meistertitel ihr Handwerk selbstständig ausüben. Bestehende<br />
Betriebe, die derzeit nicht der Meisterpflicht unterliegen, dürfen auch<br />
weiterhin ihr Handwerk selbstständig ausüben und sollen einen Bestandsschutz<br />
erhalten.<br />
Vereinheitlichte Titel für<br />
berufliche Fortbildung<br />
Aktuell gibt es in der beruflichen Fortbildung unzählige Abschlüsse<br />
mit Bezeichnungen wie „Servicetechniker/in“, „Fachwirt/in“<br />
oder „Fachkauffrau/-mann“. Um die internationale Vergleichbarkeit<br />
zu verbessern, werden diese nun vereinfacht. Künftig gibt es<br />
die Stufen „Geprüfte Berufsspezialistin“ bzw. „Geprüfter Berufsspezialist“,<br />
„Bachelor Professional“ und „Master Professional“.<br />
Alle anderen Bezeichnungen entfallen. Ein Meister im Handwerk<br />
kann sich künftig auch „Bachelor Professional“ nennen.<br />
Anstieg der EEG-Umlage<br />
Stromkunden in Deutschland müssen sich auf höhere Energiekosten<br />
einstellen. Die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG) soll <strong>20</strong><strong>20</strong> um 5,5 Prozent auf 6,756 Cent je<br />
Kilowattstunde steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit<br />
vier Personen und 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch dürften<br />
die Stromkosten damit um knapp 13 Euro im Jahr steigen.<br />
Mehr Fachkräfte<br />
dürfen einwandern<br />
Bislang durften Fachkräfte ohne Hochschulabschluss, die aus<br />
Drittstaaten stammen, nur in Deutschland arbeiten, wenn sie in<br />
einem sogenannten Engpassberuf tätig werden – etwa in der<br />
Altenpflege. Ab März <strong>20</strong><strong>20</strong> dürfen das alle Fachkräfte – egal,<br />
welchen Beruf sie ausüben. Vorausgesetzt, sie haben eine Jobzusage,<br />
einen dafür anerkannten Berufsabschluss und Sprachkenntnisse.<br />
Weitere Änderung laut Fachkräfteeinwanderungsgesetz:<br />
Nicht mehr nur Akademiker dürfen ohne Jobzusage<br />
nach Deutschland einreisen, sondern auch Fachkräfte mit einer<br />
abgeschlossenen Berufsausbildung.<br />
Neue Rechengrößen der<br />
Sozialversicherung<br />
Fotos: © fotografixx von www.istockphoto.com; © Moyo Studio von www.istockphoto.com<br />
Neue Kassenpflichten<br />
Unternehmer, die eine technisch nachrüstbare Registrierkasse besitzen,<br />
sind verpflichtet, diese bis 30. September <strong>20</strong><strong>20</strong> nachzurüsten.<br />
Nicht nachrüstbare Kassen müssen bis Ende <strong>20</strong>22 ersetzt werden.<br />
Registrierkassen müssen dann fälschungssichere Speicher und<br />
Sicherheitsmodule aufweisen, die vom Bundesamt für Sicherheit in<br />
der Informationstechnik (BSI) zertifiziert sind. Offene Ladenkassen,<br />
die ohne technische Unterstützung auskommen, dürfen Unternehmer<br />
auch über das Jahr <strong>20</strong>22 hinaus benutzen.<br />
Seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> gilt für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen<br />
Rentenversicherung eine neue Einkommensgrenze. Der Beitrag<br />
bemisst sich dann bis zu einem Höchstbetrag von 6.900 Euro im<br />
Monat in den alten und 6.450 Euro in den neuen Bundesländern. In<br />
der gesetzlichen Krankenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze<br />
ab <strong>20</strong><strong>20</strong> auf jährlich 56.250 Euro (4.687,50 Euro im<br />
Monat). Die Versicherungspflichtgrenze steigt auf jährlich 62.550<br />
Euro (5.212,50 Euro im Monat).<br />
Freibetrag bei Betriebsrenten<br />
Seit 01. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> soll ein Freibetrag von 159,25 Euro für<br />
die Krankenkassenbeiträge gelten. Erst ab dieser Höhe werden<br />
dann überhaupt Beiträge auf die Betriebsrente fällig, wie es in<br />
Regierungskreisen hieß. Da bei 60 Prozent der Betriebsrentner<br />
die Bezüge unter 318 Euro liegen, sollen diese künftig faktisch<br />
nur noch maximal den halben Beitragssatz zahlen müssen. Die<br />
weiteren 40 Prozent sollen durch den Freibetrag spürbar entlastet<br />
werden.
8 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Wirtschaft: Wie wird <strong>20</strong><strong>20</strong>?<br />
„Deutschland bewegt sich<br />
konjunkturell auf dünnem Eis“<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> geht trotz der Industrierezession optimistisch in das Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong>. Deutschland bewegt<br />
sich aber nach den Worten von Mario Ohoven konjunkturell auf dünnem Eis. Die Ergebnisse<br />
einer topaktuellen Unternehmerumfrage des BVMW präsentierte Mario Ohoven auf einer Pressekonferenz<br />
in Berlin.<br />
<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven (Mitte) stellte die Ergebnisse der Unternehmerumfrage auf der Pressekonferenz in Berlin vor.<br />
ist, dass die Bundesregierung endlich ihre wirtschaftspolitische<br />
Passivität aufgibt, um die Wettbewerbsfähigkeit<br />
des Standorts Deutschland zu sichern“, erklärte Mit-<br />
„Entscheidend<br />
telstandspräsident Mario Ohoven bei der Vorstellung der Ergebnisse<br />
der Unternehmerumfrage des BVMW zum Jahreswechsel.<br />
Der aktuellen Umfrage zufolge sind die Unternehmer zuversichtlich,<br />
wenn es um das eigene Unternehmen geht. So schätzt ein Drittel die<br />
gegenwärtige Geschäftslage als befriedigend ein, 47 Prozent als gut,<br />
12 Prozent sogar als sehr gut. Fast 80 Prozent erwarten, dass sich<br />
ihre Geschäftslage in den nächsten 12 Monaten vorteilhaft oder zumindest<br />
stabil entwickelt.<br />
Dagegen sind die Mittelständler überaus pessimistisch hinsichtlich<br />
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in <strong>20</strong><strong>20</strong>. Über<br />
70 Prozent befürchten ein Abgleiten unserer Volkswirtschaft in einen<br />
Abschwung. Schlecht fällt das Zeugnis für die GroKo aus: Nur 9 Prozent<br />
bewerten die bisherige Arbeit mit gut oder sehr gut.<br />
Zu den vorrangigen Aufgaben der Politik gehört aus Sicht der Unternehmer<br />
neben dem Bürokratieabbau vor allem eine Senkung<br />
der Steuerbelastung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Als erster<br />
Schritt muss der Solidaritätszuschlag vollständig und für alle abgeschafft<br />
werden“, betonte Ohoven. Einen beschleunigten Breitbandausbau<br />
fordern 67 Prozent.<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> leidet besonders unter dem akuten Fachkräftemangel:<br />
Mehr als 90 Prozent der Unternehmer haben Schwierigkeiten,<br />
offene Stellen zu besetzen. Zugleich beklagen drei Viertel das abnehmende<br />
Bildungsniveau der Bewerber. Über 90 Prozent der Mittelständler<br />
fordern deshalb eine Stärkung des Real- und des Hauptschulabschlusses.<br />
Es gehe jetzt darum, Deutschland fit für die Zukunft zu machen, betonte<br />
Ohoven. „Die GroKo muss in der Haushaltspolitik umsteuern,<br />
Zukunftsinvestitionen müssen Vorrang vor Sozialkonsum bekommen.“<br />
Dazu müsse der Anstieg der Sozialausgaben, die heute schon<br />
über 57 Prozent des Bundeshaushalts ausmachen, begrenzt werden.<br />
Umso erfreulicher ist es, dass drei Viertel der Unternehmer in <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
ebenso viel wie <strong>20</strong>19 oder sogar mehr investieren wollen. Zudem erwägt<br />
trotz der wachsenden weltwirtschaftlichen Risiken nur eine<br />
kleine Minderheit eine Verlagerung ins Ausland.<br />
Bei der Sonntagsfrage kommen Union mit gut 31 Prozent und FDP<br />
mit 29 Prozent zusammen auf eine satte Mehrheit. Es folgen die Grünen<br />
mit 15 Prozent und die AfD mit 10 Prozent. Klare Verlierer sind die<br />
SPD mit 3 Prozent und die Linke mit 2,5 Prozent. „Die Unternehmer<br />
weisen offenbar der SPD die Verantwortung für die mittelstandsfeindliche<br />
Politik der GroKo zu“, resümiert <strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario<br />
Ohoven.<br />
Fotos: © Christian Kruppa
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
UNTERNEHMERUMFRAGE<br />
Die Ergebnisse <strong>20</strong>19/<strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND 9<br />
h Ihr Umsatz <strong>20</strong>19<br />
um Vorjahr?<br />
Wie wird sich Ihre Geschäftslage in den<br />
kommenden 12 Monaten entwickeln?<br />
Welche gesamtwirtschaftliche<br />
Entwicklung erwarten Sie in den kommenden<br />
12 Monaten in Deutschland?<br />
Wie bewert<br />
MFRAGE<br />
48,74%<br />
31,72%<br />
19,54%<br />
günstiger 31,63%<br />
gleich 46,84%<br />
ungünstiger 21,53%<br />
Aufschwung (Expansion) 17,66%<br />
Hochkonjunktur (Boom) 10,95%<br />
Abschwung (Rezession) 68,62%<br />
Tiefphase (Depression) 2,78%<br />
sehr sch<br />
schlech<br />
befriedig<br />
gut<br />
sehr gut<br />
Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit der<br />
Wie beurteilen<br />
Großen<br />
Sie die<br />
Koalition?<br />
aktuelle Finanzierungssituation<br />
Ihres Unternehmens?<br />
Welche wirtschaftspolitischen Aufgaben sollte die Bundesregierung<br />
Legislaturperiode vorrangig anpacken? (Mehrfachnennung möglich)<br />
Bürokratieabbau 84,76%<br />
Unternehmenssteuern senken 54,68%<br />
Die GroKo Sozialabgaben muss in senken der 42,77%<br />
Fachkräftemangel bekämpfen 45,86%<br />
Massive EU-Schuldenkrise bekämpfen 21,35%<br />
Verkehrsinfrastruktur verbessern 56,54%<br />
Vorrang vor Sozialkonsum<br />
Breitbandausbau beschleunigen 66,98%<br />
bekommen.<br />
Cybersicherheit verbessern 31,79%<br />
Mario Ohoven<br />
Haushaltspolitik umsteuern,<br />
Zukunftsinvestitionen müssen<br />
17,66%<br />
10,95%<br />
31,73%<br />
68,62%<br />
41,71%<br />
2,78%<br />
26,56%<br />
sehr schlecht<br />
sehr gut 17,40%<br />
17,31%<br />
schlecht<br />
gut 40,96%<br />
35,25%<br />
befriedigend<br />
befriedigend 32,71%<br />
38,28%<br />
gut<br />
schlecht 7,73%<br />
8,70%<br />
sehr gut<br />
sehr schlecht 1,<strong>20</strong>%<br />
0,47%<br />
Sollte der BVMW gegen die Weitererhebung<br />
des Solidaritätszuschlags, der<br />
laut Gesetz zum 31.12.<strong>20</strong>19 ausläuft, beim<br />
Bundesverfassungsgericht klagen?<br />
Soll<br />
auch<br />
Sch<br />
Anzeige<br />
gaben sollte die Bundesregierung in der zweiten Hälfte der<br />
en? (Mehrfachnennung möglich)<br />
bbau 84,76%<br />
nken 54,68%<br />
nken 42,77%<br />
pfen 45,86%<br />
e<br />
svolumen<br />
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10 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Mehr als 3.000 Gäste kamen zum Jahresempfang des BVMW.<br />
Glanzvoller Jahresempfang<br />
mit Top Referenten<br />
Verfassungsklage gegen Soli-Gesetz<br />
eingereicht<br />
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hatte zum traditionellen Jahresempfang in der<br />
Bundeshauptstadt geladen. Mehr als 3.000 Unternehmer, Spitzenpolitiker, Parlamentarier, darunter<br />
80 Abgeordnete, 80 Botschafter sowie weitere hochrangige Gäste, wie der Außenminister der<br />
Republik Usbekistan, Abdulaziz Komilov, und der Alt-Präsident Kroatiens, Stjepan Mesić, folgten<br />
der Einladung von Deutschlands größtem, freiwillig organisierten <strong>Mittelstand</strong>sverband.<br />
Angesichts der herrschenden Industrierezession forderte <strong>Mittelstand</strong>spräsident<br />
Mario Ohoven Entlastungen für die Wirtschaft<br />
durch eine Unternehmenssteuerreform: „Die Unternehmenssteuern<br />
müssen runter auf 25 Prozent, besser noch<br />
<strong>20</strong> Prozent.“ Die deutsche Wirtschaft brauche optimale Wettbewerbsbedingungen,<br />
wenn unser Land seinen ökonomischen Spitzenplatz<br />
halten wolle.<br />
Unter großem Beifall präsentierte Ohoven die vom BVMW beim Bundesverfassungsgericht<br />
eingereichte Verfassungsbeschwerde gegen<br />
das Soli-Gesetz. „Der Fortbestand des Soli nach Auslaufen des Solidarpakts<br />
II zum 31. Dezember <strong>20</strong>19 ist verfassungswidrig. Wird der<br />
Soli nicht sofort für alle abgeschafft, kommt das einem moralischen<br />
Steuerbetrug an <strong>Mittelstand</strong> und Mittelschicht gleich.“<br />
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte in seiner Keynote<br />
Verständnis für die Verfassungsbeschwerde des BVMW gegen das<br />
Soli-Gesetz der Großen Koalition: „Ich selbst habe im letzten Jahr<br />
meine Überlegungen zur verfassungsrechtlichen Problematik dargelegt.“<br />
Der CDU-Spitzenpolitiker sprach sich zugleich für einen Steuerdeckel<br />
für alle aus, die ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Wohl dieses<br />
Landes leisten.<br />
Noch nie gab es so eine prominente<br />
Riege an Rednern.<br />
Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie<br />
Der Staatspräsident des Senegal, S. E. Macky Sall, unterstrich in seiner<br />
Festrede das starke Wachstumspotenzial Afrikas. Jede Investition<br />
im Chancenkontinent Afrika bringe mehr Wohlstand, Arbeitsplätze,<br />
weniger Jugendarbeitslosigkeit und weniger Gründe zur illegalen<br />
Migration. Dem stimmte auch Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
11<br />
S. E. Macky Sall, Präsident der Republik Senegal.<br />
Dr. Markus Söder, Ministerpräsident<br />
des Freistaates Bayern und CSU-<br />
Parteivorsitzender.<br />
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.<br />
Müller zu. Er bezeichnete Afrika als einen Markt der Zukunft mit gewaltigen<br />
Entfaltungsmöglichkeiten gerade für deutsche Mittelständler.<br />
Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder forderte vergleichbare<br />
Steuersätze wie in anderen Ländern. Deutschland dürfe<br />
nicht die höchsten Steuern erheben, die die Wirtschaft behindern<br />
und Investitionen erschweren. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska<br />
Giffey kritisierte den massiven Fachkräftemangel hierzulande,<br />
der ein Wachstumshemmnis unserer Wirtschaft sei. Sie lud die Mittelständler<br />
zur Teilnahme am Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor<br />
Familie“ ein.<br />
Lobende Worte für den deutschen <strong>Mittelstand</strong> fand der Vorstandsvorsitzende<br />
der Siemens AG, Joe Kaeser, in seinem Redebeitrag. Er<br />
sagte, der <strong>Mittelstand</strong> sei eine Kultur und eine Geisteshaltung. Genau<br />
dies mache das weltweit anerkannte Siegel „Made in Germany“ aus.<br />
Dem Empfang voraus ging erstmals ein Internationales Wirtschafts-<br />
Ich möchte Ihnen ein Kompliment<br />
machen. Diese Veranstaltung ist eine<br />
der wichtigsten Veranstaltungen, die<br />
es in Deutschland gibt und auch in<br />
Berlin.<br />
Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern<br />
und CSU-Parteivorsitzender<br />
forum des BVMW. Mehr als 700 Unternehmer erhielten aus erster<br />
Hand von den Botschaftern und anderen hochrangigen Vertretern<br />
aus 60 Ländern exklusive Informationen zu Geschäftsmöglichkeiten<br />
in den Zielländern.<br />
Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller.<br />
Familienministerin Dr. Franziska Giffey.
12 DEUTSCHLAND<br />
Zum Jahresempfang begrüßte der BVMW hochrangige<br />
Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur.<br />
BVMW hat Verfassungs-<br />
<strong>Mittelstand</strong>, das ist eine<br />
Kultur, das ist eine Geisteshaltung.<br />
Das ist es,<br />
was Made in Germany<br />
ausmacht.<br />
Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender<br />
Siemens AG<br />
M. Ilker Ayci, Chairman of de Board & the<br />
Executive Committee of Turkish Airlines.<br />
Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender<br />
der Siemens AG.<br />
Afrika ist der Markt der<br />
Zukunft. Gewaltige Märkte<br />
entfalten sich dort.<br />
Dr. Gerd Müller, Bundesminister für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung<br />
Großer Andrang beim Wirtschaftsforum, auf dem sich 60 Botschaften mit ihren Ländern präsentieren.<br />
Leon Löwentraut (Künstler), Claudia Jerger und<br />
Dr. h.c. Ute-Henriette Ohoven (You-Stiftung).<br />
<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven.
DEUTSCHLAND<br />
13<br />
Wird der Soli nicht sofort<br />
für alle abgeschafft,<br />
kommt das einem<br />
moralischen Steuerbetrug<br />
an <strong>Mittelstand</strong> und<br />
Mittelschicht gleich.<br />
Mario Ohoven, BVMW Präsident<br />
beschwerde gegen Soli-Gesetz eingereicht<br />
Kontakte, Kontakte, Kontakte ...<br />
Der japanische Botschafter S. E. Takeshi Yagi und<br />
Bundesgeschäftsführer Markus Jerger.<br />
Nach den Reden nutzten die Gäste den Abend zum Netzwerken.<br />
Fotos: © Christian Kruppa, BILDSCHÖN/Tom Malesa, BVMW/Annemarie Thiede<br />
V. li.: Patrick Meinhardt (BVMW Generalsekretär Bildungsallianz),<br />
Prof. Martin Neumann, MdB, und Physiker Prof. Eicke Weber.<br />
V. li.: BVMW Vorstand Arthur Zimmermann, Ramona Lehmann (BVMW)<br />
und Dr. Andreas Wierse (Geschäftsführer Sicos BW GmbH).
14 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong>
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
15<br />
Mietendeckel – ein Gesetz,<br />
das nur Verlierer schafft<br />
Mit dem Mietendeckel setzt Rot-Rot-Grün in Berlin die Instrumente der Sozialen Marktwirtschaft<br />
außer Kraft und lässt einen Testballon für die gesamte Republik steigen. Was auf den ersten<br />
Blick für Mieter verheißungsvoll klingt, schadet in Wirklichkeit allen.<br />
Foto: © Terroa von www.istockphoto.com<br />
Kerninhalt des Gesetzes ist ein vollständiger Mietenstopp für<br />
die kommenden fünf Jahre. In vielen Fällen sollen Bestandsmieten<br />
sogar abgesenkt werden. Klingt gut – ist es aber nicht.<br />
Denn die eigentliche Misere beginnt damit, dass der Mietendeckel die<br />
Instrumente des Bundes zum Mieterschutz, darunter auch die <strong>20</strong>15<br />
eingeführte Mietpreisbremse, abräumt. Hinzu kommt, dass Modernisierungen<br />
künftig nur noch bis zur Höhe von einem Euro pro Quadratmeter<br />
umgelegt werden dürfen. Das hat einen absehbaren Verfall<br />
des Berliner Wohnbestandes zur Folge, denn Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten<br />
werden sich für Eigentümer nicht mehr rechnen.<br />
Frisch sanierter Altbau adé<br />
Wenn sich solche Arbeiten nicht mehr lohnen, steht auch der klima-<br />
und altersgerechte Umbau des Berliner Wohnungsbestandes in<br />
den Sternen.<br />
Laut Branchenumfrage erwägen 90 Prozent der Unternehmen der<br />
Wohnungswirtschaft, im nächsten Jahr die Ausgaben für Sanierung<br />
und Modernisierung zu stoppen. Macht nur die Hälfte der Unternehmen<br />
dies wahr, ergäbe sich im Modernisierungsbereich ein Auftragseinbruch<br />
von rund 40 Prozent. Die Folgen: massive Arbeitsplatzverluste<br />
und Steuerausfälle, dazu höhere Sozialkosten für den Staat.<br />
Auswirkungen sind ab sofort spürbar<br />
Erste Folgen des Mietendeckels sind schon jetzt greifbar. Allein aufgrund<br />
der Diskussion über das Gesetz hat die Berliner Volksbank<br />
– ihr gehören 2.000 Wohnungen in Berlin – Modernisierungs- und<br />
Sanierungsinvestitionen in Millionenhöhe zurückgestellt. Auch die<br />
Bauwirtschaft und das mittelständische Handwerk leiden schon<br />
jetzt darunter, dass Aufträge storniert werden.<br />
Zudem wird ein „Grauer Markt“ für Mietwohnungen entstehen. Denn<br />
wenn ein staatliches Preisdiktat die Miethöhe künstlich begrenzt,<br />
sich aber viele zahlungswillige Bewerber um wenige Wohnungen bemühen,<br />
werden die Preise an anderer Stelle gezahlt. Alternativ geht<br />
die Wohnung per Vetternwirtschaft an den Mieter, der über die besten<br />
Verbindungen zum Wohnungsunternehmen verfügt.<br />
Der Mietendeckel bedroht zudem massiv die Altersvorsorge privater<br />
Wohnungseigentümer. Und wenn Immobilienbesitzer ihre Miet- in<br />
Eigentumswohnungen umwandeln, um sich den massiven Eingriffen<br />
in ihr Eigentum zu entziehen, wird das die Lage für Wohnungssuchende<br />
nur weiter verschärfen.<br />
Altbekanntes Problem<br />
Dabei ist die Berliner Wohnungsnot bereits in aller Munde. In der<br />
Hauptstadt fehlen derzeit mehr als 100.000 Wohnungen. Mit dem<br />
Mietendeckel wird besonders dem Neubau ein vernichtender Schlag<br />
versetzt. Dass Bauherren und Investoren massiv verunsichert sind,<br />
zeigt sich an der Zahl der in Berlin genehmigten Wohnungen im September<br />
dieses Jahres. Im Vergleich zum Vorjahresmonat hat sich die<br />
Anzahl der genehmigten Wohnungen halbiert. Auch die Genossenschaften<br />
sind betroffen. Sie wollen in den nächsten fünf Jahren statt<br />
6.000 lediglich 2.000 neue Wohnungen errichten.<br />
Verfassungswidrigkeit<br />
Was bei all den Diskussionen abermals außer Acht gelassen wird,<br />
ist die Tatsache, dass der Mietendeckel ein verfassungswidriges<br />
Konzept ist. Das Land Berlin darf aufgrund der grundgesetzlichen<br />
Kompetenzordnung keine Gesetze zur Mietenbegrenzung erlassen.<br />
Selbst wenn der Mietendeckel in absehbarer Zeit vor Gericht gekippt<br />
wird, kann es Jahre dauern, bis Berlin wieder einen rechtssicheren<br />
Mietspiegel erhält. Vermieter, die es darauf anlegen, könnten dann<br />
über Vergleichswohnungen Mieten drastisch erhöhen.<br />
Wohnen als soziales Gut<br />
Bezahlbares Wohnen ist und bleibt eine zentrale soziale Herausforderung.<br />
Diese Herausforderung ist nur gemeinsam mit allen Akteuren<br />
am Wohnungsmarkt zu meistern, idealerweise in einem Bündnis<br />
für bezahlbares Wohnen und Bauen in Berlin. Auf die Agenda gehören<br />
mehr Bauland und Dachgeschossausbau, schnellere Genehmigungsprozesse<br />
und weniger Bürokratie. Es gilt, die <strong>20</strong>15 eingeführte<br />
Mietpreisbremse des Bundes in Berlin wirksam durchzusetzen und<br />
zu kontrollieren.<br />
Stattdessen beschreitet Rot-Rot-Grün mit dem Mietendeckel einen<br />
Irrweg und schadet dem Wohn-, Wirtschafts- und Arbeitsstandort<br />
Berlin gleich in mehrfacher Hinsicht. Egal ob Bestandsmieter, Wohnungssuchender,<br />
Wohnungsgesellschaft, privater Wohnungseigentümer,<br />
Handwerker, Bauunternehmer oder gar Mieter: Der Mietendeckel<br />
kennt am Ende nur Verlierer.<br />
Kai Wegner, MdB<br />
Baupolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion<br />
und Landesvorsitzender der CDU Berlin<br />
www.kai-wegner.de
16 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
„Mehrjähriges Investitionsprogramm<br />
ist nötig“<br />
Das Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> ist zugleich der Beginn eines neuen Jahrzehnts. Und so geht der<br />
Blick nicht nur auf das neue Jahr, sondern auch auf die Entwicklungen und Herausforderungen<br />
des kommenden Jahrzehnts.<br />
Die <strong>20</strong>er Jahre sind zurück. Die Welt wird im Jahr <strong>20</strong>30 vermutlich<br />
sehr anders sein als heute. Wie genau sie aussehen wird,<br />
wissen wir heute nicht. Wir wissen aber, dass wir mehr denn<br />
je die Weichen stellen und unsere Verantwortung für die Zukunft erkennen<br />
müssen, denn die Zeiten sind kritisch. Die Vergangenheit hat<br />
einiges unbestellt zurückgelassen, und die Zukunft stellt gewaltige<br />
Anforderungen. Im Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> wird sich einiges entscheiden: Wie<br />
wird der Brexit aussehen, wird Donald Trump wiedergewählt, und<br />
schafft es die Große Koalition in Deutschland ins Jahr <strong>20</strong>21?<br />
Abschwächende Weltkonjunktur<br />
Die konjunkturellen Aussichten verheißen nichts Gutes. Nach zehn<br />
Jahren Daueraufschwung nimmt die wirtschaftliche Dynamik spürbar<br />
ab. Dringend nötige öffentliche Investitionen müssen getätigt<br />
werden. Denn der alte industrielle und fossile Kapitalstock muss<br />
durch eine digitale und klimaneutrale Produktion erneuert werden.<br />
Je eher die Transformation gelingt, desto größer wird der Wettbewerbsvorteil<br />
daraus. Eine alternde Gesellschaft macht es indes nicht<br />
leichter, den Strukturwandel einzuleiten, Innovationen zu erzeugen<br />
und durchzusetzen. Überall wird der Status quo verteidigt, von dem<br />
wir wissen, dass er keinen Bestand haben wird. Die Gefahr einer säkularen<br />
Stagnation, einer langen Phase niedrigen Wachstums, ist<br />
sehr real. Das japanische Szenario aus geringem Produktivitätsfortschritt<br />
und deflationären Tendenzen, das einhergeht mit niedrigen<br />
Zinsen und steigender Staatsverschuldung, droht.<br />
Die sich abschwächende Weltkonjunktur interagiert zunehmend mit<br />
den geopolitischen Risiken. Lange war die Konjunktur robust gegenüber<br />
diesen Risiken. Nun aber dämpft die Mischung aus Abschwung<br />
und Unsicherheit die Investitionsgüternachfrage spürbar, was gerade<br />
in Deutschland deutliche Bremsspuren in der Konjunktur hinterlässt.<br />
Der um sich greifende ökonomische Nationalismus mit protektionistischen<br />
Maßnahmen verschärft die Lage. Ein gleichzeitiger<br />
Abschwung fast aller wichtigen Volkswirtschaften und Währungsräume<br />
ist aber besonders für die Geld- und Fiskalpolitik gefährlich.<br />
Denn es gibt kaum noch Spielraum, einer erneuten Rezession entgegenzuwirken.<br />
Die Kombination aus Schuldenüberhang – die Staatsschuldenquoten<br />
sind mit Ausnahme Deutschlands in den letzten<br />
zehn Jahren stark gestiegen – und Negativzinspolitik hat eine Falle<br />
geschaffen, aus der es ohne Wachstum kaum ein Entrinnen gibt.<br />
Auch wenn die medial immer lauter werdenden Crash-Prophezeiungen<br />
überzeichnet sind, so gibt es doch Verzerrungen auf dem Markt,
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
17<br />
die eine zunehmend unwirksame Geldpolitik als Kollateralschaden<br />
erzeugen. Wachstum scheint in weiter Ferne.<br />
Foto: © Leontura von www.istockphoto.com<br />
Ein Abschwung fast aller wichtigen<br />
Volkswirtschaften und Währungsräume<br />
ist aber besonders für die<br />
Geld- und Fiskalpolitik gefährlich.<br />
Rendite durch ökologischen Umbau<br />
Dabei liegt ein neues Zeitalter des Fortschritts vor uns. Die Zukunft<br />
hat sehr wohl eine Rendite und die Welt eine Zukunft. Es ist keine höhere<br />
Rendite vorstellbar, als Verfahren und Produkte zu entwickeln,<br />
die die Welt vor ihrem ökologischen Untergang retten. Digitale Innovationen<br />
können ebenso die Produktivität unserer<br />
Ressourcen enorm erhöhen und sie dadurch<br />
schonen: Ernteerträge und medizinische Versorgung<br />
können durch den Einsatz von Daten<br />
und Künstlicher Intelligenz deutlich erhöht und<br />
verbessert werden.<br />
Die deutsche Wirtschaft steht vor einem dreifachen<br />
Strukturwandel: Erstens steht die globale Weltordnung vor tiefgreifenden<br />
Verschiebungen, zweitens disruptiert die digitale Transformation<br />
ganze Branchen und Wertschöpfungsketten, darunter die<br />
für Deutschland so wichtige Automobilindustrie, und drittens entwertet<br />
die Dekarbonisierung den fossilen Kapitalstock. Öffentliche<br />
Investitionen sind notwendig, nicht aus konjunkturellen, aber aus<br />
strukturellen Gründen, um Infrastruktur, Bildung und Forschung voranzubringen.<br />
Ein mehrjähriges Investitionsprogramm ist möglich<br />
und nötig. Die schwarze Null ist nicht sakrosankt, sondern eine wichtige<br />
konjunkturpolitische Größe. Die Schuldenbremse ist gut, sollte<br />
aber modifiziert werden, denn sie ist ein strukturpolitisch wichtiger<br />
Hebel. Momentan sind die Grenzen zu eng gesetzt. Denn es geht darum,<br />
das langfristige Potenzialwachstum zu stärken. Nur eine starke<br />
Wirtschaft kann die Folgen von Strukturwandel und Demographie<br />
bewältigen, ohne sie zu einem gesellschaftlichen Verteilungskonflikt<br />
werden zu lassen. Generationengerechtigkeit bedeutet insbesondere<br />
in Zeiten des Wandels, der Umbrüche und Umwertungen, der nächsten<br />
Generation einen modernen, nachhaltigen und produktiven Kapitalstock<br />
zu überlassen.<br />
Kreative Unternehmer sind die Wachstumstreiber<br />
Doch statt neues Wachstum durch klare und verlässliche Regulierung<br />
sowie Investitions- und Innovationsanreize zum Gegenstand<br />
unternehmerischer Aktivität zu machen, wird der Status quo politisch<br />
verteidigt. Es ist keinesfalls allein die Geldpolitik, die mit niedrigen<br />
Zinsen die Wirtschaft und die Gesellschaft in den Erhalt des<br />
Alten zwingt. Es ist der Mut der Politik und der Aufbruch der Gesellschaft,<br />
die neue Rendite schaffen. Der Ökonom Joseph A. Schumpeter<br />
wusste, wer Träger von Fortschritt ist: der kreative Unternehmer.<br />
Wachstum ist die Folge von Fortschritt.<br />
Wer kein Wachstum will, verhindert Fortschritt.<br />
Wer heute Wachstum und Marktwirtschaft<br />
für unvereinbar mit Klimaschutz und<br />
Gerechtigkeit hält, hat beide Konzepte nicht<br />
verstanden.<br />
Insbesondere die Politik kann im Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
die Weichen für ein Jahrzehnt des Fortschritts<br />
stellen. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt<br />
dafür, als jetzt damit zu beginnen.<br />
Prof. Dr. Henning<br />
Vöpel<br />
Geschäftsführer<br />
Hamburgisches<br />
WeltWirtschaftsInstitut<br />
gemeinnützige<br />
GmbH (HWWI)<br />
www.hwwi.org
18 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Wirtschaft, viel zahlen bitte!<br />
Der Strompreis in Deutschland jagt von einem Rekord zum nächsten. Während Verbraucher<br />
hierzulande im Schnitt rund 50 Prozent mehr als noch <strong>20</strong>07 zahlen, ächzt insbesondere der<br />
deutsche <strong>Mittelstand</strong> unter der Kostenlast. Für den Standort Deutschland ist das fatal.<br />
Alle Jahre wieder: Der Jahreswechsel ist stets auch die Zeit<br />
der Preiserhöhungen. Während die Fahrgäste der Deutschen<br />
Bahn diesmal nach Jahren erstmalig ungeschoren davonkommen,<br />
erwischt es einmal mehr die Stromkunden: Knapp 180<br />
Stromversorger haben bereits höhere Preise angekündigt.<br />
Damit wird sich auch im nächsten Jahr ein Trend fortsetzen, der<br />
längst Anlass zur Sorge gibt: Deutschland ist und bleibt Europameister<br />
der Stromrechnungen. Nicht nur private Verbraucher ächzen,<br />
auch viele Unternehmen trifft die anscheinend nicht enden wollende<br />
Aufwärts-Preisspirale hart.<br />
Erneuerbare Energieträger sind wirtschaftlich<br />
Gravierende Fehler der Bundesregierung bei der Umsetzung der<br />
Energiewende, insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG), sorgt für eben jene steigenden Umlagen und Netzgebühren,<br />
die die Stromversorger nun auch als Grund für ihre Preiserhöhungen<br />
nennen. Die EEG-Umlage war ursprünglich eingeführt worden, um<br />
den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu finanzieren.<br />
Doch inzwischen sind erneuerbare Energieträger längst auch ohne<br />
Subventionen wirtschaftlich. Soll die Energiewende erfolgreich sein,<br />
müssen wir weg von Planwirtschaft und Dauersubvention, die sich<br />
aus den staatlichen Aufschlägen wie etwa der EEG-Umlage speisen<br />
– und zugleich die Strompreise Jahr für Jahr weiter steigen lassen.<br />
Neben der EEG-Umlage werden zudem die Gebühren für die Stromnetze<br />
im kommenden Jahr weiter steigen – um mehrheitlich rund<br />
sechs Prozent. Bei den Industriestrompreisen liegt Deutschland im<br />
internationalen Vergleich mit 19 Cent pro Kilowattstunde ohnehin<br />
schon auf den vorderen Plätzen.<br />
Belastung für Unternehmen<br />
Entsprechend schlecht ist inzwischen die Stimmung in vielen Betrieben.<br />
Dort macht sich vielerorts Alarm-Stimmung breit. Laut einer<br />
aktuellen Studie schätzen nur noch 22 Prozent der befragten Mittelständler<br />
ihre Situation als „gut“ oder „besser“ ein. Das ist ein drastischer<br />
Rückgang innerhalb von nur sechs Monaten: Im Frühjahr <strong>20</strong>19<br />
waren es noch 71 Prozent.<br />
Im Gegensatz zu vielen energieintensiven Betrieben, die über die<br />
EEG-Ausnahmetatbestände befreit sind, treffen die hohen Strompreise<br />
die meisten Mittelständler mit voller Wucht. Nicht nur für sie<br />
ist der kontinuierliche Anstieg der Energiekosten der letzten Jahre<br />
fatal – sondern auch und besonders für den Standort Deutschland.<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> ist und bleibt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.<br />
Geht es ihm schlecht, hat dies auch Auswirkungen auf den<br />
Wirtschaftsstandort Deutschland. Immerhin stellen die kleinen und<br />
mittleren Unternehmen 99,4 Prozent aller deutschen Unternehmen<br />
und stehen gleichzeitig für 52 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten in Deutschland. Die meisten dieser Betriebe<br />
können im Gegensatz zu großen Konzernen nicht kurzerhand ihren<br />
Sitz ins Ausland verlegen.<br />
Politik muss handeln<br />
Und was tut die Bundesregierung? Die längst überfällige EEG-Novelle<br />
schiebt sie immer wieder aufs Neue hinaus, und auch weitere wesentliche<br />
Kostentreiber nimmt sie nicht ins Visier.<br />
Sorgenkind bleibt etwa auch das knappe Stromnetz. Wenn etwa<br />
im Jahr <strong>20</strong>22 das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht und zusätzlich<br />
sukzessive Deutschlands Kohlekraftwerke abgeschaltet<br />
werden, steigt bei sinkendem Anteil grundlastfähiger Energieträger<br />
somit auch die Notwendigkeit für Redispatch-Maßnahmen zur<br />
Stabilisierung des Stromnetzes. Aktuell schlagen diese mit jährlich<br />
1,5 Milliarden Euro zu Buche. Das sind Kosten, die wiederum auf die<br />
Netzentgelte umgelegt werden und die Strompreise zusätzlich zur<br />
EEG-Umlage weiter verteuern.<br />
Foto: © Mike_Kiev von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
19<br />
Bedrohung für kleine und<br />
mittlere Unternehmen<br />
Als energieintensives Unternehmen der Druckindustrie stellt die Entwicklung<br />
der Energiekosten eine sehr besorgniserregende Situation für<br />
uns dar. Unsere Stromkosten stiegen von <strong>20</strong>15 bis heute um 25 Prozent.<br />
Mit einem Anteil von 10 Prozent unserer Gesamtkosten gehören sie nach<br />
den Personalkosten zu einem unserer größten Kostenblöcke. Bei der<br />
Marktlage in der Branche werden diese rasanten Energiekostensteigerungen<br />
für viele mittelständische Unternehmen zu einer ernsten Bedrohung.<br />
Aufgrund der weiter sinkenden Nachfrage an Druckprodukten ist<br />
eine Umlage der Kosten auf die Verkaufspreise kaum noch möglich, was<br />
mittelfristig zu Stellenabbau und Schließungen im <strong>Mittelstand</strong> führen<br />
wird. In den vergangenen beiden Jahren war diese Entwicklung schon<br />
erkennbar.<br />
Zugleich kommt Deutschland beim Netzausbau noch immer nicht<br />
voran. Von den erforderlichen 7.700 Kilometern im deutschen Übertragungsnetz<br />
sind aktuell lediglich 1.100 Kilometer gebaut.<br />
Bei den Industriestrompreisen liegt<br />
Deutschland im internationalen Vergleich<br />
mit 19 Cent pro Kilowattstunde<br />
auf den vorderen Plätzen.<br />
Stromspeicher, die in dieser Engpass-Situation für eine wichtige Entlastung<br />
des Netzes sorgen könnten, unterliegen immer noch einer<br />
steuerlichen Doppelbelastung. Zwar gibt es die EU-Strommarktrichtlinie,<br />
die eine Beendigung dieser steuerlichen Doppelbelastung<br />
vorsieht, aber die Bundesregierung scheint eine zügige Umsetzung<br />
in nationales Recht nicht für nötig zu halten. Auch dies ist eine weitere<br />
verpasste Chance, um durch Speicher die knappen Stromnetze zu<br />
entlasten und somit den Strompreis zu senken.<br />
Gut zu wissen<br />
Steffen Seifert<br />
Geschäftsführer Möller Druck und Verlag<br />
GmbH<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.moeller-mediengruppe.de<br />
Statt die Diskussion um Erneuerbare Energien lediglich auf Wind und<br />
Sonne zu verengen, fordere ich einen Wettbewerb emissionsarmer<br />
Energieträger. Denn Energiewende funktioniert nur nach ganzheitlichem<br />
Ansatz, der eben auch beinhaltet, Strom nicht nur umzuwandeln,<br />
sondern ihn auch von A nach B zu transportieren.<br />
Bleibt die gesellschaftliche Debatte jedoch dermaßen emotional und<br />
aufgeheizt, ohne dass genau diese Fakten endlich eine größere Rolle<br />
spielen, wird Deutschland nicht nur weiter seine Klimaziele verfehlen,<br />
sondern zugleich auch mit dem <strong>Mittelstand</strong> den Standort Deutschland<br />
abwürgen.<br />
Doch soweit muss es nicht kommen. Dafür kämpfe ich!<br />
Foto: © Achim Melde<br />
Neben dem politischen Willen, nun endlich das Richtige zu tun, um<br />
insbesondere Deutschlands <strong>Mittelstand</strong> von explodierenden Stromkosten<br />
zu entlasten, brauchen wir vor allem den Mut zu Innovationen.<br />
Wettbewerb emissionsarmer Energieträger<br />
Neben verstärkten Anstrengungen für Forschung und Entwicklung<br />
moderner Technologien muss der Fokus künftig noch viel stärker<br />
auf intelligenten Netzen und dezentralen Lösungen liegen. Zudem<br />
muss endlich Schluss sein mit unsinnigen Forderungen, weiter ungebremst<br />
Wind und Solar zuzubauen. Stattdessen muss das Prinzip<br />
der Technologieoffenheit gelten. Nur so können sich auf marktwirtschaftlicher<br />
Basis die besten Ideen und Innovationen durchsetzen.<br />
n 180 Stromversorger haben höhere Preise<br />
angekündigt<br />
n Neben der EEG-Umlage werden die Gebühren<br />
für Stromnetze um mehrheitlich<br />
sechs Prozent steigen<br />
n Von den erforderlichen 7.700 Kilometern<br />
im deutschen Übertragungsnetz sind<br />
aktuell lediglich 1.100 Kilometer gebaut<br />
n Fokus muss künftig noch stärker auf<br />
intelligenten Netzen und dezentralen<br />
Lösungen liegen<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Martin Neumann,<br />
MdB<br />
Sprecher für<br />
Energiepolitik der<br />
FDP-Bundestagsfraktion<br />
www.bundestag.de
<strong>20</strong> DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Grundsteuerreform:<br />
Sorgen und Hoffnungen<br />
des <strong>Mittelstand</strong>s<br />
Nach monatelangen Verhandlungen hat der Bundesrat im November <strong>20</strong>19 die umstrittene Reform<br />
der Grundsteuer angenommen. Damit tritt das Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung<br />
und Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts wie geplant in Kraft: Ab <strong>20</strong>25 berechnen<br />
die Bundesländer die Grundsteuer nach neuem System.<br />
Es war eine lange Hängepartie – doch nun kommt die Reform<br />
der Grundsteuer. Entgegen allen Bedenken aus Wirtschaft<br />
und Wissenschaft hat der Bundesrat den Plänen von Bundesfinanzminister<br />
Olav Scholz zugestimmt. Mit Einnahmen von rund<br />
14 Milliarden Euro jährlich gehört die Grundsteuer zu den wichtigsten<br />
kommunalen Steuereinnahmequellen. Hintergrund der Änderungen<br />
ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April <strong>20</strong>18,<br />
das die bisherige Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig<br />
erklärt. Diese orientierte sich bisher an veralteten Einheitswerten<br />
von 1935 für Ostdeutschland und von 1964 für Westdeutschland. Die<br />
Verfassungsrichter verlangten vom Gesetzgeber deshalb, bis zum<br />
31. Dezember <strong>20</strong>19 eine Neuregelung zu treffen. Bis die Länder das<br />
neue System anwenden müssen, besteht jedoch bis zum 31. Dezember<br />
<strong>20</strong>24 eine Übergangsfrist.<br />
Auch kleine und mittlere Unternehmen<br />
müssen im Bundesmodell ihre<br />
Immobilien aufwendig neu bewerten.<br />
zum Teil bereits angekündigt, ein wertunabhängiges Modell vorzuziehen.<br />
So hat Bayern von Anfang an betont, die Grundstücksfläche<br />
als entscheidenden Faktor zur Berechnung der Grundsteuer heranzuziehen.<br />
Nun liegt es an den Ländern, für Bürger und Unternehmen<br />
ein bürokratiearmes System zu schaffen, das zu keinen höheren Belastungen<br />
führt.<br />
Wertabhängiges Scholz-Modell:<br />
Chance auf Bürokratieabbau vertan<br />
Die Grundsteuer wird sich weiterhin am Wert eines Grundstücks orientieren.<br />
Das von Scholz eingebrachte Modell sieht jedoch nicht nur<br />
vor, künftig aktuellere Daten heranzuziehen. Darüber hinaus sollen<br />
Werte wie die Nettokaltmiete, das Baujahr, die Wohnfläche, der Bodenrichtwert<br />
und die Grundstücksfläche als Berechnungsgrundlage<br />
dienen. Heißt: Etwa 36 Millionen Grundstücke und Häuser müssen<br />
neu bewertet werden.<br />
Der Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC), der<br />
sich als Gründungsmitglied gemeinsam mit 34 Partnerverbänden in<br />
der <strong>Mittelstand</strong>sallianz für eine mittelstandsfreundliche Gesetzgebung<br />
engagiert, sieht in der Reform eine vertane Chance, Bürokratie<br />
abzubauen. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen im Bundesmodell<br />
ihre Immobilien aufwendig neu bewerten. Aber nicht nur<br />
für diese bedeutet die Reform ein Plus an Kosten und Aufwand. Der<br />
administrative Aufwand wird ebenso in den Finanzämtern zu einem<br />
deutlich gesteigerten Personalaufwand führen.<br />
Öffnungsklausel für Bundesländer<br />
Mit einer zusätzlichen Änderung des Grundgesetzes hat die große<br />
Koalition eine Grundlage geschaffen, die es den Bundesländern ermöglicht,<br />
ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Diese haben<br />
Gut zu wissen<br />
Übergangsfrist: Die neuen Regelungen gelten ab dem 1. Januar <strong>20</strong>25<br />
Wertabhängiges Modell: Die Berechnungsmethode von Wert x<br />
Steuermesszahl x Hebesatz bleibt. Neben dem Bodenrichtwert zählen<br />
künftig u. a. aber auch Nettokaltmiete, Baujahr und Fläche<br />
„Grundsteuer C“ wieder eingeführt: Gemeinden können einen erhöhten<br />
Hebesatz für unbebaute, baureife Grundstücke festlegen. Ziel: weniger<br />
Spekulation, mehr Wohnraum<br />
Öffnungsklausel: Die Bundesländer können abweichende Regelungen<br />
einführen<br />
Aufkommensneutralität: Das Volumen der Grundsteuer soll nicht steigen<br />
Kenan Häberle<br />
Stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbands<br />
der Bilanzbuchhalter und Controller<br />
www.bvbc.de<br />
Foto: © ephyr18 von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
21
22 DEUTSCHLAND<br />
<strong>Mittelstand</strong>spräsident im Dialog<br />
Als gefragter Keynote-Speaker, mit der Teilnahme an zahlreichen<br />
Veranstaltungen und in Gesprächen mit hochkarätigen Persönlichkeiten<br />
aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
öffnet Mario Ohoven im In- und Ausland Türen für den unternehmerischen<br />
<strong>Mittelstand</strong>. Hier eine kleine Auswahl hochrangiger<br />
Treffen:<br />
Mit Partnern der <strong>Mittelstand</strong>sallianz im Gespräch mit Dr. Carsten Linnemann,<br />
Vorsitzender der <strong>Mittelstand</strong>s- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU.<br />
Politik trifft Praxis<br />
In der Bundeszentrale des BVMW sprachen Mario Ohoven und<br />
Partner der <strong>Mittelstand</strong>sallianz mit Dr. Carsten Linnemann, stellvertretender<br />
Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und<br />
Vorsitzender der <strong>Mittelstand</strong>s- und Wirtschaftsunion der CDU/<br />
CSU. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen aktuelle Herausforderungen<br />
des <strong>Mittelstand</strong>s sowie die Forderungen der Allianz an<br />
die Politik.<br />
Ein Arbeitstag von Mario Ohoven:<br />
Antrittsbesuch der<br />
Botschafterin Serbiens<br />
Mario Ohoven begrüßte die neue Botschafterin Serbiens, I.E. Dr.<br />
Snežana Janković, in Berlin. Die 49-Jährige vertritt seit Ende <strong>20</strong>19<br />
den mitteleuropäischen Staat in der Bundesrepublik. Janković<br />
leitete zuvor die Botschaft Serbiens in der Schweiz und war unter<br />
anderem in Japan im Einsatz. Seit Jahren zählt Deutschland zu<br />
den wichtigsten Handelspartnern Serbiens.<br />
So betrug das Handelsvolumen<br />
<strong>20</strong>18 rund 4,7 Milliarden Euro – ein<br />
Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum<br />
um fast zehn Prozent.<br />
Mario Ohoven begrüßte die Botschafterin<br />
Serbiens in Deutschland,<br />
I. E. Dr. Snežana Janković ...<br />
Handel mit der Türkei<br />
Deutschland ist mit seinem starken <strong>Mittelstand</strong> der wichtigste<br />
Handelspartner der Türkei. Zudem investieren deutsche Unternehmen<br />
rund 12,9 Milliarden Euro in der Türkei; die Investitionen<br />
türkischer Unternehmen<br />
in Deutschland belaufen<br />
sich auf rund 1,8 Milliarden<br />
Euro. Vor dem Hintergrund<br />
dieser wichtigen<br />
Wirtschaftsbeziehungen<br />
sprach Mario Ohoven mit<br />
dem türkischen Botschafter,<br />
S. E. Ali Kemal Aydın.<br />
… und den Botschafter der<br />
Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın.<br />
Einsatz für die Bildung<br />
Dr. Franziska Giffey, Bundesministerin für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend, empfing die Bildungsallianz des Mittel stands<br />
zu einem Austausch über frühkindliche Bildung, Stärkung der beruflichen<br />
Bildung und Ganztagsbetreuung. Mario Ohoven machte<br />
dabei deutlich: „Drei Millionen junge Menschen studieren, aber<br />
nur rund 1,1 Millionen befinden sich in einer Ausbildung.“ Eine<br />
Stärkung der mittleren Schulabschlüsse sei deshalb essenziell,<br />
um dem Fachkräfteman gel im <strong>Mittelstand</strong> zu begegnen.<br />
Die Bildungsallianz des <strong>Mittelstand</strong>s mit Bundesministerin Dr. Franziska Giffey<br />
(5. v. re.).
EKT EKP<br />
ECB EZB EKT EKP<br />
ECB<br />
EKT<br />
EZB<br />
EKT<br />
EKP<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
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DEUTSCHLAND<br />
23<br />
Das Unternehmermagazin des BVMW.<br />
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3/<strong>20</strong>19 | Juni / Juli <strong>20</strong>19 | 4,90 Euro<br />
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3/<strong>20</strong>19 | Juni / Juli <strong>20</strong>19 Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Steuern<br />
Der gierige Steuerstaat<br />
Berufliche Bildung<br />
wieder stärken<br />
S. 14<br />
10 Punkte gegen<br />
den Abschwung<br />
S. 32<br />
1/<strong>20</strong>18 | Februar / März <strong>20</strong>18 | 4,90 Euro<br />
Die Parteien – vor allem die der Gro-<br />
Ko – haben den Jahresbeginn für ein<br />
wahres Feuerwerk an Forderungen<br />
genutzt. So kam aus der neuen SPD-Führung<br />
die Forderung nach einer Bodenwertzusatzsteuer,<br />
nach Erhöhung der Rentenbeiträge<br />
für Gutverdienende und nach einer<br />
kräftigen Erhöhung des Mindestlohns. Die<br />
CSU wiederum brachte einen Altersvorsorgefonds<br />
ins Spiel, in den für jedes Kind bis<br />
zum 18. Lebensjahr jeden Monat 100 Euro<br />
eingezahlt werden. Vor allem aber erregte<br />
Markus Söder Aufsehen mit seiner Forderung<br />
nach einer Kabinettsumbildung<br />
– die die Kanzlerin prompt ablehnte, für die<br />
er jedoch vorsichtige Unterstützung von<br />
der CDU-Chefin bekam. Annegret Kramp-<br />
Karrenbauer wiederum setzte sich für die<br />
Einrichtung eines Digitalministeriums und<br />
der CDU-Wirtschaftsrat für die weitere Senkung<br />
des Arbeitslosenbeitrags ein.<br />
Man gewinnt den Eindruck, in der GroKo fordert<br />
fast jeder, was ihm gerade in den Sinn<br />
kommt, zum Beispiel die Absage des Dschungel-Camps<br />
wegen der Brände in Australien.<br />
Den Bürgern aber wird ganz schwindelig angesichts<br />
des sich immer schneller drehenden<br />
Forderungs-Karussells. Wer was und<br />
wann genau gefordert hat – selbst professionelle<br />
Beobachter des Politikbetriebs verlieren<br />
den Überblick. Das macht aber nichts,<br />
denn mehrheitsfähig ist ohnehin so gut wie<br />
nichts in der GroKo, da Union und SPD sich<br />
gegenseitig keine Erfolge gönnen – je näher<br />
der Wahltermin rückt, um so weniger.<br />
Der Unsinn hat mehr Methode als man zunächst<br />
denkt. Die steilen Ideen und spektakulären<br />
Forderungen zum Jahreswechsel<br />
lenken vortrefflich davon ab, dass sich in der<br />
Realität so gut wie nichts mehr bewegt (von<br />
der Klimapolitik einmal abgesehen). Der politische<br />
Betrieb rast, doch in der politischen<br />
Wirklichkeit herrscht weitgehend Stillstand.<br />
Nur ein Beispiel: Von einer Unternehmenssteuerreform<br />
wird seit langem geredet, aber<br />
es liegt nicht einmal in Ansätzen ein Konzept<br />
auf dem Tisch.<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> und die Wirtschaft generell<br />
haben in der Politik schon seit langem nur einen<br />
geringen Stellenwert. Sie haben in den<br />
Augen der Mehrheit der Politiker lediglich die<br />
Funktion, ausreichend Steuern abzuliefern,<br />
die dann an das jeweilige Klientel verteilt werden<br />
können. Denn je mehr Geld verteilt wird,<br />
um so mächtiger fühlt sich die Politik. Dass<br />
Marktwirtschaft, Unternehmertum und Freiheit<br />
untrennbar miteinander verbunden sind,<br />
wollen viele nicht wahrhaben. Die Kosten<br />
dieses politischen Versagens sind hoch und<br />
werden jeden Tag höher.<br />
Michael Backhaus<br />
Journalist<br />
BVMW Berater Medien<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Innovationen<br />
5/<strong>20</strong>18 | Oktober / November <strong>20</strong>18 Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Personal<br />
<strong>20</strong> Jahre<br />
BVMW-Präsident<br />
Mario Ohoven<br />
S. 10<br />
Chancenkontinent<br />
Afrika<br />
S. 8<br />
Mit neuen<br />
Ideen in die<br />
Zukunft<br />
BVMW Unternehmerumfrage:<br />
<strong>Mittelstand</strong> optimistisch<br />
S. 8<br />
Fachkräftesicherung<br />
im Fokus<br />
S. 28<br />
Nachhaltig zum<br />
Arbeitsplatz<br />
S. 34<br />
Wie pflegende Mitarbeiter<br />
gehalten werden<br />
S. 50<br />
Innovationskraft<br />
stärken<br />
S. 38<br />
Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Personal<br />
5/<strong>20</strong>18 | Oktober / November <strong>20</strong>18 | 4,90 Euro<br />
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24 EUROPA<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Europa<br />
News<br />
Klimaschutz:<br />
Chance für Bauwirtschaft<br />
Schon im Frühjahr will die EU ein Gesetzespaket zum Klimaschutz<br />
vorlegen. Für die Wirtschaft in Europa und Deutschland sei das eine<br />
Chance, neue Schlüsseltechnologien für den Klimaschutz zu entwickeln<br />
und sich weltweit eine Führungsposition zu sichern, meint der<br />
grüne Europaparlamentarier Sven Giegold. Eine Schärfung der Klimaschutzziele<br />
bedeute, dass völlig neue Herausforderungen auf die<br />
Bauwirtschaft und den Wohnungsbau zukämen. Giegold prognostiziert:<br />
„Wir werden mit Sicherheit eine große Diskussion bekommen,<br />
um so etwas wie eine Bauwende einzuleiten.“ Immerhin gehe es um<br />
den kompletten Lebenszyklus eines Gebäudes, bei dem der Aufwand<br />
der Herstellung, die Entsorgung, die Recyclingfähigkeit und<br />
der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen eine Rolle spielten. Es sei<br />
Zeit für ein Investitionsprogramm, weil die Zinsen niedrig seien und<br />
sich die Konjunktur abkühle, so der Europaabgeordnete.<br />
www.sven-giegold.de<br />
Bankkunden werden belastet<br />
Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich in einem Gastbeitrag<br />
für die „Financial Times“ für eine europäische Einlagen-Rückversicherung<br />
ausgesprochen, sie „würde die Widerstandsfähigkeit<br />
nationaler Einlagensicherungen bedeutend stärken“. Sparkassen<br />
und Volksbanken wehren sich seit Jahren gegen einen<br />
solchen Mechanismus. Einmal, weil nach ihrer Meinung die nationalen<br />
Sicherungssysteme völlig ausreichen, und vor allem,<br />
weil sie nicht wollen, dass sie und ihre Kunden im Zweifel für<br />
europäische Krisenbanken haften. Es wird daran erinnert, dass<br />
die Finanzkrise, die der Anlass für die Bankenunion war, nicht<br />
von Sparkassen und Volksbanken ausgelöst worden sei. Kritik<br />
zum Vorschlag kommt auch von der FPD. Der Scholz-Plan zur<br />
Einlagensicherung sei ein neuer Umverteilungstopf. „Egal, wie<br />
man ihn nennt und ausgestaltet, er mündet in zusätzliche Belastungen<br />
für die Bankkunden“, sagt MdB Florian Toncar,<br />
Finanzexperte der Liberalen.<br />
www.bvr.de oder www.dsgv.de<br />
Riegel gegen Steuerbetrug<br />
Eine umfassende Reform des Mehrwertsteuersystems soll<br />
EU-weiten Betrügereien ein Ende bereiten. Künftig fordert das<br />
Umsatzsteuergesetz unmissverständlich eine dem Lieferanten<br />
vom Abnehmer mitgeteilte und im Zeitpunkt der Lieferung gültige<br />
Identifikationsnummer des anderen Mitgliedstaates. Organisierte<br />
Verbrecher prellen europäische Steuerbehörden jährlich<br />
um rund 50 Milliarden Euro, wobei die Täter Umsatz- oder<br />
Mehrwertsteuerkarusselle nutzen, bei denen sie die Besteuerung<br />
umgehen oder unrechtmäßig Vorsteuer geltend machen.<br />
Um das europäische Mehrwertsteuersystem weniger betrugsanfällig<br />
zu machen, verlagert sich ab Mitte <strong>20</strong>22 der für die Besteuerung<br />
maßgebliche Ort einer innergemeinschaftlichen Lieferung<br />
in das Bestimmungsland.<br />
www.roedl.de<br />
Auslandspraktika haben Sinn<br />
Immer mehr ausbildende Unternehmen<br />
erkennen die vielfältigen Vorteile eines<br />
Auslandspraktikums. Der Europäische<br />
Bildungsverbund vermittelt Praktikumsbetriebe<br />
im EU-Ausland und ist auch bei der<br />
Suche nach Unterkünften in Gastfamilien<br />
behilflich. Interessenten müssen 18 Jahre<br />
alt sein, sich in einer dualen Berufsausbildung<br />
befinden und als EU-Staatsbürger gemeldet sein. Erfahrungsgemäß<br />
wählen die meisten Teilnehmer einen Praktikumszeitraum<br />
von zwei bis sechs Wochen. Danach haben sie ihre Fremdsprachenkenntnisse<br />
verbessert, neue Arbeitserfahrungen gesammelt<br />
und eventuell eine ausländische Niederlassung oder eine Partnerfirma<br />
kennengelernt. Eine Eigenbeteiligung in Höhe von 300 bis<br />
650 Euro (abhängig vom gewählten Zielland) ist von jedem Teilnehmer<br />
zu erbringen.<br />
www.auslandspraktikum-europa.de<br />
Unternehmen<br />
Fotos: © archideaphoto von www.istockphoto.com; © Andrey Popov von www.stock.adobe.com; © Eva-Katalin von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> EUROPA 25<br />
Onlinekredite für <strong>Mittelstand</strong><br />
Der Europäische Investitionsfonds (EIF) investiert in Deutschland<br />
30 Millionen Euro in kleine und mittlere Unternehmen und beteiligt<br />
sich damit als Ankerinvestor an einem neuen Kreditfonds, der<br />
creditshelf Aktiengesellschaft, einem Vorreiter der Onlinefinanzierung<br />
mittelständischer Unternehmen hierzulande. „Kleine und mittlere<br />
Unternehmen sind die wichtigsten Motoren für die Wirtschaft<br />
der EU. Dank der Investition des EIF im Rahmen des Juncker-Plans<br />
können 150 deutsche KMU Wachstumsfinanzierungen beantragen“,<br />
sagte der zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis.<br />
Insgesamt sollen bis zu 150 Millionen Euro zusammenkommen.<br />
Die Investition des EIF ist durch den Europäischen Fonds für strategische<br />
Investitionen (EFSI) besichert.<br />
Etikettenschwindel<br />
Nach fast zehnjähriger Diskussion einer Finanztransaktionssteuer<br />
wird der konkrete Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz<br />
heftig kritisiert. Optionsscheinhandel, Hebelgeschäfte oder Derivate,<br />
alle riskanten Finanzgeschäfte bleiben außen vor. Von Linkspartei<br />
bis FDP ist die Kritik einhellig: Etikettenschwindel. Zehn EU-Länder<br />
wollen sich nun auf diese neue Steuer verständigen, das sind neben<br />
Deutschland auch Belgien, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien,<br />
Griechenland, Portugal, Slowakei und Slowenien. Bei jedem Aktienkauf<br />
soll ab <strong>20</strong>21 eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen, wenn es sich<br />
um Aktien von Unternehmen mit Sitz im jeweiligen Land handelt und<br />
sie einen Marktwert von über einer Milliarde Euro haben. Mit den Einnahmen<br />
will Scholz die beschlossene Grundrente finanzieren.<br />
www.creditshelf.de oder www.eif.org<br />
www.finanztransaktionssteuer.de<br />
Fotos: © weyo von www.stock.adobe.com; © Rallef von www.istockphoto.com; © BillionPhotos.com von www.stock.adobe.com<br />
PKM Europe: Führung bestätigt<br />
Der Parlamentskreis<br />
<strong>Mittelstand</strong> Europe<br />
der CDU/CSU-Gruppe<br />
im Europäischen<br />
Parlament (PKM Europe)<br />
hat sich für<br />
die neue Legislaturperiode<br />
konstituiert.<br />
Die Europaabgeordneten<br />
Markus<br />
Pieper (Münsterland)<br />
und Markus<br />
Ferber (Augsburg) wurden als Sprecher wiedergewählt. Die<br />
PKM-Sprecher sagten: „Ein zentrales Anliegen des PKM Europe<br />
ist es, den <strong>Mittelstand</strong> von Bürokratie und Berichtspflichten zu<br />
entlasten. Das angekündigte Bürokratieabbau-Werkzeug, „One<br />
in, one out“, und der KMU-Filter sind vielversprechende Kommissionsvorschläge,<br />
die wir mit konkreten Entlastungen für<br />
Mittelständler füllen müssen“. Siehe Seite 27.<br />
www.markus-pieper.eu<br />
Warnung vor Plagiatoren<br />
Jedes zehnte Unternehmen ist in den letzten fünf Jahren mindestens<br />
einmal Opfer von Produkt- und Markenpiraterie geworden.<br />
Den dadurch entstandenen Schaden beziffert das Institut<br />
der deutschen Wirtschaft in einem aktuellen Gutachten auf<br />
54,5 Milliarden Euro. Ursache für diese Entwicklung ist nicht<br />
zuletzt die Digitalisierung: Für Plagiatoren ist es einfacher denn<br />
je, ihre Ware auch in Deutschland zu vertreiben. Umso wichtiger<br />
ist es, dass Hersteller ihre Produkte gegen Raubkopierer<br />
schützen und dazu die Instrumente des gewerblichen Rechtsschutzes<br />
– u. a. Marken-, Design-, und Patentrechte – nutzen.<br />
Eine Patentanmeldung kann mitunter teuer werden, aber ein<br />
Markenschutz ist schon für kleines Geld zu haben. „Ab 850 Euro<br />
lässt sich eine Marke zehn Jahre lang europaweit schützen“,<br />
sagt Alexander Dröge, Geschäftsführer des Markenverbandes.<br />
Diese Summe könnten auch kleinere Unternehmen investieren.<br />
Präventiv ist ein Grenzbeschlagnahmeantrag beim Zoll wichtig.<br />
Nur so kann verdächtigte Ware aus dem Verkehr gezogen und<br />
gegebenenfalls vernichtet werden.<br />
www.markenverband.de
26 EUROPA<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Start mit Tusch –<br />
und was kommt danach?
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
EUROPA<br />
27<br />
Die neue EU-Kommissionschefin hat eine Reihe vollmundiger Versprechen abgegeben. Vielleicht<br />
auch zu viele. Einige ihrer Versprechen irritieren.<br />
Foto: © European Union, <strong>20</strong>19 von EC - Audiovisual Service; Etienne Ansotte<br />
Von den Startproblemen der neuen EU-Kommission war plötzlich<br />
keine Rede mehr. Eine Ursula von der Leyen ist Meisterin<br />
darin, jedes Malheur (wie die Ablehnung von drei Kommissar-Anwärtern)<br />
wegzulächeln. Anfang Dezember <strong>20</strong>19 trat sie vor<br />
die Kameras, flankiert von Parlamentspräsident David Mario Sassoli,<br />
dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, und der<br />
EZB-Präsidentin Christine Lagarde, um ein mediales Zeichen zu setzen:<br />
Das sind Europas neue Schwergewichte! Es war ein Auftritt, mit<br />
dem die deutsche Langzeitministerin (14 Amtsjahre in drei Ressorts)<br />
ihre Unerfahrenheit auf EU-Ebene trefflich überspielte und zugleich<br />
unterstrich, dass es ihr an Selbstvertrauen nicht mangelt, wie Zitate<br />
aus ihrer ersten präsidialen Rede belegen: „Die Welt braucht unsere<br />
Führung mehr denn je. Meine Kommission wird sich nicht scheuen,<br />
selbstbewusst und bestimmt aufzutreten. Doch werden wir es auf<br />
unsere, die europäische Art tun. Dies ist eine geopolitische Kommission,<br />
die ich im Sinn habe und die Europa dringend braucht.“<br />
Konflikte programmiert<br />
Niemand bezweifelt, dass die auf dem Tisch liegenden Probleme wie<br />
Klimawandel, Zollstreit, Migrationspakt, Afrikapolitik oder Digitales<br />
eine erhebliche geopolitische Dimension haben. Aber bei all diesen<br />
Themen muss erst bewiesen werden, ob die EU so handlungsfähig<br />
ist, wie sie sein sollte. Und die neuen Brüsseler Machtverhältnisse<br />
machen die Suche nach tragfähigen Kompromissen nicht gerade<br />
leichter. Eine wichtige Scharnierfunktion kommt dabei den drei<br />
exekutiven Vizepräsidenten zu, die in ihren verschiedenen Parteifamilien<br />
das Machbare ausloten sollen. Der Sozialdemokrat Frans<br />
Timmermans, die Liberale Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis<br />
aus der Europäischen Volkspartei sind nicht nur als Fachpolitiker<br />
(Green Deal, Digitales und Wirtschaft) gefordert, sondern vor<br />
allem als Mediatoren und Vermittler zwischen parteipolitischen Fronten.<br />
Auf deren Kreativität und Können ist die neue Kommissionspräsidentin<br />
angewiesen. Zusätzlich wächst die Phalanx unberechenbarer<br />
Staatschefs wie aus Ungarn und Polen. Und auch Macron hat bei<br />
der Mazedonien-Abstimmung bewiesen, wie sehr er sich an nationalen<br />
Interessen orientiert. Die Konflikte sind hier programmiert.<br />
Werden rote Linien überschritten?<br />
Es liegt auf der Hand, dass die neue Kommission sich mit voller Kraft<br />
dem Klimaschutz zuwendet. Abgesehen von der Dringlichkeit erkennen<br />
viele darin eine Chance zur medienwirksamen Profilierung. Das<br />
Ziel, Europa im Jahr <strong>20</strong>50 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu<br />
machen, liegt ja in weiter Ferne. Aber Achtung, schon im Frühjahr<br />
wird dazu ein Gesetzespaket aus Brüssel erwartet. Kritische Stimmen<br />
aus der Wirtschaft sind noch überraschend leise. Erheblich lauter<br />
ist der Protest, wenn es um sozial- oder finanzpolitische Themen<br />
geht, bei denen von der Leyen gewillt scheint, rote Linien – wie sie<br />
besonders von deutscher Seite gezogen werden – zu überschreiten.<br />
Mit ihren Forderungen nach Flexibilität in der Finanzpolitik und<br />
bei der Verschuldung, für eine Bankenunion mit Einlagensicherung,<br />
für eine europäische Arbeitslosenversicherung und für europäische<br />
Mindestlöhne hat sie sich weit von den marktwirtschaftlichen Positionen<br />
ihrer eigenen Partei entfernt.<br />
Hoffnungsträger Breton<br />
Vorbeugend setzen mittelstandsorientierte Europaabgeordnete der<br />
EVP auf die Unterstützung eines liberalen Kommissars, um Schlimmeres<br />
zu verhindern. Es ist der Franzose Thierry Breton, der jetzt für<br />
das Herzstück der EU, den Binnenmarkt, zuständig ist und zugleich<br />
als KMU-Beauftragter agiert. Der 64-jährige Politiker, der als durchsetzungsstark<br />
gilt, hat bereits Gespräche mit dem Parlamentskreis<br />
<strong>Mittelstand</strong> (PKM Europe) geführt. Dabei war man sich einig, dass<br />
zentralistische Maßnahmen wie etwa ein EU-Mindestlohn die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der EU schwächen würden. Breton will den Bürokratieabbau<br />
und die Ausrichtung der Binnenmarktregeln auf kleine<br />
und mittlere Unternehmen vorantreiben. Die Arbeit des neuen<br />
KMU-Beauftragten<br />
soll von einer Task-<br />
Force, bestehend<br />
aus den Teams von<br />
drei Generaldirektionen,<br />
unterstützt werden.<br />
MdEP Dr. Markus<br />
Pieper, Sprecher<br />
des Parlamentskreises,<br />
lobt den Querschnittsansatz:<br />
„Wir<br />
setzen große Hoffnungen<br />
in die Strategie<br />
des neuen Kommissars,<br />
denn die Anliegen des <strong>Mittelstand</strong>es ziehen sich durch<br />
die gesamte EU-Gesetzgebung.“ Außerdem ist Breton für eines der<br />
wichtigsten Gesetzesvorhaben der neuen Kommission verantwortlich:<br />
das Gesetz für die Digitalwirtschaft. Dabei geht es darum, Europa<br />
in diesen Branchen voranzubringen und den Traum von der „europäischen<br />
Wolke“ Realität werden zu lassen. Ganz oben steht der<br />
Wunsch nach mehr Unabhängigkeit. Die vorhandenen Cloudnetze<br />
gehören fast alle zu US-amerikanischen Konzernen, Google & Co dominieren<br />
75 Prozent des Marktes. Auch hier muss Europa wettbewerbsfähiger<br />
werden – eine Leitlinie, von der die gesamte Kommissionspolitik<br />
dominiert werden sollte.<br />
Gut zu wissen<br />
Die politische Ämterverteilung:<br />
Zehn der 27 EU-Kommissare kommen aus<br />
der Europäischen Volkspartei, neun aus der<br />
Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)<br />
und sechs aus der ALDE, Allianz der Liberalen<br />
und Demokraten für Europa. Der Kommissar<br />
aus Litauen gehört zu den Europäischen Grünen<br />
und der aus Polen zu den Europäischen<br />
Konservativen und Reformern (EKR). Es gibt<br />
drei exekutive Vizepräsidenten (s. o.) und<br />
fünf weitere Vizepräsidenten.<br />
EU-Kommissar Thierry Breton kümmert sich auch<br />
um KMU und soll sozialpolitischen Dirigismus verhindern.<br />
Rotger<br />
Kindermann<br />
Journalist<br />
mittelstand@<br />
bvmw.de
28 INTERNATIONAL<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Zukunftsmarkt Afrika<br />
Zwölf Staats- und Regierungschefs der afrikanischen Partnerländer der G<strong>20</strong>-Initiative „Compact<br />
with Africa“ (CwA) trafen sich zum zweiten Mal im Ende <strong>20</strong>19 in Berlin. Die <strong>Mittelstand</strong>sallianz<br />
Afrika (MAA) des BVMW nutzte dieses Zusammentreffen und organisierte exklusive Treffen.<br />
Die Staats- und Regierungschefs der weltweit bedeutendsten<br />
Industrie- und Schwellenländer der G<strong>20</strong> haben sich im September<br />
<strong>20</strong>09 in Pittsburgh über den „Framework for Strong,<br />
Sustainable and Balanced Growth“ dazu verpflichtet, sich durch internationale<br />
wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenarbeit für<br />
ein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstum der Weltwirtschaft<br />
einzusetzen. Der Einsatz der Bundesregierung trug dazu<br />
bei, die Entwicklungspolitik in die Tätigkeitsschwerpunkte der G<strong>20</strong><br />
zu verankern. Im Jahr <strong>20</strong>17 war unter der deutschen G<strong>20</strong>-Präsidentschaft<br />
die Initiative „Compact with Africa“ ins Leben gerufen worden.<br />
Ziel der Initiative ist, die Bedingungen für private Investitionen<br />
und Beschäftigungsmöglichkeiten der teilnehmenden afrikanischen<br />
Länder zu verbessern.<br />
Dem „Compact Monitoring Report“ zufolge, der die Fortschritte<br />
der CwA-Länder bewertet und im April <strong>20</strong>19 veröffentlicht wurde,<br />
sind bereits zwei Muster zu erkennen. Zum einen übertreffen<br />
die CwA-Länder die globalen und regionalen Wachstumsprognosen<br />
deutlich, zum anderen zeigen die Ergebnisse des „Doing Business“,<br />
dass diese Länder sich weiter sehr stark auf die Fortsetzung<br />
der relevanten unternehmensbezogenen Reformen konzentrieren.<br />
In den letzten Jahren waren fast alle CwA-Länder in der Gruppe der<br />
Top-Ten-Reformer vertreten.<br />
Gemeinsam für Afrika<br />
Im Rahmen des G<strong>20</strong>-CwA-Gipfels konnte die MAA exklusiv sieben<br />
Staats- und Regierungschefs unter anderem der Länder Burkina Faso,<br />
Elfenbeinküste, Senegal und Togo treffen, um die weitere Zusammenarbeit<br />
zu intensivieren. Auch organisierte die MAA eine exklusive<br />
Abendveranstaltung, die gemeinsam mit wichtigen Vertretern der togolesischen<br />
Regierung und der Wirtschaft Geschäftsmöglichkeiten<br />
für Mittelständler in Togo präsentierte. Die Treffen boten MAA-Mitgliedern<br />
die Chance, mit den richtigen Ansprechpartnern persönlich<br />
in Kontakt zu treten. Dieser Austausch soll dazu dienen, die<br />
<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven hat im<br />
Rahmen des G<strong>20</strong>-CwA-Gipfels exklusiv sieben<br />
afrikanische Staats- und Regierungschefs getroffen.<br />
Den ausführlichen Bericht zu den Treffen<br />
finden Sie (in Deutsch und Englisch) unter:<br />
https://bvmw.info/maa-bericht<br />
Geschäfte der Mitglieder in den jeweiligen Zielländern zu erleichtern<br />
und zu beschleunigen und einen schnelleren Markteintritt zu ermöglichen.<br />
Seit Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> unterstützt Dr. Katharina Spethmann im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung (BMZ) die MAA als EZ-Scout in Machbarkeitsstudien,<br />
Markterschließungen und Förderprogrammen und berät bei der Entwicklung<br />
der im November <strong>20</strong>19 gegründeten „Task Force Senegal“<br />
zwischen der GIZ, dem BVMW und der nationalen Agentur für die<br />
Förderung von Investitionen und Großprojekten Senegals (APIX).<br />
Gut zu wissen<br />
n Aktuelle 12 CwA-Länder: Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso,<br />
Elfenbeinküste, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo<br />
und Tunesien<br />
n Jedes afrikanische Land, das an einer nachhaltigen Verbesserung der<br />
Rahmenbedingungen für private Investitionen durch grundlegende<br />
Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen, unternehmerischen und<br />
finanzmarktpolitischen Rahmenbedingungen interessiert ist, kann<br />
Teil der Initiative werden<br />
n Durch eine kritische Selbstselektion, die durch Dialoge mit der Weltbank,<br />
IWF und der Afrikanischen Entwicklungsbank und durch die<br />
Verpflichtung zum Aufbau einer Compact-bezogenen Infrastruktur<br />
unterstützt wird, können afrikanische Länder über eine Investitionsvereinbarung<br />
„Compact“ der Initiative beitreten<br />
Auch Sie wollen sich in Afrika engagieren?<br />
Nehmen Sie Kontakt mit der MAA auf:<br />
Bienvenue Angui, Geschäftsführerin der MAA,<br />
bienvenue.angui@bvmw.de, www.maa-bvmw.de<br />
Elif Mandal<br />
BVMW Junior Projektmanagerin<br />
Außenwirtschaft<br />
elif.mandal@bvmw.de<br />
Foto: © di matti
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
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30 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong>
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
31<br />
Schwerpunkt<br />
Finanzierung im<br />
<strong>Mittelstand</strong><br />
In Zeiten schwächelnder Konjunktur und Null- und Negativzinsen<br />
ist das Thema Finanzierung immer komplexer<br />
geworden. In unserem Themenschwerpunkt geben wir<br />
Antwort auf die Frage nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten<br />
für Mittelständler, und wie die Firmen die<br />
Bedingungen und den Zugang zu Bankkrediten beurteilen.<br />
Wir erläutern, warum jeder vierte deutsche Gründer den<br />
Umzug ins Ausland erwägt, welche Fördermittel es für den<br />
<strong>Mittelstand</strong> gibt, und was für oder gegen die Abschaffung<br />
des Bargeldes spricht.<br />
Illustration: © alexsl von www.istockphoto.com
32 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Finanzierungsklima<br />
trotzt Konjunkturflaute<br />
Die Bedingungen und der Zugang zu Bankkrediten sind maßgeblich<br />
für das Finanzierungsklima der Unternehmen. Wie die Firmen ihren<br />
Zugang zu Krediten beurteilen, hat die KfW nun in Zusammenarbeit<br />
mit 17 Wirtschaftsverbänden, darunter der BVMW, untersucht.<br />
Das Finanzierungsklima ist aus Sicht der Unternehmen nach<br />
wie vor ausgesprochen positiv. Mit 60,6 Prozent gibt der<br />
Großteil der Unternehmen an, dass der Kreditzugang aktuell<br />
leicht sei. Demgegenüber beurteilen nur 8,9 Prozent der Unternehmen<br />
den Kreditzugang als schwierig. Knapp ein Drittel der Befragten<br />
schätzt den Kreditzugang als weder leicht noch schwierig ein. Gegenüber<br />
der Vorjahresbefragung bedeutet dies im Saldo eine nahezu<br />
unveränderte Beurteilung des Kreditklimas.<br />
Andere aktuelle Erhebungen bestätigen dieses Ergebnis. So melden<br />
die im EZB „Bank Lending Survey“ befragten Kreditinstitute für die<br />
zurückliegenden zwölf Monate überwiegend Lockerungen der Kreditstandards<br />
für Deutschland. Auch das KfW-<strong>Mittelstand</strong>spanel ermittelt<br />
einen Rückgang des Scheiterns von Kreditverhandlungen<br />
gegenüber dem Vorjahr, wobei sich dieser Wert noch auf das Jahr<br />
<strong>20</strong>17 bezieht.<br />
Die aktuell gedämpften<br />
konjunkturellen Aussichten<br />
schlagen sich bislang somit<br />
noch nicht negativ auf das<br />
Finanzierungsklima nieder.<br />
Kleine Unternehmen mit größeren Schwierigkeiten<br />
beim Kreditzugang<br />
Zwischen kleinen und großen Unternehmen bestehen starke Unterschiede<br />
beim Kreditzugang: Zwar liegen die Salden („leicht“- abzüglich<br />
„schwierig“-Meldungen) in allen Unternehmensgrößenklassen<br />
deutlich im positiven Bereich. Dennoch beurteilen kleine Unternehmen<br />
das Finanzierungsklima negativer als große. Von den Unternehmen<br />
mit bis zu einer Million Euro Jahresumsatz schätzt knapp<br />
ein Fünftel den Kreditzugang als „schwierig“ ein. Dieser Anteil liegt<br />
bei den Unternehmen mit über 50 Millionen Euro Jahresumsatz bei<br />
lediglich 6,4 Prozent. Bei den Unternehmen<br />
mit zehn bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz<br />
liegt dieser Anteil mit 4,5 Prozent sogar noch<br />
etwas niedriger. Dies bedeutet, dass kleine<br />
Unternehmen drei- bis viermal häufiger von<br />
Schwierigkeiten beim Kreditzugang berichten<br />
als große Unternehmen.<br />
Der Grund hierfür ist, dass kleine Unternehmen<br />
– ähnlich wie junge Unternehmen – per se ein höheres Risiko<br />
für externe Geldgeber darstellen. Hinzu kommt, dass sie aus Sicht<br />
der Geldgeber häufig eher geringe Finanzierungsvolumina nachfragen,<br />
sodass für einen potenziellen Geldgeber ein eher ungünstiges<br />
Verhältnis aus Transaktionskosten zum Ertrag entsteht. Darüber hinaus<br />
verfügen kleine Unternehmen lediglich über begrenzte materielle<br />
Vermögenswerte, die sie zur Besicherung von Krediten einsetzen<br />
können. Als Konsequenz fällt ihnen der Kreditzugang schwerer als<br />
anderen Unternehmen.<br />
Deutliche Verbesserung des Kreditzugangs<br />
gegenüber <strong>20</strong>12<br />
Die langfristige Auswertung der Befragungsergebnisse bestätigt die<br />
dargelegte aktuelle Situation. Seit <strong>20</strong>12 sind vor allem die Meldungen<br />
von Schwierigkeiten beim Kreditzugang nahezu kontinuierlich gesunken.<br />
Sie nahmen im genannten Zeitraum um rund ein Drittel ab. Im<br />
Gegenzug sind die Meldungen über einen leichten Kreditzugang um<br />
17 Prozent gestiegen. Insbesondere hinsichtlich der „schwierig“-Meldungen<br />
stellt sich das Kreditklima somit aktuell mit am günstigsten im<br />
untersuchten Jahreszeitraum dar.<br />
Positives Kreditklima hält an<br />
Aktuell hält das Allzeithoch bei der Finanzierungssituation der Unternehmen<br />
in Deutschland an. In der diesjährigen Erhebung stufen ähnlich<br />
wenige Unternehmen wie im letzten Jahr den Kreditzugang als<br />
„schwierig“ ein. Auch der Anteil der Unternehmen, die den Kreditzugang<br />
als „leicht“ beurteilen, hat sich gegenüber dem Vorjahr nahezu<br />
Foto: © Thomas Faull von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> SCHWERPUNKT 33<br />
nicht verändert. Im Vergleich zur Befragung im Jahr <strong>20</strong>12 stellt sich<br />
die Situation deutlich günstiger dar. Zum guten Finanzierungsklima<br />
haben die hohe Innenfinanzierungskraft der Unternehmen, niedrige<br />
Zinsen und die gelockerten Kreditrichtlinien der deutschen Banken<br />
und Sparkassen beigetragen.<br />
Allerdings sind nach wie vor kleine Unternehmen deutlich häufiger<br />
von Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme betroffen als große Unternehmen.<br />
Strukturell bedingt konzentrieren sich niedrigere Bonitäten<br />
und Probleme, ausreichend Sicherheiten zu stellen, nach wie vor<br />
auf diese Unternehmen. Daraus resultieren Kreditablehnungen und<br />
unvorteilhafte Konditionen für die betroffenen Unternehmen.<br />
Die aktuell gedämpften konjunkturellen Aussichten<br />
schlagen sich bislang somit noch<br />
nicht negativ auf das Finanzierungsklima<br />
nieder. Sollte sich die Konjunktur aufgrund<br />
der geopolitischen Risiken stärker eintrüben,<br />
ist jedoch zu befürchten, dass sich dies negativ<br />
auf die Entwicklung der Ratingnoten<br />
und in der Folge auch auf den Kreditzugang<br />
auswirkt.<br />
Dr. Volker<br />
Zimmermann<br />
Volkswirtschaftliche<br />
Abteilung<br />
der KfW Bankengruppe<br />
www.kfw.de<br />
Gut zu wissen<br />
n Bankkredite sind nach wie vor die wichtigste externe Finanzierungsquelle von Unternehmen: 53,9 Prozent der Unternehmen haben im vergangenen<br />
Jahr Kreditverhandlungen geführt<br />
n Langfristige Kredite werden am häufigsten nachgefragt: 54,9 Prozent der kreditnachfragenden Unternehmen führen hierüber Kreditverhandlungen.<br />
Mittel- und kurzfristige Kredite rangieren mit 51,6 bzw. 51,1 Prozent jedoch nur knapp dahinter<br />
n Die Bonitätseinstufungen der Unternehmen haben sich erneut<br />
auf breiter Front verbessert: 34,5 Prozent der Unternehmen melden Verbesserungen der Ratingnote. Dem stehen 8,1 Prozent mit<br />
Verschlechterungsmeldungen gegenüber<br />
n https://bvmw.info/kfw-unternehmensbefragung
34 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Liquiditätsspritze mit<br />
Nebenwirkungen<br />
Die Konjunktur schwächelt, die Politik will helfen – durch radikale<br />
Niedrig- und Nullzinspolitik. Das hält Unternehmen am Leben, die<br />
eigentlich schon tot sind: Zombiefirmen.<br />
Gefahr für die deutsche Wirtschaft droht aus vielen Richtungen:<br />
Zollstreitigkeiten verunsichern den Welthandel, der Brexit<br />
bedroht die Binnenwirtschaft der EU, Mobilitätswende und<br />
Dieseldrama sorgen für Entlassungen und Kurzarbeit bei Autobauern<br />
und den mittelständisch geprägten Zulieferern. Die Europäische<br />
Zentralbank reagiert wie alle Notenbanken zu allen Krisenzeiten mit<br />
einem eigentlich probaten Mittel: Liquiditätsspritzen, Fiat-Geld und<br />
radikale Zinssenkungen. Alles in der Hoffnung, Investitionen und<br />
Konjunktur anzukurbeln.<br />
Die Schuldeneuphorie breitet sich<br />
vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft<br />
aus, Zombieunternehmen<br />
halten ihre Arbeitskräfte und Marktanteile,<br />
was zu einer Überlastung des<br />
jeweiligen Branchensektors führt.<br />
Zinssenkungen sind keine Lösung<br />
Doch die angestrebte Lösung des Problems kann selbst zu einem<br />
Problem werden. Schon seit der großen Krise <strong>20</strong>08 pflegt die EZB<br />
eine Politik der Null- und Negativzinsen. Was unter Draghi begann,<br />
wird sich wohl unter Christine Lagarde fortsetzen. Auch in der Phase<br />
wirtschaftlicher Erholung nach <strong>20</strong>08 klammerte man sich an Niedrigzinsen,<br />
und nun, angesichts neuer Krisen, sieht man sich in seinem<br />
Kurs bestätigt.<br />
Unternehmen, Investoren und Banken verzichten auf Eigenkapital<br />
und machen stattdessen mit Freuden Schulden – es kostet ja kaum<br />
etwas. Eine gefährliche negative Rückkopplung: Die Schuldeneuphorie<br />
breitet sich vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft aus, die Krisenanfälligkeit<br />
der deutschen (und europäischen) Volkswirtschaft<br />
steigt, die EZB muss weiter intervenieren – wieder mit Zinssenkungen,<br />
um Gläubiger und Schuldner zu schützen.<br />
Doch dieser Schutz ist keiner. Dass einige Unternehmen am Markt verbleiben,<br />
verdanken sie eben nicht ihrer Konkurrenzfähigkeit, sondern<br />
billigen Schulden, die ihre faktische Insolvenz vertuschen. Es sind klassische<br />
Zombieunternehmen, die lediglich das Geld für die (niedrigen)<br />
Zinszahlungen erwirtschaften, jedoch nur geringen Umsatz und keinen<br />
Profit. Das birgt Gefahren für die gesamte Wirtschaft, denn der Kreditfluss<br />
zu eigentlich zahlungsunfähigen Kreditnehmern unterdrückt den<br />
marktwirtschaftlichen Selektionsprozess: Insolvenz wird verhindert,<br />
Zombieunternehmen halten ihre Arbeitskräfte und Marktanteile, was<br />
zu einer Überlastung des jeweiligen Branchensektors führt. Die dort<br />
heimischen gesunden Unternehmen leiden unter der Dominanz der<br />
unproduktiven Konkurrenz; ihre Gewinne, Arbeitsplätze und ihr Marktzugang<br />
sind bedroht. Der Markt wird verzerrt, sinkende Produktivität<br />
und ein verlangsamtes Wirtschaftswachstum sind die Folgen.<br />
Nullzinspolitik verunsichert Unternehmen<br />
Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes<br />
(DSGV), betonte anlässlich der Vorstellung des S-<strong>Mittelstand</strong>s-Fitnessindex‘<br />
im September <strong>20</strong>19, dass deutsche Mittelständler<br />
aufgrund ihres Eigenkapitals investierten – nicht wegen,<br />
sondern trotz der lockeren Geldpolitik: „Die Nullzinspolitik der EZB<br />
führt zu keinen zusätzlichen Investitionen. Diese Geldpolitik führt zu<br />
mehr Unsicherheit in den Unternehmen, und Unsicherheit ist und<br />
bleibt für den <strong>Mittelstand</strong> das größte Investitionshemmnis.“ Zugleich<br />
macht er Hoffnung: „Im deutschen <strong>Mittelstand</strong> gibt es keine bedeutende<br />
Zahl von Zombieunternehmen.”<br />
Foto: © Gina Sanders von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
35<br />
Man kann nur hoffen, dass Schleweis Recht hat. Eine Erhebung der<br />
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank of International<br />
Settlement, BIS) verzeichnet in Europa neun Prozent größerer Unternehmen,<br />
die Zombiekriterien erfüllen. Das erscheint wenig, doch die<br />
BIS erfasst nur börsennotierte Unternehmen. Im gesamten OECD-<br />
Raum jedoch wird die Wirtschaft, ähnlich wie in Deutschland, von 90<br />
Prozent KMU getragen. Die EZB schätzt, dass im Euroraum 30 Prozent<br />
der KMU defizitär wirtschaften.<br />
Eine Zinserhöhung würde den Markt natürlich bereinigen, doch auch<br />
Staaten profitieren ja von Nullzinsen. Schon ein stabiles Zinsniveau<br />
wird zum Problem für die Staatsverschuldung, ganz zu schweigen<br />
von regulären Zinsen. Auf lange Sicht werden Notenbanken die Zinsen<br />
auf Null halten, weil sie sie schlicht nicht erhöhen können. So<br />
wird der Anschein von Solvenz aufrechterhalten, auf wirtschaftlicher<br />
wie auf nationalstaatlicher Ebene. Platzt diese Blase, dürften die Folgen<br />
dramatisch sein.<br />
Bernd Ratmeyer<br />
Journalist<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
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36 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Von der FDP kritisiert: Peter Altmaier und sein Modell eines Zukunftsfonds‘.<br />
Ein Kapital-Fehler<br />
Jeder vierte deutsche Gründer erwägt<br />
den Umzug ins Ausland, weil in wichtigen<br />
Wachstumsphasen Kapital fehlt. Dies bremst<br />
Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wohlstand.<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> wartet noch immer auf ein<br />
Wagniskapitalgesetz.<br />
Wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schaffen<br />
Deutschland mangelt es an Venture Capital (VC). Milliarden Euro<br />
ziehen an Deutschland vorbei und stärken die globale Konkurrenz.<br />
Seit langem fordern Stakeholder international wettbewerbsfähige<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Dringend nötig wäre der Abbau von Substanzbesteuerung – etwa bei<br />
den Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente<br />
Besteuerung für VC-Gesellschaften, eine faire Besteuerung<br />
von Investoren, die sich von ihrer Beteiligung trennen, ein Ende der<br />
(steuerlichen) Diskriminierung von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital,<br />
die steuerliche Anrechenbarkeit von Investitionen in Unternehmen,<br />
eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
mindestens in der EU, keine Einschränkungen bei Verlustvorträgen,
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
37<br />
Vorbild Vækstfonden<br />
Gemeinsam mit institutionellen Investoren würde ein solcher Dachfonds<br />
hauptsächlich in inländische VC-Fonds und Private Equity (PE)<br />
investieren sowie in ausländische Pendants mit starkem Investitionsfokus<br />
auf Deutschland. So diversifiziert sich das Anlageportfolio<br />
und zöge zusätzliches Know-how nach Deutschland.<br />
Unser Modell richtet sich in erster Linie an institutionelle Investoren,<br />
stünde aber auch privaten Großanlegern offen. Es erlaubt Direktinvestitionen<br />
in den Dachfonds. Durch Risikostreuung kann VC an junge,<br />
innovative Unternehmen fließen, die für einzelne Assetmanager<br />
oder Versicherungen zu riskant wären.<br />
Wieso übertrifft das von Vækstfonden gemanagte Modell den verzagten<br />
Wasserfall? Es ist in Dänemark bereits erfolgreich markterprobt<br />
und für Primärinvestoren attraktiver, da die Mischung aus PE<br />
und VC für stabilere Renditen sorgt als die Altmaier-Lösung, die PE<br />
aus Furcht vor Sozialneid feige ausklammert. Und das ist Altmaiers<br />
Fehler. Denn PE lockt große Versicherungen und Pensionseinrichtungen<br />
an, die viel Erfahrung mit PE-Investments haben und sich<br />
zieren, in reine VC-Instrumente zu investieren. Und PE finanziert Innovations-<br />
und Digitalisierungsstrategien im deutschen <strong>Mittelstand</strong>.<br />
Eine verpasste Chance für Deutschland.<br />
Gut zu wissen<br />
Foto: © picture alliance/Wolfgang Kumm/dpa<br />
die Bilanzierbarkeit von Investitionen in eigene Intellectual Property<br />
und die Liberalisierung bei Kapitalsammelstellen, damit privates Anlagekapital<br />
stärker genutzt werden kann.<br />
Zukunftsfonds ohne das nötige Potenzial<br />
Aber die GroKo verweigert den großen Wurf und setzt auf Stückwerk.<br />
Peter Altmaiers neueste Idee: ein sogenannter Wasserfall-Dachfonds,<br />
feilgeboten als „Zukunftsfonds“. Das klingt verlockend – und<br />
verschleiert die Tatsache, dass die Koalition viele Jahre die Hände in<br />
den Schoß gelegt hat und nun nicht weit genug springt.<br />
Die GroKo verweigert den großen<br />
Wurf und setzt auf Stückwerk.<br />
Es steckt zu wenig Zukunft in Altmaiers Wasserfall, dessen ungleiche<br />
Verteilung von Risiken und Chancen ist sogar ein Rückschritt.<br />
Die Bundestags-FDP hat <strong>20</strong>19 eine bessere Lösung vorgeschlagen:<br />
einen Dachfonds nach dem Vorbild des dänischen Vækstfonden.<br />
n Nötig wäre der Abbau von Substanzbesteuerung bei den<br />
Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente<br />
Besteuerung für VC-Gesellschaften, eine faire Besteuerung von<br />
Investoren<br />
n Vorschlag der Bundestags-FDP: ein Dachfonds nach dem Vorbild<br />
des dänischen Vækstfonden<br />
n Gemeinsam mit institutionellen Investoren würde ein solcher<br />
Dachfonds hauptsächlich in inländische VC-Fonds und Private<br />
Equity investieren sowie in ausländische Pendants mit starkem<br />
Investitionsfokus auf Deutschland<br />
n Vækstfonden ist in Dänemark bereits erfolgreich markterprobt und<br />
für Primärinvestoren attraktiver als die Lösung von Minister Altmaier<br />
Dr. h.c. Thomas Sattelberger, MdB<br />
Sprecher für Innovation, Bildung und Forschung<br />
Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen<br />
Bundestag<br />
www.thomas-sattelberger.de
38 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Venture<br />
Capital für<br />
junge Unternehmen
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
39<br />
Wer mit seinem Unternehmen noch am Anfang steht, kämpft an vielen Fronten gleichzeitig.<br />
Aber vor allem muss erst die Frage nach einer soliden Finanzierung geklärt werden.<br />
Junge Mittelständler bauen häufig noch auf langfristige Kredite<br />
oder Eigenkapital, um die ersten Schritte zu finanzieren. Viele<br />
Unternehmer bevorzugen diesen Weg, um unternehmerisch<br />
unabhängig zu bleiben. Doch ein solcher Finanzierungsmix passt<br />
nach Angaben der Wirtschaftsberatung Deloitte nicht immer zu den<br />
strategischen Unternehmenszielen. Auch Fördermittel und Anleihen<br />
können geeignete Instrumente für eine solide Finanzierungspolitik<br />
sein.<br />
Den Zugang zu Fördermitteln so unbürokratisch und einfach wie<br />
möglich zu machen, das gehört zu den Hauptforderungen des Jungen<br />
<strong>Mittelstand</strong>s. Selbstständigkeit und Eigenverantwortung müssen<br />
gefördert werden, nur so kann Deutschland im globalen Wettbewerb<br />
mithalten.<br />
gegründeten Firmen in Deutschland eine Finanzierungslücke von<br />
600 Millionen Euro. Es lohnt sich, auch andere Geldgeber neben der<br />
Hausbank in Erwägung zu ziehen. Ein Ende des Hausbankprinzips –<br />
wie der Junge <strong>Mittelstand</strong> es fordert – bedeutet, dass junge Unternehmer<br />
sich breiter aufstellen und die Kosten senken können. Der<br />
schnell wachsende Markt der Fintechs kann hier interessante Alternativen<br />
zur klassischen Hausbankfinanzierung bieten.<br />
Die richtige Finanzierung ist auch in den Junger <strong>Mittelstand</strong> Clubs<br />
im ganzen Land ein heiß diskutiertes Thema. Gerade weil viele interessante<br />
Förderprogramme auch regional angeboten werden, ist die<br />
Vernetzung auf lokaler Ebene für junge Unternehmer wichtig.<br />
Fotos: © Dmytro Lastovych von www.istockphoto.com; © Oliver Rösler<br />
Wagniskapitalgesetz<br />
Der Junge <strong>Mittelstand</strong> schlägt dabei die steuerliche Bevorzugung von<br />
Risikokapital vor. Hier hinkt Deutschland im internationalen Vergleich<br />
noch hinterher. Das Start-up-Barometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Ernst & Young zeigt: Berlin hat als Gründermetropole nachgelassen<br />
und liegt in Europa nur noch auf Platz drei hinter London<br />
und Paris. „Ein umfassendes Wagniskapitalgesetz würde der Gründerkultur<br />
in Deutschland einen Schub verleihen“, sagt Jan Schurkus,<br />
Geschäftsführer der Freiraum GmbH und im Vorstand des Jungen<br />
<strong>Mittelstand</strong>s. Das Ziel: besserer Zugang zu Kapital für junge Unternehmer<br />
und Steuererleichterungen für Geldgeber, die investieren<br />
möchten. „Ein guter Investor kann nicht nur mit einer Finanzspritze<br />
helfen, sondern den jungen Unternehmern auch mit seinen Kontakten<br />
und Erfahrungen unterstützend zur Seite stehen“, so Schurkus.<br />
Fintechs als Alternative<br />
Gerade in der Anfangsphase fehlt jungen Unternehmen oft wichtiges<br />
Kapital. Laut der staatlichen Förderbank KfW gibt es bei frisch<br />
Gut zu wissen<br />
n Der Junge <strong>Mittelstand</strong> (JM) fordert einfachen, unbürokratischen<br />
und direkten Zugang zu Fördermitteln für junge und innovative<br />
Unternehmen<br />
n Es muss ein Ministerium für Digitalisierung geschaffen werden<br />
mit einem „Digital Native“ als Ministerin oder Minister<br />
n Mehr Informationen zu den JM-Clubs unter: www.junger-mittelstand.de<br />
und auf den Social Media Kanälen des Jungen <strong>Mittelstand</strong>s<br />
Lencke Wischhusen<br />
Generalbevollmächtigte/Generalsekretärin<br />
des Jungen <strong>Mittelstand</strong>s<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Unternehmensfinanzierung:<br />
Hausbank forever?<br />
Nichts gegen das gewachsene Vertrauensverhältnis zur Bank. Aber gerade heute sollten<br />
Mittelständler sich auch nach digitalen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Und die gibt es,<br />
wie zwei Beispiele aus dem BVMW zeigen.<br />
Bei der Kreditvergabe an KMU verhalten sich Banken zunehmend<br />
defensiv. Das trifft finanzierungsbedürftige Mittelständler<br />
besonders – zumal der deutsche Kleinunternehmer<br />
ein traditionell inniges Verhältnis zu seiner Hausbank pflegt. Doch<br />
es gibt Alternativen zum klassischen Bankkredit: Die Digitalisierung<br />
hat die Finanzbranche erreicht; viele neue Player tummeln sich auf<br />
dem hart umkämpften Markt. Hier hat das Berliner Fintech Kapilendo<br />
(Mitglied im BVMW) seinen Ursprung. <strong>20</strong>15 haben ehemalige Banker<br />
um Christopher Grätz als Plattform für Crowdlending begonnen.<br />
Investoren und Kreditnehmer zusammenbringen<br />
<strong>20</strong>19 kam es zum Kauf des digitalen Vermögensverwalters Wevest.<br />
Damit erweiterte Kapilendo sein Portfolio um den lizensierten Kauf<br />
digitaler Wertpapiere: „Dies ermöglicht uns eine breitere Aufstellung<br />
durch die ganzheitliche Vermögensverwaltung und den effizienten<br />
Kapitalmarktzugang zur Finanzierung unserer Kunden“, sagt<br />
Digitale Finanzmarktplätze müssen<br />
die vertraute Hausbank nicht ersetzen<br />
– sie können wertvolle und zeitsparende<br />
Ergänzungen im Finanzierungsmix<br />
sein.<br />
CEO Grätz. Damit bespielt das Unternehmen zwar den klassischen<br />
Bankensektor, „aber besser“: Unabhängig von Öffnungszeiten und<br />
der Verfügbarkeit von Sachbearbeitern nutzt Kapilendo digitale Infrastrukturen,<br />
um Kreditanträge innerhalb von 48 Stunden zu bearbeiten<br />
und zu entscheiden. Investoren – institutionelle wie private –<br />
werden auf der Plattform regelmäßig über neue Kreditnehmer und<br />
damit Investmentmöglichkeiten informiert, Risikokalkulation und daraus<br />
folgende Verzinsung inklusive.<br />
Strenges Rating<br />
Ein Filmteam erstellt einen informativen Beitrag über das Unternehmen<br />
im Rahmen einer werbewirksamen Marketingkampagne. Natürlich<br />
werden auch Anträge abgelehnt: „Unsere Ratingprozesse<br />
agieren auf Bankenniveau und haben die gleichen professionellen<br />
Mechanismen und Ausschlusskriterien“, betont Marco Rautenberg,<br />
Head of Credit & Risk. Bislang hat Kapilendo 190 Projekte finanziert<br />
und dafür über 70 Millionen Euro Euro eingesammelt. Dabei geht es<br />
nicht darum, die Hausbank der Unternehmen komplett abzulösen,<br />
vielmehr sieht sich Kapilendo als ein komplementäres Produkt im Finanzierungsmix.<br />
Auch der Finanzdienstleister Creditshelf (ebenfalls BVMW-Mitglied)<br />
versteht sich nicht als Konkurrenz zur Bank, sondern als ergänzender<br />
<strong>Mittelstand</strong>sfinanzierer. Die Frankfurter bieten Kredite von 100.000<br />
bis fünf Millionen Euro über eine Laufzeit von bis zu acht Jahren an.<br />
Creditshelf will sich durch zügige Bearbeitung und eine digitale Plattform,<br />
auf der Investoren zeitnah über neue Kreditnehmer informiert<br />
werden, vom klassischen Bankengeschäft abheben.<br />
Moderne Kreditkonditionen<br />
Dabei liegt der Fokus auf größere Mittelständler, häufig aus dem<br />
produzierenden Gewerbe, etwa dem Maschinenbau. Creditshelf finanziert<br />
vorrangig Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens<br />
2,5 Millionen Euro und drei Jahren Marktpräsenz. Auch hier<br />
sind die Ratingprozesse streng, doch Vorstand und Gründungsmitglied<br />
Dr. Daniel Bartsch verweist auf die rasanten Veränderungen in<br />
Foto: Foto: © © NN tostphoto von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
41<br />
Gut zu wissen<br />
Internet-Plattformen wie Kapilendo oder Creditshelf bieten individuelle<br />
Kreditlösungen für KMU. Mehr darüber, welche innovativen Produkte<br />
und Services für die Unternehmensfinanzierung im <strong>Mittelstand</strong> aktuell<br />
relevant werden, erfahren Sie im Rahmen der Fintech Roadshow von<br />
_Gemeinsam digital.<br />
Alle Termine unter https://gemeinsam-digital.de/veranstaltungen<br />
Siehe auch Bericht auf Seite 42<br />
Markus Jerger<br />
BVMW Bundesgeschäftsführer<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
der Industrie 4.0: „KMU profitieren von vernetzten<br />
Produktionsanlagen, die in Echtzeit Daten<br />
zur Auslastung und Rentabilität liefern. Daher<br />
machen wir unsere Kreditkonditionen nicht nur<br />
von historischen Finanzkennzahlen und dinglichen<br />
Sicherheiten abhängig, sondern von Daten,<br />
die die Performance der Investition belegen<br />
und jederzeit überprüfbar machen.“<br />
Nachfolge zügig finanzieren<br />
Creditshelf spezialisiert sich auch auf Nachfolgefinanzierung:<br />
„Viele Finanzentscheider glauben,<br />
dass fast 50 Prozent der geplanten Nachfolgeregelungen<br />
nicht erfolgreich umgesetzt<br />
werden“, resümiert Bartsch. Ereignisse wie<br />
Krankheit oder Unfall erzwingen bei fehlender<br />
Vorsorge zügige Liquidität. Dem kommen Banken<br />
ungern nach. Bartsch will alternative Finanzierungsmodelle<br />
anbieten, „die in der Lage<br />
sind, Nachfolgeregelungen sehr kurzfristig mit<br />
Krediten zu unterfüttern.“<br />
Der Mix macht´s<br />
Mittelständler müssen zügig in die Digitalisierung<br />
investieren, während die Digitalisierung<br />
die gesamte Finanzbranche umkrempelt. Das<br />
bietet Chancen. Digitale Finanzmarktplätze<br />
müssen die vertraute Hausbank nicht ersetzen<br />
– sie können wertvolle und zeitsparende Ergänzungen<br />
im Finanzierungsmix sein.<br />
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<strong>Mittelstand</strong> und<br />
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FOTO: RETO KLAR
42 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Digital finanziert – mehr<br />
Liquidität für Ihr Unternehmen<br />
Schnelle Kapitalspritzen, verkürzte Bilanzen und langfristige Kredite über die Crowd – alternative<br />
Wege zur Finanzierung werden für den <strong>Mittelstand</strong> immer attraktiver. Einige der besten Produkte<br />
beruhen auf digitalen Geschäftsmodellen.<br />
Die Digitalisierung bestimmt als Triebfeder für mittelständische<br />
Unternehmen in Deutschland zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Bevor neue Lösungen eingesetzt werden können,<br />
stehen viele kleine und mittlere Betriebe jedoch vor einer großen<br />
Hürde: Digitalisierung kostet Geld – manchmal sogar viel Geld.<br />
Vom klassischen Kredit zum zeitgemäßen Modell<br />
Im Gegensatz zu Großunternehmen sind im <strong>Mittelstand</strong> hohe Kapitaleinlagen<br />
eher selten verfügbar. Seit der letzten Finanzkrise erschweren<br />
zudem verschärfte Vorschriften den unkomplizierten Zugang<br />
zu Bankkrediten. Der wachsende globale Wettbewerb fordert<br />
jedoch schnelle Reaktionen und Flexibilität bei Investitionen. Diese<br />
Marktlücke begünstigt alternative Finanzierungsmodelle, die seit einigen<br />
Jahren auf dem Vormarsch sind. Auch hier ist die Digitalisierung<br />
die treibende Kraft. So sind es in der Regel Onlineplattformen,<br />
die etablierten Kreditinstituten Konkurrenz machen.<br />
Die Crowd und der <strong>Mittelstand</strong><br />
Anstatt an Privatinvestoren und Kreditinstitute wenden sich heute<br />
schon viele Mittelständler mit ihrem Anliegen an die Crowd. Der<br />
„Schwarm“, also eine Gruppe aus investierenden Einzelpersonen, finanziert<br />
neben erfolgsversprechenden Gründungsideen und nützlichen<br />
Produkten zunehmend auch Wachstumsprojekte in etablierten<br />
Unternehmen. Dafür legen alle, die sich beteiligen wollen, an digitalen<br />
Marktplätzen Geld an. Auch kleine Beträge können in der Summe<br />
große Projekte stemmen. Mit bisher rund 40 Millionen Euro pro Jahr<br />
wächst das Finanzierungsvolumen kleiner und mittlerer Unternehmen<br />
weiter – und beweist das Interesse der Crowd am <strong>Mittelstand</strong>.<br />
Je nachdem, ob es sich um Crowdfunding oder -investing handelt,<br />
erhalten die Kapitalgeber für ihre Beiträge verschiedene Gegenleistungen.<br />
Wer sich ausreichend am projektgebundenen Funding beteiligt,<br />
bekommt beispielsweise das geförderte Produkt ins Haus<br />
geliefert. Bei einem kollektiven Investment hingegen werden, ganz<br />
klassisch, Unternehmensanteile und somit Gewinnansprüche vergeben.<br />
Das Verlustrisiko tragen alle Beteiligten gemeinsam. Wichtig:<br />
Mitspracherecht in der unternehmerischen Entscheidungsfindung<br />
haben Investoren nicht.<br />
Lenden, leasen oder einfach nur nutzen?<br />
Auch klassische Kredite vergibt der Schwarm mittlerweile. Beim<br />
Crowdlending gibt es für Kreditoren keine Anteile am Unternehmen.<br />
Auch müssen Schuldner keine dinglichen Sicherheiten aufweisen –<br />
einige betriebswirtschaftlich aussagekräftige Dokumente und eine<br />
Bürgschaft reichen in der Regel aus. Für das Unternehmen wird eine<br />
Risikoprüfung fällig, die über den Zugang zum Crowdlending-Verfahren<br />
und die Höhe des Zinssatzes bestimmt.<br />
Anstatt Geld für die Anschaffung von Software, Geräten oder Maschinen<br />
zu leihen, ist es oft sinnvoller, diese testweise oder längerfristig<br />
zu mieten. Die meisten Mittelständler sind mit verschiedenen<br />
Leasingverfahren, beispielsweise Sale-and-lease-back, wohlvertraut.<br />
Eine weniger bekannte Variante ist das „As-a-Service“-Modell.<br />
Foto: © NicoElNino von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
43<br />
Mit Hilfe externer digitaler Dienstleistungen können von der Vernetzung<br />
über die Wartung bis hin zur Motorisierung innovative Technologien<br />
bedarfsweise integriert werden. So bietet Software-as-a-Service<br />
eine ideale Lösung für mittelständische Fertigungsbetriebe, die<br />
smarte Sensorik nutzen und die dabei entstehenden Daten effizient<br />
verwalten müssen. Ein großer Vorteil des Modells: Was sich nicht<br />
lohnt, wird wieder abbestellt.<br />
Bessere Bilanzen durch digitales Factoring<br />
Besteht öfter kurzfristiger Bedarf an Liquidität, um beispielsweise<br />
Leasingkosten zu bezahlen, bietet Factoring eine effektive Lösung.<br />
Durch den Verkauf von Forderungen – also Rechnungen, die an Kunden<br />
gestellt werden – können eigene Verbindlichkeiten beglichen<br />
werden. So spart man sich nicht nur Mahnungen, sondern erhöht<br />
außerdem die bilanzielle Eigenkapitalquote und somit die Chance auf<br />
längerfristige Kredite. Während klassische Factoring-Deals aufgrund<br />
hoher administrativer Auflagen bisher für mittelständische Unternehmen<br />
kaum nutzbar waren, bietet die digitale Variante wesentlich<br />
zugänglichere, schnellere und kostengünstigere Finanzprodukte.<br />
Auch der Anleihenmarkt und die Investitionskultur sind durch digitale<br />
Transformation dynamischer geworden und haben ein stetig wachsendes<br />
Angebot flexibler Produkte hervorgebracht. Als Fintechs bezeichnet<br />
man die Technologien und Anbieter für die modernen Finanzdienstleistungen,<br />
von denen hier eine kleine Auswahl vorgestellt<br />
wurde. Wie aber orientieren sich Unternehmerinnen und Unternehmer<br />
auf dem Markt? Wo findet man die richtigen Ansprechpartner?<br />
Mittlerweile gibt es zahlreiche Onlineplattformen, die nicht nur genau<br />
informieren, sondern einen Vorabcheck anbieten oder sogar den<br />
Kontakt zu Investoren herstellen.<br />
Gut zu wissen<br />
Mit der Fintech-Roadshow gibt _Gemeinsam digital von März<br />
bis November <strong>20</strong><strong>20</strong> einen praxisnahen Überblick zu modernen,<br />
mittelstandsrelevanten Finanzprodukten.<br />
Alle Termine finden Sie unter:<br />
www.gemeinsam-digital.de/veranstaltungen<br />
Julian Koller<br />
BVMW Referent Förderprojekte<br />
julian.koller@bvmw.de
44 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Neue Wachstumsimpulse<br />
durch Factoring<br />
Wachsende Unternehmen im <strong>Mittelstand</strong> brauchen einen schnellen<br />
und unbürokratischen Zugang zu Finanzmitteln – eine Anforderung,<br />
der das Instrument Factoring in hohem Maße entspricht.<br />
18 Prozent der Entscheider in kleinen<br />
und mittleren Unternehmen<br />
erwägen, ihre Liquidität in Zukunft<br />
durch Factoring zu erhöhen. Zwei Jahre<br />
zuvor waren es 14 Prozent, wie eine<br />
repräsentative Studie des Bundesverbands<br />
Factoring für den <strong>Mittelstand</strong><br />
(BFM) ergab.<br />
Weil mit steigendem Umsatz auch das<br />
Volumen der Finanzierung wächst,<br />
lässt sich Factoring besonders effizient<br />
in Wachstumsphasen einsetzen. Das<br />
umsatzkongruente Prinzip ist für 55<br />
Prozent der Entscheider im <strong>Mittelstand</strong><br />
interessant, so der BFM, vor allem in<br />
den Branchen In- und Export (78 Prozent),<br />
im verarbeitenden Gewerbe (69<br />
Prozent) und im Handel (58 Prozent).<br />
Unternehmen, die einen hohen Liquiditätsbedarf<br />
haben, nutzen oftmals in<br />
Kombination mit Kreditlinien die Flexibilität<br />
von Factoring. Als zentralen Vorteil<br />
bewerten Finanzentscheider auch<br />
den regresslosen Schutz vor Zahlungsausfall,<br />
der mit der Abtretung beim Forderungsverkauf verbunden ist<br />
(56 Prozent).<br />
Geringe Factoring-Quote in Deutschland<br />
Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn ist Factoring hierzulande<br />
noch wenig verbreitet. Zwar stieg seit <strong>20</strong>09 die Factoring-Quote<br />
in Deutschland von 4 Prozent auf 7,3 Prozent an. Sie liegt aber<br />
immer noch deutlich unter dem Durchschnittswert in der EU, der<br />
10,9 Prozent beträgt. Die Factoring-Quote stellt die Relation von Factoring-Umsatz<br />
und Bruttoinlandsprodukt dar. In Europa liegt Großbritannien<br />
mit einer Quote von 13,9 Prozent vor Italien (13,1 Prozent),<br />
Spanien (12,4 Prozent) und Frankreich (12,3 Prozent). Kennzeichnend<br />
für den deutschen Markt ist der hohe Zuwachs im Segment <strong>Mittelstand</strong>.<br />
Der Vorstand des BFM erwartet, dass sich die Aufwärtsbewegung<br />
der letzten Jahre fortsetzt. Das gilt trotz der abgeschwächten<br />
Wirtschaftsleistung in Deutschland. Zuletzt gingen 75 Prozent der<br />
BFM-Verbandsmitglieder von einer guten Entwicklung beim Neukundengeschäft<br />
aus.<br />
Eine Finanzierung, die automatisch mit dem Umsatz wächst,<br />
wäre interessant für mein / unser Unternehmen.<br />
Branchen<br />
Alle/gesamt:<br />
Bis 2,5 Mio:<br />
2,5-50 Mio:<br />
Verarb. Gewerbe:<br />
Baugewerbe:<br />
Handel:<br />
Dienstleistungen:<br />
Freiberufler:<br />
Im-/Export:<br />
über 10% Geschäftsanteil<br />
Zustimmungen* in Prozent<br />
Gut zu wissen<br />
45<br />
n Interesse an Liquidität, die mit dem Umsatz wächst (55 Prozent)<br />
n Forderungsverkauf in KMU zunehmend geplant (plus 4 Prozent)<br />
Michael Ritter<br />
Vorstandsvorsitzender Bundesverband<br />
Factoring für den <strong>Mittelstand</strong> (BFM)<br />
www.bundesverband-factoring.de<br />
53<br />
53<br />
55<br />
55<br />
58<br />
69<br />
Bundesverband Factoring<br />
für den <strong>Mittelstand</strong><br />
Quelle: BFM Bundesverband Factoring für den <strong>Mittelstand</strong> / Kantar TNS. Repräsentative Befragung kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland<br />
mit einem Jahresumsatz von unter 50 Mio. Euro. Die Untersuchung auf Basis von 1.653 Interviews wurde im Oktober <strong>20</strong>18 durchgeführt.<br />
*Zustimmungen auf der Skala 1-3: stimme voll und ganz zu / stimme zu / stimme zum Teil zu<br />
Die Mitglieder des BFM bieten bankenunabhängige Finanzierungen an,<br />
die klassische Kreditlinien ergänzen oder ersetzen können. Sie sind<br />
qualitätsorientierte, oft inhabergeführte Factoring-Gesellschaften, die<br />
sich auf die Umsatzfinanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen<br />
spezialisiert haben. Zum Thema Factoring lässt der Verband regelmäßig<br />
eine repräsentative Studie erheben.<br />
71<br />
78<br />
Foto: © NN
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
ADVERTORIAL<br />
45<br />
Wirtschaften mit Weitblick<br />
Familienunternehmen und ihre finanziellen Herausforderungen – und wie sie diese meistern können.<br />
Familienunternehmen und ihre finanziellen Herausforderungen – und wie sie diese meistern können.<br />
Foto: © NN<br />
Familienunternehmen gelten als das Rückgrat der deutschen Finanzierung streuen<br />
Familienunternehmen<br />
Wirtschaft. Je nachdem,<br />
gelten<br />
welcher<br />
als das<br />
Studie<br />
Rückgrat<br />
man Glauben<br />
der deutschen<br />
schenkt, Finanzierung Ebenfalls ratsam streuen ist es, die Finanzierung über mehrere Finanzierungspartner<br />
Wirtschaft.<br />
repräsentieren<br />
Je nachdem,<br />
sie 87 %<br />
welcher<br />
bis 94 %<br />
Studie<br />
aller deutschen<br />
man Glauben<br />
Unternehmen<br />
schenkt, Ebenfalls ratsam<br />
und<br />
ist<br />
-produkte<br />
es, die Finanzierung<br />
zu streuen. Neben<br />
über<br />
der<br />
mehrere<br />
klassischen<br />
Finanzierungspartner<br />
Bankenfinanzierung<br />
und<br />
repräsentieren<br />
stellen ca. 57<br />
sie<br />
% aller<br />
87 %<br />
Arbeitsplätze.<br />
bis 94 % aller<br />
Sie<br />
deutschen<br />
erwirtschaften<br />
Unternehmen<br />
über die<br />
und -produkte<br />
sollten daher<br />
zu streuen.<br />
auch alternative<br />
Neben der<br />
Instrumente<br />
klassischen<br />
wie<br />
Bankenfinanzierung<br />
Leasing,<br />
Factoring,<br />
und<br />
Hälfte<br />
stellen<br />
des<br />
ca.<br />
deutschen<br />
57 % aller<br />
Bruttoinlandproduktes<br />
Arbeitsplätze. Sie erwirtschaften<br />
und sind somit<br />
über<br />
absolut<br />
die<br />
sollten<br />
Asset<br />
daher<br />
Backed<br />
auch<br />
Securities,<br />
alternative<br />
Debt<br />
Instrumente<br />
Crowdfunding<br />
wie Leasing,<br />
oder<br />
Hälfte<br />
systemrelevant<br />
des deutschen<br />
für die<br />
Bruttoinlandproduktes<br />
deutsche Wirtschaft.<br />
und sind somit absolut<br />
Schuldscheine<br />
Factoring, Asset<br />
genutzt<br />
Backed<br />
werden.<br />
Securities,<br />
Eine weitere<br />
Debt<br />
wertvolle<br />
Crowdfunding<br />
Möglichkeit:<br />
oder<br />
systemrelevant für die deutsche Wirtschaft.<br />
Schuldscheine<br />
Anzahlungen<br />
genutzt<br />
des Kunden<br />
werden.<br />
für<br />
Eine<br />
zu erbringende<br />
weitere wertvolle<br />
Leistungen<br />
Möglichkeit:<br />
oder zu<br />
Besonders wichtig für Familienunternehmen ist ihre Strategie in Sachen<br />
Finanzierung.<br />
Anzahlungen<br />
liefernde Waren<br />
des<br />
und<br />
Kunden<br />
Güter.<br />
für<br />
Solche<br />
zu erbringende<br />
Anzahlungen<br />
Leistungen<br />
können in<br />
oder<br />
der<br />
zu<br />
Regel<br />
durch<br />
Besonders wichtig für Familienunternehmen<br />
Mangelnde Liquidität<br />
ist<br />
kann<br />
ihre<br />
ein<br />
Strategie<br />
Unternehmen<br />
in Sachen<br />
liefernde Waren<br />
Bürgschaften<br />
und Güter.<br />
und<br />
Solche<br />
Garantien<br />
Anzahlungen<br />
(sogenannte<br />
können<br />
Avale)<br />
in der<br />
abgesichert<br />
Regel<br />
schnell<br />
Finanzierung.<br />
in die Insolvenz<br />
Mangelnde<br />
stürzen.<br />
Liquidität<br />
Zwar sind<br />
kann<br />
sich<br />
ein<br />
viele<br />
Unternehmen<br />
Unternehmen<br />
durch<br />
werden<br />
Bürgschaften<br />
und sind<br />
und<br />
daher<br />
Garantien<br />
genau so<br />
(sogenannte<br />
viel wert wie<br />
Avale)<br />
bares<br />
abgesichert<br />
Geld. Neben<br />
schnell<br />
darüber<br />
in die<br />
bewusst,<br />
Insolvenz<br />
dass<br />
stürzen.<br />
sie ihr Risiko<br />
Zwar<br />
in<br />
sind<br />
punkto<br />
sich<br />
Investitionen,<br />
viele Unternehmen<br />
Kunden<br />
werden<br />
Banken<br />
und<br />
stellen<br />
sind<br />
auch<br />
daher<br />
B2B-Versicherer<br />
genau so viel wert<br />
wie Euler<br />
wie bares<br />
Hermes<br />
Geld.<br />
Avale<br />
Neben<br />
für<br />
darüber<br />
und Lieferanten<br />
bewusst, dass<br />
streuen<br />
sie ihr<br />
sollten.<br />
Risiko<br />
In<br />
in<br />
Bezug<br />
punkto<br />
auf<br />
Investitionen,<br />
Finanzierungspartner<br />
Kunden<br />
Unternehmen<br />
Banken stellen<br />
bereit.<br />
auch<br />
Das<br />
B2B-Versicherer<br />
entlastet gleichzeitig<br />
wie Euler<br />
die<br />
Hermes<br />
Kreditlinie<br />
Avale<br />
bei<br />
für<br />
der<br />
und<br />
vernachlässigen<br />
Lieferanten streuen<br />
sie eine<br />
sollten.<br />
Risikodiversifizierung<br />
In Bezug auf Finanzierungspartner<br />
jedoch häufig. Dabei<br />
Unternehmen<br />
Hausbank.<br />
bereit. Das entlastet gleichzeitig die Kreditlinie bei der<br />
vernachlässigen<br />
ist gerade hier Wirtschaften<br />
sie eine Risikodiversifizierung<br />
mit Weitblick gefragt!<br />
jedoch häufig. Dabei Hausbank.<br />
ist gerade hier Wirtschaften mit Weitblick gefragt!<br />
Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich so auch in unsicheren Zeiten<br />
Eine gemeinsame Studie von Euler Hermes und Roland Berger zeigt,<br />
Mit den<br />
viel<br />
richtigen<br />
erreichen:<br />
Maßnahmen<br />
Mehr Flexibilität<br />
lässt sich<br />
in<br />
so<br />
den<br />
auch<br />
Entscheidungen,<br />
in unsicheren Zeiten<br />
mehr<br />
Eine<br />
dass<br />
gemeinsame<br />
der Investitionsbedarf<br />
Studie von Euler<br />
von<br />
Hermes<br />
Familienunternehmen<br />
und Roland Berger<br />
hinsichtlich<br />
zeigt,<br />
Spielräume<br />
viel erreichen:<br />
in Sachen<br />
Mehr<br />
Liquidität<br />
Flexibilität<br />
und<br />
in<br />
vor<br />
den<br />
allem<br />
Entscheidungen,<br />
eine stabile Finanzierung<br />
des eigenen<br />
mehr<br />
dass<br />
Innovationen<br />
der Investitionsbedarf<br />
und Digitalisierung<br />
von Familienunternehmen<br />
in den nächsten Jahren<br />
hinsichtlich<br />
rasant steigen<br />
wird. Wie<br />
Spielräume in Sachen<br />
Unternehmens.<br />
Liquidität und vor allem eine stabile Finanzierung<br />
des eigenen Unternehmens.<br />
Innovationen und<br />
sollten<br />
Digitalisierung<br />
Familienunternehmen<br />
in den nächsten<br />
darauf<br />
Jahren<br />
und<br />
rasant<br />
auf die<br />
steigen<br />
sich<br />
verändernden<br />
wird. Wie sollten<br />
Refinanzierungsbedingungen<br />
Familienunternehmen darauf<br />
reagieren?<br />
und auf die sich<br />
verändernden Refinanzierungsbedingungen reagieren?<br />
Investitionen gehören in jede Finanzierungsplanung<br />
Investitionen Generell gilt: gehören Investitionen in jede gehören Finanzierungsplanung<br />
in jede Finanzierungsplanung<br />
Generell<br />
und sollten<br />
gilt: Investitionen<br />
nicht zu Gunsten<br />
gehören<br />
konservativer<br />
in jede Finanzierungsplanung<br />
Finanzierungspräferenzen<br />
und sollten<br />
oder aus<br />
nicht<br />
einem<br />
zu Gunsten<br />
Stabilitätsdenken<br />
konservativer<br />
heraus<br />
Finanzierungspräferenzen<br />
ausgesetzt werden –<br />
sonst<br />
oder<br />
leidet<br />
aus einem<br />
die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Stabilitätsdenken heraus<br />
unweigerlich.<br />
ausgesetzt<br />
Außerdem<br />
werden<br />
ist<br />
–<br />
eine<br />
proaktive<br />
sonst leidet die Wettbewerbsfähigkeit<br />
und vor allem transparente<br />
unweigerlich.<br />
Finanzkommunikation<br />
Außerdem ist eine<br />
zu<br />
allen<br />
proaktive<br />
Stakeholdern<br />
und vor<br />
ratsam.<br />
allem transparente<br />
Auch wenn<br />
Finanzkommunikation<br />
sich niemand gerne in<br />
zu<br />
die Zur Studie von Euler Hermes: www.eulerhermes.de/fu-studie<br />
allen<br />
Karten<br />
Stakeholdern<br />
schauen lässt:<br />
ratsam.<br />
Transparenz<br />
Auch wenn<br />
schafft<br />
sich<br />
Vertrauen,<br />
niemand gerne<br />
gerade<br />
in<br />
in<br />
die<br />
wirtschaftlich<br />
Zur<br />
Beratung<br />
Studie von<br />
und<br />
Euler<br />
Lösungen<br />
Hermes:<br />
von<br />
www.eulerhermes.de/fu-studie<br />
Euler Hermes: www.eulerhermes.de<br />
Karten schauen<br />
herausfordernden<br />
lässt: Transparenz<br />
Zeiten!<br />
schafft Vertrauen, gerade in wirtschaftlich<br />
herausfordernden<br />
Beratung und Lösungen von Euler Hermes: www.eulerhermes.de<br />
Zeiten!
46 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Working Capital für KMU<br />
Unternehmen auf Wachstumskurs haben ein Luxusproblem: Sie haben so viele Aufträge, dass<br />
ihnen teilweise die finanziellen Kapazitäten zur Erfüllung fehlen. Clevere Alternativen in der<br />
Finanzierung des Working Capital schaffen hier Abhilfe.<br />
Der Bedarf finanzieller Mittel ist insbesondere in Wachstumsphasen<br />
vielfältig – eine neue Maschine, Ausweitung<br />
des Lagers oder die Beschaffung von Produktionsmaterial.<br />
Schwierig ist dabei häufig die Frage, woher die benötigten Mittel zur<br />
Vorfinanzierung dieses Wachstums kommen sollen.<br />
Sofern Banklinien nicht schon frühzeitig ausgeweitet werden können,<br />
liegt der Fokus zur Finanzierung des Wachstuns notwendigerweise<br />
im Bereich des Working Capitals. Gerade hier lohnt ein Blick über<br />
den Tellerrand, um mit neuen Alternativen sein Unternehmen auf<br />
Wachstumskurs zu schicken. Zwei von ihnen werden im Folgenden<br />
näher beleuchtet.<br />
Einkaufsfinanzierung<br />
ist eine der neuesten Alternativen im Bereich der Working Capital Finanzierung.<br />
Hierbei werden Waren und Vorleistungen vom Einkaufsfinanzierer<br />
erworben und an das wachsende Unternehmen weiterveräußert.<br />
Der Trick dabei: Der Weiterverkauf geschieht mit einem deutlich<br />
verlängerten Zahlungsziel von zumeist vier Monaten. Somit bleibt<br />
in der Regel genug Zeit, mit den finanzierten Einkäufen zuerst seine eigene<br />
Wertschöpfung zu betreiben, um mit den hieraus generierten Erlösen<br />
nach vier Monaten den Einkaufsfinanzierer zu bezahlen.<br />
Was vordergründig als einfache Warenfinanzierung daherkommt,<br />
bietet auch auf den zweiten Blick erhebliche Vorteile für Unternehmen.<br />
Eine immer wieder aufkommende Diskussion über Zahlungsziele<br />
gegenüber dem Lieferanten entfällt komplett, da der Einkaufsfinanzierer<br />
diesen umgehend bei Warenlieferung bezahlt. Kenner<br />
nutzen diese Finanzierungsalternative somit auch zur Verbesserung<br />
ihrer Lieferantenbeziehungen. Zudem entfällt in der Regel auch<br />
das Stellen von unternehmerischen oder privaten Sicherheiten, denn<br />
hierzu dient die gehandelte Ware selbst, die beim Einkaufsfinanzierer<br />
bis zur Bezahlung unter Eigentumsvorbehalt steht.<br />
Factoring<br />
dürfte vielen Unternehmen bereits bekannt sein – wie bei der Einkaufsfinanzierung<br />
handelt es sich um eine alternative Finanzierungsform<br />
des Working Capitals, die jedoch in Deutschland schon deutlich<br />
länger vertreten ist. Grundsätzlich werden beim Factoring die Ausgangsrechnungen<br />
eines Unternehmens an seine Kunden durch den<br />
Factor angekauft und durch Auszahlung des Rechnungsbetrages –<br />
abzüglich eines Sicherheitseinbehaltes in der Größenordnung von<br />
üblicherweise zehn Prozent – finanziert. Letzterer Betrag fließt dem<br />
Unternehmen dann zu, wenn auch sein Kunde gezahlt hat.
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
47<br />
Foto: © AndreyPopov von www.istockphoto.com<br />
Neben dem sofortigen Zufluss des (fast kompletten) Gegenwertes<br />
der finanzierten Ausgangsrechnungen übernimmt der Factor häufig<br />
auch das Delkredererisiko und schützt das Unternehmen somit vor<br />
Forderungsausfall. Darüber hinaus werden teilweise auch buchhalterische<br />
Aufgaben sowie das Mahn- und Inkassowesen übernommen.<br />
Da Factoring eindeutig auf die Verkaufsseite abstellt, bietet es nur<br />
dem verkaufenden Unternehmen Vorteile zur Optimierung des Working<br />
Capitals. Zwar gibt es mit dem sog. „Reverse Factoring“ auch<br />
Gut zu wissen<br />
n Während Factoring nur dem verkaufenden Unternehmen Vorteile<br />
bietet, ist die Einkaufsfinanzierung für beide Unternehmen attraktiv.<br />
Das einkaufende Unternehmen hat vier Monate Zeit, seine Produkte<br />
zu fertigen und zu verkaufen; das verkaufende Unternehmen<br />
bekommt sein Geld sofort<br />
n Die Einkaufsfinanzierung wirkt für das verkaufende Unternehmen<br />
daher genauso wie ein eigenes Factoring und bietet zusätzlich die<br />
beschriebenen Vorteile für den Abnehmer, die das verkaufende<br />
Unternehmen absatzfördernd einsetzen kann<br />
eine Spielart, bei dem die Wareneinkäufe durch die umgehende Bezahlung<br />
der Lieferantenrechnungen finanziert werden; dieses Konzept<br />
– im Ergebnis ähnlich zur Einkaufsfinanzierung – hat sich bis<br />
dato aber aufgrund des komplexen vertraglichen Zusammenspiels<br />
zwischen dem Factor und den einzelnen Lieferanten nicht richtig<br />
durchsetzen können.<br />
Fazit<br />
Beide vorgestellten Alternativen zur Optimierung des Working Capitals<br />
bieten eindeutige Vorteile für Unternehmen in Wachstumsphasen.<br />
Clever eingesetzt schaffen sie – einzeln oder aber sogar in<br />
Kombination – erhöhte Liquiditätsspielräume, um Wachstumsphasen<br />
zu finanzieren.<br />
Dr. Stefan Fenner<br />
Geschäftsführer entrafin GmbH<br />
BVMW-Mitglied<br />
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48 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Erfolgreich durch<br />
die Rezession<br />
Deutschland steht vor einem Konjunkturrückgang.<br />
Um die Krise unbeschadet zu überstehen, müssen<br />
mittelständische Unternehmen ihre Abhängigkeit<br />
von der Hausbank reduzieren.<br />
Eskalierende Handelskonflikte, Brexit, zunehmende Spannungen<br />
im Nahen Osten: Es sind turbulente Zeiten, die wir gerade<br />
erleben. Die komplizierte Weltlage bleibt nicht ohne Auswirkungen:<br />
Im zweiten Quartal <strong>20</strong>19 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt<br />
um 0,2 Prozent. Deutschland befindet sich seit 15 Monaten in einer<br />
Industrierezession.<br />
Finanzierungsmix erweitern<br />
Während eines Abschwungs steigt die Zahl der Insolvenzen, und<br />
Kredite können nicht mehr gezahlt werden. Für die Banken bedeutet<br />
dies Verluste. Sie werden darum ihre Kreditvergabe straffen.<br />
Kleine und mittlere Unternehmen geraten schnell in eine Abwärtsspirale<br />
und stellen wichtige Investitionen zurück. In der Folge verlieren<br />
sie an Wettbewerbsfähigkeit, der Gewinn sinkt. Entsprechend<br />
nimmt auch die Bonität ab, was die Kreditaufnahme wiederum<br />
zusätzlich erschwert.<br />
Um einer solchen Abwärtsspirale zu entgehen, müssen KMU ihre Finanzierungsstruktur<br />
rechtzeitig analysieren und, falls nötig, anpassen.<br />
Derzeit sind die Zinsen so tief wie nie zuvor, und die Banken<br />
vergeben noch bereitwillig Kredite. Es lohnt sich also, Darlehen mit<br />
langfristiger Zinsbindung aufzunehmen und sich damit gegen steigende<br />
Zinsen abzusichern. Um sich vor den Folgen einer künftigen<br />
Kreditklemme zu schützen, ist es jedoch entscheidend, nicht ausschließlich<br />
auf die Hausbank zu vertrauen, sondern den Finanzierungsmix<br />
zu erweitern.<br />
Liquiditätsengpässe vermeiden<br />
Die größte Herausforderung während wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />
ist das Liquiditätsmanagement: Der Umsatz bricht ein, Kunden<br />
lassen sich mehr Zeit mit ihren Zahlungen, und die Bank kürzt bestehende<br />
Kreditlinien. Sinnvoll sind deshalb vor allem Asset-basierte<br />
Finanzierungsvarianten wie Factoring, Warenfinanzierung und Saleand-lease-back,<br />
die den Liquiditätsverlauf glätten. Werden die erwähnten<br />
Finanzierungsmethoden dazu verwendet, Verbindlichkeiten<br />
abzubauen, verbessern sie zudem die Eigenkapitalquote und damit<br />
die Bonität.<br />
Gut zu wissen<br />
Wenn Sie neue Kredite abschließen, achten Sie darauf, dass die Bank<br />
nicht zu hohe Sicherheiten verlangt. Über die als Sicherheit hinterlegten<br />
Vermögenswerte kann Ihr Unternehmen nicht mehr frei verfügen. In<br />
Krisenzeiten ist aber maximale Flexibilität gefragt.<br />
Joachim Haedke<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
Finanzierung.com GmbH<br />
BVMW-Mitglied<br />
https://finanzierung.com<br />
Foto: Foto: © NN © sorbetto von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
ADVERTORIAL<br />
49<br />
„ Ich liebe es, Metall und meiner Firma<br />
eine besondere Form zu geben.“<br />
Fördern, was NRW bewegt.<br />
Melanie Baum, Geschäftsführerin Baum Zerspanungstechnik,<br />
fertigt anspruchsvolle Dreh- und Frästeile nach Kundenwunsch –<br />
mit zufriedenen Mitarbeitern und modernen Maschinen. Die nötige<br />
Finanzierung ermöglichte ihr die NRW.BANK.<br />
Foto: © NN<br />
Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/baum
50 SCHWERPUNKT<br />
Finanzierungsmix auf<br />
den Prüfstand<br />
Handelskonflikte, politische Unsicherheiten, die Transformation der<br />
Automobilindustrie, der Brexit: Der Druck auf die deutsche Wirtschaft<br />
hat zuletzt deutlich zugenommen. Auch die Aussichten für <strong>20</strong><strong>20</strong> sind<br />
nicht ungetrübt. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen ihren<br />
Finanzierungsmix wetterfest machen.<br />
Die Wachstumslokomotive Deutschland ist <strong>20</strong>19 spürbar ins<br />
Stocken gekommen. Im dritten Quartal schrammte die deutsche<br />
Wirtschaft nur knapp an einer technischen Rezession<br />
vorbei. Von einer technischen Rezession sprechen Volkswirte, wenn<br />
die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge schrumpft. Zwar<br />
hat sich die Lage seitdem wieder etwas entspannt, doch von einer<br />
Trendwende kann nicht die Rede sein. Für <strong>20</strong><strong>20</strong> wird zwar eine leichte<br />
Wachstumsbeschleunigung erwartet. Diese dürfte aber vor allem<br />
den vier zusätzlichen Arbeitstagen des Jahres geschuldet sein.<br />
Gedrückte Stimmung in vielen Führungsetagen<br />
Entsprechend mau ist die Stimmung in vielen Führungsetagen deutscher<br />
Unternehmen. In seiner Konjunkturumfrage unter 28.000 Unternehmen<br />
hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag seit<br />
der Finanzkrise <strong>20</strong>08/<strong>20</strong>09 nicht mehr so pessimistische Antworten<br />
zur Geschäftsentwicklung erhalten wie im Herbst <strong>20</strong>19.<br />
Basel IV erhöht Kreditkosten<br />
Weiteres Ungemach droht Unternehmen über das Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> hinaus<br />
zudem durch die neuen Baseler Eigenkapitalregeln für Kreditinstitute,<br />
kurz Basel IV genannt. Sie sollen in den kommenden zwei Jahren<br />
in nationales Recht umgesetzt werden. Nach aktuellen Berechnungen<br />
des Beratungsunternehmens Copenhagen Economics dürften<br />
durch die höheren Eigenkapitalkosten der Banken die Kreditkosten<br />
für ein typisches mittelständisches Unternehmen um bis zu 12.500<br />
Euro jährlich steigen, für größere Unternehmen könnte die jährliche<br />
Mehrbelastung sogar in Millionenhöhe liegen.<br />
Wie Unternehmen jetzt für Finanzierungssicherheit sorgen<br />
Zwar waren die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen in<br />
Deutschland zuletzt noch vergleichsweise gut. Aber laut der Bundesbank<br />
haben die Banken die Kreditbedingungen im dritten Quartal<br />
<strong>20</strong>19 bereits zum dritten Mal in Folge verschärft. Die Anpassung war<br />
im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sich nach Einschätzung<br />
der Banken die branchen- oder firmenspezifische Lage und die<br />
Kreditwürdigkeit der Darlehensnehmer verschlechterten.<br />
Angesichts der unsicheren Aussichten tun<br />
Unternehmen gut daran, sich jetzt in Sachen<br />
Finanzierung für die Zukunft sicher<br />
aufzustellen. Unternehmen aller Größenordnungen<br />
steht dafür eine Vielzahl von Finanzierungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung.<br />
Neben klassischen <strong>Mittelstand</strong>skrediten<br />
können das zum Beispiel bilanzschonende<br />
Finanzierungsalternativen Leasing und<br />
Factoring sein.<br />
Mit Factoring lassen sich Forderungen direkt<br />
in Liquidität umwandeln. Zudem bietet<br />
der Forderungsverkauf Sicherheit, denn die<br />
Factoringgesellschaft übernimmt in der Regel das volle Ausfallrisiko.<br />
Leasing verbessert durch seine Bilanzneutralität die Eigenkapitalquote<br />
und damit das Rating. Dies erleichtert in wirtschaftlich unsicheren<br />
Zeiten die Kreditaufnahme für wichtige Investitionen.<br />
Sicherheit durch syndizierte Finanzierungen<br />
Mehr Finanzierungssicherheit erzielen Unternehmen nicht zuletzt<br />
durch eine Neustrukturierung ihrer Passivseite. Vor allem wachstumsstarke<br />
Unternehmen haben, historisch gewachsen, häufig eine<br />
Vielzahl von Kreditgebern mit unterschiedlichen Konditionen und Besicherungen.<br />
Durch die Neustrukturierung ihrer Verbindlichkeiten im<br />
Rahmen eines Konsortialkredits können sie sich transparentere und<br />
langfristige sichere Finanzierungsstrukturen aufbauen. Bei einem<br />
Konsortialkredit wird vom Unternehmen eine Bank als Lead Arranger<br />
für die Bildung des Konsortiums mandatiert und fungiert nach dem<br />
Kreditabschluss als Verwaltungsstelle. Der Kreditnehmer bekommt<br />
also eine umfassende Finanzierung mit nur einem Ansprechpartner.<br />
Das Gespräch mit der Bank suchen<br />
Gerade bei komplexeren Fragen zur Finanzierung sollten sich Unternehmen<br />
deshalb nicht scheuen, ihre Bank anzusprechen – und das<br />
besser früher als später. Manche Kunden kommen erst zu uns, wenn<br />
sie kaum noch Luft bei der Liquidität haben. Besser und viel stress-<br />
Foto: © Worawee Meepian von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
51<br />
freier ist es, wenn die Finanzen des Unternehmens dann neu strukturiert<br />
werden, wenn die Bonität noch gut ist.<br />
Ein Beispiel dafür, wie das Gespräch mit der Bank zu neuen Perspektiven<br />
für die eigene Finanzierungssituation verhelfen kann: Einer<br />
unserer Kunden, die Berliner Biosupermarktkette LPG, finanzierte ihr<br />
Wachstum ausschließlich aus Eigenmitteln. Als eine besonders attraktive<br />
Filialfläche statt zur Miete zum Kauf angeboten wurde, empfahlen<br />
wir den Kauf. Um dabei dem Wunsch des Kunden nach hoher<br />
Flexibilität nachzukommen, wurde eine variable Finanzierung auf Basis<br />
des 3-Monats-Euribors mit Zinssicherung vorgeschlagen. Damit<br />
sicherten sich die Gründer der Biosupermarktkette ein attraktives<br />
Zinsniveau und gleichzeitig die Möglichkeit, nach jeder Zinsperiode<br />
Neben klassischen <strong>Mittelstand</strong>skrediten<br />
können zum Beispiel bilanzschonende<br />
Finanzierungsalternativen<br />
Leasing und Factoring sein.<br />
die Finanzierung ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen zu<br />
können. Durch den Erwerb der Immobilie hat sich das Unternehmen<br />
nicht nur vom Vermieter und möglicherweise steigenden Mietkosten<br />
unabhängig gemacht, es hat auch seine Sicherheiten für weiteres<br />
Wachstum ausgebaut.<br />
Gut zu wissen<br />
n Basel IV soll in den kommenden zwei Jahren in nationales Recht<br />
umgesetzt werden<br />
n Laut Bundesbank haben die Banken die Kreditbedingungen im<br />
dritten Quartal <strong>20</strong>19 bereits zum dritten Mal in Folge verschärft<br />
n Finanzen eines Unternehmens neu strukturieren, wenn die Bonität<br />
noch gut ist<br />
Katharina Brunke<br />
Bereichsleiterin Region Ost, Geschäfts- und<br />
Firmenkundenbetreuung Postbank<br />
www.postbank.de
52 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW-Erfolg:<br />
Steuerliche Förderung<br />
für den <strong>Mittelstand</strong>
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
53<br />
Deutschland gehörte bisher zu den fünf Ländern innerhalb der OECD, die Forschung und<br />
Entwicklung nicht steuerlich förderten. Nachdem das Thema über mehrere Legislaturperioden<br />
getragen, pausiert und verschoben wurde, trat die Forschungszulage zum Jahresanfang <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
nun endlich in Kraft. Auch mittelständische Auftraggeber werden gefördert – ein doppelter Erfolg<br />
des beharrlichen Einsatzes unseres Verbandes.<br />
Foto: © sanjeri von www.istockphoto.com<br />
Viele andere große Industriestaaten, darunter die USA, China,<br />
Japan, Frankreich und Großbritannien, unterstützen Unternehmen<br />
bereits seit Jahren mit steuerlichen Anreizen für Investitionen<br />
in Forschung und Entwicklung (FuE). Mit diesen Ländern<br />
möchte die Bundesregierung jetzt gleichziehen. Die Förderungslandschaft,<br />
die zuvor ausschließlich aus der direkten Projektförderung<br />
bestand, wird mit dem Forschungszulagengesetz sinnvollerweise<br />
ergänzt. Die steuerliche Forschungsförderung rechnet sich laut<br />
ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung auch<br />
für den Staat: Für jeden Förder-Euro wird bei den Betrieben zusätzlicher<br />
FuE-Aufwand von 1,33 Euro mobilisiert.<br />
Wer wird gefördert?<br />
Die Forschungszulage unterstützt großflächig alle Branchen und Unternehmensgrößen<br />
und sieht neben der Steuerpflicht in Deutschland<br />
keine weiteren Einschränkungen vor. Statt die Förderung für kleine<br />
und mittlere Unternehmen zu beschränken, setzt das Bundesministerium<br />
der Finanzen durch die Deckelung des Fördersatzes und der<br />
Bemessungsgrundlage den Fokus auf den <strong>Mittelstand</strong> und junge<br />
Unternehmen sowie Start-ups.<br />
Nach langer Diskussion ist nun auch die Auftragsförderung Teil des<br />
Forschungszulagengesetzes. Bundesfinanzminister Scholz wollte<br />
ursprünglich nur die Auftragnehmer steuerlich fördern. Dies lehnten<br />
nicht nur der BVMW, sondern auch die EU-Kommission und selbst<br />
große staatliche Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft<br />
ab. Viele Auftragnehmer seien oft nicht steuerpflichtig,<br />
und daher würde eine steuerliche Förderung verpuffen. Zudem<br />
kommt das Geld bei einer Förderung des Auftraggebers auch den<br />
kleinen und mittleren Unternehmen zugute. Diese verfügen häufig<br />
über keine eigene Forschungsabteilung im Unternehmen und müssen<br />
daher Forschungsaufträge an externe Einrichtungen vergeben.<br />
Beim Auftraggeber werden nun 60 Prozent des an den Auftragnehmer<br />
gezahlten Entgeltes gefördert. Deutsche Unternehmen können<br />
zukünftig auch einen Forschungsauftrag EU-weit an eine ausländische<br />
Einrichtung vergeben.<br />
Gut zu wissen<br />
n Ergänzung zur bestehender Projektförderung –<br />
Doppelförderung ausgeschlossen<br />
n Antragsberechtigt sind branchen- und größenunabhängig<br />
alle Unternehmen<br />
n Beantragung beim Finanzamt, welches das Forschungsvorhaben<br />
bei einer externen Zertifizierungsstelle prüft<br />
n Steuergutschrift wird auch im Verlustfall ausbezahlt<br />
n Maximale Fördersumme 500.000 Euro pro Unternehmen und Jahr<br />
n 25 Prozent auf FuE-Personalkosten<br />
n Auftragsforschung berücksichtigt<br />
Wie wird gefördert?<br />
In einem Unternehmen werden über die Personalkosten, also die dem<br />
Lohnsteuerabzug unterliegenden Löhne und Gehälter der forschenden<br />
Beschäftigten, bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr gefördert. Bei<br />
einer Förderquote von 25 Prozent entspricht dies einem Steuererlass<br />
von 500.000 Euro. Pro Unternehmen und Forschungsprojekt dürfen<br />
insgesamt 15 Millionen Euro inklusive aller über die gesamte Laufzeit<br />
gewährten staatlichen Beihilfe einschließlich der Forschungszulagen<br />
nicht überschritten werden.<br />
Die Förderung ist bewusst als Zulage gewährt, sodass auch eine<br />
Auszahlung im Verlustfall garantiert ist. Lediglich die drei Kategorien<br />
Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle<br />
Forschung müssen erfüllt sein. Begünstigt werden außerdem<br />
Kooperationen mit anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen<br />
oder Hochschulen. Sogar forschende Einzelunternehmerinnen und<br />
-unternehmer oder Gesellschafter können pro Stunde 40 Euro bei<br />
maximal 40 Wochenstunden als förderfähige Aufwendungen ansetzen.<br />
Bund, Länder und Gemeinden rechnen mit Kosten von 1,4 Milliarden<br />
Euro jährlich für die Forschungszulage.<br />
Deutsche Unternehmen können zukünftig<br />
auch einen Forschungsauftrag<br />
EU-weit an eine ausländische<br />
Einrichtung vergeben.<br />
Der Antrag auf Förderung kann beim zuständigen Finanzamt nach<br />
Ablauf des Wirtschaftsjahres elektronisch gestellt werden. Das Forschungsvorhaben<br />
muss zuvor jedoch separat bei einer noch zu bestimmenden<br />
Zertifizierungsstelle geprüft werden. Hierdurch erhält<br />
das Unternehmen eine rechtsverbindliche Bescheinigung, die<br />
die Planbarkeit erhöht und das Verfahren in der Finanzverwaltung<br />
beschleunigt. Inwieweit diese zweistufige Lösung zu einer unnötigen<br />
Bürokratiehürde oder mehr Rechtssicherheit führen wird, wird<br />
sich zeigen.<br />
Der BVMW begrüßt die Einführung der Forschungszulage sowie die<br />
Einbeziehung der Auftraggeber. Nur so haben die vielen kleinen und<br />
mittleren Unternehmen auch etwas von der Förderung. Positiv ist<br />
außerdem, dass das Gesetz evaluiert werden soll. So kann der Gesetzgeber<br />
feststellen, ob es nicht nur für den <strong>Mittelstand</strong> gedacht,<br />
sondern auch gemacht ist.<br />
Liz Becker<br />
BVMW Referentin Steuern und Finanzen<br />
politik@bvmw.de
54 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Bares Geld für Innovation<br />
Die Welt schaut anerkennend auf den deutschen <strong>Mittelstand</strong>. Ein Grund für seinen Erfolg sind<br />
die wirkungsvollen direkten Fördermöglichkeiten für Forschung und Entwicklung. Eines dieser<br />
Förderprogramme ist das Zentrale Innovationsprogramm <strong>Mittelstand</strong> (ZIM).<br />
ZIM ist ein branchen- und technologieoffenes Förderprogramm<br />
des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) für kleine<br />
und mittlere Unternehmen. Ab diesem Jahr wird die Förderung<br />
in der dritten Förderperiode bis <strong>20</strong>25 fortgeführt. Der Fokus<br />
liegt vor allem auf kleinen Unternehmen. Es werden sowohl Einzelprojekte<br />
als auch Kooperationsprojekte mit anderen Unternehmen<br />
oder Forschungseinrichtungen berücksichtigt. Außerdem fördert<br />
ZIM Kooperationsnetzwerke, in denen ein bestimmtes Themengebiet<br />
im Konsortium bearbeitet wird, woraus neue Kooperationsprojekte<br />
entstehen.<br />
Ein großer Vorteil dieser Kooperationen ist der Wissenstransfer zwischen<br />
den Partnern. Ein kleines Unternehmen hat vielleicht eine brillante<br />
Idee, aber es fehlt an entsprechenden Forschungsressourcen.<br />
Diese kann eine Forschungseinrichtung zur Verfügung stellen.<br />
78 Prozent der rund 17.000 bewilligten ZIM-Projekte der vergangenen<br />
Förderperiode sind Kooperationsprojekte,<br />
auch das zeigt den großen Mehrwert von<br />
gemeinsamer Forschung und Entwicklung.<br />
Wer profitiert von ZIM?<br />
In der letzten Förderperiode wurden bundesweit<br />
rund 2,6 Milliarden Euro an Fördergeldern<br />
ausgeschüttet. Vor allem für KMU ist das<br />
Programm somit eine sehr profitable Möglichkeit,<br />
Forschungs- und Entwicklungsprojekte<br />
zu finanzieren. Oftmals sind es eben<br />
die kleinen Unternehmen, die echte „Game-<br />
Changer“-Ideen hervorbringen, denen es aber<br />
an entsprechenden Mitteln fehlt, um die Entwicklung<br />
zu finanzieren. Förderprogramme<br />
wie ZIM reduzieren die technologischen und<br />
wirtschaftlichen Risiken, die Innovationen mit<br />
sich bringen. Sie fördern zudem den Wissenstransfer<br />
und die Synergieeffekte zwischen<br />
Forschung und Wirtschaft. Das bewährte<br />
System der direkten Förderprogramme wie ZIM bietet dem Wirtschaftsstandort<br />
Deutschland ein echtes Alleinstellungsmerkmal und<br />
einen Standortvorteil im Vergleich zu anderen Wirtschaftsnationen.<br />
Indirekte Gefährdung<br />
Die Wirksamkeit der direkten Förderung wurde durch eine ausführliche<br />
unabhängige Studie belegt. Die ZIM-Richtlinie wird bis <strong>20</strong>25 verlängert.<br />
Zugleich zieht Deutschland als eines der letzten Länder nun<br />
mit der indirekten Förderung in Form der steuerlichen Forschungszulage<br />
nach. Falls sich diese mittelfristig nachteilig auf die direkten<br />
Förderprogramme wie ZIM auswirken würde, käme es dadurch nicht<br />
nur zu einer Abwertung des Wirtschaftsstandorts, sondern auch zur<br />
Schwächung innovativer KMU.<br />
Gut zu wissen<br />
n Die Zuschüsse, die mit dem ZIM-Programm bewilligt wurden, müssen nicht zurückgezahlt werden<br />
n Bezüglich der eingesetzten Technologie eines ZIM-Projekts gibt es keine Vorgaben. Wichtig ist nur, dass das Vorhaben<br />
technologisch innovativ und riskant ist<br />
n DORUCON – Dr. Rupp Consulting GmbH betreut bundesweit Mandanten aus verschiedenen Industriebereichen, unterstützt<br />
sowohl bei direkten Zuschüssen wie ZIM als auch bei der steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung<br />
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Dr. Jörg Rupp<br />
Geschäftsführer<br />
DORUCON –<br />
Dr. Rupp Consulting<br />
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Foto: Foto: © © NN dorian<strong>20</strong>13 von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
55<br />
FINANZTIPP<br />
Schwindende Sicherheiten<br />
Dass Geld, das Sie auf Ihr Bankkonto einzahlen, nicht mehr Ihnen<br />
gehört, sondern der Bank, hat sich mittlerweile herumgesprochen.<br />
Und dass die Bank mit „Ihrem“ Geld letztlich<br />
machen kann, was sie will, ebenso. Jedes Mal, wenn dieses Thema<br />
publikumswirksam behandelt wird, sind in der Nacht die Bankautomaten<br />
leer.<br />
Ist denn die Angst der Sparer so groß, dass sie ihr Geld nicht mehr<br />
zurückbekommen könnten? Ja, denn bei einem Bankrun könnten die<br />
Einleger nicht sofort ausbezahlt werden. Ein Sturm auf die Banken<br />
ist bei uns jedoch unwahrscheinlich. Wie schon gehabt: Ein Wort aus<br />
der Regierung wie „Ihr Geld in der Bank ist sicher“ genügt wohl auch<br />
in der nächsten Krise – obwohl wir doch genau wissen, dass „Ihr“<br />
Geld schon längst das Geld der jeweiligen Bank ist.<br />
Sicher bei der Bank ist nur das Geld, das Sie dort in einem Safe aufbewahrt<br />
haben – jedenfalls weitgehend. Doch das ist ein anderes<br />
Thema. „Sicher“ sind nicht die (Rück-)Zahlungsversprechen, sondern<br />
nur die Wertpapiere, die Sie in den (ausgesonderten) Depots bei<br />
den Banken halten, aber über die Sie im Falle eines Falles nicht immer<br />
sofort verfügen können. Außerdem gibt es ja noch Frankfurt: Die<br />
Notenbanken werden in einer Notsituation den Banken frisches Geld<br />
zur Verfügung stellen, damit jeder sehen kann, dass genügend Geld<br />
vorhanden ist. Nur böse Zungen behaupten da, unsere Geldscheine<br />
seien Scheingeld.<br />
Dann gab es doch noch eine „Sicherungsgrenze“ von <strong>20</strong> Prozent der<br />
„maßgeblichen Eigenmittel“… Per 1.1.<strong>20</strong><strong>20</strong> ist diese ohne großes Aufsehen<br />
auf 15 Prozent gesenkt worden. So einfach und schnell geht<br />
das für die Bankenlobby.<br />
Die Älteren, die noch in eine Bankfiliale gehen, sterben aus. Und immer<br />
mehr erledigen ihre Bankgeschäfte online – und das noch zu<br />
viel günstigeren Gebühren. Über kurz oder lang braucht kein Mensch<br />
mehr die klassischen Banken. Eine Idee zum Nachdenken: Die Finanzämter<br />
besorgen sich eine Banklizenz und führen die Konten für<br />
alle Einwohner per Internet, Steuern werden dann gleich ab- und umgebucht.<br />
Und bei der „Finanzamtsbank“ braucht man kein Insolvenzrisiko<br />
zu befürchten …<br />
Aber nicht nur Banken haben es schwer zu überleben, auch klassische<br />
Lebens- und Rentenversicherungen. Diese sind ja gesetzlich<br />
gezwungen, das Geld festverzinslich anzulegen. Doch statt Zinsen<br />
gibt es Negativzinsen. Hier rächt sich, dass der Gesetzgeber angebliche<br />
Sicherheit überbewertet hat – wohl mit dem Hintergedanken,<br />
dass die Versicherer die (eigenen) Staatsanleihen kaufen müssen.<br />
Und was heißt das für uns Anleger? Wir müssen uns selbst um unser<br />
Geld kümmern. Klassische Lebensversicherungen sind in fondsgebundene<br />
Versicherungen zu tauschen, und für die Fondsauswahl<br />
bedarf es eines externen Beraters.<br />
Foto: © NN<br />
Mein alter Freund Herbert Pohl, ein Banker der alten Schule, meinte,<br />
die Deutsche Bank werde nicht untergehen. Die Politik werde nicht<br />
zulassen, dass der Name „Deutsche“ zerstört würde. Aber das war zu<br />
den Tagen von Hermann Josef Abs. Aber was, wenn doch? Die Einlagensicherung<br />
beträgt nur 100.000 Euro im Falle eines Bankenkonkurses.<br />
Das deckt die meisten Bankkunden ab. Aber ist diese Grenze<br />
sicher? Zudem wird die Höhe der Einlagensicherung wahrscheinlich<br />
gesenkt. Das kann mit einem Federstrich geschehen, vielleicht auf<br />
30.000 Euro. Motto: Der Kleinanleger soll geschützt werden.<br />
Hans-Peter Holbach<br />
Herausgeber des Informationsdienstes<br />
Geld (erscheint im 47. Jahrgang)<br />
www.geldbrief.com<br />
Chefredakteur beim Vertraulichen<br />
Schweizer Brief<br />
www.vertraulicher.com
56 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Bargeldlos in die Zukunft?<br />
Die Politik möchte den Abschied vom Bargeld. Doch die Deutschen tun sich schwer, von Münze,<br />
Schein und Portemonnaie zu lassen. In anderen Ländern hat man weniger Bedenken.<br />
Deutschland ist ein Paradies für Bargeldzahler. Nirgendwo wird die<br />
Brieftasche öfter gezückt als im einstigen Land der harten D-Mark:<br />
58.000 Geldautomaten stehen zur Verfügung, die Banken halten<br />
mittlerweile 37,4 Milliarden Euro Bargeld vor. <strong>20</strong>19 ist das im Umlauf<br />
befindliche Bargeld auf einen Rekordbetrag von 247 Milliarden Euro<br />
angewachsen.<br />
Die Diskussion um das Bargeld<br />
Doch seit April <strong>20</strong>19 wird der 500-Euro-Schein nicht mehr gedruckt.<br />
Die Politik fürchtet das Bargeld, schließlich können Transaktionen in<br />
cash der Schattenwirtschaft, der Geldwäsche oder dem Drogen- und<br />
Waffenhandel dienen. Dagegen hoffen die Anbieter von Kreditkarten,<br />
Bezahl-Apps und Internet-Bezahldienstleistungen auf Gewinne und<br />
Kundendaten, während die Europäische Zentralbank und der Internationale<br />
Währungsfonds ihre Null- und Negativzinspolitik fortsetzen<br />
möchten. Doch kostet das Geld auf der Bank Geld, werden Kunden<br />
ihre Konten leerräumen. Deshalb misstrauen die Währungshüter<br />
der klingenden Münze. Schlussendlich sind zahlreiche Verbraucher<br />
vom bargeldlosen Zahlen schlicht überzeugt: Es ist schnell, bequem<br />
und übersichtlich. Aber es formiert sich Widerstand: Bargeld sei geprägte<br />
Freiheit, hört man von den Gegnern, und „Was passiert mit<br />
meinen Daten?“<br />
Ein Blick auf die anderen<br />
In anderen Ländern sind die Verbraucher entspannter. Vor allem die<br />
nördlichen Nachbarn sind neuen Technologien zugeneigt. Die Norweger<br />
bezahlen ihre Lachsschnitte in der Regel mit Karte oder per<br />
App. Bei nur elf Prozent aller Zahlungen geht Bargeld über den Tisch.<br />
In dünn besiedelten Regionen wie Lappland gibt es kaum Geldautomaten,<br />
die Netzabdeckung indes ist flächendeckend gut. Die Bezahl-App<br />
„Vipps“ erlaubt mobiles Bezahlen auch dort, wo keine Kartenlesegeräte<br />
vorhanden sind. 3,2 von 5,3 Millionen Bürgern haben<br />
sich die App geladen, über hundert Banken akzeptieren das System.<br />
Ähnlich Schweden: Von den 1.500 Bankfilialen halten 900 kein Bargeld<br />
vor, in vielen sucht man einen Automaten vergebens. Stockholms<br />
Metro und Busse akzeptieren gar kein Bargeld mehr. Dort und<br />
in den meisten Geschäften zahlt man mit der App „Swish“, die schon<br />
<strong>20</strong>12 von sechs schwedischen Banken entwickelt wurde.<br />
Norwegen: Keine Geldautomaten,<br />
dafür perfekte Netzabdeckung auch<br />
im hintersten Lappland.<br />
Unter komplett anderen Vorzeichen entwickelt sich der Zahlungsverkehr<br />
in Kenia: Wie viele strukturschwache Länder in Afrika hat Kenia<br />
einen Technologieschritt übersprungen: Bankhäuser gibt es kaum,<br />
da die Infrastruktur nie entwickelt genug war. Stattdessen greift die<br />
Bevölkerung gleich zum Handy und nutzt M-Pesa, eine Art Agentur,<br />
die Bezahlvorgänge und Geldsendungen organisiert. Pro Jahr verwaltet<br />
M-Pesa knappe zwei Milliarden Transaktionen. 49 Prozent<br />
des Bruttoinlandproduktes werden über das Handy umgesetzt, 93<br />
Prozent der knapp 50 Millionen Einwohner nutzen den mobilen Zahlungsverkehr.<br />
Anzahl der Geldautomaten in Kenia: 2.000, Tendenz<br />
sinkend.
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
57<br />
Geld stinkt nicht, ist aber dreckig<br />
Davon ist Deutschland noch weit entfernt, genauso wie von der kompletten<br />
Abschaffung des Bargeldes. Und das ist gut so, denn nur<br />
die Barzahlung hinterlässt keine Spuren. Doch wer deshalb konsequent<br />
auf Kreditkarte und mobiles Bezahlen verzichtet, sollte genau<br />
so konsequent die Hände waschen: Auf 80 untersuchten Banknoten<br />
fanden Forscher pro Schein 3.000 verschiedene Bakterientypen.<br />
Bernd Ratmeyer<br />
Journalist<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
Gefahren für Volkswirtschaft und Privatsphäre<br />
Doch Bargeldrestriktionen, vor allem staatlich durchgesetzte, können<br />
auf Widerstand treffen. Indiens Präsident Narendra Modi erklärte<br />
<strong>20</strong>16 alle 500- und 1000-Rupien-Scheine für ungültig. Lange<br />
Schlangen bildeten sich vor den Geldautomaten, denn Indiens<br />
Binnenwirtschaft beruht wesentlich auf Bargeld. Aus diesen beiden<br />
Banknoten bestehen 86 Prozent des Bargeldumlaufes. Chaos war<br />
die Folge, denn Kartenzahlung oder Bezahl-Apps sind in Indien unüblich;<br />
in den abgelegenen ländlichen Regionen gibt es keine Lesegeräte.<br />
Da helfen auch die 300 Millionen kostenlose Konten, die Modi<br />
eigens für seine Bürger einrichten ließ, nichts: Nur die Hälfte wird genutzt.<br />
Indien ist ein Bargeldland.<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
Anzahl<br />
Bargeldloser<br />
Transaktionen<br />
pro Kopf in <strong>20</strong>18<br />
Die Kritiker der Bargeldabschaffung beobachten auch die Entwicklung<br />
in China sehr genau. Bezahldienstleister wie Alipay oder Wechat<br />
Pay treiben mobiles Zahlen aggressiv voran. Mit Erfolg: Auch in der<br />
entferntesten Provinz wird auf dem Dorfmarkt mobil bezahlt, Bettler<br />
bitten nicht per Pappschild um eine Gabe, sondern halten ihr Handy<br />
mit dem QR-Code hoch. Mobile Transaktionen erreichten <strong>20</strong>18 ein<br />
Volumen von 41,3 Milliarden Dollar. 525,1 Millionen Chinesen nutzen<br />
dafür ihr Handy. Immer populärer wird „Smile to pay“, hier erfasst eine<br />
3-D-Kamera die biometrischen Daten des Kunden, das Geld wird<br />
abgebucht. Das Gesicht ersetzt immer öfter auch die Bordkarte für<br />
das Flugzeug, den Zimmerschlüssel im Hotel, das U-Bahn Ticket<br />
und natürlich die Kreditkarte. Ein Albtraum für Datenschützer und<br />
Menschenrechtler, in China kommen auf 1.000 Einwohner mehr als<br />
100 Überwachungskameras.<br />
<strong>20</strong>0<br />
100<br />
Norwegen<br />
Schweden<br />
Spanien<br />
Deutschland<br />
Schweiz<br />
Luxemburg<br />
Frankreich<br />
Estland<br />
Niederlande<br />
Großbritannien<br />
Irland<br />
Finnland<br />
Dänemark<br />
Quelle: BCG-Ranking (Studie der Boston Consulting Group)<br />
Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel
58 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Kryptowährungen:<br />
Der Markt wächst weiter<br />
Mit ihrer Blockchain-Strategie erteilt die Bundesregierung Facebooks Kryptowährung Libra eine<br />
deutliche Absage. Welches Potenzial hat die Währung, und wie sollen Unternehmer reagieren?<br />
Seit <strong>20</strong>17 hat sich weltweit ein regelrechter Hype um Kryptowährungen<br />
entwickelt. Allen voran steht Bitcoin, der auf einen<br />
Wert von über <strong>20</strong>.000 Euro anstieg, ehe dann kurz vor Weihnachten<br />
<strong>20</strong>17 die Blase platzte. Seitdem schwankt die mit Abstand<br />
bekannteste Kryptowährung zwischen einer Bewertung von 2.500<br />
und 10.000 Euro. Die goldenen Zeiten von <strong>20</strong>17 sind also in weiter<br />
Ferne. Der gesamte Kryptomarkt hingegen wächst seit <strong>20</strong>17 kontinuierlich<br />
weiter, zwar nicht mehr in Form großer öffentlicher Aufmerksamkeit,<br />
sondern mit Investitionen und Engagement der ganz<br />
großen Player. Den größten Wurf plante die Libra Association, ein<br />
ursprünglich 28-köpfiges Konsortium, das von Facebook angeführt<br />
wird. Libra ist ein sogenannter Stablecoin, der <strong>20</strong><strong>20</strong> auf den<br />
Markt kommen soll. Stablecoins haben zu anderen Währungen feste<br />
Wechselkurse und werden durch werthaltige Anlagen der Anbieter<br />
gedeckt. Neben Facebook waren bei Libra zahlreiche andere große<br />
Player wie Vodafone, Uber, eBay und Mastercard mit an Bord.<br />
Absage an Stablecoins<br />
Mitte September <strong>20</strong>19 ging dann ein Ruck durch die deutsche Blockchain-Community.<br />
Das Bundeskabinett veröffentlichte seine Blockchain-Strategie<br />
und erteilte Stablecoins eine deutliche Absage. Obwohl<br />
Libra nicht namentlich genannt wird, ist klar, wer gemeint ist.<br />
„Die Bundesregierung wird sich auf europäischer und internationaler<br />
Ebene dafür einsetzen, dass Stablecoins keine Alternative zu staatlichen<br />
Währungen werden“, so das Bundeskabinett. In Anbetracht<br />
der bereits bestehenden Marktmacht der großen Tech-Konzerne befürchtet<br />
die Politik, dass private Stablecoins es schaffen könnten,<br />
Staaten und insbesondere Notenbanken den Rang abzulaufen. Nicht<br />
nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in den USA ist Libra<br />
den Notenbanken ein Dorn im Auge. Und die Befürchtungen sind<br />
nicht unberechtigt: Wenn alleine bei Facebook weit über zwei Milliarden<br />
Menschen registriert sind, und all diese Menschen mit der Währung<br />
in Kontakt kommen werden, kann diese das bestehende System<br />
revolutionieren.<br />
Wie geht es nun weiter?<br />
Mittlerweile haben einige bekannte Namen wie VISA, Mastercard und<br />
Paypal das Konsortium wieder verlassen. Facebook hingegen gibt<br />
sich weiterhin optimistisch, dass Libra <strong>20</strong><strong>20</strong> auf den Markt kommt.<br />
Aufgrund der Erfolgsgeschichte und der Marktdominanz von Facebook,<br />
Apple und Co. müssen Vorstöße, wie bei Libra, genauestens<br />
beobachtet werden. Für den <strong>Mittelstand</strong> hingegen gilt: Statt mit Kryptowährungen<br />
zu spekulieren, sollte lieber überprüft werden, ob die<br />
Anwendung von Blockchain im Geschäftsmodell sinnvoll ist. Denn<br />
Blockchain ist mehr als nur Kryptowährung. Ein Blick in die Blockchain-Strategie<br />
der Bundesregierung wird sich lohnen.<br />
Gut zu wissen<br />
Unterschied zwischen Bitcoin und Libra:<br />
n Bitcoin ist dezentral, öffentlich und kann im Grunde genommen von<br />
keiner Person kontrolliert werden<br />
n Der Wert von Bitcoin setzt sich alleine aus Angebot und Nachfrage<br />
zusammen, weshalb hohe Schwankungen eher die Regel als die Ausnahme<br />
sind<br />
n Libra hingegen wird der Kontrolle der Konsortiummitglieder unterliegen,<br />
die mit ihren eigenen Anlagen dafür sorgen, dass die Kryptowährung<br />
wesentlich stabiler bleibt<br />
Luke Voutta<br />
BVMW Referent für Digitales<br />
luke.voutta@bvmw.de<br />
Foto: © Khunatorn von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
59
60 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
So meistern Sie Krisen<br />
Nach Jahren starker Konjunktur verdichten<br />
sich die Anzeichen eines wirtschaftlichen<br />
Abschwungs. Wie soll man mit Krisen<br />
umgehen? Und wie geht es weiter, wenn sich<br />
eine Insolvenz nicht vermeiden lässt?<br />
Nach Zeiten des erfolgreichen Wachstums und guter Gewinne<br />
zeigen sich für viele Unternehmen dunkle Wolken am Horizont.<br />
War es <strong>20</strong>07/8 die Subprime- und Bankenkrise in den<br />
USA, können es heute Handelskriege und die Umwälzungen in der<br />
Automobilindustrie sein, die den Ausschlag geben. Manche Unternehmen<br />
sind schon mittendrin im Sturm, je nach Branche stellt sich<br />
das Bild zurzeit sehr unterschiedlich dar.<br />
Im Prinzip nichts Neues. Auf Wachstums- und Boomphasen folgen<br />
stets Phasen des wirtschaftlichen Rückgangs, auf die dann wieder<br />
Wachstumsphasen folgen. Immer wieder das Gleiche, und doch immer<br />
wieder neu. Wie sonst kann man sich die steigenden Insolvenzen<br />
in einer Rezession erklären. Eigentlich müsste es den Unternehmen<br />
doch leichtfallen, Krisenanzeichen zu erkennen und rechtzeitig<br />
zu reagieren.<br />
Gründe für Insolvenzen<br />
Zu den Hauptursachen von Insolvenzen zählen ein unzureichendes<br />
Controlling und Liquiditätsmanagement, ein falscher Führungsstil<br />
und Fehler bei der strategischen Ausrichtung des Unternehmens.<br />
Darüber hinaus entstehen viele Unternehmenskrisen und Insolvenzen<br />
durch unerwartete Ereignisse, plötzliche Marktveränderungen,<br />
Zahlungsschwierigkeiten von Kunden oder Versorgungsprobleme<br />
bei Lieferanten. Natürlich kann man sich nicht auf alle Eventualitäten<br />
vorbereiten oder sich gegen diese versichern.<br />
Es gibt aber noch eine weitere Ursache, mit der Unternehmer unbewusst<br />
zur Verschärfung von Krisen beitragen: Sie wollen die Zeichen<br />
nicht erkennen, sie glauben, alles alleine besser zu können, sie haben<br />
nicht den Mut, unangenehme Wahrheiten anzuerkennen und sich<br />
professionelle Unterstützung zu holen. Viele glauben, dass sich mit<br />
Willen, Durchhalteparolen und Hoffnung schwierige Zeiten durchstehen<br />
lassen. Das mag manchmal richtig sein. Aber der Hauptgrund<br />
für Unternehmensinsolvenzen ist diese abwartende Haltung. Rechtzeitig<br />
erkannt und angepackt, lassen sich viele Probleme proaktiv lösen.<br />
Oft kommen Unternehmen aber erst dann zur Beratung, wenn<br />
es schon zu spät ist.<br />
Woran kann man Krisen erkennen?<br />
Rückläufige Umsätze und Absätze, sinkende Erträge oder Verluste<br />
Foto: Foto: © © NN nehopelon von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
61<br />
Gut zu wissen<br />
Das Wirtschaftsministerium in Baden-Württemberg hat ein Pilotprojekt<br />
gestartet, das ein Konzept der zweiten Chance zur Unterstützung von<br />
Unternehmern entwickelt. In Kooperation mit TEAM U-Restart gGmbH<br />
werden im Rahmen von zehn Pilotworkshops von März bis Mai <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
erstmals Re-Starter-Trainings stattfinden. Dabei wird erarbeitet, welche<br />
Unterstützung für Re-Starter wichtig ist, und wie sich diese in die Gründerförderung<br />
in Baden-Württemberg integrieren lässt. Ziel ist es, das<br />
Potenzial zu nutzen, das in der zweiten Chance steckt.<br />
und Liquiditätsengpässe sind objektive Hinweise darauf, dass Handlungsbedarf<br />
besteht. Neben diesen objektiven gibt es auch subjektive<br />
Kriterien. Hierzu zählen die Meinungen anderer Marktteilnehmer,<br />
eventuelle Sorgen und Bedenken der Mitarbeiter und natürlich das<br />
eigene Bauchgefühl. Es lohnt sich, bei allen Kriterien genau hinzuschauen<br />
und darauf zu achten, sich selbst nichts vorzumachen.<br />
Ungeachtet möglicher Ursachen ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit<br />
den Indikatoren und Handlungsspielräumen zu beschäftigen und<br />
sich mit einer möglichen Krise auseinanderzusetzen. Es empfiehlt<br />
sich, schon in guten Zeiten einen Notfallplan zu erarbeiten.<br />
Die Herausforderung in der Krise ist, dass neben dem erforderlichen<br />
Mehreinsatz auf der Marktseite auch das Thema Krisenbewältigung,<br />
Kosteneinsparung, Restrukturierung hinzukommt und zusätzlich<br />
Stress verursacht und Zeit und Energie bindet. Und das in einer Phase,<br />
in der man schnell reagieren und möglichst kreativ und lösungsorientiert<br />
denken können sollte.<br />
FUCKUP<br />
Das Scheitern von heute sind<br />
die Erfolge von morgen<br />
Bert Overlack<br />
Verlag Wiley<br />
255 Seiten<br />
19,99 €<br />
Im Fall einer Insolvenz<br />
Wenn das eigene Unternehmen in seiner Existenz bedroht wird, dann<br />
ist das für fast alle Unternehmer und ihre Familien eine sehr belastende<br />
emotionale Situation. Der Verlust eines Unternehmens ist oft ein<br />
traumatisches Erlebnis und muss verarbeitet werden. Das braucht<br />
Zeit und eine professionelle Begleitung. Alle Unternehmer und Unternehmerinnen<br />
hatten irgendwann in ihrem Leben eine Krise. Mit kompetenter<br />
Begleitung, Mut und oft auch etwas Glück konnten sie eine<br />
Insolvenz vermeiden.<br />
In einer erfolgsorientierten Gesellschaft besteht die Tendenz, sich nur<br />
an erfolgreichen Menschen zu orientieren. Dabei wird die andere Seite<br />
der Medaille des Erfolgs ignoriert. Es täte gut, die Erfahrungen und<br />
wertvollen Erkenntnisse dieser Seite in Lernprozesse einzubeziehen.<br />
Gut zu wissen<br />
Es gibt umfangreiche Möglichkeiten der<br />
Unterstützung vor, während und nach einer<br />
Krise oder Insolvenz:<br />
n Infos zu den Start-up BW Re-Starter<br />
Trainings gibt es unter https://<br />
www.startupbw.de/themen/re-starter/<br />
n Infos zu TEAM U Restart gGmbH und<br />
seinem Unterstützungsangebot unter<br />
www.team-u.de<br />
n Info zum DanubeChance 2.0 Projekt unter<br />
https://bvmw.info/danube-chance<br />
n Das BAFA fördert die Beratung von<br />
Unternehmen in Schwierigkeiten<br />
https://bvmw.info/bafa-foerderung<br />
Bert Overlack<br />
Geschäftsführer<br />
bert.overlack GmbH<br />
Mitglied im<br />
Bundeswirtschaftssenat<br />
www.bertoverlack.de
62 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
STEUERN AUF DEN PUNKT<br />
Private Darlehen im Steuerrecht<br />
Viele Unternehmen können sich nicht allein aus dem laufenden<br />
Cashflow finanzieren. Regelmäßig springen die Gesellschafter<br />
in die Bresche. Schließlich verspricht ein Gesellschafterdarlehen<br />
eine höhere Rendite als die Geldanlage am Markt. Was tun, wenn<br />
die Forderung uneinbringlich wird?<br />
In der jüngeren Vergangenheit wurde über die Frage, ob und unter<br />
welchen Voraussetzungen private Darlehensausfälle steuerlich zu<br />
berücksichtigen sind, trefflich gestritten. Der Bundesfinanzhof fuhr<br />
mit zwei Urteilen aus dem Jahr <strong>20</strong>17 sowohl der Finanzverwaltung<br />
als auch dem Gesetzgeber in die Parade und urteilte, dass Verluste<br />
aus dem Untergang von Gesellschafterdarlehen, die einer Kapitalgesellschaft<br />
gewährt wurden, sowie sonstige privaten Darlehen bei<br />
den Verlusten aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden können.<br />
Die neue Rechtsprechung war insbesondere für Gesellschafter<br />
von Kapitalgesellschaften von Vorteil, weil nunmehr der Darlehensverlust<br />
in voller Höhe steuermindernd berücksichtigt werden konnte.<br />
War der Gesellschafter zu mindestens zehn Prozent an der Kapitalgesellschaft<br />
beteiligt, war der Verlust mit dem tariflichen Einkommensteuersatz<br />
zu berücksichtigen und konnte mit Einnahmen aus<br />
anderen Einkunftsarten verrechnet werden.<br />
Gut zu wissen<br />
n Die neue Rechtslage für Gesellschafterdarlehen gilt für<br />
Verluste, die nach dem 31. Juli <strong>20</strong>19 realisiert werden. Die<br />
steuerliche Behandlung von Darlehensverlusten vor diesem<br />
Zeitpunkt sollte aufgrund der kontroversen Rechtslage mit<br />
einem Steuerberater erörtert werden.<br />
n Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht klar ersichtlich,<br />
ob der Höchstbetrag von 10.000 Euro pro Jahr bei Ausfall<br />
mehrerer privater Darlehen auch mehrfach genutzt werden<br />
kann. Bis zur Klärung dieser Rechtsfrage ist zu erwägen, anstelle<br />
eines großen mehrere kleinere Darlehen zu vergeben.<br />
Gesellschafterdarlehen<br />
Mit dem Jahressteuergesetz <strong>20</strong>19 reagiert der Gesetzgeber nun auf<br />
die unliebsame Rechtsprechung. Für Gesellschafter, die zu mehr als<br />
einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt sind, wird der<br />
ausbleibende Rückzahlungsanspruch nicht mehr als Verlust bei den<br />
Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Stattdessen erhöht<br />
die Darlehensvaluta die Anschaffungskosten des Gesellschafters auf<br />
seine Beteiligung. Ein Verlust realisiert sich somit erst beim Verkauf<br />
oder insolvenzbedingten Untergang der Anteile. Aufgrund der steuerlichen<br />
Sonderregelung für Erlöse aus Beteiligungsveräußerungen<br />
– dem Teileinkünfteverfahren – schlägt der Darlehensausfall nur zu<br />
60 Prozent durch. Eine klare Schlechterstellung im Vergleich zu der<br />
vom Bundesfinanzhof vertretenen Gesetzesauslegung.<br />
Private Darlehen<br />
Auch die Möglichkeit, Verluste aus einem privaten Darlehen steuerlich<br />
geltend zu machen, wird eingeschränkt. Nämliche Verluste, die<br />
ab dem 1. Januar <strong>20</strong><strong>20</strong> realisiert werden, können im Steuerjahr der<br />
Entstehung nicht mehr unbeschränkt, sondern nur noch bis zum<br />
Höchstbetrag von 10.000 Euro mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen<br />
verrechnet werden. Ein Verlustüberhang ist in das nächste<br />
Jahr vorzutragen. Hiervon erfasst werden ebenfalls Darlehen eines<br />
Gesellschafters, der zu weniger als einem Prozent an einer Kapitalgesellschaft<br />
beteiligt ist. Der Verlust wird im Regime der Abgeltungsteuer<br />
zu 25 Prozent steuerwirksam.<br />
Dr. Sebastian Krauß<br />
Steuerberater, Fachberater für<br />
Internationales Steuerrecht,<br />
SteuerbüroKrauß<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.steuerbuero-krauss.de
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
63<br />
KLARTEXT: FINANZIERUNG<br />
Wie Erfolg nicht zu verhindern ist<br />
Einer meiner Lieblingssätze stammt von Professor Hardy Wagner,<br />
Gründer des Gabal-Verlages. Er beschäftigt sich viel mit<br />
Persönlichkeitsmodellen und predigt, dass Verhaltensmuster<br />
und Persönlichkeitsstile zueinander passen müssen. Denn – und<br />
jetzt kommt mein Lieblingssatz – „dann lässt sich der Erfolg nicht<br />
mehr verhindern“.<br />
Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann gar nichts mehr schiefgehen,<br />
auch wenn ich mich dann noch so blöd anstelle. Eigentlich sehr<br />
einfach. Doch dieses „eigentlich“ ist für viele eine schier unüberwindliche<br />
Steilwand, an die sie sich gar nicht erst wagen, weil sie so furchterregend<br />
hoch, gefährlich und vor allem fremd erscheint. Es mag ein<br />
wenig mühsam erscheinen, sich mit solchen weichen Faktoren auseinanderzusetzen,<br />
Persönlichkeiten als solche zu sehen und zu erkennen<br />
– sowohl im Unternehmen als auch beim Kunden. Beides ist<br />
wichtig und erleichtert danach so vieles – den Erfolg zum Beispiel.<br />
Stattdessen setzen viele auf die Karte Geld und Finanzierung. Nun<br />
leben wir in einem kapitalistischen System, in dem der Faktor Geld<br />
eine große Rolle spielt. Es ist also eine gute Idee, Geld zu haben oder<br />
zu bekommen. Doch wer glaubt, mit Geld für Geld durch Geld alles<br />
erreichen zu können, irrt gewaltig.<br />
Unternehmenskultur kann ich nicht kaufen. Gesunde und motivierte<br />
Mitarbeiter kann ich nicht kaufen. Emotional an mich gebundene<br />
Kunden kann ich nicht kaufen. Wertvolle Empfehlungen aus einem<br />
stabilen Netzwerk kann ich nicht kaufen. All das sind Themen,<br />
die wesentlich über Wohl und Weh eines Unternehmens entscheiden.<br />
All das sind aber auch Themen, die nicht umsonst zu haben sind, die<br />
Ressourcen fordern: eigene Zeit, jene der Mitarbeiter und auch Geld.<br />
Das Schöne am Unternehmertum ist ja, gestalten zu können. Freiheitsgrade,<br />
die auch Bürokratie, Kammern und die EU nicht kaputt<br />
bekommen, wenn wir zu uns selbst im Guten ehrlich sind. Deswegen<br />
ist es unsere höchste Aufgabe, die Voraussetzungen zu schaffen,<br />
dass es läuft: sich zu positionieren, sich persönlich zu entwickeln<br />
und dann in die Belegschaft und das Umfeld zu wirken.<br />
Warum sage ich das alles? Nun, in dieser Ausgabe von „<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.“<br />
geht es um Finanzierung. Deswegen nehme ich mir an dieser<br />
prominenten Stelle die Freiheit, darauf hinzuweisen, dass Bankmitarbeiter,<br />
Berater und Förderer wichtig sind. Doch viel wichtiger bin<br />
ich als Unternehmer: Meine Kraft, meine Begeisterung, mein unbändiger<br />
Wille schlägt in der Wirkung jede Finanzierungsrunde um Längen.<br />
Oder, um es mit Professor Hardy Wagner zu sagen, dann lässt<br />
sich der Erfolg nicht mehr verhindern.<br />
Guido Augustin<br />
BVMW Pressesprecher<br />
Rheinhessen<br />
Kommunikationsberater<br />
ga@guidoaugustin.com<br />
Foto: © Heike Rost
64 SCHWERPUNKT<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
FINANZIERUNG IN ZAHLEN<br />
DREIUNDFÜNFZIGKOMMANEUN PROZENT<br />
der Unternehmen haben im vergangenen Jahr Kreditverhandlungen geführt. Somit bleiben Bankkredite eine wichtige Finanzierungsquelle<br />
für Unternehmer.<br />
Quelle: KfW-Studie „Unternehmensbefragung <strong>20</strong>19“<br />
19,4<br />
45<br />
Prozent der kleinen Unternehmen (bis eine Million Euro Umsatz)<br />
melden Schwierigkeiten beim Kreditzugang. Für sie ist der<br />
Zugang zu Krediten dreimal so schwierig wie für Unternehmen<br />
mit über 50 Millionen Euro Umsatz.<br />
Quelle: KfW-Studie „Unternehmensbefragung <strong>20</strong>19“<br />
Prozent Eigenmittel steckten mittelständische Unternehmer <strong>20</strong>18<br />
bei Investitionen in ihr Unternehmen. Die Eigenmittel stellen damit<br />
seit <strong>20</strong>06 die größte Finanzierungsquelle für den deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />
bei Investitionen dar.<br />
Quelle: KfW<br />
48,6<br />
Prozent betrug der Anteil durch Kartenzahlung<br />
im vergangenen Jahr im deutschen Einzelhandel.<br />
Damit verzeichnete der Einzelhandel<br />
erstmals einen höheren Umsatz durch<br />
Kartenzahlungen als durch Zahlungen mit<br />
Bargeld (48,3 Prozent).<br />
Quelle: Bitkom Studie<br />
Prozent der mittelständischen Unternehmen<br />
sind bereit, mit Fintechs zusammenzuarbeiten.<br />
Fintechs bieten mittlerweile eine<br />
solide Alternative für die Finanzierung der<br />
Unternehmen. Der Vorteil der neuen Finanzierungsformen<br />
liegt meist in den geringeren<br />
bürokratischen Anforderungen an die<br />
Unternehmen.<br />
Quelle: BVMW-Unternehmerumfrage<br />
85<br />
44<br />
Prozent der Unternehmer bewerteten ihre Finanzierungssituation<br />
im Jahr <strong>20</strong>18 mit gut, <strong>20</strong> Prozent sogar mit sehr gut.<br />
Quelle: BVMW-Unternehmerumfrage<br />
Eigenkapital waren <strong>20</strong>17<br />
im <strong>Mittelstand</strong> vorhanden. Damit<br />
ist die Quote in den vergangenen<br />
zehn Jahren um 6,6 Prozentpunkte<br />
gewachsen. Der Anstieg der<br />
Eigenkapitalquote ist vor allem<br />
31,2Prozent<br />
durch die positive wirtschaftliche<br />
Entwicklung zu erklären.<br />
Quelle: Statista<br />
80<br />
Prozent des Kreditvolumens im <strong>Mittelstand</strong><br />
entfällt auf Hausbanken. Vor allem kleine Unternehmen<br />
sind eng mit ihrer Hausbank verknüpft.<br />
Größere Mittelständler diversifizieren<br />
ihre Geschäftsbeziehungen zu Kreditinstituten<br />
und sind häufig breiter aufgestellt.<br />
Quelle: BVMW
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BWS<br />
65<br />
Bundeswirtschaftssenat<br />
Bundeswirtschaftssenat<br />
Der Bundeswirtschaftssenat ist das Spitzengremium<br />
des BVMW. Ihm gehören 230 herausragende<br />
Der Bundeswirtschaftssenat ist das Spitzengremium des BVMW.<br />
Ihm gehören 230 herausragende Unternehmerpersönlichkeiten an,<br />
Unternehmerpersönlichkeiten darunter vier deutsche Nobelpreisträger an, darunter und zahlreiche vier deutsche<br />
Nobelpreisträger und zahlreiche Marktführer.<br />
Die inhabergeführten Unternehmen stehen für einen<br />
Marktführer. Die inhabergeführten Unternehmen stehen für einen<br />
Jahresumsatz von circa 100 Milliarden Euro und rund 1 Million<br />
Jahresumsatz von circa Arbeitsplätze. 100 Milliarden Euro und rund<br />
eine Million Arbeitsplätze.<br />
In dieser Ausgabe von „Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“<br />
In dieser Ausgabe von<br />
„Der Bundeswirtschaftssenat im Dialog“:<br />
erzählt Martin Billhardt, Vorstandvorsitzender der Pfisterer Holding AG,<br />
wie die traditionsreiche Firma mit dem steten Wandel in der<br />
Energiebranche umgeht.<br />
Jörg Burmistrak, Geschäftsführer der Burmistrak &<br />
Partner Stephan Steuerberatungsgesellschaft Frigge, Geschäftsführer von Phoenix Contact, mbB, fordert erläutert, eine<br />
vor Vereinfachung welchen Herausforderungen des Steuerrechts der Weltmarktführer und steuerliche<br />
im Bereich der<br />
Entlastung für Unternehmen.<br />
Elektrotechnik steht und stellt die Arbeitskultur in seinem<br />
Unternehmen vor.<br />
Bernhard Oberschmidt, Vorstandsvorsitzender der USU<br />
Software AG, erzählt die Geschichte des Fortschritts und<br />
der Digitalisierung anhand des eigenen Unternehmens.
66 BWS<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
JÖRG BURMISTRAK<br />
Burmistrak & Partner<br />
Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />
Foto: © NN
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BWS<br />
67<br />
„Das Steuerrecht müsste<br />
vereinfacht werden“<br />
Burmistrak und Partner haben sich seit ihrer Gründung 1992 von einer klassischen Steuerberatungsgesellschaft<br />
zu einer Kanzlei entwickelt, die ihren Mandanten durch einen ganzheitlichen<br />
Beratungsansatz zur Seite steht.<br />
Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Burmistrak, Sie bieten nicht nur Hilfe bei<br />
den großen Herausforderungen, sondern auch bei den notwendigen<br />
Routineservices, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, der Digitalisierung<br />
und ähnlichem.<br />
wenn man Steuergeschenke bis hin zu unsinnigen Zuwendungen<br />
einbezieht. Eines von vielen ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von<br />
sieben Prozent für Übernachtungen. Für mich ein Klassiker eines politischen<br />
Geschenkes. Vieles davon ist einfach absurd.<br />
Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />
Jörg Burmistrak: Als Partner des <strong>Mittelstand</strong>s definieren wir uns auch<br />
immer als diejenigen, die von Anfang an dabei sind und beratend begleiten.<br />
Zu unseren Schwerpunktbranchen gehören Unternehmen des<br />
Maschinenbaus, der Automobilindustrie sowie größere Handwerksbetriebe.<br />
Nicht zuletzt durch unsere eher ländliche Lage im Südwesten<br />
gehören auch Betriebe der Land- und Forstwirtschaft zu unserem<br />
Mandantenkreis. Mehr denn je sind wir auch strategische Berater.<br />
Ein weiteres Expertisenfeld unserer Kanzlei sind Neugründungen und<br />
Umstrukturierungen. Das breite Feld der betriebswirtschaftlichen Beratung,<br />
wenn es beispielweise um Finanzierungsfragen, Wirtschaftsfördermaßnahmen<br />
oder der Erstellung von Betriebsentwicklungsprognosen<br />
geht, rundet unser Dienstleistungsangebot ab.<br />
Erzählen Sie etwas zum Hintergrund Ihrer Kanzlei.<br />
Ich habe in Pforzheim BWL studiert und wollte schon immer eigenverantwortlicher<br />
Unternehmer sein. Nach meinem Examen 1992 wurde<br />
sofort die Kanzlei auf der „grünen Wiese“ gegründet, buchstäblich aus<br />
dem Nichts. Von da an kamen kontinuierlich neue Mitarbeiter hinzu.<br />
Mittlerweile arbeiten bei uns, verteilt über verschiedene Standorte, 24<br />
Mitarbeiter. Und ich kann mich über die Entwicklung nicht beklagen:<br />
Unsere Umsatzrendite liegt derzeit bei circa 40 Prozent.<br />
Was ist am heutigen deutschen Steuersystem schlecht für den <strong>Mittelstand</strong>?<br />
Oder anders formuliert: Was würden Sie als Finanzminister<br />
anders machen?<br />
Da stellen Sie mir gleich die richtigen Fragen. Also, vor allem müsste<br />
das Steuerrecht wesentlich vereinfacht werden. Man versucht bislang,<br />
alle möglichen vielschichtigen Lebensverhältnisse genauestens<br />
abzubilden, um nur ja immer den Anschein der Steuergerechtigkeit<br />
zu wahren. All das aber um den Preis einer riesigen Bürokratie und<br />
immer größerer Verkomplizierung. Als Finanzminister würde ich die<br />
Bürokratie grundlegend vereinfachen. Die vermeintliche Gerechtigkeit<br />
schafft ein völliges Missverhältnis zwischen Aufwand und Resultat.<br />
Man kann gar nicht sämtliche Winkel und alle denkbaren Optionen<br />
auch nur annähernd korrekt erfassen. Allerdings ist die Möglichkeit<br />
der Steuererklärung auf einem Bierdeckel auch eine Mär. Selbst zu<br />
einer weniger extremen, notwendigen Vereinfachung fehlt aber schon<br />
die politische Kraft. Bei den vielfachen Subventionen reden wir durchaus<br />
über ein Einsparpotenzial im zweistelligen Milliardenbereich,<br />
Stichwort Pendlerpauschale im Rahmen der Debatte über den Klimawandel<br />
…<br />
Natürlich benötigen wir ein Adressieren des Klimaproblems. Die<br />
Pendlerpauschale ist allerdings schon ohne die geplante Erhöhung<br />
ein fragwürdiges Instrument. Sie belohnt diejenigen, die weit vom Arbeitsplatz<br />
entfernt wohnen und viel mit dem Auto fahren. Die zugrundeliegende<br />
Frage dabei ist, ob das Steuerrecht eine Lenkungsfunktion<br />
ausüben soll oder nicht. Falls ja, schafft die Pendlerpauschale einen<br />
Anreiz, der dem Klimaschutz entgegenwirkt. Es sollte ein anderes<br />
Instrument gewählt werden, um einen Ausgleich für Arbeitnehmer zu<br />
schaffen.<br />
Sie sind international tätig. Was ist im Vergleich zu anderen Ländern<br />
besonders gut am deutschen Steuersystem? Oder gibt es nichts<br />
Gutes?<br />
Nicht gut ist eine Steuerlast von bis zu fünfzig Prozent und mehr, wie<br />
sie auch wieder ganz aktuell von frisch gekürten Parteichefs ins Feld<br />
gebracht wird. Wir sind sehr wohl im Steuerwettbewerb mit anderen<br />
Ländern. Da dürfen wir den Anschluss nicht verlieren. Unsere Aufgabe<br />
ist es hierbei, für unsere Klienten unter den gegebenen Umständen<br />
das Optimale im Steuerdschungel zu erreichen. Allerdings haben unsere<br />
Unternehmen bei der Standortwahl nicht nur das Besteuerungsund<br />
Abgabenniveau zu berücksichtigen. Entscheidende Größen sind<br />
daneben die Infrastruktur, die Qualifikation der Fachkräfte und eine<br />
unbürokratische, effiziente Verwaltung. Unter all diesen Prämissen<br />
unterstützen wir unsere Mandanten auf ihrem Weg der Internationalisierung.<br />
Aus rein steuerlichen Gründen muss aber niemand in ein<br />
anderes Land auswandern.<br />
Apropos Steuergerechtigkeit: Ist das ein Punkt beim deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />
im Vergleich zu internationalen Großkonzernen zum Beispiel<br />
der Digitalbranche?<br />
Dies ist eine echte Herausforderung. Der klassische <strong>Mittelstand</strong> hat<br />
schlicht nicht die Möglichkeit wie Großkonzerne mit ihren international<br />
agierenden Beraterstäben, die jeweils optimale globale Positionierung<br />
zur Steuerminimierung vorzunehmen. Es kann und darf nicht<br />
sein, dass nur der deutsche <strong>Mittelstand</strong> seinen gerechten Beitrag<br />
für die Gesellschaft leistet. Der BVMW kann sich hier gegenüber der<br />
Politik deutlich positionieren und die Steuergerechtigkeit einfordern,
68 BWS<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
was er auch tut. So wie die Dinge derzeit liegen, bleibt das wohl weiterhin<br />
eine große Aufgabe für den Verband.<br />
In dem Zusammenhang: Was zählen Sie zu weiteren zentralen Aufgaben<br />
für den BVMW? Sie sind ja selbst ein wichtiger Repräsentant<br />
des Senats.<br />
In der Tat engagiere ich mich seit sehr vielen Jahren beim BVMW. Es<br />
geschieht eine ganze Menge, und die vielfältigen Leistungen des Verbandes<br />
für den <strong>Mittelstand</strong> sind nicht hoch genug zu bewerten. Damit<br />
der Verband seine einflussreiche Position insbesondere gegenüber<br />
der Politik weiter aufrecht erhalten kann, wäre es wichtig, dass<br />
sich noch mehr Mitglieder noch aktiver einbringen. An Möglichkeiten<br />
und Kompetenzen hapert es nicht. Hier gibt es auch eine gewisse<br />
Bringschuld, um die Schlagkraft noch weiter zu erhöhen. Wenn einige<br />
schon mal kritisch sind, kann ich nur sagen, dass sie selbst mehr machen<br />
sollen. Bei aller Selbstkritik versuche ich, meine Kenntnisse im<br />
Expertenkreis Unternehmensnachfolge in den BVMW einzubringen.<br />
Umgekehrt profitiere ich dann wieder von den Fähigkeiten anderer.<br />
Dazu gibt es die zahlreichen Expertenkreise, von denen dann wieder<br />
unsere eigenen Mandanten und Kunden profitieren.<br />
Zu Ihren Schwerpunkten zählt der Bereich Nachfolgeregelung. Was<br />
heißt das in Bezug auf Steuern für Ihre Mandanten? Stichwort Erbschaftsteuer<br />
…<br />
Eine Nachfolgeregelung ist zunächst eigentlich keine Frage des Alters.<br />
Wir sprechen allerdings jeden Mandanten spätestens ab 50 aktiv<br />
an, damit er sich rechtzeitig um diese Fragen zu kümmert. Nachfolge<br />
muss geregelt werden, um auch steuerlich optimal gestaltet werden<br />
zu können. Eine mittel- und langfristige strategische Planung ist hilfreich<br />
für eine optimale Ausgestaltung. Und natürlich ist das Thema<br />
sehr sensibel, und es kommt viel Psychologie ins Spiel. Wer denkt<br />
schon gerne über das „Was kommt nach mir“ nach. Das Thema behandeln<br />
wir in persönlichen Gesprächen, und dabei kommt uns zu<br />
Gute, dass wir mit den meisten unserer Mandaten ein freundschaftlich-partnerschaftliches<br />
Verhältnis pflegen. Die Umsetzung erfolgt<br />
dann in Kooperation mit Anwälten aus unserem Netzwerk.<br />
Nur noch höchstens 50 Prozent der Mittelständler übergeben ihr<br />
Unternehmen an die nächste Generation. Gibt es Ihrer Meinung<br />
nach Prinzipien, wie dennoch die Kontinuität der Firma gewährleistet<br />
bleiben kann?<br />
Ein gutes Modell ist beispielsweise die Familienstiftung. Um die optimale<br />
Lösung zu finden, führen wir – zum Teil mit weiteren Fachberatern<br />
– bereits Gespräche im Vorfeld über Ziele und Vorstellungen.<br />
Dann können wir ein steuerlich und betriebswirtschaftlich richtiges<br />
Paket schnüren.<br />
Wie ist Ihr Standpunkt hinsichtlich Erbschaftsteuer und Vermögenssteuer?<br />
Von der Politik erhoffe ich mir bestenfalls, dass nichts eingeführt wird,<br />
was Arbeitsplätze und Unternehmen gefährdet. Aber ich bin recht optimistisch,<br />
dass wir in jedem Fall mit unserer eigenen Expertise unseren<br />
Mandanten erfolgreich durch alle aktuellen und künftigen Klippen<br />
helfen können.<br />
VITA<br />
Jörg Burmistrak, Jahrgang 1963, studierte nach seiner Ausbildung<br />
Betriebswirtschaft mit der Fachrichtung Steuerrecht und<br />
Revision an der Fachhochschule für Wirtschaft in Pforzheim.<br />
Nach erfolgreichem Examen erfolgte 1992 die Bestellung<br />
zum Steuerberater und die Gründung der eigenen Kanzlei.<br />
Aus der Einzelpraxis entwickelte er im Laufe der Jahre eine<br />
mittelständische Steuerberatungsgesellschaft. Seit <strong>20</strong>00 ist<br />
Burmistrak geschäftsführender Gesellschafter der Burmistrak<br />
und Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB. Neben seiner<br />
Tätigkeit als Steuerberater ist Burmistrak im Vorstand und im<br />
Beirat verschiedener gemeinnütziger Stiftungen aktiv. Soziales<br />
Engagement erfolgt über die Mitgliedschaft im Lions-Club,<br />
politisch bringt er sich durch seine Tätigkeit als Stadtrat seiner<br />
Heimatgemeinde ein. Die Freizeit nutzt Burmistrak für vielfältige<br />
sportliche Aktivitäten. Er ist verheiratet und hat zwei<br />
erwachsene Kinder.<br />
Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB; © Zerbor von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong> BWS 69<br />
Was ist Ihre Meinung zur schwarzen Null?<br />
Die löst bei mir sofort Reflexe aus. In der Vergangenheit hat sie durchaus<br />
Sinn gehabt. Jetzt müsste so massiv in Infrastruktur, Digitalisierung,<br />
Bildung investiert werden, dass sie obsolet ist. Vor allem auch<br />
in Zeiten einer etwas schwächelnden Konjunktur. Es geht darum, in<br />
unsere Zukunft zu investieren und den Standort Deutschland wettbewerbsfähig<br />
zu halten.<br />
Viele Bürger fühlen sich ungerecht behandelt, wenn zweistellige<br />
Milliardenbeträge durch die Steuertricks großer Multinationaler fehlen.<br />
Ist diese Ungerechtigkeit ein Thema bei Ihren Mandanten?<br />
Ein großes Thema! Hier fühlen sich sehr viele zum Beispiel in Steuerprüfungen<br />
buchstäblich auch bei Kleinigkeiten ausgequetscht wie<br />
eine Zitrone. Gleichzeitig müssen sie miterleben, wie die Großen mit<br />
Hilfe ganzer Heerscharen von Beratern ihre Steuerlast minimieren<br />
oder auf Null setzen können. Von Tricks wie Cum-Ex etc. ganz zu<br />
schweigen. Das führt häufig zu ausgeprägter Verbitterung und dem<br />
Gefühl einer nicht vorhandenen Steuergerechtigkeit.<br />
Führt das manchmal zum Ansinnen Ihrer Mandanten, weit in gesetzliche<br />
Grauzonen hineinzugehen?<br />
Zunächst gilt es, alle Möglichkeiten zur Optimierung der Steuerlast<br />
auszureizen. Illegalität kommt für uns nicht in Frage. Aber natürlich<br />
begleiten wir unsere Mandanten unter Hinweis auf das Risiko von Erfolglosigkeit<br />
auch durch schwierige Fälle, die unterschiedlich ausgelegt<br />
werden können. Dabei nehmen wir unsere Mandanten an die Hand und<br />
sprechen mit ihnen jeweils die unterschiedlichen Optionen durch.<br />
Foto: © Burmistrak & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />
Welche Rolle spielt das Finanzamt in der Region?<br />
Insofern besteht für uns eine sachliche Arbeitsatmosphäre. Hier und<br />
da ist es natürlich von Vorteil, dass man sich kennt. Gerade auch bei<br />
Betriebsprüfungen streben wir eine sachliche Auseinandersetzung an<br />
und versuchen, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Das schließt<br />
den punktuellen Konflikt nicht aus, und wir gehen, falls notwendig,<br />
keinem Streit aus dem Weg.<br />
Wie gestalten Sie Ihre Ausbildung in der Kanzlei?<br />
Zunächst ist der Fachkräftemangel auch in unserem Berufsstand ein<br />
großes Problem. Wir versuchen, über die hiesigen Schulen und die<br />
Zurverfügungstellung von Praktikumsplätzen sowie durch Kooperation<br />
mit Hochschulen in der Region junge Menschen für einen krisensicheren<br />
Job in der Steuerberatung zu begeistern. Als Praxispartner<br />
regionaler Hochschulen sind wir Ausbildungsbetrieb für junge Menschen<br />
im Rahmen ihres dualen Studiums.<br />
Die beschauliche Stadt Knittlingen liegt am Rande eines Naherholungsgebietes.<br />
Ein guter Ort für Freizeitaktivitäten jeder Art …<br />
Unbedingt. Die Fauststadt Knittlingen am Rande des Kraichgaus gehört<br />
zur Region Nordschwarzwald und bietet eine Fülle von Freizeitmöglichkeiten<br />
und ist bekannt für ihre ausgezeichnete Gastronomie.<br />
Zusammen mit meiner Frau genieße ich die Spaziergänge durch unsere<br />
Weinberge, bleibe sportlich aktiv. Sofern zeitlich möglich, spiele<br />
ich noch Fußball, Tennis, und auch das Golfspiel gehört zu meinen<br />
Präferenzen.<br />
Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
Burmistrak & Partner-Standort im baden-württembergischen Bretten.<br />
Das Gespräch führte der Medienexperte<br />
Prof. Dr. Jo Groebel<br />
Burmistrak & Partner<br />
Steuerberatungsgesellschaft mbB<br />
Rechtsform: Partnerschaftsgesellschaft mbB<br />
Gründung: 1992<br />
Sitz: Knittlingen (Baden-Württemberg)<br />
Geschäftsführer: Dipl.-Betriebswirt (FH) Jörg Burmistrak,<br />
Steuerberater<br />
Mitarbeiter: 4 Berufsträger, 25 Mitarbeiter<br />
Umsatz: k. A.<br />
Branche: Steuerberatung<br />
Webseite: www.burmistrak-partner.de
70 BWS<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BERNHARD OBERSCHMIDT<br />
USU Software AG<br />
Foto: © NN
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BWS<br />
71<br />
„Informatik müsste viel<br />
stärker in die Lehrpläne<br />
Einzug halten“<br />
Die Arbeitswelt befindet sich im steten Wandel und verlangt den Unternehmen immer wieder<br />
neue Lösungsansätze ab. Als Vorstandsvorsitzender der USU Software AG knüpft Bernhard<br />
Oberschmidt genau hier an. Und das mit Erfolg: Heute ist das Unternehmen Europas größter<br />
Anbieter für IT- & Knowledge-Management-Software.<br />
Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Oberschmidt, Sie leiten als Vorstandsvorsitzender<br />
der USU Software AG Europas führenden Anbieter für<br />
IT- und Knowledge Software. Wie würden Sie Ihr Leistungsspektrum<br />
beschreiben?<br />
Bei aller Bandbreite: Wie definieren Sie die KI?<br />
Für uns heißt das unter anderem, extrem große Datenmengen mithilfe<br />
intelligenter Algorithmen analysieren zu können und daraus neue<br />
Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu gewinnen.<br />
Foto: © USU Software AG<br />
Bernhard Oberschmidt: Ich würde es unter dem Sammelbegriff Servicemanagement<br />
zusammenfassen. Immer mehr Produkte rücken in<br />
der Herstellungsqualität zusammen. Da macht ein möglichst perfekter<br />
Service gegenüber dem Endkunden den entscheidenden Unterschied.<br />
Das heißt, wir unterstützen unsere Businesspartner dabei,<br />
eine möglichst effiziente, reibungslose und hochwertige Dienstleistung<br />
aufzubauen oder weiterzuentwickeln. Das kann ein IT-Service<br />
sein, zum Beispiel, wenn in der Unternehmensorganisation jemand<br />
ein Ablaufproblem hat und nach der besten IT-Lösung dafür sucht.<br />
Oder ein HR-Service, zum Beispiel zur Unterstützung des Prozesses<br />
„Neuer Mitarbeiter kommt“. All dies bezieht sich nicht nur auf den direkten<br />
informationstechnologischen Bereich, sondern schließt auch<br />
all die Prozessfelder eines Unternehmens ein, in denen überhaupt<br />
Software zum Tragen kommt. Auch Künstliche Intelligenz (KI) spielt<br />
dabei eine immer größere Rolle.<br />
Das heißt, auf der Basis einer schon vorhandenen digitalen Infrastruktur<br />
wird für die Entscheidungs- und Arbeitsabläufe noch mal<br />
eine übergreifende Optimierungsmöglichkeit geboten.<br />
So könnte man das sagen. Wir nutzen mit unserer Software die verschiedenen<br />
digitalen Plattformen und führen sie, verkürzt formuliert,<br />
zu einem neuen Wissens- und Prozessbestand zusammen.<br />
Setzt das voraus, dass Sie auch immer die neuesten digitalen Entwicklungen<br />
beherrschen und einsetzen müssen, seien es Cloudoder<br />
Social-Media-Komponenten?<br />
Wir sind mit Fortschritten vertraut. In der Tat hat die Cloud-Technologie<br />
dazu beigetragen, flexibler auch extern auf Lösungen zurückgreifen<br />
zu können. Entsprechend entwickeln wir nicht mehr nur firmenspezifische<br />
Software, sondern bieten anpassungsfähige und flexible<br />
Cloud-Services. Ein Teil unserer Unternehmensphilosophie ist es, mit<br />
jungen, besonders innovationsfreudigen Mitarbeitern hier internationale<br />
Trends aufzugreifen und auch selbst zu setzen. Dazu gehört<br />
auch die schon erwähnte KI, für uns nicht nur ein Buzzword, sondern<br />
relevant in der praktischen Anwendung.<br />
Bedeutet das, dass Sie komplexe Datenbestände zu Fakten, aber<br />
auch Betriebsabläufen nutzbar machen, die bislang noch nicht maximal<br />
verarbeitet werden konnten?<br />
Das ist nicht nur eine Frage der Prozessverbesserung, es kann auch<br />
zur Generierung neuer service-basierter Geschäftsfelder beitragen.<br />
Hier unterstützen wir Industrie-Unternehmen, beispielsweise Maschinendaten<br />
auszulesen und Wartungszustände vorherzusagen, um<br />
entsprechend frühzeitig planen zu können.<br />
Für Notwendigkeit und Erfolg Ihrer Services spricht auch, dass Sie<br />
rund die Hälfte der deutschen DAX-Unternehmen zu Ihren Kunden<br />
zählen. Können Sie stellvertretend für viele einige der von Ihnen betreuten<br />
Branchen nennen?<br />
Die Grundprozesse unserer Lösungsangebote sind natürlich zunächst<br />
nicht branchenspezifisch. Dennoch gibt es gewisse Affinitäten,<br />
so im IT-Umfeld und in der Versicherungsbranche. Aktuell wird<br />
durch die zunehmende Digitalisierung auch der Automotive-Sektor<br />
immer wichtiger.<br />
Wer genau sind in den Unternehmen Ihre direkten Ansprechpartner?<br />
Früher waren die IT-Fachkräfte eine eigene, eingeschworene Gemeinschaft.<br />
Das hat sich geändert. Ein Vertriebler zum Beispiel kommt<br />
nicht ohne eigene IT-Kompetenz aus. Das Cloud-Zeitalter hat zur Verbreiterung<br />
des entsprechenden Wissens sehr beigetragen. Technik<br />
und Anwendung gehen viel integrierter ineinander über. Daher reden<br />
wir nicht nur mit der IT, sondern häufig auch mit den Service-Verantwortlichen<br />
aus den Fachbereichen.<br />
Ist der <strong>Mittelstand</strong> dabei auf der Höhe der Zeit?<br />
Grosso modo auf jeden Fall. Durch kurze Entscheidungswege kommt<br />
es zum Beispiel mit Hilfe von Cloud-Lösungen gerade bei Mittelständlern<br />
inzwischen zu sehr guten Strategien und Strukturen.<br />
Inwiefern bietet Social Media auch nutzbare Informationen?<br />
Zunächst handelt es sich dabei selbstverständlich primär um Kommunikationsplattformen.<br />
Sobald diese aber dem Erfahrungs- und<br />
Informationsaustausch mit Partnern und Kunden oder zwischen
72 BWS<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Software-Entwickler bei der USU.<br />
diesen dienen, werden sie für ein Unternehmen und eben auch für uns<br />
interessant. Sie sind daher, wenn professionell eingesetzt, zu einem<br />
durchaus wichtigen Bestandteil unserer Servicestrategie geworden.<br />
Wieviel Prozent Ihres Umsatzes geht in Entwicklung und Innovation?<br />
Da investieren wir rund 16 Prozent. Strukturell haben wir innerhalb des<br />
Unternehmens Entwicklungs- und Innovationsinseln, die bei schnellen<br />
Produktzyklen immer wieder neue und aktuelle Angebote hervorbringen.<br />
Den meisten Umsatz machen wir entsprechend mit so entstandenen<br />
Produkten.<br />
Dazu passt, dass unter Ihrem AG-Dach sehr unterschiedliche Unternehmen<br />
aktiv sind.<br />
Ja, aber vermutlich ist es statt der Benennung der einzelnen Module<br />
wichtiger, dass wir jeweils einzelne Kompetenzen bündeln, letztlich<br />
aber mit dem ganzheitlich funktionierenden Gesamtangebot an Intelligenz<br />
und Service im Markt sind.<br />
Kommen wir zu Ihrer Einschätzung des Fortschritts bei der digitalen<br />
Transformation innerhalb des <strong>Mittelstand</strong>s. Mir scheint er<br />
inzwischen doch recht hoch zu sein.<br />
Verstanden als zunehmende Digitalisierung und Automatisierung<br />
über die bisherigen manuellen Aktivitäten und Themen hinweg sind<br />
technisch die Möglichkeiten weitgehend gegeben. In der Umsetzung<br />
liegt immer noch eine recht große Bandbreite vor, aber hier bieten<br />
wir eben passende Lösungen. Selbst das Kostenargument kleinerer<br />
Firmen trifft nur noch begrenzt zu. Besonders der BVMW unterstützt<br />
mit exzellenter Beratung gerade auch die, die zunächst zurückhaltend<br />
sind oder die Investitionen scheuen.<br />
Im Grunde adressieren wir in vielen Punkten schon die Industrie 4.0.<br />
Ganz recht. Dabei ändern sich nicht nur Fertigungs- und Serviceprozesse,<br />
wie wir sie beschrieben haben, sondern nicht zuletzt auch die<br />
Arbeit selbst, Stichwort Arbeit 4.0. Sie wird flexibler und zunehmend<br />
ortsunabhängiger. Trotzdem wird ein menschenunabhängiger, automatisierter<br />
Arbeitsplatz in sämtlichen Funktionen nicht realistisch sein.<br />
Teamprozesse vor Ort bleiben unabdingbar. Hilfreich sind allerdings die<br />
Möglichkeiten, hohe Expertise auch von außerhalb des eigenen Standorts<br />
jederzeit per temporärer Telearbeit schnell einholen zu können.<br />
Als Ausgangspunkt ist Ihnen die Region aber immer noch wichtig.<br />
Absolut. Beim Fachkräftemangel müssen wir allerdings gerade bei<br />
IT-Spezialisten flexibel agieren und können nicht vor Ort sofort jede<br />
neue Stelle nach Wunsch besetzen. Hier kommt die Option des Home<br />
Office zum Tragen. Von unseren 700 Mitarbeitern wirken rund 160 am<br />
Stammsitz in Möglingen, der Rest verteilt sich über viele Regionen,<br />
teils in Home Offices, hinweg.<br />
Wie schätzen Sie die Situation des Fachkräftemangels in Deutschland<br />
ein?<br />
Besonders im IT-Bereich ist die Not an Fachleuten wirklich enorm.<br />
Früher suchten nur unmittelbare IT-Unternehmen diese Kräfte. Inzwischen<br />
gilt das für fast alle Branchen. Die Kluft zwischen Angebot und<br />
Nachfrage nimmt also noch zu. Es bedarf immer größerer Attraktivitätsangebote,<br />
um Fachleute zu gewinnen und zu halten. Eine Antwort<br />
heißt für uns, eigene Leute auszubilden und heranzuziehen. Ebenso<br />
hilft frühzeitiger Kontakt zu Hochschulen, um potenzielle Mitarbeiter<br />
ansprechen und binden zu können.<br />
VITA<br />
Bernhard Oberschmidt, Jahrgang 1970, kam 1996 nach dem<br />
Studium der Wirtschaftswissenschaften zur USU AG, der heutigen<br />
Konzerntochter der USU Software AG. Nach Tätigkeiten im<br />
Bereich Finanzen und Qualitätsmanagement übernahm er 1998<br />
die Leitung für die Bereiche Rechnungswesen und Controlling.<br />
Im Jahr <strong>20</strong>00 begleitete er in dieser Verantwortung den Börsengang<br />
der USU AG. Im Rahmen des Zusammenschlusses der<br />
Openshop Holding AG und der USU AG zur heutigen USU-Gruppe<br />
wurde Bernhard Oberschmidt im Jahr <strong>20</strong>02 zum Chief<br />
Financial Officer ernannt. Heute agiert er als Vorstandsvorsitzender<br />
und verantwortet die Konzernstrategie sowie die Ressorts<br />
Finanzen, Investor Relations und zentrale Administration. Er ist<br />
verheiratet und hat eine Tochter.<br />
Foto: © USU Software AG
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BWS<br />
73<br />
Welche Aufgaben hat die Politik, um die Lage strukturell in Deutschland<br />
zu verbessern?<br />
Gerade Informatik müsste endlich viel stärker in die Lehrpläne Einzug<br />
halten. Ich verstehe schon, dass das nicht zuletzt für die Lehrer und deren<br />
eigene Ausbildung eine große Herausforderung darstellt. IT im Unterricht<br />
fällt heutzutage viel zu gering aus, wir müssen sogar bei neuen<br />
Mitarbeitern meist noch ordentlich in der Weiterbildung nachlegen.<br />
Inwieweit betrachten Sie das Unternehmen als Familienbetrieb?<br />
Die Familie Strehl und auch der Gründer Udo Strehl sind immer noch<br />
in unterschiedlichen Verantwortungsfunktionen aktiv, wir können zu<br />
Recht als Familienunternehmen bezeichnet werden. Die Familie ist<br />
der zentrale Anker. Ich selbst bin von außen gekommen, stehe aber<br />
selbstverständlich für die Werte der Familie. Ein Sohn des Gründers<br />
ist mein Vorstandskollege, die Zukunft ist auf sehr hohem Niveau<br />
auch durch die Familie abgesichert.<br />
Im Bereich digitaler B2C-Unternehmen spielt Deutschland so gut<br />
wie keine Rolle. Anders bei B2B, zum Beispiel mit dem Flaggschiff<br />
SAP. Wie beurteilen Sie hier unser Land?<br />
Wir haben den genannten Branchenriesen, dann kommt aber lange<br />
nichts. Auf der Skala rangieren wir selbst immerhin ganz oben. Als<br />
Spezial- und Nischenanbieter können wir und ähnliche deutsche Firmen<br />
sehr wohl große Erfolge vorzeigen. B2B ist nicht zuletzt durch<br />
den starken <strong>Mittelstand</strong> auch bei IT-Unternehmen besser machbar.<br />
Es hapert übrigens nicht zuletzt daran, die für B2C notwendigen Milliardeninvestitionen<br />
in Deutschland zu akquirieren. In den USA ist dies<br />
nicht selbstverständlich, aber wesentlich einfacher. Das hängt auch<br />
mit unterschiedlichen Mentalitäten zusammen. Risiko wird in unserem<br />
Land weniger geschätzt. Dafür ist aber unsere Stärke die Betonung<br />
von Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit.<br />
Nachhaltigkeit gilt inzwischen natürlich auch als unverzichtbar.<br />
Inwieweit spielt sie bei Ihnen, einem Softwareanbieter, überhaupt<br />
eine Rolle?<br />
Jeder denkt an Umweltschutz und Energieeinsparung, darauf achten<br />
wir selbstverständlich auch. Für uns liegt aber der Akzent bei der<br />
Nachhaltigkeit vor allem in unserer Unternehmenskultur und bei der<br />
mittel- und langfristigen Produktgestaltung bzw. Geschäftsstrategie.<br />
Quartalsdenken bringt uns dabei nicht weiter. Wir denken traditionell<br />
in langen Zeiträumen. Unser Businessmodell ist so ausgelegt, dass<br />
wir auch Krisen gut überstehen. So konnten wir <strong>20</strong>09 trotz der Wirtschaftskrise<br />
sogar eine Umsatzsteigerung verzeichnen. Auch wir<br />
kennen natürlich schwierige Zeiten, in der Summe aber hat sich unser<br />
Ansatz bewährt.<br />
Was erwarten Sie für den <strong>Mittelstand</strong> von der Politik?<br />
Vor allem eine massive Beschleunigung des Breitbandausbaus.<br />
Unverzichtbar für eine tragfähige Infrastruktur. Dann aber auch eine<br />
viel höhere Anerkennung des <strong>Mittelstand</strong>s innerhalb der Wirtschaftspolitik.<br />
Man hat den Eindruck, dass sie deutlicher von Großunternehmen<br />
geprägt wird als vom <strong>Mittelstand</strong>, der aber in Deutschland in<br />
Umsatz, Arbeitskraft und Anerkennung viel höher wiegt.<br />
USU-Mitarbeiter am Stammsitz in Möglingen (Baden-Württemberg).<br />
Wie verbringen Sie Ihre Zeit außerhalb der Arbeit?<br />
Hier gilt meine Energie der Familie mit einer Tochter. Leider kommt sie<br />
oft zu kurz. Außerdem liebe ich klassische Automobile und unternehme<br />
ab und zu mal eine Ausfahrt damit, es darf dabei mein klassischer<br />
911er, der 928er oder ein Unimog sein.<br />
Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
Das Gespräch führte der Medienexperte<br />
Prof. Dr. Jo Groebel<br />
USU Software AG<br />
Rechtsform: Aktiengesellschaft<br />
Gründung: 1977<br />
Sitz: 71696 Möglingen (Baden-Württemberg)<br />
Geschäftsführer: Bernhard Oberschmidt (Vorsitzender),<br />
Dr. Benjamin Strehl<br />
Mitarbeiter: rund 700<br />
Umsatz: über 90 Millionen Euro<br />
Branche: ITK<br />
Foto: © USU Software AG<br />
Der BVMW ist ja hier sehr aktiv.<br />
Absolut. Ich bin von dessen Einsatz wirklich begeistert. Also weiter so!<br />
Zugleich wünsche ich mir von den Mitgliedern noch mehr Engagement,<br />
mich selbst eingeschlossen. Gemeinsamkeit macht auch hier stärker.<br />
Produkte: Softwarelösungen zur Digitalisierung von<br />
Service-Prozessen<br />
Webseite: www.usu.com
74 BWS<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Bundeswirtschaftssenat in<br />
Berlin: Diplomatie, Kultur und<br />
Medien auf höchstem Niveau<br />
Wie schon in den Vorjahren traf sich der Bundeswirtschaftssenat zum Jahresausklang in Berlin.<br />
Im Herzen der Hauptstadt bekamen die Spitzenunternehmerinnen und Spitzenunternehmer ein<br />
exklusives Programm geboten, das keine Wünsche offenließ. Einer der Höhepunkte:<br />
DIE VERLEIHUNG DES BEGEHRTEN DEUTSCHEN MITTELSTAND MEDIA AWARD <strong>20</strong>19.<br />
Mario Ohoven eröffnete mit einer inspirierenden Rede die Adventsgala im Ballsaal des Hotels Titanic.<br />
Anlässlich der traditionellen Adventsgala des Bundeswirtschaftssenates<br />
trafen sich die Senatorinnen und Senatoren<br />
in der Bundeshauptstadt. Hier erlebten sie ein Programm der<br />
Extraklasse. Noch vor dem offiziellen Auftakt des Tages konnte der<br />
Senat den Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın, zu einem interessanten<br />
Austausch über die deutsch-türkischen Wirtschaftsbeziehungen<br />
in der Bundeszentrale des BVMW begrüßen. Hier besuchten<br />
die Spitzenunternehmer anschließend auch die Vernissage einer<br />
Fotoausstellung von Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer, die<br />
einen persönlichen Blick auf die Bauhaus-Architektur der „Weißen<br />
Stadt“ Tel Aviv gewährten (siehe Bericht Seite 108). Eröffnet wurde<br />
die Ausstellung vom Botschafter Israels, S. E. Jeremy Issacharoff,<br />
der sich für eine Vertiefung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />
aussprach. Anschließend kam der Bundeswirtschaftssenat in den<br />
Genuss einer exklusiven Tour durch das Berliner Stadtschloss. Wilhelm<br />
von Boddien, Initiator des Wiederaufbaus, sprach zu den Senatorinnen<br />
und Senatoren, übernahm die Führung und gewährte Einblicke<br />
in Bereiche, die der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben.<br />
In einer Aktuellen Stunde hatten die Unternehmerinnen und Unternehmer<br />
danach die Möglichkeit, mit dem chinesischen Botschafter,<br />
S. E. Wu Ken, und dem Leiter der Stabsstelle <strong>Mittelstand</strong>sstrategie<br />
im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. Philipp Birkenmaier, ins Gespräch<br />
zu kommen.<br />
Im Ballsaal des Hotels Titanic am Gendarmenmarkt fand der Tag mit<br />
der traditionellen Adventsgala seinen krönenden Abschluss. Die musikalische<br />
Begleitung boten die international bekannte Sopranistin<br />
Julia Novikova mit ihrem Pianisten Matthias Samuil sowie die Starpianistin<br />
Anastassiya Dranchuk.<br />
Wilhelm von Boddien (li.) führte den Bundeswirtschaftssenat exklusiv durch das<br />
Berliner Stadtschloss.<br />
Höhepunkt des Abends war die feierliche Verleihung des Deutschen<br />
<strong>Mittelstand</strong> Media Award <strong>20</strong>19 an Beat Balzli, Chefredakteur<br />
der WirtschaftsWoche.<br />
Mario Ohoven würdigte die exzellente journalistische Arbeit des Preisträgers.<br />
„Mit Beat Balzli ehren wir einen der profiliertesten Journalisten<br />
unseres Landes, der insbesondere <strong>Mittelstand</strong>sthemen in den Mittelpunkt<br />
seiner crossmedialen Berichterstattung stellt.“ In seiner Laudatio<br />
hob Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, die<br />
ordnungspolitisch klare Haltung des Preisträgers hervor. Ausgewählt<br />
wurde der Preisträger durch eine prominent besetzte Jury um Kulturstaatsminister<br />
a. D. Prof. Dr. h.c. Bernd Neumann. Zur Jury zählten<br />
Klaus Bresser (Chefredakteur a. D. ZDF), Hans Demmel (Vorstandsvorsitzender<br />
Privatrundfunkverband VAUNET), Prof. Dr. Jo Groebel<br />
(Medienexperte), Helmut Markwort (Gründer FOCUS), Tatjana Ohm<br />
(Chefmoderatorin WELT), Mario Ohoven, Jörg Quoos und Robert<br />
Schneider (Chefredakteur FOCUS).
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BWS<br />
75<br />
Beat Balzli, Chefredakteur der WirtschaftsWoche, wurde mit dem Deutschen<br />
<strong>Mittelstand</strong> Media Award <strong>20</strong>19 ausgezeichnet.<br />
Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Mediengruppe, hielt die Laudatio auf<br />
Beat Balzli.<br />
Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede<br />
S. E. Jeremy Issacharoff, Botschafter Israels, sprach<br />
zu den Senatoren.<br />
Der Botschafter der Volksrepublik China, S. E. Wu Ken,<br />
diskutierte mit den Senatoren.<br />
Der Botschafter der Türkei, S. E. Ali Kemal Aydın,<br />
stand zu den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />
Rede und Antwort.
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Card. Der BVMW bündelt den Einkaufsbedarf von mehr als<br />
900.000 Mitgliederstimmen aus der Mittelsstandsallianz – und<br />
gibt die Vorteile an Sie und die anderen Inhaber der BVMW<br />
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78 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Service<br />
UNTERNEHMERPREISE<br />
Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Unternehmen in einem<br />
Wettbewerb zu messen: gute Presse, individuelle Förderung,<br />
Kontakte knüpfen und, nicht zu vergessen, das Preisgeld. Hier<br />
stellen wir Ihnen drei der aktuellen Unternehmerpreise vor.<br />
Start me Up! <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Der Gründerpreis des Wirtschaftsmagazins BILANZ richtet sich<br />
an Start-ups und Jungunternehmen mit innovativen Geschäftsideen<br />
aus allen Bereichen der Wirtschaft. Teilnehmen können<br />
bundesweit Einzelpersonen sowie Gruppen oder Gesellschaften,<br />
die kurz vor der Gründung stehen oder deren Unternehmen nicht<br />
älter als drei Jahre alt ist.<br />
Die Bewerbungsfrist endet am 31. März <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
https://bvmw.info/start-me-up-<strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Fintech Germany Award<br />
Der Fintech Germany Award zeichnet herausragende Fintech-Unternehmen<br />
in verschiedenen Wachstumsphasen<br />
aus. Die Jury bewertet und vergleicht die Teilnehmer in ihren<br />
individuellen Unternehmensphasen unabhängig vom jeweiligen<br />
FinTech-Subsektor. Mitmachen können erfolgversprechende<br />
FinTechs aus Deutschland.<br />
Die Bewerbungsfrist endet am 31. März <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Neuer Kreditfonds für<br />
KMU-Finanzierungen<br />
Die creditshelf Aktiengesellschaft legt einen diversifizierten Kreditfonds<br />
auf, über den institutionelle Anleger kleine und mittlere<br />
Unternehmen in Deutschland fördern können. Der Europäische<br />
Investitionsfonds (EIF) bringt sich mit einer Ankerinvestition von<br />
30 Millionen Euro am creditshelf-Kreditfonds ein, die durch den<br />
Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) – das<br />
Kernstück der Investitionsoffensive für Europa („Juncker-Plan“) –<br />
besichert sind. Bei dem Fonds handelt es sich um einen geschlossenen<br />
Private-Debt-Fonds für qualifizierte Investoren, die sich für<br />
diese Anlageklasse interessieren. Sein Zielvolumen beträgt bis zu<br />
150 Millionen Euro, die in über 150 Kredite an deutsche KMU investiert<br />
werden sollen.<br />
www.creditshelf.com<br />
Teams richtig zusammenstellen<br />
Bei individuellen Kundenanfragen sollten Projektteams so<br />
zusammengestellt werden, dass die Anforderungen mit den<br />
Expertisen übereinstimmen. Dafür braucht es einen effizienten<br />
Planungsprozess, um aus dem Mitarbeiterpool passende<br />
Experten für die einzelnen Projektrollen zu identifizieren. Die<br />
Softwarelösung iCombine ermöglicht es Unternehmen und<br />
Organisationen, die Fähigkeiten, Erfahrungen, Interessen<br />
und Verfügbarkeiten aller Mitarbeiter strukturiert sichtbar zu<br />
machen. Die Anforderungen an jede Projektrolle können mit<br />
wenigen Klicks definiert und sofort passende Experten gefunden<br />
werden. Unternehmen behalten damit einen Überblick<br />
über den Besetzungsstatus ihrer Projekte und erkennen, wo es<br />
Planungsbedarf gibt.<br />
www.icombine.net/de<br />
www.fintechgermanyaward.de<br />
WECONOMY <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Der WECONOMY Award ist auf der Suche nach Machern, Denkern<br />
und Lenkern von morgen. Angesprochen fühlen sollten sich<br />
technologieorientierte Start-ups mit herausragenden Businessideen.<br />
Während des Wettbewerbes steht vor allem der Austausch<br />
zwischen etablierten Unternehmen und jungen Start-ups<br />
im Mittelpunkt. Deutschlandweit teilnehmen können Start-ups<br />
aus allen Wirtschaftsbereichen.<br />
Die Bewerbungsfrist endet am 01. Juli <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
www.weconomy.de<br />
iCombine ist die Softwarelösung zur effizienten Zusammenstellung<br />
von Projektteams.
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
79<br />
Familienfreundlichkeit<br />
jetzt messbar<br />
Der Fortschrittsindex Vereinbarkeit wurde vom Bundesfamilienministerium<br />
entwickelt und ist ein Online-Tool, mit dem<br />
Unternehmen anhand weniger Kennzahlen die Familienfreundlichkeit<br />
ihrer Unternehmenskultur messen können. Der Index<br />
ist kostenlos und unterstützt Unternehmen bei der Erfassung<br />
von Fortschritten sowie der transparenten Kommunikation<br />
nach innen und außen. Unternehmen, die an der Datenerhebung<br />
teilnehmen, erhalten jedes Jahr eine passgenaue Auswertung<br />
sowie das aktuelle Teilnahmesiegel „Fortschrittsindex<br />
Vereinbarkeit”.<br />
www.fortschrittsindex.erfolgsfaktor-familie.de<br />
Rabatt für BVMW-Mitglieder<br />
Die Superfly Air Sports Holding GmbH ist ein deutsches Unternehmen<br />
mit Wurzeln in den USA. Als Tochtergesellschaft der amerikanischen<br />
Circus Trix bringt die Firma das Original des Indoor-Trampolin-Sports<br />
nach Deutschland und Europa. Mit über 3<strong>20</strong> Anlagen<br />
ist Circus Trix der größte Betreiber von Indoor-Trampolin-Parks<br />
weltweit und seit <strong>20</strong>15 in Deutschland tätig. BVMW-Mitglieder erhalten<br />
eine Ermäßigung von <strong>20</strong> Prozent auf die Sprungzeiten im Open<br />
Flight von 90 und 1<strong>20</strong> Minuten.<br />
www.superfly.de<br />
Veränderungen sichtbar machen<br />
Xeller Training praktiziert den Ansatz der Kairologie, der vom<br />
BVMW-Mitglied Dr. Karl Hofmann entwickelt wurde. Der Ansatz<br />
orientiert sich am Verlauf des Menschenlebens, seiner Entwicklung<br />
und deren Zusammenhänge und beschreibt, in welcher Weise sich<br />
Bedeutung und Sinnhaftigkeit für einen Menschen, ein Team und ein<br />
Unternehmen verändern. Dahinter stehen Fragen, wie es gelingen<br />
kann, Teams langfristig erfolgreich zu entwickeln, oder was die Lebensphasenstruktur<br />
eines Menschen sagt. Diese und andere Fragen<br />
können durch Xeller Training beantwortet werden.<br />
https://xeller.info/<br />
Einbruchschutz durch<br />
Fernüberwachung<br />
Einbrüche und Überfälle im Unternehmen verursachen nicht<br />
nur materielle Schäden – sie ziehen auch einen enormen Verwaltungsaufwand<br />
nach sich. Damit es erst gar nicht so weit<br />
kommt, bietet Protection One Einbruchschutz als Komplettservice<br />
an: Die 24/7-Fernüberwachung mit Live-Täteransprache<br />
erzielt eine unabhängig auditierte Schadenverhinderungsquote<br />
von 96,7 Prozent. Ob Einbruch, Diebstahl, Vandalismus oder<br />
Überfall: Täter verlassen bei dieser kosteneffizienten Methode<br />
das Gebäude fluchtartig, ohne nennenswerte Schäden anzurichten.<br />
www.protectionone.de<br />
Foto: © Superfly Air Spots Parks; © stone010 von www.stock.adobe.com<br />
Die Superfly Air Sports Holding GmbH bringt Indoor-Trampolin-Sport<br />
nach Deutschland.<br />
Lernplattform für Führungskräfte<br />
Das BVMW-Mitglied sanosense AG hat eine Lernplattform für Führungskräfte<br />
entwickelt. In der Plattform sind 75 Anwendungsfälle aus<br />
dem beruflichen Alltag enthalten, die von Demotivation über Angst<br />
vor Veränderungen bis zu schlechten Ergebnissen alle Aspekte der<br />
Führungsarbeit enthalten. Aus über 400.000 Datensätzen von Analysen<br />
hat die sanosense AG die 75 häufigsten Praxisfälle per Videoszenen<br />
nachgestellt, die sich anfühlen, als würden sie im eigenen Unternehmen<br />
passieren. Führungskräfte können sich ihre Trainingsfälle<br />
aussuchen und bekommen dann konkrete Aufgaben<br />
gestellt, um die Situationen nachhaltig zu lösen.<br />
https://bvmw.info/sanosense-coaching
80 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Outplacement<br />
statt Kündigung
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
81<br />
Angesichts einer sich eintrübenden Konjunktur und sich deutlich verschlechternden<br />
Geschäftserwartungen gerät eine Dienstleistung immer mehr in den Fokus, die bisher<br />
nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit des deutschen <strong>Mittelstand</strong>s stand:<br />
Die Rede ist vom Outplacement.<br />
Foto: © ShutterWorx von www.istockphoto.com<br />
Beim Outplacement geht es – vereinfacht gesagt – darum, in<br />
einem Prozess der Restrukturierung und des damit einhergehenden<br />
Personalabbaus den betroffenen Mitarbeitern neue<br />
Perspektiven aufzuzeigen. Entweder durch Vermittlung in ein neues<br />
Arbeitsverhältnis oder durch Begleitung auf dem Weg in die Selbstständigkeit.<br />
Während die Vorzüge eines gelungenen Outplacements<br />
in Großkonzernen durchaus bekannt sind, gibt es im <strong>Mittelstand</strong> vielfach<br />
nur eine sehr verschwommene Vorstellung über das Outplacement.<br />
Zum Nachteil des Unternehmens. Denn ein gelungenes Outplacement<br />
kann gerade für ein mittelständisches Unternehmen in<br />
Zeiten des Umbruchs eine große Hilfe sein.<br />
Auseinandersetzungen vermeiden<br />
Grundsätzlich liegen die Vorteile eines Outplacements klar auf der<br />
Hand: Jedes Unternehmen, das Bereiche schließen und sich infolgedessen<br />
von Mitarbeitern trennen wird, muss ein Interesse daran<br />
haben, dass solche Prozesse möglichst schnell und ohne langwierige<br />
Auseinandersetzungen gestaltet werden. Outplacement sichert<br />
langfristig die berufliche Existenz durch die Vermittlung in ein neues<br />
Arbeitsverhältnis. Dies ist vielen betroffenen Mitarbeitern wichtiger<br />
als die Zahlung einer Abfindung. Dabei ist für knapp die Hälfte<br />
der Kandidaten in einem Outplacement-Prozess hier die Möglichkeit<br />
gegeben, durch professionelle Hilfe in eine höhere Position zu<br />
gelangen und damit der beruflichen Laufbahn einen neuen Schub<br />
zu geben. Schon diese beiden Faktoren allein sind dazu geeignet,<br />
den Trennungsprozess deutlich friktionsärmer und damit auch erheblich<br />
kürzer zu gestalten, was in einem erheblichen Maße Kosten<br />
sparen kann.<br />
Outplacement im <strong>Mittelstand</strong><br />
In vielen mittelständischen Unternehmen, oft genug inhabergeführten,<br />
besteht ein vertrauensvolles, partnerschaftliches Verhältnis zwischen<br />
der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern. Wird dieses<br />
Verhältnis im Zuge einer Restrukturierung beschädigt, besteht die<br />
Gefahr, dass schlechte Mundpropaganda dem Unternehmen bei der<br />
neuen Personalsuche Probleme bescheren wird. Zumal dann, wenn<br />
dieses Unternehmen auf dem Land angesiedelt ist, da dort die Auswahl<br />
geeigneter Mitarbeiter begrenzt ist, und die vorangegangenen<br />
Auseinandersetzungen in der Region wohl bekannt sind. Zudem<br />
müssen sich Unternehmer und Geschäftsführer eines solchen Unternehmens<br />
bewusst sein, dass sie in ländlichen Regionen mit ihren<br />
Mitarbeitern viel enger verbunden sind als vergleichbare Manager in<br />
den Metropolen: Die eigene Familie und die der Mitarbeiter sind in<br />
den gleichen Sportvereinen und dem Kirchenchor aktiv und teilen die<br />
Mitgliedschaft in der Freiwilligen Feuerwehr. Das heißt: Ein Vertrauensverlust<br />
betrifft alle Ebenen des sozialen Miteinanders.<br />
Vor dem Hintergrund einer unsicheren konjunkturellen Zukunft ist es<br />
für jeden Inhaber oder Geschäftsführer eines Unternehmens in hohem<br />
Maße ratsam, sich mit den Möglichkeiten und den Vorzügen eines<br />
professionellen Outplacement zu beschäftigen.<br />
Benjamin Scholz und Erich Wulff<br />
Geschäftsführer und Partner EL-NET GROUP<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.elnet.group<br />
Impressum<br />
<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.<br />
Unternehmermagazin des BVMW<br />
Herausgeber<br />
BVMW – Bundesverband<br />
mittelständische Wirtschaft,<br />
Unternehmerverband<br />
Deutschlands e. V.<br />
Mario Ohoven<br />
Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz<br />
10785 Berlin<br />
www.bvmw.de<br />
Titelbild:<br />
© Deminos von<br />
www.stock.adobe.com<br />
Redaktion<br />
Tel.: 030 / 53 32 06-16<br />
Fax: 030 / 53 32 06-50<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
Eberhard Vogt (Chefredakteur)<br />
Melanie Müller (Head of Content)<br />
Chiara Ohoven (Art Director)<br />
Felicia Fullbrecht<br />
Anna Lorenz<br />
Friederike Pfann<br />
Tim Schöllmann<br />
Rotger H. Kindermann (Korrespondent)<br />
Verlag<br />
mattheis. werbeagentur gmbh<br />
Kastanienallee 4<br />
10435 Berlin<br />
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Layout und Gestaltung, Mediadaten,<br />
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Rechnungsstelle<br />
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Druckerei<br />
Möller Druck und Verlag GmbH<br />
Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde<br />
Das Magazin „<strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>.“ ist das<br />
offizielle Organ des BVMW. Mitglieder<br />
des Verbandes erhalten das Magazin<br />
im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Die<br />
Redaktion übernimmt keine Haftung für<br />
unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />
Fotos und Illustrationen. Namentlich<br />
gekennzeichnete Beiträge sowie Selbstdarstellungen<br />
von Unternehmen müssen<br />
nicht der Meinung der Redaktion<br />
entsprechen.<br />
ISSN: 2510-425X<br />
Druckauflage: 33.000<br />
4/<strong>20</strong>19
82 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Deepfakes – die neue Form<br />
der Manipulation im Netz<br />
Im digitalen Zeitalter gehören alternative Fakten im Netz, die die Realität verbiegen, zur Tagesordnung.<br />
Doch was, wenn Fake-News vor Ihrem Unternehmen keinen Halt mehr machen? Deepfakes<br />
verlangen von Unternehmen eine neue Strategie von Reputationsmanagement im Internet.<br />
In der Politik sind sie bereits häufiges Mittel zur Diffamierung: real<br />
wirkende Bilder, Videos oder Tonaufnahmen, die bei erstem Betrachten<br />
oft nicht als Fälschung identifiziert werden können. Solche<br />
Deepfakes werden mithilfe von Künstlicher Intelligenz kreiert und<br />
häufig gezielt rufschädigend eingesetzt. Das Fatale: Auch Unternehmen<br />
sind zunehmend betroffen.<br />
Stellen Sie sich vor, ein Shitstorm aus negativen Reaktionen prasselt<br />
im Fall eines Deepfake-Angriffs auf Ihr Unternehmen ein. Der öffentliche<br />
Druck verlangt, Stellung zu beziehen und im Idealfall natürlich zu<br />
dementieren. Wie will man beweisen, dass es sich bei dem rufschädigenden<br />
Material um Deepfakes handelt? Wie geht man mit dem Shitstorm<br />
um? Was kann man tun, um den Ruf wiederherzustellen?<br />
Je nach Größe oder Reichweite eines Unternehmens stehen Sie bis<br />
zu einem gewissen Grad in der Öffentlichkeit. Nachrichten im Internet<br />
verbreiten sich in Sekundenschnelle. Oft bleibt keine Zeit, um<br />
noch rechtzeitig einzugreifen. Doch so weit muss es gar nicht erst<br />
kommen.<br />
Prävention statt Schadensbegrenzung<br />
Die klassische PR scheint heutzutage nicht das geeignete Gegenmittel<br />
zu sein, zumindest dann, wenn kaum digitale Wege in Public<br />
Relations einfließen. Was wirklich hilft, scheint recht einfach: Vor allem<br />
auf die Online-Präsenz des Unternehmens kommt es an. Diese<br />
sollte ansprechend und darüber hinaus positiv sein. Eine Schlag-<br />
worteingabe in einer beliebigen Online-Suchmaschine reicht schon,<br />
um sich ein Bild über das Unternehmen zu machen und zu erkennen,<br />
was gemacht werden muss. Wer sich vor rufschädigenden Angriffen<br />
im Internet schützen will, sollte selbst Einfluss auf das digitale<br />
Image nehmen und es im eigenen Sinne verändern. Ein umfassendes,<br />
zeitgemäßes und individuelles Reputationsmanagement kann<br />
helfen, den Ruf zu schützen.<br />
Langfristig wird die Außenwirkung eines Unternehmens durch ein<br />
strategisches Reputationsmanagement bestimmt. Dabei werden<br />
Online-Pfade beschritten, die zum Schutz der Unternehmensreputation<br />
angelegt wurden. Immer in individueller Ausrichtung. So rückt<br />
die generelle Bedeutung der Reputation – vor allem im World Wide<br />
Web – in unmittelbare Sichtweite. Entdecken Sie digitales Neuland.<br />
Schützen Sie Ihre Reputation.<br />
Gut zu wissen<br />
Ein Deepfake ist ein mit Hilfe Künstlicher Intelligenz erstelltes Bild oder<br />
Video, das authentisch wirkt, es aber nicht ist. Auch die Methoden und<br />
Techniken in diesem Zusammenhang werden mit dem Begriff bezeichnet.<br />
jaco/edo media group<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.jacoedo.de<br />
Foto: © Photoboyko von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
83<br />
Nachhaltiges Wirtschaften<br />
im <strong>Mittelstand</strong><br />
Die Auseinandersetzung mit sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit steht immer<br />
häufiger auf der Agenda mittelständischer Unternehmen. Doch können Unternehmen davon<br />
auch profitieren?<br />
Foto: © Pekic von www.istockphoto.com<br />
Die Verschärfungen der politischen Rahmenbedingungen im<br />
Bereich Nachhaltigkeit sind branchenübergreifend und größenunabhängig<br />
ein Treiber. Insbesondere KMU sind meist<br />
fest in ihrem regionalen und sozialen Umfeld verwurzelt und spüren<br />
eine besondere Verantwortung gegenüber ihrer Region.<br />
Nachhaltigkeit als Chance<br />
Unternehmen können aber auch wirtschaftlich profitieren: Mit einem<br />
optimierten Materialeinsatz und Energieeffizienzmaßnahmen lassen<br />
sich langfristig Kosten reduzieren. Zudem verbessert nachhaltiges<br />
Wirtschaften die Arbeitgeberattraktivität im Fachkräftewettbewerb<br />
und eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten.<br />
Die Event- und Strategie-Agentur Planworx aus München befasste<br />
sich zunächst vor allem intern mit Nachhaltigkeit.<br />
„Mit dem Umzug unserer Büroräume sind wir Ende <strong>20</strong>16 auf<br />
Arbeit 4.0 und papierloses Büro umgestiegen. Dank komplett neuer<br />
IT und Tools wie Microsoft Teams liegen wir heute bei einer Home-<br />
Office-Quote von um die 30 Prozent. Damit reduzierten sich ganz<br />
automatisch die Treibhausgasemissionen durch den Pendelverkehr“,<br />
so Barbara Negele, Copy + Concept bei der Planworx AG. Zudem hat<br />
das Unternehmen seit Anfang <strong>20</strong><strong>20</strong> die firmeneigenen Parkplätze<br />
gekündigt, um den Fokus auf ÖPNV oder Fahrradfahren zu setzen.<br />
Nachhaltigkeit wird nicht nur nach innen, sondern auch nach außen<br />
gelebt, und so werden den Kunden ressourcenschonende Lösungen<br />
für ihre Projekte vorgeschlagen. Demnächst strebt Planworx die ISO<br />
Zertifizierung Nachhaltiges Eventmanagement an.<br />
Nachhaltigkeit als strategische Aufgabe<br />
Auch andere Unternehmen fordern häufiger Nachhaltigkeitsberichte,<br />
die in der Auswahl ihrer Zulieferer eine zunehmende Rolle spielen.<br />
„Aufgrund der gestiegenen Anforderungen unserer großen Kunden<br />
an die Berichterstattung und unseres eigenen Qualitätsanspruchs<br />
haben wir nicht mehr nur auf unsere bestehende ISO 14001 Zertifizierung<br />
gesetzt, sondern uns zusätzlich für eine Berichterstattung<br />
über die Plattformen Ecovadis und CPD entschieden“, berichtet Elke<br />
Haverich vom IT-Dienstleister SPIRIT/21 (BVMW-Mitglied). „Für uns<br />
ist es erfolgsentscheidend, Kundenanforderungen im Blick zu behalten.<br />
Aufgrund der Vielfalt der am Markt existierenden Standards sind<br />
Unterstützungsangebote interessant, die beim Monitoring diese Anforderungen<br />
unterstützen.“<br />
Unterstützung für mittelständische Unternehmen<br />
Der BVMW und das Fraunhofer IPK bieten mit dem von der Deutschen<br />
Bundesstiftung Umwelt geförderten Projekt „<strong>Mittelstand</strong>.Ressource<br />
– Nachhaltigkeitsbenchmarking für mittelständische Unternehmen“<br />
kleinen und mittleren Unternehmen einen Einstieg in ein<br />
strategisches Nachhaltigkeitsmanagement. Unternehmen analysieren<br />
mit Hilfe eines im Projekt ausgearbeiteten Kriterienkatalogs ihre<br />
Stärken und Schwächen, vergleichen ihre Nachhaltigkeitsleistung<br />
und erkennen dadurch individuelle Potenziale.<br />
Gut zu wissen<br />
<strong>Mittelstand</strong>.Ressource – Nachhaltigkeitsbenchmarking für<br />
mittelständische Unternehmen:<br />
Unternehmen haben während des bis Ende <strong>20</strong><strong>20</strong> laufenden Projekts die<br />
Möglichkeit, die Kennzahlen im eigenen Betrieb zu erheben und kostenfrei<br />
einen Benchmarkingbericht zu erhalten.<br />
Anmeldung unter: www.mittelstand-nachhaltig.de<br />
Julia Martius<br />
BVMW Referentin Förderprojekte<br />
julia.martius@bvmw.de
84 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Wie Sie KI erfolgreich in Ihrem<br />
Unternehmen einsetzen<br />
Künstlicher Intelligenz (KI) wird enorme wirtschaftliche und wissenschaftliche Relevanz<br />
zugeschrieben. Wenn man KI im Unternehmen erfolgreich einsetzen will, ergeben sich jedoch<br />
einige Herausforderungen.<br />
Als Unternehmen investiert man nicht in reine KI. Man investiert<br />
immer in die Lösung von Problemen oder das Ausschöpfen<br />
von Geschäftspotenzialen, wofür KI lediglich ein Werkzeug<br />
darstellt.<br />
Technische Herausforderungen<br />
Technisch gesehen basiert KI auf statistischer Modellierung. Unter<br />
der Annahme mathematischer Prämissen wird versucht, ein generalisierendes<br />
Modell zu erstellen. Um diese Modelle zu definieren und<br />
zu implementieren, benötigt man fachliche Experten, die die besagten<br />
Systeme, ihre Anforderungen und Limitationen im Detail kennen.<br />
Strategische Herausforderungen<br />
Daneben muss man sich auch den strategischen Herausforderungen<br />
stellen. Wie sehr darf man der Aussage einer KI vertrauen und daraus<br />
Entscheidungen ableiten? Gerade im Bereich des Deep Learning<br />
können die Modelle so komplex sein, dass man die Entscheidungsfindung<br />
des Systems kaum nachvollziehen kann. Dies birgt einige Risiken.<br />
Beispielsweise würde eine Recruiting-KI weniger Frauen einstellen,<br />
wenn sie auf einem Datensatz trainiert wurde, in dem Männer<br />
systematisch bevorzugt wurden. Selbst wenn solche Fehler entdeckt<br />
werden, sind sie meist nur schwer zu korrigieren. Daher sollte man<br />
den zugrunde liegenden Datensatz sowie die Limitationen des verwendeten<br />
Algorithmus‘ kennen und bei der strategischen Entscheidungsfindung<br />
berücksichtigen.<br />
Organisatorische Herausforderungen<br />
Unternehmen ohne interne KI-Expertise haben oftmals Schwierigkeiten,<br />
geeignete Anwendungsfälle für KI zu identifizieren. Hierfür<br />
fehlen im Alltagsgeschäft häufig die notwendigen Kapazitäten. Unternehmen<br />
mit mittlerer KI-Adoption stehen<br />
stattdessen eher vor der Herausforderung,<br />
zwischen verschiedenen Anwendungsfällen<br />
die vielversprechendsten herauszufinden<br />
und zu implementieren. In diesem Fall können<br />
fundierte Business Cases dabei helfen,<br />
die Investitionsmöglichkeiten zu priorisieren.<br />
Für Unternehmen mit hoher KI-Adoption<br />
stellt der KI-Fachkräftemangel die größte<br />
Herausforderung dar. Gerade erfahrene<br />
KI-Entwickler und Datenwissenschaftler<br />
sind rar, begehrt und dadurch sehr teuer.<br />
Gut zu wissen<br />
Drei Bereiche, in denen KI eingesetzt werden<br />
kann:<br />
n Automatisierung von Geschäftsprozessen<br />
n Unterstützung bei der Entscheidungsfindung<br />
durch Erkenntnisgewinn aus Daten<br />
n Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen<br />
und Geschäftsmodelle<br />
Unternehmen müssen in jedem Fall ein intuitives Verständnis von KI<br />
entwickeln und die Unternehmenskultur im Kontext der KI hinterfragen.<br />
Falls sie das nicht tun, besteht die Gefahr, dass sich der KI-affine<br />
Wettbewerber dadurch abhebt.<br />
Frederik Mattwich und Keesiu Wong<br />
Geschäftsführer Design AI<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.design-ai.de<br />
Foto: © vegefox.com von www.stock.adobe.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
85<br />
Stiftungen– ein internationales<br />
Modell auch für<br />
Mittelständler<br />
Stiftungen sind in der Gesellschaft mit positiven Eigenschaften besetzt. Meist überwiegen<br />
altruistische Motive bei einer Stiftungsgründung: Eine Legaldefinition gibt es nicht.<br />
nicht in das Unternehmen einsteigen wollen, so kann ein enormer<br />
volkswirtschaftlicher Schaden entstehen. Gelöst werden kann dieses<br />
Dilemma, indem eine Stiftung gegründet wird und dadurch das<br />
Betriebsvermögen nicht zerfällt. Hierzu gibt es unterschiedliche Stiftungsmodelle,<br />
die je nach Vorgaben der Unternehmensinhaber umgesetzt<br />
werden können.<br />
Foto: © Riccardo Lennart Niels Mayer von www.istockphoto.com<br />
Das Bürgerliche Gesetzbuch definiert eine Stiftung wie folgt:<br />
„Die Stiftung ist eine mit einem Vermögen zur dauernden<br />
und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen<br />
Zwecks ausgestattete mitgliederlose juristische Person.“ Die breite<br />
Bevölkerung ist der Ansicht, dass Stiftungen nur von superreichen<br />
Mäzenen gegründet werden können. Allerdings werden die meisten<br />
Stiftungen im Durchschnitt mit der Höhe von 250.000 Euro gegründet.<br />
Viele Stiftungen übernehmen Verantwortung in Erziehung, Bildung,<br />
Forschung und Integration. Und der Gesetzgeber fördert seit<br />
<strong>20</strong>07 die Gründung von gemeinnützigen Stiftungen mit einem Sonderausgabenabzug<br />
bis zu einer Million Euro für Ledige und zwei Millionen<br />
Euro für Verheiratete.<br />
Demografische Entwicklung fördert Stiftungsgründungen<br />
Fast 50 Prozent der Stiftungsgründer haben keine Kinder und stellen<br />
sich die Frage, was mit dem Vermögen geschehen soll. Hierzu<br />
zählt nicht nur das liquide Vermögen, sondern auch das Betriebsvermögen.<br />
Die Unternehmensnachfolge gehört in den nächsten Jahren<br />
zu den größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. 3,5 Millionen<br />
mittelständische Unternehmen sind aktiv. Hiervon werden<br />
jährlich 60.000 Unternehmen auf die nächste Generation übertragen.<br />
Wenn es nicht genügend Nachfolger gibt, oder auch die Kinder<br />
Die Welt ein wenig gerechter machen<br />
Wie gemeinnützige Zwecke effektiv und sinnvoll umgesetzt werden<br />
können, zeigt die Neven Subotic Stiftung. Der Stifter Neven<br />
Subotic, ein erfolgreicher Profifußballer, wollte mit seinem Tun die<br />
Welt ein wenig gerechter machen. Aus einer kleinen Idee wurde eine<br />
Stiftung, die seit der Gründung <strong>20</strong>12 durch die Unterstützung von<br />
9.763 Spendern circa sieben Millionen Euro an Spenden erhalten<br />
hat. Mit dem Geld konnten 132 Brunnen und 80 sanitäre Anlagen<br />
an Schulen in Äthiopien gebaut werden. 151 weitere Projekte sind in<br />
Planung und sollen bis <strong>20</strong>21 fertiggestellt werden. Insgesamt haben<br />
127.669 Menschen Zugang zu sauberem Wasser erhalten, und Kinder<br />
können Schulen mit sanitären Anlagen besuchen, um durch Bildung<br />
eine bessere Perspektive zu erhalten. Dadurch wird die Welt<br />
ein wenig gerechter, und Menschen übernehmen in der Mitte unserer<br />
Gesellschaft Verantwortung. Sinnstiftende Maßnahmen bereichern<br />
uns alle und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt.<br />
Gut zu wissen<br />
n Die meisten Stiftungen in Deutschland werden im Durchschnitt mit<br />
250.000 Euro gegründet<br />
n Die Gründung einer Stiftung bietet sich an, wenn es keinen Nachfolger<br />
für das Unternehmen gibt<br />
n Es gibt unterschiedliche Stiftungsmodelle, die je nach Vorgaben der<br />
Unternehmensinhaber umgesetzt werden können<br />
Dr. Alexander Milicevic<br />
Geschäftsführer Estate Planning GmbH<br />
BVMW-Mitglied und Mitglied Expertenkreis<br />
Nachfolge<br />
www.estate-planning-gmbh.com
86 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
KMU digitalisieren und<br />
konkurrenzfähig bleiben<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> ist noch immer zu wenig digitalisiert. Allerdings hat die Bereitschaft zu modernen<br />
Produktionsprozessen zugenommen, und das Verständnis für das Thema ist gewachsen.<br />
Treiber in Richtung vernetzte Produktion sind in erster Linie<br />
die technologischen Veränderungen sowie die Bedürfnisse<br />
des Marktes und der Kunden. Trotzdem sind bislang 29 Prozent<br />
der in Deutschland ansässigen Produktionsbetriebe noch gar<br />
nicht vernetzt. Gründe dafür sind das fehlende Know-how im IT- beziehungsweise<br />
Datenschutzbereich sowie die fehlende Netzwerkfähigkeit<br />
der bestehenden Maschinenparks. Für Mittelständler scheint<br />
das Thema Datenschutz und -sicherheit eine zentrale Rolle zu spielen,<br />
da ohne Expertise und Manpower in diesem Bereich die Vernetzung<br />
nur langsam vorangetrieben werden kann.<br />
Hemmschwellen in Richtung Industrie 4.0 überwinden<br />
Einen weiteren kritischen Faktor bilden die anfallenden Kosten. Viele<br />
kleine und mittelständische Betriebe sehen sich bislang gehemmt,<br />
da moderne Software für die Produktion gewöhnlich hohe Kosten<br />
mit sich bringt. Jedoch gibt es Softwarehäuser, die spezielle Lösungen<br />
für KMU entwickelt haben. Diese punkten mit den geringen Investitionskosten<br />
und der schnellen Implementierung in den laufenden<br />
Betrieb, da sie als eine Art Plug-and-Play-Lösung eingesetzt<br />
werden können.<br />
Innovationswille macht zukunftsfähig<br />
Das einfache Setup der Produktionssteuerung für den <strong>Mittelstand</strong><br />
liegt mitunter auch an den überschaubaren Produktionssystemen<br />
und -zyklen. Die Einführung solcher Systeme gestaltet sich somit<br />
deutlich einfacher als bei größeren Unternehmen. Dadurch lassen<br />
sich auch im <strong>Mittelstand</strong> die Vorteile und Potenziale der Digitalisierung<br />
und Vernetzung der Produktion nutzen, indem man<br />
eine sichere Datengrundlage zur Aufstellung von Optimierungsmöglichkeiten<br />
erhält.<br />
Gut zu wissen<br />
n Die Digitalisierung in den Bereichen Datenschutz und Human<br />
Resources gewinnt zunehmend an Bedeutung<br />
n Softwarehäuser haben spezielle Lösungen für KMU entwickelt<br />
Mischa Wittek<br />
Mitglied der Geschäftsleitung und<br />
Vertriebsleiter GFOS mbH<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.gfos.com<br />
Foto: © GFOS/Catrin Moritz; © mediaphotos von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
87<br />
Wie Soft Skills Ihre<br />
Zukunft retten<br />
Online Marketing ist für den <strong>Mittelstand</strong> eine gute Chance, um lokal, national und international<br />
neue Kunden zu gewinnen. Dafür müssen besonders digitale Marketingkompetenzen gefördert<br />
werden. Doch auf welche Fähigkeiten kommt es in Zukunft an?<br />
Nicht immer schaffen es kleine und mittlere Unternehmen, im<br />
Wettbewerb um engagierte und gut ausgebildete Online-Marketing-Fachkräfte<br />
mitzuhalten. Dazu kommt der fortschreitende<br />
Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung, der<br />
die Unternehmen vor weitere Herausforderungen stellt. Bei Mitarbeitern<br />
des Online-Marketings sollte daher, neben den fachlichen Skills,<br />
besonders auf drei persönliche Fähigkei ten geachtet werden.<br />
Empathie<br />
Unsere Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, unterscheidet<br />
uns von Maschinen. Übersetzt ins Online Marketing ist damit die<br />
Fähigkeit gemeint, Kollegen, Chefs oder Kunden besser zu verstehen<br />
und ihre emotionale Reaktion zu antizipieren. In Zeiten<br />
der Reizüberflutung wollen Kunden von einer Marke oder<br />
einem Produkt berührt und emotional begeistert werden. Im<br />
Online Marketing hilft Empathie, diese Kundenwünsche auf Marketing-Maßnahmen<br />
zu übertragen.<br />
Foto: © Mykyta Dolmatov von www.istockphoto.com<br />
Funktionsübergreifende Kompetenz<br />
In Zukunft wird die funktionsübergreifende Kompetenz eine der<br />
Schlüsselkompetenzen sein. Vereinfacht versteht man darunter die<br />
Fähigkeit, über den eigenen beruflichen Tellerrand hinauszublicken.<br />
Zusammenhänge zu erkennen und sie in Handeln umzusetzen. Neben<br />
den Kunden profitieren auch Mitarbeiter davon, denn nachweislich<br />
steigt die innere Zufriedenheit, wenn berufliche Freiräume den<br />
Platz für persönliche Entfaltung eröffnen.<br />
Neugier und Lebenslanges Lernen<br />
Beides stellt sicher, dass Menschen stets über das aktuellste Wissen<br />
verfügen, um in ihrem Job die notwendigen Schlüsse ziehen<br />
und passende Strategien entwickeln zu können. Neugierige und sich<br />
weiterbildende Mitarbeiter sind der Motor innovativer Marketingstrategien.<br />
Weitere positive Effekte sind eine höhere Zufriedenheit<br />
am Arbeitsplatz durch das gute Gefühl, immer mehr zu wissen und<br />
zu können.<br />
Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig auszubauen, sollte<br />
nicht nur auf hohe Online-Marketing-Kompetenzen gesetzt werden,<br />
sondern auch den Mitarbeitern Weiterbildungsmaßnahmen in<br />
diesen Bereich angeboten werden. Gerade mittelständische Arbeitgeber<br />
können nämlich im Bereich Lebenslanges Lernen punkten. Sie<br />
sind erfahrungsgemäß flexibel, innovativ und entscheidungsstark<br />
und können so ein passendes Lern-Ökosystem zügig im Unternehmen<br />
etablieren. Es gilt: Lernen am Arbeitsplatz muss sich wandeln,<br />
um mit den Erfordernissen einer radikal veränderten Umwelt mithalten<br />
zu können. Mitarbeiter und Chefs müssen Lebenslanges Lernen<br />
als wichtigste Investition, in die Zukunft zu blicken, begreifen. Nur so<br />
können sie leistungsstark in die digitale Zukunft starten. Denn eines<br />
ist klar: Ausruhen auf dem Wissensstand von heute geht nicht mehr.<br />
Gut zu wissen<br />
Mehr zu den gefragten Online-Marketing-Skills von morgen im Buch:<br />
„Erfolgreich als Online-Marketing-Manager. Auf diese Soft Skills kommt<br />
es an – heute und in Zukunft“<br />
Markus Bockhorni, Claudia Beauchamp<br />
Verlag Springer Gabler, 29,99 €<br />
Markus Bockhorni<br />
Gründer und Geschäftsführer eMBIS Akademie<br />
für Online Marketing<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.embis.de
88 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
RECHTSHOTLINE<br />
Achtung bei Arbeit auf Abruf!<br />
Bei der sogenannten Arbeit auf Abruf hat der Arbeitnehmer seine<br />
Arbeitsleistung entsprechend dem betrieblichen Bedarf zu<br />
erbringen. Die Idee dahinter ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />
immer nur dann zur Arbeit heranzieht, wenn es einen betrieblichen<br />
Bedarf gibt.<br />
Festlegung von Mindeststunden<br />
Dieser Möglichkeit, die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern und damit<br />
auch die Lohnkosten an den tatsächlichen Arbeitsbedarf anzupassen,<br />
waren jedoch schon immer Grenzen gesetzt. Eine dieser Grenzen<br />
bestand von vornherein darin, dass im Arbeitsvertrag eine Mindestmenge<br />
an Arbeitsstunden pro Woche festgelegt sein musste.<br />
Gab es diese Festlegung nicht, so gilt eine gesetzliche Fiktion von<br />
derzeit <strong>20</strong> Arbeitsstunden pro Woche. Hieraus resultiert häufig das<br />
folgende Problem:<br />
Wenn die Anzahl an Stunden im Arbeitsvertrag nicht festgelegt wurde,<br />
und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer somit eine Mindestbeschäftigung<br />
von <strong>20</strong> Stunden pro Woche schuldet, muss der Arbeitgeber<br />
den Arbeitnehmer auch dann für die vollen <strong>20</strong> Stunden<br />
pro Woche vergüten, wenn er deutlich weniger oder sogar gar keine<br />
Arbeitsleistung abgerufen hat. Auch wenn Arbeitnehmer häufig<br />
aus Unkenntnis ihre Ansprüche nicht geltend machen, hat die fehlende<br />
Festlegung von Mindeststunden gravierende Folgen, die daraus<br />
resultieren, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht nur für<br />
die Stunden geschuldet werden, die ihm tatsächlich vergütet wurden,<br />
sondern für alle Stunden, die hätten vergütet werden müssen.<br />
450-Euro-Grenze<br />
Durch die Neuregelung der Mindeststundenanzahl durch die Heraufsetzung<br />
auf <strong>20</strong> Stunden pro Woche wird nun in Kombination mit dem<br />
geltenden Mindestlohn regelmäßig die 450-Euro-Grenze für eine geringfügige<br />
Beschäftigung überschritten. Das kann wiederum zur Folge<br />
haben, dass Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen<br />
Umfang nachgezahlt werden müssen, und zwar in voller Höhe durch<br />
Die BVMW-Rechtshotline erreichen Sie:<br />
Mo bis Fr 10.00 – 17.00 Uhr<br />
Tel.: 030 / 53 32 06-963 | Fax: 030 / 53 32 06-50<br />
rechtshotline@bvmw.de<br />
den Arbeitgeber. Hinzu kommt noch, dass das Nichtentrichten von<br />
Beiträgen zur Sozialversicherung als Vorenthalten von Arbeitsentgelt<br />
strafbar ist. Die Vereinbarung einer möglichst niedrigen Stundenzahl<br />
kann dies zwar verhindern, jedoch nur unter deutlicher Beschränkung<br />
der Flexibilität, denn der Arbeitgeber darf maximal 25 Prozent<br />
über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinaus abrufen.<br />
Das heißt nicht, dass es keine Möglichkeiten gibt, den Anfall von Arbeitsleistung<br />
und damit die Lohnkosten zu flexibilisieren. So können<br />
Regelungen zu Arbeitszeitkonten weiterhelfen, um zum Beispiel im<br />
Saisonbetrieb die notwendige Flexibilität zu schaffen. Hierbei sollte<br />
aber aus den oben genannten Gründen genau geprüft werden, dass<br />
die Regelungen rechtssicher sind.<br />
Gut zu wissen<br />
n Festlegung der Mindeststunden bei Arbeit auf Abruf vertraglich<br />
festhalten, um eine Mehrvergütung zu vermeiden<br />
n Ggf. müssen Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen<br />
Umfang nachgezahlt werden<br />
n Es gibt keine Möglichkeiten, den Anfall von Arbeitsleistung und<br />
damit die Lohnkosten zu flexibilisieren<br />
Dr. Jens Kaspers<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.zl-legal.de<br />
BVMW Rechtshotline<br />
Prof. Dr. Benjamin Weiler<br />
Rechtsanwalt<br />
ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />
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BVMW Rechtshotline
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
89<br />
„Wettbewerbsfähigkeit<br />
der<br />
Unter nehmen<br />
zu stärken ist<br />
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Geschäft.<br />
Daniela Bessen<br />
<strong>Mittelstand</strong>snetzwerkerin des BVMW<br />
ICH BIN <strong>DER</strong> BVMW.<br />
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MITTELSTAND.<br />
www.mittelstandsjob.de
90 SERVICE<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Strengere Compliance-Regeln<br />
auch für KMU<br />
In jüngster Zeit mehren sich die gesetzgeberischen Initiativen, die Unternehmen<br />
jeder Größenordnung strengere Vorgaben in Bezug auf die Einhaltung von<br />
Compliance-Regelungen machen.<br />
Am 16. Dezember <strong>20</strong>19 ist die Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie<br />
zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht<br />
melden) in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten<br />
der EU sind dazu verpflichtet, deren Vorgaben bis zum 17. Dezember<br />
<strong>20</strong>21 in nationales Recht umzusetzen. Die Whistleblower-Richtlinie<br />
verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele. Erstens sollen Hinweisgeber<br />
(Whistleblower), die auf Verletzungen des EU-Rechts aufmerksam<br />
machen, besser geschützt werden. Zweitens soll durch vermehrte<br />
Hinweise auf Rechtsverletzungen für eine bessere Durchsetzung des<br />
EU-Rechts gesorgt werden.<br />
Die Whistleblower-Richtlinie gilt sowohl für Hinweisgeber in privaten<br />
als auch öffentlichen Organisationen. Sie bezieht sich auf Missstände<br />
im Zusammenhang mit EU-Recht. Das EU-Recht ist vor allem für<br />
die Bereiche öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen,<br />
Gesundheitswesen, Produkt- und Verkehrssicherheit und Verbraucher-<br />
und Datenschutz relevant. Die Mitgliedsstaaten können allerdings<br />
darüber hinausgehen und den Anwendungsbereich auf nationales<br />
Recht erweitern.<br />
Voraussetzung für den Schutz von Hinweisgebern ist allerdings,<br />
dass für den Hinweisgeber ein hinreichender Grund zu der Annahme<br />
bestand, dass die gemeldeten Informationen zum Zeitpunkt der Meldung<br />
der Wahrheit entsprachen. Damit soll die Gefahr von Denunziation<br />
ausgeschlossen werden.<br />
Interne Meldekanäle und -verfahren<br />
Die Mitgliedstaaten der EU werden verpflichtet sicherzustellen, dass<br />
Unternehmen und andere juristische Personen interne Kanäle und<br />
Verfahren für Meldungen von Hinweisgebern einrichten. Unternehmen<br />
müssen dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen bestätigen,<br />
dass die Meldung eingegangen ist. Innerhalb von drei Monaten<br />
muss der Hinweisgeber über getroffene Maßnahmen und den Stand<br />
der Ermittlungen informiert werden. Die Meldekanäle sind so zu konzipieren,<br />
dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers gewahrt<br />
bleibt.<br />
Sanktionen<br />
Die neue Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, Sanktionen<br />
gegen Unternehmen zu verhängen, die das Melden von Missständen<br />
behindern. Die Mitgliedstaaten sollen ferner auch Sanktionen für den<br />
Fall vorsehen, dass Hinweise von Hinweisgebern von Unternehmen<br />
nicht vertraulich behandelt werden. Die genaue Ausgestaltung der<br />
Sanktionen ist jedoch den Mitgliedsstaaten überlassen.<br />
Interesse der Unternehmen<br />
Neben der Erfüllung einer Rechtspflicht gibt es für Unternehmen weitere<br />
Gründe, Mitarbeitern zu ermöglichen, Missstände im Unternehmen<br />
ungehindert zu melden. Dadurch kann eben auch verhindert<br />
werden, dass der Missstand externen Stellen bekannt wird. Wird ein<br />
Missstand öffentlich, kann eine negative Berichterstattung über das<br />
Unternehmen zu einem Imageschaden und sich daran anschließenden<br />
wirtschaftlichen Schäden führen. Außerdem können durch das<br />
Aufdecken von Missständen Haftungsfälle oder Sanktionen durch<br />
Behörden vermieden werden. Die internen Meldekanäle von Unter-<br />
Foto: © wildpixel von www.istockphoto.com
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SERVICE<br />
91<br />
nehmen sollten deshalb am besten im Rahmen eines umfassenden<br />
Compliance-Systems eingerichtet werden.<br />
Das Verbandssanktionengesetz – „Strafrecht“ für<br />
Unternehmen und Verbände<br />
Eine weitere kleine Revolution bahnt sich derzeit durch die geplante<br />
Einführung des Verbandssanktionengesetzes an. Diese im aktuellen<br />
Koalitionsvertrag vereinbarte Initiative bedeutet im Grundsatz nichts<br />
anderes als die Einführung einer Art „Unternehmensstrafrecht“. Die<br />
Sanktionierung von Unternehmen soll damit eine eigene gesetzliche<br />
Grundlage erhalten. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang<br />
die Einführung des sogenannten Legalitätsprinzips für Verstöße auf<br />
Unternehmensebene. Das Gesetz soll allerdings auch nicht nur für<br />
Unternehmen, sondern auch für sämtliche private und öffentlichrecht<br />
liche Verbände gelten. Betroffen sind damit nicht nur Konzerne,<br />
sondern auch Mittelständler und Kleinstbetriebe.<br />
Legalitätsprinzip<br />
Anders als bisher können Staatsanwaltschaften nun nicht mehr<br />
nach dem Opportunitätsprinzip entscheiden, ob sie ein Verfahren gegen<br />
den betroffenen Verband einleiten, sie sind durch das Legalitätsprinzip<br />
dazu verpflichtet.<br />
Hohe Strafen<br />
Als Sanktion ist bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes<br />
des Unternehmens vorgesehen. Dies trifft Unternehmen<br />
mit einem jährlichen Umsatz von über 100 Millionen Euro, eine<br />
Dimension, die auch der eine oder andere Mittelständler erreicht.<br />
Kleineren Unternehmen droht immerhin eine Geldbuße von bis zu<br />
zehn Millionen Euro.<br />
Für Unternehmen jeder Größenordnung,<br />
gerade auch für Mittelständler,<br />
kommen damit in den kommenden<br />
Jahren deutlich erhöhte regulatorische<br />
Anforderungen zu.<br />
Strafminderung<br />
Positiv hervorzuheben ist, dass der Gesetzesentwurf Anreize für die<br />
Einführung von Compliance-Maßnahmen und die Durchführung von<br />
eigenen internen Untersuchungen setzt. Unternehmen, die Compliance-Systeme<br />
zur Vermeidung von Rechtsverstößen einführen und<br />
an diesen beziehungsweise deren Aufklärung selbst mitarbeiten, sollen<br />
durch verminderte Strafen oder gar Absehen der Verfolgung honoriert<br />
werden. Für die Durchführung solcher internen Untersuchungen<br />
liefert der Entwurf zudem klare Kriterien.<br />
Schnell handeln<br />
Für Unternehmen jeder Größenordnung, gerade auch für Mittelständler,<br />
kommen damit in den kommenden Jahren deutlich erhöhte<br />
regulatorische Anforderungen zu. Es kann in diesem Zusammenhang<br />
nur dringend geraten werden, frühzeitig in die Einführung eines<br />
Compliance-Managementsystems zu investieren. Alles andere verspricht,<br />
vor dem Hintergrund der aktuellen gesetzgeberischen Bestrebungen,<br />
bestenfalls unabsehbare Folgen.<br />
Gut zu wissen<br />
n Das Problem für Hinweisgeber besteht in der Regel darin, dass sie große Hemmungen<br />
haben, ihnen bekannt gewordene Missstände in einem Unternehmen anzusprechen oder<br />
aufzudecken, weil sie berufliche Nachteile befürchten. Die Whistleblower-Richtlinie soll<br />
dem entgegenwirken<br />
n Es sind Sanktionen bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Jahresumsatzes des<br />
Unternehmens vorgesehen<br />
n Unternehmen, die Compliance-Systeme einführen und an deren Aufklärung selbst mitarbeiten,<br />
sollen durch verminderte Strafen oder Absehen der Verfolgung honoriert werden<br />
n Unternehmen sollten frühzeitig in die Einführung eines Compliance-Managementsystems<br />
investieren<br />
Prof. Dr. Benjamin Weiler<br />
Rechtsanwalt<br />
Dr. S. Dennis Engbrink<br />
Rechtsanwalt<br />
ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft<br />
mbB<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.zl-legal.de
92 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
V. li.: Professor Dr. Franco Rota (Jurymitglied) und Holger Oehrlich (Schwarz IT). V. li.: Jörg Bonkowski Geschäftsführer MEBO Sicherheit GmbH, Janique Jornitz,<br />
Personalreferentin & BGM Koordinatorin, Cornelia Gärtner, Leiterin BVMW in der<br />
Wirtschaftsregion Frankfurt Rhein Main.<br />
Bester Werbefilm in<br />
Baden-Württemberg<br />
Bereits zum zweiten Mal ist im Metropolkino in Stuttgart der<br />
Werbefilmpreis Baden-Württemberg, der vom BVMW Baden-<br />
Württemberg gesponsort wird, vergeben worden. Den Preis<br />
erhielt „Bist du bereit für Großes?“ von der Schwarz-IT, produziert<br />
von Silbersalz Film GmbH. Die 2.000 Euro Preisgeld<br />
stammen von den BVMW-Mitgliedern Medienfabrik Storz und<br />
Conducta/Endress und Hauser. Verliehen wird er vom Filmbüro<br />
(BVMW-Mitglied). Lobende Erwähnungen erhielten „Playmobil –<br />
Finya und Florin bei den Meerjungfrauen“, (Produktion Woodblock)<br />
und das Diakonische Werk (Produktion AV Medien).<br />
Verleihung des<br />
Corporate Health Award<br />
Beim diesjährigen Corporate Health Award in Frankfurt wurden drei<br />
mittelständische Unternehmen geehrt: MEBO Sicherheit GmbH<br />
in der Kategorie Handel, Volksbank Ulm-Biberach eG und Werner<br />
Gießler GmbH. Die jährliche Preisverleihung prämiert öffentlichkeitswirksam<br />
die besten Unternehmen Deutschlands in 15 Branchen-Kategorien.<br />
Neben den Klassen „Großunternehmen“ und „<strong>Mittelstand</strong>“<br />
werden weitere Sonderpreise für herausragende Unternehmen<br />
vergeben. Der BVMW ist hier langjähriger Sonderpreispartner.<br />
V. li.: Benjamin Langer, Geschäftsführer SWF; Werner Jüngst, Schulleitung<br />
Gesamtschule Eiserfeld; Uschi Zingler, Didaktische Leitung; Thomas Dilling,<br />
Vorstandsvorsitzender Förderverein Gesamtschule Eiserfeld, und<br />
Svend Schleidgen, Geschäftsführer SWF.<br />
Siegener Unternehmen feiert<br />
100-jähriges Bestehen<br />
Die Siegener Werkzeug- und Härtetechnik GmbH (SWF) kann<br />
auf ihr 100-jähriges Bestehen zurückblicken. Im Rahmen der<br />
Feierlichkeiten zum Jubiläum wurde unter dem Motto „Wir feilen<br />
an der Zukunft“ dazu aufgerufen, das Projekt „Digitalisierung<br />
und Technik“ einer ansässigen Gesamtschule mit einer Spende<br />
zu unterstützen. Ein Spendencheck in Höhe von 10.000 Euro<br />
wurde an Schulleiter Werner Jüngst überreicht.<br />
V. li.: Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und<br />
Sylvia Dommer-Kroneberg.<br />
Wirtschaftsmedaille für<br />
Sylvia Dommer-Kroneberg<br />
Für herausragende Leistungen um die baden-württembergische<br />
Wirtschaft hat Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut im Neuen<br />
Schloss in Stuttgart die Wirtschaftsmedaille des Landes an<br />
zwölf Persönlichkeiten und drei Unternehmen verliehen. Zu ihnen<br />
zählt auch Sylvia Dommer-Kroneberg von der Fahnenfabrik<br />
Dommer (BVMW-Mitglied), die seit 1852 existiert. Die Medaille<br />
erhalten seit 1987 Persönlichkeiten und Unternehmen, die sich<br />
in herausragender Weise um die Wirtschaft des Landes verdient<br />
gemacht haben.<br />
Foto: © Ulrich Köppen; EuPD/Handelsblatt/ Corporate Health Award; © Siegener Werkzeug- und Härtetechnik GmbH; © Ulrich Köppen
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
93<br />
<strong>20</strong> Jahre infinitum<br />
Die infinitum multimedia aus Herne hat ihr <strong>20</strong>-jähriges Jubiläum<br />
gefeiert. Vor <strong>20</strong> Jahren begann die Firma mit der Erstellung<br />
individueller Internetpräsenzen und entwickelt seitdem auch<br />
komplexere Web-Anwendungen. Gegründet wurde infinitum<br />
multimedia im Jahre 1999 von Werner Koch, der nach mehr als<br />
einem Jahrzehnt Beratungstätigkeit im Finanzsektor seine Passion<br />
für die neuen Medien zum Beruf machte. infinitum betreut<br />
heute mittelständische Kunden und steuert auch komplexere<br />
Projekte gemeinsam mit externen Partnern zum erfolgreichen<br />
Corporate-Design und zeitgemäßem Brand-Building.<br />
Leipziger Marketingpreis für<br />
BVMW-Mitglied<br />
Die Agentur 2 Lions Media Consult GmbH hat den Leipziger Marketingpreis<br />
<strong>20</strong>19 in der Kategorie „Bester Marketing Newcomer“<br />
gewonnen. Geehrt wurde das junge Unternehmen für eine Kampagne,<br />
die eine Reichweite von mehr als 30 Millionen Kontakten<br />
sowie eine Absatzsteigerung von 270 Prozent im Business-Ticketing<br />
erreichte. Hintergrund war eine Meldung von Charlie<br />
Sheens Unterstützung für einen Basketballclub aus Weißenfels.<br />
Die Berichterstattung darüber reichte von der BILD bis zum Stern,<br />
die Formate variierten über Tageszeitungen, Magazine, Basketball-Fachmedien<br />
bis hin zu Radio-, TV- und Podcast-Beiträgen.<br />
Besonders überzeugte die Jury die Idee, mit Filmstar Charlie<br />
Sheen ein Stück Hollywood in die Region zu holen.<br />
infinitum-Mitarbeiter<br />
Florian Grimm (li.) und<br />
Inhaber Werner Koch.<br />
www.2-lions.de<br />
www.infinitum.de<br />
Malaysia Informationsabend<br />
in Regensburg<br />
Die Preisträger von 2 Lions Media Consult: Jonathan Hexel (li.)<br />
und Steffen Schedler.<br />
Foto: © infinitum; 2-Lions; © WORDUP Public Relations<br />
Der BVMW Regensburg veranstaltete im Kolpinghaus ein Treffen<br />
zum Thema „Malaysia als Tor zu ASEAN“. Michael Fisahn-Reinhard,<br />
Managing Director des globalen Netzwerks von Expandeers in Hamburg,<br />
informierte über das Potenzial und die Perspektiven Malaysias<br />
und der südostasiatischen Gemeinschaft für europäische Unternehmen.<br />
ASEAN hat inzwischen mehrere Freihandelsabkommen<br />
mit China und Indien. Außerdem verhandelt die EU derzeit bilaterale<br />
Abkommen mit einzelnen Mitgliedstaaten.<br />
Bei Interesse und weiteren Fragen wenden Sie sich an:<br />
hartwig.brodtmann@bvmw<br />
Wachstumsstark:<br />
089 Immobilienmanagement<br />
In Kooperation mit Statista hat das Magazin FOCUS in einer<br />
branchenübergreifenden Erhebung die am stärksten wachsenden<br />
Unternehmen in Deutschland ermittelt. Das BVMW-Mitglied 089 Immobilienmanagement<br />
um den geschäftsführenden Gesellschafter<br />
Georg Angermeier gehört dazu.<br />
www.089immobilienmanagement.de<br />
<strong>Mittelstand</strong>sempfang<br />
im Münchner Rathaus<br />
Der bereits sechste<br />
Rathausempfang<br />
des BVMW in München<br />
bot erneut eine<br />
gute Gelegenheit,<br />
um gemeinsam auf<br />
die Ereignisse des<br />
Geschäftsjahres<br />
zurückzublicken. Der<br />
Oberbürgermeister<br />
Achim von Michel (BVMW München) und<br />
Katrin Habenschaden (Bündnis90/Die Grünen).<br />
der Landeshauptstadt München – vertreten durch Stadträtin Katrin<br />
Habenschaden (Bündnis90/Die Grünen) – hatte den BVMW zum<br />
jährlichen Empfang ins Münchner Rathaus eingeladen. Auf dem<br />
Empfang hob Habenschaden die große Bedeutung der kleinen und<br />
mittleren Unternehmen für die regionale Beschäftigung und das<br />
Steueraufkommen hervor.<br />
Rund 100 Gäste konnten mit Vertretern des Münchner Stadtrates<br />
persönlich ins Gespräch kommen, ausführliches Networking mit<br />
ihren Unternehmerkollegen im BVMW betreiben und ein Flying Buffet<br />
in der Ratstrinkstube genießen. Der BVMW war mit mehreren regionalen<br />
Beauftragten auf dem Empfang präsent.
94 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Vom Nordpol zum Südpol<br />
Der Abenteurer Robby Clemens war zu Gast beim BVMW Wirtschaftsregion<br />
Leipzig. Dort präsentierte er seinen Vortrag „Zu<br />
Fuß vom Nordpol Richtung Südpol“. Neben zahlreichen Bildern<br />
und einem Video konnten die BVMW-Mitglieder eine Vielzahl<br />
eindrucksvoller und berührender Geschichten über die Höhen<br />
und Tiefen seiner Reise erleben. Nach einer persönlichen<br />
Lebenskrise erfüllte sich Robby Clemens diesen Traum und<br />
startete im April <strong>20</strong>17 in der Arktis sein Abenteuer, das er nach<br />
22 Monaten glücklich in der Antarktis beenden konnte.<br />
Hans-Josef Helf vom BVMW-Wirtschaftsregion Dresden (re.) mit<br />
Kempinski-Manager Stephan Becker.<br />
BVMW Dresden eröffnet<br />
Eisbahn im Taschenbergpalais<br />
Zur Eröffnung der Wintersaison hat die BVMW Wirtschaftsregion<br />
Dresden erneut als exklusiver Partner von Kempinski-Hotel<br />
Taschenbergpalais die romantische Eisbahn im Innenhof des<br />
Hotels eröffnet. Bis März können hier täglich die Besucher<br />
ihre Runden auf Kunsteis drehen. Dazu gibt es Glühwein oder<br />
Bratwurst, und es können Schlittschuhe ausgeliehen werden.<br />
Zur Eröffnung kamen zahlreiche BVMW-Mitglieder, die sich den<br />
Spaß nicht nehmen ließen und selbst einige Runden auf dem Eis<br />
drehten.<br />
Abenteurer Robby Clemens.<br />
Schule trifft Unternehmen<br />
Journalist Uwe Knüpfer (li.) und Sebastian Hartmann (SPD) in Diskurs.<br />
NRW-SPD sucht neue Wege<br />
Im Dialog mit dem Journalisten Uwe Knüpfer hat der Vorsitzende der<br />
NRW-SPD Sebastian Hartmann vor den Mitgliedern des Landeswirtschaftssenats<br />
NRW seine Ansätze zur Erneuerung der kriselnden<br />
Sozialdemokraten dargelegt. In den Räumen des Mitglieds PubliCare<br />
GmbH in Köln zeigte sich, welchen Einfluss der größte Landesverband<br />
der Partei auf die Bundespolitik hat, und welche Rolle dabei die<br />
politische Entwicklung in NRW spielen kann. Der ehemalige Chefredakteur<br />
der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Uwe Knüpfer,<br />
führte durch das Symposium. Der Abend machte eines deutlich:<br />
Der spürbare Linksruck der Partei dürfte nicht nur in den Reihen des<br />
<strong>Mittelstand</strong>s für erheblichen Gesprächsbedarf sorgen.<br />
Beatrice Brenner (BVMW Bayerischer Untermain)<br />
präsentiert die Workshop-Ergebnisse.<br />
Lehrer haben zu<br />
wenig Informationen,<br />
welche Qualifikationen<br />
sich Unternehmen<br />
von zukünftigen<br />
Azubis wünschen<br />
Dieses Wissensdefizit<br />
führte zur Idee des<br />
BVMW Bayerischer<br />
Untermain, zum Forum<br />
(AUS)BILDUNG<br />
„Chancen für Ausbildungsbetriebe: Schule trifft Unternehmen“<br />
in das Gymnasium in Elsenfeld einzuladen. BVMW-Vorstandsmitglied<br />
Arthur Zimmermann von der BVMW Bildungsallianz<br />
beleuchtete vor über 50 Schulvertretern verschiedener Schulen<br />
und Ausbildungsverantwortlichen aus der Region die Bildungssituation<br />
in Deutschland, dann folgte ein Best Practice Beispiel.<br />
Anschließend konnten die Teilnehmer in einem Workshop Wünsche<br />
und Ideen zur Berufsorientierung zusammentragen.<br />
Foto: © BVMW Bayerischer Untermain (Beatrice Brenner)
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
95<br />
Neuer Expertenkreis<br />
Unternehmensnachfolge<br />
Im BVMW FrankfurtRheinMain hat sich der Expertenkreis Nachfolge<br />
gebildet. Die Mitglieder sind mittelständische Unternehmer, die<br />
Lösungsangebote für alle mit der Unternehmensnachfolge verbundenen<br />
Herausforderungen anbieten. Ob Unternehmensbewertung,<br />
juristische Begleitung, Veränderungskommunikation und -Management,<br />
Unterstützung bei der Käufer- und Investorensuche, Übergabevorbereitung<br />
oder Verkaufsberatung – die Nachfolgeexperten<br />
helfen mit Rat und Tat dem Unternehmer, damit die Weitergabe an<br />
eine neue Generation, ein MBO oder der Verkauf gelingt.<br />
www.dienachfolgeexperten.de<br />
Sprenger mal ganz anders<br />
Sich Zeit zu nehmen,<br />
besondere Momente zu<br />
erleben und zu genießen<br />
– dafür steht die<br />
Reihe „Augenblicke“.<br />
Rund <strong>20</strong>0 Gäste haben<br />
Deutschlands Management-Guru<br />
Dr. Reinhard<br />
K. Sprenger einmal ganz<br />
anders erlebt und waren<br />
begeistert. Er ist Gitarrist,<br />
Songschreiber und<br />
Texter, stand mit Tina<br />
Turner auf der Bühne,<br />
mit Mink DeVille und<br />
vielen anderen. Das Konzert<br />
in Münster war eine<br />
reizvolle Kombination<br />
aus Vortrag und Musik:<br />
chansonhafte Songs,<br />
gehaltvolle Liedtexte,<br />
Zwischenvorträge und<br />
Gedichte, angereichert<br />
mit Humor. Einen wunderschönen<br />
Rahmen<br />
Autor und Speaker Dr. Reinhard K. Sprenger<br />
mal ganz anders.<br />
für dieses exklusive Event lieferte der Gastgeber Sparkasse<br />
Münsterland Ost. In dem außergewöhnlichen Foyer der Zentrale<br />
in Münster sorgte ein stimmungsvolles Ambiente und tolles<br />
Catering für weitere Begeisterung bei den Gästen. Ein außergewöhnlicher<br />
Abend, der erst gegen Mitternacht sein Ende fand.<br />
2nd BVMW „Winery Slam“<br />
Foto: © Dietrich Skrock<br />
V. li.: Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht und Peter Martini<br />
(BVMW).<br />
Treffen mit Sachsen-Anhalts<br />
Innenminister<br />
In einer Gesprächsrunde mit Mitgliedern des BVMW in Magdeburg<br />
hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht<br />
(CDU) eine Verschiebung des Wertegerüsts in der deutschen<br />
Gesellschaft beklagt. Die Spannungen gerade zwischen den<br />
rechten und linken Flügeln hätten erheblich zugenommen. Der<br />
Politiker sprach sich dagegen aus, Menschen, die lediglich ihre<br />
Sorgen und Nöte über Migration oder soziale Probleme äußerten,<br />
„als Nazis zu beschimpfen“. Eine stabile Wirtschaft mit<br />
einem starken <strong>Mittelstand</strong> sei unverzichtbar für das Land. Daran<br />
solle sich die Politik bei ihren Entscheidungen orientieren.<br />
Der Kreisverband FrankfurtRheinMain des BVMW hat <strong>20</strong>19 einen<br />
literarischen Wettbewerb zum Thema Wein im Dolce by Wyndham<br />
Bad Nauheim veranstaltet. Nach dieser gelungenen Premiere folgt<br />
Ende Februar <strong>20</strong><strong>20</strong> die zweite Auflage dieses außergewöhnlichen<br />
Events – erneut im historischen Jugendstil-Theater des Vier-Sterne-Hotels.<br />
Acht passionierte Weinbaubetriebe und -händler präsentieren<br />
auf der Bühne ihre ausgewählten Weine aus verschiedenen<br />
Anbaugebieten – direkt, hautnah und zeitgemäß, nach dem Vorbild<br />
eines Poetry Slam.<br />
Der „Winery Slam“ im Dolce-Theater Bad Nauheim.
96 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Nachhaltig haften<br />
bleiben<br />
In jeder Ausgabe stellt <strong>DER</strong> <strong>Mittelstand</strong>. BVMW Mitgliedsunternehmen<br />
und deren Produkte vor. Diesmal Nopar International,<br />
die sich auf die Herstellung und den Vertrieb von hochwertigen<br />
Medien für die Druckindustrie, die Werbetechnik, den Moderations-<br />
und Präsentationsmarkt spezialisiert haben.<br />
Folien im Druckprozess.<br />
Bei Schulungen, Tagungen, Präsentationen,<br />
Workshops, Brainstorming<br />
oder im Privatleben werden sie eingesetzt:<br />
Elektrostatische Folien, die mit<br />
entsprechenden Whiteboard Markern oder<br />
auch Permanent-Markern beschreibbar<br />
sind und auf allen Oberflächen elektrostatisch<br />
haften. Die Folien haften, egal ob auf<br />
Holz, Beton Glas, Metall oder Tapete.<br />
Auch Papier und Metaplan-Karten haften auf Folio Contact<br />
ohne jegliche Hilfsmittel. Folio Contact bietet die<br />
Vorteile von Flipchart und Whiteboard, Metaplan und<br />
Pinnwand und gleichzeitig Mobilität. Aber auch einsetzbar<br />
als Schaufenster-Dekoration oder für Promotion-Aktionen.<br />
Die Folie gibt es in der Spenderbox, ist schnell zu<br />
verwenden und kann überall eingesetzt werden.<br />
Die Whiteboard-Folie ist gleich mehrfach wiederverwendbar.<br />
Sie ist trocken abwischbar, so kann jedes Blatt<br />
bis zu zehn Mal wiederverwendet werden.<br />
Für Kinder und Künstler gibt es das Produkt als Hybrid<br />
Medium mit einer Farbempfangsschicht, die es erlaubt,<br />
mit Finger- oder Wasserfarben darauf zu malen.
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
97<br />
Beispiel für den Einsatz<br />
von Etiketten in der<br />
Getränkeindustrie.<br />
Fotos: © NOPAR International GmbH<br />
Darüber hinaus befasst sich das Unternehmen mit der Herstellung<br />
von Spezialetiketten für die Getränkeindustrie und<br />
die Werbetechnik. Gefertigt werden ablösbare Etiketten für<br />
Getränkekisten für Brauereien, Softdrink- und Mineralwasserhersteller.<br />
Nopar fertigt zu 100 Prozent in Deutschland. Die Produkte<br />
werden nachhaltig produziert mit dem Fokus auf umweltverträglichen<br />
Einsatz und Recyclingfähigkeit.<br />
NOPAR International GmbH<br />
Gründung: <strong>20</strong>03<br />
Firmensitz: Freie Hansestadt Bremen<br />
Geschäftsführer: Stefan Schmitt<br />
Mitarbeiter: 8<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.nopar-international.com
98 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Visionen für den <strong>Mittelstand</strong><br />
Die erste Bundestagung <strong>20</strong><strong>20</strong> stand in Königswinter unter dem Motto „Gutes bewahren,<br />
Neues wagen“. In Zeiten von schwächelnder Konjunktur und Nullzinspolitik diskutierten<br />
rund 300 Verbandsrepräsentanten des BVMW aus dem In- und Ausland aktuelle Probleme und<br />
bekamen konkrete Lösungsvorschläge für die von ihnen betreuten Unternehmen geboten.<br />
Hingucker: Im Hotel Maritim in Königswinter begrüßte der BVMW rund 300 Verbandsrepräsentanten zur ersten Bundestagung <strong>20</strong><strong>20</strong>.<br />
Zum Auftakt gab <strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven in seiner<br />
motivierenden, substanzvollen Keynote einen Ausblick auf das<br />
Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong>. Unternehmen würden mit Sorge auf die US-Wahl,<br />
die wirtschaftliche Entwicklung Chinas und die globalen Handelskonflikte<br />
blicken. In vielen Branchen sei die Konjunktur bereits eingebrochen.<br />
Die deutsche Autoindustrie hadere mit der Elektromobilität,<br />
und die Banken litten unter der Null-Zinspolitik der Europäischen<br />
Zentralbank. Deutliche Worte fand Ohoven zur Politik der Großen Koalition:<br />
„Es geht der deutschen Wirtschaft nicht wegen, sondern trotz<br />
der GroKo noch vergleichsweise gut.“<br />
Patrick Meinhardt, Generalsekretär der Bildungsallianz des <strong>Mittelstand</strong>s,<br />
zog eine positive Bilanz: Im Jahr <strong>20</strong>19 seien 300.000 neue Mitglieder<br />
der Bildungsallianz beigetreten. Beim Bildungs-Talk mit Jürgen<br />
Böhm, Bundesvorsitzender Verband deutscher Realschullehrer<br />
und Vizevorsitzender Deutscher Beamtenbund, Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender<br />
des Bundesverbands der Träger beruflicher Bildung,<br />
und Gerard Wolny, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands<br />
höherer Berufe der Technik, Wirtschaft und Gestaltung, war man sich<br />
einig, dass die Qualität der Bildungsabschlüsse wieder steigen müsse.<br />
Frank Schweikert, Vorstand und Stifter der Deutschen Meeresstiftung,<br />
referierte eindrucksvoll über die Bedeutung der Meere: Nicht<br />
etwa Wälder, sondern Algen würden einen Großteil des Atmosphärensauerstoffs<br />
produzieren. Zusätzlich nehmen die Meere riesige<br />
Mengen an CO 2<br />
-Emissionen und auch Wärme auf. Bereits heute seien<br />
aber die Hälfte aller Warmwasserkorallenriffe zerstört. Ein weiteres<br />
Problem mit unbekannten Folgen seien neben dem Klimawandel<br />
auch die Belastungen durch Kunststoffe.<br />
Frank Vogt, Coach und Geschäftsführer HPS Deutschland GmbH,<br />
zeigte in einem spannenden und humorvollen Vortrag verschiedene<br />
Strategien der Rhetorik und Kommunikation auf. Gerade bei Präsentationen<br />
bestehe großer Nachholbedarf, so könnten sich Menschen<br />
nur an 2,2 Prozent aller Präsentationen erinnern.<br />
Best Practice Beispiele rundeten das Angebot aus der Praxis für die<br />
Praxis ab. Der rege Austausch und die Experten-Workshops der ersten<br />
Bundestagung werden den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> für den BVMW legen.<br />
<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven hielt die substanzvolle Eröffnungsrede,<br />
gab Prognosen und einen Ausblick auf die Herausforderungen des Jahres <strong>20</strong><strong>20</strong>.
BVMW<br />
99<br />
Frank Vogt, Coach und Geschäftsführer HPS<br />
Deutschland GmbH, referierte über Storytelling.<br />
Frank Schweikert, Vorstand und Stifter der Deutschen<br />
Meeresstiftung, beeindruckte mit seinem Vortrag über<br />
die Bedeutung der Meere.<br />
Kooperationspartner des BVMW: Mert Dorman, Senior Vice<br />
President, Corporate Marketing&Distribution Channels, Turkish<br />
Airlines.<br />
Bundesgeschäftsführer Markus Jerger bei seiner Eröffnungsrede.<br />
Bildungs-Talk mit BVMW-Vorstand Arthur Zimmermann, Gerard Wolny,<br />
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der höheren Berufe der Technik, Wirtschaft<br />
und Gestaltung; Jürgen Böhm, Präsident des Verbandes deutscher Realschullehrer und<br />
Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des Internationalen Bunds (v. li.).<br />
Sehr erfolgreiche Repräsentanten des BVMW …<br />
Fotos: © BVMW/Annemarie Thiede<br />
… wurden geehrt und ausgezeichnet.
100 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Wie der Nutzen ins Fahrzeug kommt<br />
Ob in Schönefeld oder in Sibirien – wo immer schwere Lasten transportiert oder gehoben werden<br />
müssen, ist die CTM Fahrzeugbau GmbH gefragt. Das Unternehmen rüstet Nutzfahrzeuge mit Aufbauten<br />
aus und hat unter anderem ein eigenes Fahrzeug entwickelt, das weltweit einzigartig ist.<br />
Seit mehr als <strong>20</strong> Jahren ist Dietmar<br />
Massino in der Automobilbranche zu<br />
Hause. Der 55-jährige Diplom-Ingenieur<br />
kennt sämtliche Entwicklungen des Geschäftszweigs,<br />
weiß um die Herausforderungen,<br />
aber auch die Potenziale der Branche.<br />
So auch, als er 1996 beschloss, einen Standort<br />
im brandenburgischen Bestensee aufzukaufen<br />
und sich mit der CTM Fahrzeugbau<br />
GmbH selbstständig zu machen. Das inhabergeführte<br />
Unternehmen hat sich auf die<br />
Herstellung von Fahrzeugaufbauten spezialisiert<br />
und versieht ab Werk gefertigte Fahrzeuge<br />
mit einem individuellen Nutzen, je<br />
nachdem, für welche Zwecke der Kunde die<br />
Aufbauten benötigt. Seien es Ladekräne,<br />
Kipper, Koffer oder Pritschen – der Betrieb<br />
um Geschäftsführer und Gründer Massino macht es möglich.<br />
In Zusammenarbeit mit namhaften Herstellern wie MAN oder Mercedes-Benz<br />
werden Lkw-Chassis in der Größe von 3,5 bis 32 Tonnen<br />
auf das rund 35.000 Quadratmeter große Areal des Unternehmens<br />
in Brandenburg geliefert. Ab hier übernimmt das Team von CTM und<br />
stattet die Kraftwagen mit den jeweiligen Aufbauten aus.<br />
Es ist eine Herausforderung, die Aufbauten<br />
immer wieder an die unterschiedlichen<br />
Varianten anzupassen.<br />
Bei mehreren Tausend Fahrzeugvarianten, die die großen Lkw-Hersteller<br />
im Portfolio haben, erfordert dies ein ständiges Umdenken.<br />
„Wir stehen unter einem Modellfeuerwerk. Es ist eine Herausforderung,<br />
die Aufbauten immer wieder an die unterschiedlichen Varianten<br />
anzupassen. Aber die Herausforderung begreifen wir als Chance“,<br />
sagt Massino.<br />
Erfolgreiches Geschäftsmodell<br />
Den Kern des Geschäfts auf die spezialisierte Sparte der Fahrzeugaufbauten<br />
zu legen, entpuppte sich in den Folgejahren nach<br />
der Gründung als die goldrichtige Entscheidung. Das Unternehmen<br />
konnte ein gesundes Wachstum verzeichnen und hat bis heute über<br />
6.500 Fahrzeuge für 750 Kunden in zwölf Ländern ausgerüstet. <strong>20</strong>14<br />
expandierte CTM und eröffnete einen weiteren Standort in Berlin, an<br />
dem insbesondere Serviceleistungen angeboten werden, während<br />
der Fahrzeugbau nach wie vor in erster Linie am brandenburgischen<br />
Standort stattfindet. Hinter dem Erfolg des mittelständischen Betriebes<br />
steht ein inzwischen über 60-köpfiges Team aus Ingenieuren,<br />
CTM Fahrzeugbau GmbH hat sich auf Aufbauten für Nutzfahrzeuge spezialisiert.<br />
Technikern, Verwaltungsmitarbeitern und Vertriebsprofis. „Unsere<br />
Mitarbeiter sind das Wichtigste überhaupt“, sagt Massino. Dennoch<br />
bekommt auch sein Unternehmen den Fachkräftemangel zu spüren,<br />
unter dem viele Mittelständler zu leiden haben. „Wir sprechen mittlerweile<br />
nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem<br />
Arbeitskräftemangel“, beschreibt er die Situation. Doch durch<br />
eine Kultur der Transparenz und der kurzen Wege schafft es der Geschäftsführer,<br />
den Großteil seiner Mitarbeiter im Betrieb zu halten.<br />
Außergewöhnliche Kundenstruktur<br />
Neben dem Wachstum des Unternehmens ist auch seine Kundenstruktur,<br />
wie sie deutschlandweit nur die wenigsten Unternehmen<br />
in der Branche aufweisen können, bemerkenswert. Denn CTM zählt<br />
nicht nur privatwirtschaftliche Unternehmen zu seinen Kunden, sondern<br />
erhält seine Aufträge zur Hälfte von der öffentlichen Hand.<br />
Bund, Länder und Kommunen und die dazugehörigen Behörden unterhalten<br />
mitunter beachtliche Fuhrparks. Stadtreinigungen, die Polizei<br />
oder das Technische Hilfswerk (THW) sind nur einige wenige<br />
Beispiele. Alleine das THW besitzt einen Fuhrpark von über 10.000<br />
Fahrzeugen und benötigt für die Einsätze im Rahmen des Katastrophenschutzes<br />
regelmäßig maßgefertigte Aufbauten. Den Katastrophenschutz,<br />
insbesondere im Hinblick auf Wassergefahren, sieht<br />
Dietmar Massino als eine der dringlichsten Aufgaben. „Wir sitzen<br />
nicht auf einer Insel der Seligen und sollten deshalb beim Schutz vor<br />
Naturkatastrophen nicht untätig bleiben“, sagt er.<br />
Eigenes Amphibienfahrzeug<br />
Vor diesem Hintergrund hat CTM ein eigenes Fahrzeug entwickelt,<br />
dass sich von Überschwemmungen oder anderen Unwegsamkeiten<br />
nicht aufhalten lässt: den CTM Pionier. Dabei handelt es sich um
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
101<br />
Mit dem CTM Pionier hat das Unternehmen ein eigenes Amphibienfahrzeug entwickelt, das in dieser Form einmalig ist.<br />
ein mit diesen technischen Spezifikationen einmaliges Amphibienfahrzeug<br />
mit bis zu 30 Tonnen Nutzlast. Nach einer vierjährigen Entwicklungsphase<br />
im eigenen Betrieb, wurde der CTM Pionier <strong>20</strong>19 auf<br />
dem Katastrophenschutzkongress, einer internationalen Fachmesse<br />
in Berlin, der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Ein Volltreffer. „Das Interesse<br />
war überaus positiv. Keiner der Messebesucher hatte so etwas<br />
je zuvor gesehen“, berichtet Geschäftsführer Massino. In kürzester<br />
Zeit konnten Interessenten in über zwölf Ländern für den CTM Pionier<br />
gewonnen werden. Das Fahrzeug eignet sich sowohl im Bereich<br />
des Katastrophenschutzes als auch im kommerziellen Bereich.<br />
So ist einer der zwei bereits ausgelieferten Pioniere in Sibirien beim<br />
Pipelinebau im Einsatz und überwindet dort jedes Hindernis.<br />
Doch der Pionier ist bei weitem nicht das einzige Beispiel für Fahrzeuge<br />
der Superlative, für die CTM verantwortlich ist. So hat das Un-<br />
ternehmen für die Feuerwehr an den Berliner Flughäfen Tegel und<br />
Schönefeld einen überdimensionalen Kran gebaut, der das bis zu<br />
fünf Tonnen schwere Feuerwehrequipment handhaben kann.<br />
Auch zukünftig will man an die bereits erreichten Erfolge anknüpfen<br />
und im nächsten Schritt die Internationalisierung der Geschäfte<br />
angehen. Diesen Weg beschreitet Dietmar Massino keineswegs<br />
alleine. Denn seit einigen Jahren arbeitet auch sein Sohn Marius im<br />
Familienbetrieb und ist inzwischen einer der beiden Geschäftsführer.<br />
Während sich der Sohn vor allem um die kaufmännischen Abläufe<br />
kümmert, ist Dietmar Massino vorrangig im technischen Bereich<br />
des Unternehmens tätig. Das Ziel der beiden sowie ihrer Mitarbeiter<br />
ist jedoch gleich: Es sollen echte Problemlöser für die Kunden geschaffen<br />
werden.<br />
CTM Fahrzeugbau GmbH<br />
Fotos: © CTM Fahrzeugbau GmbH<br />
Gründung: 1996<br />
Firmensitz: Bestensee, Berlin<br />
Geschäftsführer: Dietmar Massino, Marius Massino<br />
Mitarbeiter: 63<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.ctm-fahrzeugbau.de<br />
Tim Schöllmann<br />
BVMW<br />
Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
tim.schoellmann@bvmw.de
102 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Elektromobilität als Chance<br />
Neueste Technologien sichern dem Zulieferer Wiegand die Position eines gefragten Lieferanten<br />
der europäischen Automobilindustrie. Das Unternehmen hat sich von einem kleinen Maschinenund<br />
Werkzeugproduzenten zu einem innovativen Technologieunternehmen entwickelt und feiert<br />
in diesem Jahr sein 30. Firmenjubiläum.<br />
Die mittelständische Familiengeschichte<br />
begann bereits 1850 mit<br />
der Herstellung von Netz- und Seilerwaren<br />
und Sportartikeln. Nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg verließ die Familie im Zuge<br />
der Enteignung den Heimatort im thüringischen<br />
Schlotheim. Gleich nach der Wiedervereinigung<br />
kehrte sie aus Baden-Württemberg<br />
zurück und gründete im Oktober 1990<br />
die Wiegand GmbH. In den zurückübertragenen<br />
Fabrikhallen begann nach erheblichen<br />
Umgestaltungen die Serienproduktion von<br />
gestanzten Metallteilen und -Leisten. Dabei<br />
nutzte der inzwischen verstorbene Inhaber<br />
Karl-Franz Wiegand seine technologischen<br />
Erfahrungen und persönlichen Kontakte zur<br />
Automobilindustrie.<br />
Auf Veränderungen reagieren<br />
In den Folgejahren gelang es, die Produktion<br />
aufgrund der gewaltigen Nachfrage rasant<br />
zu steigern. Heute produziert das Unternehmen an vier Standorten<br />
in der Stadt Schlotheim auf über 35.000 m². Im Jahr <strong>20</strong>00<br />
trat der Sohn des Firmengründers, Andreas Wiegand, mit neuen<br />
Ideen vor allem auf dem Gebiet der Automatisierung und Kunststofftechnik<br />
in das Familienunternehmen ein. Entscheidend für<br />
den geschäftlichen Erfolg bleibt die ständige Anpassung und Weiterentwicklung<br />
der Technik und der Produkte nach den Vorgaben<br />
und Anforderungen der Automobilbauer. Zur Gewährleistung des<br />
Managements und Qualitätssicherung stellt sich die Wiegand GmbH<br />
regelmäßiger Zertifizierung und Auditierung.<br />
Das Kerngeschäft besteht in der Metallumformung und Kunststofftechnik<br />
zur Herstellung von karosseriegebundenen Strukturteilen<br />
und dekorativen Außenanbauteilen für verschiedene Hersteller und<br />
Fahrzeuge.<br />
Betriebliche Ausbildung junger Werkzeugmechaniker bei der Wiegand GmbH.<br />
Digitalisierung erfasst Fahrzeugbau<br />
Der aktuelle tiefgreifende Wandel in der Automobilbranche erfordert<br />
eine ständige Änderung und Anpassung der betrieblichen Produktionsstruktur<br />
und schnelles Reagieren auf sich ständig wandelnde<br />
Kundenanforderungen. In enger Zusammenarbeit mit dem Thüringer<br />
Innovationszentrum für Mobilität an der Technischen Universität<br />
Ilmenau wird gegenwärtig ein integriertes Funksystem für den<br />
Mobilfunkstandard 5G entwickelt. Gemeinsam mit einem Unternehmen<br />
für Antennentechnik entsteht eine funktionelle Lösung der<br />
elektronischen Verbindung von Mobilität und Logistik. Ein weiteres<br />
Forschungs- und Entwicklungsprojekt befasst sich mit nachhaltiger<br />
intelligenter Mobilität. Die Digitalisierung erfasst zunehmend<br />
den modernen Fahrzeugbau und hält dadurch auch verstärkt Einzug<br />
in die Steuerung der betrieblichen Abläufe. Diese neue Technologie<br />
führt zwar zu elementaren Herausforderungen; aber auch zu neuen<br />
Chancen.<br />
Wiegand GmbH<br />
Gründung: 1990<br />
Firmensitz: Schlotheim (Thüringen)<br />
Geschäftsführer: Andres Wiegand<br />
Mitarbeiter: 570<br />
Mitglied im BVMW-Landeswirtschaftssenat<br />
www.wiegand-tec.de<br />
Günther Richter<br />
BVMW Thüringen<br />
guenther.richter@bvmw.de<br />
Foto: © Wiegand GmbH
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
103<br />
Und ewig blühen die Rosen …<br />
Rosenzauber für eine kleine Ewigkeit: Dieses Angebot macht die Rosenlieb GmbH ihren Kunden<br />
in Form von Flowerboxen mit haltbaren Infinity Rosen.<br />
Die Königin der Blumen gibt es bei Rosenlieb in vielen Variationen.<br />
Die Leidenschaft für Rosen ist die Basis des in der Grafschaft<br />
Bentheim an der niederländischen Grenze ansässigen Unternehmens<br />
Rosenlieb mit Lager, Produktionsstätten für Werbeboxen<br />
und einer eigenen Lieferflotte. Seine Gründer blicken auf eine<br />
40-jährige Rosentradition zurück. Fast täglich werden frische Blumen<br />
an der Blumenbörse im niederländischen Aalsmeer gekauft<br />
und millionenfach an Handel und Privatkunden verkauft. Diese bunte<br />
Pracht verblüht nur leider allzu schnell.<br />
Jahrelange Freude<br />
Daher hat Rosenlieb inzwischen auch haltbar gemachte, langlebige<br />
Rosen direkt aus Ecuador im Angebot. Dank eines speziellen Konservierungsverfahrens<br />
und sorgfältiger Auswahl können diese bis zu<br />
drei Jahren halten. Nach intensiver Vorbereitung ging Rosenlieb <strong>20</strong>18<br />
mit dieser Idee und einer speziell entwickelten Internetplattform an<br />
den Markt.<br />
Statt in herkömmlichen Sträußen liefert Rosenlieb die Rosen in allen<br />
erdenklichen Farben dekorativ verpackt in runden Boxen, die von ihren<br />
Businesskunden, mit eigenem Logo versehen, als außergewöhnliches<br />
Werbegeschenk geordert werden können. „Für uns ist die Rose<br />
die Königin der Blumen“, so Geschäftsführer Hermann Hölscher.<br />
„Darum werden alle Rosenboxen mit viel Liebe handgefertigt und individuell<br />
zusammengestellt. Geschäfts- und Privatkunden können<br />
über unseren Onlineshop direkt bestellen.“<br />
Ein Konzept, das aufgeht<br />
Ziel des Unternehmens ist es, das Angebot im Businessbereich auszuweiten<br />
und neue Märkte zu erschließen. „Mit unseren Rosenboxen<br />
kann jede Firma etwas wirklich Dauerhaftes mit Wert verschenken,<br />
das sowohl Emotionen als auch Qualität transportiert. Einzigartige<br />
Werbung und das Pflegen von Beziehungen ist gerade in dieser hektischen<br />
Zeit ein wertvolles Gut.“<br />
Rosenlieb GmbH<br />
Wie gut das Konzept ankommt, zeigt die rasante Entwicklung des<br />
Unternehmens. Inzwischen verkauft Rosenlieb etwa 25 Millionen<br />
Rosen in Boxen an etwa 250.000 neue Kunden, die es im Internet<br />
und über die sozialen Medien gewonnen hat.<br />
Foto: © Kai Steinkühler<br />
Gründung: <strong>20</strong>18<br />
Firmensitz: Nordhorn (Niedersachsen)<br />
Geschäftsführer: Hermann Hölscher<br />
Mitarbeiter: circa <strong>20</strong><br />
BVMW-Mitglied<br />
www.rosenlieb.de<br />
Ingrid Hausemann<br />
BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg,<br />
Niedersachsen, Schleswig-Holstein<br />
ingrid.hausemann@bvmw.de
104 BVMW<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
IT-Aufbauarbeit für den <strong>Mittelstand</strong><br />
IT steckt heute in allen Prozessen. Diese so produktiv wie möglich zu gestalten, ist das Kerngeschäft<br />
der datom GmbH in Dresden. Mit 30 Mitarbeitern ist das Unternehmen Dienstleister für<br />
den <strong>Mittelstand</strong>, wenn es darauf ankommt, IT-Infrastruktur zu etablieren und zu optimieren.<br />
Bei der datom GmbH im Dresdner Westen<br />
arbeiten nur wenige Frauen, eine<br />
davon ist Jana Brochlitz, die seit <strong>20</strong>16<br />
als geschäftsführende Gesellschafterin neben<br />
zwei weiteren Gesellschaftern das Unternehmen<br />
leitet. Dass sie sich dabei tagtäglich<br />
in einer Männerdomäne behaupten<br />
muss, ist für sie kein Problem, im Gegenteil:<br />
„Ich arbeite grundsätzlich lieber mit Männern<br />
zusammen,“ sagt die zweifache Mutter,<br />
die jetzt im Februar 40 Jahre alt wird. Als Betriebswirtin<br />
sorgt Jana Brochlitz dafür, dass<br />
die Bilanzen stimmen und nicht am Markt<br />
vorbei agiert wird. Diesen Markt jeden Tag<br />
aufs Neue im Auge zu behalten, gehört zur<br />
Grundlagenarbeit.<br />
Mit richtiger IT-Infrastruktur<br />
zum Erfolg<br />
Die datom-Experten installieren nicht einfach<br />
nur die IT-Infrastruktur und gehen dann<br />
wieder nach Hause. Danach beginnt die Arbeit<br />
erst richtig, denn die Prozesse müssen<br />
ständig überprüft, weiterentwickelt und effizient<br />
gemacht werden. Zu den Kunden gehören<br />
inhabergeführte Mittelständler mit 50 bis<br />
150 Mitarbeitern: Logistiker, Produktionsbetriebe, über Krankenhäuser<br />
bis hin zu Rechtsanwaltskanzleien. „Wir haben uns bewusst nicht<br />
auf Branchen festgelegt, weil wir keine Branchenlösungen anbieten,<br />
sondern der globale IT-Partner sind,“ sagt Brochlitz. Grundlage sei,<br />
dass die Unternehmen das Bewusstsein haben, dass effektive IT-Infrastruktur<br />
essentieller Bestandteil für den Geschäftserfolg ist.<br />
Wird von ihrem Führungsteam auf Händen getragen: Geschäftsführerin Jana Brochlitz.<br />
nen oder gar in Künstlicher Intelligenz.“ Nur langsam seien die Unternehmen<br />
zur Veränderung bereit: „Wir Deutschen sind zwar mit Ideen<br />
sehr gut, aber an der Umsetzung der Ideen scheitert es, weil oft zu<br />
kompliziert gedacht wird. Außerdem haben wir viele alt eingesessene<br />
Geschäftsführer, die den schnellen Wandel der IT nicht ohne weitere<br />
nachvollziehen und umsetzen können.“<br />
Digitaler Wandel ist nicht immer nachvollziehbar<br />
In den letzten zwölf Monaten habe sich zwar im digitalen Bewusstsein<br />
der Unternehmen viel getan, dennoch seien viele mit der Umsetzung<br />
überfordert. „Leider finden wir in vielen Unternehmen noch eine<br />
Zettelwirtschaft, wo die Zettel von A nach B getragen werden. Da<br />
ist viel Pionierarbeit nötig, bevor wir in Automatismen denken kön-<br />
Neben dem anspruchsvollen Tagesgeschäft bei der datom ist Jana<br />
Brochlitz seit <strong>20</strong>17 Vorstandsvorsitzende im „Jungen <strong>Mittelstand</strong>“<br />
Sachsen sowie in dessen Bundesvorstand. „Der BVMW ist für uns alle<br />
eine große Quelle für Informationen und Unterstützung.“<br />
datom GmbH<br />
Gründung: 1997<br />
Firmensitz: Dresden<br />
Geschäftsführer: Jana Brochlitz<br />
Mitarbeiter: 30<br />
BVMW-Mitglied<br />
www.datom.de<br />
Uta Georgi<br />
BVMW Pressesprecherin Sachsen<br />
uta.georgi@bvmw.de<br />
Foto: © datom GmbH
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BVMW<br />
105<br />
Die Denkfabriken des BVMW<br />
Kommissionen des BVMW arbeiten zu allen relevanten mittelständischen Themen. Zwei dieser<br />
Kommissionen möchten wir Ihnen nachfolgend vorstellen.<br />
Kommission für Energie und nachhaltige Wirtschaft<br />
Als einer der ältesten Kommissionen des BVMW beschäftigt<br />
sich diese bereits seit <strong>20</strong>11 mit den Möglichkeiten einer dezentralen<br />
Energiewende und der Schaffung einer nachhaltigen<br />
Wirtschaftsweise. Die Themen sind dabei zahlreich und komplex.<br />
Deshalb ist die Mischung der Kommissionsmitglieder aus<br />
unterschiedlichen Fachbereichen, von der Eisenhütte über produzierendes<br />
Gewerbe, den klassischen Unternehmen aus der Erneuerbaren-Energien-Branche<br />
bis hin zum Verteilnetzbetreiber, für die<br />
Arbeit der Kommission essentiell und im politischen Berlin in dieser<br />
Form einzigartig. Dadurch agiert die Kommission interdisziplinär und<br />
verzahnt seit der Gründung die drei großen Energiesektoren Strom,<br />
Wärme und Verkehr.<br />
Kommission für Logistik und Mobilität<br />
Erst <strong>20</strong>18 gegründet, setzt die Kommission mit zahlreichen Unternehmen<br />
aus dem Logistik- und Mobilitätsbereich bereits Maßstäbe.<br />
So wurde beispielsweise in der dritten Sitzung im Oktober <strong>20</strong>19<br />
ein Positionspapier mit zehn verkehrspolitischen Forderungen des<br />
<strong>Mittelstand</strong>s zum Klimaschutz erstellt und veröffentlicht. Denn der<br />
Handlungsdruck in diesem Bereich nimmt aufgrund der Digitalisierung<br />
(autonomes Fahren), Klimaschutz (alternative Antriebe) sowie<br />
innovativer Mobilitätslösungen immer weiter zu. Gleichzeitig spielen<br />
Themen wie Fachkräftemangel und Fahrverbote eine große Rolle.<br />
Gut zu wissen<br />
Unsere Mitglieder sind eingeladen, teilzunehmen und ihre Expertise<br />
einzubringen.<br />
Kontakt: Chefvolkswirt Dr. Hans-Jürgen Völz,<br />
hans-juergen.voelz@bvmw.de<br />
Weitere Infos unter: www.bvmw.de/ueber-uns/gremien/kommissionen/<br />
Wissenschaftlicher Beirat des BVMW<br />
V. li.: Patrick Meinhardt, Direktor Politik Europa; Prof. Dr. Kilian Bizer, Universität Göttingen; Diana Scholl, Leiterin politische Netzwerke und Strategie; Dr. Hans-Jürgen<br />
Völz, Leiter Volkswirtschaft; Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer; Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Günther Stock, Vorstandsvorsitzender der Einstein Stiftung Berlin;<br />
Prof. Dr. Margit Enke, TU Freiberg; Mario Ohoven, Präsident BVMW; Willi Grothe, BVMW-Vorstand; Prof. Dr. Justus Haucap Universität Düsseldorf, und Andreas Jahn,<br />
Mitglied der Bundesgeschäftsleitung.<br />
Um die politische Arbeit des BVMW in Zukunft noch stärker als<br />
bisher durch wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu flankieren,<br />
hat der Verband im November <strong>20</strong>19 mit dem Wissenschaftlichen<br />
Beirat ein neues, hochkarätig besetztes Gremium innerhalb<br />
der Verbandsstruktur eingesetzt.<br />
Gemeinsam mit den Beiratsmitgliedern werden die zukünftigen nationalen<br />
und internationalen wirtschafts- sowie gesellschaftspolitischen<br />
Aufgaben identifiziert, denen sich kleine und mittlere Unternehmen<br />
in Deutschland als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft<br />
zu stellen haben.<br />
Das Spektrum der zu diskutierenden Themen in den Beiratssitzungen<br />
reicht von den Auswirkungen der Einwanderung auf den deutschen<br />
Arbeitsmarkt, der Digitalisierung des <strong>Mittelstand</strong>s, der Zukunft<br />
des Innovationsstandorts Deutschland bis hin zur zukünftigen<br />
Ausgestaltung des Sozialstaats. Die politische Positionierung unseres<br />
Verbandes wird so durch namhafte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft<br />
aktiv mitbegleitet.<br />
Gut zu wissen<br />
Der BVMW konnte die folgenden renommierten Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler als Mitglieder gewinnen:<br />
n Prof. Dr. rer. nat. Marcus Baumann (FH Aachen)<br />
n Prof. Dr. Kilian Bizer (Universität Göttingen)<br />
n Prof. Dr. Margit Enke (TU Freiberg)<br />
n Prof. Dr. Justus Haucap (Universität Düsseldorf)<br />
n Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg)<br />
n Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Günther Stock (Vorstandsvorsitzender<br />
der Einstein Stiftung Berlin)<br />
n Prof. Dr. Henning Vöpel (Direktor des Hamburgischen<br />
WeltWirtschaftslnstituts)<br />
n Prof. Dr. Eicke R. Weber (Institutsleiter Fraunhofer ISE a. D.)<br />
n Prof. Dr. Enzo Weber (Institut für Arbeitsmarkt- und<br />
Berufsforschung)
106 KULTUR<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Kultur<br />
Filmtipp:<br />
Das perfekte Geheimnis<br />
Alte Freunde in bester Laune.<br />
Bora Dagtekin exerziert am Beispiel moderner Kommunikation die Idee absoluter Offenheit bei<br />
Tisch durch. Diese Operation am offenen Herzen ohne Narkose samt guter Weinbegleitung ist<br />
manchmal schmerzhaft – aber immer komisch.<br />
„Wahrheit oder Pflicht“<br />
Die Männer kennen sich seit ihrer Kindheit,<br />
die Frauen sind in die Clique hineingewachsen,<br />
man mag sich (irgendwie);<br />
es ist jene Mischung aus echter<br />
Verbundenheit und langjähriger biographischer<br />
Bindung, die man zu lösen schlicht zu<br />
faul und ängstlich ist. In diesen leicht angestaubten<br />
Wohlfühlkosmos bricht die Therapeutin<br />
Eva mit dem Vorschlag, alle Handys<br />
auf den Tisch zu legen. Die Regeln dieses<br />
Spiels: Jeder Anruf wird angenommen und<br />
von allen mitgehört, jede Nachricht vorgelesen,<br />
jedes Foto herumgereicht. Denn, so Eva,<br />
das Handy sei ja der „Fahrtenschreiber“ unseres<br />
Lebens. Es kennt die Kontakte, die Orte<br />
– und die Geheimnisse eines jeden.<br />
Es ist in der Tat das Upgrade des alten Spiels<br />
„Wahrheit oder Pflicht“, und nicht nur das:<br />
Der Film selber ist ein Remake der italienischen<br />
Komödie „Perfetti Sconosciuti“ von<br />
Paolo Genovese, der schon <strong>20</strong>16 mit der Idee<br />
dieser modernen Selbstentblößung veritable<br />
Erfolge einfuhr. Seither ist daraus eine Art<br />
Beziehungskomödien-Franchise geworden.<br />
Inzwischen sind 18 Adaptionen entstanden,<br />
unter anderem in Mexiko und Südkorea. Die<br />
Idee, unter Freunden alles auf den Tisch zu<br />
legen, scheint einen globalisierten Nerv getroffen<br />
zu haben.<br />
Das deutsche Team von „Perfetti Sconosciuti“<br />
hält sich wacker, schließlich hat Dagtekin<br />
den zurzeit attraktivsten Cast des deutschen<br />
Films versammelt, davon einen Teil,<br />
der bereits in seinen erfolgreichen „Fack ju<br />
Göhte“-Filmen zu sehen war. Mit erstaunlichem<br />
Tempo und offensichtlicher Spielfreude<br />
arbeiten sich die sieben durch eine<br />
Tour de Force der Vertuschung und doppelten<br />
Spiele, der Peinlichkeiten, Gesichtsver-<br />
Fotos: © <strong>20</strong>19 Constantin Film Verleih GmbH / Lucia Faraig
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
KULTUR 107<br />
Hoffentlich wird es nicht peinlich: Leo (Elyas M‘Barek) und Carlotta (Karoline Herfurth) checken Nachrichten.<br />
luste und bösen Blicke. Wer will schon zugeben,<br />
dass nach acht Jahren der eheliche Sex<br />
kaum mehr existiert, oder bestimmte erotische<br />
Praktiken suboptimal durchgeführt<br />
werden? Gar die eigene Affäre preisgeben?<br />
Oder erfahren, dass die pubertierende Tochter<br />
ihre Mutter für ein eiskaltes Miststück<br />
hält, und en passant, dass Papa ihr Kondome<br />
schenkt?<br />
Zwischen Schadenfreude<br />
und Fremdschämen<br />
Regisseur Dagtekin lässt kaum etwas aus<br />
und exerziert das alles so erbarmungslos<br />
durch, dass den Voyeur in uns Zuschauern<br />
neben Amüsement und Schadenfreude<br />
auch jenes Fremdschämen befällt, das<br />
uns dezent an die eigenen, schambelasteten<br />
Geheimnisse erinnert. So sehen wir fasziniert<br />
zu, wie die Helden von veritablen Beziehungskrisen<br />
zu tatsächlichen Trennungen<br />
taumeln, von verzweifelten Lügen zu tränenreichen<br />
Geständnissen bis hin zum großen<br />
Coming-out: Lehrer Pepe ist schwul. Das allerdings<br />
ist ein kleiner Tiefpunkt im ansonsten<br />
pfiffigen Drehbuch, denn selbst in einer<br />
solchen sozialen Ausnahmesituation ist ein<br />
schwuler Lehrer im Jahr <strong>20</strong>19 wahrlich kein<br />
sozialer Sprengstoff mehr. Alle anderen Entblößungen<br />
sind indes so schmerzhaft wie<br />
lustig.<br />
Im Juni erscheint „Das perfekte Geheimnis“<br />
auf DVD und Blu-Ray. Wer immer das in<br />
trauter Zwei- oder Mehrsamkeit schauen will,<br />
sollte aber damit rechnen, dass danach die<br />
Idee des Films prompt umgesetzt wird. Man<br />
sollte dann keine Geheimnisse haben. Oder<br />
gut vorbereitet sein.<br />
„DAS PERFEKTE GEHEIMNIS“<br />
Komödie (D <strong>20</strong>19), FSK 12<br />
Buch und Regie Bora Dagtekin<br />
Simon (Frederick Lau) leidet sichtbar unter dem Spiel.<br />
Mit Elyas M‘ Barek, Karoline Herfurth,<br />
Florian David Fitz, Jella Hase, Frederick<br />
Lau, Jessica Schwarz, Wotan Wilke<br />
Möhring<br />
Ab 30.6.<strong>20</strong><strong>20</strong> erhältlich auf Blu-Ray,<br />
DVD und VoD<br />
Bernd Ratmeyer<br />
Journalist<br />
mittelstand@<br />
bvmw.de
108 KULTUR<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Exklusive Fotoausstellung –<br />
Architektur der Weißen Stadt<br />
Tel Aviv<br />
Viele Menschen jüdischen Glaubens, die in den 1930er Jahren Deutschland aufgrund von Terror<br />
und Verfolgung verlassen mussten, fanden in Tel Aviv ein neues Zuhause. Unter ihnen auch<br />
Architekten, die ihre Ausbildung am Bauhaus Dessau erhalten hatten. Sie errichteten mehr als<br />
4000 Gebäude im Bauhaus-Stil und trugen dazu bei, das Bild von Tel Aviv zu prägen. Heute zählt<br />
die Weiße Stadt zum UNESCO-Welterbe.<br />
Im Jahr des 100. Geburtstages der Design-Schule<br />
Bauhaus in Dessau zeigte die<br />
Deutsch-Israelische Gesellschaft exklusiv<br />
in der Bundeszentrale des BVMW in Berlin<br />
das Fotoprojekt „Between the Private and<br />
Public Domains in Bauhaus and International<br />
Style Buildings“. Die Fotografien der Künstler<br />
Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer<br />
zeugen von einem sehr persönlichen<br />
Blick auf die Bauhaus-Architektur der Weißen<br />
Stadt Tel Aviv. In der 1909 gegründeten<br />
Stadt verdichten sich nicht nur die formalen<br />
Einflüsse des Bauhauses in besonderer Weise,<br />
hier wurde der Baustil der Moderne weiterentwickelt<br />
und dem Mittelmeerklima angepasst.<br />
Impression aus dem Treppenhaus in der Gordonstreet 67 in Tel Aviv.<br />
Finissage (v. li.): Markus Jerger (Bundesgeschäftsführer), Mario Ohoven (BVMW Präsident), Michaela<br />
Engelmeier (Vizepräsidentin Deutsch-Israelische Gesellschaft), Alexander Graf Lambsdorff (MdB) und<br />
Patrick Meinhardt (Vorsitzender BVMW Stiftung).<br />
Wirtschaftsstandort Israel gewinnt<br />
an Bedeutung<br />
Die Ausstellung, die auf Anregung der<br />
BVMW-Stiftung in der Bundeszentrale am<br />
Potsdamer Platz stattfand, wurde vom Botschafter<br />
Israels, S. E. Jeremy Issacharoff, eröffnet.<br />
In seiner bewegenden Rede bekräftigte<br />
er die vielfältigen Möglichkeiten der Zusammenarbeit<br />
zwischen Israel und Deutschland<br />
in allen Wirtschaftsbereichen. Deutschland<br />
und Israel stünden nicht in Konkurrenz zueinander,<br />
sondern würden sich in vielen ökonomischen<br />
Zweigen an verschiedenen Stellen<br />
der Wertschöpfungskette ergänzen.<br />
Mario Ohoven betonte die Relevanz der starken<br />
Beziehungen zwischen Deutschland und<br />
Israel, so könne auch in Zukunft das Band<br />
der Freundschaft weiter geknüpft und Unternehmen<br />
aus beiden Ländern zusammengebracht<br />
werden. Der Standort Israel gewinne<br />
nicht nur für große Konzerne massiv<br />
an Bedeutung, sondern auch für den bislang<br />
eher zögerlichen <strong>Mittelstand</strong>. „Eigent-
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
KULTUR<br />
109<br />
Gut zu wissen<br />
Die Fotokünstler:<br />
n Michael Craig Palmer ist Architekturfotograf und Autor aus Tel Aviv<br />
n Ingrid Botschen ist Diplom-Ingenieurin für Innenarchitektur aus<br />
Konstanz<br />
Israels Botschafter S. E. Jeremy Issacharoff bei der Eröffnung der Ausstellung.<br />
lich kann sich niemand mehr leisten, nicht<br />
in Israel zu sein. Das Who is Who der deutschen<br />
Wirtschaft sucht in Israel nach neuen<br />
Technologien für die digitale Revolution,<br />
die Deutschland sträflich verschlafen hat“,<br />
so Bundesgeschäftsführer Markus Jerger in<br />
seinem Grußwort.<br />
Zeichen setzen in politisch<br />
unruhigen Zeiten<br />
Zur Finissage konnte der BVMW den Vorsitzenden<br />
der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe<br />
und Mitglied im Politischen<br />
Beirat des BVMW, Alexander Graf Lambsdorff,<br />
MdB, sowie die Vizepräsidentin der<br />
Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Michaela<br />
Engelmeier, begrüßen. Beide betonten<br />
in ihren Grußworten, wie wichtig es gerade<br />
in diesen politisch unruhigen Zeiten sei,<br />
ein Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus<br />
zu setzen und gemeinsam für die<br />
deutsch-israelische Partnerschaft zu kämpfen.<br />
„Der BVMW möchte eine deutsch-israelische<br />
Plattform bieten, um langfristige<br />
Kooperationen und Projekte anzustoßen“,<br />
so der Vorstandsvorsitzende der BVMW-<br />
Stiftung Patrick Meinhardt. „Wir danken der<br />
DIG für diese wunderbare Möglichkeit des<br />
Austausches und freuen uns auf weiterhin<br />
gute Zusammenarbeit für die deutsch-israelische<br />
Freundschaft.“<br />
Anika Stürcken<br />
BVMW Büroleitung<br />
Direktor Politik und<br />
Europa<br />
anika.stuercken@<br />
bvmw.de<br />
Meinung<br />
Eine nachhaltige(re) Generation<br />
Fotos: © BVMW; Ingrid Botschen und Michael Craig Palmer; © Staatsbibliothek zu Berlin/Carola Seifert<br />
Ich bin Jahrgang 65 und muss mir heute<br />
anhören, wir ruinieren der Jugend das<br />
Leben. Ich muss Euch enttäuschen, denn<br />
in meiner Jugend wurde nachhaltig gelebt.<br />
Strümpfe und Strumpfhosen wurden gestopft.<br />
An Pullover wurden längere Bündchen<br />
gestrickt. Hosen wurden mit bunten Borten<br />
verlängert. Zum Einkaufen und zur Schule<br />
musste ich mehrere Kilometer zu Fuß laufen,<br />
transportiert wurden die Einkäufe in einem<br />
Netz.<br />
Wenn Kleidung nicht mehr brauchbar war,<br />
wurden alle noch verwertbaren Dinge wie<br />
Knöpfe oder Reißverschlüsse abgetrennt<br />
und der Rest für Flicken oder als Putzlappen<br />
genutzt. Geschenkpapier wurde vorsichtig<br />
geöffnet, um es wieder zu verwenden. Wir<br />
sammelten Altpapier und Flaschen mit der<br />
Schule und halfen bei der Kartoffelernte.<br />
Ich könnte noch mehr dieser Art der Nachhaltigkeit<br />
aufzählen. Stattdessen muss man<br />
sich von Rotzlöffeln, die sich mit dem SUV<br />
zur Schule kutschieren lassen, alleine wahrscheinlich<br />
einen <strong>20</strong> Mal höheren Stromverbrauch<br />
haben als wir in unserer gesamten<br />
Jugend, sagen lassen, wir ruinieren ihr Leben.<br />
Wir hatten keine elektronischen Spiele,<br />
unser WhatsApp waren Zettel unter der Bank<br />
in der Schule verteilt, wir verabredeten uns<br />
mündlich, Telefon gab es keins – das war für<br />
Notfälle gedacht.<br />
Diese dämlichen Gören wollen mir etwas<br />
über Umweltschutz erzählen, werfen ihre<br />
Kleidung nach zweimal Tragen weg, produzieren<br />
Müll ohne Ende, verbrauchen seltene<br />
Erden und müssen immer die neuesten Geräte<br />
besitzen.<br />
Auf Euren Demos lasst Ihr EUREN Müll von<br />
Euren erwachsenen Sklaven wegräumen,<br />
und am Wochenende geht es zum nächsten<br />
Open-Air-Konzert zum Koma-Saufen, auch<br />
Euer Koma-Saufen gab es früher nicht. So,<br />
und wenn Ihr dann einmal so nachhaltig lebt,<br />
wie meine Generation gelebt hat, dann dürft<br />
IHR gerne streiken.<br />
Georg Körner
110 KULTUR<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Der Titel Ihres neuen Buches impliziert,<br />
dass das Schreiben ein Grundbedürfnis<br />
ist. Könnten Sie leben, ohne<br />
etwas zu Papier zu bringen?<br />
Nein. Das ist tatsächlich ein existenzielles<br />
Grundbedürfnis, so wie das Lesen. Denn<br />
schreibend und lesend halte ich mich am Leben<br />
und überlebe. Jeden Tag wieder aufs<br />
Neue. Ich schreibe, um diese unglaubliche<br />
Gelegenheit, am Leben zu sein, ganz genau<br />
wahrzunehmen und zu feiern.<br />
Was genau passiert bei Ihnen in diesem<br />
Prozess?<br />
Das ist ein großes Abenteuer. Zu schreiben<br />
bedeutet, sich aus dem kleinen ordentlichen<br />
Garten mit gemähtem Rasen und Blumenrabatten<br />
herauszuwagen in den Dschungel.<br />
Ich gehe raus, beobachte, staune und erlebe,<br />
und notiere das. Indem ich meine Erlebnisse<br />
in Sprache fasse, verankere ich mich<br />
selbst mehr im Leben. Ich kann das nur jedem<br />
empfehlen: Wer schreibt, bekommt eine<br />
Ahnung von sich selbst. Und das ist wunderbar.<br />
In Ihrem Buch erzählen Sie, dass das Lesen<br />
und Geschichtenerzählen in Ihrem Elternhaus<br />
allgegenwärtig waren.<br />
Ich erinnere mich daran, dass meine Eltern<br />
ständig gelesen haben und dass wir alle<br />
sogar harmlos lügen durften, um eine<br />
bessere Geschichte zu erzählen. Das nannten<br />
wir „Tünen“. Mir und meinen Schwestern<br />
wurde sehr stark vermittelt, dass man<br />
ein großes Reich der Fantasie betritt, wenn<br />
man lesen kann und dass man nie auf diese<br />
Möglichkeit verzichten sollte. Auch meine<br />
Großeltern liebten Geschichten. „To tell a<br />
good story“ war immer die Prämisse bei uns<br />
am Esstisch.<br />
Wann und wo schreiben Sie am liebsten?<br />
Im Bett, gleich nach dem Aufwachen. Die<br />
Zähne habe ich dann schon geputzt, und<br />
einen Becher Kaffee neben mir. Der noch<br />
Foto: © Constantin Film Verleih GmbH / Dieter Mayr
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
KULTUR<br />
111<br />
„Ich bin eine Rampensau“<br />
Doris Dörrie über ihre Kindheit, ihre Berufung in die Oscar-Jury, ihren Bezug zu Japan und<br />
den USA sowie ihr Buch „Leben, schreiben, atmen“<br />
leicht somnambule Zustand hilft, Blödsinn<br />
zu schreiben, überhaupt zu schreiben. Wenn<br />
ich aufstehe, mich wasche und anziehe, ist<br />
es vorbei.<br />
Wann wird aus Ihren privaten Beobachtungen<br />
ein Film oder ein Buch?<br />
Die Übergänge sind fließend. Ich bin eine Flaneuse,<br />
die Lust am Aufsaugen der Welt und<br />
am Wiedergeben des Erlebten hat. Manche<br />
Figuren, die ich aufschreibe, wollen zum Film,<br />
manche nicht. Manchmal starte ich mit einer<br />
Prämisse, wie bei „Grüße aus Fukushima“ –<br />
den Ort wollte ich filmisch beschreiben, und<br />
die Figur der jungen Deutschen gab es schon<br />
in anderen Geschichten von mir als Vorstufe.<br />
Aber erst einmal lasse ich mich beim Schreiben<br />
von allem inspirieren, selbst von fremden<br />
Einkaufszetteln, die ich sammle.<br />
Es scheint, als seien Sie ein Mensch, der<br />
spontan auf Dinge stößt und sich auf neue<br />
Begegnungen einlässt.<br />
Da ist etwas dran. Ich versuche, immer wieder<br />
möglichst offen zu sein und Dinge an<br />
mich herankommen zu lassen. Wir haben<br />
viel zu oft den Impuls, uns zu verschließen,<br />
und das ist fatal, das verhindert Kommunikation<br />
und macht einsam.<br />
Haben Sie sich diese Grundeinstellung<br />
schon während Ihres Studiums in den USA<br />
angeeignet?<br />
Vielleicht ist dafür eher meine Neigung zu<br />
buddhistischen Sichtweisen verantwortlich.<br />
Aber die USA waren natürlich sehr entscheidend<br />
für mich; ich habe dort eine unglaubliche<br />
Freiheit empfunden. Vieles, was jetzt<br />
wieder ein großes gesellschaftliches Thema<br />
ist, wurde damals schon heiß diskutiert:<br />
Konsumkritik, ökologische Aspekte, das Hinterfragen<br />
von Machtstrukturen. Im Gegensatz<br />
zu Deutschland habe ich mich in den<br />
USA dauernd ermuntert gefühlt, auch beim<br />
Schreiben. „Just do it!“ war das Motto. Das<br />
war eine große Befreiung für mich. Diese<br />
prinzipielle Ermunterung versuche ich weiterzugeben.<br />
Später entdeckten Sie Japan für sich und<br />
waren inzwischen mehr als 30 Mal dort. Inwiefern<br />
hat dieses Land Sie geprägt?<br />
Für mich war der erste Besuch der wichtigste.<br />
Dieser Schock, mich nicht mehr über<br />
Sprache verständigen zu können, nichts<br />
mehr lesen zu können, auf einen Schlag völlig<br />
auf mich zurückgeworfen zu sein – das<br />
hatte eine euphorisierende Wirkung. Ich war<br />
dazu verdonnert, genau zu beobachten und<br />
zu registrieren, was vor sich geht. Diese Notwendigkeit<br />
hat mir viel gebracht und letztlich<br />
zu Filmen wie „Kirschblüten – Hanami“ geführt.<br />
Ab nächstem Jahr dürfen Sie über die Vergabe<br />
der Oscars mitbestimmen. Wie haben<br />
Sie von dieser Ehre erfahren – gab es einen<br />
Anruf der Academy of Motion Picture Arts<br />
and Sciences?<br />
Ganz im Gegenteil. Mein Mann hatte im<br />
SPIEGEL von meiner Berufung gelesen<br />
und es mir erzählt. Ich dachte, das wäre eine<br />
Falschmeldung oder ein Witz. Denn ich<br />
wusste von nichts. Wochen vergingen, auch<br />
andere Medien berichteten darüber, und so<br />
fragte ich nach. Dabei stellte sich heraus,<br />
dass die Academy meine Mailadresse falsch<br />
geschrieben hatte.<br />
Wie stehen Sie grundsätzlich zum Oscar?<br />
Ihre Filme scheiterten mehrmals in der<br />
Vorauswahl zum Auslandsoscar.<br />
Da ich kaum Nazis in meinen Filmen habe, ist<br />
das auch nicht verwunderlich. Aber im Ernst:<br />
Die Frage ist, ob man demokratisch über die<br />
Qualität eines Kunstwerks entscheiden kann.<br />
Meistens gibt es einen kommerziellen Kompromiss,<br />
und das bedeutet, dass so begeisternde<br />
Filme wie „Moonlight“ die Ausnahme<br />
bleiben. Man darf auch nicht vergessen, dass<br />
Hollywood eine Industrie ist. Dort werden<br />
Produkte hergestellt, reproduzierbare Waren.<br />
Für Kunst ist da nicht viel Platz.<br />
Das Interview führte Günter Keil.<br />
Gut zu wissen<br />
„Leben, schreiben, atmen“<br />
Wer einen Oscar bekommt, entscheidet in Zukunft auch Doris Dörrie mit. Die Filmemacherin und<br />
Autorin wurde von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences als Mitglied aufgenommen.<br />
Dörrie, geboren in Hannover, studierte Theater und Schauspiel in Kalifornien und in New York sowie<br />
später Regie an der Filmhochschule München. Dort unterrichtet sie seit <strong>20</strong> Jahren creative writing<br />
und gibt immer wieder Schreibworkshops. Mit Filmen wie „Männer“ und „Kirschblüten – Hanami“<br />
erreichte Doris Dörrie ein großes Publikum. Parallel zu ihrer Regiearbeit veröffentlicht sie Kurzgeschichten,<br />
Romane und Kinderbücher. Vor Kurzem ist ihr neues Buch „Leben, schreiben, atmen“<br />
(Diogenes) erschienen.<br />
Doris Dörrie<br />
Diogenes<br />
18,00 €
112 KULTUR<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
BuchTipps<br />
Die Wohlstandsvernichter<br />
Wie Sie trotz Nullzins, Geldentwertung und<br />
Staatspleiten Ihr Vermögen erhalten<br />
Persönliche Empfehlung<br />
von Mario Ohoven!<br />
Ihr Vermögen und Ihre Altersvorsorge sind<br />
in höchster Gefahr. Doch damit nicht genug,<br />
denn auch Demokratie und Freiheit<br />
stehen auf dem Spiel. In den vergangenen<br />
Jahren hat eine heimliche Machtübernahme<br />
durch die Zentralbanken stattgefunden: weg<br />
von demokratisch legitimierten Parlamenten,<br />
hin zu Zentralbankern, die zunehmend über<br />
dem Gesetz zu stehen scheinen.<br />
Tatsächlich haben die Zentralbankbürokraten<br />
eine Interventionsspirale angestoßen,<br />
deren innere Logik ihnen scheinbar keine andere<br />
Wahl lässt, als immer radikalere Markteingriffe<br />
vorzunehmen, um gegen die unerwünschten<br />
Nebenwirkungen ihrer eigenen<br />
Geldpolitik anzukämpfen. Dabei entstehen<br />
Kollateralschäden, die umso größer werden,<br />
je länger sich die Spirale dreht. So haben die<br />
Zentralbanken riesige Spekulationsblasen<br />
hervorgerufen, die verheerende Auswirkun-<br />
Plattform Europa:<br />
Warum wir schlecht über die EU reden<br />
und wie wir den Nationalismus mit<br />
einem neuen digitalen Netzwerk überwinden<br />
können<br />
Johannes Hillje<br />
gen auf die Finanzmärkte und die Realwirtschaft<br />
haben. Darüber hinaus haben sie einen<br />
Umverteilungsprozess in Gang gesetzt,<br />
der Europa spaltet und politischen Extremismus<br />
fördert. Die Schere zwischen Arm und<br />
Reich wird immer größer, während die Altersvorsorge<br />
der Bürger vernichtet wird.<br />
Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden.<br />
Denn am Ende dieser verantwortungslosen<br />
Politik steht entweder ein totalitärer<br />
Staat, der von einem Zentral(bank)komitee<br />
beherrscht wird, oder der Zusammenbruch<br />
des bestehenden Währungs- und Finanzsystems<br />
– mit all seinen Folgen.<br />
Claus Vogt und Roland Leuschel analysieren,<br />
welche Gefahren durch die heimliche Machtübernahme<br />
der Zentralbanken entstanden<br />
sind, und zeigen Ihnen, wie Sie Ihr Vermögen<br />
trotz allem erhalten, schützen und vermehren<br />
können.<br />
Vertrauen entscheidet<br />
Die vergessene Basis der Führung<br />
Antje Heimsoeth<br />
Haufe<br />
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Die Wohlstandsvernichter<br />
Wie Sie trotz Nullzins, Geldentwertung<br />
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176 Seiten<br />
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Herz und Know-how<br />
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Dr. Franz J. Sperlich<br />
SC Verlag<br />
192 Seiten<br />
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Blockchain 2.0<br />
Einfach erklärt – weitaus mehr als nur<br />
ein Bitcoin<br />
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FBV<br />
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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
KULTUR<br />
113<br />
AppTipps<br />
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Nia:<br />
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und Spediteure auf einer digitalen<br />
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dem Garten- und Landschaftsbau. Mit der<br />
Schüttflix-App lassen sich alle gängigen<br />
Schüttgüter bestellen, binnen Stunden werden<br />
Sand, Schotter und Split auf den Punkt<br />
geliefert. Erzeuger und Spediteure profitieren<br />
ebenfalls: höhere Erlöse pro Lieferung und<br />
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Im Mittelpunkt des Geschäftsmodells<br />
steht die Schüttflix-App, die in<br />
Apple App Store und dem Google Play Store<br />
kostenlos verfügbar ist.<br />
Die Funktionen der App<br />
n Angebote und Bestellungen unabhängig<br />
von einzelnen Lieferanten<br />
n Produktherkunft und -qualität wählbar<br />
n Preise und Marken vollständig<br />
transparent<br />
n digitaler Dokumentenfluss ohne lästigen<br />
Papierkram<br />
n Anlieferung in präzisem Lieferfenster<br />
n GPS-Koordinaten und Fotofunktion<br />
n Live-Tracking der Lieferung.<br />
Minutenschnell einen Schufa-Eintrag anfordern,<br />
noch am Bahnsteig die Verspätung<br />
reklamieren, einen Busausfall beanstanden<br />
oder die Creditreform anschreiben: Mit der<br />
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geprüfte Dokumente und versenden ihre<br />
Anfragen und Ansprüche auf direktem Weg.<br />
Kostenerstattungen fließen vollständig an<br />
den Verbraucher, ohne Abzug von Gebühren<br />
oder Provisionen. Werden die Ansprüche<br />
abgewiesen, nicht fristgerecht beantwortet<br />
oder ignoriert, können Verbraucher per App<br />
einen spezialisierten advocado-Partneranwalt<br />
konsultieren, der bei der juristischen<br />
Problemlösung hilft. Um Fristen im Blick zu<br />
behalten, erinnert und benachrichtigt die<br />
App ihre Nutzer automatisch.<br />
Die App ist kostenlos im Google Play Store<br />
und im Apple App Store verfügbar.<br />
Nia bietet Neurodermitis-Betroffenen die<br />
erste vollumfängliche digitale Unterstützung.<br />
Die digitale Begleiterin entstand aus einem<br />
EXIST-Gründerstipendiumsprojekt an der<br />
Charité Berlin. Sie bietet Patienten und Angehörigen<br />
tägliche Unterstützung und verhilft<br />
mit personalisierten Inhalten und Funktionen<br />
zu einer erhöhten Lebensqualität. Patienten<br />
erhalten von Nia basierend auf ihren individuellen<br />
Gesundheitsdaten personalisierte,<br />
direkt umsetzbare und medizinisch validierte<br />
Empfehlungen. Ergänzend führt Nias ganzheitlicher<br />
Ansatz zu einer direkten Integration<br />
von Ärzten in teledermatologische<br />
Leistungen. Das Angebot setzt sich aus einer<br />
Dienstleistungs- und Produktinnovation<br />
zusammen. Unter Einsatz von Künstlicher<br />
Intelligenz wurden bestehende Offline-Services<br />
in die digitale Domäne überführt. Die<br />
App ist in der Basisversion kostenlos im<br />
Google Play Store und im Apple App Store<br />
verfügbar.<br />
www.schuettflix.de<br />
www.advocado.de<br />
www.nia-health.de
114 KULTUR<br />
Geistesblitze<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
„Dass uns eine Sache fehlt,<br />
sollte uns nicht davon<br />
abhalten, alles andere zu<br />
genießen.“<br />
Jane Austen<br />
„Es gibt keinen bequemen Weg, der<br />
von der Erde zu den Sternen führt.“<br />
Seneca<br />
„Man muss das Unmögliche versuchen,<br />
um das Mögliche zu erreichen.“<br />
Hermann Hesse<br />
„Der Mann mit einer neuen<br />
Idee ist ein Spinner, bis<br />
diese sich als erfolgreich<br />
erweist.“<br />
Mark Twain<br />
„Wir können den Wind nicht ändern,<br />
aber die Segel anders setzen.“<br />
Aristoteles<br />
„Aufhören können, das ist<br />
nicht eine Schwäche, das ist<br />
eine Stärke.“<br />
Ingeborg Bachmann<br />
„Freiheit ist immer<br />
Freiheit des anders<br />
Denkenden.“<br />
Rosa Luxemburg<br />
„Um unersetzbar zu sein, muss man<br />
stets anders sein.“<br />
Coco Chanel<br />
„Die größte Ehre, die man einem Menschen<br />
antun kann, ist die, dass man zu<br />
ihm Vertrauen hat.“<br />
Matthias Claudius<br />
Fotos: © www. wikipedia.org; Bundesarchiv; PD-old
1.000 Flyer<br />
ab<br />
19,90 € *<br />
* Preise inkl. Druck, Weiterverarbeitung, Versand<br />
und gesetzlicher MwSt. Anbieter: CEWE Stiftung<br />
& Co. KGaA, Meerweg 30 – 32, 26133 Oldenburg<br />
Broschüren<br />
mit Klammerheftung<br />
DIN A4 hoch<br />
1.000 Stück ab 577,<strong>20</strong> €
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Weitere Infos erhalten Sie bei Ihrer Verbandshotline<br />
unter 0800 33 06009 oder per E-Mail<br />
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Alle Preise netto und zzgl. gesetzlicher USt. Angebot gilt für Berechtigte im Rahmenvertrag TM 195. 1) 10 % Verbandsvorteil gilt in Verbindung mit dem Neuabschluss eines 24-Monats-Vertrags in den Tarifen Business Mobil S bis L<br />
ohne und mit Smartphone sowie mit Top-Smartphone. Z. B. Business Mobil M: monatlicher Grundpreis (inkl. 10 % Verbandsvorteil) 40,06 € (ohne Smartphone), 47,61 € (mit Smartphone), 55,17 € (mit Top-Smartphone). Einmaliger<br />
Kaufpreis für das Endgerät – je nach gewähltem Endgerät und Tarif – fällt zzgl. an. Im monatlichen Grundpreis sind eine Telefon- und eine SMS-Flatrate in alle dt. Netze enthalten. Ab einem Datenvolumen von 12 GB wird die Bandbreite<br />
im jeweiligen Monat auf max. 64 KBit/s (Download) und 16 KBit/s (Upload) beschränkt. 2) Maximal verfügbare LTE-Geschwindigkeit von bis zu 300 MBit/s im Download und 50 MBit/s im Upload ist u. a. abhängig vom Endgerätetyp<br />
und Netzausbaugebiet. 5G ist bereits an folgenden Standorten verfügbar: Berlin, Bonn, Darmstadt, Köln, München, Frankfurt a. M., Hamburg, Leipzig. Informationen zum Netzausbau und zur jeweiligen örtlich verfügbaren Mobilfunk-<br />
Technologie erhalten Sie unter telekom.de/netzausbau.